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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.07.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030713023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903071302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903071302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-13
- Monat1903-07
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4S74 Ä als z Ä! Doch ge und ging schwerem lk 2 bezeichneter Art beschäftigt, zur (Fürsorgeerziehung) überwiesen sind, dem Hausstande desjenigen gehören, Vorschriften über die Beschäftigung für die Beschäftigung von Kindern, - des, hie! Pr, der der Kai der und der von Fr Pei vrrl im and am K «< die Ni ei» bah Ei das un, n den der H, den bei ,.E gar «ac get ..K S. get ein rin ü Z e S u get Bu kr sich es W W 4^ ii. S. (Ce ist Gr an vor 10. Sa V, ge L tm aä bo ge ge ft, or si- hc al scl ni he Z ol D D K ä rc se g, d« st le d. d, fc dl bl te fi st st rr ti C h ii hie> mi tag 31 be- sür den verant- Wahlvor- „Sagen Sie ja nichts, daß ich als Patient bei Ihnen warl Laura darf nicht erfahren, daß ich mich unwohl fühlte, es würde eine Mitteilung meine Braut nur be unruhigen. Haben Sie vielleicht mit dem Pfarrer schon gesprochen wegen der Frtstkürzung; einmaliges Aufgebot kann bewilligt werden." „Erst müssen Sie sich auskuriert haben! Die Hochzeit werden wir verschieben!" „Aber ich will keine Verzögerung, protestiere dagegen! Ich will heiraten, ich komme in Betracht, nicht Sie!" „Seien Sie vernünftig, bester Freund! Ich will ja nur JHr Bestes!" sprach beschwichtigend der Arzt, dem es weh ums Herz ward. Die leise Hoffnung, daß der Patient etwa selbst eine Andeutung an Laura bewilligen werde, ist vernichtet durch die Forderung des Schweigens. Guggemoos mahnte nochmals zu größter Schonung und Pflege. Doch Christian lachte und weigerte sich entschieden; es sei ihm wohl und somit sei für ihn die Sache erledigt. Der Bezirksarzt kehrte nach Hause zurück, hastiger denn je in eiligen Fällen, ihn trieb ein Gedanke heim und an den Bücherschrank, der Gedanke an ein für Aerzte in seiner Lage hochwichtiges Buch, welches möglicherweise für den verzweifelten Fall Kluibenschädel-Guggemoos einen Fingerzeig enthalten könnte. Es glückte Gugge moos, von der Schwester ungesehen, in die Studterstube zu gelangen, und mit einem Griff hatte der Bezirksarzt das wichtige Werk in Händen. Eine unscheinbare Bro schüre in braunem Umschlag, betitelt: „Das Berufs geheimnis -es Arztes von vr. S. Placzeck, Nervenarzt in Berlin." Die ersten zwei Hauptkapitel hatte Gugge moos bisher gelesen, die Abschnitte nach der juristischen und historischen Richtung. Gierig ging er nun an die Lektüre des dritten, medizinischen Kapitels, welches Fälle auS der Praxis enthält und die Konflikte schildert, in welche der Arzt tagtäglich geraten kann. Hochinteressante Fälle in klarer Darstellung, aber nicht ein einziger Fall läßt sich mit der Situation Guggemoos' auch nur an nähernd vergleichen. „So muß ich denn allein stehen in solch' schwerer Situation?" flüsterte der Arzt, und überlaS nochmals die Worte deS hochgeachteten Pariser ArzteS vr. Gaibc, in welchem dieser offen sagt, daß der Arzt der Stimme seines Gewissen» folgen müsse, unge- achtet der drohenden gesetzlichen Strafe. Aber Placzeck fügt hinzu: „Wenn jemand ein Geheimnis anvertrauen will, so wird er nur den unter seinen Freunden wählen, dessen Verschwiegenheit er sicher ist. Der Kranke hat „Fasse dich, liebe Schwester! Die Heirat mit Kluiben- schädel ist — unmöglich!" „Um Gottes Jesu willen, weshalb unmöglich? Was ist vorgefallen?" ,Hch kann mich darüber nicht auslaflen! Es muß dir mein Wort genügen, und ich sage bestimmt und klar: Unmöglich! Die Verlobung muß noch heute aufgehoben werden!" „Nie! Christian hat mein Wort, ich halte ihm mein Versprechen unter allen Umständen." „Nein! Unmöglich! Du gibst ihm das Wort zurück! Ich befehle es dir!" „Andre, du gehst zu weit! Ich bin längst majorenn!" „Gewiß, unbestreitbar! Gleichwohl wirst du dich fügen müssen, in deinem eigensten Interesse!" „Nie! Deine Interessen drängen sich in den Vorder grund, der Egoismus des Gargons tritt zu Tage, nackte Selbstsucht! Ich durchschaue dich, du willst die Ehe ver hindern, um die Wirtschafterin-Schwester im Hause zu be halten!" „Laura, bist du von Sinnen?! Würde ich anfangs eingewilligt haben, wenn Egoismus mich beseelt hätte?! Die Vernunft wird diese Frage verneinen, -ein Verstand kann nicht so getrübt sein, daß du bas Unsinnige deines Vorwurfes gegen mich nicht etnsiehst! An mich denke ich gar nicht, ich bleibe unberührt; nur dein Interesse, dein Leben hab' ich im Auge, um deinetwillen werde ich straffällig, der Schwester wegen komme ich vor die Ge richtsschranken, werde verurteilt werden!" „Ich faß' es nicht! Um Gottes und aller Heiligen willen, was kann dich nur veranlassen, jetzt „nein" zu sagen, nachdem du die Verlobung genehmigt hast?" heirate wen du willst, den Advokaten Kluibenschädel aber wirst du nicht heiraten!" „O Gott, meine Ahnung! Du hast Christian ärztlich untersucht, der Befund veranlaßt dich, jetzt die Ver lobung aufzuhcben. Jeder Arzt kann eine falsche Diagnose aufstellen. Auch du kannst dich geirrt haben, mußt dich getäuscht haben. Wie lautet deine Diagnose über Christians Zustand?" - . „Ich kann es dir nicht sagen!" (Fortsetzung folgt.) d< G de Nl! Sst ge. ru ge t>e Schritt gehalten. Erst in den letzten vier Jahren ist «tue stärker« Richtervermehrung, um 608 oder 7,8 v. H. etngetreten, während die Bevölkerung in demselben Zeitraum nur um 5,8 v. H. gestiegen ist. Von den einzelnen Obrrlande-gericht-bezirke« hat Berlin (Kammergericht) die meisten richterlichen Beamten mit 808 (t. I. ISOI 792); dann folgen dir Bezirkt BreSlau mit 64b (632), Dresden mit 627 (538) und Köln mit 528 (480). Dir Zunahme war also besonder- groß in Sachsen mit 89 und im Rheinland mit 48 Richtern. Die wenigsten Richter hatten die Bezirke Zweibrücken mit 123 (123), Braunschweig mit 92 (89) und Oldenburg mit 51 (51). Einen Vergleich zwischen der Zahl der Richter und der der Ein wohner stellt die amtliche Statistik nicht an, doch läßt sich auS- rechneu, daß im Reich ein Richter aus 67l3 Einwohner, im Kammergerichtsbezirk aus 6l77 Einwohner kommt. Von den Richtern entfallen 611 (1901 595, 1883 524) auf di» Ober- l andeSgrrichte, 2770 (2619 und 2178) auf die Landgerichte und 5016 (4858 und 4253) aus die Amtsgerichte. In letzten 20 Jahren hat hiernach zugenommen die Zahl Richter bei den Oberlandesgerichten um 87 oder 16,6 v. bei den Landgerichten um 592 oder 27,2 v. H. und bei Amtsgerichten um 763 oder 17,9 v. H. Unter den Richtern den Oberlandesgerichten befinden sich 28 (1883 28) Präsidenten, 77 (63) Senatspräsidrnten und 506 (433) Räte, unter denen bei den Landgerichten 173 (171) Präsidenten, 471 (334) Direktoren und 2126 (1673) Landrichter. Verhältnismäßig am stärksten (um 41 v. H.) ist also die Zahl der Landgerichtsdirektoren gestiegen. Von der Gejamtzahl aller Richter einschließlich des Reichsgerichts und des bayerischen Obersten Landesgerichts entfallen 1,3 v. H. aus die beiden höchsten Gerichtshöfe, 7,2 v. H. auf die Oberlandes- gerichle, 32,6 v. H. auf die Landgerichte und 58,9 v. H. auf die Amtsgerichte. (Voss. Ztg.) — Der Verband der Aerzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen wird am 10. Sep tember vor dem Deutschen Aerzteiage in Köln seine dies jährige Hauptversammlung abhalten. ES soll dort auch die Frage der ärztlichen Streikbewegung besprochen werden. — Am 9. d. M. wurden von einer aus Vertretern des Reichseisenbahnamts sowie der preußischen, bayerischen, sächsischen und badischen Eisenbahnverwaltungeu bestehenden Kommission bei Karlsruhe Versuche mit der Steiner- schen Distanzbremse vorgenommen. Diese Einrichtung, die ursprünglich dazu bestimmt war, die durchgehende Bremse eines Zuges, der an einem auf Halt stehenden Signal vor- übersährt, selbsttätig auszulösen, war hier so ausgebildet, daß die Lokomotivpfeife bei der Vorüberfahrt ertönte. Der Apparat funktionierte auch bei der höchsten zur Anwendung gekommenen Geschwindigkeit von 110 km in der Stunde richtig, es trat aber infolge der außerordentlichen Inanspruch nahme an einem wichtigen Bestandteile ein Bruch ein. Die Versuche werden nunmehr im regelmäßigen Betriebe während längerer Zeit fortgesetzt werden. — Es geht je t durch die Presse die als neu auSgegebene Nachricht, in den nächsten preußischen Etat würden Be träge in nicht unerheblicher Höhe eingestellt werden für die Ausdehnung des Unterrichts an Handels-, Haus halt u n g s - und Fortbildungsschulen. Es bandelt sich hier nicht um etwas Neues, sondern um ein Weiter bauen auf schon gegebener Grundlage. Es ist ein Verdienst deS jetzigen HandclsministerS, daß er Kurse ins Leben treten ließ, mittelst deren für Zwecke deS Handelsschul- und deS Haushaltungsunterrichts geeignete männliche und weibliche Lehrkräfte auf Staatskosten weitergebildet werden können. Mit diesen Kursen wird fortgefahren werden, sie werden unter Umständen eine Ausdehnung und je nach Bedürfnis eine Aenderung erfahren. Was das gewerbliche Fortbil dungsschulwesen betrifft, so hängt das Maß der geldlichen Unterstützung staatlicherseitS vor wie nach von der Bereit willigkeit der Kommunen und Kommunalverbäude ab, Etwas, waS in ihrem bestverstaudenen eigenen Interesse liegt, su ins Leben treten zu lassen, daß eS die wichtigsten Bürgschaften der Lebensfähigkeit wirklich bietet. — Nach den vom „NeichSanzeiger" gebrachten amt lichen Wablziffern haben an Stimmen erbalten: die Sozialdemokraten 3 025 103, daü Zentrum 1 853 707, die Nationalliberalen 1 243 393, die Konservativen 909 714, die Freisinnige VolkSpartei 523 505, dre Polen 340 480, die Reichspartei 282 454, die Antisemiten 244 587, die Frei sinnige Vereinigung 241 116, der Bauernbund (bayer. und würllemb.) 117 327, der Bund der Landwirte 114 350, die Wildliberalen 102 974, die Welfen 94 214, die Wildkonser- valiven in Lothringen 94 150, die deutsche Volkspartei 93 804, die elsässische Landespartei 81 527, die National sozialen 27 334, die MittelstanbSkandidaten 26809, die Ebristlichsozialen 23 115, die Dänen 14 843, die Liltauer 6012, endlich die mecklenburgische Rechtspartei 502. — Die Bevölkerung deS Deutschen Reichs wird im neuesten Statistischen Jahrbuch nach dem Stande um Mitte dieses Jahre- auf 58 549 000 Personen geschätzt, während diese Wahl nicht, er kennt die ethischen Prinzipien seines Arztes nicht, nur das weiß er, daß dieser zur Geheim- Haltung verpflichtet ist. Es erscheint demnach die Hand lungsweise Gaides um so strafbarer." Nun kam Gugge- moos an eine Stelle im Werke, die durch den spationiertcn Druck sofort in die Augen fällt, und hier heißt es: „Ihnen, meine Herren Kollegen, kann ich nur den wohl gemeinten Rat erteilen, in einem Dilemma unverbrüch liches Schweigen zu wahren, falls Sie sich nicht in Ge fahr begeben wollen. Folgen Sie aber der inneren Stimme, dem edlen Triebe, die Menschheit nach Kräften zu schützen, so wird niemand einen Stein auf Sie werfen, aller Achtung wird Ihnen sicher sein, aber vor Augen muß Ihnen bleiben, daß Sie eine strafbare Handlung begehen." „Mir aus der Seele gesprochen!" flüsterte Gugge moos, ,grber gilt das Gesagte auch für mich in oonoroto? Wahre ich mir das offenbar gewordene Geheimnis nicht, so rette ich die geliebte Schwester, verfalle aber der ge setzlichen Strafe. Welche Pflicht ist die höhere? Was würde und müßte man aber sagen, wenn ich Laura in das sichere Elend gehen ließe? Bin ich dann nicht ein gewissenloser Mensch, ein erbärmlicher Schuft, der nicht wert ist, Mensch genannt zu werden? Ich muß reden, und wenn eS mein eigenes Verderben fein und werden sollte!" Andre begab sich in den Wohnraum, fand aber Laura nicht anwesend. Än Geräusch, wie das Aechzen einer Schranktür, drang aus dem nächsten Zimmer, dem Appartement der Schwester. Hastig trat Guggemoos ein und erblickte Laura vor dem Wäscheschrank, die Ausstat tung musternd, zueinandergehörcnde Wäschestücke mit Rosabändchen umwickelnd, die Beschäftigung einer glück lichen Braut. Wie weh ward cs Andre bei diesem Anblick! sprachen muß nun werden, es ist höchste Zeit. ,Mas wünschest du, Andre?" fragte Laura dem Bruder entgegen. Tieferregt sprach Guggemoos: „Nach Seelenkampse bin ich mir über meine Pflicht klar ge worben und muß dir etwas sehr Betrübendes er öffnen . . ,^Sie? Doch nicht über Christian? Er schrieb mir vor einer Stunde, daß er sich sehr wohl befinde, und bittet mich, einzuwilligen —" „Davon kann keine Rede mehr sein!" „Andre!" schrie entsetzt Laura auf. selbst sagen, er bedarf sorgfältigster Pflege! Und nun auch du krank! Steht dein Zustand in Beziehung zu Christian?" „Geh', Laura, geh'! Ich kann keinen Bissen essen! Geh'!" „Nein! Du mußt mir antworten! Ich ahne es, JHr hattet eine Unterredung! Es betrifft mich, die Hochzeit! Andre, um Gottes willen, sprich!" „Geh', Laura! Ich kann nicht sprechen! Mir ist die Zunge gebunden!" „Die Zunge gebunden? Es gebietet dir das Berufs geheimnis Schweigen? Also hat Christian ärztliche Hülfe beansprucht, du hast ihn untersucht, und was dir offen bar geworden, muß Geheimnis bleiben!" „Ich bitte dich, achte meine Berufspflicht!" ,Air sind Bruder und Schwester, der Patient ist mein Bräutigam, du mußt reden, mußt mir sagen, wie es um Christian steht. Ich habe ein heilig Recht, zu fragen . . ." „Und ich als Arzt habe die heilige Pflicht, zu schweigen!" vr. Guggemoos satzte sich, stand auf, drängte die Schwester sanft von sich, und verließ das Haus, um auf einem Gang in den Wald das seelische Gleichgewicht zu finden. Der Weg führte den Arzt am Krankenhause vorüber, in welchem vr. Guggemoos sich erkundigte, ob der Ad vokat Aufnahme gefunden habe. Die Krage wurde ver neint, Kluibenschädel war nicht gekommen. Nun begab sich der Bezirksarzt in die Wohnung des Anwaltes, traf ihn aber auch hier nicht an. Zufällig erinnerte sich Guggemoos, daß sein Vorrat an fiebcrstillcnden Pulvern zur Neige geht, und so begab sich der Arzt ins obere Dorf zur Apotheke. Mit Päckchen beladen, trat Kluibenschädel eben aus dem Laden des Pharmazeuten, zusammenfchreckend beim unerwarteten Anblick des Arztes. Guggemoos grüßte ernst und bemerkte, daß er den Patienten im Krankenhause besuchen wollte. „Das hat Zeit, Herr Bezirksarzt! Mir ist bedeutend besser! Möchte Sie nochmals bitten, ja nichts Laura zu sagen! Habe mir Kola gekauft und sonstiges Zeug! Verraten Sie meiner Braut nicht»!" „Meine Schwester hat genügende Kenntnisse, um be urteilen zu können, ob Tie JHr Versprechen bezüglich des Nichtmedizinierens erfüllen oder nicht! Es wird meines Schweigen- da nicht bedürfen. Auch weiß Laura, -aß Sie heute bei mir gewesen sind!" sie für Mitte 1902 auf 57 708 000 und für Mitte 1901 auf 56 862 000 Personen angenommen war. Es hätte hiernach seit einem Jahre eine BevölkerungSzunahme um 841 000 oder 1,46 v. H. stattgefunden, während die Zunahme von 1901 zu 1902 846 000 oder 1,49 v. H. betragen hatte. Bei der letzten Volkszählung am 1. Dezember 1900 ist eine Einwohnerzahl von 56 317 178 Köpfen festgestellt, so daß nach der amtlichen Schätzung in den seit dem verflossenen 2^/, Jabrrn eine BevölkerungSzunahme um 2,18 Millionen stattgesunden hat. In zehn Jahren hat sich die Bevölkerung des Reichs um 7,8 Millionen, in zwanzig Jahren um 12.5 Millionen vermehrt, und seit der Errichtung deS Deutschen Reicks hat eine BevölkerungSzunahme um 17.5 Millionen Köpfe stattgefunden. — Zur Ausführung des Kinderschutzgesetzes sind soeben in Preußen die städtischen und die ländlichen Polizeibehörden aufgefordert worden, nähere Angaben zu machen, in welchen gewerblichen Betrieben und in welcher Anzahl „eigene" Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche eigene Knaben und Mädchen über 13 Jahren, die noch zum Besuch der Volksschule verpflichtet sind, be schäftigt worden: Eigene Kinder im Sinne deS Gesetze- sind: 1) Kinder, die mit demjenigen, der sie beschäftigt, oder mit dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind; 2) Kinder, die von demjenigen, der sie beschäftigt, oder dessen Ehegatten an Kindrsstatt angenommen oder bevormundet sind; 3) Kinder, die demjenigen, der sie zugleich mit Kindern unter 1 oder gesetzlichen Zwangserziehung sofern alle diese Kinder zu welcher sie beschäftigt. Die eigener Kinder gelten auch welche in der Wohnung oder Werkstätte einer Person, zu der sie in einem der bezeichneten Verhältnisse stehen und zu deren Hausstand sie gehören, für dritte beschäftigt werden. — Seitens der NeichSpostverwaltung ist in Aussicht ge nommen, die in den Schnellzügen jetzt noch verkehrenden dreiachsigen Postwagen nach und nach gegen vierachsigc Wagen auszuwechseln, soweit die Schnellzüge auch im übrigen aus vierachsigen Fahrzeugen gebildet sind oder werden sollen. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat infolge dessen angeordnet, daß ihm ein Ver zeichnis der Schnellzüge vorgelegt wird, die Postverkehr haben, wobei anzugeben ist, ob die Schnellzüge jetzt schon auS vierachsigen Fahrzeugen gebildet werden oder zu welchem Zeitpunkt dies anzunehmen ist. — Der AuSstand der Berliner Metallschläger ist durch Vereinbarung eines neuen LohntarisS mit den be teiligten Arbeitgebern beendet.— Die Holz- und Bretter träger und Holzschneider Berlins sind in eine Lohn bewegung eingelreten und verlangen außer einer lOproz. Lohnerhöhung die Annahme eines von der Lohn kommission aufgestellten Tarifes, der außer böheren Akkord löhnen auch die Anerkennung des 1. Mai als Feier tag und eine 9stündige Arbeitszeit fordert. Maßgebende Berliner Firmen haben sich einer Lohnerhöhung nicht ab geneigt gezeigt, einige haben die Lohnerhöhung sogar sofort bewilligt. Gleichwohl sind die Arbeitnehmer in den AuS- stand getreten und verlangen vorbehaltslose schriftliche An erkennung ihrer gestellten Bedingungen. Eine der größten Berliner Firmen teilt mit, daß ihre Arbeiter in den letzten Wochen vor Ausbruch deS AuSstandS 33,82 bis 47,86 wöchentlich verdient haben. (Voss. Ztg.) — 126 kontraktbrüchige Polen, sogen. Saison-Arbeiter und deren Familienmitglieder, sollen nach einer amtlichen Aus- forderung festgenommen und mittels ZwangSreijepasseS auS dem preußischen Staatsgebiete auSgewiejen werden. Allein 106 dieser „Saison-Arbeiter" haben sich von dem Gute Seehausen im Kreise Angermünde heimlich entfernt. — Der Bevollmächtigte zum BundeSrat, königlich sächsische Geheime Finanzrat Ur. Rüger ist mit Urlaub von Berlin abge reist, ebenso der Präsident des kaiserlichen Patentamts, Wirkliche Geheime OberregierungSrat Hauß, mit Urlaub nach Seebad Heringsdorf. * Kolberg, 12. Juli. Die Zeiten ändern sich! Im Winter 1890 hatte der Bürgermeister von Kolberg, Kümmert, anläßlich der Reichslagswahlen den Saal deS städtischen Kurhauses den Sozialdemokraten zu einer Wahlversammlung überlassen, nach- dem auch fast alle anderen Parteien den Saal benutzt halten. Kümmert wurde von der Regierung dafür gemaßregelt, indem er aus demDiszipli- narwrge zu einer Ordnungsstrafe verurteilt wurde. Kurz darauf wurde ihm auch das Recht aberkannt, die Uniform zu tragen (Kümmert war Offizier der Landwehr). Damals war Herr v. Puttkamer Oberpräsident von Pommern. Bor wenigen Tagen nun wurde das Nrltelbeck- Gneijenau-Denkmal hier emgewetht. Bei dieser Gelegenheit über- reichte der jetzige Oberpräsident v. Maltzan-Gültz dem Bürger meister Kümmert den Roten Adlerorden vierter Klasse und sprach den Wunsch aus, daß er noch recht lauge an der Spitze der Stadt stehen möge. * Aus der Ostmark. Die deutschen Katholiken germanisieren! behauptet der „Orendownik" in einem äußerst melancholisch gehaltenen Artikel. Zwei Germaniste- rungSsysteme bedrohten das polnische Volk; das eine sei das der Regierung, da- andere — da- ungleich gefährlicher« — daS der „natürlichen, langsamen und elementaren Germani- sierung" durch das Zusammenleben mit den deutschen Katho liken. Selbst in der Provinz Posen seien in der Beziehung „die Verhälniffe nicht so rosig, als man glauben könnte": Man habe hier zwar einen polnischen Erzbischof und polnische Geistlichkeit, die wegen ihrer Ueberzrngung von den Deutsche« wohl am meisten gehaßt sei, und dennoch sei hier die Ger- mantsteruug-grsahr ebenso groß, wie wo ander-; denn wenn ein mal der jetzig« Erzbischof sterben und dessen Stell» «in deutscher einnehmen sollt», dann werde e» in der Provinz Pofe« recht traurig auSsehen. Die Gefahr, die den Polen von den deutschen Katholiken drohe, sei in rein polnische» Gegenden nicht so groß, aber unter den polnischen Auswanderern und an den Grenzen der Provinz Posen habe die Germanisierung bereit- zahlreiche Opfer gefordert. Deshalb sei «S die Pflicht der polnischen Presse, da» Volk auf die GermanisierungSgesahr immer und immer wieder auf merksam zu machen. Di» Polen müßten sich st.t- von den deutschen Katholiken absoudera, sie dürften keine» Vereinen beitreten, in denen die polnische Sprache nicht genügend berück sichtigt werde. Gemischte Ehen müßte man zu verhindern suchen, an deutschen Gottesdiensten dürften die Polen niemals teilnehmeu. Anderseits aber sollten die Pole« jede Hetze gegen die deutsche« Katholiken meiden; vor allem sollte man nicht da» gefährliche „Fort mit dem Zentrum" predigen. Man soll« auch nicht verächtlich von „Dajczkatholiken" reden, denn jene Leute seien immerhin auch Katho liken. Aber außerhalb der religiösen Gemeinschaft hätten die Polen mit de» deutschen Katholiken nicht weiter zu tun. Wir glauben kaum, daß der „Orendownik" die „Verhält nisse" richtig schildert. Fast der gesamte neue polnische Mittelstand ist ein sehr lebendiger Beweis dafür, daß die polnischen Katholiken mehr polonisierten, als die Deutschen zu germanisieren vermochten. D Hirschberg t. Schl., 13. Juli. (Telegramm.) Der 30. Abgeordnetentag deS deutschen Kriegerbundes, zu dem Vertreter von Kriegerverbänden auS allen Teilen Deutschlands eingetroffen sind, wurde durch den Vorsitzenden General der Infanterie Spitz mit einer Rede eröffnet, in der er besonders die Notwendigkeit der Bekämpfung der Sozialdemokratie darlegte und die mit einem Hoch auf den Kaiser, die verbündeten Fürsten und Freien Städte schloß. An ven Kaiser wurde folgendes Telegramm abgesandt: „Eurer Kaiserlichen Majestät legen die znm dreißigsten Abge- ordnelentage des Deutschen Krtegerbundes versammelten Abgeord neten von 1400 000 ehemaligen Soldaten ehrfurchtsvollen Gruß an den Stufen deS Thrones nieder. Mit erneutem Ausdruck unverbrüchlicher Treue und steten Gehorsam- erklären die Führer der Kriegerverbänd« de- Bundes den festen Willen, den monarischen Sinn und die Liebe zum Vaterland« unter de« Kameraden zu pflegen, damit sie als eine zweite Armee im Bürgerrocke Eurer Majestät auf den Wegen folgen, auf denen Allerhöchst dieselbe daS deutsche Volk zur Größe und zum Ruhme führen." Als Ort des nächsten AbgeordneteutageS wurde Kiek gewählt. * Darmstadt, 12. Juli. Wie der „Frkf. Ztg." berichtet wird, werden zu der im September hier stattfindenden Hoch zeit des Prinzen Nikolaus von Griechenland erwartet das deutsche und das russische Kaiserpaar sowie der König und die Königin von Griechenland. Ferner baben verschiedene deutsche Fürstlichkeiten ihr Erscheinen in Aussicht gestellt. Oesterreich - Ungar«. Tie Obstruktion. * Pest, 12. Juli. In Nagy-Varad erstattete gestern der Führer des Flügels der Opposition, der die Obstruktion und den Kampf gegen die neue Regierung fortsetzcn will, Abgeordneter Barabas, Rechenschaftsbericht. Trotzdem hat ein Teil der Wählerschaft beschlossen, ihm ihr Mißtrauen auS- rusprechen und ihn aufzuforderu, die Obstruktion einzustellen. ES kam zu Tumulten, bei denen die Polizei und da- Militär einschreiten mußten. 17 Personen wurden ver wundet. Die Polizei nahm 12 Verhaftungen vor. Abends durchzogen Polizei- und Militärpatrouillen die Stadt. Frankreich. * Bordeaux, 12. Juli. Bei der heutigen Kammer wahl wurde der ministerielle Republikaner Videau gegen den Progressisten und Nationalisten gewählt. Großbritannien. LoubetS Besuch. * London, 13. Juli. (Telegramm.) „Daily Telegraph" veröffentlicht den Inhalt einer Privatunterredung, die der französische Minister deS Aeußeru De leas sä nach seiner Rückkehr auS London mit einem Freunde halte. Er sagte. Konsequenzen der Wahlen auch hinsichtlich der Präsidentenfrage fest in- Auge zu schauen, bringt der „Vorwärts" u. a. folgende Randglossen: „Der „Schwäbische Merkur" will aus den Meinungsäußerungen, die in uuserer Parttipresse zu Lieser Frage laut geworden sind, den Schluß ziehen, daß e» uns „fast bange ob so viel Ehre und so viel Verantwortung zu werden scheint". Da» ist nur die um- gekrhrte Torheit der konservative« Scharfmacher. Die Scharf macher sehen in einer sozialdemokratischen Präsidentenstelle rin schrecken-volle- Ereignis, eine Verwirrung aller staat-erhaltenden Gemüter, den Anfang gar vom Eude de- Monarchismus. Dieser Unsinn ist, nicht größer al» der liberale Unsinn, der un« unterstellt, al- scheuten wir vor irgend welchen Verantwortlichkeiten zurück. Die ganze Angelegenheit ist nur eine Frage de- parlamentarischen Rechte»; verweigrrt man un» diese» Recht, sei r» durch einfache Ab- lehnung, sei e- durch Aufstellung ungehöriger Bedingungen, so werden wir allerdings auch au- dieser Bergewaltigunng neue Agi- tattonskrast schöpfen. Erfüllen die bürgerlichen Parteien den Recht»- ansprnch, so werden wir die Ehre und Verantwortlichkeit der Präsidentenstelle zu würdigen und zu tragen wissen. Wir knüpfen au da» Eintreten io die Vizepräsidentenstelle keine Bedingungen; die „Bangigkeit", welche der „Schwäbische Merkur" beruft, ist sicherlich nicht bei un»!" Ungemein gnädig von Herrn Singer und Genossen, für die Ueberuahme der Vizepräsibentenstelle keine Bedingungen stellen zu wollen! Wir betonen aber: den Rechten stehen Pflichten gegenüber, und die Forderung zur Erfüllung derselben sind keine „ungehörigen Bedingungen"! Warten wir indes ruhig den Tag der Präsidentenwahl ab, ob dann noch der aufgestellte sozialdemokratische Vizepräsident gegen über selbstverständlichen Pflichten von „ungehörigen Be dingungen" sprechen wird! * Berlin, 12. Juli. Ein neues Wahlreglement für die Wahlen rum preußischen Abgeordneten hause ist vom „Reichsanzeiger" veröffentlicht worden. Schon im Februar d. IS. batte Minister von Hammerstein im Abgeordnetenhause eine Erleichterung des WahlverfahrenS in großen Wahlkreisen zugesagt. Mehrere Wahlgänge sollten in einen zusammengezogen uud das System der Stichwahlen auss äußerste vereinfacht werden. DaS nunmehr veröffentlichte neue Reglement enthält die ver sprochene wesentliche Abänderung im 8 15, den Fortfall der Be stimmung, daß auf Wunsch Les Urwählers der Protokollführer bei den Urwahlen den Namen des Urwählers durch diesen selbst in die Liste eintragen läßt. Für die Wahl der Abgeordneten selbst sind in den Paragraphen 27 und 28 Erleichterungen ge schaffen worden. Während bisher mehrere Wahlgänge erforderlich waren sür den Fall, daß mehrere Abgeordnete zu wählen waren» hat nunmehr in diesem Fall jeder Wahlmann sofort anzugeben, wen er an erster, zweiter oder dritter Stelle zum Abgeordneten wählt Es ist nicht unzulässig, sür jede Stelle denselben Namen zu nennen. Ter Protokollführer trägt den oder die von dem Wahlmann bezeich neten Namen sofort neben den Namen des WahlmanneS in die entsprechenden, zur Aufnahme der Abstimmungsvermerke bestimmten Spalten der Wahlmännerliste ein. Dabei sind Abkürzungen statt haft, welch« keinen Zweifel über die gewählte Person lassen. Eta neu eingefügter Paragraph stimmt, daß die Wahlvorsteher und Wahlkommissare vorschriftsmäßigen Verlauf der Wahlverhaudlung wörtlich sind, sie sind, soweit nicht Entscheidungen be stände- vorgeschrieben sind, berechtigt, alle zur geordnete« Durch führung der Wahlverhandlnug erforderlichen Entscheidungen und An ordnungen allein zu treffen uud mit den gesetzlich zulässigen Mitteln in Vollzug zu setzen. Die Befugnis de- Wahlvor- standes, da- Wahlergebnis feslzustelleu, wird durch diese Vorschrift nicht berührt. Beschlüsse des Wahlvorstandes werden mit Stimmen mehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Wahlvorsteher- (Wahlkommissars). Im übrigen enthält das Reglement einige redaktionelle Abänderungen. * Berlin, 12. Juli. Ueber die Zahl der Richter im Deutschen Reiche ist dem XI. Jahrgange der deutschen Justizstalistik daS Zahlenmaterial zu folgenden Betrachtungen entnommen: Abgesehen vom Reichsgericht, bei dem 92 Richter, und dem bayerischen Obersten Laudesgericht, bei dem 22 Richter angestellt sind, waren am 1. Januar dS. IS. im Reich 8397 Richter vor- Händen gegen 8072 zu Anfang 1901, 7789 zu Anfang 1899, 7634 zu Anfang 1897, 7498 zu Anfang 1893, 6990 zu Anfang 1887 und 6955 zu Anfang 1883, In Len letzten beiden Jahren hat also eine Zunahme um 325 Richter, in den letzten 10 Jahren eine solche um 899 oder 12 v. H. und in 20 Jahren eine solche um 1442 Richter oder 20,7 v. H. stattgefunden. Da die Bevölkerung des Reichs in Len letzten 10 Jahren um etwa 14,5 v. H. und in den letzten 20 Jahren um 25,8 v. H. gestiegen ist, hat die Ver mehrung der Richter nicht mit der der Bevölkerung
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