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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030714024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903071402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903071402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-14
- Monat1903-07
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Tabellarischer und Zissernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung X 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Mvrgeu-AuSgab«: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Die Expeditton ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abeudS 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. 87. Jahrgang. Dienötag den 14. Juli 1903. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. Juli. Einseitige Kritik. Seit der letzten Neichstagswahl beschäftigen sich zahl, reiche Berliner Blätter ungemein lebhaft mit der politi schen Lage im Königreiche Sachsen. Auch die „Nationalzeitung" kommt neuerdings auf dieses Thema zurück,- sie nennt den sozialdemokratischen Wahlsieg in Sachsen eine Angelegenheit, die angesichts der Behaup tung nur eines einzigen Mandats durch die bürgerlichen Parteien ein nationales Interesse habe, und fordert eine angemessene sächsische Politik, damit nicht in den Familien des Landes sozialdemokratische Traditionen sich erzeugen und sich als unentfernbarer Giftstoff einmischen könnten. Sicherlich gibt der Wahlausfall in Sachsen den be gründendsten Anlaß zu ernsthaften nationalpolitischen Er wägungen. Aber eS darf nicht vergessen werden, daß außer Sachsen sehr wichtige Reichsgebiete aus demselben Grunde zu denselben Er wägungen nötigen sollten. Die Gefahr der Einmischung sozialdemokratischer Traditionen besteht in den Hansestädten Hamburg und Lübeck, be steht in Königsberg und Gotha, besteht in Stuttgart und Elberfeld, vesteht vor allem in der Reichshauptstadt und in ihrer un mittelbaren Umgegend. Gerade mit den Ver hältnissen in Berlin und Umgegend sich zu beschäftigen, hätten die liberalen Blätter Berlins wahrlich Anlaß ge nug. Denn in den 6 Berliner Wahlkreisen und in den Kreisen Charlottenburg und Niederbarnim wurden vor fünf Jahren 216 820 sozialdemokratische Stimmen ab gegeben, am 16. Juni d. I. aber 330 456! Mithin hat die Sozialdemokratie in Berlin und in seiner nächsten Umgegend binnen 5 Jahren einen Zuwachs von 113 636 Stimmen gehabt, eine Zahl, die gar nicht weit hinter der sozialdemokratischen Ttimmenvermehrung im Königreiche Sachsen mit seinen 23 Wahlkreisen zurückbleibt. Berlin hat für das Reich nicht die Bedeutung, die Paris für Frankreich hat. Trotzdem wird niemand leugnen, daß für die Zukunft das sozialdemokratische Ucbergewicht im Herzen des Reiches schwere Gefahren in sich birgt. Für das Anwachsen der Sozialdemokratie in Berlin und in den andern obengenannten Bezirken kann nicht das ver antwortlich gemacht werden, was man spezifisch sächsische Reaktionspolitik zu nennen beliebt. Tie einseitige Kritik der sächsischen Verhältnisse hat ferner dahin geführt, daß über die ganze innere Entwickelung Sachsens während des 19. Jahrhunderts, das sächsische Volksschulwesen allein ausgenommen, der Stab gebrochen wird. So be hauptet z. B. die „Nationalzcitung" vom sächsischen Staatswesen, es sei „das ganze 19. Jahr hundert hindurch reaktionär gewesen". Ganz abgesehen davon, daß Sachsen ein halbes Menschen alter vor Preußen in die Reihe der konstitutionellen Staaten cingetreten ist, mnß jener Borwurf als durchaus unbegründet bezeichnet werden. Wohl trat auch in Sachsen nach 1848 der Rückschlag, die allgemeine Gleich gültigkeit gegen das politische Leben, ein. Aber des wegen ist das sächsische Staatswesen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts keineswegs das reaktionäre ge wesen, als welches es von der „Nationalzeitung" hin gestellt wird. So wurde z. V. in den Jahren 1854 bis 1864 die Justizr esorm wesentlich im Einklänge mit den liberalen Wünschen der Zweiten Kammer gegen die widerstrebende Erste Kammer durchgeführt. Das Wahlgesetz von 1800/61 verminderte das Ueber- gewicht des Grundbesitzes in der ständischen Vertretung, setzte den Census herab und vereinfachte das Wahlver fahren. Das Gewerbegesetz vom 1. Januar 1862 beruhte auf dem Grundsätze der Gewerbefreihcit, hob den Zunft-, Lehr- und Wanderzwang auf, beschränkte die Zahl der konzessionspflichtigen Gewerbe und gab dem Gewerbestand in den Handels- und Gewerbekammern eine selbständige Vertretung seiner Interessen. Im Mai 1865 wurden dieBundesbeschlüssevon 1834 und 1854 bezüglich der Presse und des Vereins wesens außer Wirksamkeit gesetzt und eine allgemeine Amnestie für die politisch Kompromittierten von 1849 gewährt. Das Wahlgesetz von 1868 gab das ständische Prinzip für die Zusammensetzung der Zweiten Kammer völlig auf und kam dem Kleingrund besitz gegenüber den Rittergutsbesitzern zu statten. Die Neuorganisation der Verwaltungsbe hörden von 1871 beruhte durchweg auf dem Grund sätze größerer Teilnahme der Gemeinden an der Ver waltung. Mit dem Einkommensteuergesetz von 1876 und seinem Ausbau von 1878 ging Sachsen im Punkte der progressiven Besteuerung und der Deklaration den meisten deutschen Staaten voran. Schon dieser rasche Blick auf die innere Geschichte Sachsens läßt die Be hauptung der „Nationalzeitung", das sächsische Staats wesen sei das ganze 19. Jahrhundert hindurch reaktionär gewesen, als unhaltbar erkennen. Papstwahl und Zentrum. Herr I>. Bachem hat es für angezeigt gehalten, gegen über dem Vertreter eines amerikanischen Blattes von der Stellung zu sprechen, welche die Zentrumspartei betreffs der Papstwahl einnehme, vr. Bachems Aus lassung ist zum Teil eines Kommentars bedürftig, denn vr. Bachem beschränkt sich nicht auf die im Grunde ge nommen selbstveruändliche Feststellung, daß die deutschen Katholiken einfach abwarteten, wen die Kardinäle zum Papste wählen würden, sondern er fügt hinzu: „Eine be sondere Stellung hätten die deutschen Katholiken erst ein- zunchmen, wenn von irgend einer Seite versucht werden sollte, die Papstwahl zu stören oder ihre Freiheit zu be einträchtigen. Alsdann würden sie sofort mit allen ihnen zu Gebote stehenden zulässigen Mitteln für die unbedingte Freiheit der Papstwahl eintrcten. Was die deutsche Re gierung bei dem Tode des Papstes für eine Haltung ein- nehmen wird, weiß ich natürlich nicht. Ich denke mir aber, daß sie genau dieselbe Stellung einnehmen wird, wie ihre katholischen Staatsangehörigen." — Richtig dürfte ohne Zweifel sein, daß die deutsche Regierung das Er gebnis der Papstwahl abwartet. Da aber 1>r. Bachem von den deutschen Katholiken sagt, sie würden rm Falle einer Störung der Papstwahl oder einer Beeinträchtigung ihrer Freiheit mit allen zulässigen Mitteln für die Freiheit der Papstwahl eintrcten, so liegt hierin, unter der beim Zen trum selbstverständlichen Voraussetzung einer überein stimmenden Haltung der deutschen Regierung, die Er wartung, daß auch die deutsche Regierung alle ihr zu Gebote stehenden zulässigen Mittel zu Gunsten einer unbedingt freien Papst- wahl an wenden werde. Nachdem ein Zentrums führer von der Bedeutung vr. Bachems einmal seine grundsätzliche Auffassung der Rolle, die er der deutschen Negierung bei der Papstwahl zugedacht, öffentlich hat laut werden lassen, wäre es nicht unwichtig, die Mittel kennen zu lernen, welche die deutsche Regierung nach der Ansicht Dr. Bachems für die unbedingte Freiheit der Papstwahl anwenden soll, und etwas über die Grenzen zu vernehmen, innerhalb welcher die Anwendung jener Mittel zu er folgen habe. Herr vr. Bachem hat es auch ausgesprochen, daß die deutsche Regierung bei der Papstwahl „keiner- leiRechte" ausübe. Hierzu paßt es recht wenig, wenn vr. Bachem der deutschen Regierung unter Umständen Pflichten zuschreibt, deren Erfüllung sehr weitgehende Konsequenzen haben könnte. Außerhalb der Zentrums partei wird man einstimmig der Ueberzeugung sein, daß dort, wo Rechte fehlen, auch keinerlei Pflichten über nommen werden dürfen. Die Frage, die Ur. Bachem an geschnitten hat, ist allerdings nur ein „probleina", da die Freiheit der Papstwahl gegenwärtig genau ebenso gesichert ist, wie es bei der Wahl Leos XHI. der Fall war. Aber die Tragweite des von Herrn Ur. Bachem eingenommenen grundsätzlichen Standpunktes erheischt ein kurzes Wort der Kritik und der Abwehr. TaS Vetorecht der Mächte bei der Papstwahl. Bor einigen Tagen ging die Nachricht durch die Blätter, daß der päpstliche Stuhl die Absicht hege, bei künftigen Papstwahlen das Vetorecht aufzubeben. Dazu wird dem „Bert. Lok.-Anz." von unterrichteter Seite geschrieben: Das den drei katholischen Staaten Frankreich, Oesterreick und Spanien zusiebenve Vetorecht besteht bekanntlich darin, daß diesen drei Staaten das Recht eingeräuint worden ist, vor der jedes maligen Papstwahl einen der betreffenden Regierungmißliebigen Kardinal von der Wahl zum Papste auszuschließen. Bei beiden letzten Papstwahlen wurde dieses Recht ausgeübt. Vor dem Konklave, aus dem nach dem Tode Pius' IX. der Kardinal Joachim Pecci als Papst unter dem Namen Leo XIII. bervorging, machte Frankreich, allerdings in recht harmloser Weise, von seinem Vetorecht Gebrauch. Es schloß den damaligen einzigen deutschen Kardinal, den Kardinal Hohen lohe, von der Wahl zum Papst aus. Es war ja überhaupt nicht zu erwarten, daß diesem Kardinal auch nur eine einzige Stimme Zufällen würde, und Frankreich batte sich dieses harmlose Veto-Vergnügen wohl auch nicht der Person des Kardinals wegen, sondern nur deshalb geleistet, um einen Trumpf gegen Deutschland auSzuspielen. Von größerer Bedeutung war daS Velo, das Oesterreich im Jahre 1816 einlegte. Der Kardinal Mastai-Ferrelti, der ein glühender italienischer Patriot war und dem die österreichische Herrschaft m Italien sehr eoutre coour war, hatte gegen diese zu verschiedenen Malen sehr energisch Front gemacht und sich dadurch das Mißfallen der österreichischen Regierung in hohem Maße zugezogen. Als im Jahre 1846 nun Gregor XVI. gestorben war, beauftragte die österreichische Regierung den Erzbischof von Mailand (das damals bekanntlich noch zu Oesterreich gehörte), Kardinal Gaykrueck, in ihrem Namen das Veto gegen den Kardinal Mastai-Ferretti nach Rom zu überbringen. Durch ver schiedene Umstände verzögerte sich die Reise des österreichischen Kardinals nach Rom, und als derselbe am 17. Juni 1846 in Nom eintraf, war tags zuvor nach einem so kurzen Konklave, wie man es seil langer Zeit nicht mehr erlebt hatte, der Kardinal Giovanni Maria Mastai- Ferretti zum Papst erwählt und halte unter dem Namen Pius IX. den päpstlichen Stuhl bestiegen. Abessinien. deckt noch immer den weitaus größten Teil seiner Bedürf nisse aus eigener Produktion und hat auch als Ausfuhr land eine kaum nennenswerte Bedeutung. Es> ist durch das seinem nordöstlichen Teile vorgelagerte Gebiet von Massaua vom Roten Meere, seiner natürlichen Vcr- bindungsstraße mit der Außenwelt, abgeschlossen, und die neuerlichen Abmachungen über den territorialen Bereich des Landes, die zugleich Einfuhrverbote für Waffen, Mu nition und alkoholische Getränke aussprachen, Huben an diesem Verhältnis nichts geändert. Indessen hat -er Sandel mit diesen Waren trotzdem Eingang gefunden: Dschibuti, der Endpunkt der unter französischer Leitung mit britischem Kapital erbauten Bahn Dschibuti-Harar. Sela und Berber«, sind die wichtigsten Einsuhrhäfen am Golf von Aden, von denen aus besonders der Verkehr nach -cm südlichen Abessinien ausrecht erhalten wird. Ta sie von Harar, dem Äusganasvunkte der Karawanenzüge, nn- gefuhr gleich weit entfernt sind, besaß, bevor die Eisenbahn. Verbindung bestand, Sela, der nördlichere der auf eng lischem Gebiete gelegenen Häfen, den größeren Verkehrs anteil,- gegenwärtig hat sich jedoch infolge der anschließen den Bahnlinie der Verkehr in Dschibuti stetig gehoben un droht Sela auch um den Rest seiner kommerziellen Be deutung zu bringen. Mit Rücksicht auf diese Entwicklung der Dinge ist von einer e n g l is ch e n Kapitals st en- gruppe das Projekt einer Bahnlinie von Berber« nach Harar in Aussicht genommen. Mit der Einleitung der Vorarbeiten, Erforschung des Ge- ländes usw. ist bereits der Anfang gemacht. Man hofft, mit der geplanten, südlicher gelegenen Bahnstrecke, vor ausgesetzt, daß der Bau mit erträglichen Kosten durch- zufUhren ist, einen Teil des Verkehrs Dschibltti entziehen und dem britischen Hasen zürnenden zu können. Möglicher weise wird die Gesellschaft, wenn das Verkehrsunter, nehmen zustande kommt und den angestrebten Erfolg er reicht, auch die Erschließung der reichen Minerallager Abessiniens, in erster Linie der Edelmetall führenden, in Angriff nehmen. — Auch Deutschland scheint nach und nach eine festere Position in Abessinien gewinnen zu sollen. Wie berichtet wird, hat eine deutsche Firma die Lieferung für den Bau und die innere Ausstattung einer vom Negus geplanten st a a t l i ch en Münze erhalten und damit andere Bewerber siegreich aus -em Felde geschlagen. Deutsches Reich. u Berlin, 13. Juli. Um eine Anleitung zur Aus- und Umarbeitung von Kassenstaluten nach der letzten Novelle zum Kran kenversicherun gSgesetze zu geben, hat der Bundesrat bekanntlich die in Betracht kommenden Paragraphen der bisherigen Eniwürfe von Statuten für eine Orts» und für eine Belriebskrankrn- kaffe Aenderungen unterzogen. Er bat nunmehr die ab geänderten Entwürfe veröffentlicht. Die Neuerungen, die sich in ihnen finden, schließen sich eng an den neuen Wort laut des Gesetzes an, beziehen sich also auf die Erweiterung des Kreises der Versicherungspflichligen (Handlungsgebülfen und -Lehrlinge), Erweiterungen der Unterstützungen für die Erkrankten, Beitragsbemessung, Zusammensetzung und Wahl ver Kassenvorslände, Recknungs- und Kassertzührung usw. In dem Statut für die Bctriehskrankenkasse ist ein Passus, der sich auf Gewährung der Krankenunterstützung durch bestimmte Aerzte usw. bezieht, jetzt folgendermaßen umgeändert: F-uilletsn. Hotel Alpenrose. Roman von Arthur Achleitner. VIU.I »r»u vcrbolen. Laura lachte schrill auf: „Ein feines Manöver für- wahr! Erst begründest du die Verlobungsaufhcbung mit der ärztlichen Diagnose, und, um Bekanntgabe dieser rätselhaften Diagnose gebeten, verschanzest du dich hinter das Berufsgeheimnis. Ich aber sage dir: Das Berufs geheimnis hast du bereits in dem Augenblick gebrochen und verraten, da du auf Grund der ärztlichen Unter suchung Christians von mir die Zurückgabe meines Ehe versprechens fordertest!" Wehmütig sprach Doktor Guggemoos: „Das ist leider Gottes richtig! Ich konnte aber nicht anders, die mora lische Pflicht ist die höhere, sie siegte über die Schweigens pflicht des Arztes; ich muß die Folgen tragen, tue dies willig und Gott ergeben, im Bewußtsein, dich gerettet zu haben!" „Mich willst du retten? Was soll mir drohen in der Ehe mit dem geliebten Manne meiner Wahl?" „Was dir droht, ist das entsetzlichste Unglück, das Menschen erdenken können!" „Du irrst, Andre! Mutzt dich irren! Wenn ich deinen Worten glauben soll, mutz ich die Diagnose kennen!" „Laura, du willst das Schreckliche nicht glauben, bist taub und blind! Habe ich im langen geschwisterlichen Zusammenleben je ein unwahres Wort gesprochen? Kennst du mich nicht als gewissenhaften, selbstlosen Menschen? Kannst du dir nicht denken, welch' schweren Kampf es mich kosten mußte, um deinetwillen das zu verraten, was mir als Arzt von einem Patienten, der dein Bräutigam ist, anvertraut und offenbar wurde? Als Arzt handle ich durch Bruch des Berufsgeheimnisses geradezu infam, ich weiß es und verachte mich selbst; als Bruder ist es meine heiligste Pflicht, zu warnen, dir zu sagen: Die Ehe ist unmöglich!" „Die Diagnose, Andre, wie lautet die Diagnose?" Dumpfen Tones sprach Doktor Guggemoos: „Ret tungslos verloren, beginnende, ja bereits stark entwickelte Paralyse!" „Allmächtiger! Paralyse! Es kann nicht fein, du irrtest sicherlich!^ „Leider nicht! Die Symptome sprechen zu deutlich! Irrtum ist in diesem Falle ausgeschlossen! In Bälde schon wird der Aermstc dem entsetzlichen Schicksal ver fallen. Wir beklagen dies tief und aufrichtig, können aber die Hand Gottes nicht aufhalten." „Aber die Spezialisten können eingreifen! Wir geben Christian in eine Heilanstalt! Unter sorgfältigster Pflege, bewacht von Spezialisten, kann eine Rettung vielleicht doch noch möglich sein. Tu sagtest ja selbst, die Krank heit sei im Anfangsstadium." „Es wird alles vergeblich sein! Ich sage dies als prak tischer, erfahrener Arzt!" Verzweifelnd klammerte sich Laura an die Möglichkeit einer Hülfe, sie kündete den Entschluß an, mit Christian zu sprechen, sie will den Bräutigam veranlassen, so rasch als möglich eine Heilanstalt anfzusuchen. „Willst du die Katastrophe beschleunigen? Sage einem Paralytiker, daß er an (Gehirnerweichung zu Grunde geht, und horche auf seine Antwort! Nein, nicht ein Wort darf über deine Lippen kommen! Ich will dir über das Pein lichste hinweghclfen!" „Nein, nein! Ich erachte mich an Christian gebunden!" „Genug der unsinnigen Worte! Den unglücklichen Menschen lassen wir in dem Glauben an eine unmögliche Ehe. Das pfarramtliche Aufgebot ziehe ich zurück. Das Schicksal wird schneller sich vollziehen, als wir es ahnen!" „Ist es nicht grausam, einen Mitmenschen ahnungslos einem gräßlichen Schicksal entgegensetzen zu lassen?" „Hier nützt keine Warnung, keine Mahnung mehr, jedes Wort würde schädlich wirken. Was ich als'Arzt er kannt, mutz Geheimnis bleiben, ich habe ausnahmsweise als Bruder zur Schwester gesprochen, du weißt von dem Unglück und wirst schweigen!" Laura sank ohnmächtig nieder, die Aufregung war übergrotz geworden. Elftes Kapitel. Der Verlobung Winkclhofers mit Elwine Tauschkcrn war alsbald die Ocsfnnng der Verbindungstür zwischen beiden Zimmern gefolgt. Ein stillschweigendes Ucbercin- kommcn, das sich, nachdem Moritz den hindernden Schrank in seinem Gemach weggcrückt hatte, von selbst ergab, als Winkelhofer des Morgens anklopstc, das Schloß öffnete und eintrat. Elwine hatte im ersten Augenblick wohl mit einer Befangenheit zu kämpfen, lachte aber alsbald und be ruhigte sich selbst mit dem laut gesprochenen Satze: „Na ja, wir sind ja so gut wie verheiratet! Und der direkte Ver kehr durch die Verbindungstür fällt weniger auf!" Einen galanteren und aufmerksameren Bräutigam konnte sich Elwine nicht wünschen, Winkelhofer zeigte sich als glänzender Kavalier, dem völlig anzugehören Elwine sich nicht weiter scheute. Ein sehr reichliches Trinkgeld an die Zimmerin beseitigte augenblicklich deren Bedenken gegen eine eigenmächtige Oeffnung der Verbindungstür, und für die Bemerkung der Dame, daß sie mit dem Kam merherrn Baron Winkelhofer verlobt sei, ihn bald hei raten werde, hatte das Stubenmädchen nicht nur vollstes Verständnis, sondern auch ergebenste Glückwünsche, welche Fran Tauschkern veranlaßten, dem „guten Ding" noch mals ein nobles Trinkgeld zu garantieren. Somit konnte das Pärchen ungeniert miteinander wie die Turteltauben leben, es hatte niemand, außer der Zimmerin, eine Ahnung von dem Verlöbnis, zumal da das Paar bei Tisch im Speisesaale keine besondere Vertraulichkeit zeigte. Zwei Tage brachte Elwine es über sich, schmucklos zu bleiben, und sich mit frischen Blumen, die Winkelhofer übereichte, zu begnügen. Plötzlich aber kam doch die Brillantcnleidenschast über das eitle Frauchen, Elwine sehnte sich nach dem Spiel und Beschauen des glitzernden Tandes, und huschte ins Zimmer Winkelhofers, um die Kassette herüber zu holen. Winkelhvfer war abwesend, es kann also der Schmuck genommen werden, ohne daß Elwine sich ob ihrer Juwclenlieblmberei belächeln lassen mutz. Daß der Baron sorgsamer in Verwahrung der Brillanten ist, konnte Elwine alsbald erkennen, denn sic fand die Kassette trotz emsigen Suchens und Kramens in den Schränken nickt. Eine Lade aber ist verschloßen, der Schlüssel abgezogen. Sofort kombinierte Frau Tausch kern, daß die Svtelschränke wahrscheinlich alle das gleiche Schloß haben dürsten, also ein Schlüssel ihres Schrankes auch das Schloß des Schrankes in Winkelhofers Zimmer öffnen könnte. Ein angcstcllter Versuch bestätigte diese Ver mutung, das Schloß war mit dem fremden Schlüssel so fort zu öffnen, Elwine wollte ihre Kassette hcrausnchmen, da reizte es sie, das danebenlicgende in Seidcnpapier ver packte Pakctchcn einer Untersuchung zu nntcrziebcn. Eine Anzahl wertvoller Ringe, ein Perlenkollier, zwei Broschen und ein Diamantkamm und ein Portefeuille, all das ist flüchtig in Seidcnpapier gewickelt und neben ihre Kassette gelegt. In der ersten Ucberraschuug glaubte El- winc an eine liebenswürdige Spende Winkelhvftrs, für welche der aufmerksame Bräutigam auf innigsten Dank Anspruch hat. Je länger Elwine jedoch diese Kostbarkeiten betrachtete und über diese dumme Art des Schenkens nach dachte, desto gröbere Bedenken wurden in ihr rege. Jeder Bräutigam wird Geschenke persönlich überreichen und einige Worte dazu sprechen, schon in der Absicht, er messen zu können, ob die Geschenke auch wirklich Freude erregen und Anklang finden. Weshalb beliebte es Winkel hofer, auf andere, stumme Weise zu schenken Oder wollte er die Braut erst am Hochzeitstage mit diesen Schmuck gegenständen überraschen? Warum aber hat Moritz dann dieselben neben ihre Kassette gelegt? Und wie kommt Winkelhofer hier im Alpenhvtel zu solchem Damenschmuck? Ließ er denselben hierher kommen oder besaß er ihn schon von früher her? Elwine betrachtete die Schmuckiachen aufmerksam, es ward ihr sehr befremdlich, daß just dieser unerklärlich« Brillantenzuwachs keine Etuis hat, ganz lose eingewickelt war; ihre Juwelen steckten aber alle in entsprechenden Samtetuis. Woher stammen also die Dinger? Ein Schrei des Schreckens entrang sich der wogenden Brust, Elwine fühlte sich einer Ohnmacht nahe, als ihr Blick auf einen cinaravierten Namen im Perlenkollicr fiel, hier steht deutlich zu lesen: „Jutta". Wer ist Jutta? Und eine Krone prangt über dem Namen! Zitternd zählte Elwine die Kronenzacken. „All mächtiger Gott, «s ist eine Herzogskrone! Wie kommt Moritz zu einem Tamensckmuck nnt einer Herzogskronc ohne Etui?" flüsterte die aufs äußerste erregte Frau. Von unnennbarer Angst gefoltert, riß Elwine mit bebenden Fingern das Portefeuille auf, welches ein Päckchen eng lischer Banknoten enthält. Eutsegliche Gedanken wirbeln durch Elwincns Kopf, ganz ungeheuerlich«, rasen machende Gedanken. Ein reichsdeutscher Kammerherr auf österreichischem Boden, an der Schweizer Grenze, führt doch nicht englisches Paviergeld nnt sich. Wie konnte dieses Portefeuille in die Lade gelangen, wenn es nicht Moritz hineiugc > gt hat? Und das Jnchtcnportefeuillc trägt ein Impressum nnt Goldbuchstaben: „James Atkins, Liverpool". Ein Geschenk kann das doch nicht sein? Un wenn ein Fund, dann ist der gewöhnlichste Mensch zur Rückgabe zum mindesten an den Hotelier verpflichtet, um wie viel mehr erst ein Baron und Kammerherr! Von Verzweiflung erfaßt, legte Elwine alle Gegen- stände wieder in die Lade und schloß selbe ab. Den Lchlüsscl nahm Frau Tauschkern zu sich und huschte in ihr anschließendes Gemach zurück, fürs erste unfähig, einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Wie sie sich Moritz gegenüber verhalten soll, ob sie über den seltsamen, uner«
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