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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030715010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903071501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903071501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-15
- Monat1903-07
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Ämksvlatk -es Königlichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Antes im- -es Volizeiamtes -er Ltn-t Leipzig- Anzrige«»PreiS die 6 gespaltene Petüzeüe LS St«tla»«a unter dem Redattto»»stnch (Lgefpaltea) 75 vor deu Famüteaaach» richte» (vgejpaUeu) vü Tabellarischer und .gissernsay entsprechend Hetzer. — Gebühren für Stachwelsunge» »d vsterüuuuuwhm« 25 ch, (excl. Porto). Srtra-Vella,e» (gesalzt), »u? mit s»r Morgeu-Ausgabe, ohne Postbesörder»», ^ti SÜ.—, »tt Bostdriörderung 70--> Armahmeschluß für Anzeigern Abanb-Ansgabe: Vormittag« 10 Uhr. Moraen-Ausgabe: Stachmitrag« 4 Uhr. Anzeige» stad stet» an di« Expedition za richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 6 bis abend« 7 Uhr. Druck nnd Verlag von E. Pol» t» Leipzig. 97. Jahrgang Mittwoch den 15. Juli 1903. p- l» ^ervandSmttglieder oder 92 Pro-ent a^citeten nach einem mit den Prtnzt- n Dienstverhä'ltnifse kurz« und französischen jungem un- zusammen kann, dann Das Programm der sächsischen Negierung für die Landtagswahlresorm. Die sächsischen Regierungsblätter veröffentlichen die folgende bedeutsame, von uns bereits signalisierte offiziösetkundgebung über die von derRe- gierung geplante Reform des Landtags- Wahl r e ch t s. „Die Regierung hat die Krage, in welcher Weise die Zweite Kammer der Dtändeversammlung zusammenzu setzen sei, zu keiner Zeit als durch das Gesetz vom 28. März 1896 endgültig und auf immer entschieden angesehen. Sie hat dies noch auf dem letzten Landtage, als aus der Mitte der Zweiten Kammer Stimmen laut wurden, die einer Reform des Landtags-Wahlrechts das Wort redeten, durch den Mund des Ministers des Innern erklärt, der sich hier bei dahin aussprach, daß sie es „für absehbare Zeit als unerläßlich anerkenne, am Wahlgesetz Aendernngen eintreten zu lassen", und „sie empfehle jedermann, der daran Interesse habe, mitzuwirken, mttzuarbcitcn, mitzudenken, damit sie feiner Zeit in der Lage sei, wenn sie an diese schwierige Frage herantrete, von allen beteiligten Seiten, auf deren Urteil sie einen besonderen Wert lege, auch die nötigen Unterstützungen und Ratschläge zu finden." Um die Bedenken, die ihr sowohl gegen das bestehende Wahlrecht beigingen, als auch von verschiedenen Setten entgegengobracht wurden, aus ihre innere Berechtigung zu prüfen, hat bas Ministerium des Innern unmittelbar nach dem Schlüsse deö letzten Landtages Ermittelungen veranstaltet, insbesondere über das Verhältnis, in welchem die Anzahl der zur dritten Wählerklasie Gehörigen, sowie die Summe ihrer Ttcuerlcistungen zu der Anzahl und den Leistungen der in den beiden anderen Klassen Befindlichen steht. Diese Ermittelungen waren bereits im April deS laufenden JabreS wenigstens insoweit abgeschlossen, daß sie als Grundlage für weitere Arbeiten gelten können. Das Ergebnis «bestärkte die Negierung in der Ansicht, daß das Gesetz vom 28. März 1890 die nicht beabsichtigte Wirkung gehabt hat, den Einfluß der in der dritten Wähler klasse gewählten Wahl, männer auf die Wahl der Abgeordneten auf ein den Grundsätzen der Gerechtigkeit nicht entsprechendes Maß herabzudrücken. Die Regierung hat hieraus Anlaß nehmen müssen, die Reform des Landtagswahlrechts ernstlich ins Auge zu sassen. Auf welchem Wege diese Reform in die Wege zu leiten sei, ist zur Zeit noch Gegenstand der Erwägung, Im Hinblick auf die außerordentliche Schwierigkeit der Ausgabe gedenkt die Regierung, sich bereits einer etwa für Ende August oder Anfang September zusammenzurufenden Ver sammlung zu bedienen, in welcher namentlich aus dem fraglichen Gebiete besonders erfahrene Mit glieder beider Ständekammern ihren Platz finden sollen. Die Vorarbeiten werden bis dahin so weit gefördert werden, daß der Versammlung nicht nur das schon -usammengebrachte und weiter zu vervollständigende Material mitgcteilt, sondern auch formulierte Vorschläge unterbreitet werden können." Alle Erörterungen, ob eine Wahlreform angebracht fei oder nicht, sind nun überflüssig geworden: Die Regierung hat selbst die Initiative ergriffen und sogar schon be stimmte Vorschläge wenigstens für die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs gemacht. Eine Zeit von Höch- st erpolitischerBedeutungi st angebrochen, insbesondere auch von parteipolitischer Bedeutung, Wenn bi« nationalliberale Partei diese Gelegenheit zur Beeinflus sung des sächsischen Wahlrechts nach ihren Ueberzeugungen und ihren daran» ent springenden Wünschen nicht mit aller Kraftergreift, wenn sie in diesem Augenblicke nicht allekleinlichen Zwistigkeiten persönlicher und lokaler Natur vergißt, wenn sie nicht alles, was sie hat an Kraft und Einfluß, an oder altem, an theoretischer praktischer Intelligenz schweißen und einletzen hat sie sich al» kurzsichtig erwiesen und kann sich über die dann unausbleiblichen Folgen nicht beschweren. Jahrzehntelange Klagen können hier behoben, der Grundstein zu einer ganz neuenSntwicke- lung de» politischen Leben» in Sachsen kann und muß hier gelegt werden. Dazu gehören aber feste und im gegebenen Falle auch einmal rücksichts - los« Männer, rücksichtslos auch gegen sich selbst und dieLeute der eigenen Partei. Nicht als ob wir nun eine Kammer aus lauter nationalliberalen Wbgeordneten anstrebten; aber «in Parlament soll hier ge- fordert werden, in welchem derjenige Teil des wirtschaft lichen und politischen sächsischen Lebens, der in unserer Partei seine natürliche Vertretung erblickt, zur vollen G«lt«n« kommt. Französische parlamentsserien. Die beiden Häuser des französischen Parlaments sind ziemlich sang- und klanglos in die Ferien gegangen. Sehr aufregend war das Interesse ja nie, da» den Verhand- lungcn der beiden Kammern entgcgengebracht wurde. Der angebliche .Kulturkampf", den Herr CombeS sür die „höchsten- Güter" der Nation gegen die finsteren Mächte der „Geistes-knechtung" ausftcht, hat den Pariser nur im Anfänge interessiert, später wurde der Kamps „fern von Madrid" dahinten in der Bretagne und den südöstlichen Alpendepartements ausgefochten, und da auch im Palais Bourbon die schwarzen und die roten Kampfhähne trotz allen RadauS bei ihren Verhandlungen ganz unter sich blieben, wurde den neuigkeitSlüsternen Bewohnern Seine- babels der mit solchem Aufwande an Lungenkraft nun seit einem Fahre geführte Unterdrückungskrieg gegen' die Kongregationen bald langweilig . Ja, in der letzten Zett mehrten sich sogar bei den nach deutsch-freisinnigem Muster „unentwegten" Radikalen die Anzeichen,daß das von dem Exabbö aufgeführte Spektakelstück nicht mehr den Beifall dieser „vollen und ganzen" Stützen von Herrn CombeS' Herrlichkeit sand. Zwar, was ein echter Pariser Bourgeois ist, schimpft aus alter, lieber Gewohnheit früh und spät auf die gottseligen Biedermänner in Soutane, Kutte und Noquelaure, und an sich sind die geistlichen Herren überall in Frankreich wenig gern gesehen. Noch weniger liebt man aber Herrn Combes, uwd da man da heim am häuslichen Herde von früh bis spät nur Klagen der treuen Gattinnen »u hören bekam über das Wüten Combes', dieses neuen Nero und Antichristen, gegen die unschuldigen Ordensväter, so war die Stimmung sowohl im Ober- als im Unterhause allmählich recht ungemütlich sür den Herrn Kabinettschef geworden, und er war wohl im Grunde seines HerzeuS recht froh, al» «die unzuver lässige Gesellschaft im fäulengeschmücften Volkshause am Ouaj d'Orsay endlich in die Hundstagsferien ging und ihm noch einmal die Gnaden- und Schonzeit bis zur Herbsttagung bcschieden ward. Wenn daun tn Frankreichs schönen Gauen alles Volk der fröhlichen, seligen Weinernte sich freut und die gestrengen Deputierten in den heimat lichen Gefilden auf rüstigen Pürschgängen sich allen Groll von Galle und Leber gelaufen, dann wird vielleicht wieder eher mit den Herren zu reden sein, und auch bei dem zürnenden Jupiter-Walbeck wird bis dahin wohl wieder „glorreicher Sommer" nach dem Winter des Miß vergnügens. Man sagt immer — und nicht ganz mit Unrecht —, wir Deutschen seien kein politisches Volk. Wer in diesen Tagen die französische Presse durchgeblättert Hat, wird mit derselben Berechtigung ein« gleiche Behauptung über die Franzosen aufstellen können. Die Reise de» ehrenwerten Louhet nach London, die nach Ansicht de» Herrn Delcassö und seiner politischen Glaubensgenossen auf beiden Seiten des Kanals sür die äußere Politik Frankreich» eine,-Welt wende" nach berühmten Mustern herbeiführen soll, findet überraschend wenig Beachtung, überraschend selbst für den, der weiß, wie gering in Frankreich da» Interesse für den Staatspräsidenten an sich ist und wi« kalt und zurückhaltend nach wie vor die Stimmung de» französischen Volke» in seinen breiten Massen gegen England geblieben ist. Noch bezeichnender ist aber, baß die eben zu End« ge gangene flüchtige Blättern Müdigkeit deutsch« Krankheit zu sein. A o man acker auf Besprechun gen der Ergebnisse der letzten Session stößt, sind sie recht unfreundlich ausgefallen. Die Herren Deputierten er halten ein schlechte» Fertenzeuqni» von der Pariser Presse, und wenn die einflußreichen Wähler daheim nicht besser gelaunt sind, wird der Spaß der ersten Ferientag« wohl gar manchem Volksvertreter versalzen werden. Die letzten Tagungen haben sich nicht durch große Fruchtbarkeit ausgezeichnet. Diese gesetzgeberisch« Urr- Daß den Konservativen ein gehörig Teil Selbstlosig kett zugemutet wird, ist richtig, und daß sie nur zögernd s seligen Dreysusaffäre an faktische Besitzstände und Rechte hergeben, ist begreiflich. Aber sie müssen einsehen, daß ihre parlamentarische Macht nicht auf solider natürlicher Grund- läge, sondern auf Ungerechtigkeit beruht. Die Negierung selbst hat dies nun ausgesprochen, jetzt können die Konservativen zeigen, wie weit sie ihr Autoritäts- dogma tn der Praxis anzuwenden gewillt sind. Es muß gefordert werden, daß noch in dieser Stunde alles, was sich n a ti o n a l l i b e r a l nennt, zum Mit arbeiten sich anbietet, sich aufdrängt. Wer führen will, hat jetzt seine Be fähigung nachzuweifen. Da» Vaterland, die Regierung und die Partei verlangen, daß jetzt jedermann seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit tue. Parlamentstagung nur Betrachtungen in den hervorgerufen hat — die ParlamentS- scheint doch also keine spezifisch Deutsches Reich. t Leipzig, 14. Juli. Da» internationale Buchdruck«?,«Sekretariat, mit dem Sitze in Bern, veröffentlicht eine Zusammenstellung über die Ge- hülfcnorganisationen des Buchdruckgewerbes im Jahre M2. Die Untersuchung erstreckt sich auf 31 «uchdrucker- Orgamsattonen aller Länder Europas, Nordanrerikas, Südafrikas, Egyptens, von Neu-Südwales usw. Liese 31 Organisationen zählten zusammen 186 201 Mitglieder, »arunter -21 Setzerinnen und 2640 Lehrlinge. 20 Ver bände, von denen hierüber Angaben Vorlagen, hatten zu- ammen «in Vermögen von 11820000 ohne den Be- lokalen Kassen. In acht Verbandsgebieten bestand ein Normaltarif, in 10 Organisationen gab cö ver- A?A Kktton»tarife Etwa 144 000 VerbandSntttglieder oder 92 Prozent a^citeten nach einem mit den Prinzi- "LUche Arbeitszeit betrug § bis 9 Kunden, die Lehrzeit im Durchschnitt Organisationen zahlten Reise- und Arbettslosenuntcrstützung auf die Dauer von 28 bis 280 verbände zahlten Krankenunterstützung bis zu unte^ttttzten ihre Invaliden, 26 be, AN Von «"en Verbänden wurde »treick, und Gemaßregelten-Unterstützung bezahlt. 14. 9uli- iBerufsgenosscnschaft- H Von den 66 gewerblichen Berufsgeiioffcn» ichaften machen annähernd all«, von den landwtrtschast- lichen etwa zwei Drittel, von dem Recht Gebrauch, die » Ehtsn Ich"" innerhalb der Karenzzeit auf eigene Kosten behandeln zu lassen. Aber so überwiegend die Zahl der Verufsaenossenschaften ist, die grundsätzlich die Zweckmäßigkeit einer frühzeitigen Uebernahme d«A Heil- k-mm-n dt- ü°-r«E, nm Knlwrknnv, machten, recht schlecht wea. Sm unbefangener B'urt Uer wird die Ausbeute der letzten Verhandlungen zwar nicht überwältigend reichhaltig, aber auch nicht dürftiger finden, als dies bei dem lahmen Funktionieren der rostigen fran zösischen Parlamentsmaschine zu erwarten war. ütan wirst der Kammer vor, sie Labe im Grunde genommen eigentlich nichts geleistet, als die glichen Orden und die frommen Schwestern verfolgen, «die Freiheit der Ge wissen und -es Unterrichts vernichten, die Grundlagen des ritterlichen Geistes in der Armee zerstören und dazu durch unsinnige Finapzgcsebe das Volksvermögcn ruinieren. Dieser letzte Hieb sitzt immer, und kein Mensch be zahlt iu rosiger Festtaaslaune steuern. Wenn es danach ginge, taugte keine Regierung was, und die Herren Finanzminister könnten sich ruhig begraben lassen. So glänzend, wie die französischen Finanzen, als Gesamt wert -es Vvlksvermögens betrachtet, sind, so elend ver fahren ist die Kinanzverwaltung. Daran laboriert man bet unseren westlichen Nachbarn schon seit den Zeiten der großen Revolution. Um das herauszuftnden, braucht s keine große StaatSweishett; dafür kann weder Herr Rouvier, noch Herr Combes, und ehe man in Paris einen Miquel bekommen wird, der die Steuerwirtschaft auf eine vernünftige Grundlage stellt, bis dahin wird noch viel Wasser unter dem Pont de la Concorde hindurchsließen. Dafür kann jedenfalls aber auch die Deputiertenkammer nichts. Im übrigen: wahr ist, das Parlament hat kein neues Gesetz »um Abschluß gebracht; aber eS hat in mühe vollen Beratungen an zwei Entwürfen die Arbeit so ge fördert, daß, wenn nichts dazwischen kommt an inneren Krisen ober ganz kleinen Staatsstreichen, was man an -er Seine freilich nie wissen kann, -aß dann im Winter zwei äußerst wichtige und bedeutungsvolle Gesetze tn den fran zösischen Rechtskodex ausgenommen werden können: näm lich das Gesetz über die zweijährige Dien st zeit und das Gesetz über die A l te rs u n t e r st ü tzu n g. Ersteres ist bisher nur vom Senat, letzteres nur von der Kammer geprüft und gebilligt. Es unterliegt aber kaum einem Zweifel, daß beide Vorlagen sozusagen „über Kreuz" angenommen werden. Die zweijährige Dienstzeit tilgt in radikal-demokratischem Sinne alle Vorrechte, die bisher aus akademischen Studien oder sonstigen Vorzugsstellen entsprangen. Die Altersversorgung ist allerdings keine Heldentat, die sich mit imserer deutschen sozialpolitischen Gesetzgebung auch nur entfernt vergleichen ließe. Der Bersorgungsberechtigte erhält nur 8 Francs pro Monat; aber die lästige Kleberei und die sonstigen Unbeqemlich- keiten, die nun einmal mit jedem deutschen Gesetze ver bunden sind, fallen in Frankreich fort. Es hat heiße Kämpfe gegeben, ehe man dieses Gesetz in Sicherheit gebracht; denn es handelte sich hierbei um die grundsätzliche Frage der gesetzlichen Anerkennung einer Versorgumgs p f li ch t, die die Gemeinde erwerbsunfähigen, alten und kranken Personen gegenüber hat. Die klerikale Rechte wollte die Wohltätigkeit -er Kirche und die milden Stiftungen an der Stelle dieser Staatseinrichtung weiter bestehen lassen. Diese beiden Gesetze mögen nicht himmelstürmen- groß artig sein, sie führen aber Frankreich unablässig auf dem Wege weiter, den es seit nun mehr als zwanzig Jahren geht, -cm Wege radikaler Demokratisierung. I'. VV. verfahrens anerkennen, so verschieben ist doch bet den einzelnen Berufsgenossenschasten die Anzahl der Fälle, in denen tatsächlich die Uebernahme erfolgt: Was zu nächst die gewerblichen Genossenschaften anlaugt, so haben im Jahre 1001 in mehr als 1000 Fällen die Für sorge übernommen: die Papi-rverarbeitungs-Berufs- genoffenschast in 1013 Fällen, die Knappsckasts-Verufs- genossenschaft in 1656, die Brauerei- und Mälzeret-Be- rufsgenvsscnschaft in 3010 Fällen. 40 Berusegenossen- schäften haben weniger als 100 Fälle, davon 20 weniger als 10 Fälle, aufzuweisen. Von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschasten haben in mehr als 100 Fällen Vie Fürsorge übernommen: die Westfälische in 138, die Brandenburgische in 139, die Rheinische in 154 , die Posemche in 172, die Schleswig-Holsteinische in 284, die Schlesische in 824 Fällen. 14 landwirtschaftliche Berufs genossenschaften weisen weniger als 10 Fälle auf, davon 9 nur einen einzigen Fall. Am wenigsten ge schieht da, wo es nach Lage der Gesetz gebung am nötigsten wäre, nämlich auf dem Laude, wo regelmäßig nickt lcke relativ brauch- bareu Krankenkasse«, sonder« die Ge.ieiiGc« oder die Verletzten selbst die Vorläufer -er berufsgenoffenschaft- lichen Fürsorge sind. * Berlin, 14. Juli. (Die Zeugengebühren der Arbeiter.) Einen Bescheid von allgemeinem Interesse hat neuerdmgs der preußisch: Justizmiuister z» der Frage der Zeugengebühren der Arbeiter, Angestellten oder sonst in dauerndem Dienstverhältnisse siebenden Personen erlassen. § 615 des Bürgerlichen Gesetz buches bestimmt, datz der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruches auf seine Vergütung dadurch nicht verlustig gebt, daß er sür eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Auf Grund dieser Vorschrift weigerten vielfach die Gerichtsbehörde» die Anweisung von Zeugrngebühren an Arbeiter und andere Angestellte, da der Arbeitgeber ihnen bloß des halb, weil sie durch Ausübung ihrer Zeugnispflicht von der Arbeit serngedalten wurden, nach H 615 keinen Lohnabzug machen dürfe, und weil daher ein ihnen al- Zeugen zu ersetzender Lohnausfall nicht vorliege. Die Praxi« der Beschlußgerichte bat dieser RecktSaufsassung sich teil» an geschlossen, teils sie mißbilligt. Die Abrechnungskammer hat sie für begründet erklärt. Der Justizst.ckuS zog aus ihr besondere Vorteile, da vielfach die Kosten in Strastachcn der Staatskasse zur Last bleiben, weil auch bei den zur Strafe und zu den Kosten Verurteilten meist nicht» zu holen ist. Bei den Verhandlungen über den Justizetat im Abgeordnetenhanse wurde dieser Standpunct de« JustizfiSkuS als unfair bezeichnet. Gesetzes kundige Arbeitgeber halsen sich ihm gegenüber dadurch, daß sie in die Arbeitsverträge eine Bestimmung aufnahmen, nach welcher der Arbeilex leinen Lohn zu fordern haben sollte, wenn er infolge seiner Vorladung als Zeuge an der Arbeit verhindert wäre. Der Justizminister hat sich nun zur Regelung der Streitfrage mit der Oberrechnungskammer in Verbindung gesetzt, und diese hat jetzt ihrer RechlSansicht dahin Ausdruck gegeben, daß jenen Personen Zeugen- gebühren zu zahlen seien. Diese den Justiz- vehörden zur Kenntnisnahme mitgeteilte Ansicht der Ober rechnungskammer ist zwar für die Gerichte nicht bindend; eS ist aber wohl anzunehmen, daß die Praxis sich ibr an schließen wird. Daneben verbleibt eS aber bei dem Grund sätze der Gebührenordnung sür Zeugen, daß der s«lbständige Gewerbetreibende, dessen Geschäft auch in seiner Abwesenheit weitergesührt wird, ohne daß ihm besondere Vertretungs kosten erwachsen, Zeugengebühren nicht fordern kann; dies auch dann nicht, wenn er persönlich die Arbeit, deren Er ledigung der Zrugendienst ihm unmöglich machle, zu einer anderen Zeit nachholen muß. (Frkf. Ztg.) (-) Berlin, 14. Juli. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Während der Zeit der Gerichteferien wird die Spruchtätigkeit de« Netchsverficherungsantts, wie in früheren Jahren, eine Einschränkung erfahren. Vom 15. Juli bis 19. September werden zur Erledigung besonders eilbedürstiger Sachen sowohl in Unfall- wie Inva lidenversicherungs-Streitigkeiten wöchentlich mehrere Sitzungen stattfinden. Auf die Fristen zur Einlegung der Rechtsmittel, des Rekurses und der Revision (einen Monat vom Tage der Zustellung an gerechnet) hat die Ferienordnuag keinen Emfluß. L. Berlin, 14. Juli. (Privattelearamm.) Beschlagnahmt worden ist Nr. 87 de» anarchistischen Wochenblattes „Neues Leben" wegen eines in ihm entbaltenen Artikels „Worte der Befreiung". Der Verleger und verantwortliche Redakteur dcS Blattes A. Grunwald, gegen den bereit- eine Anklage wegen Preß- vergehenS schwebt, ist verhaftet worden. (Nat.-Ztg.) — Die VeseitigungdesMaximcrlarbeits. taffes und dessen Ersetzung durch Einführunff einer Minimalruhezeit verlangen die Bäckermeister. Airs dem Kongresse brandenburgischer Bäckermeister wurde eine Erklärung angenommen, in der es u. a. heißt: „Die Verordnung hat ein vollständiges Denunziantentum der organisierten sozialdemokratischen Gchülfen gezeitigt und das bestehende patriarchalisä>e Verhältnis zwischen Meister und Gehülfen vernichtet. Der Meister ist der Willkür seiner Leute ausgesetzt, eine Autorität deö Meisters gegenüber seinen Ge sellen und Lehrlingen gibt es lange nickt mehr. Selbst von feiten der Polizei und Aufsichtsbehörden werden die Lehrlinge aufgefordert, sofern sie zu lange beschäftigt werden, ihre Meister zur Anzeige zu bringen. Wir wollen jedes Ausbeuten unserer Gesellen und Lehrlinge von gewissenlosen Arbeitgebern ver mieden wissen und deshalb bitten wir die Reichsregierung und den Bundesrat, den Maximalarbeitstag in em« Minimalruhe- zcit umwandeln zu wollen." — Da« Berliner Kammergericht hat kürzlich ei», i» Bezug aus da« Verbot de» Streikposten sieben« wicht.g. Entscheidung gefällt. Ä» ,j»,r Berliner Tischlerei war ein «treck auSgrbrochrn, ein Streckender ging in ver betreffenden Straße auf und ab. Ei» Schutzmann wir- ibn fort. Jener kehrte nach kurzer Zeit zurück und wurde nunmehr frstarnommrn. Bald d,r«uf »nrde er «uf Grund der ichtraß«, - P,lit«i»«r»rda»,g »»«
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