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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030720020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903072002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903072002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-20
- Monat1903-07
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Zum Teil in Erwiderung auf ihr von ver schiedenen Seiten gemachte Einwürfe schreibt sie: ,,Wtr haben schon einmal betont, daß wir dir Beseitigung aller politischen Gegensätze bei den bürgerlichen Parteien als eine Utopie betrachten. Etwas andere- aber ist eS um jene heillose Eigenbrödelei, die für Sonderlnteressen die Wohlfahrt und den gesunden Fortschritt der Nation gefährdet. Wo in der Welt existiert «in zweites Land, iu dem die Parteidoktrin und das Parteiinteresse so üppige Blüten treiben, al- zur Zeit bei unS? Der Geist, der diese Eigen- brödelrt gebar, hindert auch mehr und mehr die Hintanstellung der wirklichen wie der künstlich geschaffenen Gegensätze bei der Abwick lung der politischen Geschäfte. Wa- bei den Wahlen begonnen hat, wird im Parlament weiter geübt; denn wa- noch der „Frkf. Ztg." dort recht war, muß hier aus Grund der „großen, grundsätzlichen Unterschiede" als billig gelten. Daß man damit jeder praktischen Geschäftsführung schließlich den GarauS machen würde, liegt auf der Hand. Auf dem eingeschlagenen Wege würden wir am Ende dahin kommen, daß bei jeder noch fo unter- geordneten Frage im Reichstage erst die dreiundzwanzig ver schiedenen „Weltanschauungen" einen Kampf mit einander auS- fechten müßen, bevor ein Beschluß gefaßt werden kann, von liberaler Seite wird gern auf englische Verhältnisse exempli fiziert. Wir können nur wünschen, daß man sich hinsicht lich der hier besprochenen Verhältnisse in Deutschland (die Schulung des englischen Parlaments zum Muster nehme. Dort kennt man keine endlose Verzögerung der Geschäfte durch fort- währende Prinzipieudebatten; praktische Fragen werden dort, auch wenn sie tatsächlich grundsätzliche Meinung-Verschiedenheiten nahe berühren, kurzer Hand entschieden. Wir erinnern nur daran, wie rasch die Einführung des Kornzolls als Finanzzoll vom englischen Parlament genehmigt wurde. Die Opposition beschränkte' sich auf ganz kurze Erklärungen, und erst heute, wo die prinzipielle Aenderung der Handelspolitik Englands in Frage steht, wird der Kampf der grundsätzlichen Gegensätze aus- gefochten. Die unausgesetzte Betonung der wirklichen oder vermeint lichen politischen Gegensätze bei den bürgerlichen Parteien ist ein Uebelstand, der bei uns nachgerade zur Kalamität zu werden droht. Darum wäre eZ bei den Wahlen wohl angebracht gewesen, ihr Einhalt zu tun, zumal die Stichwahlen gezeigt haben, daß es mit Erfolg hätte geschehen können durch das Streben nach einem ge schloffenen Auftreten gegenüber der Sozialdemokratie." Eins hat die „Norddeutsche" bei diesen sonst gar nicht unverständigen Aeußerungen vergessen, nämlich die Tatsache, daß gerade von oben her alle Augenblicke ein neuer Keil in die eventuell zu einer antisonaldemokratischen Liga zu ver einigenden bürgerlichen Masse getrieben wird. Unter dem Rufe: Sammelt und ermannet euch! Bringt die Regierung zum Beispiel Vorlagen ein, welche einem Teil der Parteien die Hülfe der äußersten Linken als wertvoll er scheinen und in den Massen die Idee aufkommen lassen, die Sozialdemokratie sei bei der Beschirmung der Ideale nützlich oder gar notwendig. ES wäre sehr gut, auch in dieser Beziehung — von anderen Dingen, dir gar nicht erst aufgezählt zu werden brauchen, um gegenwärtig zu sein, nicht zu reden — dem „Schweineglück" der Sozial demokratie ein Ende gemacht würde. Vielleicht dränge dann doch eine ernstere Auffassung der sozialistischen Gefahr im Deutschen Reiche durch. Christliche und sozialdemokratische Gewerkschaften. Man schreibt uns: Anläßlich der Lohnbewegung der Bauhandwerkcr in Köln ist es zu einem heftigen Zu- sanmrenstvße zwischen der christlichen Bauarbeiter schaft und den sozialdemokratischen Gewerk schaften gekommen. Die letzteren nämlich bekundeten gegenüber den christlichen ihre „Neutralität" dadurch, daß sie sich weigerten, in der aus je 0 Vertretern der Unter nehmer und der Arbeiter bestehenden Achtzehnerkom- mtfsion eine besondere christliche Vertretung anznerkennen. Der christliche Verband der Bauhandwerker schloß unter diesen Umständen selbständig einen Vertrag mit den Unter nehmern, und erklärte es dann in einem Ausrufe für die Pflicht der christlichen Bauarbetterschaft Deutschlands, „die sozialdemokratische Unduldsamkeit zu brechen, indem die Mitglieder, soweit sie nicht durch Kündigung festgchalten sind, nach Köln in Arbeit gehen". — Das Zentralvrgan der sozialdemokratischen Gewerk schaften ist hierüber aufs äußerste erbittert und schreibt: „So schamlos haben selbst die Hirsch-Dunckerschen nicht beim Mehlich-Streik in Berlin operiert. Die Christlichen neiden den (Yewerkvereinlern den traurigen Rühm, kämpfenden Gewerkschaftlern in den Rücken zu fallen. Sie erheben den Stretkbruch zum christlichen Prinzip und degradieren den ganzen Verband zur Schutztruppe des Unternehmertums. Damit hat der christlich« Bauhand- werkervcrband den christlichen Gewerkschaften das unaus löschliche Schandmal des Arbeiterverrates ausgebrannt. Den christlichen Gewerkschaften wird fortan die ihnen ge bührende Stellung durch möglichstes Abrücken aller auf Solidarität haltenden Arbeiter eingeräumt werden." — Den christlichen Bauhandwevkern gegenüber solchermaßen den Grundsatz der Solidarität zu 'betonen, hat das gewerk schaftliche Zentralorgan durchaus kein Recht. Denn un beschadet des Solidaritätsprinzips, billigt das Gewcrk- schaftsorgan völlig den Ausschluß der christlichen Bau arbeiter aus der Kölner Achtzehnerkommtssion. Die alte Erfahrung, daß den christlichen Gewerkschaftlern ebenso, wie den Hirsch-Dunkerschen Gowerkvcreinlern von den „Neutralen", in Wirklichkeit aber sozialdemokratischen Ge werkschaften, die Gleichberechtigung versagt wird, hat hier wieder einmal beobachtet werden können. Wen darf es da Wunder nehmen — gerade vom Standpunkte des organi sierten Arbeiters aus —, daß die christlichen Bauarbeiter gegenüber den sozialdemokratischen die Gleichberechtigung sich erkämpfen wollen? Die Krisis i» Ungarn macht reißende Fortschritte und trabt immer rascher einem noch gänzlich unbekannten Ende zu. Gras Khuen-Heder- vary ist noch keine drei Wochen im Amte, und schon läßt sich von ihm sagen: Er kam, sah und — fiel. Denn nach den Ereignissen der letzten Tag« kann kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß die Regierung im Abgeordneten hause nicht mehr weiterzukommen vermag. Die Obstruk tion steht wieder in voller Blüte und der Pakt, den Graf Khuen mit der Unabhängigkeitspartei geschlossen, gilt keinen Deut mehr. Er hatte ihn mit Kranz Kvssnth ab geschlossen, aber dieser ist nur ein Operettengcneral ohne Truppen und das Hauptauartier der ungarischen Politik ist aus dem Salon Kvssuths in das Eßzimmer des Herrn BarabaS verlegt worden. Dieser, ein Führer zweiten und dritten GradeS, befehligt jetzt die Obstruktion und durch sie das Haus, und er ist vorläufig stark genug, mit seinen fünfzig Mann zu machen, was er will. Ueber ihre Ziele bezüglich der Armee hat Barabao gestern mit vollster Deutlichkeit gesprochen, indem er sagte: „Wir müssen die Gelegenheit jetzt benutzen. Denn unser König be findet sich in vorgerückten Jahren und diese wenigen Jahre muffen wir im Vertrauen auf seine Ach tung vor den Gesetzen und vor seinem Eide benützen. Jeder Ungar weiß, daß dann trübe Tage für das Land kommen können. Nur dann wird die Nation stark sein, wenn auch die Armee von nationalem Selbstbewubtsein erfüllt ist." Da hätten wir also die offizielle Partcibestütigung dafür, daß die ganze Bewegung gegen den Thronfolger gerichtet ist und -aß man sich eine nationale Armee schaffen will, um gegen etwaige politische Pläne des Thronfolgers ge wappnet zu sein. Dafür, daß eine elende Perfidie in dem Versuche steckt, die Verfassungstreu« des herrschenden Königs gegen den zukünftigen König auSzunützen, scheint man im ritterlichen Ungarn das Gefühl verloren zu haben. WaS Graf Khuen und die andern maßgebenden Kreis« nun machen werden, weiß vorderhand nur Gott im Hinunel, und Prophezeiungen sind angesichts des ewigen Schwan kens in der Leitung der Dinge unmöglich. Klar ist nur, -aß die Krise wieder dringlich ist und daß bald ein Ende gemacht werden muß. Denn am 1. Oktober sollen und müssen die neuen Rekruten einrttcken und heute ist ihre Aushebung noch nicht parlamentarisch bewilligt, ja, man hat keine Ahnung davon, wie man zu dieser Bewilligung gelangen soll. Es gibt nur zweierlei Wege, die zur Be endigung der Krise führen können: Entweder eine neue Kapitulation, eine neue Demütigung vor der Obstruktion oder den ernsten, immerhin gefährlichen Kempf gegen die Obstruktion mit Hülfe von Neuwahlen. Bom Panamakanak. Dem Panamakanalvertrag erstehen seitens der kolumvischen Regierung, welche an die Ver einigten Staaten mit neuen Forderungen herantritt, Schwierigkeiten. Nach einer Londoner Depesche ist Senator Pedro Valdez, vormaliger kolnmbischer Minister, in Washington eingetroffen, um eine Modifikation des Kanal vertrages zn erzielen. Er kommt als Delegierter des Spezialansfchuffes des kolumbischen Kongreffes, dem die Berichterstattung über den Kanal übertragen wurde. Valdez soll von der Regierung der Union eine be dingungslose förmliche Anerkennung der Souveränetüt Kolumbiens über den Isthmus, einschließlich des eigent lichen Kanalterrains, erwirken und die Aufnahme einer entsprechenden Klausel in den Vertrag durchsetzen. Man glaubt, daß vom Erfolge seiner Mission die Annahme des Kanalvertrages abhängt, während bisher im kolumbischen Kongresse kaum ein Viertel der Mitglieder den Vertrag ohne Aenderung annehmen will. Valdez dürste auch auf bessere Zahlungsbedingungen dringen. Dem Londoner „Globe" wird hierzu aus Washington gemeldet, daß Valdez dort kein besonderes Wohlwollen winke. Man glaube in Washington, daß das kolumbische Zögern nicht edlem Patriotismus, sondern Intrigen zuzuschreiben ist, die nirgends anders als in Waslfington wurzeln. Die großen transkontinentalen Eisenbahngesellschaften haben den Bau des Kanals vorläufig zu verzögern vermocht, und tun alles Mögliche, um eine weitere Verschiebung zu er zielen. Die Macht dieser Bahntnteresienten reiche bis ins Kabinett. Ihre Absicht gehe dahin, bei etwaigen Verhand lungen mit Nicaragua im Falle der Ablehnung des jetzigen Vertrages die Entscheidung mindestens um zwei Jahre hinauszuschicben. Deutsches Reich. H- Berlin, 19. Juli. Die Ausführungs bestimmungen zum Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetze haben an einzelnen Exe- kuttvstellen Auslegungen gefunden, die bet ihrer Auf stellung kaum beabsichtigt fein dürften. So haben sächsische Behörden, da in den Bestimmungen über das auS dem Auslande eingehende Fleisch vorgesehen ist, daß zu letzterem auch gewisse Hautteile gehören, gesalzene, auS dem Auslande kommende Nindshüute zu den Viehhöfen gehen und dort einer Untersuchung unterziehen lassen, die die Verwendbarkeit der Häute herabzusetzen geeignet war. Der Zentralverein der deutschen Lederindustrie hat nun an den Bundesrat eine Eingabe gerichtet, in der darauf hingewicsen wird, -aß Hautteile zu menschlichen Genuß, zwecken nur dann verwendet werden können, wenn sie von frischen, nicht aber wenn sie von gesalzenen oder trockenen Häuten stammen und in der im Interesse der deutschen Gerberei um eine entsprechende Aenderung der Ausführungsbestimmungen ersucht wird. Wie wir hören, haben Übrigens die sächsischen Behörden ihr Unter, suchungsverfahren bereits im allgemeinen eingestellt, sich dasselbe jedoch noch für Ausnahmefälle Vorbehalten. Es ist nun sicher, daß mit den Vorschriften des Bundesrates eine unnötige Belästigung und Schädigung der deutschen Lederindustrie nicht bezweckt war, und steht demnach zu hosten, daß hier eine Remedur eintritt, die die Wieder holung der geschilderten Fälle unmöglich macht. In der gleichen Eingabe hat der Zentralverei» der deutschen Lederindustrie den Bundesrat ersucht, als Denaturie- rungsmittcl für den von Gerbereien aus -em Auslände bezogenen Talg neben den bisherigen Denaturierungs mitteln guch Birkcnöl zuzulassen. Es hat sich hcrans- gcstellt, daß die bisher verwendbaren Mittel, nämlich Alkaltlauge, Petroleum und Nosmarinöl, für den Talg, der zum Fetten -es Leders benutzt wird, ungeeignet sind', weil sie entweder das Leder zerstören oder ihm einen für den Verkauf nachteiligen Geruch geben. Sollte Birkenöl nicht zugelaffen werden, so hat der Zentralverein der deutschen Lederindustrie eine Aenderung für das Ver fahren bei der Kontrolle der Verwendung von auslän dischem Talg in Gerbereien in Vorschlag gebracht. ES war zn erwar-ten, daß bei der Ausführung eines in die mannig fachsten Verhältnisse eingreifenden Gesetzes, wie des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes, sich Härten ein stellen würden, die für verschiedene Interessentenkreise un angenehm wirken würden. Bei der praktischen Hand- habung werden sie sich aber sicherlich nach und nach be seitigen lassen. * Sierli«, 19. Juli. (Vom Deutschen Land wirts ch a f t s r a t.) Der Ständige Ausschuß des Deutschen Landwirtschaftsrats hält seit vielen Jahren seine Sommersitzung abwechselnd in den verschiedenen Feuilleton. 2" Hole! Alpenrose. Roman von Arthur Achleitner. Nachdruck verboten. Nun ward es stille im Saal, und aller Augen waren auf den hohen Herrn gerichtet, der staunend jenen Dienst zettel folgenden Inhaltes *) las: „Dinrockvl 8 Romitag ^liestoriso idon Orupo 3 inpospreoon Urr Illitün Hbor ckins reolama II toi laitua dlaier esosir reolaina." Prinz Egon lachte herzhaft auf und rief: „Bitte, die Herren Leutnants Huber und Maier!" Als die aufgcrufenen Herren stramm vor dem Genera, ltssimus standen, wurden sie gebeten, den kostbaren und «och dazu veralteten Dienstzettel zu übersetzen. Leutnant Huber zwang die Heiterkeit nieder und er widerte: „Hoheit befehlen! Die Ucberseyung lautet: „Drei Uhr, appltkatorische Uebung, Gruppe 3 im Be- sprechunqszimmcr Herr Leutnant Huber. Dicüstregle- ment zweiter Teil Leutnant Maier Exerzierreglement."" »„Köstlich!" lachte der amüsierte hohe Herr. „Ganz famos, auch in Bezug auf die Verwechslung eines alten Dtcnstzcttels, denn im Manöver werden wir keine applika. torischen Uebungen veranstalten. Warum bleibt aber Herrn Leutnant Mater das üpitftston ornans, der ge bührende Titel „Herr" versagt?" Leutnant Maier erwiderte: „Hoheit 'befehlen! Ich habe keine Ahnung!" „Nun, ncbmen Sie eS nur nicht tragisch, es wirb nicht so schlimm gemeint sein! Aber die ZettelverwcchSlung sollte gerügt werden, nicht zu scharf, der Schreiber hat uns ja einen köstlichen Moment erquickender Heiterkeit ver- schafft. Nun aber zu Tisches Das Diner begann. In der Office wetterte es; Tschurtschberger hatte Fraiiz gerufen. Diener nach dem Kellermeister, der Vertrauens person des Hoteliers, ausgeschickt, doch Franz ist nirgends *) Wörtlich nach dem Original kopiert. D, B. zu finden. Zur Bahn kann der Mann nicht gefahren sein, da kein Zug fällig und daher auch kein Fuhrwerk entsendet worden ist. Die Kellerschlüssel hängen am rich tigen Nagel in der Office; mit ihnen bewaffnet, eilte Tschurtschberger, gefolgt von zwei Dienern, hinunter in die weiten Kcllerräumlichkciten. Für den ersten Blick zeigen die Lattenverschläge, hinter welchen die Flaschen batterien anfgestapclt sind, 'beste Ordnung, musterhaft ist aufgeräumt, auch die Aufschriften nach Weinsorten und Gewächsheimat sind ordnungsgemäß angebracht. Wie aber Ambros den Verschlag „Rheinweine" öffnete, und der Nheingauer Abteilung die Edelsorten entnehmen wollte, zeigten sich große Lucken, in der Ecke zerschlagene Flaschen, zum Beweise, daß ein Feinschmecker sich Genüsse geleistet und dann die Mühe gescheut habe, die leeren Flaschen wegzuschaffen. Im Nu erinnerte sich Tschurtschberger an die Kupfer nase deS Franz, die in den letzten Jahren immer mehr einer Karminfarbe sich näherte. Der Vertrauensmann scheint eine spezielle Vorliebe für rheinisches Rebenblut gehabt zu haben, eß fehlen Dutzende Flaschen kostbarer Sorten in Originalfüllung. „Nehmt rasch zwölf Flaschen Rüdesheimer Berg-AuS- lese 93cr und tragt sie zur Notierung ans Büffet. Die Flaschen nicht abwischen, Spinnweben daran lassen!" Während die Diener den Befehl befolgten und die Flaschenkörbe füllten, revidierte, mißtrauisch geworden, Tschurtschberger schnell auch noch die Lattenverschläge für französische Rotweine und Champagner. Hier sah es noch grauenhafter aus, zähnende Lücken, in den Ecken und auf Mauergestellen ganze Flasch«n, aber leer, insbesondere Marken wie Röderer, Mumm und Heidsiec, sn gros ge- leert. „Na, freu' dich, Franz, du Kanaille!" rief fluchend der empörte und enttäuschte Hotelier. „So ein Schuft! Und dem habe ich den Keller anvertrautl" Zu längerem Verweilen fehlte die Zeit; AmbroS schloß die Verschlüge wieder ab, und eilte hinauf zur Ueber. wachung deS Betriebes. Wen Tschurtschberger auch fragte, vom ganzen Personal weiß nicnmnd, wo Franz stecken könnte. Der ungetreue Diener ist und bleibt verschwunden. Als die Diners vorüber waren und der Prinz mit dem Gefolge zur Besichtigung der Schießstättc sich begeben hatte, unterzog Ambros das Kämmerlein deS flüchtigen Franz einer Durchsuchung, »ein Koffer ist noch vor. Händen, eS steckt der Schlüssel im Schloß, und als Tschurtschberger die Truhe öffnete, zeigte sich der Inhalt völlig geordnet, Wäsche, ein Anzug gewöhnlicher Art und so weiter. Nichts deutet auf eine Flucht. Der Mann müßte denn alles in besonderer Absicht zurückgelassen haben. In einer Ecke lag ein Bündel gebrauchter Wäsche, das Ambros nun doch nicht aufwühlen wollte. Mit der Absicht, zn ruhiger Stunde das ganze Hotelpersonal wegen des Abganges Franzens zu verhören, entfernte sich Tschurtschberger aus dem Kämmerlein und traf auf dein Wege zu den Gemächern seiner Mutter Fräulein Aennchen Bier, gerüstet zu einer Bergpartie. Im Nu vergaß Ambros den unangenehmen Vorfall, das junge Herz klopfte vor Freude, und seine Augen lachten beim Anblick des herzigen Mädchen-, welches das Tourtstenkostüm allerliebst kleidete. „Fräulein Aennchen, potztausend, wie hoch wollen Sie denn hinauf?" scherzte Ambros. „Wenn möglich, bis zur Gfadhütte!" „Das kann ich nicht gestatten!" „WaS Sie sagen! Und weshalb geruhen Euer Gnaden diese Partie zu verbieten?" maulte die Kleine drollig. „Geruhen ist gut, Allergnädigste! Die Partie ist un- möglich, weil Fräulein Aennchen viel zu spät daran ist in der Zeit, zweiten-, weil alle Anzeichen für Gewitter und Wettersturz vorhanden sind, und drittens ..." „Nu, drittens? Die Hauptursache wagen Euer Gnaden wohl gar nicht vorzubringen? Hihihi!" „Ganz richtig erraten, Fräulein Aennchen!" „Nun will ich aber das dritte Motiv kennen lernen!" „Wirklich?" „Aber natürlich! Ich müßte ja keine Evastochter sein, wenn ich jetzt nicht erst recht neugierig wäre auf den dritten, gewichtigen Bewaggrund! Also heraus mit der Sprache, geheimnisvoller Herr!" „Gnädiges Fräulein —" „Halt! Wir haben paktiert, daß ich keine Gnädige bin! Sagen Sie einfach Aennchen, das klingt viel netter!" „Darf ich Erbcnwurm mir eine solche Kühnheit denn wirklich herausnehmen? Ich wage eS nicht!" „Mit meiner Erlaubnis, gewiß! Aber bitte, diese Er- laubnt- gilt al- Ausnahme nur für Sie!" „Ich bin unsagbar beglückt, ein Ausnahmemensch zu sein!" „I der Tausend, welch' seltene Bescheidenheit! Doch die Erlaubnis steht ja gegen eine Konzession Ihrerseits! Vie müssen mir nämlich auch etwas erlauben!" „Im voraus von Herzen gern genehmigt!" Schelmisch lächelnd, scherzte Aennchen^ „Ich nenne Sie, wie Papa cs häufig tut, auch gerne „Tschurtscho!" TaS klingt sehr nett, kürzt den unmäßig langen Namen und bedeutet eine gewisse Vertraulichkeit, in allen Ehren natürlich. Wollen Sie mir den „Tschurtscho" erlauben?" Kaum vermochte Ambros das sehnsüchtige Verlangen, das reizende Geschöpf in seine Anne zu ziehen, und dem herzigen Mädchen seine Liebe zu gestehen, zu unterdrücken. In überqucllcnder Herzlichkeit versicherte er, wie sehr ihn diese Vertraulichkeit beglücke und ehre, und dabei rutschte ihm das Geständnis heraus, daß er just heute nachmittag das einzige ruhige Stündchen zu einer Spazierfahrt be nutzen und Aennchen hierzu einladen wollte. Die freudige Ueberraschung konnte Ambros dem Mäd chen vom Gesichte ablesen. Fräulein Aennchen lachte silberhell und spottete aller liebst: „Et, lieber Herr Tschurtscho, wie inkonsequent und unlogisch Sie aber sind!" „Ich? Wieso?" „Mich wollen Sie von einer Partie wegen drohenden Wettersturzes abhalten; nun aber Herr Tschurtscho aus- fahren will, droht wohl das Gemüter auf einmal nicht mehr?!" ,L8ir nehmen ja doch einen verschließbaren Landauer! Und die Fahrt soll nur ein Stündchen währen. Kommt es in dieser kurzen Spanne Zeit wirklich zu einem Guß, nun so mag es meinetwegen Bauernstuben regnen, wir sitzen im geschlossenen Wagen und lachen der Tropfen! Habe ich nicht recht?" „Wie spitzfindig doch die Herren der Schöpfung sind, wenn sie ihren Willen durchführen wollen. Ihr Plan ist wirklich nicht übel, ich fahre für mein Leben gern spazieren, in der Stadt fehlt die Gelegenheit, sie ist auch zu teuer; aber ich kann doch nicht im Bergkraxlerkostüm fahren?!" „Kleidet Fräulein Aennchen doch vortrefflich, viel hübscher als in steifer Grandetvtlctte!" „So? Sie haben mich doch gar nicht in meinem Staatskittel gesehen!" lachte Aennchen lustig. „Könnte mir da» auch gar nicht vorstellcn. Sic ver körpern ja Natürlichkeit, Anmut und Lieblichkeit . . ." „Einspannen lassen, Herr Tschurtscho! Aber die Fort- setzung solchen Gespräche- ist während d,r Fahr, ver- boten, merken Gis stch datN
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