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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030730021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903073002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903073002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-30
- Monat1903-07
- Jahr1903
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Durch die Post bezogen für Deutsch land n. Oesterreich vierteljährlich x 4.80, für die übrigen Länder laut Zeilungspreisliste. Le-aktion und Expedition: IohanniSgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. FUialeepeditioner, r Alfred Hahn, Buchhandlg., UniversitätSstr.S, L. Lösche, Katharineastr. 14, n. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraß» 84. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Serlie: Aarl Duncker, Hrrzgl. Bahr. Hosbuchhandlg« Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 460». Abend-Ausgabe. Weiger TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 383. Donnerstag den 30. Juli 1903. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile LS H. Reklamen unter dem RedatttouSstrich s4gespaltrn) 75 H, vor deu FamUteuuach» richten (Sgelpaltea) 50 Tabellarischer und Ziffernsay eutsprechead höher. — Gebühren für Nachwetsungeu und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-lveilagen (gesalzt), nur mit de, Morgeu-Ausgabe, ohne PostbesSrderuug SO.—, mit Postbrsörderuug 70.—» Ännahmeschluß für Anzeige«: Abend-AuSgabe: Vormittag-10 Uhr. Morgea-AuSgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen stad stet» an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 30. Juli. BiSmarcks Todestag. Heute vor fiins Jahren ist Bismarck gestorbem Er wurde geboren und erzogen als Junker, wurde Staats mann und „Reaktionär", schuf das Deutsche Reich und lehrte es reiten, wurde in Ungnade entlassen und starb als Landedclmann.. Sein Volk wird ihn bis an das eigene Ende im Herzen tragen, lloun? soit gut mal z? xouss! Die deutsch-cnglischen Beziehungen und der „Vorwärts". Auf dem Umwege über London berichtigt nun der „Vorwärts" das Urteil, das er am 14. d. M. über die deutsch-englischen Beziehungen gefällt hat. Damals hatte das sozialdemokratische Zentralorgan die Stirn, zu behaupten, daß sowohl die deutsche Zoll- wie die deutsche Flottenpolitik eine „Bedrohung" Eng lands bedeute. Jetzt führt der Londoner Korrespondent des „Vorwärts" an leitender Stelle die englische Feind seligkeit gegen Deutschland auf den wirtschaftlichen Gegensatz zu uns zurück, während Englands Gegen satz zu Rußland politischer Natur sei. Die Berechtigung, aus wirtschaftlichen Gründen die Feindschaft gegen Deutschland zu pflegen, bestreitet der Londoner ,Äor- wärts"--Korrespondent den Engländern mit großer Deut, lichkeit; er schreibt u. a.: „Da die Wirtschaft viel tiefer ins Leben der Völker eingrcist, so ist die Feindschaft gegen Deutschland viel tiefer und unvernünftiger, als die gegen Rußland . . . Im Grunde genommen ist die englische Feindschaft gegen Deutschland nicht ganz verständlich. Denn vom wirtschaftlichen Standpunkte aus betrachtet, sind die Vereinigten Staaten von Amerika ein gefähr licherer Konkurrent Englands als Deutschland. Allein man kann sich in England noch nicht an den Gedanken ge wöhnen, daß Deutschland eine kapitalistische Großmacht ist, die gleich andern Großmächten Weltpolitik treiben will." — Nachdem sich der Londoner „Vorwärts"-Korrespondent alsdann gegen die Auffassung gewendet hat, als müsse die deutsche Weltpolitik unbedingt in das britische Empire einbrechen, bekämpft er diejenigen englischen Politiker, die einem Ausgleich zwischen England und Rußland auf deutsche Kosten das Wort reden. Nach sozialdemokratischer Gepflogenheit wird dabei von einer „unwürdigen" Ab hängigkeit Deutschlands von Rußland gesprochen, weil preußische Behörden gelegentlich aus Rußland geflüchtete politischeVerbrechcr nachRußland ansgeliefert habensvllen. Abgesehen hiervon aber erklärt der Londoner „Vor wärts"-Korrespondent das bestehende deutsch-russische Ver hältnis damit, daß der deutschen Politik die ehrliche Unterstützung Englands fehle. Da der „Vorwärts" sich vor 14 Tagen, wie oben erwähnt, als Agent Englands gezeigt hat. mutz die diametral ent gegengesetzte Haltung, die er loder nur sein Londoner Korrespondent?) heute einninnnt, vor der Vergessenheit bewahrt werden. Vahles« adlige. Leider vergebens hat man auf den Widerruf einer Nachricht gewartet, die aus einem Posener Blatte seit einigen Tagen in der Presse umläuft: wie meinen die letzten Nachrichten über Ankäufe der Ansiede lungskommission in der Provinz Posen. Es scheint also richtig zu sein, datz der Herzog von Sachsen- Altenburg, der Prinz von Kurland, der Oberpräsident a. D. Freiherr v. Wilamowitz-Möllendorf u. a. adlige Großgrundbesitzer sich ihrer in Posen gelegenen Guter ganz oder teilweise entäutzert haben. Von einer Notlage dürfte bei keinem dieser Grotzgrundbesitzer gesprochen wer den können. Auf keinen Fall trifft das für den Herzog von Altenburg zu, der im Gegenteil von jeher als ein sehr reicher Mann gegolten hat,' ebenso ist der frühere Ober präsident Ercellenz Freiherr v. Wilamowitz-Möllendorf' als solcher bekannt. Daß die Vermögensverwal tung eines deutschen Fürsten unter den heutigen Um ständen sich zu dem Verkaufe von Grundbesitz in den Ost marken versteht, ist vom nationalen Standpunkte aus tief zu beklagen. Wenn der deutsche Reichskanzler die pol nische Frage schlechthin für die wichtigste nationale Ange legenheit der Gegenwart erklärt, wenn Hunderte von Millionen vom preußischen Staate ausgegeben werden, um in den Ostmarken das Deutschtum nicht allzu sehr aus dem Landbesitze verdrängen zu lassen, dann ist zweifellos für jede Vermögensverwaltung eines deutschen Fürsten die Pflicht gegeben, ihrerseits die Unterstützung der staat lichen Ansiedelungspolitik Preutzens aus eigenen Mitteln als Ehrenpunkt zu betrachten. Statt dessen mutz man er leben, datz die Vermögensverwaltung des Herzogs von Altenburg gleich dem früheren Oberpräsidenten Frhr. v. Willamowitz-Möllendorf die Ausnützung der wirtschaft lichen Konjunktur für ihre Aufgabe erachtet! Merk würdigerweise hat auch die Königliche Kloster kammer in Hannover 4000 Hektar an die An- siedelungskommifsion verkauft, eine Instanz also, die gleich, falls in erster Linie verpflichtet und befähigt wäre, die staatliche Ansiedelungspolitik in den Ostmarken nachdrück lich zu fördern. Wenn die Tätigkeit der Ansiedelungs kommission im nächsten Winter vom preußischen Abgeord netenhause geprüft wird, erlebt man hoffentlich eine un geschminkte Kritik der in Rede stehenden Punkte. Die französische Presse über die Regierung bei der Pavftseler. Die Blätter aller Parteien beschäftigen sich mit der Hal tung der Regierung bei der Trauerfeier für den Papst. Die Rechtsrepublikaner verurteilen mit den Klerikalen in scharfer Weise das Fernbleiben des Ministerpräsidenten. Die „Kölnische Zeitung" gibt einige Stimmen wieder. Der „Figaro" sieht in der Abwesenheit Combes' einen Ein spruch gegen die dem Haupte der Kirche erwiesenen Hul digungen und fraat: Werden die Kardinäle unter solchen Umständen sich gehalten fühlen, einen Freund Frankreichs zum Papste zu wählen? Mit Bedauern stellt das Blatt fest, daß die Mitglieder der hohen Staatskörperschaften bis auf wenige Ausnahmen dem Beispiele des Minister präsidenten gefolgt sind. Die „Röpublique" Mölines schreibt: Wohl hätte die Anwesenheit der Regierung an sich bei der Trauerfeier keine politische Bedeutung gehabt, aber das Fernbleiben sei eine für Frankreich demütigende Kundgebung. Das Blatt beurteilt deren Folgen wie der „Figaro". Der „Ganlois" sieht in dem Verhalten Combes' einen Rückzug vor den Drohungen der Antiklerikalen und lobt den Mut des Generals Andre, der ihnen stand ge halten habe. Dagegen meint die „Autoritö", der Kriegs minister habe sich wohl nur in der Tür geirrt und habe in Wirklichkeit anderswohin gewollt. Die widersprechende Haltung der einzelnen Minister zeuge von einem Mangel an Solidarität im Kabinett. Dieses Urteil findet man auch auf der radikale« Seite. So schreibt der „Radikal" iro nisch: Die Minister hatten sich dahin geeinigt, nicht einig zu sein. Das Kabinett Combes gibt Frankreich und der Welt einen schönen Beweis seiner Einheitlichkeit; niemals wird man erfahren, welche Meinung denn nun eigentlich die Regierung durch ihre Haltung bekunden wollte. Andere linksstehende Blätter höhnen Uber den Kriegsminister, so sagt die „Aurore": Das unerwartete Erscheinen unseres großen Nationalkriegers hatte die Wirkung, das Bild der Feier vollständig zu ändern. Kein amtlicher Schmerz konnte stand halten vor dem Anblick des fromm nieder knienden Kriegsministers: niemand dachte mehr an den Papst und die Trauer, alle sahen nur noch den General Andro, den Freimaurer Andre, den Wall des Antiklerika- lismus Andre! Für die „Lanterne" kennzeichnet die Haltung des Kabinetts dessen eigentlichen Charakter: sein Zusammengesetztsein aus Mitglieder» der Parteien der Zu geständnisse an die Kirche und solchen der Parteien des antiklerikalen Kampfes. Das Blatt fordert Combes aus, dieser zweideutigen Lage dadurch ein Ende zu machen, datz er Delcass« und Genossen zwingt, sich zu unterwerfen oder abzudanken. Die Lage in China. Zur Beurteilung derLageinOstasicn liegt die Aeußerung eines Sekretärs der japanischen Gesandt schaft in London vor, der in Abwesenheit des Botschafters Baron Hayashi dem Vertreter eines Londoner Blattes be merkt hat, es liege kein Anlaß vor, den Ausbruch eines Krieges zwischen Japan und Rußland auf Grund der mandschurischen oder koreanischen Streitfrage zu be fürchten. Die in der englischen Presse veröffentlichten alarmierenden Nachrichten seien sehr stark übertrieben. Japan habe keinen Grund, sich betreffs der Man dschurei irgendwie zu engagieren. Da Rußland die Zusage der Räumung erst bis Oktober zu erfüllen habe, sei dieser Zeitpunkt abzuwarten, und Japan habe sich gegenwärtig noch nicht entschieden, welche Haltung es einnchmen werde, falls Rußland diese Zusage nicht einlöst. Im übrigen werde Japan, das in der Mandschurei, in erster Linie in Niutschwang, größere Interessen als irgend ein anderer Sioat besitze, in dieser Frage mit England und voraussichtlich auch mit den Vereinigten Staaten zu sammengehen. In Korea seien 25 000 japanische Ein wanderer ansässig geworden, der Handelsverkehr zwischen der Halbinsel und Japan sei sehr bedeutend, deshalb könne Japan nicht ruhig zusehen, wenn Rußland das Recht dieser Ansiedler beschränken wollte. Indessen sei nicht daran zu denken, datz die japanische Regierung von einer Protest erhebung zur Kriegserklärung übergehen werde. Man wird also, wozu auch die jüngsten Nachrichten aus Ost- asien berechtigen, annehmen dürfen, datz lediglich der Wunsch, Rußland durch ein energisches Vorgehen Japans Ueberraschungen und Schwierigkeiten zu bereiten, die Nachrichten von einer unmittelbar bevorstehenden Kriegs gefahr in die englische Presse gebracht hak. Deutsches Reich. Berlin, 29. Juli. (Vom Reichshaushalts- ctat 1904.) Von der nächsten Woche ab werden, da die Frist zur Einreichung der Neuforderungen für den Reichshaushaltsetat 1904 mit dem Ende dieser Woche ab läuft, im Reichsschatzamte die neuen Etatsarbeiten be ginnen. Eine der wichtigsten Aufgaben ist dabei die Fest stellung der voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mittel. An einer Stelle dürften diese Mittel wahrschein ¬ lich wieder eine Einschränkung erfahren und zwar bei der Zucker st euer. Mit Rücksicht auf die am 1. September dieses Jahres eintretende Steuerermäßigung um 6 für 100 Kilogramm Zucker und den gleichzeitigen Wegfall der Betriebssteuer ist bereits im Etat für 1903 ein Ausfall in der Brutto-Soll-Einnahme von nicht weniger als rund 26 Mill. Mark angenommen worden. Ein weiterer Ausfall ist für 1904, da dann ein volles Finanzjahr in Betracht kommt, ganz sicher. Nun fallen zwar auch die Steuer ausfuhrvergütungen weg. Man wird aber erwägen müssen, daß in dem Etat für 1903 nicht weniger als 23 Millionen Mark als mutmaßlicher Mehrertrag der auS dem Jahre 1902 fällig werdenden Kredite in Einnahme gestellt sind. Infolge der am 1. September d. I. ein tretenden Ermäßigung der Zuckersteuer werden die aus dem Rechnungsjahre 1903 in das folgende Rechnungsjahr übergehenden Kredite natürlich viel geringer sein. Man dürfte deshalb gut tun, bis zur endgültigen Feststellung der in Betracht kommenden Zahlen damit zu rechnen, daß die Einnahme aus der Zuckersteuer im Etat für 1904 noch eine weitere Ermäßigung erfährt. " Berlin, 29. Juli. (Die National-Sozial-Frei sinnige Vereinigung.) Pfarrer Naumann hatte an den Vorsitzenden der Freisinnigen Vereinigung Karl Schrader die Anfrage gerichtet, wie er und seine Freunde sich zu einem etwaigen Anschlüsse der National- Sozialen an die Freisinnige Vereinigung stellen würden. Darauf hat Herr Schrader unter dem 27. Juli geantwortet: Wenn die Mitglieder der nationalsozialen Partei unter Auf gabe ihrer Stellung al» selbständige politische Partei sich dem Wahlvereln der Liberalen durch Eintritt in denselben au» schließen, so sind sie un» al» vollberechtigte Mitglieder willkommen. Dieser Erklärung haben ausdrücklich zugrstimmt: 1) sämtliche gegenwärtige Mitglieder de» Reichstage»; 2) sämt liche Mitglieder de» preußischen Abgrordneteuhause» der Frei sinnigen Bereinigung mit Ausnahme der Herren Erust »ud Pelta- sohn, dir bisher, weil auf Reisen, nicht zu erreiche» wäre»; ich hoffe aber deren Zustimmung noch eher zu erhalten, als Sie von vorstehender Erklärung Gebrauch zu machen haben werden. Am 29. und 30. August findet in Göttinnen der »Der« tretertag des nationalsozialen Vereins" statt. Ja dieser Versammlung wird Pfarrer Naumann über die Zu kunft des Vereins sprechen und schließlich Vorschlägen: 1) Wir lösen den Berliner Hauptverein auf und sehen in Zu kunft Len Wahlverein der Liberalen (Schrader, Barth, Got- hein und ihre Freunde) als unseren politischen Mittelpunkt an. Gin Gesinnungswechsel ist mit diesem Eintritte in eine be freundete Organisation nicht verknüpft, da wesentliche Unterschied« in politischen Hauptfragen heute nicht mehr bestehen. ES ist voraaS- zusehen, daß wir in dem Maße unserer Mitbetäligung im Laufe der Zeit auch an der Leitung dieses politischen Körpers beteiligt sei» werden. Tie Bereitwilligkeit, uns willkommen zu heißen, ist auf der anderen Seite vorhanden. 2) Unsere OrtS- und Provinzial vereine können bestehen bleiben und gliedern sich dem Wahlvereiue der Liberalen in derselben Weise an, wie sie eS jetzt gegenüber dem nationalsozialen Hauptverrine getan haben. Von den nationalsozialen Zeitschriften soll die „Hülfe" nebst ihrem Buchverlag bestehen bleiben. Ob die „Zeit" weiter erscheinen wirv, ist noch ungewiß. Naumann bleibt also dabei, daß die Nationalsozialen zur Zeit eine parteibil- Feuilleton. 5, Lorena. Roman von C. Deutsch. >«a,pruks verboten. Bozena gab keine Antwort. Bitterlich weinend, ver grub sie nur noch tiefer das Gesicht in ihre Hände. Er drängte sie sanft auf die Bank nieder und nahm ihr die Hände vom Gesicht. „Bozena, dies Wort, dies eine Wort! Hast du unwahr im Wald gered't?" „Ja!" rief sie mit einer Art Verzweiflung, wie jemand, der keinen Ausweg findet, sich umwendet und dem Ver folger in die Arme fällt. „Ja, ich hab' mich verstellt, die ganze Zeit verstellt: denn vom ersten Augenblick hast mir gefallen, war ich dir gut. Ich wollt' dir nur Leid und Un heil ersparen und mir auch. Jetzt weißt du's, hast mir's abgepretzt! O, guter Herrgott, kbas wird das für ein Ende nehmen!" „Schweig' still, Mädel, und red' kein Wort weiter!" rief er fast drohend, faßte ihren Kopf mit beiden Händen, drückte ihn an sich; dann neigte er sich und küßte sie lange und stumm auf den Mund. „Jetzt bist mein, hörst! mein, mein! Und die Waff' wird für einen anderen Zweck gut sein; ich will sie selbst losfeuern an unserem Hochzeits tag." Er zog die Pistole aus der Tasche und legte sie auf den Ofen; dann setzte er sich aus die Bank, zog das Mädchen zu sich nieder, nahm den silbernen Ring, den er' am kleinen Finger trug, und steckte ihn auf ihren Mittel finger. „So, von dieser Stund' an bist du meine Braut und kein Mensch hat mehr Recht auf dich." „Szamko, was tust, was tust?" „Schweig' still, sag' ich dir! Bist mir gut oder nit?" „Das weißt schon." x „Wenn sich zwei Menschen gut sind und sich lieb haben, dann heiraten sie sich; so ist's in der Welt Brauch." „Ja, wenn sie allein dastehcn nnd niemand auf der Gotteswclt haben, von dem sie abhängen und nach dem sie zu fragen haben." „Du stellst dir meine Eltern schlimmer vor, als sie sind. Ich weiß, meine Mutter wird nicht dagegen sein, und auch mein Vater wird nachgeben, wenn er sehen wird, wie's mir ernst um die Sach' ist. Mein Vater ist nit so sehr aufs Geld versessen und schlecht ist er auch nit: er hat schon manchem Menschen in der Not beigestanden." „Dies ist's auch nit allein. Es ist noch mehr, weit mehr. Du weißt's nur nit, oder willst's nit wissen", sagte sie und suchte sich von ihm loszumachen. Er hielt sie fest und sah ihr in das aufgeregte Gesicht. „Was ist noch mehr, was weiß ich nit?" Da sie sah, daß ihm die unglückliche Vergangenheit unbekannt war, entschloß sie sich, alles zu erzählen, wie sie es gestern von dem Vater gehört, und als sie zu Ende war, fügte sie hinzu: „Das ist die Beschicht' und jetzt sieh'st selbst ein, datz Kinder nie in Frieden zusammenkommen können, wenn sich ihre Eltern so was angetan haben." Er wehrte es nicht, datz sie jetzt aufstand und sich von ihm entfernte. Eine Weile saß er in tiefer Betroffenheit da; dann aber trat der alte, glückliche Ausdruck in sein Gesicht. Er stand auf und faßte sie mit festem Druck bei der Hand. „Bozena! Wir gehören zusammen, im Leben, wie im Tod'. Siehst, das ist ein Fingerzeig vom lieben' Herr gott. Er hat's selber gewollt, daß ich dich beim ersten Anblick lieb gewinnen mußt' und du mich. Wir Kinder sollen den alten Schaden gut machen. Wenn der Svhn des Janek Kreuzar die Tochter des Hendrik Josefak heirat', dann ist die alte Wund' auf immer geheilt und alles Unrecht gesühnt." Wie eine Erleuchtung kam cs bei diesen Worten über das Mädchen. — „Meinst das wirklich?" rief sie mit freudig blitzenden Augen. Er meinte noch mehr, er meinte, das würde eine Für sprache bei ihren Eltern und der Stein zu ihrem Glücke sein. Denn diese würden selber durch eine Heirat den alten Hatz schlichten wollen. Für seine Mutter stand er gut, aber auch der Vater würde drein willigen, wenn auch nach etwas längerem Zögern. Er sprach ihr Trost und Beruhigung zu und ergriff zuletzt ihre beiden Hände. Cie machte sich wieder los, aber nur, um sich ihm an die Brust zu werfen, ihre Arme um seinen Hals zu schlingen und ihm znzuflüstern, wie lieb sic ihn lmbe, wie glücklich sie jetzt sei und ivie sic cs von jetzt an immer sein wolle, wenn bis zu ihrer Vereinigung auch noch zehn oder zwanzig Jahre vergehen sollten. Als eine Stunde später der Hirte nach Hause kam, fand er die Tochter allein, aber seltsam verändert. Die Blässe hatte sich in die alte liebliche Röte verwandelt und wie eine stille Verklärung lag es auf ihren Zügen. Sie brachte die Schüssel mit Mohnklößen auf den Tisch, während des Essens sah sie Hendrik sehr oft von der Seite und kopfschüttelnd an. Als die Mahlzeit vorüber war, stopfte sich Hendrik die Pfeife, sah seine Tochter an und sagte: „Bozena, du hast mir was zu sagen". Er hatte sich nicht geirrt, denn sie hatte beschlossen, ihm noch heute alles frei und offen zu gestehen, nichts durfte zwischen ihr und dem Vater verborgen bleiben. Sie wollte es ihm ge stehen, daß Szamko sich ihr erklärt habe. „Du hast mir was zu sagen, Bozena", wiederholte der Hirte, sie unablässig betrachtend. „Vater seid nit bös, lieber Vater, seid nit bös! Ich hab' mich heut' vormittag mit Szamko Kreuzar ver sprochen." Er fuhr nicht auf, er sprach kein Wort; die Pfeife war ihm aus den Händen gefallen und lag in tausend Stücken zerbrochen auf dem Boden. Unbeweglich stand er einige Sekunden da, wie vom Blitz getroffen; dann bückte er sich, hob die Stücke langsam auf und sagte beim Hinausgehen: „Beides verloren und auf einmal!" Bozena eilte ihm nach. „Vater, hört mich an!" „Laß mich allein, tritt mir jetzt nit in den Weg!" sagte er mit seinem unbeweglichen Gesichte, aber rauhen Tones. Damit trat er aus der Haustür, ging quer über die Wiese nach dem Walde und blieb bis spät in die Nacht weg. Bozena stand unsägliche Angst auS; denn sie stellte sich das schrecklichste vor, als die Nacht immer weiter vor rückte und der Vater nicht nach Hause kam. Die Angst war umsonst gewesen, denn gegen elf Uhr erschien er. Er war in seinem Aeußern gar nicht verändert, nur daß er kein Wort sprach; er setzte sich auch wie gewöhnlich auf die Schwelle, um vor dem Schlafengehen ein Pfeifchen im Freien zu rauchen; aber sie schien ihm nicht zu schmecken, denn er nahm sie bald aus dem Munde, vielleicht weil sie neu war und er an die alte, gewohnte denken mochte . . . Das Mädchen konnte diesen Anblick nicht ertragen. Sic wußte, was in ihm vorging, und das schnürte ihr das Herz zusammen. Sie mußte sich mit ibm verständigen und kostete es, was eS wolle. Er dachte wokl, sein eigenes Kind habe ihn verraten und sei zu seinen Feinden über gegangen. ,L)ater, hört mich an!" bat sie. Er sagte nicht ja und nicht nein un- rührte sich nicht, als sie sich zu ihm setzte, aber sie fuhr fort und ihre Stimme bebte vor Tränen, als sie rief: „Vater, ich kann Euch nit so seh'n, mir vergeht das Herz und lieber lauf' ich in die weite Welt, wo niemand von mir weiß und hört. Ihr habt mich gebeten, dem Kreuzar auszuweichen, und ich hab' Euch gehorcht, redlich gehorcht, obwohl mir's schwer geworden ist gleich vom ersten Augenblicke an. Noch heut' hab' ich mir vorgenommen, wieder in Dienst zu geh'n, da ich nach dem gestrigen Ereignis nit mehr sicher, trotz Eurer un- glücklichen Beschicht' nit sicher war, und ich aus dem Wege gehen wollt', um Unglück auszuweichen. Er hat sich aber ein Leids antun wollen, ein Leids, Vater! Drin auf dem Ofen liegt noch die Waffe und das könnt' ich nit ansehen. In meiner Todesangst, ohne daß ich's wollt', sind mir die Tränen aus deu Augen geschosien, und da hat er's ge merkt, wie's um mich steht. Ich schwör's Euch zu, Vater, wenn er hätt' das nit tun wollen, er hätt's nie erfahren, bis Ihr es selber erlaubt. Drum seid mir nit bös, Vater, ich bitt' Euch, seid so zu mir, wie immer! Ihr sehet ja, ich kann nit dafür. Und ich kann's nit ertragen, Euch so zu sehen; denn weiß der liebe Herrgott, wenn ich auch den Burschen lieb haben mag, Euch hab' ich eben so lieb, vielleicht noch lieber." Hendrik erwiderte nichts, er sah eine lange Zeit in Ge danken versunken. Als er sich aber dann erhob und die Tochter aufforderte, schlafen zu gehen, da sie vorige Nacht nicht ein Auge zugetan, klang seine Stimme milder: „Ich muß mich erst an die Sach' gewöhnen und sie dann in mir zurechtlegen", fügte er in demselben Tone hinzu. Des andern Morgens zog er mit den Ziegen auf die Weide, abends kehrte er beim, aber seine Miene zeigte nicht, daß er sich an die Sach' gewöhnt, geschweige sie in sich zureäitgelegt habe. Er sagte nichts als seinen „Guten Abend!" und als die Burschen kamen, ging er fort. Er wollte offenbar Szamko auSweichen, und das tat er mehrere Abende hintereinander. Endlich, es mochte am siebenten Abende sein, hielt er die Tochter auf der Schwelle zurück, nachdem sich die Burschenschar entfernte „Heut' hab' ich mit dir zu reden", sagte er. Zitternd horchte sie auf. „Eine Frag' vorerst, du hast den Burschen gern, sehr gern?" „Ich lmv's Euch gesagt, Vater!" „Und würd'st unglücklich sein, wenn du ihn aufgeben müßtest 21
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