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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030729012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903072901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903072901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-29
- Monat1903-07
- Jahr1903
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Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Offertenannahme 85 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt^ a«7 mit oer Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderun, SO.—, mit Postdesörderuug 70.—> Zunahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richte». Die Expeditton ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend» 7 Nbr. Druck und Verlag voa E. Bolz tu Leipzig. Nr. 380. Mittwoch den 29. Juli 1903. 97. Jahrgang. Für Monat August kann das „Leipziger Tageblatt" zum Preise von Mark 1,0« (Mark 1,25 bei freier Zustellung ins Haus) sowohl durch sämtliche Zeitungsspediteure, wie auch durch die nachstehenden Ausgabestellen bezogen werden. Ausgabestellen des „Leipziger Tageblattes": Im Zentrum. vr-hl 53, E. F. Schubert'- Nachf., Kolonialwarenhdlg. Kathartnenstr. 14, L. Lösche, Cigarrenhdlg. 2935 Nttterftr. 4, Linckesche Leihbibliothek und Buchhdlg. Im Norden. Gerberstr. 8, H. L. Kröger, Butterhdlg. 8824 Gneisenaustr. 12, B. Uhlich, i. Fa. Ida Hartmann, Papierhdlg. Löhrstr 1», E. Hetzer, Kolonialwarenhdlg. 979 Vorkstr. 32 (Ecke Berliner Straße), F. W. Kietz, Kolonialwarenhdlg. Im Osten. JohanniSgafie 8, Hauptexpedition 222 vstplatz 4, Alfred Eiste, Cigarrenhdlg. Ranftsche vaste 6, F. Mischer, Kolonialwarenhdlg. Tchktzenstr. 5, I. Schümicken, Kolonialwarenhdlg. 1178 Tauchaer Ttr. 13, E. R. Reichei, Drogenhdlg. 834 i Im Süden. Arndtstr. 35, I. F. Canitz, Kolonialwarenhdlg. 3033 vayersche Str. 45, H. Neumeister Nachfl., Cigarreohdlg. 3984 König-Platz 7, L. Lösche, Cigarrenhdlg. 7505 Nürnberger Str. 45, M. E. Albrecht Nachfl, Kolonial«. Zettzer Str. 35, B. Küster, Cigarrenhdlg. Im Westen. Veethavenftr. 21, Th. Peter, Kolonialwarenhdlg. 3901 Frankfurter Str. 22 (Ecke Waldstr.), L. Sievers, Kolonialwarenhdlg. Naustädter Stetnweg 1, O. Engelmann, Kolonialwhdlg. 2151 Walbftr. 3V, G. Betterleia, Kolonialwarenhdlg. Westplatz 32, M. Leißner, Cigarrenhdlg. 2402 In den Bor- und Nachbarorten. Anger-Crottendorf, B. Friedel, Cigarrenhdlg., Zwei naundorfer Str. 6, O. Oehler, Bernhardstr. 51 Connewitz, Frau Fischer, Hermannstr. 23 - Fritz Koch, Pegauer Straße 17 Eutritzsch, Robert Altner, Buchhdlg., Delitzscher Str. 25 820 Gautzsch, Ioh. Wolf, Ecke Ring- und Oetzscher Str. vohltS, Robert Altner, Buchhdlg., Linventh. Str. 6 820 - Paul Schmidt, Brüderstraße 8 Kleinzschocher, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7» in L.-Plagwitz 2586 Leutzsch, Albert Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenau Ltnbenau, Alb. Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenau Möckern, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.-Gohlis TkUvhon Neustadt, Paul Kuck, Annonc.-Exped., Eisenbahnstr. 1 Ncuschönrfeld, Paul Kuck, Annoncen-Exp., Eisenbahustr.1 Letzsch, Carl Scheffel, Ecke Ost- und Mittelstr. 6475 Plagwttz, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7a 2586 Probstheida, Reinhard Sachse, Buchbindergeschäft Reudnitz, W. Fugmann, Marschallstr. 1 1516 - O. Schmidt, Koblgartenstr 67 1739 - Bernh. Weber, GabelSbrrgerstr. 11 Schleutzig, G- Grützmann, Könneritzstr. 56 2586 Sellerhausen, O. Oehler, Anger-Crottendorf, Bern- hardstraße 51, part. Stünz, O. Oehler, Anger-Crottend., Bernhardstr. 51, p. Thonberg, R. Hantsch, Reitzenhainer Str. 58 BoltmarSdorf, Paul Kuck, Ann.-Exped., Eisenbahnstr. 1 - Georg Niemann, Konradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.) Wahren, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.-Gohlis Gesellen- und Meisterprüfung, i. L. ?. Das Handwerkergesetz vom 26. Juli 1897 will neben der Organisation des Handwerks vor allem eine tüchtige gewerbliche Durchbildung des jungen Nachwuchses herbeiführen und sucht diese besonders durch Einführung der Gesellen- und Meisterprüfungen zu erreichen. Nach- dem nun das ganze Gesetz in Kraft getreten ist und in den verschiedensten Orten und Handwerken diese Prüfungen abgenommen worden sind, ist es angebracht, nach dem Ausfall derselben zu fragen. Was soll der Prüfling in der Gesellenprüfung zeigen? Nach 8 131i> der G.-O. hat „die Prüfung den Nachweis zu bringen, daß der Lehrling die in seinem Gewerbe ge bräuchlichen Handgriffe und Fertigkeiten mit genügender Sicherheit ausübt und sowohl über den Wert, die Be schaffung, Aufbewahrung und Behandlung der zu ver arbeitenden Rohmaterialien als auch über die Kennzeichen ihrer guten oder schlechten Beschaffenheit unterrichtet ist". Durch die Prüfungsordnung kann weiter bcstiurmt wer den, daß die Prüfung auch in der Buch- und Rechnungs- fichrung zu erfolgen hat. Die Prüfung selbst besteht aus einem praktischen Teile, Ablegung des Gesellenstückes, und einem theoretischen, der teils mündlich, teils schriftlich, erfolgt. In der schrift lichen Prüfung werden Aufgaben aus der Buch* und Rechnungsführung, insbesondere Kalkulationen gestellt; auch wird in vielen Fällen eine schriftliche Darstellung der Ausführung des Gesellenstückes und der dabei verwendeten Rohstoffe verlangt. Die mündliche Prüfung beginnt in der Regel mit der Besprechung des Gesellenstückes, ins besondere der Eigentümlichkeiten und Unrichtigkeiten, die sich hier und in der schriftlichen Darstellung gezeigt haben. Sie erstreckt sich dann weiter auf die verarbeiteten Roh stoffe und die zu Hülfe genommenen Werkzeuge und Ar beitsmaschinen. Den Schluß bilden Kalkulationen, sowie Fragen über die Buchführung. In der Meisterprüfung soll der angehende Meister „den Nachweis der Befähigung zur selbständigen Ausführung und Kostenberechnung der gewöhnlichen Arbeiten seines Gewerbes, sowie der zu dem sebbständigen Betriebe des. selben sonst notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten, ins besondere auch der Buch- und Rechnungsführung er- bringen". Sie zerfällt in eine praktische — Meisterstück oder Arbcitsprobc — und eine theoretische, die sich auf die Fachkenntnisse, die Buch- und Rechnungsführung und die Gewerbeordnung erstreckt. Die Prüfung in den Fach kenntnissen behandelt die Bezugsquellen, Bearbeitung und Preise der Rohstoffe, sowie die wichtigsten Werkzeuge, Werkzeugmaschinen und Motoren. Die Prüfung in Buch- und Rechnungsführung bezieht sich auf die einfache Buch führung und die allgemeinen Grundsätze des Wechselrechts, die Prüfung für bas Gewerbewesen auf die wichtigsten Bestimmungen der Gewerbeordnung, der Arbeiter-Ver- sicherungsgcsetze und das Genossenschaftswesen. Welche Resultate haben nun diese Prüfungen zu ver- zeichnen? Während der Ausfall der prakti schen Prüfungen in den meisten Fällen zufrie- den st eilend war, sind die theoretischen Prüfungen trostlos ausgefallen. Auf den Kammer tagen und in Handwerkerzeitungen werben immer mehr Beispiele von geradezu traurigen Ergebnissen dieser Prüfungen erzählt. So haben z. B. in Kassel von 11 Bäckermeistern, die sich der Prüfung unterzogen, 10 die Prüfung nicht bestanden. Weiter klagt bas Organ der Liegnitzer Hanbwerkskainmer, daß in der theoretischen Prüfung „die Kenntnisse in vielen Fällen sehr zu wünschen übrig ließen", und die Handwerkskammer zu Saarbrücken schreibt: „Schon wenn wir unseren sehr umfangreichen Schriftwechsel mit Handwerksmeistern, Gesellen und Lehr lingen aus allen Teilen des Bezirkes überblicken, können wir leider nur bei einem verhältnismäßig geringen Teile der Verfasser ein ausreichendes Maß der elementaren all gemeinen Kenntnisse, wie sie ein zeitgemäßer Gowerbe- betriob heute verlangt, feststellen". Woran liegen diese be trübenden Ergebnisse? Die Antwort ist nicht schwer zu finden; sagte doch der Sekretär der Handwerkskammer Kassel im Vorjahre auf dem Kammcrtage in Leipzig: Die Gesellen- und Meisterprüfungen haben wenigsten- in unserem Kammerbeztrke bisher gezeigt, daß die schul- technische Ausbildung eine durchaus rninderwerttge und mangelhafte ist", und deshalb den Antrag stellte: den Mi nister für Handel und Gewerbe zu ersuchen, das gewerb liche Fortbildungsschulwesen in den kleinen Städten und auf dem Lande auszudehnen und in geeigneter Weise für den Unterricht in Fachkunde und Handwerkergesetzgebung zu sorgen. Die Saavbrückner Handwerkskammer sagt in ihrem Bericht weiter: Die Gesellenprüfung, sowie die Meisterprüfung sind nun aber in ihren Anforderungen so gestellt, daß die Kandidaten mit Bolksschukbildung bei durchschnittlicher Begabung gar nicht in der Lage sind, die theoretische Prüfung zu bestehen, wenn sie eine Fort bildungs- oder Fachschule nicht besucht haben. Entweder muß die Prüfung eine Farce werden, ober aber die Prüf linge, soweit sie nicht Gelegenheit hatten, sich diese Kennt nisse anzueignen, fallen sämtlich durch. Wir machen bei derAbnahme der Prüfungen diese Erfahrungen nur zu oft. Fast alle Handwerkertage, die in der letzten Zeit statt gefunden haben, haben sich mit den traurigen Resultaten dieser Prüfung beschäftigt und festgestellt, daß nur durch gute Fachschulbildung eine Besserung herbeigeführt wer den könne. So beschloß z. B. der deutsche Glasertag, der im Vorjahre in Chemnitz tagte: a. daß in Orten, wo eine sechsklassige Volks- ober Gemeindeschule besieht, nur Schüler, welche die 2. Klasse dieser Schule absolviert haben, in die Glaserlehre ausgenommen werden dürfen, b. daß in jeder Stadt Deutschlands von den BerbanbS-Jnnungen, deren Mitglieder mehr als 15 Lehrlinge beschäftigen, eine Fachschule, die den gesetzlichen Anforderungen der Prüfungsabnahme entspricht, eingeführt und unterhalten werden muß Ganz besonders aber hat sich die Gesamtvertretung deS deutschen Handwerks, der deutsche Kammertag, -er Sache angenommen. Aus dem letzten Kammertage in Leipzig wurde für Einführung der obligatorischen Fortbtldungs- schule eingetreten, und auf der letzten Ausschußsitzung in Kassel legte die Gewerbekammer Hamburg eine Resolution zur Beratung vor, wonach das obligatorische Fortbil dungsschulwesen reichsgesetzlich zu regeln ist, die Durch führung aber den landesgesetzlichen Bestinnnungen Vor behalten bleibt. Aus alledem ergibt sich, daß durch das neue Handwerkergesev, insbesondere aber durch den schlech- ten Ausfall der Gesellen- und Meisterprüfungen, die Not- wen-igkeit der obligatorischen Fortbildungsschule beson ders in Handmerkerkreisen immer mehr anerkannt und da her ihre Einführung wesentlich gefördert worden ist. Welche Aufgaben müssen nun diese Fach- und Fortbil dungsschulen erfüllen und wie muß ihr Lehrplan gestaltet sein, wenn sie den in den theoretischen Gesellen- und Meisterprüfungen gestellten Anforderungen gerecht werben wollen? Diese Frage hat in Sachsen auch bas Königliche Ministerium des Innern in Erwägung gezogen und deshalb den Ge werbekammern mitgeteilt, daß es sür die gewerb lichen Fach- und Fortbildungsschulen besonders bei Auf stellung oder Abänderung eines Lehrplans von Interesse ist, zu wissen, welche Anforderungen bei den theoretischen Gesellenprüfungen im Handwerk, wie sie im Hinblick auf 88 129, 131 ff. der Gewerbeordnung durch die Prüfungs ordnungen eingerichtet worden sind, an die Prüflinge ge stellt werden, wie ihre früheren Schüler diese Prüfungen bestehen und welche etwaigen Mängel hierbei bezüglich der Schulvorbildung zu Tage treten. Um diese Fühlung zu vermitteln, ist den Gewerbeschultnspektoren zu Dresden und Zwickau der Zutritt zu den Prüfungen ermöglicht worden, damit ihre hierbei gesammelten Erfahrungen für die Fachschulen und mittelbar dem Handwerk nutzbar ge macht werden können. Fettilletsn. Zn der Sommerfrische. Plauderei von E. H. Nachdruck verbalen. ,Ha, was macht'» die? Die steht grab' in der Mist'n!" Also verwundert sich die Dörflerin und guckt starr auf eine Dame, die ihren photographischen Apparat just in die „Mist'n" gestellt hat, sich selbst dahinter. Vielleicht ist sie so wenig mit der Landwirtschaft vertraut, daß sie sich nicht klar war über den Standpunkt, den sie gewählt hatte. Aber freilich — was weiß wiederum die Bauernfrau davon, welch entzückendes Bild das Häuschen abgibt, über welches die Tannen ragen und auf dessen Fensterbrettern es in bunter Pracht blüht?! Sie sieht ja diese Pracht, die blauen Berge, alle Tage, und macht es wie alle Menschen: sie wissen das nicht zu schätzen, was sie täglich genießen. In das sonst so weltferne Dorf, das drei Viertel des FahreS in seinen Bergen verträumt, sind die „Luft- schnapper" eingezogen. Kaum ein Häuschen, das nicht seinen Fremden beherbergt. Ganz verwundert stehen die Kinder auf ihren nackten Küßchen und gucken die andern, die Stadtkinder, an. Die sind ja cingezogen, als wenn alle Tage „Sonnttg" wäre. Und Strümpfe haben sie an» so kurz, daß sie nur ein bissel über die Stiefelchen heraus gucken. Wäre «s da nicht besser, lieber gar keine anzu- ziehen, als nur „so Fedle"? Da, wo sonst Kuhschwänze wedelten, flattern lange schwarze oder weiße BoaS auf. Ihre Trägerinnen könnten sich ruhig im Bois de Boulogne sehen lassen mit den mächtigen, blumenbeladenen Hüten, den setdenraschelnden Kleidern, den Aermeln, die in alle Schüsseln tauchen . . . . Die Dorfschönen jugendlicheren Alters machen ihre Studien, und wer weiß, wie bald sich um den Hals solch einer Schönen eine Boa schlängelt, gleich einer Schlange! EoaS Tochter, hatte die Schlange nicht auch schon im Paradies zu tun? Die Fremden, die drüben bei Postverwalters wohnen, haben ihren Liebling, den „Troll", mitgebracht. Aber be sagter „Troll" ist nicht die Spur musikalisch veranlagt, denn sobald die Post naht oder abfährt, und der Postillon bläst, sängt „Troll" an, fürchterlich zu heulen. Er beruhigt sich erst wieder in seinem Hundegemüt, wenn die gelbe Postkutsche um die Ecke der Dorfstrabe biegt. Sicher ist „Troll" der Ansicht, daß es erst hübsch im Dorfe wird, wenn die Eisenbahn, an der ein halbes Tausend Menschen arbeiten, durch die Wälder und Täler fliegt. . . . Was weiß „Troll" von der Romantik der gelben Post kutsche? Und doch klingt's so traut, so herzbewegend schön, wenn des Postillons Lied durch den stillen Morgen klingt: „Leb' denn wohl, du kleine Gaffe " Im dunklen, schweigenden Walde verhallen die Klänge, und weiter fährt die Post, und zuletzt klingt'S nur noch aus der Ferne: „Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut, so hoch da droben . . . ." Ist das nicht wie ein Gebet ? Fromm und gut, und vor allem zufrieden können die Stadtmenschen werden, wenn sie einmal den Kuß in die Hütten der Armut setzen. Scheue dich nicht, lieber Leser, steig' nur die steile, holprige Dorfgaffe hinauf, hier wohnen Menschen, die von Gottes wegen deine Brüder, deine Schwestern sind. Es scheint dieselbe goldene Himmels sonne über sie, es lebt derselbe Gott in ihrer Brust, cs zieht dasselbe Leid, dieselbe Freude durch ihr Herz Nur, daß es hier Märtyrerinnen gibt, die dereinst einen Ehrenplatz im Simmel verdienen und zur Rechten Gottes sitzen müssen. Ihr Weg auf Erden war ein Weg, der im Schatten htnfübrte, in Kälte und Schatten Steig« die paar halb zerfallenen Steinstufen hinauf. Zur Linken ist die Stube, hölzerne Bänke an den Wänden und um den Ofen, ein Sofa, das kaum mehr den Namen verdient; die Wände sind abaebröck«lt, an den kleinen Schiebefenstern wächst Efeu, der verlangt nicht viel Pflege. Sieben Kinder hatte die Frau, deren welkes Gesicht nur von Leid spricht. Bier der Kinder liegen auf dem Fried- Hofe, di« hatten das bessere Teil gewählt. Der Mann ist ein Trinker. Kommt er heim, wirft er die paar Möbel durcheinander. Das Gelb vertrinkt er, für die Seinen hat er nur rohe Worte. Und still und geduldig trägt die Frau ihr hartes LoS. Die hat ja noch drei brave Kinder; Luise» die Fünfzehnjährige, arbeitet in einer Fabrik, sie hilft schon mit verdienen und ist fleißig und brav, gestählt durch das Leib, daS schon ihre Ktnderaugen sahen Und vor kurzem brachte man der Mutter ihr Kind: der rechte Arm war in das Rad gekommen. Luise ist ei»! I Krüppel auf Lebenszeit geworden. — Das Gesicht der I Mutter ist wie versteinert, was kann nun noch kommen? Ja, es geht ein Strom von Schmerz über die Menschen hin, er verschont nicht Palast, nicht Hütte, überallhin spülen seine Wellen. Und es gibt viele, die den Becher bis zur Neige leeren müssen, viele, deren Weg im Schatten dahinfllhrt, einen Wea. auf Len kein erwärmender Sonnenstrahl fällt. . . . Frühmorgens bläst der Hirt, und die Ziegen ver sammeln sich und gehen auf die Weide. — Bald nach ihnen traben die Kühe, dem Rufe deS Hirten folgend, aus ihren Ställen. Unter dem Läuten ihrer Glocken spazieren die Kühe in den Wald. — Wie lieb und traut klingt eS, hört man in der Ferne das melodische Getön der Kuhglocken. Ueberall findet der Poesie und naive Ursprünglichkeit, der die rechten Augen dafür bat und den guten Willen mitbringt: hier will ich mich mal erquicken an allem, was Natur heißt, Natur in aller Gestalt! Sei eS nun die kleine Babette, die große Augen machte, als der Herr Kantor aus der biblischen Geschichte erzählte vom lieben Herrgott, der den Adam aus einem Erdenkloß machte. Babette hebt das Kingerchen und fragt: „Waren da auch so schöne Speck- gricfchen drinnen, wie sie meine Mama in die Klöße tut?" — Oder sei es ein Besuch der kleinen, schlichten'Dorfkirche. Da sitzen in den vorderen Reihen die Schulkinder. Ehr erbietig stehen sie auf, wenn der Herr Pfarrer erscheint. — Und in einer andern Reibe sitzen di« alten Frauen in ihren Faltenmänteln, das bunte Kopftuch aus. Das Leben liegt beinahe hinter ihnen, jetzt ist die Kirche ihr liebster Ort. Hier wird einem so schön davon gesprochen, daß dies Leben nur eine Kette von Leid ist, daß wnS aber hinter jener dunklen Pforte ewige Freude und Herrlichkeit er warten! Sie sind ja so nahe, diese alten Weiblein mit den in Arbeitslast gebeugten Rücken, so nahe jener dunklen Pforte, aus der keiner noch zurttckkehrte, sie hoffen auf all die Herrlichkeit, von der die liebe, alte Bibel ihnen er zählt. . . . Selig sind, die da geistig arm sind .. . sie waren eS. . . . Und auf anderen Plätzen sitzen di« eleganten Sommer frischler und staunen, wie der Mann mit dem Klingel- beutel herumgeht und einsammelt. Und neben dem Pfennig I der Armen blinkt der Groschen der Reichen, und sind sich doch all« gleich, ob reich, ob arm, unld bringen nichts mit auf die Welt, und nehmen nichts mit fort; nur gehen mit uns die Taten, die wir auf Erden getan, die guten und die bösen. . . . Recht gut möchte man sein, denken die Frem den im schlichten Dorfkirchlein. Das kommt, weil sie zur Natur -urückgekehrt sind, »veil sie Körper und Seele dein frischen Winde der Berge ausgesetzt haben. . . Es ist eine Rückkehr zum Göttlichen, zu dem, aus dem wir stammen. Sie lächeln, die Fremden, wenn mitten in die lieben Worte des Geistlichen hinein draußen auf der Dorfstraße ein Hahn kräht. Er hat nichts mehr gemein mit jenem Hahn, von dein der Gottessohn zu Petrus sagt: „Der Hahn wird nicht krähen, bis du unch dreilnal habest verleugnet." — Damals stand das Kreuz noch nicht auf Golgatha. Auch ein Konzert haben sie „ihren Fremden" gegeben, und wahrlich, der schlichte Mann, der am Tage seiner prosaischen Arbeit im kleinen Walddorfe nachgeht, führt am Abend den Violinbogen mit einer Zartheit, daß er seinem Instrument ein Lachen und Weinen entlockt. Melo, dien von Vieuxtempsl Die Gcigenfee Tua stand wieder vor unserm geistigen Auge, die einst all« Welt entzückte mit ihrem Spiel und — mit ihrer Iugendscbönhett! — Jener schlichte Jüngling trägt jenes Etwas in der Brust, das allein den Künstler von GvtteS Gnaden auSmacht, jenes Etwas, das der blauen Wunderblume gleicht, jenes Etwas, das den Satten seiner Geige ein Lachen, ein Weinen ent lockt. Im großen, ganze»! kann in der Welt da draußen ge schehen, was will: in das im Tal so lauschig liegende Dörsletn -ringt nichts von dem beißen Kainpfe da draußen. Leise plätschert und vlaudert der Gebirgsbach an grünen Wiesen, auf denen Wäsche bleicht, vorbei. In den kleinen Gärtchen reifen di« Beeren, wächst der Salat. In einer Haustür sitzt eine Frau und schält Kartoffeln, die noch vom vorigen Herbste stammen. Andere Krauen lehnen an der Tür und erzählen sich, wie neulich einer Dame beim Fest im Walde ein Frosch mitten ins BierglaS gehüpft ist! Und dann kommt'- auf den Papst, der nun richtig ge storben ist. Und eine der Frauen fragt mit unschuldigem Gesicht schüchtern: „Gelt, der Papst war katho lisch?"
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