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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020906014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902090601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902090601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-06
- Monat1902-09
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Man mag darin eine Härte sehen und doch erscheint cs, gerade weil das Officiercorps der erste Stand sein will, durchaus berechtigt, wenn die Spitzen eines Officiercorps verantwortlich gemacht werden für unschickliches Be nehmen jüngerer Officiere vor der Oeffentlichkeit. Jedenfalls ist die Härte, mit der die Armeeleitung Un gehörigkeiten auch an Denen ahndet, die nicht unmittel bar daran bethciiigt gewesen sind, im Interesse des An sehens des Officiercorps sehr viel lobcMwerthcr, als jenes falsche Soltdaritätsgefühl, aus dem heraus, besonders in Preußen, die höchsten Stellen civiler Behörden für ihre Beamten eintrcten, selbst wenn diese in falscher Auffassung oder Ueberschreitung ihrer Befugnisse oder aus bureau- kvatischer Engherzigkeit heraus Handlungen unter nommen haben, die mit Recht die Mißbilligung weitester Kreise erregen. Es sei beispielsweise daran erinnert, wie im vergangenen Jahre der preußische Minister des Innern einen Landrath, der in einer Wahlangelcgcnhcit weit über dcks Ziel hinausgcschvssen hatte, dadurch zu -ecken suchte, daß er für das Verhalten des Landvathcs im Abgeordnetenhause eintrat. Viel schroffer aber tritt der Gegensatz zwischen militärisch-energischem Großreinmachcn und der Soli darität der civilcn Bureaukratie im Kalle Löhning hervor. Während in dem Gumbinner Kalle die Schul digen binnen vier Wochen verabschiedet waren, hat man im Falle Löhning erst viele Wochen lang den Sturm der Presse über sich ergehen lassen und dann in einer mehr als lahmen Erklärung auf weitere sechs Monate hinaus vertröstet. Man kann schon jetzt voraussagen, wie die Aligelegenheit dann verlaufen wird. Die preußische Ne gierung, -. h. die in diesem Kalle in erster Reihe verant wortliche Kinanzvcrwaltung, wird mühsam einige Gründe zusammcnbringcn, die die Verabschiedung Löhning's rechtfertigen sollen, und damit wird die Angelegenheit erledigt sein. Bei der geringen aggressiven Kraft des preußischen Landtages hat die Regierung ja immer leichtes Spiel. Hätte man es in Preußen nur mit dem Landtage und auch in den übrigen deutschen Staaten lediglich mit den Parlamenten zu thun, so wäre diese falsche Solidarität des Beamtenthmns vielleicht noch kein so großes Unglück. Je mehr aber bei uns die Parlamente versagen und je weniger sie die Anschauung des Volkes zum Ausdruck zu bringen verstehen, desto nachdrücklicher hilft sich das Volkscmpfindcn selbst in der öffentlichen Meinung und desto wirksamer sind die Wirkungen falscher Politik auf die breiten Massen des Volkes. Wie im Falle Löhning die Abneigung der preußischen Negierung, die Angelegenheit durch schnelle Aufklärung und nachdrückliche Sühnung zu erledigen, dem Polen- thume, das angeblich bekämpft werden soll, genützt hat, das konnte man ja aus dem Fabel der polnischen Presse und der mit den Polen verbündeten Klerikalen unschwer entnehmen. Die Unmöglichkeit aber, in die starre Wand bureaukratischer Solidarität eine Bresche zu schlagen, tritt nicht nur in der Ostmark und nicht nur in dem Falle Löhning hervor, sondern sie zeigt sich allerorten und ruft eine Erbitterung hervor, die der Socialdemo- kratie zu Gute kommt. Was diese Partei so gefährlich macht, ist der Umstand, daß sie eben nicht nur eine Arbeiterpartei ist, sondern zahlreiche Gebildete und Wohlhabende unter sich zählt. Könnte man feststcllcn, weshalb diese Kreise, deren Interessen ja eigentlich die Zugehörigkeit zur Socialdemokratie ausschließcn, gleich wohl -er Partei angehören, so würde man sicherlich in einer großen Zahl von Fällen finden, -aß die Er bitterung über die Unmöglichkeit, selbst das klarste Un recht der Bureaukratie gesühnt zu sehen, bürgerliche Elemente der Partei zugeführt hat, die die bestehende Ord nung überhaupt umzustürzen gewillt ist. Wenn daher Graf Bülow sein tm vorigen Jahre gegebenes Wort, den Kastengeist nicht dulden zu wollen, einlöst, so wird er dadurch nicht ^mr dem Ger» manisirungszwecke dienen, sondern der Staatsordnung überhaupt einen Dienst erweisen. Nichts ist verkehrter, als die Interessen der Bureaukratie mit denen der Ltaato- ordnuug und des Staates indentificiren zu wollen; im Gegentheil: eine energische Beschneidung des bureau- kratischen Zopfes kann der Staatsordnung nur förder lich sein. Ob der Kampf des Reichskanzlers gegen die Burcaukatie durchgreifenden Erfolg haben würde, mag dahingestellt sein, denn er kann auf erbitterten Wider stand dieser mächtigen Kaste rechnen. Es wäre aber schon von Werth, wenn einmal, wie es in Gutzkow's „Zopf und Schwert" heißt, „die Kreaturen zittern". Es wäre ferner von Vortheil, wenn Graf v. Bülow gerade in diesem Auf sehen erregenden Falle seine Gegner, die behaupten, er habe nur schöne Worte, aber nicht die Kraft zu Thaten, gründlich beschämen wollte. Wenn es ihm auch vielleicht nicht möglich sein sollte, das deutsche Volk von dem bösen Alb des bureaukratischen Zopfes nnd dos Kastengeistes zu befreien, so würde ihm doch auch schon für den Versuch der herzliche Dank aller Gegner verzopfter Rückständigkeit gewiß sein. „In mapmis volnis-M sat ost", was Fritz Reuter so hübsch ver deutscht: „Wenn Een deiht, wat hei dauhn kann, so kann hei nicht mihr dauhn, as hei deiht." Deutsches Reich. /?. Leipzig, 5. September. Wenn die „Sächsische Arbeiterzeitung" in ihrer geschmackvollen Art den Tag von Sedan das „N a t i o n a ls ch l a ch tf e st" und die Feier dieses Tages einen „Feetz" nennt, so ist man ja nachgerade an Derartiges gewöhnt. Etwas zu starker Tabak aber ist es, wenn das Blatt es unternimmt, die Re deutung des Ereignisses, dem die Feier gilt, herabzuziehen. Das Blatt fragt nämlich, was man eigentlich mit der Feier des Scdantagcs wolle, und cs beantwortet diese Frage dahin: „Es dürfte doch wohl nachgerade bekannt sein, daß diese Schlacht nicht im ge ringsten eine Entscheidungsschlacht war, daß sie nicht einmal gewonnen wurde durch besondere Tapfer keit der deutschen Truppen oder die Tüchtigkeit ihrer Führer, sondern nach dem Aussprüche von militärischen Autoritäten war der Sieg nur dem blinden KriegSglück und der Unfähigkeit der französischen Führer zu ver danken." Mit vielleicht etwas mehr Recht kann man sagen: „Es dürfte doch wohl nachgerade bekannt sein, daß die Schlacht bei Sedan eine Entscheidungsschlacht nn voll sten Sinne des Wortes war, -ndcm sie in politischer Hin sicht dem französischen Kaiscrthume den Garaus machte, in militärischer Hinsicht mit einem Schlage die reguläre fran zösische Feldarmee aus dem Wege räumte, da ein gutes Drittel dieser Armee in der Schlacht selbst gefangen ge nommen wurde, während die beiden letzten Drittel durch die moralischen und militärischen Folgen der Schlacht in Metz fcstgcbannt wurden, um dann acht Wochen später ebenfalls der Gefangenschaft zu verfallen; es dürfte doch wohl nachgerade bekannt sein, daß kaum ein Kampf in dem Kriege so heftig war und so große Anforderungen an die persönliche Tapferkeit stellte, als beispielsweise der Kampf der Bayern nm Vazcilles und das Aushalten des Angriffs von elf französischen Kavallerieregimentern durch eine vcrhültnßinäßig geringe Zahl Infanterie; es dürfte doch wohl nachgerade bekannt sein, daß der Ncchtsabmarsch der III. Armee nach der Richtung von Sedan bereits fünf Tage vor der Schlacht ungeordnet wurde und daß die Einkreisung der französischen Armee mit einer Sicherheit vollzogen wurde, wie die Lösung einer mathematischen Auf gabe im Hürsaale, so daß angesichts dieser Thatsache vom blinden Kriegsglück zu sprechen, nur einem besonders zurückgebliebenen Schüler von Karlchen Mießnick mög lich ist." 6.8. Berlin, 5. September. (Bergarbeiterbewegung — gegen die Polen!) Die etwas günstiger lautenden Meldungen aus der Montanindustrie baden die Leiter des socialbemokratischen Verbandes der Bergarbeiter sofort mobil gemacht; der ganze Schwarm der Agitatoren ist auf die Reise geschickt. Es ist die Losung auSgegeben, in den Ver band hineinzupeitschen, waö nur möglich ist, denn eine große Lohnbewegung ist immer daö Ziel, daS den Machern vor schwebt. In Oberbayern ist eine große Anzahl Versammlungen anberaumt, in Venen Genosse Franz Pokorny auS Zwickau sprechen soll. Im Königreich Sachsen um Zwickau herum bat der Verband zu Tausenden Flugblätter verbreitet, in die Kaligebiete der Provinz Sachsen sind die besten Agitatoren entsendet, um zum Anschluß an den Verband die Kaliarbeiter zu bewegen. Es herrscht eine Rührigkeit auf der ganzen Linie, wie kaum jemals zuvor. Trotzdem glauben wir nicht daran, daß der Herbst uns einen nennenswerthen Streik der Kohlenarbeiter bringen werde. Alle Mühen, die pol nischen Bergleute für den Verband zu gewinnen, sind erfolglos gewesen, und ohne die Polen, die im rheinisch-westfälischen Kohlen revier einen stetig wachsenden Procentsatz der Bergleute bilden, ist jede Lohnbewegung aussichtslos. Daö Polenblatt „Wiarus Polöki" hat unausgesetzt aufgefordert, „vor allen Dingen nicht in den Bergarbeilerverband zu gehen". In nächster Zeit will man daher die Leiter des Blattes, „die nur in blödester Weise den Nationalhaß schüren", ordentlich vornehmen. Wie in Oberschlesien der Kampf der deutschen Genossen gegen die Polacken in schärfster Weise entbrannt ist, so wird er nun auch im rheinisch-westfälischen Kohlenreviere ausflammen. Liebknecht würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er das wüßte. Berlin, 5. September. (Die Genossen und ihre Angestellten.) Die Angestellten der social demokratischen Partei und -er socialdemokratischen Ge werkschaften werden durch den in fvrmulirtcn Anträgen an den Parteitag vorliegenden Protest von Berliner und Hamburger „Genossen" gegen die Bestrebungen, invalid gewordene Angestellte, sowie ihre Wittwcn und Waisen auf Partei- oder Gewerkschaftskostcn zu versichern, um so mehr erbittert sein, je eifriger sie seit Jahren auf die Verbesse rung ihrer wirthschaftlichen Lage bedacht sind. Auch die Generalcommissivn der socialbemokratischen Ge werkschaften muß sich durch den erwähnten Protest be sonders getroffen fühlen, weil sie jene Bestrebungen der Partei- und Gewerkschaftsangestellten nach Kräften ge fördert hat. Den Bemühungen der Gencralcommission in erster Linie war es zu danken, daß der Frankfurter Gc- werkschastscongreß von 1809 durch eine Resolution den Gewerkschaften nahe legte, ihren Angestellten „ein anstän diges und ausreichendes" Gehalt zu zahlen. Die Wirkung dieser Resolution blieb aber hinter den Erwartungen er heblich zurück. Zufolge der Denkschrift, welche die Genc- ralcommission dem diesjährigen Stuttgarter Gewcrk- schaftscongressc als Material zur Vcurrheilung der Ge haltsverhältnisse der Angestellten vvrlegtc, betrug im Jahre 1898 das Durchschnittsgchalt der vollbesoldeten Gc- wcrkschaftsbeamten 1764 im Jahre 1899 1788 im Jahre 1900 1771 .«!, im Jahre 1901 1825 Im Hinblick auf diese Zahlen schlug die Gencralcommission dem Stutt garter Gewerkschaftskongresse einen GchaltSregelungs- cntwurf vor, der für die Gewerkschaftsbcamtcn ein Gc- haltsminimum von 2000 und ein Maximum von 3000 jährlich mit jährlichen Stcigcrungssätzen von je 100 in den ersten fünf, von je 50 in den folgenden Jahren fest setzte. Der Stuttgarter Gewerkschaftskongreß hat die Ge haltssätze der Gencralcommission im empfehlenden Sinne den Gewerkschaften zur Kenntniß gebracht. Wie wenig Anklang aber selbst in gut fundirten Gewerkschaften das Streben nach einer besseren Besoldung der Gewerkschafts beamten findet, geht aus Klagen des Gewerkschafts organes deutlist hervor. So sind z. B. viele Zahlstellen des Deutschen Holzarbeiterver Handes sehr unwirsch darüber, daß der Holzarbciterverbandstag beschlossen hat, seinen leitenden Beamten eine Gehaltszulage von monat lich 5 bis zum Höchstbetrage von 2400 zu gewähren. Auch innerhalb des Verbandes der Schneider und Schneiderinnen tritt der Wunsch zu Tage, das Gehalt der Verbandsbeamten nicht zu erhöhen, ja, zum Theil wird sogar eine Gehaltsrcduction gefordert. Der deutsche Handschuhmacherverband vollends hat seinem Vorsitzenden Wasner, wie dieser öffentlich im „Handschuh macher" erklärt, seine 1800 .L. Gehalt als „Pfründe" vor gehalten, die ihn hinderte, zu empfinden, wie es einem Arbeitslosen oder Gemaßregelten zu Muthe sei. Falls die Eingangs erwähnten Anträge demnächst auf dem Partei tage zur Verhandlung kommen, wird es an einem Reflex solcher Stimmungen, wie sie in jenen Gewerkschaften vor handen sind, in der Discussion um so weniger fehlen, je mehr die socialdemokrafischen Gleichhcitsthcorien dem Egoismus der „Genossen" ihren Angestellten gegenüber Wasser auf die Mühlen führen. Ö.II. Berlin, 5. September. (Privattelegramm.) Am Sedantage sind nunmehr infolge der Gumbinner Vorgänge der Commandeur deö l. Feld-Artillerie-Negi- ments Oberstleutnant Weis; und Abtheilungscommandeur Major Byckcrhoff verabschiedet worden. Es heißt kurz: „Ab;chied bewilligt", nicht „erbetener Abschied". — Eine Eingabe an den Pap st hat eine Versammlung der Polen Moabits abzusenden beschlossen. Die Moabiter Polen verlangen eine Vermehrung der polnischen Andachten. Da sie weder bei der Moabiter Geistlichkeit, noch bei dem Fürstbischof Kopp mit ihren Forderungen durchdrangen, wollen sie sich jetzt, wie gemeldet, direct nach Rom wenden. 8. Königsberg, 5. September. (Privattelegramm.) Der frühere Oberbürgermeister von Königsberg Geh. Re- gierungSrath Hoffmann ist heute Mittag gestorben. (D Posen, 5. September. (Telegramm.) Um l l'/, Ubr fuhr der Kaiser vom Generalcounnando nach der Kaiser Wilhelm-Bibliothek, woselbst er von dem Oberpräsidenten vr. v. Bitter und von den Spitzen der Verwaltung em pfangen wurde. Die Abfahrt der Majestäten zum Bahn hofe erfolgte von dem Generalcommando um 11 Uhr 50 Mui. Vorher begab sich der Kronprinz, begleitet von den Hurrahs der Spalier bittenden Bevölkerung, zur Bahn. Hierauf folgte der Kaiser und die Kaiserin, überall von stür- miichem Jubel der Bevölkerung begrüßt. Tie Majestäten dankten freundlichst, namentlich grüßte der Kaiser freund lich lächelnd nach allen Seiten. Am Bahnhofe waren anwesend: Der commandircnde General v. Stülpnagcl mit der gesammten Generalität, Oberpräsident vr. v. Bitter, Oberbürgermeister Witting und der Polizeipräsident Hellmann. Der Kaiser zog den Oberpräsidenten ins Gespräch und unter hielt sich längere Zeit aufs Huldvollste mit dem Oberbürger meister und dankte ihm für den Empfang der Bevölkerung. Alsdann wandte sich der Kaiser an Len Polizeipräsidenten, dem er seine Befriedigung über die getroffenen Anordnungen aussprach. Unter den jubelnden Hurrahs der Anwesenden fetzte sich der Zug Puncl 12 Uhr langsam in Bewegung. —r. Altenburg, 5. September. Die Geldnolh, die sich in diesem Jahre überall in der s o c i a l demokra tischen Partei bemerkbar gemacht hat, trifft auch für unser Hcrzogthum zu. Auf dem letzthin abgehaltcnen sccialdcmokratischcn Parteitage für unser Land wurde fest gestellt, daß die Einnahme der Partei gegen das Vorjahr FerriHeton. Au-ien; bei einem schwarzen Potentaten. II. (Schluß.) vr. PeterS hatte also von dem Häuptling Macomb« die Erlaubniß erhalten, sein Lager außerhalb der „Hauptstadt" aufzuschlagen, um frische Luft zu genießen. In „wilder Flucht" ging es aus dem übelduftenden Orte hinaus auf einen Hügel, wo die Theilnehmer der Expedition frischen Wind um die Ohren bekamen, wo man das Rauschen der Bäume und das Singen der Vögel hörte statt des Gebrülls und rohen Gelächters einer Negerborde, wohin die durstigen Herren deS „Hofstaates" erst den Fluß zu überschreiten hatten, um zu Peters' Cognac zu gelangen, wo überhaupt eine größere Menge gar keinen Platz hatte, sich zu lagern. Der Hügel war eng und schmal an der Oberfläche und siel steil, fast senkrecht an den Seiten ab, nur für die Zelte und eine An zahl Menschen Raum lassend. An seinem Zugang wurden Posten aufgestellt mit dem Befehle, die übliche Horde Neu gieriger nun rücksichtslos mit der Peitsche fortzutreiben. Der Handel mit Mehl sollte unten am Flusse abgemacht werden Die Europäer wollten endlich Ruhe haben in GotteS schöner Natur. Am Nachmittag fand eine große Berathung in der Resi denz MacombcS statt. Der Abend zog ruhig heran bei vollem Mondlicht, vr. PeterS war gerade damit beschäftigt, Spiegeleier zum Abendessen in die Pfanne zu schlagen, und sagte zu seinem Nachbar: „Jetzt wollen wir einmal einen schonen, stillen Abend genießen", als plötzlich daS Schädelthor von Misiongwe sich öffnete und heran« ein wilder phantastischer Zug kam. Voran tanzende junge Mädchen, dann eine Musikcapelle, bestehend aus Trommeln, Pfeifen und Saiteninstrumenten. Daraus folgten mehrere Mitglieder LeS Hofstaate«, daun eine einzelne Figur, in der beim Näbcrkommen Macombe zu. erkennen war, hinter ihm sei»: LiedliugSdruder-CptVl«» w»d aodue;O»b^ dcL,RricheS, im Ganzen 40—50 Man». Schleunigst ließ PeterS die Pfanne mit den Spiegeleiern wegbringen und ging Macombe entgegen bis an den Rand des Hügels, da wo der Pfad hinausführte. Als Macombe hinaufgestiegen war, nabm Peters ihn an der Hand und führte ihn zum Eingang seines ZelteS, wo zwei Stühle für Beide bereitgestellt waren. Die Menge drängte sich auf dem engen Raum um den Abhang. Als der auf afrikanische Sitten gedrillte Expeditions führer diesen Besuch ankommen, theilweise antanzen sah, batte er in richtiger Erkenntniß der Situation vier Flaschen Cognac herauSnebmen lassen. Dieses Opfernmüssen der kost baren Borräthe war nicht eben angenehm, aber man hatte sich bis zu einer gewissen Grenze bei der Ausrüstung der Expedition in Tenje darauf vorbereitet. Macombe bat sich, ehe die Unterredung begann, einen Eimer auS, in welchen er die vier Flaschen Cognac goß, um ihn dann mit Wasser auf zufüllen. „Dies", sagte er, „ist für unsere Leute. Wir beiden „Großen" wollen Champagner trinken. Ich bin gekommen, um Brüderschaft mit Dir zu trinken." WaS half es, eö mußte Champagner geholt werden, wobei PeterS weniger der Verlust an edlem Wein, als der Umstand schmerzlich war, daß er selbst vor seinem Abendessen (die schönen Spiegeleier!) davon mittrinken mußte. Während dieser Vorbereitungen spielte die Capelle unverdrossen. Dann wurden die Tassen mit Cognac berumgereicht, und der Macombe und PeterS begannen, die Champagurrflaschen zu leeren. Wenn Macombe trank, sprang allemal einer der Hofleute auf nnd hielt ihm die Hand unter daS Kinn, um etwa herabfallendr Tropfen aufzusangen. Gleichzeitig erhob sich daS ganze Gefolge, laut Hock rufend. Wenn Macombe irgend etwas sagte, was nach Witz aussah. brach seine Um gebung in schallendes Gelächter aus. Sprach er ärgerlich, so heuchelten sie Wuth. Kaum giebt eS, meint PeterS, einen europäischen Fürsten, welcher mehr von Schmeichelei und Krieckerei umgeben wäre, als dieser afrikanische Herrscher. Nachdem beide ein Glas geleert hatten, stand Macombe auf, ergriff PeterS Hand und sagte: ,,ivo msa88a uzzuru jucke skenmrv ungo": „Jetzt bist Du mein Bruder und Freund. Was ich haderst Dem^waS Du hastest Mei»; im Leben und Sterben gehören wir zusammen." PeterS antwortete >bm: „Ich werde Dir ein guter Freund sein. Ich bin der Feind meiner Feinde, aber ein Freund meiner Freunde." Mit lautem Beifall wurde diese Erklärung von den Mako- langa ausgenommen. Ter Sänger sprang vor und sang ein Lied zu Peters' Ehre, welches er mit tanzendem Rhythmus be gleitete. Es war eine phantastische Scene. Leichte Wolken jagten am Mond vorüber, dessen Licht mit dem der Kerzen und Lagerfeuer Zusammenstoß. Um die Fremden die wunder lichen Gestalten des HofgesolgeS von Macombe, im Hinter gründe die Somalis der Expedition und die Träger. Etwa eine halbe Stunde saß man so, inmitten der Menge trinkend und rauchend. Dann nahm Macombe PeterS bei der Hand und sagte Folgendes: „Ich habe längst den Wunsch gehabt, einen tüchtigen Weißen zum Freund zu haben. Ich sebe, wie Ihr Weißen immer mehr in Afrika vordringt. Ge sellschaften sind an allen Seiten meines Landes thälig, auf dem Zambesi fahren Dampfer, von Beira fährt die Eisen bahn nach Masbonaland, in Umtali, Maceque<.e und anderen Plätzen sind Städte entstanden. Auch mein Land kann dieser Veränderung nicht für immer entgehen. Und ich bin ganz bereit, eS den Weißen zu öffnen. Deshalb habe ich Dir die Erlaubuiß gegeben, in meinem Lande noch Gold zu suchen und einen Store (Handelsniederlassung) zu gründen, nachdem ich beobachtet habe, daß Du und Deine Freunde fleißig arbeiten. Jck> möchte auch sehr gern Wagen und Eisenbahnen im Kalanga-Lande haben. Aber ich will der Macombe hier bleiben, wie eS meine Väter gewesen sind. In diesen Zeiten babe ich einen weißen Freund nölhig, um dies Alles unt den Portugiesen in Freundschaft zu regeln. PeterS antwortete Macombe: „Ich will die- thun, und ich glaube, daß meine Brüder Drin Wort gern hören werden. Wir wollen hier arbeiten und das Land aufschließen, und Du Und Deine Familie sollen nichts für Eure Stellung zu fürchten haben. Wir wollen Alle einträchtig mit Dir Zusammengehen." Macombe ließ sich dann noch weiter über Einzelbciten aus. Unter anderen sagte er, daß er Peter« ein großes HauS bei Missongwe, bauen lassen wolle. Gegen neun Uhr Abends entfernte sich endlich der Besuch, wie er gekommen war, mit Musik und tanzenden Mädchen an der Spitze. Süße Ruhe und tiefer Friede legte sich als dann endlich über das mondbeschienene Lager. Nach kurzer Zeit aber begann drüben in Missongwe die wilde Orgie eines allgemeinen Tanzes, welcher bis Mitternacht dauerte. Als Macombe gegangen war und PeterS zu Tisch bei seinen Spiegeleiern saß, kamen seine drei Trägerältesten und sagten: „Herr, wir haben gesehen, daß Du ein großer Mann bist; gieb uns jetzt eia dementsprechendes Geschenk." Mit einigen kräftigen Worten, welche nicht gerade Segenswünsche waren, schickte vr. Peters sie von dannen. Am nächsten Morgen stattete Macombe dem Lager schon um sieben Uhr einen Besuch ab, und jetzt bat PeterS ihn in freundlicher Weise, seine Abreise doch möglichst zu beschleunigen. Er versprach dies und ordnete zunächst an, daß Mehl in Masse zum Verkauf geschickt würde. Zehn Sack wurden in den nächsten Tagen angekauft. Mittlerweile kam Boschaft, daß daö Waschen der Jnja- banda-Ncefs gute Resultate gebabt, und daß man aus alte Goldminen gestoßen sei in Oberflächen-Arbeitcn, auf einen alten Schacht, einen Steinbruch und alte, in den Fels gehauene Wege, die sicherlich nicht von den Schwarzen gemacht waren. Dies war natürlich eine sehr angenehme Nachricht. Am Nachmittage deö 20. Juli machte PeterS Macombe eine Spieldose zum Geschenk. Sie bereitete dem Häuptling augenscheinlich große Freude. DaS Unangenehme der Brüder schaft war der erneute Zudrang der Hofleute, welche jetzt auch PeterS gegenüber rin kriechendes Wesen annahmcn. Am 21. Juli erschien im Lager ein anderer Bruder deö Macombe, wclck'er behauptete, er sei ein Löwe, oder ein Löwe sei in ihn gefahren. Er spielte den wilden Mann, warf sich hin, brüllte wie ein Löwe u. s. w. PeterS hielt ihn zunächst für einen Epileptiker, bis ihm der Thatbestand mitgetheilt wurde. AIS ihn der Besessene schließlich um eine halbe Flasche Cognac anging, erwiderte er ihm: „Löwen braucken keinen Cognac", worauf die Menge in ein schallendes Gelächter auöbrack'. Am ankern Morgen erfolgte der langersehnte Aufbruch »und weiter ging eS in da- Goldland hinein.... X.
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