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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020911021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902091102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902091102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-11
- Monat1902-09
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Abend-Ansgave. Anzeiger Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 117. Nr. 463 68,10 Jahrgang Donnerstag den 1L. September 1902. 7 Feuilleton - 85,50 216,50 85,38 214,30 311,- 576,- 250,- 1tS2 I>«r. -d, »,2Ä. V.V4-. 1330 263,- 52,- 108,- 241,- 60,- 360,- lo. ^ÜN»IN>S -poNtnill lilsotr. illto 105, - 60,40 68,80 >r>w. >ll»r »oo er 1k 1»ek cturoi k» ne» eL 62,70 184.— 48,10 202,25 172,60 167,70 178,6a 108,40 107,60 » vremea i I-»- n «i - , -I>»veil <10^, .LUsi" vor» Iroeser Lur- <!' iiselr <>»t- -llelwsiupl.r iswptoll (9,9) ktsuädr.I 60,25 Ut-ÜLLkI 68,— NIsüiL" (10/9) -«.„Vl-is- -99) eis' (89- >ri s: 6er Vdit« er »Nespsii»- f rr»I6ere«e" s n»cü Nsm- , ,'Lroi-t- -9,9) L" <9,9) von >»vd Stettin, -tscknn" «9/9> lUoiMsr- (9/0) 168,25 27,10 ! 16,70 l 107,60 0«r. -n n.8e»cn/LnUr irotir-. rnelr verboten.' fach: „Herr de Montebello und Herr de Noaillcs sind auö- geschifft worden, weil sie Marquis sind, und die Herren Bihvurd und Bvinpard wurden an ihrer Stelle ernannt, weil sie es nicht sind." Es ist in der That auffallend, das; bei dem letzten Diplmnatenschub unter zwölf Namen nur einer das Adelsprädiear hatte und sein Träger einen der bescheidensten Posten erhielt. Ob Herr Delcassü den Marquis de Reverseaur in Wien und den Grasen d'An- biqnö in München noch lange auf ihren Posten belassen wird, bleibt abzuwarten. Die Theorie der „Liberto" wird dadurch, daß sie einstweilen weiter fungiren, nicht gerade mngestvßen, denn Regeln ohne Ausnahme sind kaum zu finden. Einige Blätter wollen übrigens wissen, das; gleich Montebello auch Noaillcs die antiklerikale Politik der Ne gierung mißbilligt habe und deshalb in Ungnade gefallen sei. Um die Sache anfzuklärcn, schickte der „Matin" einen Mitarbeiter zu dem greisen Diplomaten, der seit kurzem nach Paris zurückgekehrt ist. Noaillcs blieb aber auch nach seiner Rückkehr inS Privatleben vor Allein Diplo mat und sagte, er wisse nicht mehr als das Amtsblatt, wo nach er das Großkreu,; der Ehrenlegion erhalten habe und berechtigt worden sei, seine Ansprüche auf Pensivnirung geltend zu machen. Er fügte blvs hinzu, das; er das ge hörige Tienstaltcr noch nicht ganz erreicht habe, aber hosse, das; sich die Sache arrangiren lasse. Ueber die antiklerikale Politik sagte er: „Ich diene der Republik schon lange nnd bin, was noch mehr ist, nicht klerikal. Ich bin wohl ein wenig religiös, aber ich halte den Klcritali vinnS für schäd lich, weil er nnr die Politik der Religion, oder die Religion der Politik ist, wie Sic wollen. Sie sehen, daß die Durch führung der Decrete mit meinem Weggänge von Berlin nichts zu thun hat. Ich gehe, weil ick das Recht erhalten habe, meine Pensivnirung zu verlangen. Das ist Alles. In der Diplomatie, wie in anderen Dingen, ist Bewegung nöthig. Die Carridre ist offen. Die Jungen schäumen vor Ungeduld, man muß Raum schaffen." Etwas Anderes war ans dem alten Herrn nichts hcranszubringcn. Man ge winnt aus seinen Andeutungen immerhin denEindrnck, das; er nicht ungern noch einige Zeit in Berlin geblieben wäre, bis er das pensionsfühige Alter erreicht Hütte. Delcasm scheint die Pensivnirung blos deswegen etwas beschleunigt zu haben, weil er dadurch freiere Hand erhielt für seine große diplomatische Bewegung, die er mit einem Riale ab machen wollte. Ucdllllilm und Erudition: Jobannisgasse 8. Fernsprecher lös und 222. §iliale»peditionen: Alfred Halm, Buchhandlg., Universitätsstr.3, L. Lösche, Kätharinenstr. 14, u. Königspl. 7. Die Los vou Nom-Bewegung nimmt in B ö h m e n und Oesterreich stetig zu. Nach den statistischen amtlichen Erhebungen sind in den deutschen Pfarrgemeinden Böhmens im zweiten Vierteljahr 1902 im Ganzen öll Per sonen zur evangelischen Kirche übergetreten. Damit ist die Zahl der Ucbertrittc vom ersten Vierteljahr noch um eine Kleinigkeit überschritten. Im Teplitzer Pfarrsprengel allein traten im erstell Halbjahr insgesammt ^.80 Per sonen der evangelischen Kirche bei: in Wien im ersten Halbjahr 1002 526 Personen. Ausgetreten sind in Wien während dieser Zeit 84, von denen etwa 20 wegen der Er höhung der Kirchenbciträge bekenntnißlos geworden sind. Die Gcsammtzahl der Evangelischen Steiermarts betrug 1898 12 000 Seelen, jetzt 15100. Steiermark hat heute neun evangelische Pfarrgemeinden und 8 Viecniare, zu sammen 17 Seclsvrgebczirkc, in denen 21 Geistliche an 60 verschiedenen Orten regelmäßig thätig sind. Dieser fortschreitenden Bewegung entsprechend werden d;c ober- hirtlichcn Maßnahmen der Bischöfe immer strenger. Es ist sogar den katholischen Priestern die Abhaltung des 2. Klcrustages verboten worden. Auf dem 1. Klerustage hatte Monsignore Schcicher eine „Refor mation an Haupt und Gliedern" gefordert. Doch handelt es sich hierbei nicht einmal um eineu strengen Refvrinkatholicismus. Die Freunde der Klcrustagc setzen sich vielmehr zumeist aus jüngeren, demokratisch und christ lich-social angehauchten Klerikern zusammen, die mit dem selbstherrlichen und uuvolksthümlichcn Regiment der Bischöfe unzufrieden sind. Auf dem ersten Klerustage hatte man nur einen Rechtsschutzverein für Priester uud eine Gehaltsaufbesserung für den niederen Klerus be schlossen. Dennoch ist der 2. Klerustag verboten morden, und als man versuchte, in der Stille eine „Priester- zusammenknnft" nach Wien einzubcrufen, mußte der Vvr- bcreitungsausschuß mittheileu, daß auch diese Pricster- zusammcukunft nicht abgehalten würde. Damit scheint der Versuch einer volksthümlichercn und volksfrcuudlichcren Ausgestaltung römischer Kirchcnpolitik in Oesterreich be graben zu sein. Da es nunmehr erwiesen ist, das; der bisherige französische Botschafter in Petersburg, Marquis de Montc- bello, wider seinen Willen in den Ruhestand versetzt wurde, so wird begreiflicher Weise sie Frage erhoben, ob bei dem Botschafter inB e r l i n, M ar q u i s dcNvailles, der gleiche Fall vorlicgt. Nach den Angaben der natio nalistischen Presse wäre auch er unfreiwillig von seinen; Posten znrückgctrcten. Während man aber, so wird der „Münch. Allgem. Zig." hierüber aus Paris geschrieben, von Montebello weiß, das; die Minister sich durch sein und seiner Gattin selbstbewußtes Auftreten in Evmpiögne ver letzt fühlten nnd daß er die antiklerikale Politik der Re gierung mißbilligte, lag gegen den Marquis de Noaillcs nichts Derartiges vor. Die „Libertö" erklärt denn auch ein- 51.— ? 126 25 117,10 175,— 147,75 167, — 178,40 108,75 170,50 85.40 126H0 331,50 64.30 123,10 166,50 126,75 80,40 175,75 166.— 160.— Bezugs-Preis in der Hauptexpcdition oder den im Stadt bezirk nnd den Vororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung inS DauS,/L 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich ^6, sur die übrigen Lander laut Zeitungspreisliste. Auzcr'gcn-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Neclamen unter dem RedactionSstrich (1 gespalten) 75 vor den Fnmilienna-ch- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zifferusatz entsprechend hoher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Wasserfall gehen", sagte Robert. „In drcwicrtcl Stunden sind wir zurück und haben dann immer noch Zeit, hier »taffee zu trinken." Küthe stimmte begeistert ein. Sie kannte den vor geschlagenen Weg gar nicht. Aber der Name „Teufelsloch" übte einen romantischen Zauber auf sie aus. Ernst empfand diesen Zauber nicht, sondern nur einen gewaltigen Durst. Er bezeichnete cs als Wahnsinn, bei der Hitze noch mehr zu laufen, als unbedingt nöthig sei: „Außerdem sicht ein Gewitter am Himmel." „Um so klüger thun wir", entgegnete Käthe, „wenigstens diesen kleinen Spaziergang noch zu genießen, ehe wir vielleicht für den ganzen Nachmittag hier in der Bahn- hofswirthschaft einrcgncn." „Nein, am klügsten thäten wir, gleich jetzt noch cnd- giltig die Tischordnung festzustellcn. Ich habe die Liste bei mir, kann aber mit Emilie nicht einer Meinung wer den. Ueberhanpt haben wir noch so viel und Wichtiges zn besprechen über unsere Hochzeit . . ." „Ach, laß doch bei dem herrlichen Wetter endlich mal die langweilige Hochzeit aus dem Spiel", rief Küthe un geduldig. „Komm, wir gch'n zum Wasserfall." Ernst mar beleidigt. „Wenn Dich die Hochzeit langweilt, so sei versichert, daß mir der Wasserfall noch viel glcichgiltiger ist. Ich gehe nicht hin!" „Dann bleibst Du hier", antwortete Käthe noch immer scherzend. Ernst warf unwillig den Kopf zurück. Emilie aber sagte beschwichtigend: „Natürlich! Dann hat Jeder seinen Willen. Ich bc- rathe hier mit Ernst, bestelle den Kaffee, und Ihr Beide geht an Euren Wasserfall und kommt möglichst bald zurück!" Dieser Vorschlag wurde angenommen. Die Zurück bleibenden setzten sich in die Bcranda der Bahnhofswirth- schaft, nnd Robert führte Käthen dicht neben dem hoch- anfgcschütteten Bahndamm auf die Thalsohle hinunter. In dem steilen Pfad waren durch kleine Pfähle nnd senk recht dahinter genagelte schmale Bretter nothdürftigc Stufen hergestellt, deren Unbequemlichkeit wieder Käthe s ganze Heiterkeit hervorricf. Unten mündete der Weg in die schwarze Oesfnuug eines etwa zwei Meter hohen Tunnels, der einem Bächlein als Durchlaß diente» aber an dessen Rande noch Raum für einen schmalen Fußpfad ließ. Dieser Hvhlengang war das TeufelSloch. Er durchquerte in schräger Richtung den Lords, der dem Monarchen bei seinem letzten Besuche in England beigegeben war. — Wahrscheinlich ist es nicht, daß Kaiser Wilhelm für unsere Nachbarn jenseits des Eanals einen Plan habe ausarbeiten lassen, der, wenn er -urchgeführt werden, aber als nicht praktisch sich Heraus stellen sollte, in das ohnehin nicht allzu feste Gewebe der deutsch-englischen Freundschaft ein großes Loch stoßen würde. Aber jedenfalls ist es zunächst Lache der eng lischen, nicht der deutschen Presse, mit der Meldung des „Daily Expreß" sich zu beschäftigen und den schottischen Lord wegen der angeblich in seinen Händen befindlichen Abschrift interviewen zu lassen. 10s Oer Liebeshandel. Roman von Rudolf Hirsch berg-Jura. tNachrruck vrrvotkn. „Käthe hat Recht", pflichtete Robert bei. „Sogar ge stoßen und gerüttelt zu werden, thut dem Menschen wohl, wenn cs zum Vergnügen geschieht. Ich finde das ganz ualürlich. Je mehr der Wagen schleudert, und je heißer und staubiger cs darin ist, um so größer das Vergnügen." „Wenigstens darf aber dies sogenannte Vergnügen nicht länger als eine Viertelstunde dauern!" entgegnete Ernst spöttisch. „Ein längeres Vergnügen gicbt cs wohl überhaupt nicht. Fünfzehn Minuten seines Lebens hinter einander recht von Herzen vergnügt zu sein, ist schon ein seltenes Glück!" „Oho", wandte Käthe lebhaft ein, „wir wollen doch den ganzen Nachmittag unterwegs ;ein, nnd ich bitte mir aus, daß unsere, und vor Allem Deine vergnügte Stimmung bis zum späten Abend verhält, meinethalben auch darüber hinaus. Betrübt zu sein ist in froher Gesellschaft un anständig. Es gicbt nichts Rücksichtsloseres, als einen mürrischen Spielverderber." Robert ging trotz seiner pedantischen Art gern auf Käthe s mniitcrcn Ton ein und gerieth so eifrig ins Lachen und Schwatzen, das; er nicht einmal Zeit zu einer ernsten Antwort fand, als ihn Ernst mit der wichtigen Frage störte, wie die Speisefoigc des Hochzeitömahlcs zu- sammcngcstellt werden müsse. Ernst besprach diesen Punct daher mit Emilie, die neue Fragen über die Tischordnung nnd einige noch zweifelhafte Einladungen aufwarf, so daß sic viel eher in Station Kaiscrswald angclangt waren, als bei einem klaren Ergebnis; ihrer Unterhaltung. Käthe und Robert waren 'mmer vergnügter geworden und so unternehmungslustig, daß sic nach dem Verlassen des Zuges eine Abweichung vou dem ursprünglich gefaßten Plan vorschlugcn. Dieser Plan hatte sofortiges Kaffee trinken in Kaiserswald bestimmt und darauf eine mehr- stündige Wanderung durch den Wald bis zur Prinzen- n iesc, wo das Abendessen eingenommen werden und dann ans den OmnibnS zur Rückfahrt nach Kaiserswald ge wartet werden sollte. „Wir könnten erst noch durch daS Teufelsloch nach dem als sicher betrachtet werden. DaS wird der Grund gewesen sein, weshalb der Reichskanzler der Landwirthschaft gleich anfangs den Getreideminimaltarif fix und fertig entgegen gebracht bat. Man hätte erwarten dürfen, daß die Agrarier dieses außerordentliche Entgegenkommen in vollem Maße an erkennen würden. Statt dessen hatte der Bund der Land- wirthe nur Spott und Hofm für die „klägliche Un zulänglichkeit" der Regierungsvorschläge, und selbst besonnenere Vertreter der landwirthschastlichen Interessen klagten über Bevorzugung der Industrie, während dieser doch an keinem Puncte daS Privileg eines Minimal tarifs zugedacht ist. Nun unterliegt cS ja kaum einem Zweifel, daß die auf dem politischen Felde bewanderten der Zu- das viel ent- srühte Svmmerkäfcr durchsummteu die schweigende Frühlingspracht, uud Robert bemerkte spottend: „Wer in dies Paradies kommen will, muß zuvor die Schrecken des Tenfelsloches überwinden. Aber, wie Du siehst, hat uns kein Teusel darin belästigt, nnd Tn hast Dich wohl über Deine Angst beruhigt." Käthe stellte sich, als wüßte sie gar nichts mehr von ihrer Angst, und sagte: „Es ist doch wunderschön eingerichtet, daß es hier draußen so hübsch warm ist. Da drin war'ö schrecklich kalt." „Allerdings", pflichtete Robert bei. „Tas ist sehr ver nünftig, wie überhaupt Alles in der Welt. Wie gut ist's zum Beispiel, daß umgekehrt die Kntscherpetzc innen warm sind, und draußen ists kalt. Ebenso die Betten. Es wäre doch sehr unangenelnn, wenn die Vorsehung das Gegen- tleil angeordnet hätte." „Du mußt immer über Alles spotten! Das ist nicht hübsch!" „Hab' ich Dich gekränkt? Das wollt ich nicht. Im Ucbrigen aber, wenn man einen solch' unglückseligen Be ruf hat, daß man nnr von der Dummheit und der Zank sucht seiner Mitmenschen lebt, da wäre cs ja ein Wunder, nicht zilm Spötter zu werden. Nur der Spott überwindet den Ekel vor all' dem Zeug, mit dem man sich befassen muß. Pfui Teufel!" „Ach schäme Dich", tadelte Käthe mit altkluger Wichtig keit. „Ein Arzt hat's noch schlimmer. Er lebt von Krank heiten." „Den; Arzt zeigt sich der Mensch in seiner ganzen hilf losen Schwäche. Uns zeigt er sich in seiner rohesten rück sichtslosesten Selbstsucht, und die ist widerlicher als Krank- heil. Auch lebt der Arzt nicht von den Krankheiten, sondern von ihrer Heilung. Er versucht wenigstens, sie zu heilen." „Und Ihr bemüht Euch, den Menschen zu ihrem Rechte zn verhelfen! Das ist doch groß nnd erhaben!" „Zu ihrem Recht? Nm nichts, als ihren Vorthell ists den Menschen zu thun, die zn nns kommen. Das Recht soll ihnen dienen. Nicht sic dem Recht. Es wäre ja un natürlich, wcnn's anders wäre. Und ick; verhandle ihnen die brauchbare Gerechtigkeit in zweckmäßig zngcschnittcncn Stücken. Du siehst, mein erhabener Berns ist ein recht er bärmliches Handwerk. Man lernt die Menschen dabei vcr- achten nnd am meisten sich selbst!" Käthe schwieg. Es berührte sic stets unangenehm, wenn sich ihr reicher gcnußsrvher Schwager in derartigen bitteren Redensarten gefiel und dabei mit der rvohlae- 8tr»«d.! 212,25 -s Lwii-Sll 66,40 -k-snbsrtodt.) Di« »U«lltd»Idoll iv silllioitllod nn<l .llä Llsktrisvdq Haupt-Filiale Dresden: Strehlenerstrabe 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Berlin: Königgrätzerstraße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. S3S3. Bahnkörper, der hier wegen des Gütcrbahnhofs und der abzwcigenden Gleise der Kleinbahn besonders breit war, und hüllte den eindringendcn Wanderer auf eine Strecke von etwa achtzig Schritten in vollständige Finsternis;. An schönen Tagen kauerte ein zerlumpter Junge mit einer qualmenden Laterne am Eingang, um unkundigen Spa ziergängern als leuchtender Führer zn dienen und ein Nickelstück zu erwerben. Auch heute saß er da und plätscherte mit den Füßen im Bach. Sowie er die Beiden erblickte, sprang er auf, um dienstfertig vvranzugehen. Der Rechtsanwalt aber packte ihn mit furchtlosen Fingern beim schmutzigen Rockkragen, zog ihn zurück und sagte: „Nee, mein Junge, wir wollen uns von Deiner Ocl- fnnzcl nicht die Lust verstänkcrn lassen. Hier hast Dn fünfzig Pfennige. Aber sei so gut und bleib' draußen." Gleich»;üthig steckte der kleine Bursche das Geld zn sich nnd lies; seine Beine wieder vom Bachcsrand ins Wasser baumeln. Robert war schon in dem schwarzen Loch verschwunden und rief zurück: „Links läuft der Bach, also halte Dich immer ganz rechts an der Mauer nnd bleibe dicht hinter mir." Käthe folgte ihm eilig, nnd als sie mit der tastenden Hand die nassen, tropfenden Steine der Tunnelwand be rührte, schauderte sie angenehm erschreckt zusammen. Sie freute sich über ihren Muth, das unheimliche Teufelsloch zn durchschreiten. Neben ihr murmelte, in dem Gewölbe leise widcrhallend, der Vach. Sonst war nichts zu hören. Die Fußtritte verschlang der weiche Sand. Und wie cs jetzt bei einer kleinen Biegung des Tunnels ganz finster wurde, überfiel sie plötzlich eine unwiderstehliche Angst, und sie schrie laut auf. „Was ist Dir?" fragte Robert besorgt, wandte sich um und zündete ein Streichholz an. „Hast Du Dich gestoßen? Du mußt vorsichtiger sein." „Nichts!" sagte sic, ihn mit bleichem Gesicht anstarrcnd. „Ich bin nur so erschrocken, weil ... ich dachte . . . ich glaubte . . . Wir wollen weitcrgchen, daß wir bald herans kommen!" „ Robert warf das verlöschende Hölzchen in daö Wasser, nnd Käthe faßte mit erneuter Angst nach seinen Rock schößen und hielt sich daran fest, bis sie wieder unter freiem Himmel standen. Noch klopfte ihr daS Herz, aber sie athmete befreit auf, als sie den grünen, sonnen beschienenen Waldweg vor sich sah. Er führte zu dem Flüßchen, dem auch der Bach zustrebte. Nur ein vaar «er- Deutsches Reich. -V- Berlin, 10. September. (Durch die Hinter- t h ü r a b !) Ter Herr Abgeordnete Or. Lchaedler be nützt wirklich die Hinterlhür, welche ihm die Eentrums- diplvmaten in der „Köln. Bvlkszlg." durch die Wendung er öffnet haben: seine berüchtigten Worte, der Staat habe für die Arbeiter nichts als K anvnen und Steuer- zettel, sei eine Entgleisung, w e n n sie ohne Erläute rung und Einschräntnng gefallen sei. Ans diesen Wint hin erklärt jetzt der genannte bayerilche Eentrnmsfüln er, nach dem uncorrigirten Stenogramm in Mannheim Folgendes gesagt zu haben: „Mit vollen; Rechte darf ich die Frage aufwerfen: Männer, Arbeiter, wo findet Ihr wirkliche Hilfe? Vielleicht bei dem modernen Staate? Ter hat Kanonen nnd Steuerzettel, uud lange genug Hai es ge dauert und großer Anstrengungen hat eS bedürf!, genug gekostet, bis dieser Staat sich darauf besonnen har, daß er auch für das Wohl Derjenigen, die ihm angeboren, wenigstens in etwas zn sorgen habe." — Sonderbar, höchst sonderbar, daß Herr Oe. Schaedler 14 Tage gebraucht hat, agrarischen Parlamentarier die Ungewöhnlichkeit des Landwirthschaft in der Regierungsvorlage gemachten geständnisseS begreifen; sie haben nur geglaubt, durch leider schon oft bewährte Mittel des „Schreiens" noch mehr erreichen zu können. Nun, da sie sich täuscht sehen, ist guter Rath theuer. Am schlimmsten sind offenbar die C o n s e r v a t i v e n daran; die leitenden Geister des Centrums sind allem Anscheine nach be reit, sich auf die Regierungsvorlage, wenn auch unter einigen mehr decorativen Aenderungen derselben, zuriickzuzieben; aber sie möchten den Conservativen gern den Vortritt überlassen und setzen ihnen einstweilen unablässig zn, sich vom Bunde der Landwirthe loszusagen. Auf der anderen Seite giebt der Bund seinen lieben conservativen Freunden deutlich genug zu verstehen, daß er sie bei den Wahlen in der Versenkung ver schwinden lassen werde, wenn sie noch weiter zurückweichen. In dieser Bedrängniß glaubte die „Kreuzzeitung" vor einigen Tagen nichts Besseres thun zu können, als der Regierung die Nationalliberalen zu denunciren, die, indem sie sich auf den Standpunct der Regierungsvorlage stellten, nur ihre Parteizwecke zu fördern trachteten, während doch die Conservativen allein die zuverlässigen Stützen der Throne seien. UeberauS peinlich mußte also der „Kreuzztg." der ihre Pläne so grausam durchkreuzende Thronkrachartikel deö Sächsischen „Vaterland" sein. Sie Hal ihn bekanntlich scharf zurückgewiesen und eine ähnliche Zurückweisung durch den conservativen Landesverein im Königreich Sachsen wird nicht auöbleiben Werden nun aber die „Kreuzztg/ und dieser Verein auch erkennen, daß sie einen scharfen Strich zwischen sich und den extremen Agrariern macken müssen, wenn sie auS der Sackgasse heraus und das Reich nicht in Wirren versetzen wollen, deren Folgen sich gar nicht übersehen lassen? DaS Schweigen, in das die „Kreuzztg." sich gegenüber der „Deutschen Tagesztg." hüllt, obgleich diese den Artikel deö „Vaterland" sich zustimmend angeeignet, läßt leider nicht darauf schließen, daß in Preußen eine solche „reinliche Scheidung" bevorstehe. Nach einer Mittheilung des „Daily Erpreß" soll sich Kaiser Wilhelm unlängst einem Mitarbeiter des Blattes gegenüber äußerst anerkennend über die seiner Meinung nach unschützbaren Dienste ausgelassen haben, welche die Miliz während des südafrikanischen Krieges geleistet, nnd eine in sich geschlossene, von der regulären englischen Armee gesonderte Organisation der Miliz befürwortet haben. Armeecorps paßten nach Ansicht des Kaisers nicht für England, wohl aber eine selbstständige Miliz, die organisch mit dem Lande verwachsen sei. Der Kaiser habe einen Plan hierfür auf der Grundlage der österreichischen Landwehr entworfen, der von; Generalstab aus gearbeitet worden sei; eine Abschrift davon befinde sich in Händen eines schottischen, beim Kaiser sehr beliebten j-l" i»- ?!-- Ns Victoria-' plitlr- N»M- s, Uiciiar-1 t.dx«odvii<!iN. »ll-Vioo- 182,25 sr aüsr iitts lation irctiea -r xo»wlt 'aoketL Politische Tagesschau. * Leipzig, 1l. September. Ter Reichstag ist bekanntlich bis zum 12. October vertagt. Die „ausschlaggebende" Fraction, das Ecntrum, und die Ennscrvativci; haben aber das Bedürfniß empfunden, schon einen Monat früher sich zu versammeln, um sich mit ihren Vertretern in der Zolltarifcommission über die bevor stehende zweite Berathung derselben zu besprechen. DaS ist um so begreiflicher, je ungemüthlicher die Stimmung ist, in der beide Parteien sich befinden müssen und die auch unverkennbar in den Auslassungen ihrer Presse zum Ausdrucke kommt. Haben dock diese Parteien durch ihre sog. ComPromißbeschlüsse über die landwirth- sch östlichen Zölle vcn Karren gründlich verfahren. Sie haben diese Beschlüsse als die äußerste Grenze ihres Ent gegenkommens gegen den RegierungSstandpunct bezeichnet, wahrend die Regierungsvertreter sowohl im Reichstage, als auch in den Einzellandtagen die Beschlüsse für unannehm bar bezeichnet haben. Jetzt verlangt die Presse des CentrumS und der Conservativen einstimmig, daß die Regierung in der zweiten Commissionsberathung sich trotzdem jenen Beschlüssen unbequeme oder wenigstens irgend ein über die ursprüng lichen Minimalsätze hinausgehendes neues Anerbieten mache. Sie berufen sich darauf, daß eS daS Wesen des con- slitulionellen Systems verleugnen heiße, wenn der eine Factor der Gesetzgebung mit einem lioo volo, sie zudoo auftrete, daö eine „Verständigung" von vornherein auSschüeße. So plausibel das an sich ist, so spricht sich darin doch, wie der „Schwäb. Merkur" u; voller Uebereinstimmung mit unseren früheren Ausführungen nachweist, im vorliegenden Falle eine ver- hängnißvolle Verkennung der Lage auS. Die Negierung hat für ihre Vorlage allerdings ausnahmsweise eine Art Unan tastbarkeit in Anspruch genommen, jedoch nur im Puncte der Getreideminimalzölle, und daS bat seinen guten Grund. Die partielle Einführung eines Doppeltarifs in Gestalt der Bindung nach unten für die Zollsätze der vier Hauptgetreide arten ist eine so einschneidende Durchbrechung des ganzen Systems der Tarifvorlage» daß schon dadurch der leb hafteste Widerspruch hervorgerufen werden mußte. Dazu kam, Laß eine Festlegung der Minimalgrenze der Getreidezölle in einer die bisherigen vertragsmäßigen Sätze erheblich übersteigen den Höhe eine ernste Gefahr für das Zustandekommen künftiger Handelsverträge in sich schloß. Lediglich um der Landwirthschaft die Sicherheit zu bieten, daß der ihr nöthige Zollschutz wenigstens n; seinem wichtigsten Theile nicht durch Handels verträge wieder illusorisch gemacht werden könne, ist im Kreise der verbündeten Negierungen nach höchst mühevollerAusgleichung der Gegensätze ein Compromiß vereinbart worden, durch das trotz aller Bedenken die exceptiouelle Behandlung der Getreide zölle zugeftanden, zugleich aber von den verschiedensten Seiten die Bedingung ausgesprochen wurde, daß über das so ver einbarte Maß hinaus weder eine Anwendung des Doppeltarif systems, noch eine Erhöhung dec Getreideminimalsätze eintreten solle. Takuich Kälte Graf Bülow vielleicht richtiger gehandelt, wenn er den Agrariern daöZugcständniß des partiellen Minimal tarifs erst im Laufe der parlamentarischen Verhandlungen ge macht hätte. Wahrscheinlich hätte man eS dann aus landwirth- schaftlichcr Seite als große Errungenschaft bewerthet. Aber ob Las Compromiß zwischen Len verbündeten Regierungen, wenn einmal die Gegensätze auch in der parlamentarischen Arena bereits mit aller Leidenschaftlichkeit aufeinander geplatzt wären, noch zu erreichen gewesen sein würde, konnte doch keineswegs Ämtsvkatt des Hönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Notizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an tue Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. 102.30 s 87.5o 6o,üo z or1l»l»n. .vr. — 100,70 ein«, »«ritt >. Uä. D.N.(ll^(») o. 0UÄ »d« a. LlüSllt-. N.Niu. . (i«n.1,>eu OlüooivL SOL- »ibsak .tl^v.0011. -dank . Üsllll »»ÜIuNkv. ^iiuvloa r. U«mr. zra Vaoil. Osotritld. Aorriost vslt.Uv.s iLursI.I'r.I > VVoUL 147,— 110,10 , Nscüllseli 112,70 r Ki»o1N. Nv.1„-71 ir.iV»Nsi idrLa Nrsrillk. 8t- i-otN. m e. V.-L.. «Vsdsllric. zr Orub. siticUltr r Nslsk« »liiirix-p »Ullso 91o,sM>. »x.Llkali >r(1n»«8t -L.(1. 151,10 e, rrsidr. ure 8 I. . Lloiisrs »L » 7'x. , vLULll. tis llo. V8 Ssiii 103,60 W 75,10 'I 63,- I I6,20>_> I 117.50 j 17,40 W 154,00 W 45,— I 128.50 j 117,- D j (-sw j Nrisl 5630 345c — — 3150 1455c — 6/75 6850 8225 3275 — 470 . I245L 126^0 15000 » UM 1-000 1330c 134aO 12275 12425 3600 3650 — - 2300 43Sc —— 510 540 1330 1360) —- 2440 325 350 1150 2325 1450 1500 . — I500O — 84^ 335 420 4650 5025 3075 3125 4600 4750 3125 3200 100 18200 - » — 500 1800 —— 270 300 6450 2150 2200 — I 15 340 185- —— 1350 1330 1375 1500 875 610 I-VLI tS. Von
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