Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020915013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902091501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902091501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-15
- Monat1902-09
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
am. voa. edidKuc »iL. ll»ak oü»»SUZKv. 117.7! 1S.8«, E 154.SV kl 45.lc, V 428,5(, 1-1 417,L I 447.- I l 7» dlMvtOll L. Vr. Ü»u>r. ?«oU. cv. V«otr»N». »M. Aoräoit ca»v»»1d«tu» « 8 >. 3 kloo«t« «ridni-z 8 r. o 3,Koi»»t» a«rr. vsuLll. <to. itiokr» Sollt r»cd»o-Vi«v ikowor Ttwcuxtor »rokttU« looliklott«» »«oktrckoa rpsiisr >«rm» l»t-I)vo»mit md. kookotL cltit. I3arll «ort. 8tr»«d. 07,2,4) 4S/stil 85,gz I 85,05 Ij 244,30 85,45 247,05 iokte. 182,25 : V2«io 183.75 48,75 204.-, 332,3. 474O0 467,10 472,00 407,50 107,40 213,25 ««v« Loiooo SS.4u I äidor»«od«riet>r^ vi, »tot» dsi otiNow 6s- I iev«rtt>« äs» I vLcdr änred Usstisj. I is NsrUoer Ltrssssü- eplsmbsr. , ösrlta o. .Nmsornkr*. Iss.iärosk vsrkotss.' , 1 Sollt > Vrisi orisk. r«.' ! »U» . ML '. l . . cootto Odorl. absre srctrsd tlsr» . .-6. . iissst) utsrd! » . . .oUw. 3L00 44SS0 «825 3225 12^50 ssso 13200 4450 sio 1330 3S0 1170 232S 1450 385 4815 4880 3125 18200 4S5 1825 27U 9450 385 185 1340 1375 j bdOu I 3450 — 6000 3275 ' 450 126.0 45000 V.Oc.0 43320 42300 3025 2300 Ho 437o 2440 1500 15000 040 405 4860 300o 4750 320i 48- 500 300 osoo 2100 45 l7oo 4425 VOO Nsiosott. Von mrollsro slltlvLeder, temk^r. d (Woods 0,02). tVocdo v,otz. lowdoie: »ristorio- »öloclisr- »Loxcosls Viotorio" ^Ursl >VlUäsr«s«' Irrt LisworcL"- ixostosplotr: üom- c - Luuv. Liodorä opksr: »lviovtscdoo- dorlooddsresr" (42. S> 8) >o Liverpool. tsr: .volorio- (ILA /!» vou Xopsodsxso, »Somdio* <12/8- voll >»od Hamburg, »No or Wsläswor" «ILA osoiiomptsr »I-ötveo- ^llsrill" (I2/A krovls »ok Uottsräom llllä lmepoillt. >^a- in vr«io«ll «o lL in 4,»ip ri?, ill Ldooxdoi (4L0> ,8) »liioutscdoo-, ja u<is (43.Ä) »Wsimor' isod Lrsmsll. iso, liibrsitsr (14^, iscll Nsv Lortc ullä xsr klllsssokikk- »odiöxs >a Lödmell millsll, so ässs äis t. Ldellso d.lt oocd idrt, Irotr äor ver- >ll lürvllrtnoeso sot. Istrtsll Vovbs llvck lost« «ier erstso (Ze- torlceo Lezskr oocd orsoiu ill Noiodorx isotllo sedr xssookt. eios» rsodt Isddsktso a lisio rll srwsrtsll- sn, volodsr jetrt bs- Llsis-Vsrscdiitunxeo «rdst lisr Lodittkokirl lUrN«. Viosrdödtso ,'oocti ill verrtLilltem axsll r» wslltoo: L» xooroo Lodo- «t, ooed Ledövs- rdsseo 34 oocd so 33 a>, oood Lors- kör 100 de. Lins , oooäMooslloo Os- dtt «iuredsokoiMicii ooed ^k«ll 34 -d, llllä oaod vrssäso eLisepILtrsll xoltsn xotvorlislir bexiool odtssir Nir 8tUcd- »llt 45 — 50 »5 löt »lllisrso Lidplütrell odiSsro im esoreu liir, lisr vsrsocisltsll zr srdvdt, es virä 1-üdsoic oos stsllso »mdare- 4>is Vsr- »dsotolls Isddskksr, trt »sdr dsliootellli. so. t'ilr tlsssellLut O'olb» 33 »5, oocd k-0 kür 100 Ke. otsprsodoock ködsrs d siet» <i», 6sock»lt üvol» ksdso iwmsr- >. Osr t'rocktootr kckloppso »tsilk« tiir 100 kx dsi (« vsoiesr. ^ocd k>aodteo stvs» vsiiioll jstrt 58 di» isrlovxt: kür 8türk- ' eeeodsll. llsmds» Nir l-srerkLdvs «m ist ror Lioloxoruvr >ot ii c.v<t lür <isll lulle lies Lrscktso- 'ss^rstslllisvsrkslt. ^ussivktoll Nir <il» l iur >Iis llsodstso lladorx rll rscdosn tsdrk -cdoll xsxso- BezugS.Prei- k» der Hauptekpedttto» oder de» t» Stadt bezirk and de, Vororte» errichtete» Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.KV, — zweimaliger täglicher 8»-«ll»»> in» HauS SSO. Durch di« Post bezöge» für Deutschland «. Oesterreich vierteljährlich ^ssS, für die übrige» Länder last geitmigSpretSltste. Ne-artton «n- Erpedittonr JohanntSgaffe 8. Fernsprecher ISS und SSL LUi«levp«>ttt»»-» 4 Alfred Hahn, vnchhmrdlg, Untverfitüt«str.ö, L Lisch«, tkatharinesstr. IS» », KünigSpt. Haupi-Filiale Vre-Le«: Etrehlenerstraß« S. Fernsprecher Amt l Nr. INS, Haupt-Filiale Lerlin: SSniggrätzerstraß« ltü. Fernsprecher Ä orl VI Nr. SS VA. Str. M. Morgen-Ausgabe. rMMrIaMalt Anzeiger. ÄmLsölatt -es Königlichen Land- und Ämtsgerichkes Leipzig, -es Mathes und Volüei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Auzekgett-PreiS die 6gespaltene Petitzeile LL -9». Necla men unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 vor den FamUtenaach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Stachweisuiigen und Ofsertenanuahme L5 H (excl. Porto). brlra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Mvrgeu-Ausaabe, ohne Postbes0rderung 50.—, mit Poftbesordermlg ^l 70.—,. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gaber vormittags 10 Uhr. Morg«»-SuSgab«: Nachmittags 4 Uhr. Anzeige« stad stet- an die Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöjjuet voa (rüh 8 biS Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polj i» Leipzig. Montag den 13. September 1902. 88. Jahrgang. Auf Fröbel's Spuren. Bon Richard Degen. Nachdruck vlrbotn,. WaS Friedrich Fröbel und die Kindergärten für das Erziehungswesen bedeuten, das wird nicht nur in Deutsch land, sondern in fast allen Culturstaaten jetzt mehr und mehr anerkannt. Unzählige nennen heute den Namen des großen Kinderfreundes mit Dankbarkeit und Bcr- ehinng, viele Tausende bekennen sich mit Stolz zu dem lange Verachteten und reichen sich die Hände zu gemein samer Wirksamkeit in seinem Geiste. Diesseits und jen seits -es Oceans wird eifrig und erfolgreich an der Er ziehung der Unmündigen nach Fröbel's Ideen gearbeitet, eine stattliche Anzahl von selbstständigen größeren Werken und von Zeitschriften in verschiedenen Sprachen dienen der Verbreitung dieser Ideen. Im ganzen Deutschland und weit über seine Grenzen hinaus wurde am 21. Juni Friedrich Fröbel's gedacht — ein halbes Jahrhundert war an diesem Tage vergangen, daß er zu Marienthal sein an Arbeit und Mühe so reiches Leben beschlossen hat. Eines aber wurde in der allge meinen Freude fast vergessen und nur ganz im Vorüber gehen da und dort einmal beiläufig erwähnt — das kleine Dörfchen Kcilhau im Rudolstädtischen, in dem Fröbel mit seinen drei Freunden sein erstes Erziehungswerk be gründete, mit Middendorf, Langethal und Barop. Die vielen alten und jungen Schüler -er Keilhauer Anstalt haben es sich allerdings nicht nehmen lassen, dank bar zurtickzubltcken nach der Stätte, da sie manches Jahr ihrer Ingen- verbracht, da sie in Gottes freier Natur sich tummeln konnten, Feld und Wald durchstreiften auf mancher frohen Wanderfahrt, wenn die Arbeit gethan war. Der Bund ehemaliger Keilhauer hat unter dem Titel „Keilhan in Wort und Bild" *) ein prächtiges Werk herauS- gcgeben, das nicht nur für Jeden, der diesen herrlichen Fleck Erde kennt oder selbst dort seine Erziehung genossen hat, eine willkommene Gabe ist, dies Buch verdient auch allgemein weiteste Verbreitung, weil es ein Zeuge ist -er segensreichen Wirksamkeit eines Fröbel und durch die an regende Art seiner Darstellung das persönliche Mitwirken einer ganzen Reihe ehemaliger Schüler und Lehrer, wie die zahlreichen Illustrationen cs Jedermann lieb und werth und zu einer Zierde jeder Bibliothek macht. Wir nehmen darum gern die Gelegenheit wahr, an der Hand -es treff- lichen Buches weiteren Kreisen etwas zu berichten über den Geist, der noch heute in gleicher Frische und Lebendig leit, wie zu des Meisters und seines Freundes und Mit streiters Barop Zeiten die Schöpfung Fröbel's durchzieht. Denn sie sind in der That nicht zu trennen: Barop ist nicht denkbar ohne Fröbel und Keilhau, und Keilhau wiederum, irnd in gewissem Sinne auch Fröbel's letztes Lebenswcrk, der Kindergarten, nicht ohne Barop. Un wenn wir, nachdem in dieser letzten Zett so viel und oft Fröbel's gedacht wurde, heute seiner Schöpfung gedenken und bei Barop und Keilhau verweilen, so glauben wir, der großen Gemeinde seiner Freunde und Verehrer einen willkommenen Dienst zu erweisen. Denn wenn auch im Laufe der Jahre manches sich geändert hat, so ist doch die tteilhauer Anstalt eine blühende Stätte der Jügendbildung und Erziehung, und wenn man den Meister ehren will, darf auch seiner Schöpfung in dem stillen Thale nicht ver gessen werden. Als sich die Lebenswege Fröbel's und Barop's in -em wenige Jahre zuvor gegründeten Keilhau zum ersten Male *) Keilhau in Wort und Bild. Geschildert von Lehrern, Schülern und Freunden KcilhauS. Herausgegebcn vom Bunde ehemaliger Keilhauer. Leipzig 1902. berührten, war Fröbel 41, Barop 21 Jahre alt. Wer da mals der Gebende und wer der Empfangende war, ist an sich klar. Zehn Jahre später legte Fröbel sein Werk in Barop'S Hände und überließ ihm Keilhau, um selbst andere Wege einzuschlagen. Unter Barop's Leitung hat die Anstalt sich von Neuem gekräftigt und immer selbst, ständiger entwickelt. Aber stets galt sie ihm als ein von Fröbel anvertrautes Gut, das er in dessen Geilte zu ver walten bemüht war. Für diesen wiederum blieb Keilhau der Ruhe- und Stützpunct seines Lebens. Auch als Fröbel starb und Keilhau in den Besitz Barop's überging, änderte sich nichts im Wesen der Anstalt, nnd was Barop als Jüng ling und Mann für wahr erkannt hatte, daran hielt er auch als Greis fest. So hat sich das Streben und Wirken der beiden Männer innig durchdrungen, nnd aus dieser Vereinigung ist die Eigenart Kcilhaus hervorgegangen. Die Schriften Fröbel's lassen uns einen tiefen Blick thnn in das frische, thätige Leben, das in der jungen An stalt trotz äußeren Druckes und mancher Sorgen wohnte. Auch außerhalb fanden sie mehr und mehr Beachtung, ob wohl Fröbel's Schreibweise nicht eben leicht verständlich und volksthümlich war. Der Philosoph Krause in Göttingeil äußerte sich öffentlich in anerkennendster Weise über Frö bel's Schriften. Noch günstiger war der Bericht, den der Generalsuperintendcnt Reh in Rudolstadt nach einem zwei maligen Besuche im Auftrage des fürstlichen Ministeriums über die Anstalt selbst erstattete. Er rühmt darin den reinen, uneigennützigen Eifer der Erzieher und den lebenskräftigen, freien und doch geregelten Geist unter den Zöglingen. „Was das Leben in seiner wirklichen Gestal tung nie und nirgends darstcllt, findet man hier, eine innig geeinte, in ruhigem Einverständnis; lebende Familie von wenigstens 60 Gliedern, denen man ansicht, daß sie gerne thun, was sie nach ihrer höchst verschiedenen Stellung zu thun haben, eine Familie, in der, weil das starke Band des Vertrauens sie umschlingt und jedes Glied zum Ganzen strebt, in Lust und Liebe Alles wie von selbst gedeiht." Im Spiel der Knaben hat ihm die fröhliche Regsamkeit und der frische Wetteifer, der freie, aber nie ungezogene oder rohe Ton sehr gefallen. „Die Knaben lenken, verweisen, strafen, erziehen und bilden sich selbst, ohne cs zu wissen, krrch die vielseitigste Anregung, sowie durch die gegen seitige Beschränkung." Im Unterricht fand ?r Freude und reges Streben. „Der Zweck ist keineswegs Wißen und Wissenschaft, sondern freie, selbstthätige Bildung -es Geistes von innen heraus. Wahre Aufklärung und echte Religiosität sind die Ziele dieser Erziehung, welche den ganzen Menschen in jedem Zöglinge so entwickeln will, daß er sich aus sich selbst heraus entfalte und im heiteren Be wußtsein der ihm verliehenen Kraft werde, was er nach dem Maße derselben werden kann." Am Schlüße des sehr ausführlichen Berichtes heißt es: „So betrachtet, ist die Anstalt ein rechtes Gymnasium, denn Alles, was getrieben wird, ist wahre Gymnastik des Geistes. Heil den Kindern: welche hier vom sechsten Jahre ab gebildet werden!" Er wünscht seinem Vaterlande Glück, in seinem Gebiete eine Anstalt zu besitzen, die schon in ihrer jetzigen Entwickelung sich mit den besten in der Nähe und Ferne messen könne, und glaubt, daß ihr „vielleicht schon nach fünf Jahren Deutschlands Grenzen zu eng sein werden". Fast täglich kamen Besucher, die die neue Anstalt kennen lernen wollten, und die meisten fühlten sich mächtig an gezogen. Die Schülerzahl hatte bis zum Jahre 1825 ständig zugenommen, so daß cs in dem Haupthause, das nur auf 24 Schüler berechnet war, an Platz mangelte. Deshalb wurde in diesem Jahre ein Anbau ausgeführt, der einen großen Saal nnd einige kleinere Zimmer enthielt. Auch dieser Bau in seinen gefälligen Matzen mit dem von zwei Säulen getragenen Portal nach dem Garten hinaus machte einen freundlichen Eindruck, der durch den Schmuck von Blumen, besonders Lilien, noch erhöht wurde. Tic Blumen liebten die Keilhaucr fast andächtig, und eine sinnige Blumenspcnde war ihnen zu Festen und Geburtstagen das liebste Geschenk. Sie verstanden, diese Feste ohne äußeren Aufwand, doch höchst wirkungsvoll zu feiern, Jeder nahm eben innigen Anthcil an dem, was den Anderen bewegte. Alle bedienten sich des brüderlichen „Tu", das hatte Fröbel am Himmclfahrtstage 182-r so bestimmt. Die Jünglinge wurden mit ihrem Vornamen angcrcdet, und wenn der selbe Vorname mehrmals vertreten war, mußten sie sich auch gefallen lassen, umgetauft zu werden. Das Leben in der Anstalt nm das Jahr 1850 hat Georg Ebers in seiner Selbstbiographie unübertrefflich geschildert. Mit der Anschaulichkeit des Dichters zeichnet er die Per sonen und den Schauplatz, zuletzt giebt er auch ein Bild von der Entwickelung Keilhaus mit liebevoller Versenkung in die treibenden Ideen. Unter seinen Lehrern gedenkt er neben Middendorf nnd Barop mit besonderer Liebe Hein rich Langcthal's, der gerade jetzt, nach langer Trennung, dem Keilhauer Kreise wieder näher getreten war. Das griechische Wort, das dieser ilnn zum Abschiede ins Stamm buch schrieb, und welches bedeutete: „Wahr sein in Liebe", hat er als Leitwort der ganzen Darstellung seines Lebens vvrangcstcllt. Später trat Langcthal in einen ausgedehnten Wirkungskreis als Vorsteher einer höheren Töchterschule nnd eines Lehrerinnenseminars zu Vern. Damit trennte er sich von dem Kreise Fröbel's, er that es nach heftigem inneren Kampfe aus religiösen Gründen und in dem Streben nach größerer Selbstständigkeit. Fröbel aber hat ihm diesen Schritt nie verziehen, er hätte so gerne Lange- thal's bewährte Kraft in den Dienst des inzwischen be gründeten Kindergartens gestellt. Die Freunde haben sich nie wicdergesehen. Auch mehrere andere Lehrer erwähnt Ebers, so den poetisch veranlagten Bagge (gestorben als Pfarrer in Niederfüllbach bei Coburg), den vorzüglichen Mathematiker Dr. Hoppe, dem bei seiner Schüchternheit von der übermüthigcn Jugend mancher Streich gespielt wurde. Lange Zeit waren an der Anstalt auch I)r. Schaffner nnd vr. Büttstedt thätig, beides hervorragende Menschen nnd tüchtige Pädagogen. Die Zöglinge, die von so vielfach beanlagten, trefflichen Männern bcrangebildet wurden, gediehen körperlich und geistig ans das Beste. Die gesunde Lebensweise, die ge regelte Thütigkeit, die nahrhafte Kost verhalfen auch manchem Schwächling oder verzärtelten Muttersöhnchen zu dauernder Gesundheit. Einfach und sparsam war der ganze Zuschnitt des Lebens, sowohl der Zöglinge, wie der Fami lien und Lehrer, welche die Kost mit ihnen völlig theilten. Die Zahl der Zöglinge war stündig gewachsen und bis über 60 gestiegen. Zwar wurden sie jetzt nicht mehr ausschließ lich mit dem Vornamen angerufen, aber noch herrschte das vertrauliche Du zwischen ihnen nnd Barop und einigen anderen Lehrern, der familiäre, herzliche Ton hatte durch die größere Anzahl nicht gelitten. Besonders ans West falen, der Heimath Barop's, kamen eine große Zahl. Aber auch fast alle anderen Länder des deutschen Vaterlandes, die Schweiz, die Niederlande, England, Frankreich, Ruß land, Amerika, waren vertreten, und aus Böhmen und Oesterreich finden wir eine ganze Anzahl Knaben in der Anstalt. Der Grundcharaktcr war jedenfalls deutsch, un gewiß darf Kcilhau auch das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, -atz cs an einem kleinen Thcile zur Einigung der deutschen Stämme mit beigetragcn hat. Weitaus die meisten Zöglinge stammen aus bürgerlichen Häusern, doch findet sich auch aus adeligen Familien eine nicht geringe Zahl, die selbstverständlich in keiner Weise etwas vor den Anderen voraus hatten. Mit lebhafter Thcilnahmc ver folgte Barop auch nach dem Weggänge der Zöglinge ihre weitere Entwickelung im bürgerlichen Leben nnd Berus. Eine große Zahl von Briefen, in denen seine früheren Schüler ihm aus ihrem Leben berichten, bezeugt dies. Tie Meisten erwählten einen praktischen Beruf und wurden tüchtige Kaufleute, Fabriklciter, Landwirtyc, Ingenieure nnd Architekten, Mehrere auch Osficiere, Aerzte und Beamte, auch einige Parlamentarier finden sich unter ihnen, und Manche haben sich als Gelehrte nnd Schrift steller Ehre und Ruhm erworben. In immer weiterem Kreise erwarb sich die Anstalt Anerkennung nnd Vertrauen. Bei der Jubelfeier der Universität Jena wurde Barop's Thütigkeit auch von den gelehrten Kreisen durch die Er nennung zum Ehrendvctor anerkannt. Unvergeßlich war der Eindruck, den der Tircctor Barop selbst ans den Be suchenden machte. Dem eigenen Zauber seiner Persönlich keit vermochte sich Nieman- so leicht zu entziehen. Von imposantem Körperbau — er überragte den gewöhnlichen Mittelschlag seiner Mitmenschen wohl um eines Hauptes Länge — erschien er fast wie eine der gewaltigen Gestalten längst entschwundener Zeit. Eine Fülle gänzlich ergrauter Haare, nach alter Sitte lang herabsallcnd, und ein schnee weißer Bart umrahmten das männlich schöne Gesicht, dessen durchgeistigte, ideale Züge von dem Ringen nnd Kümpfen vergangener Jahre, aber auch von endlichem Siege Zeug- niß ablegten. Prägte sich in den Linien des Mundes Entschlossenheit uns Energie aus, welche von einem Vor haben nicht wieder abläßt, ehe das Ziel erreicht ist, so leuchtete ans dem Glanze der Augen gewinnende Milde und Herzensgütc, von denen sein ganzes Leben den Beweis geliefert hat. So wunderbar war das Gemisch beider Eharakterzüge, daß er stets volle Autorität genoß, ohne sie zu fordern, und daß gleichzeitig Alle, die mit ihm in Be rührung kamen, sich wie mit magischer Gewalt zu ihm hin gezogen fühlten. Zeigte sich dieses schon im Verkehre mit Erwachsenen, wieviel mehr im Umgänge mit der Jugend, deren unbegrenztes Vertrauen und hingehende Verehrung er von jeher mehr als ein Anderer aus den Fröbel'schen Kreisen genossen hat. Es war, als wenn die Vorsehung selbst ihn zum Pädagogen habe stempeln wollen, indem sie ihm die Charatteranlage dazu mit auf den Weg gab. — Bei der Vielseitigkeit seiner Kenntnisse — er hatte sich in fast allen Zweigen menschlichen Wissens nmgethan, nicht ohne darin als Feind jeder Oberflächlichkeit zn bestimmtem Abschlüsse zu gelangen —, nnd bei der mannigfachen Aus dehnung seiner Reisen, auf denen er halb Europa kennen gelernt hatte, konnte die Unterhaltung mit ihm nicht anders, als äußerst anregend sein. Dennoch war er keine eigentlich mittkeilsamc Natur. In -en langen Jahren, in denen er in Keilhau fast nur auf sich selbst angewiesen war, mochte er gelernt haben, in sich zu verschließen und mit sich allein durchzukämpfen, was ihn bewegte. Im Ge spräche mit Fremden liebte er es, aufmerksam, aber schwei gend nnd wohl mit halb geschlossenen Augen der Debatte zu folgen und erst am Schlüße derselben seine Ansicht auszusprechen, die dann stets den Nagel auf den Kopf traf. Nur bisweilen, zur guten Stunde nnd im Kreise ver trauter Freunde, vermochte er cs über sich, sich völlig rück haltlos hinzugeben und einen Blick thun zu laßen in die reichen Schätze seines Geistes und seines Gemüthes. Dann, ivie wenn er nun der eincngcndcn Fesseln ledig wäre, schwoll der Fluß seiner Rede zum mächtigen, Alles mit sich fortrcitzendcu Strome und zeugte von seltener Begabung, die übrigens auch bei den vielfachen Ansprachen, welche seine Stellung mit sich brachten, ihren Eindruck nie verfehlt hat. Obwohl Barop den Kamps für seine tiefbcgründeten llebcrzeugungen nicht scheute, liebte er es doch nicht, mit seiner Meinung auf den Markt zu treten. Im Schweigen und Thun suchte er nach Pestalozzi s schönem Wort seine Lebensaufgabe zu lösen. Eine Genugtbuung aber würde cs ihm sein, zu sehen, daß die ErzichungSgrundsätze, die er vertrat nnd in Keilhau durchführte, heute mehr und mehr allgemein anerkannt oder wieder anerkannt sind. Feuilleton. Ver letzte Dauphin der Bourbonen. Von Fcdorv. Köppen. Nachdruck vertotrn. Nirgends ist -ie Historik so abhängig von -er Tages politik und den herrschenden Strömungen wie in Frank reich. Während sich in anderen Ländern eine über den Parteien stehende Geschichtsschreibung bereits des vorigen Jahrhunderts bemächtigt hat, darf man in Frankreich taum über die RevolutivnSperiode von 1789 hinausgehen, will man nicht inmitten hübscher Anläufe zu fesselnden nnd quellenmäßigen Darstellungen die überflüssigen Herzensergüsse eines grollenden Royalisten, eines enthu- siasmirten Republikaners oder eines chauvinistischen Revanchepolitikers hören. Ntan muß mit dieser Eigen- thümlichkeit der französischen Historik rechnen; sie ent springt theils aus dem Charakter des Volkes, theils aus dem Mangel einer stetigen politischen Erziehung, ohne welche eine objektive Geschichtschreibung sich nicht be haupten kann. Die letztere spiegelt wieder, -ab Schreibende nnd Lesende oder ihre Vorfahren bald Bonapartisten, bald Orleanisten oder Republikaner, bald Papsttreue, bald Freidenker sein mußten. Deshalb hat sich auch nirgends so anspruchsvoll wie in Frankreich die Stiefschwester der Geschichtschreibung, die Zeitungsliteratur, Geltung ver- sclmfft. Vor dieser Art voreiliger GeschichtSmacheret hebt Klio warnend den Finger, und wir folgen ihrer Weisung, indem wir an den Ereignissen des TageS vorüber auf vergangene Jahrhunderte -urückblicken. Ueber das unglückliche und unschuldige Opfer de» Revolution, den jungen Dauphin Ludwig XVH., waren bis vor Kurzem nur zwei Publikationen erschienen, welche in der historischen Welt Aufsehen erregten. Eine spätere Untersuchung, welche König Ludwig XVIII. über das Endschicksal seines Neffen, des Dauphins, an ordnete, erstreckte sich auf Verhöre aller noch lebenden Per sonen, welche um den Dauphin gewesen waren. Man fand noch den letzten Kammerdiener desselben, sowie zwei seiner letzten Wächter und eine barmherzige Schwester auf, welche die Frau des Schusters Simon, des Pflegers -es Dauphins während seiner Gefangenschaft im Templc, bis zu ihrem Tode im Hospital gepflegt und von ihr mancherlei Einzelheiten über ihren Mann und dessen Mission bei dem Prinzen gehört hatte. Während die Ge schichtschreiber, welche vengleichen Gegenstand behandeln, gewöhnlich behaupten, daß der Schuster Simon in den Temple geschickt worden sei, um durch die Mißhandlung des Dauphins das Ende seines Lebens so schnell wie mög lich herbetzuführen, muß nach diesen neueren Unter suchungen als. sicher gelten, daß Simon nur der Spion war, -er aus dem jungen Prinzen Geständnisse hervor locken sollte, welche in dem Proceffc der Königin Marie Antoinette als gravircnd zn verwerthen seien. Daß er alle Mittel der Rohheit dazu anwandte, ivar bei einem solchen Menschen nicht anders zu erwarten. Seit dem Juli des Jahres 1793 war der Prinz, ein achtjähriger Knabe, von seiner Mutter im Gcfängniß getrennt worden und gänzlicher Vernachlässigung preisgegeben. Der Sproß und Erbe einer Dynastie von Königen, die ein Jahrtausend alt war und deren Namen und Banner das edelste französische Blut begeistert hattem mußte hier im Gefängnisse die Arbeiten eines geringen Dieners in HauS und Küche verrichten, er mußte revolutionäre und obscöne Lieder singen, mußte sich betrinken, und endlich wurde dem durch diese Martern physisch und moralisch zu Grunde gerichteten Kinde das Geständniß, welches cS dem Spione freiwillig abzulegen sich weigerte, von diesem dicttrt. Am 14. Oktober 1794 erschien nach einer von Miß handlungen aller Art erfüllten achtwöchigen Haft die Königin vor -en Schranken des RevolutionstribunalS. Sie erschien in zerlumptem Kleide, mit ergrautem Haare, aber in so ruhiger Würde und leuchtender Resignation, daß selbst das Publicum dieses Tribunals sich der Ehr furcht und -es Mitleides nicht erwehrte. Während die mit den widerlichsten und widersprechendsten Verdäch- tigungen gemeiner Seelen gefüllte Anklage vorgelescn wurde, beharrte die Königin bet schweigender Entrüstung. Zur Antwort aufgefordert, rief sie mit halbcrsttckter Stimme: „Sine Mutter kann auf solche Dinge nichts ent. gcgnen, ich rufe jede Mutter an, die etwa hier anwesend ist." — — Ein tiefes Murren ging Lurch den Saal, und die Richter wagten keine weitere Frage. Das Schluß- urtheil verstand sich von selbst, am 10. Octvber fiel das Haupt der Königin auf dem Blutgerüst — ein unauslösch liches Schmachbrandmal für die französische Nation. Das Dasein des jungen Dauphins war seit jener furchtbaren Nacht iim Juli 1794), in welcher der Sohn aus den Armen der Mutter gerissen wurde, eine Kette der empörendste« Mißhandlungen und Qualen gewesen. Der Schuster Simvu, welcher dem Knaben zum Hüter gesetzt war, hatte — wie H. v. Sybel in seiner Geschichte der Revolutionszeit sagt — „keinen anderen Gedanken, als den jungen Prinzen zu einem schmutzigen Sansculotten zu machen und ihn nebenbei alle Sünden des königlichen Despotismus entgelten zn lassen". Die einzelnen von Simon'S Fran oder anderen Augenzeugen berichteten Scencn sind herzzerschneidcnd. Einmal wurde Simon in der Nacht erweckt und hörte, daß das Kind im Bette kniend betete. „Ich will Dich lehren", schrie er, „Deine Paternoster zu flennen", gvtz ihm einen Kübel eisig kaltes Wasser über den Leib und das Lager und zwang ihn unter Schlägen mit einem eiscnbeschlagencn Schuh, den Rest der Winternacht in dem naßkalten Bette zuznbringcn. Ge raume Zeit setzte der Kuabe seinem Henker einen Wider stand von wunderbarer Ausdauer und Gcistesklarhcit ent gegen, erduldete alle Quälereien mit stillem Weinen und unterdrückte sein Stöhnen, damit seine Mutter cs nicht höre und deshalb bctrübtwerde. Endlich war seine physische Kraft erschöpft, er verharrte hartnäckig schweigend und niedergeschlagenen Blickes, ohne Wort noch Regung, mit welcher Brutalität ihn sein Peiniger auch treffen mochte. Im Januar 1794 verliest Simon den Temple, um als Mit glied des Stadtrathes revolutionäre Politik zu treiben und am 9. Thermidor auf Nobespicrrc's Schaffst zu enden. Das Loos des Gefangenen im Templc wurde aber damit nur verschlimmert. Der Stadtrath ließ ihn in eine kleine Zelle sperren, in welcher er volle sechs Monate ein sam im tiefsten Abgründe des Elends ausharrcn musttc. Durch ein Gitter in der Thür schob man ihm einmal am Tage seine Nahrung zu, ein kleines Stück Fleisch, Brod und Waßer. Er sah keinen Menschen, erhielt kein Wasser zum Waschen, keinen Wechsel der Kleidung oder des Lagers. Und dieses wohlüberlegte, langsame Hinmorden vollzog sich sechs Monate hindurch an einem unglück lichen, liebenswürdigen Kinde, dessen einzige Schuld seine Abstammung war. Nach -cm Sturze und der Hinrichtung Robcspierre s besuchten Mitglieder der Nationalversamm lung den Temple, die mit der Verwahrlosung und Ver kümmerung des Dauphins Mitleid bezeugten und eine bessere Ylchandlung empfahlen. Einige Zeit darauf, am 19. Dccember 1794, besuchten die Mitglieder des Sicher- h c i t ö a u s s ch u s s c s in Begleitung einiger Deputirten den Temple in der Absicht, die Lage des Prinzen zn er kunden, wozu der Umstand Veranlassung gegeben haben sollte, das; die Regierung, wie sie sagten, „zu spät" — von dem üblen Stande seiner Gesundheit unterrichtet worden sei. Ihr Eintreten machte nicht den mindesten Eindruck auf ihn. Auf die freundlichsten Fragen, die an ihn ge richtet wurden, gab er mit keinem Wort oder Zeichen Ant wort, während er die Fragenden mit dem gespanntesten Blicke der Aufmerksamkeit ausah. Erst als man dickst an ihn herantrat nnd in stärkerem, fast befehlendem Tone das Vvrzeigen -^r Hände und Füße verlangte, that er's. Man fand an den Ellenbogen, Handgelenken und Knien Anschwellungen, die jedoch nicht schmcrzhast schienen, den Rumpf sehr kurz, die Brust erhaben, die Schultern dünn und zusannnengezogcu, den Kopf sehr schön, den Teint hell, aber farblos, die Haare lang und schön, Wohlgestalten, hellkastanienbrann. Eine Antwort, auch nur ein Zeichen des Verstellens war schlechterdings von istm nicht zn er langen. Man dachte aber nicht daran, dieses Schweigen einer geistigen oder vstnsischen Schwäche znznschrciben, man führte dasselbe vielmehr auf einen entschiedenen Witten des Prinzen zurück, den er von dem Augenblicke an ge faßt habe, als er von Simon gezwungen worden, jene schändliche Aussage gegen seine Mutter zn machen. Je mehr die eigentlichen Leiter der Revolution sich für die Schicksale des Dauphins zu interessiren begannen, desto dunkler und räthselhaftcr erscheint uns dieser, ja, cS wird uns zweifelhaft, ob der gefangene Knabe im Temple wirk lich noch der Sohn des Ludwig Capet sei. So märe auch die Aussage der Fran des Schusters Simon gegen die barmherzige Schwester im Hospital zu erklären, wonach der Dauphin von der Negierung geflüchtet nnd an seiner Statt ein anderes, schwachsinniges Kind, dessen Tod man bald erwartete, untergeschoben worden sei; doch kommt bei dieser Frau auch in Betracht, das; sie durch ihre Aussage sich vielleicht von dem Verdacht reinigen wollte, den Dauphin zu Tode gemartert zu haben.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite