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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020916016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902091601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902091601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-16
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Vezrrg-.Vrei- M d«r Hcm-trxprditto» »d«r d« t» Stadt» Ne-artt»» rmd LrreöMg«: 2»ß»Mt»^ss» S. D«e>lspwchM 15» m>» »»» FUtq»— AI^edHahv, Guchhandlg, llniversiüiisstr. s, L LLfch«, Laiharvmiftr. 1< >. KöRg-pl. 7. täglicher Durch di« sttrdt»üd«ig«LS»d«rlaM H«pt-Fttig1r Vrerde«: ^^kE^lEKEL^k^G Ferssprecher L«t l Nr» »71L Hrupt-Mtale Serli»; Kö«iggrütz«rstraß* N6. Fenrspercher Avü VI Nr. 3SM Morgen-Ausgabe. Äp)igtrTagel>laN Anzeiger. ÄmtsAatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes «nd Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. An zeigen «Preis die 6gespaltene Petitzeile LS H. Reela««v unter d«« AedaetionSstrich (»gespalten) 75 vor den FamUiennach- richte» («gespalten) 50 H. Tabellarischer uud Ktssernsatz entsprechend höher. — Sebübrr» für Nachweisungen und Offertenannahm» LS (excl. Porto). Extra»Vellage» (gefalzt a»r mit der Marge»-Ausgabe, oha« Postbefördenmg ^tl SS.—, mit PostbesSrderuug 7V.—, Runahmeschinß für Äuzeigeu: Lb«»d-A»sgabe: vormittag» LS Uhr. Msrg«»-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» au dw Expedition »u richte». Di« Srprditiou Ist Wochentaasmulnterbrocheu geöffnet voa früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck uud Verla- von «. Pol» t» Leipzig. Nu 471. Dienstag den 16. September 1902. 96. Jahrgang. Ver englisch-russische Gegensatz au der Grenze Persiens und Leludschisians. V. 8. In den letzten Monaten haben die Engländer mit größerem Erfolge in Asien gearbeitet, als man es nach ihren vielen Niederlagen mährend des BoerenkrtegeS überhaupt für möglich gehalten hätte. In China haben sie im Verein mit Japan den Widerstand gegen Rußland entfacht und eine dem Zarenreiche ungünstige Fassung de» Mandschureivertragcs bewirkt. In Korea sind die Engländer ebenfalls thätig, den russischen Einfluß mehr und mehr zurückzuürängen, und wie es scheint, ist ihre Thätigkett auch hier nicht ganz umsonst gewesen. Ruß lands Ansehen ist zwar heute im fernen Osten noch immer groß, und seine Stimme gilt bet den dortigen Völkern noch immer viel, aber es hat fedenfalls erfahren müssen, daß andere Staaten und Regierungen am Gelben und Japanischen Meere ebenfalls ein entscheidendes Wort mit- zureden haben. Neuerdings machen, nach Allem, was man hört, die Engländer ungewöhnlich große Anstrengungen, um sich auch in Persien dauernd fcstzufetzen. Der Norden des Landes ist ihnen freilich durch die Russen versperrt, aber um so wirksamer suchen sie im Süden durch ihren Handel und ähnliche Unternehmungen vorzudringen. Eine Stärkung ihrer Position Persien gegenüber erreichten die Engländer, als sie im Jahre 1806 einen Vertrag mit dem Khan von Kelat abschlossen, durch den ihnen die Ver waltung des Nuschki-GcbieteS für „ewige Zeiten" über- geben wurde. Die nächste Folge dieses wichtigen Ab kommens war die Anlage einer neuen Karawanenstraße von Quetta über Nuschkt bis nach Kerman, im Innern SüdpersienS, welche vor einem Jahre in Gegenwart von Vertretern der persischen und der englischen Regierung in feierlicher Weise eröffnet wurde. Es erwies sich bald, -aß mit der Straße einem dringenden Bodürfniß abgeholfen worden war. Der Um- satz der Maaren, welche auf ihr befördert wurden, er- reichte in Kurzem eine ungeahnte Höhe, und -er Ver- kehr ist in ständigem Wachsthum begriffen. Es war des- -alb keineswegs erstaunlich, -aß kurze Zeit nach -er Ver- kehrSübergabe vielfach dem Wunsche Ausdruck gegeben wurde, cs möge die erwähnte Karawanenstraße einem besseren und bequemeren Verkehrsmittel Platz machen. Der Gedanke einer Eisenbahn von Quetta bis Nuschkt und weiter bis an die persische Grenze wurde in den eng lischen Blättern viel erörtert, und er soll jetzt wirklich, theilweise wenigstens, Thatsache werben. Der Bau einer Linie von Quetta nach Nuschki ist vom Staatssekretär für Indien beschlossen worben, und nächstens bereits wirb mit den Arbeiten begonnen werden. Es ist begreiflich, -aß diese Thatsache in Petersburg nicht geringe Erregung verursacht hat; nun ist es Allen offenbar geworden, daß die Engländer von Bcludschistan unaufhaltsam nach Persien vorrückcn und mehr und mehr die südlichen Theile des Reiches -es Schahs zu umspinnen suchen. Niemand glaubt, daß cS mit -er einen Linie Quetta-Siuschkt sein Bewenden haben wird; eine Fort- führung ist nur eine Frage der Zeit, uyd das schließliche Ende wird vermuthlich im Innern Persiens zu suchen sein. Einstweilen freilich ist an eine weitere Strecke bi- Kerman, dem Ende der Karawanenstraße, nicht zu denken. Noch besteht das Rußland ertheilte Eisenbahnmonopol, welches bekanntlich fremde Staaten von größeren Ber kehrsanlagen in Persien ausschlteßt. Aber bis an die Grenze -eS Geistan-GebicteS wird man den Engländern die Errichtung eines Schienenweges nicht verwehren können». Das ist übrigens auch genügend, um die Be» sorgniß der Ruffen zu rechtfertigen. Dem Seistan'Gebiete wird von Kennern -er Verhält nisse ein großer wtrthschaftlichcr und militärischer Werth betgemeffen. Es wird vom Helmend-Flusse -urchströmt, der -em Boden die nöthige Fruchtbarkeit verleibt und mannigfache Culturcn gestattet. Militärisch gilt Seistan als -er eigentliche strategische Schlüssel für das an grenzende Beludschtstan und Afghanistan. Den Russen sind die Vorzüge SeistanS wohl bekannt, un- sie brachten deshalb, als die Engländer den Vertrag mit -em Khan von Kelat wegen NuschkiS schloffen, den Schah dazu, daß er ihnen den Durchzug ihrer Truppen durch Seistan gegen Bcludschistan gestatte, falls die Verhältnisse eS er- fordern sollten. Damit hoffte man einer eventuellen Be setzung SeistanS durch die Engländer vorzubeugen. Sonderliche praktische Bedeutung hat das Zugeständniß -es Schahs für das Zarenreich aber nicht gehabt. Ein Durchmarsch von Truppen wäre doch nur dann gestattet worden, wenn offene Feindseligkeiten zwischen Rußland und England ausgebrochen wären. Das ist aber bisher nicht -er Fall gewesen, und so hat man das Vordringen Großbritanniens zur persischen Grenze sich ungehindert vollziehen lassen müssen und sieht jetzt weiter, wie seine Fortschritte auf wirtschaftlichem Gebiete ständig wachsen. Man rechnet in Petersburg mit -er Annahme, daß die Engländer nach Vollendung der Linie Quetta-Nuschki als bald den Weiterbau bis zur Grenze SeistanS beginnen. Dort werden sie einstweilen Halt mack-cu müssen. Aber sie werden jedenfalls den Zeitpunkt wahrnchmen, da da» Eisenbahnmonopol Rußlands erlischt, nm eine abermalige Erneuerung zu hintertreiben. Ob ihnen das gelingen wird, bleibt zunächst noch abzuwarten und wird hauptsächlich von der Machtstellung beider Staaten abhängcn. Im Allgemeinen wäre in diesem Falle den Russen nicht der Sieg zu wünschen, weil die Freigabe der Grenzen PersienS nicht nur den Engländern den Eintritt gestattet, sondern auch den anderen europäischen Nationen die Ausführung von Culturaufgaben in dem von der Natur reich be- dachten Persien erleichtern würde. Einstweilen ist es bis dahin noch ziemlich weit. Zwischen Rußland und England aber tritt der Wettkampf nun auch in Persien mit neuer großer Schärfe hervor. Bei der Bedeutung dieses Reiches für den Handel Europas ist es zu empfehlen, den Verlauf -es Streites und die einzelnen Phasen mit Aufmerksam keit zu verfolgen. Deutsches Reich. 6. L. Verltn, 15. September. Der socialdemokra tische Eisendahuarbeitrrverband hat «inen neuen Aufruf an die „Eisenbahner Deutschland»" erlassen. Es schmerzt ihn sehr, daß in Deutschland zahlreiche Eisenbahn arbeitervereine sich gebildet haben, die von dem Verbände und seinen socialvemokratischen Bestrebungen absolut nichts wissen wolle». „Zerspalten in mehr al» dreißig Zweig vereine, in denen sich jeder einen Grad besser dünkt, als der andere; mit solchen Mitteln glaubt Ihr doch nicht, der Regierung zu imponiren?" beißt e» zunächst in dem Aufrufe; dann wird bedauert, daß die Eisenbahner sich um politische und religiöse Fragen streiten, und endlich wird mit folgenden Worten zum engen Zusammenschluß an den socialdemokra- lischen Verband aufgefordert: „Jedes Menschen Pflicht ist e», zu der Classe zu ballen, zu welcher er gekört, foult begeht er einen Verrath an sich und seinen Mitmenschen, Freunden und Kameraden. Schon ost haben Euch die organisirten Arbeiter, deren eS in Deutschland «/« Millionen giebt, die Bruderhand entgegen gehalten, allein die überwiegende Mehr heit hat tbcilS auS falscher Scham, theil» auch, weil sie sich ihrer Classenlage nicht bewußt war, nicht eingeschlagen. Laßt uoS nickt nochmals vergeben» bei Euch anklopfeu, tretet ein in dir Organisation. Entzweit sind wir machtlos, vereinigt aber Alle». Es ist zu bedauern, daß die deutschen Eisen bahner sich in kleine, nicht» bezweckende Vereine zerklüsten, e» ist auch doppelt zu bedauern, daß die süddeutschen Werkstättenarbeiterverbände sich in einem Sonderbunde vereinigen wollen. Eine solche Handlung läßt sich durch nickt» rechtfertigen, denn wer eS rhrlich mit den Eisenbahnern meint, hat sein Augenmerk, seine ganze Thätigkeit und seine ganzen Kenntnisse auf einen.Punct zu richten, eine Vereinigung aller im Eisen- bahndienst stehenden Arbeiter anzustreben. Würden unsere süddeutschen College» von denselben großen GesichtSpuncten geleitet werden, so würde eine Organisation entstehen, hinter welcher über 700 000 classenbcwußte, organisirle Arbeiter stehen. Wa» sie gründen wollen, besteht ja längst, es handelt sich nur um die Vereinigung und keine Sonder- büudelei. Darum, Eisenbahner Deutschlands, ohne Unter schied der Gaue, vereinigt Euch!* Trotz aller Aufrufe und trotz der 39 Orte, an denen die Leiter deS Verbände» Stellen zur Aufnahme von Mitgliedern errichtet haben, ist der Verband bi» jetzt im Süden und im Südwesten Deutsch lands nur spärlich vertreten; Straßburg i. E., Mülhausen, Frankfurt a. M. und Darmstadt sind dort die einzigen Städte, in denen er Filialen hat errichten können. Der Osten Deutschlands ist nur durch Bromberg vertreten. Um so größer aber ist in Nord- und in Mitteldeutschland die Zahl der DerbandSmitgliever, die unausgesetzt werben und agiliren. Ihnen dient jetzt al» besonders wirksames Aaita- tionSmittel der AuSgang des Cottbuser RangirerstreikS, über den da» BerbandSorgan, der „Weckruf", triumphirend schreibt: „Am 1. September ist die Arbeit von den ausständigen Rangirern wieder ausgenommen worden, nachdem ihnen ver sprochen worden ist, daß die Lohnfrage untersucht werden soll. Damit ist bewiesen, daß die Drohung den Eisenbahnern gegenüber, sie dürften nicht streiken, einfach lächerlich ist. Ihr seht, wenn Ihr nur einig seid, könnt Ihr schon etwas er reichen. Bevor Ihr aber zu solchen Hilfsmitteln greift, ist es nothwendig, daß wir uns Alle organisiren, denn sonst werden Euch die errungenen Vortheile bald wieder genommen werden." Nachdem auf unsere Anregung hin fast die ge- sammte deutsche Presse sich mit der Eisenbahnarbeiterbewegung beschäftigt Hai, ist wohl bald eine Erklärung des Eisenbahn minister» Budde zu erwarten, dem e» nicht entgehen kann, daß e» den unausgesetzten Agitationen gelungen ist, der Socialdemokratie Eingang in die Elsenbahnarbeiterkreise zu verschaffen und ein« Bewegung zu entfachen, welche die schsimmsle Gefahr für den Staat und die Gesellschaft in sich birgt. Berlin, IS. September. (Klerikale Selbst- b e r i ch t i g u n g.) Die russische Polenpolittk hat soeben in dem Polenblatt am Rheine eine Bcurthei- lung gesunden, die wegen der Art, wie die Polenpolittk Rußlands gegen die preußische an derselben Stelle oft genug ausgespiclt worden ist, vor der Vergessenheit be wahrt werden muß. Die „Köln. Volksztg." schreibt näm lich nnter Anderem: „Auch wer die gegenwärtige preußische Polenpolitik gegenüber den preußischen Polen als einen schweren Fehler ansieht, kann doch nur die Achsel über die grobeFarce zucken, die die Russen anfsührcn, wenn sic sich im Vergleiche zu Preußen als die Freunde der Pole n aufspielcn. Der Nimmersatten russischen Politik mag es ja erwünscht sein, für ihre weiteren eigennützigen Pläne das slawische Gcmeingcfühl unter den Polen zu wecken, aber mit diesem Wunsche und den kleinen von ihr ergriffenen Mittelchen wird sie die Geschichte ihrer Ge wissenstyrannei nicht auslüschen." — Das klingt ganz anders, als die „Köln. Volksztg." sonst oft genug sich hat vernehmen lassen! Sonst hat das rheinische Centrums- organ für Ernst genommen, was cs jetzt als „grobe Farce" bezeichnet. Gar nicht eindringlich genug konnte Sic „Köln. Volksztg." die preußische Negierung ermahnen, die Haltung Rußlands -en russischen Polen gegenüber sich zum Muster zu nehmen, weil die „polensreundliche"PolitikNutzlands die gesammten Polen für Rußland gewinne. Natürlich dienten solche Ausführungen als Mittel zur Aufputschung der preußischen Polen gegen die preußische Regierung, und als Hebel, die klerikale Gefolgschaft in-cm Widerspruche gegen die preußische Polenpolitik zu bestärken. Daß für die An wendung dieses Mittels die russische Polenpolttik im Ernste nicht in Frage kommt, steht nach der obigen Auslassung der „Köln. Volksztg." auch von ihrem eigenen Standpunkte aus fest. -st- Berlin, IS. September. (Bedenken gegen den Gesetzentwurf, betreffend die Kinder arbeit in gewerblichen Betrieben.) Zu den Gesetzentwürfen, welche im vorigen Tagungsabschnitte des Reichstages ihre Erledigung nicht gefunden haben, gehört auch der Entwurf, betreffend die Kinderarbeit in gewerb ltchcn Betrieben. Der Entwurf ist in erster Lesung erledigt, er wurde einer Commission zur Vorberathung überwiesen, diese hat aber den Beginn ihrer Verhandlungen auf den Herbst verschoben. In der Zwischenzeit hat sich zur besseren Beurtheilung verschiedener Einzelheiten der Vorlage um fassendes Material aus den Interessentenkreisen ange sammelt, und insofern hat sich die Vertagung der Verhand lungen als nützlich und zweckmäßig erwiesen. Daß ver schiedene Einzelheiten noch einer eingehenden Prüfung be dürfen werben, zeigen Schilderungen, die über die voraus sichtlichen Wirkungen des Entwurfes auf die Schwarz wälder Uhrenindustrie von -er Billtngcr Handelskammer gegeben werden. Nach dem Gesetzentwürfe dürfen Kinder unter Anderem in Werkstätten nicht beschäftigt werden, „in denen Blei, Kupfer, Zink oder Legirungcn dieser Metalle bearbeitet oder verarbeitet werden." Ferner gelten nach dem Entwürfe auch solche Räume als „Werkstätten", welche zum Wohnen, Schlafen oder Kochen dienen, wenn darin gewerbliche Arbeit verrichtet wird. Da nun.in der ge- sammten Hausindustrie auf dem Schwarzwalde das Wohn zimmer oder auch das Schlafzimmer zumeist zu gleicher Zeit das Arbeitszimmer ist, so kommt diese Be stimmung für die ganze Hausindustrie des Schwarzwaldes zur Anwendung. Die Arbeit, die von den Hausgewerbe treibenden der Uhrenindustrie verrichtet wird, besteht unter Anderem im Zusammensetzen von Bestandthellen, Stiften- stecken, Sortiren u. s. w. Da ferner bas Material, aus dem die Uhrenbestandtheile hergestellt sind, zum großen Theile sich als Legirungcn von Kupfer bczw. Zink darstcllt, so entsteht die Frage, ob die oben beschriebene Beschäf tigungsart -er Hausavbcitcr als ein Ver- bezw. Be arbeiten von Legirungcn von Kupfer n. f. w. zu betrachten ist. Ist dies der Fall, so würden nach -em Entwürfe die Arbeitsrünmc der Hausgemcrbcbctricbc der Uhren industrie zu den Werkstätten gehören, in denen Kinder arbeit verboten ist. Nun kann aber von einer Gesundheits schädlichkeit dieser Arbeit keine Rede sein, viel eher verdient sie die Bezeichnung „Spielerei" als „Arbeit". Anderer seits würde ein Verbot dieser Spielerei die ganze Schwarz wälder Hausindustrie zerstören. Ob für die Kinder selbst dadrrrch eine irgendwie günstige Wirkung erzielt würde, ist zweifelhaft, ziemlich sicher aber ist, daß Trägheit und Müßiggang bei ihnen bestärkt würden. Man ersieht ans diesem Beispiele, daß die einzelnen Bestimmungen der dein Reichstage unterbreiteten Vorlage au -er Hand der That- sachcn einer genauen Prüfung unterzogen werden müssen, damit nicht etwa das Gegcntheil der Absicht erreicht würde, die man mit diesen einzelnen Vorschriften verfolgt. (-) Berlin, 15. September. (Telegramm.) Die „Nord- deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Daily Expreß" bat kürzlich über Aeußerungen berichtet, welche Seine Majestät der Kaiser unlängst zur britischen HcereSrcsorm gegen einen Specialcorrespondenten gemacht haben soll. Wir Fe«iHetsn. Das Alter von Gebäuden. Bon Georg Buß (Kissingen). ittachtruck Der Einsturz de» Campanile in Venedig mag tief be- klagcnswerth sein, aber er hat auch Gute» gezeugt insofern, al- er die allgemeine Aufmerksamkeit auf -en baulichen Zustand alter Gebäude in den verschiedensten Cultur- ländern gelenkt hat. Die Folge ist, daß aus allen Ecken und Enden Europas Hiobsbotschaften über stark gefährdete Monumentalbauten hohen kunstgeschichtltchen Werthc» etnlaufen, allerdings mit der trostreichen Versicherung, daß man eine sorgfältige Ausbesserung dieser steinernen Riesen schleunigst in Angriff genommen habe. ES handelt sich um ein Capttel der Denkmalspflege. Diese ist in den meisten Ländern noch nicht in dem Maße organtsirt, wie eS im Interesse -er Bauten selbst und der Geschichte der Kunst geboten ist. Mit der In- »entarffirieng, mit -er Herstellung von Meßbildaufnahmen und mit -er sachgemäßen Beschreibung der Bauwerke ist e» nicht gcthanr eS handelt sich auch darum, daß die Bauwerke fortwährend einer genauen Ueberwachung unterworfen werden und -er Staat, -ie Provtnztaloerbiin-e un- -ie Lounnunen berettwiviast und schnell -aS nöthige Gel- zur Verfügung stellen, wenn eine Ausbesserung selbst großen Umfange» nothwendig erscheint. Leider wird in «dieser Be ziehung nur zu sehr der Devise „kmtiaa lento" gehuldigt und au» falschen Sparsamkeitsrücksichten eine Enthaltsam keit bewiesen, die zu den verschwenderisch gespendeten Lobeshymnen über die Kunftschöpfungen -er Vorfahren im schreiendsten Gegensatz steht. Ist aber das erforder liche Geld wirklich bewilligt, so wird di« AuSbefferung nur zu oft in einer Seife vorgenommen, die dem Charakter de» Bauwerke» nicht entspricht und sich al» eine Verunstaltung oder mindesten» al» eine architektonische Di»harmonte dar- Meist wird der berüchtigte „Zahn der Zeit" für den Verfall der Bauwerke verantwortlich gemacht, aber ebenso sehr tragen die Schuld menschlicher Unverstand und menschliche Gleichgiltigkeit, -ie schonungslos verkommen ließen, was bei rechtzeitigem Schutz sich noch auf lange hinaus gehalten hätte. So manche Burg und so mancher Klosterbau, für die kein Interesse mehr bestand, sind zur Ruine geworden, weil aus Gewinnsucht Eisen und Blei, Thore, Thüren und Fenster, Balken», Sparren- und Dielenwcrk, die die Mauern zusammenhielteu und Schutz gegen Wind und Wetter boten, verkauft wurden, sodaß Sturm und Regen ungehindert Zutritt zum Innern finden konnten. Die umwohnenden Bauern halfen bei dem Zerstörungswcük wacker mit, indem sic Steine ab brachen und wcgschlcppten, nm mit ihnen Häuser und Gartenmauern zu bauen oder die Befestigung ihrer Dorf straßen und Landwege vorzunehmcn. Solcher Art ist daS Schicksal der meisten Burgen und Klosterbauten gewesen, es sei denn, daß sie den vernichtenden Schlägen de» Bauernkriege», des dreißigjährigen Krieges und des Bandalenzuge» der Franzosen unter dem „allerchrtst- ltchsten" König Ludwig XIV. zum Opfer gefallen sind. In Wirklichkeit hat der Zahn der Zeit nicht so stark gesündigt, wie man anzunehmcn gewohnt ist, denn die alten Bauleute fundirten und mauerten ausgezeichnet, wie für die Ewigkeit, und noch setzt 'brechen sich an manchem trotzig zu den Wolken ragenden Bergfried die Stürme machtlos. Go ragt noch a»rf der Salzburg bet Neustadt an der fränkischen Saale, wo schon Karl der Große Hof ge halten hat, der au» Bnckelquadern in der -wetten Hälfte de» zwölften Jahrhunderts errichtete Thorthurm wie ein Recke empor, und auch so mancher andere Thurm dieser mächtigen Veste zeigt sich, für die Kunst der alten Vaulente treffliche» Zeugntß ablegend, in unerschütterlicher Festig- kett. Man staunt über die meisterliche AuSnützung de» schwierigen Terrain», über die Kühnheit und technische Vollendung der Ausführung, über die Schönheit und malmisthe Wirkung der Grupptnrng. Gegründet auf Felsen, wachsen die Mauern an schwindelerregenden Ab« hängen emvor, al» ob die felsige Wand oben eine Fort setzung fände. Und ob sie in Quadern oder in Feld- und Bruchsteinmauerwerk geschichtet sind, immer sind sic so kernfest und so urkräftig, daß noch jetzt die Spitzhacke Mühe hat, -en Verband zu lockern. Lehrreiche Beispiele bieten der stattliche Bergfried auf Sonnenberg bei Wiesbaden, die Uebcrrestc der Burgen bei St. Ulrich, Rappolstein, Ortenburg, Plixburg und Landsbcrg im Elsaß, Trifels nud Kästenbnrg in -er Rhcinpfalz, Minzeberg in der Weiter«« bet Frankftirt a. M., Seligenstadt am Main, Rcichciistcin im Taunus, Büdingen in Hessen, Cobcrn an der Mosel u. v. a. Erwähnt sct auch noch das Kaiserhaus zu Gos lar, das seiner Anlage nach zu den ältesten Kaiscrpalüsten der Hohenstaufenzett gehört, und dessen gewaltiger Saal stets unter Dach gcbltsbcn ist, sowie die bereits 1170 vollendete Kaiserburg zu Gelnhausen und die Wartburg, von der noch einzelne Theile mindestens ans dem Anfänge des 14. Jahrhunderts stammen. Haben diese zum Theil noch wohl erhaltenen Uebcr restc von deutschen Burgen mehr als ein halbes Jahr tausend überdauert, so liefern doch noch bessere Beweise für die lange Lebensdauer gewisser Bauten unsere Kirchen, von denen manche in einzelnen Theilcn in die Zett der Karolinger htnetnretchen. Nur hcrauSgegrtffen sei da» Münster zu Aachen, -essen Entftehungszctt in die Jahre 798—804 fällt, und das gerade in statischer und ban- technischer Beziehung von überraschender Tüchtigkeit ist. Aber noch berühmtere Beispiele sind jenseits der deutschen Grenze zu finden, vornehmlich in Italien, und vor Allem in Konstantinopel, wo unentwegt die Hagia Sophia, die Kirch« der göttlichen Weisheit, mit ihrer mächtigen Klippel von fast 54 Metern Höhe und 80 Metern Spannweite zu den Wolken ragt. Justinian ließ sie an Stelle des 532 ab- gebrannten Konstanttnischen Basilikabaues durch die Architekten Jfiboro« von Milet und AnthemtoS von Dralle» errichten, und zwar mit einer Schnelligkeit, daß bereit» fünf Jahre nach dem Brande da» Gotteshaus ge weiht »erben konnte. Diese» wurde durch ein Erdbeben bald daraus stark beschädigt, aber unter Leitung -es jüngeren Jsiboro», eine» Neffen de» ersten Erbauers, als bald wieder hergestellt. Nach fast tausendjähriger Be nutzung der Kirche durch die Christen ward sie die Haupt moschee der Türken, und, obwohl st« unter der Herrschaft der Mo»lttn» stark vernachlässigt wurde, hat sie noch immer dem nagenden Zahn der Zeit Trotz gcboicn, jetzt ans ein Alter von fast anderthalb Jahrtausend zurück blickend. Tic Hagia Sophia lenkt den Blick zn den Palastüöcr rcstcn der Sassaniden, die seit 22l> n. Ehr. die Dynastie der Achämeniden in Persien abgelöst hatten, zn den Ucberrcsreu von Firuz-Abad, Larbistan und Ktesiphon, deren Wider- standsfähigtcit die höchste Bewunderung abnötyjgt, un weiter auf die Bauten der Römer, Griechen un- Egnpter. Noch stehen in Rom das im Jahre 2>i v. Cyr. ausgcführte Pantheon mit seiner machtvollen Kuppel und die Uebcr- reste des riesigen Kolosseums, noch -er Titus- un- der Kvnstantinsbogen, und noch überbrückt der mächtige Pont du Gard, ein in drei Etagen zur Zeit des Augustus ans- g'bautcr Aanäduet vvn ungeheuren Dimensionen das Thal dkl Nimcs, um die Stadt mit Wasser zn versorgen. Und zu Athen steht der 488 v. Ehr. durch Jklinos un- Kalltkratcs vollendete Parthenon, zu Scgesta ein stattlicher dorischer Tempel, beide erheblich älter als der Parthenon. Aber auch diese Bauten treten an Alter zurück vor den Wunderbautcn Egyptens, den Pyramiden vvn Daschnr und Gizeh, von denen diese der vierten Dynastie angehört, und auch vor den Baudenkmälern des neuen Reiches, unter denen der kolossale Tempel vvn Karnak, obwohl mehr als dreitanscnd Jahre über ihn dahingegangcn sind, noch einen vcrhältnißinäßig befriedigenden Zustand bewahrt Hal. Au den cyklopcnhaftcn Steinmasscn haben sich der Sturm der Zeit und der Vandalismus der Menschen gebrochen. Und wie trefflich sind die Pyramiden antgcbaut! Bei der Schafra-Pyramidc bildet den Kern eine Art Gnßmaner- werk aus Bruchsteinen und Mörtel, in das netzartig Quaderbänder zur Sicherung hincingrcifen, während die Bekleidung nuten aus Granitplatten und oben ans Kalk steinen besteht. In diesen ältesten Pyramiden besitzen wir Bauwerke, die fast 5000 Jahre in die Zeit hincinragcn und an Alter von keinem anderen Bauwerke der Erde über troffen werden. Reichen die Zeugen menschlicher Baukunst bis tief in das dritte Jahrtausend v. Chr. zurück, so ist damit für die Frage, wie alt ein Bauwerk werden tann, nicht viel ge wonnen. Eine bestimmte Antwort ist überhaupt nicht zu geben, denn da- Alter richtet sich nach der technischen AuS-
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