01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020923010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902092301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902092301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-23
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Dabellarischer und Hiffernsa- entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 28 H (exck. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), n«r mtt der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderuag SO.—, mit Postbesörderuag 70^. Ännahmeschluß flr Anzrigeu: Abend-Auögab«: vormittag« 10 Uhr. Mvrg«»-Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen stad stet« au d» Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh S bi« Abend« 7 Uhr. Druck uud Verlag von «. Pol» t» Leipzig. Nu 484. Dienstag den 23. September 1902. 98. Jahrgang. Die Ge-iichtnißfeier am Schipka-Passe. V. 8. In Bulgarien rüstet man sich zur Feier der vor 25 Jahren erfolgten Befreiung von türkischer Herrschaft. Am Fustc des Schipka, wo im Jahre 1877 General Radetzky den Lieg über Suleiman Pascha erfocht, ist eine russische Gc- -ächtnißkirche errichtet worden, deren Weihe den Mittel punkt der Festlichkeiten bildet. Außerdem werden Ma növer der bulgarischen Armee abgchalten werden, welche eine Wiederholung der russischen Operationen während des Türkcnkricges darstellcn sollen. Selbstverständlich wird die Gedenkfeier in Bulgarien vor Allem unter Thcil- nahme Rußlands erfolgen, von wo denn auch der Groß fürst Nikolai Nokolajcwitsch, ein Sohn des einstigen Ober- commandirenden der Donauarmec, der Kricgsminister Äuropatkin und eine Menge von Officieren der ver schiedensten Waffengattungen ins Fürstenthum reisen. Ter Zar persönlich bleibt in diesen Tagen Bulgarien fern und erfüllt somit nicht den Wunsch der Slawen und die Bitte des Fürsten Ferdinand, die dieser ihm vor einigen Mo naten in Petersburg unterbreitete. Die politische Bedeutung der Schipka-Feicr liegt ans -er Hand. Die Weihe der Kirche und das militärische Schauspiel sollen sich zu einem großen slawischen Bcr- brüderungöfcstc unter der Führung des Zarenreiches ge stalten. Tic russisch-bulgarische Waffengcmeinschaft der bulgarischen und russischen Armee wird erneuert werden, die Truppen des Fürstenthums werden den Officieren der slawischen Großmacht eine Probe ihrer Leistungsfähigkeit abgebcn müssen, und die Zusammengehörigkeit wird durch Handlungen und Reden proelamirt werden. Auf das un ruhige und temperamentvolle Bvlk der Bulgaren mit -einen entwickelten Großmachtträumen werden die Festlichkeiten schwerlich ohne Wirkung bleiben, und man wird sich des halb nicht wundern können, wenn Herausforderungen (er Türken und Sympathiekundgebungen für die Makedonier in nächster Zeit besonders stark aus dem Fürstenthum er schallen. Aber ein ernster Ausbruch ist deshalb doch kaum zu befürchten. Wo Rußland die eigentliche Führung be sitzt — und die hat cs zweifellos in Bulgarien — da wird es gegenwärtig einen mäßigenden Einfluß aus üben, weil es nicht vorzeitig, so lange es den Verhältnissen noch nicht gewachsen ist, in europäische Verwickelungen von bedeutender Tragweite gegen seine Absicht hineingczogcn werden will. Man wird dem Fürsten und seiner Negierung die weitestgehenden Zusicherungen für die Zukunft machen und überhaupt suchen, das Verhältnis? so eng wie möglich zu gestalten, aber man wird gleichzeitig Alles vermeiden, was Anstoß bei der Pforte »nd in Europa erregen könnte. Hierher gehört auch die Frage der KönigSkrvne, auf die Fürst Ferdinand bekanntlich ein außerordentlich großes Gewicht legt. In den lebten Monaten, namentlich gleich nach der Petersburger Reise des Bnlgarenfürsten, wurde von dieser Rangerhöhung viel gesprochen. Seitdem ist es darüber still geworden, nnd cs scheint, als sei die ganze Sache wieder einmal auf unbestimmte Zeit hinanSge- schoben worden. Die Schipla-Feier ist jedenfalls nicht dazu anscrsehen worden, nm dieses Verlangen tcS Bnl- garcnfürstcn in Erfüllung gehen zn lassen. Die Abwesen heit des Zaren ist ein sicheres Zeichen, daß in Petersburg trotz aller Bulgarien erwiesenen Gnade doch immer eine Zurückhaltung aufrecht erhalten wird, die unter anderen Verhältnissen wahrscheinlich faken gelassen werden würde. Wir können aber dessen ungeachtet als gewiß an nehmen, daß das Zarenreich einen Großfürsten, seinen Äricgsminister und eine Schaar Lfficicrc nicht deshalb nur nach Bulgarien sendet, um das Fürstenthum seines Wohlwollens nnd seiner Freundschaft zu versichern. Zn platonischen Erklärungen har man nicht nöthig, eitlen derartigen Apparat in Scene zn setzen. Rußland wünscht seit längerer Zeit eine nahe Verbindung mit den kleineren Balkanstaaten, und in erster Linie mit Bulgarien. ES trachtet nach einer Hegemonie im Osten Europas und arbeitet darauf hin, Bulgarien, Serbien und Montenegro zn willigen Gefolglcuten zu machen, die ihm mit ihrer Militärmacht zur Seite stehen, wenn einmal die Orient frage zur Aufrvllilllg gelangt. Besonders werthvoll nach dieser Richtung ist dem Zarenreiche Bulgarien, weil es einen !lleil der Schwarz m ccrk ü st e mit Platzen, die zn Kriegshäfcn oder Flottcnstationen sich eignen, in Hän den hält. — An der Newa hat man nicht nachgelassen, die Sofiaer Regierung wegen der Abtretung oder „Pachtung" eines derartigen Hafens immer wieder zu bestürmen. Amtlich freilich wurde die Action nicht zugegeben, aber die Peters burger Presse machte kein Geheimniß daraus, daß Burgas als Kohlen- oder Flottenstation der zarischen Regierung willkommen sei, und daß man gewissen Wünschen nach geben würde, wollte man sich in Sofia dazu entschließen, den Platz als Stützpnnct der russischen Schwarzmcerflotte zu überlassen. Die betreffenden Verhandlungen haben aber trotz des FlottcnbesucheS des Großfürsten Alexander im Sommer 1901 und der Zusicherung einer Anleihe, welche Herr Kobeko einleiten sollte, einstweilen noch zn nichts geführt. Die Schwierigkeiten, welche der Ver wirklichung der Pläne cntgegcnstandcn, waren noch zu groß, um ohne Weiteres überwunden zn werden. Der engere Zusannnenschluß Rußlands und Bul gariens wird bei Gelegenheit der Schipka-Feicr sicherlich erörtert werden. Ob man jetzt ein Ergebniß erzielt, ob vielleicht selbst die geplante Militärconvention Thatsache wird, läßt sich mit Sicherheit nicht bestimmen. Ver schiedene Differenzen Rußlands mit der Pforte deuten darauf hin, daß die Herren, welche den Zaren am Schtpka und in Tirnvwo vertreten sollen, einen starken Druck auf den Fürsten Ferdinand ausüben werden. Aber wenn man auch jent noch nicht Alles erreicht, so wird man den Boden wahrscheinlich derartig vorbereiten, daß bei näch ster Gelegenheit der Widerstand des Fürstenthums ge brochen wird. Und außerdem dürfte der moralische Ein druck der russische c Militärdeputation ans die Balkan staaten ein bedeutender sein. Das Zarenreich ivirdZeden- falls neu gekräftigt und gestärkt auö der Feier om Schipka hervorgchen. Deutsches Reich. Berlin, 22. September. (Zum neuen Militär- penfionSgesetze.) Bereit« vor Iabr und Tag bat der preußische Kriegsminister im Reichstage erklären können, soweit sein Ressort in Frage komme, sei die Reform der MilitärpensionSgeseygebnng in den Vorentwürfen so gut wie fertig auSgearbeilet. Auf wiederholtes Drängen theilte dann auch im vorigen Winter der Vertreter der Reichsfinanzverwaltung mit, die verschiedenen in Betracht kommenden Ressort« verhandelten über die Reform der Mililärpensionen. Insbesondere kommt selbstverständlich auch noch die Marineverwaltung neben ter Heeres- und der Finanzverwaltung in Betracht. Wie wir hören, ist im Kern der Sacke eine Einigung zwischen den verschiedenen RessorlS herbeigeführt und steht zn erwarten, daß, soweit noch ein Äuseiuandergeben von Meinungen stattsindet, solches sich unschwer durch den Reichskanzler werde avsckwächen und in seiner Bedeutung herabmindern lassen. Ob eS möglich sein wird, die allerdings sehr dringliche Reform dem Reichstage noch in seinem nächsten ArbeuSabschnitte zuzusühren, steht leider einstweilen dahin, da noch in keiner Weise abzusehen ist, ob sämmtliche Einzelslaaten mit Rücksicht auf den finan ziellen Effect der Reform sich mit deren Inangriffnahme eher werden einverstanden erklären, als für die bessere Eon- solidirung der ReichSsinanzen weitere Bürgschaften gewonnen sind. Wenn kürzlich in einer Versammlung inactiver pensio- nirter Ofsicicre zu Dresden der Wunsch nach Gleichstellung der bereits pensionirten Osficiere mit denjenigen Officieren laut wurde, die nach einem neuen Gesetze pensionirt werden, so dürfte ohne Zweifel dieser berechtigte Wunsch bei der Mehrheit deS ReickstageS auf keinen Widerstand stoßen, und wenn eine solche Gleichstellung nicht schon in dem zu er wartenden Entwürfe vorgesehen sein sollte, so wird vielleicht der Reichstag die Initiative hierzu ergreifen. Berlin, 22. September. (Da «Theater nnd die polnische Frage.) In der „Berliner Musik-und Tbealer- Zeitung" lenkt E. Ginschel-Bromberg die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung, die m dem nationalen Kampfe zwischen Deutschtbum und Polenthum dem Theater zukommt. Schon längst bedient sich da« Polenthum ans das Eifrigste der Bühne als überaus wirksamer Waffe bei der Be kämpfung des DeutschthumS auf geistigem Gebiete. Die Stakt Posen besitzt ein ständiges polnisches Theater; außerdem hat man polnische Wanderbühnen mobil gemacht; endlich entfalten polnische Liebhaber theater die rührigste Thätigkeit. Alle diese Faktoren wirken für die polnische Idee. Wie bewußt das geschieht, dafür legt die Thatsacke ein beredtes Zeugniß ab, daß eme polnische Wanderbühne unlängst, ehe sie ans Posen in die Provinz zog, im Posener Dome einem Bittgottesdienste beiwohnte, an den sich nach der Rückkehr aus der Provinz die Theilnabme an einem Dankgottesdienste schloß. Auf deutscher Seite wird das Theater als geistige Waffe gegen die gioßpolnische Propaganda lange nicht genug geschätzt. In den Piovinzen Posen und Westpreußen bestehen nur drei Theater, bei denen die Voraussetzungen für eine gedeihliche künstlerische Thälig- keit in höherem Sinne vorhanden sind: die Stadttheater in Danzig, Posen und Blomberg. In Westpreußen haben außerdem noch ein paar Mittelstädte wie Elbing und Graudenz jeden Winter einige Zeit regel ¬ mäßige Theatervorstellungen, gegeben von Gesellschaften, die meistens während eines Winters in mehreren Städten spielen; bei diesen Theatern ist das Wollen in der Regel besser als daS Vollbringen, was angesichts der großen Schwierigkeiten, mit denen die Unternehmen zu kämpfen baden, nickt be fremden kann. In der Prcvinz Posen bat Oberpräsident Ur. von Bitter durch die Begründung eines „Deutschen Proviuzial-TbeaterS", das während des Winters ver schiedene Städte der Provinz bereist, einen sehr erfreulichen Versuch gemacht. Aber damit ist auf dein Gebiete deS TheateiS ruckt das geleistet, was geleistet werden kann und im Interesse der deutschen Sachegeleistet werden muß. ES fehlt, wie Ginschel mit Recht hervorhebt, vorderhand itoch allzusehr an Len nötbigen Geldmitteln, um das Theater zu einer wirk samen Waffe gegen das Polentbum zu machen. Diese Geld mittel müßten mit vereinten Kräften vcm Staate und von den Städten, theilweise auch von der „Deutschen Gesellschaft für Kunst «nd Wissenschaft", aufgebracht werden, und zwar in einer Höhe, daß die ständigen Theater zu provinziellen Musterbühncn auSgestaltct werden könnten, die übrigen größeren Städte ebenfalls ständige gute Theater zu unter halten vermöchten, die sonstigen Städte in der Form von Städtebundtheatern tüchtige Pflegestätten der dramatischen Knust erhielten. * Berlin, 22. September, l Genehmigungs pflicht f il n k e n t e l c g r a p h i s ch c r Anlagen.) Das R e i ch s p o st a m t hat kürzlich entschieden, daß auch funkentclegraphische Anlagen, selbst wenn sic lediglich zu Versuchszwecken dienen, den Bestimmungen des Gesetzes über das Telegraphenwesen des deutschen Reiches unterliegen. Sic dürfen deshalb nur dann ohne Ge nehmigung des Reiches errichtet und betrieben werden, wenn die Voraudsctznngcn des 8 st des (Rsctzes von l8«2 zutreffen. Nack diesem Paragraphen können o h n e G euch m i - gung des Reiches rrrickkcr und betrieben werden: t> Tclc- graphcnanlageu, welche ausschließlich dem inneren Dienste von Landes- nnd Communalbchörden, Dcichcorporalionen n. s. w. gewidmet sind; 2) Telegraphenanlagen, welche von Transport anskalten auf ihren Linien ausschließlich zu Zwecken ihres Be triebes oder für die Vermittelung von Nachrichten innerhalb dec bisherigen Grenzen benutzt werden; 3) Telegraphenanlagen, n. innerhalb der Grenzen eines Grundstücks, l>. zwischen mehreren einem Bescher gehörigen oder zu einem Betriebe ver- einigien Grundstücken, deren keines von dem anderen über 25- Km in der Luftlinie entfernt ist, wenn diese Anlagen aus schließlich für den der Benutzung der Grundstücke entsprechenden unentgeltlichen Verkehr besiimmr sind. Tic Entscheidung über Anträge auf Genehmigung zur Herstellung und zum Betriebe von Fuiikcutelegraphen- anlagen hat sich das Reichspostamt bis auf Weiteres Vor behalten. (Schics. Ztg.) Berlin, 22. September. (Telegramm.) Dem „Reicks anzeiger" zufolge legte der königliche Hof für die Königin Ser Belgier Trauer auf drei Wochen an. d) Berlin, 22. September. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht, daß vom Könige von Sacksen der Staats- und Kriegsminister General der Infanterie Frei herr v. Hausett znm Bevollmächtigten zum Bundes rat he ernannt werden ist. d) Berlin, 22. September. (Telegramm.) Der „Nalionalzeitung" zufolge wird die Meldung, daß der Reichs tagsabgeordnete Rr. Spahu für den Posten des Unter- staatSsekretärS im Neicksamte des Innern in Aussicht ge nommen sei, von unterrichteter Seite als unbegründet be zeichnet. Auch die anderweitigen Angaben hinsichtlich einer Ernennung für diesen Posten seien unzutreffend. — Der StaatLsekietär deS Reichs - Mariiieamts Bice-Admiral von Ttrpitz ist am 2l. d. M. vom Urlaub nack Berlin zurück- gekehrt nnd hat die Dienstgeschäste wieder übernommen. * Köln, 22. September. In der Eröffnung der heutigen ersten Generalversammlung der Gesellschaft für sociale Reform «heilte Minister Frbr. v. Berlepsch mit, daß die Kölner Polizeibehörde die Abhaltung des vorgesehenen Referates über die Herabsetzung der Arbeitszeit für Frauen und dir Erhöhung des Sckutzalters für jugendliche Arbeiter in Fabriken durch Fräulein Helene Simon-Berlin verboten habe, weil eS gesetzlich unzulässig sei, daß Frauen in poli tischen Vereinen redeten. Dem Verbot werde man sich fügen müssen, eö sei indessen unbedingt erforderlich, daß inan gegen derartige gesetzliche Bestimmungen ankämpfe, um sie zu Falle zu bringen. Die von 1000 Personen besuchte Versammlung nahm eine scharfe Protestresolution in Sachen der Fleischvertheuernng an und erstickte die Regierung, unter Anwendung genügender sanitärer Maßnahmen baldigst die Grenzsperre anszubeben. (Voss. Ztg.) d) Aus Bayer», 22. September. Eine in Regensburg abgehaltene Versammlung von Landwirthen von Niederbayern und der Obeipfalz bat zur Frage der Flcischverthcuerung beschlossen, gegen die Wieder öffnung der Grenzen behufs größerer Zufuhr von ausländischem Vieh zu protesiiren und den Beweis für das Vorhandensein einer genügenden Menge Schlachtvieh in Bayern dadurch zu erbringen, daß eine Eomnnssion die Fleischversorgniig eventuell auf genossenschaft lichem Wege in die Hand nimmt. Oesterreich Ungarn. Los von Rom-Bewegung. ,l. Aussig, 22. September. Rack amtlicher Feststellung sind in Oesterreich seit Beginn der Los von Rom-Bewegung 19 000 Katholiken zur evangelischen Kircke übergetreten. Hiervon kommen auf Böhmen allein 10 656, während die Residenz Wien mit -1000 betheiligt ist. — In Turn wurden gestern im festlichen Zuge die Glocken für die evauge lisch- EhristuSkircke vom Texlitzcr Bahnhose abgeholt, deren Weihe nächsten Sonntag durch den Superintendenten Gummi erfolgen wird. Feuilleton. Gerächt. Nach dem Serbischen des S. Gopcevic. v.alikriia »crtoieri. „Wann bekomme ich meine Waffen, Vater?" „An Deinem fünfzehnten Geburtstage erhältst Du des Großvaters Waffen." Bei allen Serben steht die väterliche Gewalt in höchstem Ansehen, und man wird vergebens ungehorsame Kinder suchen. Der Knabe schwieg also still, doch konnte man aus seiner finsteren Miene ersehen, daß er sich nur ungern dem für ihn so harten Befehle fügte. Wir haben cs hier mit einem türkisch-hcrzcgowinischcn Vater zu thun, mit dem Starjeschina, das heißt dem Äcltestcn des Dorfes. Er heißt Rade und ist verhcirathet; seine Gattin führt den Namen Ruma, der Sohn heißt Dragojc. Das Gespräch sand im Erdgeschoß statt, welches gleich zeitig als Küche und BcrathnngSraiim dient. Ter Abend naütc heran' und das Nachtmahl wurde ge richtet. Am Feuer stand der Dreifuß, welcher die Unterlage eines riesigen Topfes bildete, in welchem das Abendessen kochte. Und nachdem cs verzehrt, fetzte sich Rade behaglich mit gekreuzten Füßen in eine Ecke und begann seinen Tschibuk zu rauchen. Mehrere Nachbarn traten ein, setzten sich in gleicher Weise nm ihn im Kreise und begannen eine lange Unter haltung. Da cö unschicklich ist, wenn sich die Krauen öffent lich zeigen oder gar in die Unterhaltung mengen, cnUernte sich selbstverständlich Ruma und nahm ihren Sohn um sich. Plötzlich tritt ein Frcmdliiig ein. Er trägt moniciicgri- nisches Eostüm und ist mit Ausnahme des Hausherrn allen Anwesenden unbekannt. Rade stellt ihn seinen Freunden t»lH Datajko, den Offtcier, vor, Natürlich erregt er die allgemeine Aufmerksamkeit, und das Gespräch nimmt bald eine lebhafte Wendung. Und als sich schließlich die Gäste entfernen, bleibt Datajko allein zurück. „Was treibt Dich hierher?" fragte vorsichtig Rade. «Der Dienst und die Pflicht meines Vaterlandes", er widerte lächelnd der Officicr. „Erkläre Dich deutliches, Datajko. Wir sind allein." „Tn hast offenbar schon von der Reise deS öster reichischen Kaisers vernommen! Seit mehreren Wochen weilt er in Dalmatien." „Man erzählte mir davon." „Er hatte mit unserm Fürsten eine Zusammenkunft und ich kann Dir aufs Bestimmteste versichern, daß der große Souverän dem kleinen sehr gewogen ist." „Gut, aber —" „Nur nicht ungeduldig. Es ist Dir bekannt, daß seit 15 Jahren unser Hospodar keinen andern Wunsch kennt, als unsere armen, geknechteten Brüder zu befreien. Der Zeit- pnnct zur Ausführung seiner Pläne ist da. Das ist der Grund, weshalb ein Dutzend Emissäre zn Euch gesandt wurden, zu denen auch ich gehöre. Wir haben den Auftrag, Euch znm Aufstande zu rufen. Ich komme zu Dir, da ich Deinen Patriotismus kenne und überzeugt bin, daß Dn Deine Nachbarn vorbercilen wirst . . Wenige Tage nach dieser Unterredung finden wir Da- tajko in einem einzeln sichenden Hanse unweit Ncvesinje. Hausherr war ein gewisser Mascha, der mit seiner tzZattin und einer bildhübschen vierzehnjährigen Tochter ein kleines Gütchen bewirthschaftcte. Mascha hatte eben seinen Freund Datajko von seiner elenden Existenz in Kenntnis, gesetzt nnd ihm erzählt, baß er nur mit Zittern der Ankunft des Beg entgegensehc, da er Heuer nicht in der Lage sei, die Steuern zu bezahlen. Und während sie noch so sprachen, vernahmen sie das Getrappel mehrerer herailsprengender Retter. Die beiden Männer eilten znm Fenster; Mascha trat erbleichend zurück: „Er ist «, der Vegi". Neugierig betrachtete Datajko den Bcg; er war be gierig, die Wirthschaft desselben kennen zu lerne». Polternd trat Ljubovie-Bcg in das HauS und sein aus etwa 10 Personen bestehendes Gefolge mit ihm. „Was ist's, ungläubiger Hund", fuhr er den ihm de- müthig nahenden Mascha an; „kannst Du Heuer Deine Stenern zahlen?" „Edler Herr, verzeihe Deinem Sclavcn", versetzte Mascha unterwürfig, „aber das Jahr war schlecht, naß, sehr naß, — wir haben wenig geerntet und cs ist uns beim besten Willen nicht möglich, zu entrichten, was unsere Pflicht ist. Habe dieses Jahr noch Nachsicht." „Elender Gianer, Du lügst, gewiß hast Dn das Geld vergraben und stellst Dich arm, nm mein Mitleid zn er wecken." „Herr, überzeuge Dich." „Die Mühe werde ich mir nicht nehmen; aber hier bleiben will ich mit meinem Gefolge, bis die Stenern ge zahlt sind." „Verzeih', Herr, dem Staub Deiner Füße, wenn er Dich um Gnade anfleht; bedenke, daß Dn ungerecht handeln würdest. —" „Was erfrechst Du Dich? Ich bin Tein Herr. Ter Rajah wurde vvn Gott dem Türken verliehen, damit er ihm diene." Das war die gewöhnliche Redeweise der Begs. Taiajkv wußte es und mischte sich nun seinerseits in das Gespräch, indem er für Mascha etntrat. Darüber ergrimmte Ljnbvvie-Beg, und er rief drohend dem Montenegriner entgegen: Na, Wallach, hier schlägt keine Glocke — dieses Land ist türkisch." Und nunmehr machte der Beg es sich tm Hanse recht bequem. Alles, was Mascha an Vieh besaß — cs war eben nickt viel -- mußte geschlachtet werden, nm die ungebetenen Gäste zn bewirthcn. Bisher hatte der Herzegowiner seine Familie fern ge halten, da er fürchtete, sie könnte die lüsternen Begierden de« veg erwecken. Aber ein unglücklicher Zufall wollte eS, daß sich der Beg plötzlich erinnerte, er habe im vergangenen Jahre ein Kind hier gesellen. Er fragte sofort, wo das Pfädchen geblieben sei. Zitternd antwortete Mascha, seine Tochlcr sei abwesend. „So?" versetzte Ljubovic rnllig, „so will ich warten bis sie heimkehrt." „Ta könntest Tu lange warten, Herr; ich habe sie einem meiner Freunde geschickt." „Sucht mir das ganze Haus durch; vielleicht findet Ihr sie irgendwo versteckt", befallt jetzt der Beg und svfori wurde seinem Befehl Folge geleistet. Kurze Zeit daraus kehrten die Zaptiehs mit dem entsetzten nnd verzweifelt die Hände ringenden Mädchen zurück. Ueberrascht rief der Beg ans: „Ei, seht doch, welch ein schönes Mädchen!" Der Vater, welcher wußte, welches Schicksal seiner Tockier bevvrstand, warf sich dem Türken zu Füßen nnd slehic illn mit lierzerreißeiidcn Worten an, sein Kind zu schonen. Acrgerlick gab ihm Ljubovic einen so heftigen Fußtritt, daß er ihm mehrere Zähne cltt'chlng und die Nase blutig quetschte. Datajko fühlte sein Blut kochen. „Gnade, Herr!" ries Mascha, „Dn wirst nicht so grausam sein!" „Aus dem Wege, alter Esel!" schrie Ljubovic und schlenderte den Unglücklichen mit einem Fußtritt weit von sich. Tann riß er das Mädchen zu sich empor nnd — Zn diesem Augenblick krachte ein Schuß nnd Ljubovic« Beg sank entseelt zu Boden. Es ivar Taiajkv, der seine Wnlh nicht langer mehr be zähmen kviinie und seine Pistolen gezogen hatte. Ein zweiter Schuß streckte den nächsislellenden Zapiiell nieder; dann griff der Montenegriner znm Handschar nnd hieb auf die andern bestürzt glotzenden Türken ein. Drei schlägt er nieder und vcrsnckt sich dann dnrchznllanen. Er erhält einen Schuß, welcher ihm den linken Arm zer schmettert; nicht darauf achtend, länft er zn den Pferden,
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