02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020923026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902092302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902092302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-23
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Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich »F 6, für die übrigen Länder laut Zeitungspreisliste. Redaktion und Expedition: IohanniSgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. FMakrvpedittorrerr r Alfred Hahn, Buchhandlg., Universitätsstr. 3, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. KönigSpl. 7. —-»-»»— Haupt-Filiale Dresden: Dtrehlenerstraße 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: Königgrätzerstraße 116. Femsprechrr Amt VI Nr. S30S. Abend-Ausgabe. MpMcr Tagtblatt Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen.Preis die 6gespaltene Peritzeüe 2ö L,. Reklamen unter dem RedactionSstrich . (4 gespalten) 75 H, vor den Famibennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ilnnahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck usd Verlag von E. Pol- in Leipzig. Nr. 485. Dienstag den 23. September 1902. 96. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Let-jig, 23. September. Die LaStarts-Eommission des Reichstags hat gestern die zweite Lesung des Zolltarifs unter Umständen begonnen, die wenig Aussicht auf eine Mehrheit des Reichstags für einen dem BundeSrathe angenehmen autonomen Taris eröffnet. DaS Centrum hat bekanntlich beschlossen, „im Allgemeinen" an den Beschlüssen erster Lesung festzubalten. Die Re ich S- vartei stellt sich so ziemlich auf denselben Standpunck, die Conservativen haben zkvar den Bersasser des Thronkrach- Artikel- des „Sächsischen Vaterlands" verleugnet, seine For derungen aber sich angeeignet. Ihr Beschluß lautet nach der „Kreuzztg.": Die konservative Partei fleht »ach wie vor fest auf dem Boden deS ausreichenden Schutzes der gesammten nationalen Arbeit. Daher ist: 1) Die Zolltarifvorlage der verbündeten Regierungen nicht annehmbar. 2) Auch die Beschlüsse der ersten Lesung der Commission berücksichtigen die berechtigten Wünsche der Landwirthschast nicht genügend. An der Bindung der Getreide- und Viehzölle ist unbedingt festzuhallen. 3) Falls die Forderungen der Landwirthschast nicht eine wesentlich weiter- gehende Berücksichtigung finden, ist eine namhafte Herab- srtzuog der Jndustriezölle nothwendig. Die verbündeten Regierungen endlich beharren, wie auS der gestern in der Commission abgegebenen Erklärung des Staatssekretär- Grafen Posadowsky bervorzeht und wie nach den früheren Kundgebungen von berufener Seite erwartet werden mußte, auf der Forderung, daß in Bezug auf die Minimalsätze für die vier wichtigsten Getreidearten auf die Vorlage zurückzugeken und diese überhaupt in ihren wesentlichen Punkten wiederherzustellen sei. Nun hat zwar Gras Posadowsky die Gründe, die zu dieser Forderung zwingen, so einleuchtend dargelegt, daß ihre Widerlegung am wenigsten den vollständig unter daS Joch des Bundes der Landwirthe gebeugten Conservativen gelingen wird; aber da der Druck, den die BundcSführer auf die Letzteren aus- üben, diese augenscheinlich empfindlicher berührt, als jeder Nachweis der Gefährlichkeit ihrer Beschlüsse, so ist kaum zu erwarten, daß sie von diesen abgehen werden. Ein kleiner Theil von ihnen mag allerdings geneigt sein, zu einer Ver ständigung die Hand zu bieten, ob aber dieser Theil stark genug ist, um eine Mehrheit bilden zu Helsen, mit der die Regierungen sich verständigen können, ist noch fraglich. Diesem Tbeile reden heute auch die „Berk. Polit. Nachr." inS Gewissen, indem sie auSsühren: „Nach dem, waS über die Stellungnahme des CentrumS und )er beiden konservativen Fraktionen LeS Reichstage- für die zweite Lesung der Zolltarifvorlage in der Commission verlautet, muß btdauerlicher Weise die Hoffnung aufgegeben werden daß diese Vorlage aus der Commission in einer für die ver bündeten Regierungen annehmbaren Gestalt an da- Plenum gc- langen werde; ja eS ist selbst zweifelhaft, ob die Absicht der gemäßigteren Agrarier, wenigstens die I n d u st rie z ö l l e in einer der Regierung genehmen Art zu sormuliren und den Streit auf die agrarischen Zölle zu beschränken, sich wird durchführen lassen. Es gewinnt den Anschein, als ob die in der ersten Lesung allein von dem Abgeordneten vr. Hahn vom „Bunde der Landwirthe" verfolgte Taktik, auf eine Erhöhung der land-1 wirthschastlichrn Zölle durch Herabsetzung von Jndustrirzöllen hin-! zuwirken, nunmehr auch von der conservativen Fraktion für die zweite Lesung in der Commission angenommen worden sei. Trifft diese Annahme zu, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß sich eine aus den Freihändlern und dem am meisten agrarischen Flügelder Schutzzöllner zusammengesetzte Mehr- heil für eine Verminderung des Schutzes der Industrie zusammen findet und so auch dieser Theil der Vorlage unannehmbar wird. Daß es gerade vom Standpnncle der Landwirthschast ein mehr als zweischneidiges Experiment sein würde, die industriellen Schutzzölle in dein autonomen Tarif herabzusetzen, liegt auf der Hand. Denn wenn man der Regierung auf diesem Wege die Möglichkeit beschränkte, bei den Handelsvertrag-Verhandlungen Compensationen bei den Industrie zöllen zu gewähren, müßten naturgemäß die landwirthschast- lichen Zölle um so mehr herhalten, um Gegenleistungen für das von dem Auslande verlangte Entgegenkommen zu ge währen. In Wirklichkeit würde daher nicht die In dustrie, sondern die Landwirthschast die Zeche bei einem solchen Verfahren zu bezahlen haben, und es vcrräth eine seltsame Kurzsichtigkeit, wenn gerade diejenigen, welche sich als die Vertreter landwirthschastlicher Interessen hinzu stellen lieben, jetzt zu einer Taktik greisen, welche, wenn sie Er folg hätte, schließlich nur zum Schaden der Landwirth- schast ausschlagen müßte. Aber auch abgesehen von dem Er- gcbniß der commissarijchen Verhandlungen eröffnen die Ergebnisse jener FractionSverhandlungen keine allzu günstige Aussicht auf Las Zustandekommen der Vorlage. Es muß bedauerlicherweise vielmehr constatirt werden, daß die Aussichten auf das Zustandekommen eines gleichmäßig den Interessen der heimischen Landwirthschast und der heimischen In dustrie entsprechenden neuen autonomen Zolltarifs in der letzten Zeit nicht gestiegen sind. Daß, wenn in der That die Zolltariscampagnc zu einem negativen Aus gange führte, dasjenige erreicht wäre, was die freihändlerischen Gegner einer verständigen Schutzzollpolitik eifrigst erstreben, unter- liegt keinem Zweifel. Gerade aber diese Thatsache müßte für die schutzzöllnerische Mehrheit deS Reichstages entscheidend dafür i»S Gewicht fallen, ihrerseits den allein gangbaren Weg der Verständigung mit den ver bündeten Regierungen sobald wie möglich zu suche»." Da daS Centrum seine Entscheidung, die am Ende doch wobl zu Gunsten der Regierungsvorlage auSsällt, sich Vor behalt und die Reichspartei es schwerlich zu einem ernsten Consiicte mit den Regierungen kommen lassen mag, so bedarf eS ja keines großen BrucktheileS der Conservativen, um einen negativen AuSgang der Verhandlungen zu vermeiden. Da eS aber den verbündeten Negierungen nicht angenehm sein kann, einen mit einer winzigen Mehrheit zu Stande gekom menen autonomen Tarif zur Grundlage der HanvclS- vertragSverhandlungcn zu machen, und da ferner nicht mehr viel Zeit zu verlieren ist, so ist eS begreiflich, daß angesichts der Stellungnahme der con servativen Fraktion die Pcrmnthnng gcäusicrt wird, die Regierungen würden die Lurchbcratbung der Zollvorlagen im Plenum nicht abwarten, sondern sofort nach rem Scheitern der CommissionSverbandlungcn zur Auflösung deSReichS - tagcS schreiten. Diese Annahme findet nun allerdings Lurch daS bisherige Verhalten der Regierungsvertreter keine Stütze, jedenfalls aber kann denjenigen Parteien, die in den wesent lichsten Punkten der Regierungsvorlage zuzustimmen ent schlossen sind, nicht dringend genug angerathen werden, ihre Wahlvorbereitungen schleunigst zu Ende zu führen. Die „Nat.-Lib. Corr." meldet heute: „In der Frage der Zulassung der Männerklöster im Groizherzogthum Baden kann daS Cent rum sein Spiel diesmal und hoffentlich für absehbare Zeit verloren geben. Wenn die badische Regierung auch vorläufig keine strikt ablehnende Antwort auf den durch das Centrum berbeigeführten Beschluß der Zweiten Kammer giebt, so wird sie doch diesen Beschluß unbeachtet lassen und auf die Centrums-Forderunz nickt eingehen. Erst beim Wieder zusammentreten der badischen Kammern, das ja noch gute Weile hat, dürfte auf Drängen des Centrums eine Antwort erfolgen, die aber den Entschluß der Regierung aussprechen wird, auf Grund des bestehenden Gesetzes die Zulassung von Männerklöstern in Baden abzulehnen. Die Provokation des CentrumS Hal das ungewollte Gute für die national liberale Partei hervorgerufen, daß ihre Reihen sich fester schlossen und viele der Parteigenossen auß ihrer bisherigen Gleichgiltigkeit aufgerüttelt wurden." Hoffentlich bestätigt sich der erstere Theil der Meldung ebenso, wie der letztere sich bereits bestätigt hat. Einige, wenn auch nicht viele, deutsche Blätter haben sich über die Reden der französischen Minister And»« und Pelletan tadelnd geäußert und angedeutet, eS könnte doch einmal die Zeil kommen, wo man deutscherseits gegen flegelhafte Aeußerungen, wie die deS Herrn Pelletan von der „germanischen Barbarei" eine war, remonstriren würde. Wir möchten derartige Entgleisungen französischer Minister weniger tragisch nehmen. Einmal hat Herr Pelletan kaum etwas Schlimmeres gesagt, als seiner Zeit Herr Chamberlain, und da gegen Chamberlain mit der Motivirung, daß seine Neve keinen amtlichen Charakter ge tragen habe, kein vsficieller Schritt der deutschen Regierung unternommen wurde, sondern eine kräftige Abfertigung durch den Grafen Bülow im deutschen Reichstage genügen mußte und tbatsäcklick auch genügte, so könnte ja, wenn der Fall Pelletan sich wiederholen sollte, schlimmstensallö in ähnlicher Weise Remedur geschaffen werden. Zweitens aber sind wir darum geneigt, rcn Fall Pelletan milder anzusehen, als die seinerzeit durch Chamberlain dem deutschen Heere zu gefügte Kränkung, weil wir 1870 den Engländern ja Loch nichts Böses gethan haben, während die Franzosen von unS bar barische Prügel — und in diesem Sinne mag der Pelletan'sche Ausdruck als wahr unterstellt weiden — bezogen. Dem Ge prügelten aber bat seit Menschengcdenken die Schimpffreiheit zugestanden ImUebrigen haben wir aus den verschiedcnstenGllin den vollen Anlaß, mit den Nedcleistungen deS Generals Audio, des Bischofs Turinaz von Nancy und deS MarincministerS Pelletan zufrieden zu sein. Daß dem so ist, gebt schon aus der Tbatsache hervor, daß die wenigen, ernsthaft zu nehmenden politischen Zeitungen Frankreichs, wie der „Tcmpö" und kaö „Journal des Döbals" über die Leistungen der Nedeminlstcr äußerst erbittert sind. Sie haben energisch verlangt und bekanntlich auch erreicht, daß der Minister präsident diesem groben Unfuge ein Ende mache. Diese Blätter würLen nicht so sprechen, wenn sie nicht einsähen, daß auS den Unvorsichtigkeiten jener hochgestellten Personen der französischen Politik unerheblicher Nachtbeil erwächst, ein Nachtheil, der auch durch die Erklärung Combes, nur der Chef des Gesammtministeriums und der Minister deS Aeußeren seien für die auswärtige Politik verantwortlich, sich nicht wett machen läßt. „Der Wein erfindet nichts, er schwatzt'S nur aus", an dieses Schiller'sche Wort werden die Italiener wohl anläßlich der Pelletan'schen Neben gedacht haben. Pelletan Hal nur in der Weinlaune ausgesprochen, was zahl reiche französische Politiker, Wohl auch seine Ministeicollegen, denken und was allerdings den Betheuerungen der Freundschaft für Italien schnurstracks zuwider läuft. Die französischen Politiker, für die das geeinigte Italien nun einmal nichts Anderes ist als ein Gnadengeschenk Napo leons III., werden sich nie damit befreunden, Italien als einen Frankreich völlig gleichberechtigten Factor im Mittel meere anzuerkennen, und sie werden sich immer an dem Ge danken ergötzen, mit ihren befestigten Plätzen im Mittelmeer Italien in Schach zu halten und ihm eine zweite Rolle zu- zuwcisen. Diese durch Herrn Pelletan den Italienern zu Tbeil gewordene Aufklärung braucht uns nicht zu betrüben. Und daß nebenbei auch England zum Danke dasür, daß es sich zur Zeit des „germanischen BarbarenstreichS" so nett gegen Frankreich benommen hat, eins ausgewischt bekommen hat, braucht uns ebenfalls nicht zu stören. Zum zweiten glauben wir, daß die Minister Tirp i tz und Goßle r gegen die Pelletan'schen und Andre'schen Reden auch nichts einzuwenden baden werden. Sie dürften diese Reden sorgfältig in ihre Mappen eingeklebt haben, um sie bei den nächsten Forde rungen für die Marine bezw. LaS Heer mit vergnügtem Lächeln hervorznbolen. Und dies mit Recht, denn wenn auch die französischen ernsthaften Blätter, wie erwähnt, sich über die Redeminister erbosen, so thuen sie es nur, weil deren Unvorsichtigkeit ibnen fatal ist, nicht aber, wert si: in der Sache anderer Meinung wären. Schließlich Haden die Pelletan'schen und Andrv'schen Entgleisungen sür uns noch einen besonderen Vorlheil: sie sind ein drastischer Beleg dafür, daß öffentliche Bekundungen von Ministern außerhalb deS Parlaments gar leicht vom Uedel sind. Zur Ehre unserer Minister müssen wir zugebcn, und wir thun es gern, baß Offenherzigkeiten über die äußere Politik ü la Pelletan und Andrö bei unS als undenkbar anzusehen sind. ES wäre aber erwünscht, wenn auch die innere Politik von den Ministern nur im Parlament behandelt würde, nicht aber in Tischreden bei den Versammlungen irgendwelcher Vereine oder Körperschaften. Die Aufregung über die angebliche Besetzung von Kelantan durch englisch-indische Truppen hat sich in Frank reich sehr bald gelegt. Aber während der „Temps" be tont, Laß Frankreich seine Streitigkeiten mit Siam aus dem Wege friedlicher Verhandlung zu regeln trachte, schlägt daS „Journal des Döbats" die Herbeiführung einer gemeinsamen Controle über das eigentliche Siam durch Frankreich und England vor. Die Art, Wiedas „Journal deS TvbatS" diesen Vorschlag begründet, ist so charakteristisch, baß es sich verlohnt, die wesentlichsten Puncte davon wiederzugeben: „Wegen des Mekongs", so schreibt das Pariser Blatt u. A. wört lich, „oder wegen der malayijchcn Halbinsel können keine Rivali täten bestehen oder Unterhandlungen zwischen London und Paris angeklinpst werden. Das eigentliche Siam, Las Thal des Mcnam, Feuilleton. Das Testament. Eine oberösterreichische Erzählung v. Fanny Kaltenhauser. (Nachdruck rhnr Henoririing auch in Amrrika rndetcn.) Er fährt auf, der Bauer, und wie in einem Traume starrt er die an, die -ort steht. Dann hastet er plötzlich davon — ohne Hnt, ohne Schirm. Noch nie Hal er den Weg in so kurzem Zeitraum durchmessen. Es ist ein Lauf, den er thut, kein Gehen oder Eilen. Auf der Schwelle der Hansthiir tritt ihm die Franzi entgegen. „Ist schon aus mit ihm; mein Vater! ist schon verstorben", sagt sie leise, mit bebenden Lippen. Er sicht einen Moment in ihr weißes, vergrämtes Ge sicht, dann streckt er ihr beide Arme hin. „Franzi!" sagt er, leiser noch wie sie, aber es klingt eine so tiefe, heiße, er barmende Liebe in seinem Ton, daß cs das D'rndl jäh hinreißt in seine Arme, an seine Brust. Mit beiden Armen umklammert sic ihn und trostlose Worte fliegen van ihren Lippen: „Jetzt hab' i .«eins mehr, das mir :n.d dem Muatterl bcistcht — wie Dich, Binzenz, — wie Dich! Der Vater hat fleißig g'arbeit't sür uns — und deswegen haben s' uns 's Häusl noch lassen. Auf zuletzt schassen s' uns in die nächsten Täg' schvn hinaus, mich und mein arm's Muatterl!" In heißem Weinen bricht die Stimme des Dirndls; der blonde Kopf schmiegt sich an Vinzenz' Brust, und cr fährt mit -er Hand darüber hin, kosend, zärtlich — wieder und wieder. Da hebt sich das thränennassc Gesicht plötzlich, die verweinten Augen sehen ihn bange an. „Und in die letzten Täg her hab' i g'mcint, Dn verlaß'st mich, weil nimmer kommen bist — und i hab' mich schon gar nimmer aus kennt vor lanter Herzweh! Gelt, dumm bin i g wesen — Du laß'st mich nct — gelt, Du schon net ?" Da fliegt er aus der Brust Vinzenz' wie ein beuchen; er preßt die Arme nm Franzi und drückt sie an sich, fest, so fest, daß cö ihr schier den Athem nimmt. „Ah, ivie kannst denn so was glauben? Wie würd' i Di denn lassen wollen — ah, nimmer, nimmer lass' i Dich — wie kannst denn so 'was glauben?" Stammelnd entringt es sich seinen Lippen, in leiden schaftlichen Tönen; und wie die Franzi daS Gencin init dein wehe zuckenden Mund und den doch so glückselig nusleuch- tendcn Augen zu ihm emporhcbl, da kann cr sich nicht hal ten, er beugt seinen Kopf und küßt ihr Gesicht, und küßt eS wieder und wieder. Fünftes Capitel. Von der Dorfkirche her schreitet Eine; eine stattlich Aufgeputzlc. Das schwere, schillernde Seidenkleid knistert bei jeder Bewegung, rauscht bei jedem Schriti, den die Frau thut. Und sie thut gewichtige Schritte; denn sie hat eine Leibesfülle, die erstaunlich ist. Es scheint noth wendig zu sein, daß die schwcrgoldene Brosche den Kragen des Kleides zusammcnhült, der feiste Hals droht denselben beinahe zu sprengen. Eine goldene Kette hängt vom Halse herab und Ringe mit kostbaren Steinen schmücken die dicken, rothen Finger; daß die Frau eine schwere Reiche ist, vcrräth sich schvn in ihrer Kleidung, ihrem Geschmücktsein. Aber auch ihr Gesicht vcrräth cs. Tenn ein prahlerischer Hochmuth, der bei Bauersleuten doch nur im Gefolge des Reichthums auftritt, ist ihren Zugen ausgeprägt. Die wasscrblancn Augen mit den wcißlichblonden Brauen darüber schauen stolz über die Leute hin, die da vorm Wirihshause und dort vvrm Krämerladen schwatzend beiscnnmenstehen. Rur mit einem kleinen Nicken erwidert sie die Grüße, die ihr von den Meisten geboten werden; blos bei einigen wohl habenden Großbauern läßt sic sich herab, den Grus, laut zu erwidern. Sie ist eben am Krämerladen vorüber, da ruft sie von rückwärts her Eine mit einer etwas gellenden Stimme an. „He, Thalmüllcrin, lab mich auch »«trennen! Wir zwei Leidige haben ein' gleichen Schritt, da geht sich's gut zusammen." Die Angercdclc bleibt stehen und wendet sich der Nach kommenden halb zu. „Hast Dich auch vcrspül't mit 'm Hcimgch'n, Salabergerin?" sagt sic. Die Andere nickt. „Ja, halt ja! Zuerst bin i eine Weil' auf'm Friedhof g stand-'n vor meinem Mann — Gott hab' ihn selig! — seinem Grab, und hab' kür seine ewige Ruh' ein paar Vaterunser 'bet't; und setz: hab' i mir beim Kramer ein' neuen Seidenzeng 'kaust. Weißt, i hab' mich noch einmal zum Heirathen entschlossen!" „Hab' schon g'hört davon", meint die Thalmüllerin gleichmüthig. Dann schüttelt sie den Kopf ein wenig. ,.J thät's nimmer, wenn i eine Widin würd'. Na, hab' an dein ein mal g'nug." „Ja ja, Du! Du hast ein' Buben, stünd'st net allein da. I aber hab' kein Kind — da wird's Dir langweilig ans die Dauer, 's Alleinsein!' Völlig wehmüthig spricht cs die Salabergerin. „Und man weiß sich mit 'm Geld net zu helfen! Und wenn einem so ein großes G'höst zug'hört! Nachher bin i auch keine so Gescheite wie Du, die sich so -u helfen weiß und all'S allein regieren kann, — na ja, da lass' i die G'schäften schvn lieber einem Mannsleut' über, daß i mei' bißt Ruh' hab', die i noch haben kann." Die Thalmüllcrin — die einstige Thalmüller-Agnes — nickt. Ja, ja, das weiß sic schon, daß dis Sala- bcrgerin keine gar so umsichtige ist; daß sic gern in ihrer Stuben sitzt und mit irgend einer Nachbarin schwatzt, statt sich um die Wirthschaft umzusehcn! Wenn sich trvndem seit ihres fleißigen Mannes Tod das Geld ans dem Sala- bcrgcrhof tüchtig vermehrt hat, so ist's nur dem Philipp, dem Großknecht, der aus dem Hrf grau geworden, zu ver danken. Hält' der einmal im Sinn, vom Hof fcrtznkorn- mcn, dann ginge cs der Salabergerin wohl schleck«. Und ist's schon das Beste, wenn die da den Philipp an oen Hof bindet, indem sie ihn zum Manne nimmt. Wenn der auch arm ist, der Philipp, cr hat es um den Hof verdient — und wird sich's auch späterhin verdienen. Und die Thalinnllerin nickt gnädig. Sie ist irohl auch ein wenig geschmeichelt durch die Anerkennung, welche die Andere ihrer Gescheitheit gezollt hat. „Na ja, Recht hast schon, wenn maii's bedenkt!" sagt sie langsam. „I möcht' schvn auch eine Ruh', wcnn's ging'! Bald man alle zwei Minuten den Athem verliert, wenn man sich :in wenig uinthut unter den Leuten, nachher wär' einem die Ruh' schvn auch recht. Aber sichst, i kann halt meinem Mann nichts richtigerwcis' überlassen; der ist zu wenig für so eine große Wirthschaft. Blos seine Mühl' paßt cr, und da red' ich ihm auch nichts drein. Nur wenn die Zah lungen kommen, da nehm' ich mich drum an, um die Mühl'. Aber nm alles Andere, na, da muß i mich schon selber um schauen. Hat mir der Vater — Gott hab' ihn selig! — so viel hinterlassen, thät' i mich schämen, wenn i nct dazu schauen möcht', daß es eher mehr wird als weniger. Der Vater, der war ja ein Fleißiger, der Hütt' im Grab noch keine Ruh', wenn die Wirthschaft abwärts ging'! Ja, so Einer war der. I bin ihm auch dankbar, bin grad' drin' g'wcsen beim Pfarrer nnd hab' ihm eine Mess' zahlt, daß er drüben ein gut's Sein hat. Da hab' i mich schon lang anfg'halten beim Herrn Pfarrer, und nachher hab' i mir noch mein Schneuztüchl g'hvlt, ans der Kirchen, wo ich's vergessen g'habt hab'!" Die Salabergerin sinnt eine kurze Weile vor sich hin. Dann sagt sic: „I mein' aber, Thalinnllerin, Du tönnt'st Dich schier ein wenig entlasten! Wegen was nimm>'t die Gründ' vom Nicdcrgskcttnergütl noch zu der eigenen Wirtin schäft dazu und verkaufst es nct, das Gütl, mitsammt die Gründ'? I mein', tlinst Dir nur grad' eine Plag' an mit die Jnwohncrleut' in dem Häusl! Hast ja all' Augenblick ein' Wechsel, seit der Schuster auS'zogen ist." „Ah na, die Gründ' laß i net hint'l" versetzte die Müllerin eifrig. „Was glaubst, so gute Gründ', was die sind! Und nachher liegen s' so schön an die unfern dran an, lassen sich schön mitnclnncn. Drum hat ja der Vater selig 's Gütl damals an'kaust, weil uns die Gründ' so schön liegen. Na, na, da laß i mir den Wechsel mit die Jnwohnerlcut' schon g'fallcn. I krieg' ja alleweil wieder g'schwind wen." „Na ja, das schon. Aber jetzt hast fein saubere Leut' drin, mein i, ha?" Die Fragerin lacht etwas spöttisch. „Hast denn kein andern kriegt? So Leut'! Wie die aus schauen! So unfrcnndlich und schlampert. Was sind s denn eigentlich ?" „Hadernsammler." Die Müllerin erwidert cs kurz. Sie mag es nicht leiden, wenn Eins ibr Thun irgendwie kritisirt. Und wenn ibr die Lent' nicht zu schlecht sind, was brauchen sie cs der Salabergerin zu sein ? Die es gar nichts angeht. Tie soll sich nm ihre Wirthschaft kümmern; oder, wenn ihr das schvn lieber ist, fanllenzen. Sie, die Thalmüllcrin, wird bei ibrcr eigenen Sach' schon zum Rechten sehen. Ganz gewiß. Da braucht sie keines An deren Meinung, und wenn es auch die einer so Reichen ist, wie die Salabergerin eine ist. „Hadernsammler? Ah, geh! Solche Leut' nimmst? Und der Mann schaut ja ans zum Fürchten. Netta, 's Dirndl g'sallt mir — sonst Kein's davon." „Hast Dir aber die Lent' g'nan ang'schaut!" meinte die Thalmüllerin spottend. „Laß Dir nur net bang sein, die Lent' thun Dir nichts, die bringen Dich net ans Deiner Ruh'." Die Salabergerin lackt. Sic ist eine Gntmütbige und nimmt nichts so lcickt übel. Eine Weile gehen die Zwei noch zusammen und sckwatzen, dann trennen sich ihre Wege. Einsam schreitet die Thalmüllcrin den ihren weiter. Nicht lange, dann be gegnet ihr Einer, ein junger Bursch', schlank und hoch, gewachsen. Aus dem gebräunten, frischen Mannesgesicht schauen blaue, klare, trenberzige Augen. Die Thalinnllerin bat keine Freude, wie sie den Burschen erblickt; man sieht das an ihrem Gesicht, in welchem die hvchinnthige Miene einer Unmuthigen iveichl. Sie erwidert auch -en Gruß des Burschen nur ganz kurz, beinahe schroff. Der Bursche aber muß das schon ge ivöhnt sein, denn nichts in seinem Gesichte deutet darauf bin, daß er überrascht oder unwillig über den Gruß js,. Er schreitet eilig weiter. Tie Zeit zum Beginnen des Hoch amtes naht. Je näher er der Kirche kommt, nm so mehr Leute wandern gleichen Weges mit ihm. Da und dort Einer
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