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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020926018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902092601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902092601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-26
- Monat1902-09
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Vezug-.Prei- I» der Hauptrxpedittoo oder de« 1» Gtrdt» betztrk «ud de« Vororte» errichtete» Lu», gadestev«» abgeholt: «tert«ljährltck 4.66, — zweimaliger täglicher g l stell»»- in« Hau« 6.66. D«rch di« Post bezöge» für Deutschland «. Oesterreich vierteljährlich ^ss 6, für di« übrige« Länder lautZettzmßspretsliste. Lrdartiou und Lrve-Mo«: Johanut-bgasse 8. -««chmtchor lkg ,»b FUtatovPebtti«»»«» Alfred Haß«, vuchhasdlg, Leiversttätstzr.^ L. Löschs Kathari»«ßkl. l«, «. Sä»tg«pl. 7. Havpt.Filiale Vre-de»: Strehlsurstraß, R, Serusproch« Amt I «r. 17». Haupt-Filiale Serliu: Käutggvätzerstraß« na. Kerusprecher U«t VI Nr 88«. Nr. 49«. Morgen-Ausgabe. KiWgcr.TaAMlÄ Anzeiger. ÄmtsVlatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Ruthes und Nolizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Freitag den 96. September 1902. Anzeigen'Prei- dle 6 gespaltene Petitzeile SS Lf. Reklame« unter de« Redaktto»«strich l« gespalten) 76 vor de» yamlliennach- richte» (ögespalte») 60 Dabellarischer und Htfferusatz «utsprichend höher. — Gebühr«« für Nachuxtsuugeu uud Offertenauuahm« st» ch (exel. Porto). Extra-lveilageu (gefalzt), aur mit de, Morgea-Ausaab«, oha« Postbeförderung 66.—, mit Postbejördenmg ^g 76^ Funahmeschluß für Anzeige«: Lbo»b'R«»gaba« vorurtttag« LO Uhr. «iergaN'AoAgabar Nachmittag« 4 Uhr. Anzeige« stud stet» cs dia Expedlkio« z» richt«. Di« Lrpeditto» ist Wocheataa« «unaterbroch« geöffnet vo» früh S bi« «bead» 7 Uhr. Druck «ad Verlag »ou S. Pol, i» L«ipzig. S6. Jahrgang. Rückblick auf die Flottenmanöver. 8. Das Interesse der Bevölkerung de» Binnenlandes an -er Entwickelung unserer Flotte hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen und das Berständniß für die Vorgänge an der deutschen Wasserkante ist ebenso ge stiegen. Die großen Herbstübungen der Flotte, über deren Veranlagung schon in unserer Nummer 899 vom August berichtet wurde, haben am 17. September ibr Ende erreicht und die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf sich gezogen, weil außer zahlreichen Torpedobooten nur große Linien schiffe unserer Flotte daran tueilnahmen, die vornehmlich für den Kampf auf hoher Lee bestimmt siud. Die General idee, die den Hebungen zu Grunde gelegt war, bewegte sich in den einfachsten Voraussetzungen: Eine durch gelbe Flagge kenntlich gemachte feindliche Flotte sucht nach er folgter Kriegserklärung und vor beendeter Mobilmachung die Sms-, Weser- und Elbe-Mündungen mit dcn vor- gelagerten Jnfeln in Besitz zu nehmen, während die deutsche Flotte bet Helgoland ankert. Es handelte sich mithin also einmal um ein LauduugSmanöver, demnächst um das Erzwingen einer Hafeneinfahrt. Für die Durchführung des LanbungSmauöverS war die Insel Borkum in Aussicht genommen, wo neben dem Leuchtthurm eine Fuukenstatiou für drahtlose Telegraphie errichtet war, deren mehrere bei den Flottenübungen mit vollem Erfolge nach der Braun-Siemens'schen Methode zur Berrvenduug kamen. Dieses Landungsmanöver voll zog sich insofern in etwas einseitiger Form, als die Besitz nahme der Insel Borkum auf dem Moment der Ueber- raschung aufgebaut war, so daß cs dem Vertheidigcr trotz Les Funkentelegraphen nicht möglich war, rechtzeitig von Emden aus eine Äesayung bezw. Verstärkungen auf die Insel zu werfe«, um dem Gegner die Landung zu ver wehren. Zwar war dem Gegner nicht bekannt, daß die Insel unbesetzt war, so daß er aus seinen in Kiel linie lein Schiff hinter dem anderen) formirten Schiffs kolossen mit schwerstem Geschütz die Insel unter Feuer nehmen konnte. Da dieses keine Erwiderung sand, so erfolgte die Landung mittels Booten ohne Schwierigkeit, aber trotzdem geschah die Landung im Feuer der Marine infanterie und der von ihr mitgeführten Maschinen gewehre. Vom Leuchtthurm Emden bezw. der Funken station lonulr ..ur ..ou, d.c Nach-icht durch drahtloses Telegramm und Brieftauben nach Wilhelmshaven über- mittelt werden, daß die Insel vom Feinde genommen sei. Der Fortgang des Manövers bestand dann in der Er zwingung der Einfahrt in die Elbcmündung, an welchem Theil -er Hebung der Kaiser aus der „Hoheuzollcrn" sich persönlich betheiligtc. Die Mündung war mit einer Minensperre geschlossen worden, welche von der 711. Ma- trosenartillerie-Abtheilung mit Hilfe der von der Marine station der Nordsee in Wilhelmshaven mittels Minen legern hergestellt worden war. Diese Sceminen bestehen aus großen eisernen, mit Schießmolle geladenen Schwimm gesäßen, welche unter Wasser veraukert werden und beim Gegenstößen eines daransahrenden Schiffes erplodiren. Selbstverständlich waren diese Sceminen für die Friedens übung nicht geladen. Außer dieser Sceminenspcrrc waren an der Verthcidigung der Einfahrt noch die bis Cuxhaven angelegten Küstenbefestigungen bethciligt, die noch recht zeitig eine Ausrüstung mit schweren Geschützen gegen einen gewaltsamen Angriff von See aus erhalten hatten. Gerade die in der Generalidec angenommene Zei: vor be endeter Mobilmachung wird eine feindliche Flotte dazu ermuntern, die Hafeneinfahrten der großen feindlichen Handelsstädte in ihren Besitz zu bekommen, und daher ist es erklärlich, wenn sich zunächst Hamburg als da» er wünschte Ziel darstellt. Hier nun entspann sich ein leb hafter Geschützkampf zwischen Marine- und Küsten geschützen, der aber wohl als zu Gunsten der Schiffs geschütze entschieden angenommen war, denn am helllichten Tage, Mittags zwischen 12 uud 1 Uhr, entschloß sich der Angreifer, die Minensperre gewaltsam zu durchbrechen. Der Kaiser auf der „Hohenzollern" mit Volldampf vor aus gab das Zeichen zu dem gewaltsamen Angriff, welcher auch gelang. Ob es im Ernstfall auch so gewesen wäre, laßt sich bei einer Friedensübung nicht feststellen: bei dieser wird schon ein voller Erfolg zu verzeichnen sein, wenn eine größere Anzahl von Schiffen, wie es hier der Fall war, in beschränkten» und schwierigem Fahrwasser und unter ungünstigen Wetterverhältnisien ohne Havarien davonlommt. Und hierin wurde ein ganzer Erfolg er zielt; sowohl die Ausbildung der Officiere uno Mann schaften unserer Marine, als auch besonders die Bauart nuserer Schiffe der Kaiserclajse uud Brandeubnrgelasse entsprachen auch den strengsten Anforderungen. Die Manöver erhielten aber noch dadurch eine erhöhte Be deutung, daß zahlreiche Officiere des Landheeres an Bord des Ucbungsgeschwaders eommandirt war, denn darüber kann kein Zweifel bestehen, daß in einem zukünftigen Kriege Heer und Flotte in weit größerem Maße zusammen- zuwirken berufen sein werden, als dies in der Vergangen heit der Fall war. Die Einigung zwischen Argentinien und Chile. Aus Buenos Aircs, 25. August, schreibt man unS: Endlich hat sich das chilenische Haus der Abgeordneten gemüßigt gesehen, die durch Vermittelung von England zwischen Argentinien und Chile abgeschlossenen Verträge anzunehmen, nachdem bereits vor einigen Wochen die argentinische zweite Kammer dem Beispiele der beider seitigen Senate gefolgt war und den Verträgen ihre Zu stimmung ertheilt hatte. Im hiesigen wie im chilenischen Senate ging die Annahme schlank dnrch, während im Hause der Abgeordneten mehrere Redner sich dagegen aus sprachen, wodurch jedoch die fast einstimmige Annahme der Verträge nicht verhindert, kaum verzögert wurde. Weil« auch von Anfang an die Zustimmung des Congresscs ge sichert war, verdient doch erwähnt zu werden, daß eine längere Rede des interimistischen Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, Ur. Gonsalez, von so zündender Wirkung war, daß selbst die wenigen Gegner der Verträge, wenn sie schon nicht umgestimmt wurden, doch vvn weiterer Oppo sition abstanden. Nach Schluß der betreffenden Sitzung begleitete eine größere Anzahl Dcputirtcr dcn Miuistc. nach dem RegierungSgebünde, von wo sie, unter Führung des Präsidenten Roca, nach einer Restauration zogen und dort den rednerischen Triumph des Ministers in einer recht auimirtcn Meise — ländlich-sittlich — feierten. Tie Gegner der Verträge in der chilenischen zweiten Kammer steiften sich zuleyt vorzugsweise aus die größere Stärke der argentinischen Flotte, nachdem sie keine Wir kung zu erzielen vermocht hatten mit dem Einwand, die Vertrüge räumten einer fremden Macht — dem Schieds richter England — Befugnisse ein, welche sich mit der Suprematie des eigenen Staates nicht vereinbaren ließen. Um auch diesen letzten Vorstoß der letzten Opposition lahm zu legen, soll sich die chilenische Regierung zu der mindestens etwas mcrtwnrdigen Erklärung verstanden haben, sic würde „unter Anwendung aller und jeder Mittel" dafür sorgen, daß Argentiniens Flotte die vvn Chile an Stärke nicht überträfe. Die Flottenfrage dürste überhaupt beiden Re gierungen noch Kopfzerbrechen verursachen. Als der Grenzstreit eine so schlimme Wendung nahm, schlossen beide Negierungen Hals über Kops Verträge mit europäischen Werften betreffs schleunigsten Baues von weiteren Panzer schiffen. Chile in England, Argentinien in Italien, und nun wird es sich fragen, was mit diesen Schissen zu be ginnen sei. Sie den betreffenden Klotten ständig cinzuver- leiben, wäre jetzt ja zwecklos und zudem würden dadurch die StaatSanSgabeu noch mehr belastet werden, wo sic doch bereits eine mehr als bedenkliche Höhe erreicht haben. Die Bauverträge rückgängig zu machen, wäre beiden Regie rungen wohl angenehm, doch wollen sich die betreffenden Wersten darauf nicht einlassen, nnd zwar aus dem sehr verständlichen Grunde nicht, weil sie, selbst bei hohen Ab standssummen die Schiffe nicht würden anderwärts ver äußern können zu den Preisen, welche sie unter Benutzung der Nothlage von den Bestellern ausbednngen hatten. Neueste Berichte wollen wissen, Chile habe zwei der im Ban kindlichen Panzer an England verkauft. Die argentinisch-chilenischen Verträge sind also jetzt rn aller Form angenommen und cs ist bereits zwischen beiden Regierungen vereinbart worden, die Ratification habe in der chilenischen Hauptstadt zu erfolgen, zu welchem Behufe Argentinien eine Anzahl höherer Heeres- nnd Flottcn-Officiere an Bord eines Kriegsschiffes nach Chile abordern wird. Für diese Reise ist der Panzer „Lau Martin" ausersehen, vielleicht mit dem Hintergedanken, durch den Namen deS Schisses die Chilenen daran zu er innern, daß sic dem argentinischen General San Martin nnd dessen vvn Argentinien ausgerüsteten Heere die Un abhängigkeit ihres Landes verdanken. *) Nachdem nun der Streit mit Chile hoffentlich cndgiltig geschlichtet ist, hat Präsident Noca das seit dem Ableben des Ür. Alcorta von dem Minister des Innern, Ur. Gonsalez, verwaltete Portefeuille des Acnßeren dem bisherigen Nationaldcputirten Ur. Luis M. Drago übertragen. Ur.. Drago ist ein noch junger Mann, der bisher sich wenig hervorgethan hat; doch wird ihm Charakterfestigkeit zuge sprochen und seine Ernennung fand gute Aufnahme in allen politischen Kreisen. Der Staatshaushalts- Entwurf ist vor Kurzem dem Congresse unterbreitet worden. Die Einuahmcn imirdcu darin mit rund 40 Millionen Pesos Gold nnd 62 Millionen Pesos Papier berechnet, zusammen also ungefähr 272 Millionen Marck, die Ausgaben dagegen auf 29s/? MillionenDollais Gold uud 93 Millionen Pesos Papier gleich 284 Millionen Mark. Die hauptsächlichsten Einnahmeposten sind nicht unerheblich niedriger gehalten als im laufenden Jahre; wenn keine unangenehmen Zwischenfälle sich einstcllen, dürften dic cffcctivcn Einnahmen dcn Voranschlag zum Theil be trächtlich übersteigen. Das Beste a» dem Entwürfe ist zweifellos die in ihm documcntirte Absicht der Regierung, die größtmögliche Sparsamkeit walten zu lassen, auch ist zu beachten, daß der Posten „außer ordentliche Einnahmen" — also Credit Operativ- n e n —, der in dem laufenden Budget mit nahezu 8^2 Millionen Dollar» Gold figurirt, im Entwurf für 1908 mit nur 8 900 000 Dollars Gold eingestellt ist. Die äußere Staatsschuld, dic Ende 1901 sich auf nominell 886 431 293 Dollar Gold belief, giebt der Minister nach Abzug ver schiedener Posten für nicht begebene und für Rechnung einiger Provinzen lausenre Titres ans rund 800 Millio nen, dic innere Staatsschuld auf unter 81 Millionen Doll. Papier und 81130 000 Dollars Gold nominell. Der Dienst der Staatsschulden, Verzinsung und Tilgung erheischt jährlich eine Summe von 80 Millionen Dollars Gold, doch haben einige Provinzen und Banken einen Theil dieses tzksammtbetragcs zu decken, so daß die Bundesregierung mit 89 Proeeut ihrer Einnahmen ihre hicraufbezüglichen Verpflichtungen zu erfüllen vermag. Aus London wird uns übrigens noch geschrieben: In Wahrheit sind die Verträge zwischen Chile und Ar gentinien nur f 0 rmcll in Kraft getreten; denn nunmehr ist noch die schwierige Aufgabe der thats ä chlichcu A b stcckung der Grenzlinie hoch oben auf dem Kamme der Cvrdillerenkcttc zu lösen. Zn diesem Zwecke wird Anfang November von England eine britische O s f i c i e r s c 0 m m i s s i o u unter Führung des Oberst Hungerford nach Südamerika abfahren, nm die Grenzab- steckunq an Ort und Stelle vorzunehmcn. Diese Arbeit kann möglichenfalls dic Zeit von zwei Sommern in An spruch nehmen, da ja während der Wintcrmvuatc eine Be reisung der Cordillercu ausgeschlossen ist. *j Der formelle Austausch der Verwöge bar, Ivie geuieldei, mittlerweile am 22. September in Santiago (Clület stattgefun- deu. Die Ned. Deutsches Reich. ÜI Berlin, 25. September. (Die Kaiserin von Rußland und -die Sensationspresse.) Das körperliche Befinden der Kaiserin von Rußland, bezw. ihre jüngste Fehlgeburt, wird in der Sensationspresse fortgesetzt mit einem so großen Mangel an Tuet erörtert, daß ein scharfes Wort der Zurückweisung dieses Verhaltens am Platze ist. Insbesondere verleugnet auch ein freisinniges Blatt der Kaiserin Alexandra gegenüber vollkommen jenen Rcspect vor dem Rechte der Persönlichkeit, das gerade von freisinniger Seite so häufig ins Feld geführt wird. Man kann in der That sagen, daß die russische Herrscherin von dieser Seite förmlich unter ein „Ausnahmerccht" gestellt worden ist. Wenigstens ist uns nicht bekannt, ob jemals ein gleiches Ereigniß bei -der Frau eines Privatmannes vom „Berliner Tageblatte" bis in die äußersten Einzel heiten hinein geschildert worden ist. Bei der Kaiserin von Rußland aber setzt sich das genannte Blatt über die selbst verständlichsten Pflichten taktvoller Zurückhaltung in der unbefangensten Weise hinweg — als ob eine Kaiserin weniger frauenhaftes Zartgefühl als eine Bürgersfrau und weniger Anspruch aus die Schonung -dieses Zart gefühls hätte! Bekanntlich sind in Deutschland die Aerzte gehalten, alle ihnen Kraft ihres Standes anvertrauten Geheimnisse zu bewahren; auch unterliegen sie dieserhalb keinem Zeuguißzwange. Ob das Strafgesetzbuch in Ruß land die gleichen Bestimmungen enthält, wissen wir nicht. Soviel aber leuchtet ein, daß die Aerzte des russischen KaiscrpaareS auch beim Fehlen solcher gesetzlichen Be stimmungen sich zur Verschwiegenheit in Bezug auf das körperliche Befinden ihrer hohen Patienten werden ver pflichtet fühlen. Deshalb müßte schon das Mißtrauen gegenüber allen aus angeblich authentischer ärztlicher Quelle stammenden Nachrichten ein deutsches Blatt von der Veröffentlichung sensationell zugestutztcr Berichte abhaltcn. DieselbcWirknng sollten bei einem deutschen Blatte nationale Rücksichten Hervorrufen. Als eine deutsche Fürstentochtcr hat die Kaiserin von Rußland ein erhöhtes Recht auf takt volle Behandlung. Werden von deutschen Blättern dic Consequenzcn hieraus nicht gezogen, mißachtet im Gegcn- theilc die deutsche Sensationspresse jenss Recht in der schonungslosesten Art, dann wird es nicht ausbleiben, daß dic deutschfeindlichen Elemente jeden Schlages am russischen ttaiserhofc Stimmung gegen Deutschland unter Berufung auf die unangemessene Behandlung der Kaiserin durch deutsche Blätter zu machen suchen. Boi dem Einfluß, den in Rußland persönliche Stimmungen der maßgebenden Stelle auf die Politik ansüben, ist ohne Weiteres klar, wie leicht das deutsche Interesse Schaden nehmen kann, wenn jene maßgebende Stelle von deutscher Seite mit berechtig tem llumuth erfüllt wird. Berlin, 23. September.» Der Geburtstag des H e r z 0 g s v v u Cumberla n d ist von den welfischcu Parteigängern in der üblichen Weise als willkommene Gc legcuheit zur Belebung der wölfischen Agitation begangen worden. Bei solchen Anlässen schwelgen die wclfischen Agitatoren in einer maßlosen Verherrlichung der früheren hannoverschen Königsfamilie einerseits, in einer maß losen Herabsetzung und Befehdung Preußens andrerseits. Der ReichstagsabgcvPduete Freiherr v. Ho den berg hat sich in der Stadt Hannover dieses Mal der letzteren Aufgabe zu unterziehen gehabt, und er entsprach gewiß allen ans ihn gesetzten Erwartungen, wenn er seinen Zuhörern erzählte, daß preußische Officiere uud U » t e ro f f i c i e r e in der Villa d e S s ä chsischc n Ni j n i st e r p rä f i d e n t e u von B e u st ä h » li ch wie die E n g lä n d c r in Süd - afri t a g e h a u st hätten. Ein anderer welfischer Baron und Reichstagsabgeordnetcr, Freiherr v. Schclc- Wunsleif, bemerkte in Anknüpfung au den Umstand, daß der Herzog von Cumberland, wenn nicht l866 dazwischen gekommen wäre, im nächsten Jahre sein 23jähriges Regie rungsjubilänm feiern würde: „Was das für unser Land Feuilletsn. Der rechte Augenblick. Bon G. v. Rawitz fBerlin). »to b ruck >> 11 » en. Der schöne Sommertag ging zu Ende. Leise schwank ten die weiten Aehrenfeldcr im Westwind, dic Kronen der Fichtenwälder waren in blasses Roth getaucht, und die ge fieberten Säuger verstummten, einer nach dem anderen. Auf dem schmalen, grasüberwachjenen Feldweg ritten zwei Officiere der Leib-Ulanen. Sie hatten die Zügel ihren Gäulen lose auf den Hals geworfen, bedächtigen Schrittes gingen dic Pferde, bald rechts, bald links eine GraSstaudc schnappend oder einige Aehren auSrenfend. Lose und bequem saßen die beiden Retter im Sattel, den Uebcrrock aufgeknöpft, die Mütze weit aus der Stirn ge schoben, die Füße in die Bügel vorgestreckt. Jenseits der leichten Niederung, zu der der Piad hinab bog, ragte über Buschwerk und Tannen ein alter Kirch thurm; von dort klang heiser der Schlag einer Uhr herüber. „Acht Uhr, Haverbeck, es ist Zeit, nmzukehrcu, wenn wir noch um neun Uhr im Casino sein wollen." Der Angcredetc blickte zerstreut auf und erwiderte mechanisch: „Acht Uhr". Dann fiel er wieder in nach denkliches Schweigen. „Hören Sie mal, Haverbeck", fuhr der Andere fort, der seineu Kameraden eine Weile beobachtet hatte, „ia- werde auS Ihnen nicht recht klug. Sie reiten nun schon eine geschlagene halbe Stunde in solcher Trttbesimpelei. Gotts- donncrwetter! Fühlen Sie sich denn bet uns hier in Langenrode so unglücklich? Ist ja allerdings nur ein kleines Nest, das ist wahr! Aber doch hübsch in seiner Art. Sie sind doch viel herumgckwmncn uud haben alles mög liche Schöne gesehen, Ihnen kann doch unmöglich der Zauber entgehen, der auch über unserer Mark liegt. Ich für meinen Theil ziehe Aöbrenwald und Roggenfeld, Erika und altes Pfarrhaus dem ganzeu Golf von Neapel vor, einschließlich Vesuv, Sorrent und Tasso. Und unfern Länger haben wir auch. Bin zwar schwach im Gedächtniß für alles Musikalische nnd Dichterische — ausgenommen unsere Signale — aber das Eine hab' ich doch bcbalten, weil cs so kurz und so hübsch ist: Blaue Havel, Grünewald, Grüß' mir alle beide, Grüß' und sag', ich käme bald, Und die Tegeler Haide! Ist das nicht charmant, was?" „Grüß' und sag', ich käme bald —" wiederholte der Andere — „ja, das ist schön. Rüder, das haben Sie mir aus der Seele gesprochen — und das ist's gerade was ich so gern sagen möchte und nicht sagen darf: Ich komme bald! Und wenn auch nicht Grünewald und Iuugfern- kaide, aber doch das, was sic umschließen, die liebe Stadt, in der ich glücklich gewesen bin." „Ra, nun ist's ja raus. Alio Berlin liegt Ihnen noch immer in den Gliedern! Aber Mann! In anderthalb Stunden können Sie mit dem 0<Hug da sein! Denken Sie mal, wenn Sie in Gumbinnen ständen oder in Saar burg, daS wär' doch noch anders. Aber offen gesagt — ich glaube gar nicht, daß es Berlin ist, Haverbeck, — der Gardekragen, den können Sie nicht verwinden." Herr von Haverbeck lächelte nnd sah seinem Kameraden voll ins Gesicht. „Wie lange kennen wir Beide uns schon? Seit der Kriegsschule — nicht wahr? Das sind runde zehn Jahre, und eine geraume Zeit davon haben wir nnS Tag Zür Tag gesehen." „Auf Bor-Anstalt und Akademie." „Ja, nnd in Hannover — das macht eine lauge Frist, Röder, aber so richtig kennen gelernt haben Sie mich doch nicht." „Na ja, Psijchologie ist nicht meine starke Seite, da haben Sie Recht." „Weiß Gott, denn sonst müßten Sie wissen, daß ich mir aus dem Gardetand verflucht wenig «ache'.ll „Also nur die Großstadtluft — Künste und Wissen schaften? Dafür waren Sic von jeher, das weiß ich!" „Auch nicht, auch nicht, alter Freund! V'el näher liegend, das, worauf jeder Andere sofort kommen würde, die lächerlich alte Geschichte!" „Oü vst la t'smnie?" „Ia, lieber Röder, eine Frau, oder, wenn Sic wollen, ein Mädchen." „Nu hören Sie 'mal, Haverbeck — da die Sachen so liegen, mag ich nicht weiter fragen, aber das ist doch nicht das Schlimmste." „Sagen Sic das nicht, vielleicht ist das gerade das Schlimmste; cs kommt freilich ganz ans den Mann au." „Und auf das Mädchen." „Weniger, Röder, viel weniger! Die Frauen em pfinden doch nicht so lief wie wir, phusisch wie geistig. Sic können leichter überwinden, schneller sich unpassen. Ei ist charakteristisch, daß sie Familie, Heimath, Namen und Unschuld aufgcbcu, um einem Ciatten z.. folgen. Könnten wir Männer das? Sv leiden sic auch nicht, oder weniger als wir, wenn das Geschick zwischen sic und dcn Mann ihrer Wahl tritt." „Wenn ich Sie recht verstehe, ist cs eine ernsthafte Ge schichte. Aber auch da vermag ich nicht so schwarz zu scheu. Wer, lieber Haverbeck, wird Ihnen einen Korb geben? Wenn es nicht gerade eine Prinzessin aus souveränem Hause ist — und auch die steig«-« — nebenbei bemerkt — in letzter Zeit zu uns anderen Sterblichen herab." „Nein, Röder, eine Prinzessin ist cs nicht, eher das Grgentheil!" „Ich weiß nicht — ach so! — ich eapire. — - Nicht aus unseren Kreisen: kleine Bourgeoisie?" „Auch das kaum! Aus dem Volk!" Röder zog den Zügel an, so daß sein Gaul sich auf die Hinterhand setzte: „Mein Gott — aber doch nicht ernsthaft, Haverbeck?" „Höllisch ernsthaft, mein lieber Röder, so ernsthasd. daß ich mir nur noch überlege, ob ich vor oder n a ch dem Manöver meinen Abschied riureichen soll.'! „Goitsdvnncrivctt . . . pardon, Haverbeck, ich bin zu überrascht! Wer tonnte das aber auch ahnen? Sie haben ja auch nicht die leiseste Andeutung fallen lassen!" „Ich mußte erst mit mir selber fertig werden!" „Aber Haverbeck, Haverbeck, alter, lieber Kerl! Haben Sie sich die Geschichte auch ordentlich überlegt? Den Dienst guittiren. heirathcn -- das ist doch kein Butter- brvd essen' Haben Sie bedacht, was Sie Alles aus geben? Was Sie dafür enttäuschen!'. „Wahres, echtes, einfaches Glück! Zufriedenheit, die ich im Wasfeurvck nnd Manta nie gefühlt habe!" „Das hoffen Sie! Und Sie werden auch das Ihre dazu thnn! Aber der andere Theil?" „Auch der wird das Seine veitragen!" „Wollen — ja! Aber auch können!?" „Ich nehme die Absicht für dic That!" „Sic — aber die Welt nicht!" „Die kümmert mich wenig!" „Aber Sie werden sie doch nicht entbehren können." „Doch! Ich kann Alles entbehren — Sic glauben nicht, wie wohl ich mich im Manöver, wenn ich beim Bauern im Ouarticr liege, unter den einfachsten Verhältnissen fühle: Eine Schüssel Kartoffeln nnd ein Stückchen Torfstraßc, das genügt." „Sic sind ein Schwärmer! Zugegeben: es ist famos, viernndzwanzig Stunden, fern von Madrid, in rusticaler Einfachheit zu leben. Aber, lieber Freund, das große Aber isi: Sie können zurück! Zurück in unsere Welt, un sere Lust, unseren Kreis! Der Gedanke dieser Möglich keit wiegt eine Hemisphäre. Wenn Sie jedoch lieirathen —" „Dann find die Schiffe verbrannt! Und das nat auch sein Gutes. Dann stärkt das „Miß" die moralischen Nerven." „Und dann - verzeihen Sie die Frage — können Sie das Alles finanziell durchführen? Das Gehalt fallt weg und die Zulage —" „Auch, lieber Röder, denn meine Familie giebt natur lich keinen gebogenen Groschen dann für mich bar. Ich muß eben Ar'bcit suchen. Glücklicher Wene habe ich Vieles
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