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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020930015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902093001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902093001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-30
- Monat1902-09
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6750 voll« Beruf de» Soldaten darf durch ehrenwidrige Be handlung desselben nicht herabgewürdigt werden. Wer die Untergebenen vorschriftswidrig behandelt, beleidigt oder gar miß handelt, oder wer seine Dienstgewalt dazu mißbraucht, um aus Kosten seiner Untergebenen sich Vortheile zu verschaffen, wird nach drücklich bestraft. Glaubt der Soldat, Veranlassung zur Beschwerde zu haben, so ist er dennoch verbunden, seine Dienstobliegenheiten unweigerlich zu erfüllen, und erst demnächst seine Beschwerde auf dem verordneten Wege anzubringen. Wer eine Beschwerde auf unwahre Behauptungen stützt oder unter Abweichung von dem vorgeschrirbenen Dienstwege anbringt, wird mit Freiheitsstrafe belegt. Gemeinsame Berathungen von Soldaten über militärische Angelegenheiten, Einrichtungen oder Befehle ohne dienstliche Ge nehmigung, sowie daS Sammeln von Unterschriften zu einer gemeinsamen Beschwerde sind mit der militärischen Mannes zucht nicht vereinbar und werden bestraft. Schwere Strafe trifft denjenigen, der es unternimmt, Mißvergnügen in Beziehung aus den Dienst unter seinen Kameraden zu erregen. Ter Soldat soll ein ordentliches Leben führen und darf weder Schulden machen, noch dem Trünke, dem Spiel oder anderen Ausschweifungen sich ergeben. Auch muß er vom Zapfenstreich bis zum Wecken in seinem Quartier sein, wenn er nicht im Dienst sich befindet oder von seinem Vorgesetzten Erlaubnis erhalten hat, sich anderswo aufzuhalten. Bei strafbaren Handlungen gegen die Pflichten der militärischen Unterordnung, bei allen in Ausübung deS Dienstes begangenen strafbaren Handlungen bildet die selbst, verschuldete Trunkenheit des Thätcrs keine» MilderungSgrund. Wer im Dienst oder nachdem er zum Dienst befehligt worden ist, durck Trunkenheit zur Ausführung seiner Tienslverrichtung sich untauglich macht, wird mit harter Freiheitsstrafe belegt. Der Soldat darf im Kampf, in Noth und Gefahr seine Kameraden nicht ver lassen, muß ihnen nach Kräften Hilfe leisten, wenn sie in erlaubten Dingen seines Beistandes bedürfen, und soll mit ihnen in Eintracht lebeu. Schlägereien und Beleidigungen der Soldaten untereinander Werden nachdrücklich bestraft. * Berlin, 29. September. tU l t r a m v 11 t a n i S- muö und W i r t h s cl> a f t s p o l i t i k., Im „Vorwä'.-s" wird ein recht artiges Stüctlei» erzählt, als Beispiel dafür, wie vortrefflich die Klerikalen cs verstehen, die religiösen Bedürfnisse ihrer Heerde realpvlitisch zu verwerthen. Es wird da erzählt: Zwischen dem Kreise Esckwcgc und dem sogcnaniucn „Eichö- fcld", also dem Kreise Heiligcnsradr und Mühlhausen i. Thür., liegt ein Berg, der sog. „H ülfenSbc r g", auf dessen Höhe sich eine Wallfahrtscapcllc nebst der Niederlassung eines Klosters befinde:. Seit langen Jahren wallfahrtet hierher zu verschie denen Zeiten des Jahres ein großer Thcil der Katholiken, namentlich aus dem EichSfcld. Tie zunächst bcthciligtcn Dörfer der Umgebung wie Bcbendorf, Geismar, Erdhaufen, Dürings dorf haben durch die Ansammlung der großen Menschenmasfcn wirrhschaftliche Vorthcilc. Tic kirchliche Qberbehörde «der Bischof in Paderborn) hat nun vor einiger Zeit an die Ge meinde Bebendorf, zu deren Eigcnihum angeblich das Plateau mit der darauf befindlichen Wallfahrtskirche gehört, das Er suchen gerichtet, diesen Platz als Eigcnthnm der kirchlichen Behörde in Paderborn anzucrkenncn. Tie politische Gemeinde Bcbendorf ging auf dieses Gesuch nicht ein und behauptete ihr EigcnthumSrccht. Daraufhin verfügte die kirchliche Qbcrbehördc des EicbSfcldcs im April dieses Jahres, daß in Erwägung der Haltung der Gemeinde Bebendorf hinsichtlich des Cigcnthumsrcchts der bischöflichen Be hörde hinfüro keine Wallfahrten nach dem Hülfensberg mehr siartfinden, sondern daß diese Wallfahrten nunmehr nach dem „Keffcrschen Berg" bei Dingelstädt verlegt würden. Dieser „Boycott" brachte nun für die wirthschaftliche Lage der nm den Hülfensberg gelegenen Orte Nachtheile. Im Laufe dieses Jahres wurden die Wallfahrten säinimlich nach dem „Keffcrschen Berg" Lirigirt. Bald wurde die Gemeinde Bcbendorf durch die Sperre mürbe gemacht und sic hat neuerdings das Eigen- thumsrccht der bischöflichen Behörde ancrkann t. Nun fin den auch laut Verfügung der geistlichen Sbcrbehördc die Wall fahrten in gewohnter Weise wieder nach dem HülfcnSbergc statt. Das wäre also wirthschastlicher Boncott von Seiten der hohen Kirchenbchördc nm eines gewiß recht weltlichen Vortheiles willen. (D Berlin, 29. September. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet: Der Neubau in Charlotten- burg für die vom Reich beabsichtigke ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt ist nabe;» vollendet. Nach seiner Vollendung und inneren Einrichtung soll die Ausstellung im nächsten April eröffnet werden. — Etwas verspätet berichtet nun auch das amtliche Blatt deS russischen Kriegsministeriums, der „Russkij Invalid", über den Empfang der russischen Militärdeputation durch Kaiser Wilhelm in Posen. DaS Blatt theilt dabei auch die Ansprache mit, die Kaiser Wilhelm an die Depu tation hielt. Nach dem russischen Text lautet dieselbe etwas anders, als nach der von deutscher Seite verbreiteten Version. Wie der „Russkij Invalid" bemerkt, sprach Kaiser Wilhelm deutsch und sagte etwa Folgendes: Schon lange wollte Ich die Gcnugthuung haben, Cie bei Mir zu sehen, und Ich bin sehr froh über die Verwirklichung dieser Ab sicht. Bei Meiner letzten Zusammenkunft mit Ihrem Herrscher in Reval sprach Ich Sr. Majestät Meine Bitte aus und drang ins- besondere auf Ihren Empfang hier in Posen. Beide Reiche sind durch Jahrhunderte der Freundschaft verbunden, und als symbolische Bestätigung dessen, daß wir zwei Glieder einer und der selben Kette bilden, tauschte Ich bei der letzten Zusammenkunft die Achselbänder mit dem Kaiser Nikolai und legte sie jetzt zum ersten Male an. Sie meine Herren, als Militärs, verstehen voll kommen, daß man in einer Grenzfestnng nur Freunde aus- nehmen darf, von denen man nicht glauben kann, daß ein Zu sammenstoß mit ihnen möglich ist. Ich gab deshalb den Befehl zur Auflassung der Befestigungen von Posen in der Annahme, Laß sie nicht vöthig sein können und daß die feste Freundschaft beider Reiche nie'gestört werden kann. — Zu Ehren des Ministers der öffentlichen Arbeiten Budde findet am Montag Abend im „Kaiserhof" ein Festmahl statt, Las noch nachträglich als Abichiedsmahl für den früheren General- director der deutschen Waffen» und Munitionsfabriken veranstaltet wird. * Friedrichs»-»-, 29. September. Der Umbau deS hiesigen Schlosses ist jetzt soweit gefordert worden, daß dessen Räume bezogen werden können. Die fürstliche Familie ist heute hier eingetrosfen, um dauernd Wohnsitz im Schlosse zu nehmen. DaS Sterbezimmer des Alt reichskanzlers ist unberührt geblieben; eö soll in dem Zu stande erhalten bleiben, wie cS war, als der große Kanzler in ihm die Augen für immer schloß. Der neue Anbau deS Schlosses ist noch nicht ganz fertig gestellt, geht aber demnächst seiner Vollendung entgegen. (Mgdb. Ztg.) * Hamburg, 28. September. Wegen „A nrcizung verschiedener Elasten der Bevölkerung zu Gewalt- thätigkcitcn gegen einander" 18 IM St.-G.-B.f ivurdc in dieser Woche znm zweiten Male gegen zwei Leute von 2t Jahren verhandelt. Der erste Angetlagtc, ein Schriftsetzer, ist Besitzer und Redactcnr der hiesigen Zeit schrift „Die Republik;" der zweite ist Commis und Verfasser eines in diesem Blatte erschienenen Artikels, der socialistisch gemeint war, in Wirklichkeit aber blos kon fuses Zeug enthielt. Beide Angeklagten standen nun schon im März hier vor Gericht, wurden aber von der Anklage der Aufreizung gegen, die besitzenden Elasten fr ci- gesprochen' weil der Artikel einfach unsinnig fei. Auf staatsanwaltliche Revision verwies das Reichsgericht die Sache an das Landgericht zurück, weil nicht festgesteüt sei, ob durch den Artikel eine Aufreizung nicht wenigstens möglich gewesen sei. Das Gericht kam aber auch heute zur Freisprechung «der Angeklagten. Der Staats anwalt hatte drei Monate Gefängniß beantragt. (Frkf.Z.) --- Altenburg, 27. September. Bisher ist das Herzog- thum Altenburg im sächsischen Eisenbahn« rathe durch ein Mitglied -es Ministeriums, Herrn Staatsrath vr. Stühr, vertreten. Um nun die Interessen der altenburgischen Bevölkerung im Eisenbahnrathe stärker betonen zu können, hat die hiesige Handelskammer be- 'chlvssen, für das Herzogthum Altenburg um einen zweiten Sitz in dieser Körperschaft zu ersuchen, zugleich aber auch bei der preußischen Regierung, welche ebenfalls mehrere Bahnen im altenburgischen Gebiete besitzt, vor stellig zu werden, daß durch die Hinzuziehung einer ge eigneten Persönlichkeit der Bevölkerung des Herzogthums auf die Entscheidung gewisser Fragen im Eisenbahnwesen dem Herzogthum ein Einfluß gesichert werde. R. Zabrze, 28. September. Die hier seit Ostern er- cheiiicnde „Gazeta Polska" wird zum 1. October be reits ihr Erscheinen wieder einstellen. Das Blatt hat in den ersten sechs Wochen seines Erscheinens 15 Anklagen er halten und in der letzten Woche noch 6 neue dazu. Der Redactcnr und der Herausgeber schreiben, daß der Posten zn erpvnirt wäre und in Folge besten müßten sie das Unter nehmen wieder fallen lassen. * Aus Baden, 28. September. In der LandeSver- ammlung der nationalliberaleu Partei, die heute in Baden-Baden tagte, wurden den verstorbenen Partei mitgliedern Bennigsen und Oechelhäuser ergreifende Nachrufe gewidmet und darauf einstimmig folgende Reso lution gefaßt: Der LandesauSschuß giebt sein Einverständniß mit der Haltung der Kammerfraction in der Frage der Zulassung der Männer orden kund und erachtet die einer solchen Maßnahme entgegen- tehenden politischen und wirthschaftlichen Bedenken für derart schwerwiegend, daß er an die Regierung die dringende Bitte richten muß, sie möge an der seitherigen Praxis auf diesem Gebiete auch künftighin sesthalten und von dem Paragraphen 11 deS Gesetzes vom 8. Oktober 1860, insoweit Männerorden in Frage komme», keinen Gebrauch machen. In der Debatte betonte Präsident Eck art-Mannheim, daß der Großherzog gewiß seine Entschließung in der Eoncordatsfrage nicht vergessen habe, daß man also auch die Zuversicht hegen dürfe, daß er die heutige Bitte er füllen werde. (-) München, 29. September. (Telegramm.) In der heutigen Jahresversammlung des Landwirthschaft- licheu Vereins Bayerns wurden auch die Fragen, be treffend die Fleischversorgung, lebhaft diScutirt. Im Laufe der Debatte betonte der Minister des Innern, Frhr. v. Feilitzsch, betreffs der Grenzsperre sei nur das Reich competent. Die Staatsregierung wirke auf die Erleichterung res dirccte» Geschäftsverkehrs zwischen den Metzgern und den Viehproducenten hin. Sobald das Gesammtmaterial von den kürzlich seitens der Regierung Bayerns an geordneten Erhebungen über die Fleischversorgung vorliege, beabsichtige die Regierung Bayerns eine commissio» nelle Berathung sämmtlicher einschlägigen Fragen unter Bei ziehung von Vertretern aller Interessentenkreise. Auf Grund dieser Berathung werde die Regierung weiter erwägen, welche Maßnahmen zur Minderung der hohen Fleischpreise nöthig seien. Die Regierung behalte stets die Interessen der Land- wirthschaft im Auge. (Lebhafter Beifall.) Hierauf wurden andere Fachfragen erörtert. * In München spielen sich die politischen Gegensätze so zu sagen in intimerer Weise ab alS anderswo. Ist Jemand mißliebig, dann bringt man ihm eine Katzenmusik und Hal seinen Gefühlen Luft gemacht. Diese zweifelhafte Ehre wurde am Sonnabend Abend dem vr. Orter er zutheil. Etwa 1000 junge Männer haben ihm in dieser anfechtbaren Form Antwort darauf gegeben, daß er die Akademiker Jungens nannte, „die die Kinderjacken kaum auSgezogen haben". Nun wird er sagen, sie hätten selbst den Beweis für seinen Ausspruch erbracht. Oesterreich - Ungarn. Königin -er Belgier * Wien, 29. September. (Telegramm.) Auf Veran lassung des belgischen Gesandten fand heute Vormittag in der Augustiner-Kirche ein Requiem für die Königin der Belgier statt, welchem Kaiser Franz Josef und andere Mitglieder deS Kaiserhauses, der Minister deS Aeußern Graf GoluchowSki, die Ministerpräsidenten v. Körber und v. Szell, die übrigen Minister und die Hof- und Staatswürdenträger beiwohnten. Tie alldeutsche Bewegung i» Ungarn. * Pest, 28. September. Die hiesigen Blätter richten einen warmen Appell an die ernste deutsche Presse, sie sollte die alldeutsche Bewegung in Ungarn nichtz begünstigen, und zwar durch ihre Parteinahme für zwei gerichtlich abgeurtheilte deutsche Redacteure in TemeSvar. Diese Urtheile wurden von Schwurgerichten gefällt. Zu den Geschworenen gehörten auch Bürger deutscher Zunge. Der Regierung stehe keinerlei Einfluß auf die Zusammensetzung der Schwurgerichte zu. Auch für die politische Ausweisung der zwei Genannten könne die Re gierung nicht, weil die Polizei, so lange die Verwaltung nicht verstaatlicht sei, autonome Gemeindebehörde sei. Den AuS- gewiesenen stehe allerdings die Berufung an daS Ministerium noch offen. (Mgdb. Ztg.) Allpolnischer Congreß. F. Lemberg, 26. September. Der geplante allpolnische Eongrcß stößt auf verschiedene Schwierigkeiten, selbst im Polenlagcr. Der Vicepräsidcnt des Polenclubs, Graf W. Dzieduszicki, empfing dieser Tage einen Mitarbeiter der Lemberger „Gazeta Narodvwa", dem der Graf etwa Folgendes sagte: Es sei zu befürchten, daß man in Lem berg darüber berathen werde, was die Polen in Rußland und in Preußen thun sollen. „Die Polen in Rußland", so fuhr der Biccpräsidcnt des Polenclubs fort, „können zum Eongrcß nicht erscheinen; ohne sie zu berathen, ist aber unzulässig, und dies um so mehr, als wir sic ja neuen Verfolgungen aussctzcn könnten. Auf einem Congresse in Lemberg über Angelegenheiten der preußischen Polen z'u berathen, auf diesem Congresse darüber zu beschließen, wie sich die Polen in Preußen zu verhalten haben, heißt der preußischen Regierung Argumente liefern, denn sic predigt ja, daß es wegen der allpolnischen Agitationen nöthig ist, den Polonismns mit allen möglichen Mitteln zu bekämpfen." — Das Krakauer demokratische Polenblatt „Rvwa Rcforma" weist darauf hin, daß der Congreß be züglich der Polen in Preußen oder Rußland sich «nur auf einen informirenden Standpnnct stellen solle". Bezüglich der Polen in Rußland und Preußen dürfe der Congreß weder Proteste, noch Resolutionen beschließen. Frankreich. Tie rumänische Jndenfrage. * Paris, 28. September. Wie verlautet, beabsichtigte Delcassö anfangs, sich bezüglich der rumänischen Juden frage aus den Standpunct Englands zu stellen; er wurde jedoch daran durch russischen Einfluß gehindert. Schweiz. Ein «euer Ltratzenbahnerstreik tu Genf. * Gens, 28. September. In Folge administrativer Maß nahmen der Tramdirection, Versetzungen rc., die mit dem Schiedsspruch des StaatSralheS in Widerspruch stehen, ist abermals ein fast allgemeiner Straßenbahnerstreik auS- gebrochen. Nur 15 Wagen verkehren unter starkem Polizeischutz und werden vom Publicum mit Pfeifen begleitet. (Frkf. Ztg.) * Gens, 28. September. Die Ursache deS Streiks besteht außer in den Versetzungen auch in der gestern er folgten angeblich grundlosen Kündigung von vier An gestellten. Während des ganzen Tags kam es zu lärmen den Straßendemonstrationen gegen die unter starkem Polizeischutz fahrenden Wagen, deren Zahl Nachmittags nur noch acht betrug. Eine Versammlung beschloß einstunmig, im Streik zu verharren. Großbritannien. Ter voerenausruf; Salisbury. * London, 29. September. (Telegramm.) General Viljoen, Commandant Malan und andere Boerensührer sind in London angekommen. Viljoen erklärte im Laufe einer Unterredung, er beabsichtige keineswegs, die Rundreise Botha'S, Delarey'S und De Wet'S mit zumachen, da er den Aufruf nicht zu billigen vermöge. Die Boereogenerale handelten entschieden unklug, die ihnen vom britischenVolkdargeboteneHandundFreundschaftzurückzuweisen. Die Boeren sind versöhnlich gestimmt, des Streites müde und be dürfen endlich der Ruhe und der Gelegenheit, sich zu rebabi- litiren. Aber auch eine versöhnlichere Haltung der britischen Behörden der neuen Colonien sei erforderlich, um in Eintracht die Verschmelzung der beiden Rassen in Südafrika herbei- znführen. (Voss. Ztg.) * Luzern, 29. September. (Telegramm.) Im Be finden Lord SaliSbury'S ist eine Besserung eingetreten. Rußland. * Der über die russische Grenze auSgewicscne Student Katajew befindet sich, wie dem „Berl. Tagebl." aus Petersburg be richtet wird, augenblicklich noch in Untersuchungshaft und sei nicht verurtheilt. Die russische Regierung lege diesem Ge fangenen kein besonderes Gewicht bei, da er nur zur Kategorie der sogenannten „Postillone" gehöre, die mit der Verbreitung „anarchistischer Schriften ziemlich unschuldigen Cbaraklers" beschäftigt seien. Sein Unheil werde daher „höchstens auf zweijährige Ausweisung nach Sibirien lauten". Orient. Bulgarische Banden. * Konstantinopel, 28. September. (Wiener Corr.-Bureau). Um gegen die bulgarischen Banden, sowie gegen die unruhigen Elemente überhaupt energisch vorgehen zu können und um die Ruhe Makedoniens zu sichern, sollen mehrere Revis-Bataillone der VilajetS Saloniki und Kosovo unter Waffen berufen sein. Hauptversammlung des Verbandes selbst ständiger öffentlicher Chemiker Deutschlands. ii. -—m. Leipzig, 29. September. Im Verlaufe der weiteren Verhandlungen der Hauptversammlung sprach Herr Or. H. Thiele-Dresden über die Entnahme bakterio logischer Wasserproben, die der chemischen Unter suchung dienen sollen, hierbei unter Vorführung sinnreich con- struirter Apparate die praktischen Methoden erläuternd, die von ihm für seine bakteriologischen Arbeiten zur Untersuchung von Wasser aus fließenden Gewässern und aus der Tiefe angeivciidet worden sind. Aus der hierüber geführten Tiscussion ging im Wesentlichen unter Anderem hervor, das; nickt die zu diesem Zwecke entnommenen Wasscrproben versandt, sondern die Cul- lurcn an Ort und Stelle angelegt und in Eis verpackt verschickt werden sollen. — Nach kürzer Mittagspause nahmen die Bc- rathungen ihren Fortgang, zunächst eingelcitct durch Mit- thcilungcn des Herrn Or. N. W o y » Breslau über die an geblichen Kalium Verluste bei der Veraschung organischer Substanzen, insbesondere bei Herstellung von Werna scheu. Nach den Aus führung c des Referenten ist mit Hilfe der Wisliccnus'schcn Apvaraü bei einer Ueberlcitung von Sauerstoff ein Kalium verlust nicht zu bemerken, noch weniger bei Zugabe von Kohlen stoss, ivobl aber, wenn auch nur scheinbar, eine kolossale Differenz bei Ilcbcrlcitimg von Luft. Ties erklärt sich daraus, daß bei der Veraschung organischer Substanzen eine Verwandlung in Sul fat und Hydrat cintritt. Redner glaubte, indem er die Fehler quelle mit aller Eractheit nachwres, den Beweis erbracht zu haben, daß Kalium sich nicht verflüchtige, sondern nur durch Umwandlung in Sulfat scheinbar verschwinde. Von anderer Seite wurde noch hinzugcfügt, daß auch bei Anwendung von comprimirtem Sauerstoff nicht der geringste Kalinmvcrlust zu beobachten gewesen sei. Ium nächsten Punct der Tagesordnung, die Anforde rungen der N a h r u n g s m i t t e l ch c m i k e r an Tcig- waaren und deren praktische Durchführbar keit betreffend, nahm Herr Oe. G. Popp- Frankfurt a. M. das Wort. Er erwähnte zunächst die Beunruhigungen, die der Teiglvaarem'ndustrie in jüngster Zeit durch die Angriffe der Nahriingsmittclchemikcr erwachsen seien, und kam nach längeren Ausführungen zu der Ansicht, daß die Färbung der Eicrteig- waaren dem Käufer durch eine deutliche Declaration bekannt ge geben werden müsse. Ein Verbot des Färben? könne sich nur auf alle Tciglvaaren erstrecken und sollte gerechter Weise auch gleichzeitig ans andere RahrnngS- und Genußmittcl ausgedehnt werden. Die etwaige Festsetzung eines Minimal-Eigehaltes habe nur unter Berücksichtigung der Fabrikationsverhältnisse, sowie des Genußwerthes der Maaren und nicht nach den Verhältnissen der Hausküche zu erfolgen. Hierzu gab noch der Vorsitzende deS Deutschen Verbandes deutscher Teigwaarenfabrikanten, Herr Theodor Haller- Friedrichsdorf (TannnS) einige ergänzende Bemerkungen, dahin gipfelnd, daß von den reellen Fabrikanten Alles gcthan lvcrde, was man von ihnen billiger Weise verlangen könne. Er erbat sich hierbei die Unterstützung der Chemiker, die auch Herr Hofrath Oe. Forster-Planen nach der Seite der Belehrung der Tc- taillisten zuzusagcn wußte. lieber eine Beobachtung in der Backstube wußte hierauf Herr Hofrath Or. Forster- Planen i. V. zu sprechen. ES handelte fick hierbei um deu Nachweis von zinkhaltigem Brodteig und Brod, daS durch Verwendung von mit Zinkblech anSgeschlagenen Backtrögen entstanden sei. Bei seinen Re visionen bat Referent in 96 Dörfern 29 mit Zinkblech auSgc- schlagene Backtröge und in 179 städtischen Backstuben deren 78 gefunden. Er befürwortete, daß die Physiologie diese Frage annehmc und ein reichSgcsetzlicheS Verbot solcher Backtröge aus gesprochen werde. Defraudation verhaftet. Die veruntreute Dumm« beläuft sich nach den bisherigen Erhebungen auf 8000 Kr. Die Cassirerin täuschte die Controlorgane dadurch, daß sie bei Zusammenstellung der Eisenbahnbillele in Packete auf die billigsten Fahrkarten, nämlich jene der ersten Zone, zu oberst stets ein Billet der vierzehnten, also theuerstcn Zone legte und dadurch den Glauben erweckte, daß auch die darunter liegenden Billete mit dem zu oberst liegenden im Preise gleich seien. In Folge dieser Manipulation wurde natürlich ein viel größerer Wertb deS ganzen KartenpacketS angenommen, als er in Wirklichkeit war. ----- Krteglach in Steiermark, 29. September. (Tele gramm.) Sonntag Mittag eröffnete Rosegger in Gegen wart von mehreren bunderr Festgästen das von ihm seinem heimathlichen 1000 Meter hochgelegenen Bergdorf gestiftete Waldschulhaus Krieglach-Alpel. Der Dichter legte den Schlußstein mit dem Wahlspruch: „Fester Wille führt zum Ziele". In schlichter eindrucksvoller freier Rede sagte er, endlich sei ihm ein langgehegter Lebenswunsch erfüllt worden. Dank gezieme dem steierischen Grundbesitzer Baron Srßler, der das Bauholz, und dem Berliner Industriellen Markiewicr, der die Schuleinrichtung gespendet. Zum Schluß ermahnte Rosegger die Bauernschaft seines Heimaldgaues, der Scholle treu zu bleiben und nicht auszuwandern. (Voss. Ztg.) ----- Paris, 27. September. Die beiden polnischen Duellanten, von denen gestern einer erschossen wurde, waren ganz junge Leute, kaum zwanzig Jahre alt. DaS ganze Duell war eine Farce mit leider tragischem AuSgang; ebenso jung und unerfahren wie die Duellanten waren die Secundanten, welche nichts von den zu beobachtenden Regeln verstanden. Der unglückliche Belkiewicz, der im Duell er schossen wurde, hatte seinen Standplatz tiefer als fein Gegner Nieciengiewicz und stand mit dem Gesicht gegen die Sonne, welche ihn blendete. Nieciengewicz stand höher und konnte von oben herab bequem zielen. Diese Plätze waren von den Secundanten ohne Anwendung deS Looses angewiesen worden. Die Secundanten werden sich in diesem Falle vor Gericht zu verantworten haben. ----- Rom, 28. September. Mitten in der allgemeinen Bestürzung, während noch wildentfeffelte Herbststürme über Sicclien dabinfegen und die Gewässer gleich stürmischen Gießbächeu schrankenlos über die ruinenbedeckte, schwer heim gesuchte Campagna hinbrausen, hat man mit dem schwierigen NettungSwerk der Personen begonnen und sucht gleich zeitig die umhergestreuten, oft zur Unkenntlichkeit entstellten Leichen zu bergen. In Scicli bei Modica wurden die eng aneinander geschmiegten Körper eines alten Ehepaares, die der Tod nicht zu trennen vermochte, aufgefischt. Viele Frauen haben vor Schmerz den Verstand verloren. Jbre Augen haben keine Thränen mehr, sie irren stumm umher, die Kleider zerrissen und mit Schlamin bedeckt. Andere schluchzen herzzerreißend. Nicht genug können die Truppen und Behörden gelobt werden, welche dem Sturm und dem Regen, dem grausigen Anblick trotzend, bei dem LiebeSwert wetteifernd sich zu überbieten suchen. Ter Präfcct hat das Ministerium telegraphisch ersucht, die Steucrcontributionen zu suspendircn. Die Kaufleute beantragen Verlängerung ibrer Wechselverpflichtungen. Minister Giolitti sandle zur Stillung der ersten Noth 2000 Francs, der Römische Preß verein 1000 Francs. Der Bürgermeister von Rom wird sich in hervorragender Weise betbeiligen. Mailand hat bereits die Initiative ergriffen. (B. T.) ----- Neapel, 29. September. (Telegramm.) Seit heute Morgen fällt bei heftigem Sturm ein wolkenbruch artiger Regen. Das Meer ist äußerst bewegt. Die Dampfer kommen mit großer Verspätung. Der Eisenbahn verkehr und die telegraphische Verbindung mit Sicilien ist unterbrochen. ----- Chieti, 29. September. (Telegramm.) In Folge des Sturmes entgleiste gestern Abend zwischen den Stationen Vasto und Sansalvo ein Güterzug. Sechs Wagen sind zertrümmert, andere beschädigt. Ein Beamter des Zugpersonals ist gctödtet. — Lpinmcffen in Hawaii. Hawaii, die jüngste Colonie der Vereinigten Staaten, ist ein Paradies der Opiumsüchtigen. In keinem Lande der Erde unterliegt der Verkauf dieses gefährlichen Stoffs so wenig einer Beschränkung wie dort. In der kleinen Inselgruppe wird fast ebensoviel Opium ver braucht, wie in Len ganzen Vereinigten Staaten selbst. Ein tbatkräftiges Einschreiten gegen diese Seuche wird die erste Vorbedingung sein, wenn die Amerikaner menschenwürdige Zustände im alten Kanakcnreich schaffen wollen. „öomcin" sM in Ttückform (Keine Spur Seife enthaltend) und deshalb zur NM- unll SMnMKMge unentbehrlich. Zu haben in allen Apotheken, Trogen- und Parfümeriehandlnngcn. Fabrik: Wu<^I>8 L.-Plagwitz. errtenmal qiebk der Simplicissimus einen Ratender heraus mit Illustrationen und Beiträgen seiner bekannten Rünstler und Mitarbeiter. Von jedem finden fick einige aus erlesene Arbeiten, die die Eigenart des Rünstlers am besten erkennen lassen. Der textliche Teil ist abwechs lungsreich und amüsant; zu den vielen lustigen Anek doten, Erzählungen und Gedichten gesellt'sich eine Reihe neuer, aus den Ratender gestimmter Artikel. — Preis r Mark. Unter Rreuzband M. r.ro Verlag von Älbcrt Langen in München (Lt). Die Auskunftei W. Schtmmclpfcng und die mit ilir ver bündete Tbc Itrackstreet Oampauz halten ihre bewährte Organi sation der Geschäftswelt empfohlen. Beide Institute beschäftigen in 147 Geschäftsstellen einige tausend Angestellte. Tarif und Jahres bericht in allen Bureaus poslsrei. Die Oberleitung der Auskunstei befindet sich in Berlin IV, Charlottenstraße 23. khkMe MeMmz "Ni- o -NL L iscults Entscheidungen des Reichsgerichts. Nachdruck »erboten. D. Leipzig, 29. September. Am 9. October findet vor dem Reichsgerichte der Termin in dem Civilprocesse gegen den Baron von Stietenkron ans Entschädigung wegen Tödtung de» Italiener» Pazzi statt. Vermischtes. ----- Halberstadt, 29. September. (Telegramm.) Die Strafkammer verurtheilte den internationalen Hoch stapler Gawandtka au» Berlin wegen fortgesetzter Hoch stapeleien, Einbrüche u. s. w. zu 10 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust. (Boss. Ztg.) — Pest, 27. September. Die 27jährige Cassirerin der StaatSeisenbahn-Gesellschast Hileue Frey tag wurde wegen Der chemisch reine „diainor-Iknrax" ist ckas natNrljodsto, milckesro un<l tzesünckestv Vvrnvlrttneriiiinniiiillel Ktr «II« Haut rin«! eix-net sich ckaber hesonckcrs rum tätlichen Ockrsuch im IVasohrvasser, sorvis als Ausatr rum rvarmen kack; uallhertrelliieh rum Ileioi-ren von Runck unck Bahnen. Xur echt, nenn in rotken Oartons (ru 10. 20 nnck 50 Lk.) mit nedieer Loliutrmarlce unck mit auskildrlü-ker ^u- loitunr«. — .,liniskl-Itvrax-8elso" mit Veilelion- Outt (in 8tilckeu rn 50 kk.). Beste n. miOesto Toiletteseite. Kaissp
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