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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030803022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903080302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903080302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-08
- Tag1903-08-03
- Monat1903-08
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Abend-Ausgabe UcipMtrTaMM Anzeiger Druck »ud Verlag voa C. Pol» tu Leipzi-. 97. Jahrgang Nr. 390 Montag den 3. August 1903. e gendc Auslastung der „Post" citiert: ,^Vie die deutsche 81 e c 7799 8717 -538 1241 1962 l230 l7S4 ri70 >481 iOS9 1633 l254 -772 i663 >136 984 663 1S1 508 O1S 435 m u 0 n at n- r- ir- :g> chen )er- rdet Haupt-Filiale Dresden: Marieustraße 84. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. NeLaktion und Expedition: Bohanni-gaffe 8. Fernsprecher 153 und L2L Fiti»levp,ditis«e« r Alfred Hahn, B«chhaadlg„ UutversttütSstr.S, U. U-sche, Kathartuenstr. Ich u. Köutg-pl. 7, Tinuahmrschluß fSr Anzeige»: Abend-Ausgab«: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen stad stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags nnimterbroche» geöffnet voa früh 8 bis abends 7 Uhr. ung ens die d- mit iser er- Se- ,u- „St. Manchesterschule" sondern ganz unmittelbar wirb in dem oben wiedergegebenen Abschnitt die Ansicht vertreten, daß der Freihandel flir die Arbeiter keineswegs daS allein seligmachende System sei, daß vielmehr „vorurteilsfreiere", „nur vom Standpunkte der Arbeiterklasse aus" sich ent scheidende Beurteiler die Vorzüge des Schutzzollsystems er- kennen. Widerspricht diese Auffassung völlig dem, was so wohl von der Sozialdemokratie, wie von den sozialdemo kratischen Gewerkschaften in Deutschland, mit wenigen Ausnahmen, verfochten wirb, so ist sie zugleich ein recht beachtenswerter Fingerzeig für fchutzzvllnerische Strömungen in der englischen Arbeiter schaft. Man wird in Deutschland gut tun, entgegen gesetzte Kundgebungen in England nicht zu überschätzen, und den Einfluß des Kolonialmintsters Chamberlain auch in dieser Frage nicht zu unterschätzen. Chamberlain bietet der Arbeiterschaft einstweilen eine „erbärmliche" — wie das Gewcrkschaftsorgan sagt — Altersversicherung zur Schadloshaltung für die Schutzzölle; aber er kann mehr und Besseres bieten. Reicks pari ei zur Wahlrechtsfrage steht, -em hat die „Post' vor nicht langer Zeit erst mehrfach in Artikeln Ausdruck gegeben. Auch in Organen anderer nationaler Richtungen ist klar und deutlich ausgesprochen worden, daß an eine grundsätzliche Aenderuna des Reichstagswahlrechts unter den gegenwärtigen Verhältnissen gar nicht zu denken sei. Schon daraus geht deutlich genug hervor, daß jene vom vorwärts" in so ostentativer Weise an die große Glocke gebrachte Bewegung gegen das allgemeine Wahl recht mit irgend einer politischen Partei keinerlei Ver bindung bat." wenigstens den Kreuzar geliebt?" und an dieselbe Krage die Bemerkung anknüpfte: „Ihr habt ein großes Unrecht begangen und alles, was darnach geschehen ist, habt Ihr veranlaßt", erwiderte sie mit trauriger Stimme: ,^Zch weiß es, Hochwürden, und hab' es auch keinen Tag vergessen. Darum bin ich ja auch so sehr für die Heirat; denn wenn ich seinem Kinde Gutes erweis', dann hab' ich's ihm getan." Hornak war nicht weniger erstaunt, als der Pfarrer, obwohl in anderer Weise. Er batte keine Ahnung von der ganzen Geschichte, ebensowenig wie alle übrigen im Orte. Und er sagte zu sich selber, daß, wenn er sie gewußt, er nicht seine Hände in das Spiel gemischt hätte. Seiner Ansicht nach war es Janek gar nicht zu verargen, daß er die 'Tochter des Mannes, der ihn an Gut geschädigt und seinen Vater umgebracht, nicht zu seiner Schnurr haben wollte. Ianeks Vergehen stand in seinen Augen in gar keinem Verhältnisse zu dem Hendriks; denn es war nichts Besonderes dabet, daß ein Bursche, der ein Mädchen lieb- gewinnt, es einem andern abwendig macht, und wenn dieser auch schon der Verlobte desselben geworden ist. Einem dafür in der Hochzeitsnacht das Haus über dem Kopfe anzustecken und dadurch noch den Vater umzu bringen — das war doch schrecklich. „Geliebt hab' ich den Janek auch nicht", fuhr SuSka, die Frage des Pfarrers beantwortend, fort. „Im Gegen teil, ich war dem Hendrik von Herzen gut. Wie war's anders möglich! Er hat mir mehr Liebes und Gutes er wiesen, als meine Eltern. Aber sehen Sie, ein Mädel hat keinen Willen; dann war ich auch ein schwaches, nach- giebiges Herz, das nie lang' stand halten konnte, wenn ihm jemand stark zusetzte. Ick könnt' nit viel Drängen ertragen und hab' lieber nachgegeben, wenn's auch wider meinen Willen war. Der Janek ist mir nachgelaufen und hat mich mit heißen Worten gequält; denn er war ein wilder, leidenschaftlicher Bursch', der nit Ruh' hatte, als bis das sein ward, auf was er einmal den Sinn gelegt hatte. Die Eltern haben mich gedrängt, und so könnt' ich nit lang' standhalten. Als ich sein Weib war und das Unglück geschehen, da hab' ich's im tiefsten Herzen bereut und war so unglücklich und elend, daß ich's nit sagen kann: Ich hab' Janek gehakt, wie man nur jemand hasten kann. Es war aber vorbei und zu spät, der Hendrik lag in Neutra im tiefsten Gefänanis und kein Gott könnt' ihm helfen. Ta hab' ich in der Zeit zu mir gesaat: Wer an seinem Unglück schuld ist, muß eS tragen. Für den Hendrik kann Ich nichts mehr sei» und tun, meinem Mann hab' ich aber ie ui m ka Haupt-Filiale Serlie: Earl Duncker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg, Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4608 Anzeigen-Pret- die 6gespaltene Petitzeile LS N«klamen unter dem kedavtou-strtch (4 gespalten) 78 vor den Familieunach- richte« («gespalten) SO Tabellarischer nnd Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen «ad Offertrnaauaym« LS H (excl. Porto). BezugS'PreiS i» d«r Hanptrxpeditioa oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich ^tl S.—, btt zweimaliger täglicher Zustellung t»S HauS 8.78. Durch die Post vezogen für Deutsch land n. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.80, für di« übrigen Länder laut ZeitungSpreiSÜst«. Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit de, Morgen-Au-gabe, ohne Postbefördernng SO.—, mit Postbefördernng 70.—. Feuilleton Die Tschechengcfahr im deutschen Egerlanb. In diesen Tagen wurde gemeldet, daß die Tschechen an nicht weniger als drei Stellen mitten im deutschen Eger- land Herde ihrer Agitation errichten wollen, indem der tschechische Sckulverein in den Orten Rad, Neusattl und Zwodau tschechische Schulgründungen beschlossen hat, für die dort absolut kein Bedürfnis besteht. Wie wir dazu den „Mitteilungen des Allgem. Deutschen Schulvereins" weiter entnehmen, hat auch inKarlsbad die tschechische Agitation gegen das Deutschtum sich schon tief eingewühlt. So mußte dieser Tage das Karlsbader Stadtverordneten kollegium, wie so viele andere deutsche Ge meindevertretungen in Böhmen. Protest erheben gegen die planmäßige Tschechisicrung der dor tigen Beamtenschaft. Das Stadtverordnetenkollegium hat zu diesem Behnfe eine Resolution ange nommen, in welcher gegen die Tschechisicrung der kaiser lich königlichen Aemter, insbesondere gegen die Versetzung tschechischer Postbeamten und des tschechischen Gerichts adjunkten Soukup nach Karlsbad, energisch Einspruch er hoben wird, da für Beamte, die der deutschen Sprache nur mangelhaft mächtig sind, in Karlsbad kein Wirkungskreis sei. Hoffentlich begegnen in dem ganz und gar deutschen Egerlande die Tschechen einer erfolgreicheren Abwehr, als leider an so vielen Orten. Besonders diese tschechischen Schulgründungen sind gefährlich. Viele Gemeinden Böhmens, die vor 80 Jahren deutsch waren, sind heute tschechisch. Und das hat immer mit der Gründung einer solchen überflüssigen und auf den ersten Blick dem Unbefangenen harmlos scheinenden Schule seinen An fang genommen. ien >en der ird ihr md nd :n. «s sich gemacht der vorgesetzten Behörde hoffentlich klar gemacht werden, ES ist bezüglich der Stellung der Regierung in der daß daS Geschäft stets dem nationalen Empfinden nach- Sache immerhin bemerkenswert, daß die „N. A. Z." fol- stehen muß. Arbeiterschaft und Schutzzollfrage in England. In einer sieben Spalten füllenden Londoner Korrespondenz berichtet das Zentralorgan der sozialdemo kratischen Gewerkschaften über den augenblicklichen Stand der sozialen Bewegung in England. In diesem Berichte ist von besonderem Interesse der Abschnitt, der sich mit der Frage des Schutzzolles und mit der Haltung der Arbeiterschaft ihr gegenüber besaßt. Davon aus gehend, daß die Schutzzollsragc für England augenblicklich die brennendste sei, die von jeder Zeitung, jeder Zeitschrift, jedem Geiverkschaftsblattc erörtert werde, wird der Um- schwung innerhalb des englischen Ministeriums zu Gunsten ves Schutzzolles erwähnt, und dann fortgesahren: „Auf der andern Seite stehen die Epigonen des Freihandels. Die St. Manchcsterschule erhebt wieder ihr Haupt. Frei handel, das ist alles, was dem Arbeiter not tut! Bis jetzt haben sich alle Arbeiterführer für den Freihandel ausge sprochen. Die Männer vom Schlage der John Wilson, Pickarb, Burt, Bell ufw. reden nur zu gern die Sprache des Freihandels-Manchester-Libcralismus. Aber cs gibt auch solche, die diese Frage nur vom Standpunkte der Arbeiterklasse aus betrachten und deshalb auch zu viel vorurteilsfreieren Resultaten gelangen, als die ersteren. Zu diesen gehört vor allen Dingen der Generalsekretär der Maschinenbauer George Barnes." — Daß die vorstehende Auslassung von dem Zentralorgan der sozialdemokra tischen Gewerkschaften Deutschlands ohne jede Ein schränkung übernommen wird, ist in doppelter Hinsicht sehr bemerkenswert, und zwar zunächst in Bezug auf die Stellung der organisierten Arbeiterschaft zur Frage des Schutzzolles im allgemeinen. Nicht nur mittelbar durch spöttische Wendungen, wie „Epigonen des Freihandels", Politische Tagesschau. * Leipzig, 3. August. DaS Reichstagswahlrecht. Die „Natlib. Korresp." schreibt: „Mit einer Ver schwörung gegen das allgemeine Reichstagswahlrecht sucht der „Vorwärts" die Genossen und leichtgläubige Wähler gruselig zu machen. Schriftstücke, die wiederum auf den Redaktionstisch des „Vorwärts" „geflogen" sind, sollen den Beweis dieser Verschwörung, die Konstituierung einer „Interne gegen das Wahlrecht" beweisen. Es handelt sich um den Plan eines Ift-. A. Giesebrecht (Landgut Maxhofen bei Deggendorf-Bayern), der die Frage einer Reform des Wahlrechts im reaktionären Sinne in Fluß bringen will und zur Befürwortung dieses Planes die Unterschriften einer Anzahl von Männern ge- ftrnden hat. Wünschte auf Reformen des jetzt bestehenden Reichstagswahlrechts werden niemals völlig erlöschen, ob tm geheimen gehegt oder offen ausgesprochen. Mt je größerem Terrorismus der Radikalismus sein ihm durch das allgemeine direkte und geheime Wahlrecht von vornherein gegebenes Uebergewicht der Zahl auSnützt, um so lebhafter werden sich derartige Verlangen in schwach, mütigen Seelen regen. Aber das allgemeine Reichstags wahlrecht hat bereits solch tiefe Wurzeln in unserm Volke und Verfassungsleben geschlagen, daß sie ohne tiefe Er schütterungen unserer sozialen und politischen Verhältnisse einschneidende Eingriffe nicht ertragen können. Einzelne oder auch Gruppen von Unzufriedenen — bas „Recht auf Unzufriedenheit" nimmt zwar die Sozialdemokratie auch für sich allein in Anspruch — mögen sich vielleicht mit dem Gedanken hierzu tragen, aber keine politischePartei findet sich dazu bereit, auf ihn einzugehen. Es hat an Vor würfen gegen den Fürsten Bismarck nicht gefehlt, welche ihm die Einführung des allgemeinen, geheimen und direkten Wahlrechts als den größten Fehler anrechneten. Indes selbst di« Partei, aus deren Reihen jene Vorwürfe am lautesten erklingen, die Konservativen, haben sich mit den Tatsachen abgefunden. Und seitens der National- liberalen ist im Reichstage wiederholt und bei jeder Gelegenheit, wo seitens der Sozialdemokratie ihnen di« Absicht einer Aenderung des Wahlrechts unterstellt wurde, die gänzliche Haltlosigkeit dieser unwahren, zu Agitations- zwecken erhobenen Beschuldigungen nachgewiesen worden. Hilft alles nichts: der „Vorwärts" fühlt durch ein ihm zu getragenes Schriftstück beängstigendes Alpdrücken und schreit im Traume nervös mit schriller Stimme: Verrat! Verschwörung! — Wie unbedeutend das ganze Giese- brechtsche Unternehmen an sich und wie vergeblich es ist, an dem allgemeinen Wahlrechte rütteln zu wollen, weiß niemand besser als der „Vorwärts". — Alles aber, was gegen die Sozialdemokratie geschrieben oder unternommen wird, brandmarkt der „Vorwärts" sofort als Verrat oder mindestens als krasseste Reaktion und übt dadurch schon jetzt einen Terrorismus aus. der von der Gedanken- und Lehrfreiheit des erstrebten sozialdemokratischen Zukunfts staates eine leise Vorahnung gibt. — Im neuen Reichstage kommt die Wahlrechtsfrage spätestens gelegentlich der Durchsicht der Geschäftsordnung des Reichstages zur Er örterung, und da wird sich zeigen, wie lächerlich der „Vor wärts" mit seinem agitatorisch«» Alarmrufe: „Ver schwörung gegen das Reichstagswahlrecht" I hat." s- - Eine tschechische Temonftration in Preußen. Die Beteiligung eines preußischen Militär- Musikdirigenten mit seiner Kapelle in Uniform an einer tschechisch-deutschfeindlichen Kundgebung innerhalb des preußischen Staatsgebietes wird jedermann für ein Ding der Unmöglichkeit ballen. Und doch soll die Ge schichte vor einigen Tagen passiert sein. DaS „Pos. Tagebl." berichtet darüber folgende-: Große Aufregung hat in den deutschen Blättern Böhmens ein Vorgang hervorgerufen, der wie folgt erzählt wird: In dem preußischen Badeort Cudowa (Grafschaft Glatz) fand am 21. Juli rin Militärkonzert drr Regimentskapelle des könig lich preußischen Füsilier-Regiments Nr. 38 General- feldmarschall Graf Moltke statt. Zu diesem Zweck wurden ausfallende Plakate in den tschechisch - nationalen Farben und mit durchweg tschechischem Text überall angeschlagen und versendet. Selbstverständlich muß!« sich auch der Ortsname Cudowa die Verhunzung ia «in tschechische- „Chudoba" gefallen lasten. Die Stadt Glatz, der Standort des Regiment-, wurde iu „Kladska" umgetauft, au- dem Hotel „Stern" in Cudowa wurde ein Hotrl „v hvezdy" und au- dem Hotel „Graf Moltke" «in Hotel „hrabete Moltk«." Der Eintritt betrug 50 „feniku". Zu diesem Konzert waren die Mu siker, wie auf dem Plakat ausdrücklich bemerkt wird, in Uniform erschienen (v stejnolroji). Und höflich lud ein der köntgl. preuß. Kapellmeister H. Kluge, oder wie aus dem Plakat steht: kralovtky riditel hudby. Di« Aufregung unter de» deutschen Kur gästen war außerordentlich groß. Die Tschechen natürlich jubelten in Heller Freude, und man konnte auf den Bahnhöfen in Josef, stadt, Böhmisch-Skalitz und Nachod sehen, wie die tschechischen Bahn- und Postbeamten sich einander triumphierend die Plakate zeigten, ja bereits von drr Tjchechisirrung der angrenzenden preußischen Landesteile säbelten. Das im Kreise Glay gelegene Dorf und Stahlbad Cudowa ist nur 7 lrm von der böhmischen Stadt Nackov entfernt. Unter seinen etwa 700 Einwohnern und unter der umwohnenden Landbevölkerung befinden sich von alters brr Tschechen, die in den letzten Jahren von Prag aus agitatorisch bearbeitet worden sind. Trotzdem hat der Ort einen überwiegend deutschen Charalter bewahrt. DaS Vorgehen der Badeverwallung läßt sich daher weder entfchuldigen noch erklären. Noch unbegreiflicher er- scheint eS, daß der Musikvirigent Kluge sich ihren tschechen freundlichen Anordnungen gefügt haben soll. Wenn bas Konzert wirklich den oben geschilderten Verlaus genommen hat, wird den beteiligten Musikern und ihrem Leiter von Deutsches Reich. * Berlin, 2. August. (JugendundVerbrechen.j Wohl keine Frage der Kriminalstatistik nru-ß größeres Interesse erregen, als die nach der Beteiligung der Jugend am Verbrechen. Denn eine Zunahme deS jugendlichen Verbrechertums mutz die Aussichten hinsichtlich der zu künftigen Entwicklung unserer Kriminalität in höchst un günstiger Weise beeinflussen. Nunmehr liegt eine Reichs statistik für die zwei Jahrzehnte vom 1. Januar 1882 bis 31. Dezember 1901 vor. Im Jahre 1882 sind im Reiche 30 719 Jugendliche, ü. h. im Alter von 12—18 Jahren Be findliche, verurteilt worden. DaS ergibt 567 auf 10 000 jugendliche Strafmündige der ganzen Bevölkerung über haupt. Im Jahre 1890 ist die Zahl der Jugendlichen schon auf 41008 <668>, 1898 auf 44 275 ,702) und 1901 auf 49 675 l739) gestiegen. Das bedeutet zweifellos ein Ansteigen der jugendlichen Kriminalität, aber es fällt tm allgemeinen nicht aus dem Rahmen Les Anwachsens der allgemeinen Kriminalität unseres Volkes heraus. Denn 1882 sind ins gesamt 104,3 aus 10 000 Strafmündige, 1901 dagegen 125,8 verurteilt worden. Während nun aber 1882 sich unter je 100 Verurteilten 9 Jugendliche befanden, waren es 1901 zehn. Im Verlaufe der 20 Jahre hat sich diese Ziffer stets zwischen 9 und 10 gehalten. Im einzelnen hat sich die Ziffer aber sehr verschieden gestaltet. So ist es bemerkens wert, daß von allen Vergehen verhältnismäßig am meisten die Brandstiftung von Jugendlichen begangen worden ist. Im Jahre 1884 waren von 100 wegen Brandstistung Ver urteilten 24 Jugendliche. 1895 waren es 28,9, 1898 32,9 und 1901 38,2. Also jetzt ist mehr als ein Drittel aller im Reiche verurteilten Brandstifter im jugendlichen Alter. Das mnß zu denken geben und namentlich die Frage aufwerfen, ob die Eltern und sonstigen Anfsichtspflichtigen immer ihrer Aufsichtspflicht in genügendem Maße nachkommen. Auch die Beteiligung der Jugend an der Begehung von Diebstählen hat erheblich zugenommen, 1884 sind 17 957, 1901 23 765 Jugendliche wegen Diebstahls verurteilt wor den. 1884 waren unter 101 verurteilten Dieben 18,6, 1901 dagegen 28,4 jugendliche. Die Ziffer hat im Laufe der Jahre ganz allmählich zugcnommen. Dasselbe gilt von der Beteiligung an reinen Gewalttätigkeitsvergehen. 1884 gab es 66 verurteilt« jugendlich« Räuber, 1901 103, Lieb' und Treu' zugeschworen in der Kirch' vor dem An gesicht des lieben Herrgottes. Ich will mich zwingen, es zu halten; denn wenn ich von ihm weglauf' oder bei ihm bleib' und sein Leben vergäll' und ihn unglücklich macke, so hab' ich dadurch die alte Sünd' nicht gut gemacht. Wenn man unter einem Haus Feuer ang«legt hat, so macht man's nicht gut, wenn man die Flamme zu löschen versucht, in dem man sie auf ein anderes Dach jagt. Das hat mein Mann auch erkannt; denn er hat gewußt, wie's mir mar, und war immer lieb und aut zu mir, wie heftig er auch gegen andere ist und sein kann. Und als ich dann Kinder bekommen hab' und Janek sich in seiner Güt' zu mir gleich geblieben ist, da hab' ich auch angesangen, ihn lieb zu haben, bis ich ein Herz mit ihm geworden bin." ,^>abt Ihr viele Kinder?" ,/Hab acht gehabt, davon ist mir nur ein Sohn ge blieben. Es hat keines das dritte Jahr erreicht. Ich durst' nicht murren und hab's auch nicht getan. Wer einmal gesündigt und gefehlt hat, der darf mit dem lieben Gott nicht reckten." Sie sprach dies mit solch stiller, tiefer Ergebung, daß sich der junge Pfarrer im tiefsten Herzen ergriffen fühlte. Hatte nicht dies Bau«rmveib, beschränkt und ungebildet wie es war, die höchste Moral in ihrem Handeln bekundet? in ihrem schlichten Gemüte nur der göttlichen Stimme fol gend, die bewußt oder unbewußt in jeder Menschense«le schlummert und die sie aus den rechten Weg -urückgebracht, den sie verloren batte. „Ich will Euch gerne in Eurer jetzigen Wirrnis helfen, liebt) Krau", sagte der Pfarrer und in seiner Stimme lag die volle Bekräftigung dessen, was er sagte. „Bon der Vergangenheit bin ich unterrichtet, jetzt sagt mir, was seit dem Widerruf geschehen ist, das Euch so beunruhigt?" „Gleich als wir den ersten Tag, Pfingsten, aus der Kirch' nach Haus gekommen sind", begann die Bäuerin, „hat mein Mann von einer Verbindung mit Pavel IertczekS Tochter gesprochen; aber ich habe es nur als leere Drohworte angesehen, als etwas, was er aus bloßem Zorn gesagt. Wir hatten ja ohnehin so viel Angst und Kummer die folgenden Tag', daß wir gar nicht an die Sach' gedacht haben: denn der Widerruf in der Kirch' noch am selben Nachmittag hatte mich und den Sohn zu Boden geworfen. Mein armer Sohn war wie einer, der in tiefes Waller gekommen ist und sich nit zu helfen und zu retten weih; wie einer, der selber Feuer an ein Haus gc- legt und da die Flamme auSbricht, erstarr» und gelähmt dasteht mrd sich «it rühre» kam». Ach hab' ihn beruhigt Lozena. Roman von C. Deutsch. v.acvdrukk verboten. Die Bäuerin erzählte in ihrer stillen Weise, wie das Aufgebot vor sich gegangen sei. „Das ist freilick schlimm", meinte der Prediger. „Euer Sohn hat hinterlistig gehandelt und der Zorn des Vaters ist zum Teil gereckt." „Er hat's in der Verzweiflung getan", entschuldigte di« Mutter. „Es sind schon bald an die zwei Jahre, daß er dem Mädel nachgeht und der Vater wollt's nit leiden." „Und Euer Mann weigert sich nur, weil das Mädchen eine arme Htrtentochter ist?" fragte der Pfarrer. „Nein, Hochwürden", sagte die Bäuerin. „Es ist gewiß ein gewichtiger Grund, den bei uns Bauern unter Hun derten nicht einer außer Augen läßt, aber bas ist nit alles. Mein Mann würd' am End' darüber hinweggeschen haben, wenn er sich überzeugt hätt', daß es einmal nit anders ist; denn er ist gut und verständig, obwohl er jäh ist und leicht aufbraust. Es ist ein anderer Grund, den ich auch dem hochwürdigen Herrn erzählen muß, wenn Ihr raten und helfen sollt." Und sie erzählte in kurzen Zügen, aber ohne im ge ringsten ihr Vergehen zu bemänteln oder nur zu mildern, die Geschichte, die wir kennen. Den jungen Priester über kam ein seltsames Gefühl bei Anhörung derselben. Sein Lebensweg war bis jetzt glatt, rein gewesen und unberührt von heftigen Leidenschaften. Jetzt stand er mitten in einem Drama, wo Verrat und Rache die verborgenen Fäden zu einem unheilvollen Gewebe gesponnen, und er wurde auf gefordert, es zu ordnen, mit milder Hand zu lösen, was der Haß seit Jahrzehnten zusannnengektttet und versteinert hatte. Und da stand das Weib vor ihm. das all dies Unheil angerichtet, und so ruhig und gleichgültig Kunde davon gab — ruhig — ia: — eS war einmal ihre Weise so, es schien gar nicht, daß ihr Blut in höherem, in aufgeregterem Wellenschlag« dabinströmen konnte — doch gleichgültig nicht. Davon überzeugte sich auch bald der junge Mann. Denn als er, aufgeregt wie er war, noch tiefer in diese vorgttrrg« eindringen wollte und fi« fragte: „Habet Ahr und getröst' und ihn gebeten, sich nur gut und still zu ver halten, es würd' trotz allem noch gut werden, wenn «r sich gehorsam und demütig bewies. Der Vater wollt' nur sein Recht und seine Ehr' vor den Leuten wahren, und wenn das geschehen, sein Zorn verraucht und die Wund' geheilt, würd' er sich versöhnen lasten und nachgeben. Mein Mann war den ganzen Tag wenig zu Haus, und wenn er's ja war, so war er giftig, unfreundlich und hat wenig gered't; mit meinem Sohn kein Wörtel. Heut' in der Früh sagt er plötzlich zu ihm: Er sollte sich rüsten, nach Bresowa mit einem Knecht zu gehen. Man hab' ihm ge sagt, in unserem Wald, den wir dort haben, werd' viel Holz gestohlen. Er sollt' sich aber beeilen, bis -um Abend zu Haus zu sein; denn er hab' wichtiges mit ihm zu be raten und zu besprechen. „Dem Sohn ist froh zu Mut geworden, denn mein Alter hat ganz freundlich mit ihm gesprochen und er hat schon bet sich die schönsten Hoffnungen gemacht. Er hat nit gewußt, daß dt«s nur ein Stück Speck war, mit dem man Mäuse fängt, und ibn nur mein Alter hat fortbringen wollen, damit er nickt die Vorbereitungen zum Berspruch sieht; denn kaum ist «r eine halbe Stunde fort, so erklärt er mir's mit kurzen Worten, und daß er gestern nacht hab' im Ort schlachten lasten und daß der Fleischer bald Fleisch bringen werde und der Sckänker Wein und Bier und ich sollt' alles vorbereiten. Ich glaub' nicht anders, als daß der Schlag mich rührt und werd' zum ersten Mal in meinem Leben bitter und heftig. Das bringt ihn aber noch mehr auf und er sagt mir, wenn ich nicht Hand an legen wollt', so mache er sich auch gar nichts daraus; er werde Bäuerinnen herschicken, die backen und kochen sollen. Es pass' nur ganz g»t zu meiner Aufsässigkeit gegen den Mann und dem Zusammenhalten mit einem ungehor- samcn Sohn. Er werd' sich aber von heut' an auch dar nach einrichten, und dann ließ er mich stehen und ging fort. Und richtig um neun Uhr ftmnnt ein Wagen, be- laden mit Fleisch und Wein und Bier, als wär's zu einer Hochzeit, und bald darauf auch zwei Bäuerinnen, die mir mein Mann zur Hüls' geschickt, wie sie mir sagten. Was war zu tun? Ick war eiirgcwerrt von allen Seiten und hab' keiiren Weg frei gehabt. Ich hab' mich vor den frem den Weibern geschämt und mich gescheut, Spektakel zu macken, und meinen Mann hab' ich auch gefürcht' und so hab' ich ihnen angegeben, was sie zu tnn hätten. Ich war aber außer mir und mußt' gar nit. was ich beginnen sollt', biS der Hornak gekommen ist und mich hierher gebracht hat. Erbarme« Sie sich und reden St« mit metnem M«u, Amtsblatt des A'önigtichen Land- nnd des H'önigkichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates «nd des Nalizeiamtes der Ltadt Leipzig.
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