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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.08.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030817029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903081702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903081702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-08
- Tag1903-08-17
- Monat1903-08
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Neue GesichiSpunkte für die Beurteilung dieser Frage lassen sich au» der freikonservativen Darstellung kaum gewinnen; aber sie bestätigt ausdrücklich, daß eS dem Frbrn. v. Zedlitz lediglich darauf ankam, die Beratungen in der Kommission zu verschleppen, während er diese ihm im Plenum von natisnalliberaler Seite zum Vorwurf aemackte Absicht abzuleugnen versuchte. Außerdem trübt daS Maß der leiden schaftlichen Erbitterung gegen den damaligen Finaniminister v. Miquel ganz wesentlich da» Urteil des Verfassers des freikonservativen Parteiberichts über die wirkliche Stellung nahme Miquels zur Kanalvorlage im Jahre 1901. Indes nicht das der Vergangenheit Angehörige, sondern der auf die Zukunft gerichtete Blick ist der wichtigere Teil der frei konservativen Darlegungen. Es heißt da über die zukünftige Behandlung der Kanalfrage: „Es darf erwartet werden, daß di« wasserwirtschaftliche Vorlage den Landtag in der neue» Legislaturperiode wieder beschäftigen wird, sobald die Grundlage sür eine Bersländiaung zwischen der Regierung und der Mehrheit de» Abgeordnetenhaus«» so gefunden sein wird, daß keinem von beiden Teilen ein vollständiger Verzicht auf seinen ursprünglichen Standpunkt zugemutet, vielmehr eine mittlere Linie eingeschlagen wird, bei der e» weder Besiegte noch Sieger in dem Kampfe um den Kanal mehr gibt. Man wird aber nach den schlechten Erfahrungen, die die StaatSregierung mit der Einbringung der Kanalvorlagr ohne vorgängig, Fühlung mit den leitende» Ele menten im Abgeordnetenhaus» gemacht hat, mit Sicherheit darauf rechnen könne», daß die neu zu erwartende Vorlage nicht wieder a» den Landtag gelangt, bevor man sich nicht mit de» für die Ent scheidung maßgebenden Elementen de» Hause» verständigt hat." Versteht die freikonservative Partei unter den „maß gebenden Elementen des Hauses* nur die bisher kanal feindliche Mehrheit? Einen solchen Gedanken können wir gar nicht aufkommrn lassen. Immerhin ist eS bemerkens wert, daß die sreikonservative Partei mit Bestimmtheit auf die Wiedereinbringung der Kanalvorlage rechnet. Auch wir hegen die gleiche Zuversicht. Und wenn sich jetzt durch die schwere Wafserkatastrophe dieses JahreS in Schlesien und Posen die Fürsorge für den Osten unter dem Eindruck der letzten Ueberschwemmungen in den Vordergrund drängt, so darf darüber doch schließlich der Westen nicht vernachlässigt werden: „die Regierung muß das Eine tbun, darf aber auch daS Andere nicht lassen!" — Diese Auslastung berücksichtigt noch nicht den Bericht der „Nordd Allg. Zig." über daS Beratungsergebnis des KronratS. Wird wirklich, wir nach der allerdings sehr vorsichtigen Fassung der offiziösen Er klärung zu vermuten ist, die Flußregulrerung im oberen Oder-, im Warlhegebiete usw. ohne Rücksicht auf den Mittelland kanal von der Regierung geplant, so muß damit daS Kanal- pr vielt als vorläufig auf gegeben gellen. Denn das die Konservativen und Freikonservativen bereit sein sollten, den Kanal zu bewilligen, nachdem ihre Wünsche erfüllt sein werden, ist ganz undenkbar. DaS stolze, aber ein wenig »»konstitutionelle Wort .Gebaut wird er doch!" ist also wohl in Zukunft mit einem Fragezeichen zu versehen. „Basel unter Le« deutsche« Sauvueu" überschreibt die „Basler Zeitung" einen Aussatz, in dem sie auSführt, der Glaube, das Reich habe aus freund nachbarlichen Gründen auf die Errichtung deS Tüllinger Korts verzichtet und dafür den Isteiner Klotz befestigen lassen, sei eine Täuschung gewesen. Der Augenschein müsse einen überzeugen, daß Deutschland beabsichtige, Basel durch einen Kranz von Forts zu umschließen. Aus den bereits vorgenommenen Vermessungen ließe sich un schwer erkennen, -aß der Bau von Festungswerken beab sichtigt sei. 1) Auf der Kuppe zwischen Folgensburg und Wenzwyler im Elsaß, etwa 10 Kilometer in der Lustlinie südwestlich vom Marktplatz in Basel an der Straße Pfirt- St. Ludwig-Hüningeu gelegen. 2) Auf der Tüllinger Höhe südöstlich des sogenannten Lindenplatzes, der etwa 7 Kilometer in der Luftlinie vom Marktplatz in Basel entfernt ist, und das weitere südliche Vorgelände des Isteiner KlotzeS beherrscht. 3) Auf der Käferholzhöhe bei Deilingen am Eingänge des KanderholztaleS. Dieses Werk dürfte als FlankterungSbatterie für den Isteiner Klotz und die Tüllinger Höhe in Aussicht genommen worben sein. Zugleich aber steht es wohl auch in Verbin dung mit der vierten beabsichtigten Befestigung auf der Jungholzhöhe bei Lörrach, nordöstlich von der Station des Städtchens und etwa 10 Kilometer in der Luftlinie vom Marktplatz in Basel entfernt. Alle diese Punkte stehen zunächst in Augenverbinbung mit dem Isteiner Klotz, sie beherrschen aber auch Basel mit seinen Rhein brücken, von denen der Isteiner Klotz rund 13 Kilometer, in der Luftlinie gemessen, entfernt liegt. Das Blatt er- örtert bann die strategische Bedeutung dieser Anlagen für Deutschland gegen einen Vormarsch einer französischen Armee au» Belfort, die sich Basel» und der Rheinbrücken, bemächtigen könnte, einen Punkt, der früher hier schon' eingehend behandelt worden ist. T» erkennt an, daß Deutschland die Werke erbaut, ohne einen unfreundlichen Hintergrund für die Schweiz zu besitzen, betont die Auf richtigkeit der Freundschaft Deutschland» für die Schweiz, rät aber aus Vorsicht, daß sich die Lage einmal ändern könnte, doch Basel gegen eine Vergewaltigung durch ein französisches Heer — nur in diesem Falle würde ja eine Beschießung Basels durch deutsche Kanonen eintreten — mittels Befestigungen zu decken: auf der Bruderholzhöhe, auf dem Plateau von Gempen, auf der Höhe voll (Sieben bach und auf der Höhe von Prattetn. Zu Len Auleihevcrsuchen de» SöuigS mm Gerbie« ,vird dem „Berl. Tagebl." aus Pest geschrieben: Es war Anfang brr siebziger Jahre, als ein österreichischer Publi zist und dessen Sekretär mit dem Familien- und Kron schmuck der Obrewowitsch nach Pest kamen, um auf Grund lage desselben für den in Nöten befindlichen Milan Gelb zu beschaffen. Als in Pest da» Geschäft nicht gelang, wurde es in andern Städten versucht, bis endlich angeblich in Mailand ein ordensluitiaer GeVdverleiher gegen ent sprechend hohe Zinsen sich dazu bequemt«, den Schmuck I ziemlich weit über seinen Wert hinaus zu beleihen. Später — als Milan König wurde — modernisierte er seine I Kreditgeschäfte. Er borgte Geld nicht mehr ans Schmuck, sondern nur auf Wechsel, und diese Wechsel fanden dann auch in Pest oft Aufnahme. Dasselbe wollte nun auch der Monarch eines uns benachbarten kleinen Staates lKönig Peter. D. Red.), der für seinen noch zwar jungen Hof- halt offenbar mehr Geld braucht, als er besitzt, versuchen. Dieser Tage kam sein Agent nach Pest und wollte einen Wechselkredit von einer Million Kronen seinem Auftraggeber verschaffen. Aber alle Eskompteur« wiesen die Wechsel zurück, weil ihnen der Thron des Acceptanten auf nicht ganz sicherer Basis zu stehen scheint. Der Agent versuchte dann, für die Wechsel gangbare Waren einzukaufen, um durch raschen, wenn auch stark verlustbringenden Verkauf derselben seinem hohen Klienten, der, wie es scheint, ara in der Klemme ist, Geld zu schaffen. Als den Kaufleuten, die solch« zweifelhafte Ge schäfte machen, die Summe zu hoch war, ging der Agent rasch entschlossen zur Börse, bot dort seine Wechsel aus mit der Bemerkung, er sei bereit, statt der Valuta auch Papiere, ja, selbst minderwertige Papiere anzunchmen. Aber auch die Börse scheint die Position des königlichen Acceptanten hiernach nicht gefestigt genug zu halten, und so mußte der Agent unverrichteter Sache abziehen. Nun werden diese königlichen Wechsel, ganz so wie weiland König Milans Schmuck, die Reise durch verschiedene Großstädte antreten. Vielleicht finden sie. da sie mit Ordensbändern gut ver brämt sind, anderswo bessere Aufnahme. Belgien u«L der Sougostaat. Während erst vor zwei Jahren König Leopold und in seinem Auftrage die belgische Regierung alles aufboten, um die damals reif gewordene Frage der Einverleibung des Kongostaates in den belgischen Staat in ver neinendem Sinne erledigen zu lassen, sind jetzt die gleichen maßgebenden Stellen entschlossen, nunmehr auf diese Einverleibung zurückzugreifen, falls die von Eng land kommenden Angriffe fortdauern sollten. Man er kennt nämlich in jenen Kreisen in einer solchen Einver leibung da» radikalste Mittel, um der befürchteten Gefahr vorzubeugen, daß England mit Gewaltmitteln, allein oder in Gemeinschaft mit irgend einer anderen Macht, gegen den Kongostaat vorgehen sollte. Einen anderen Zweck haben die wirkungsvoll und allgemein in Belgien veran stalteten Kundgebungen zu gunsten de» Kongostaate» und seiner Politik nicht: in geschickter Art sind die angesehensten und einflußreichsten Vereine, Verbände, amtlichen Körper schaften, gesellschaftlichen, finanziellen und industriellen Notabilttäten des Lande» aufgeboten worben, um gegen die englische Einmischung in die Angelegenheiten des Kongostaates Einspruch zu erheben und den König Leopold und seine Kongoregierung der Sympathien und deS werktätigen Beistandes Belgiens im Kampfe mit den englischen Parlamentariern und Zeitungen zu versichern. Der Zweck besteht darin, in der gesamten öffentlichen Meinung Belgien» eine kraftvolle Stimmung zu gunsten der nunmehrigen schleunigen Einverleibung d«r Kongo kolonie zu schaffen. Vor zwei Jahren bestand noch eine starke Strömung gegen sie im Lande und in den Kammern. Diese würde jetzt im Strome einer patriotischen england feindlichen Bewegung verschwinden. Der Einverleibungs gesetzentwurf und auch der Verfassungsentwurf für die künftige Kolonie liegen fertig da: durch des letzteren Wortlaut ist dafür gesorgt, daß, wenn der Kongo belgische Kolonie wird, der König nach wie vor Herr und Meister in dieser Kolonie bleibt. Deutsches Reich. Berlin, 16. August. (Förderung der inneren Kolonisation.) Wenn für die Reform des Wohnungswesens in den Städten di« Form des Erb baurechtes immer größere Bedeutung erlangt, so darf gleichzeitig als einem Mittel zur Förderung von kleinem Grundbesitz dem Erbpachtsystcm eine Aufmerksamkeit zu gewandt werden, die ihm lange versagt worden ist. Die 48er Bewegung brachte Freiheiten, welche neugeitaltend, andere, welche zerstörend wirkten. Zu den letzteren ge hörte die Aufhebung der Erbpacht. Das preußische Land recht enthielt einige Bestimmungen, welche diese alte, im deutschen Recht eingebürgerte Institution in einer für Grnndherren und Erbpächter schützenden Weise regelten. Der Bauer konnte durch Auszahlung einer mäßigen Kapitalsunnne Erbzinsner eines Landstücks werden, welches gegen Erlegung eines jährlichen und keiner Steigerung unterworfenen Zinses für alle Zeiten in seinem und seiner Nachfolger Besitz blieb, bloß einge schränkt durch einige Bedingungen, welche die Zins zahlung ficherstellten und die Entwertung des Grund stückes verhinderten. Der Bauer konnte auf solche Weise Landeigentümer werden, auch ohne große Kapitalien zu besitzen, und konnte an der durch die allgemeinen Kultur verhältnisse bedingten Steigerung der Bodenrente teil- nehmen. Weil durch die Erbpacht ein Band zroischen Zinsherren und Zinsbauern hergestellt wurde, welches, wenn auch nur in loser Weise, doch ein gewisses Maß der Zusammengehörigkeit, ein Bewußtsein der Zugehörig keit und Abhängigkeit des Zinsbauern vom Zinsherrn enthielt, nahmen die FreiheitSidealisten von 48 an einer Institution Anstoß, von der nicht geleugnet werden kann, daß auS ihr Schaden erwuchs, bezüglich deren es aber auch unbestritten ist, sie habe vielen Nutzen gestiftet. Ein Gesetz vom 2. Mär- 1850 hob die betreffenden Artikel des Landrechts aus. Da» in unseren deutschen Landsleuten tief wurzelnde Streben, sich, und wenn eS noch so wenig ist, ein Stück eigen Land zu verschaffen, bildete eine der sichersten Bürgschaften für -aS schließliche Erreichen der für die Förderung der inneren Kolonisation bestimmenden Zielpunkte. Um so viel kleiner der Betrag bet der Erb pacht ist, mit dem sich jemand seßhaft machen kann, umso mehr Leute würden in der Lage sein, ihn zurückzulegen, und es könnte bei dem Erbpachtsystem leicht ein zahlreicher Kleingrundbesitzerstand entstehen, dessen Anwachsen wirt- schaftlich und sozial von den segensreichsten Folgen sein müßte. * Berlin, 16. August. (Nochmals Fürst BiSmarckS Sozialpolitik.) Heinrich v. Poschinarr schreibt dem .Verl. Tagebl.": Im Anschluß an dir hierüber am 2. August gebrachten Mitteilungen, welche in einen großen Teil der deutschen Presse übergingen, lasse ich nachstehend noch einige Tbesen folgen, welche ich seinerzeit dem Fürsten Bismarck vorlegte, und die er mit mrdreren Zusätzen uud Ab- änderungen mir wieder zugeben ließ. Im Hinblick aus da» soziale Unwetter, da« sich im Kohlen revier de» Ruhrgehirte» zusammrnziebt, bat die folgende Stelle aktuelle» Interesse: .Bei Streiks soll die Regierung vor allem in die Entwickelung der Leh»frage ihrerseits nicht eingreifen, nur Gesetz und Ordnung schützen. Di» I obrigkeitliche Gewalt soll weder für noch gegen di« .Arbeiter Partei nehmen, sie hat aber streng darüber zu I wachen, daß der Lobnkampf ausschließlich auf friedlichem Feuilleton. Renale von Grieben. Roman von Hermann Birkenfeld. »toawrutt „erdete«. »Zwischen heute und vier Wochen kann Renate deine Frau sein." „Laß deine Schwester aus dem Spiele!" braust Kill- mann auf. „Ohne sie würde eS ja gar nicht gespielt. Uebrtgens — um dir entgegenzukommen — im Hinblick aus die Doppel schwägerschaft wäre ich auch mit 'nem Dveimonatsaccept zufrieden." Killmann sieht ihn ungläubig an und sein Besuch fragt: „Du meinst, den diskontiert mir so leicht niemand? Jetzt wahrhaftig nicht, aber — du wirst doch demnächst deine Verlobung in aller Form voröffentlichen, und dann — daß deine Zukünftige zahlungsfähig ist, daran zweifelt in Berlin kein solides Haus. Also " „Scheusal!" „Keine Aufregung! Bon dir — oder von ihr — die Kasse, die den kleinen Betrag lassen muß, ist ja schließlich doch dieselbe." Ein paar Augenblicke sieht Killmann seinen Peiniger durchbohrend an. Doch hier verfängt sein Blick nicht. Zuletzt bricht er in ein heisere» Lachen au». „Du mit dem Wechsel in der Hand — der natürlich sobald als möglich versilbert wird, von einem »um anderen laust, bi» sie davon erfährt — und dann — Er sieht düster vor sich hin. „Dann ade Hochzeit, halbe Million ot ostova, Lenkst du? Sollte der schöne Walter sein Opfer wirklich so wenig beherrschen, daß «» ihm um solcher Kleinigkeiten willen in letzter Stunde noch entginge?" fragt Grieben und lächelt spöttisch. Killmann nimmt seine Zimmerwanderung wieder aus. „Ich bitte dich nochmal», sie nicht in die schmutzige Geschichte hineinzubringen. Eie ft«ht so himmelhoch über un», baß mich eine verzweifelte Lust anwanbekt, ein anderer Mensch zu werben." „Um so inniger wäre eS zu bedauern, wenn ich ihr durch den Bericht über dein Vorleben die Möglichkeit be- nähme, auch weiterhin veredelnd auf dich zu wirken.". so Killmann hört nichts. Den Rücken am Türpfosten, sieht er schweigend in -en stillen Forst. ,Hch will nicht. Eher sie offen bitten, mir die Summe — zur Deckung einer alten Schuld — anzuweisen, als ihr die» Kaufgeld stehlen." Grieben hat nicht recht verstanden. „Würbest du nicht etwa» deutlicher sprechen?" Nun fährt Killmann herum. „Was? Ja, so! Höre, Du erhältst dein Geld —" „Den Wechsel?" „Nein, in bar." „Wann?" „Vinnen vier Wochen." „Wer bürgt dafür? ,Hch." Grieben bricht in schallende» Lachen au». „Stolz lieb' ich den Spanier. Nein, Herr Grande, nichts „Ich komme selbst nach Berlin." „In vier Wochen?" „In den nächsten, spätestens aber Innerhalb acht Tagen." „Eine Finte, wenn du es nicht tätest —" „So kämest du möglicherweise wieder, und — Mensch, das wirst du doch «inschen, daß ich dir lieber Lebewohl sage al» guten Morgen?" „Hast eS schon bewiesen." „Und daß ich nicht so kindlich handeln werde, dir noch einen Pfennig zu geben, ohne daß du dich für alle Zeit notariell al» abgesunden erklärst und weder mir, noch deiner Schwester je wieder lästig werden kannst? So etwa» läßt sich -och nicht hier und nicht im Handumdrehen machen." „Eben deshalb wäre mir ein Wechsel da» liebst« ge wesen." „Den erhältst du nicht." „So bleibt mir nur Fräulein Renate." Wie im Kampfe arbeitet Killmann» mächtige Brust. Ein« Hand in der Seite, tritt er vor seinen Gegner. „Tritt ihr mit einem Wort zu nahe, so ist es au»." Er muß wieder einmal tief Atem holen, ehe er hervor stößt: „Mit mir. E« liegt mir dann nicht» mehr am Leben. Aber ehe ich e» von mir würfe, eher — Mann, Lump!" Grieben weicht denn doch «inen Schritt zurück vor seiner drohenden Miene. „Und müßte ich zwei Hemisphäre» nach dir adfuche«, ich zerschmetterte dir den verruchten Schädel." Das Bafilisken-Auge sprüht Fun ken, als Killmann fragt: „Bist du jetzt entschlossen?" Grieben steht vor dem Tisch mit dem Pommery. Eine Minute lautloser Stille. Dann füllt Grieben sein GlaS, trinkt eS bedächtig auS und fragt mit lauerndem Blick über dasselbe hinweg: „Dein Wort?" „Mein Wort." ,Hm! — Acht Tage. — Ich glaube fast, daß du mir jetzt nicht auskneifst — hahaha, Dank meiner Schwester. Und ist'» auch ein miserabel unsicheres Geschäft, ich will's versuchen. Wahne iLebuser Straße 48, Hof, parterre: bitte, daS zu notieren. Solltest du nicht kommen, so könnte ich mich ta bei deinem Baron, der, wie ich hörte, demnächst zurückkehrt, nach dir erkundigen." Killmann würdigt den Sprecher keines Blickes. „Du erlaubst doch — noch eine deiner Havannas?" Wieder keine Entgegnung. Herr von Grieben aber ist nicht empfindlich und tut einen letzten Griff, tiefer noch als den ersten, in die offene Kiste. „Adieu denn, mein lieber Doppelschwagcr." Hinter ihm öffnet Walter Killmann eines der Fenster. „Luft!" Eine ganze Weile steht er wieder an den Pfeiler ge lehnt, wie neulich nach seinem ersten Zusammentreffen mit Renate. „ES bleibt der einzige Weg. Aber eS ist doch nicht ganz so schuftig gehandelt, wie er eS vorschlug, und ich kann nicht anders." Die Hand an der Stirn, murmelt er: „Lächerlich — Walter Killmann, du und wirklich lieben! Wozu hast du dir denn noch die MüllerSfrau mit ihren beiden Töchtern ins HauS geladen? — Bah, die Doppelnatur im Menschen, mein zweites Ich. Nnd «in bißchen Arznei gegen die mörderische Langeweile hier draußen. Bon Rivalität keine Rede — 'S wäre ja albern, daS Ahnborfer Bauernmäbel und sie! Wenn auS mir noch etwas werden könnte — 's wär' durch sie allein." Zum ersten Male vielleicht, seit Walter Killmann die Kinderschuhe verschlissen hat, meint er «S — in seiner Art — ehrlich gemeine Geldgier, der Retz, seine alte, er probte Unwiderstehlichkeit einmal auf ein höher als bis zum Durchfchnittsmaß veranlagtes Wesen wirken zu lassen, und der noch stärkere, daß gerade die Tochter deS Mannes, der einmal durch sein Eingreifen eine vorteil hafte Partie Killmann» mit einer Dame au» der Gesell, schäft vereitelt hatte, »aß gerade -e- ehrenstolzen Geheim rats von Grieben einzige Tochter dieses Wesen war, hatten ihn ein frivoles Spiel getrieben. Nun aber em pfindet er das Aufdämmern einer wirklichen Neigung, ohne sich dennoch von -er niedrigen Denkungsart seines früheren Daseins lösen zu können. Sein früheres Dasein! An das hatten die letzten acht- undvterzig Stunden ihn hinlänglich erinnert. Spielte darin doch auch Georg Volkhard, dessen verblüfftes Ge sicht er vorgestern, bei seiner Trennung von Renate, sehr wohl erkannt hatte, eine Rolle! Wie sich das alles hier zusammenfand: Lothar von Grieben, seine Schwester und jener Biedermann, weiland Prokurist des Hauses I. D. Killmann in D.! Erleichtert hatte er aufgeatmct, als er gestern abend ein Billett Renatens erhielt, die ihm verwundert mit- teilte, in welch origineller Weise dieser Gcschäftouiensch die Nachricht von ihrer Verlobung ausgenommen hatte. Wohl eine halbe Stunde steht Killmann in düsterem Ginnen. Dann löst sich seine Gestalt langsam vom Fenster. „Sie will nach Berlin, also muß ich hin. Sv trifft sich's gut, ich kann mit ihr reden — offen und ehrlich — und ihren Bruder von mir abschütteln. Ehrlich, das heißt, mit gemeinem Betrug, aber — zum Teufel — cs bleibt der einzige Ausweg! Wo wohnt der Bengel doch noch? — Achtundvierzig, Lebuser Straße, Hof will mir'S doch anfschreiben. Scheint nicht gerade in 'nem PalaiS zu Hausen! Einstweilen morgen der Schwcnkerfche Besuch — Mamsell Soft« schien ja einfach in mich ver- narrt. Ja, die Weiber — mein Fatum!" Langsam läßt er die Finger durch seinen Bart gleiten. Berlin kUV., Sedemannstraße 43, den 24. Juni 180 . . Liebe Renate! Dein Brief hat uns selbstverständlich freudig — doch nein, überrascht hat er nicht so sehr. Mir war eS ja von vvrneheretn ein Rätsel, wie Du verwöhnte» Menschen kind es in Deiner jetzigen Umgebung länger als acht Tage aushalten konntest. Das muß ja entsetzlich sein: dies Fabrtkgeräusch durch die kleinstädtische Grabstille kreischend. Aber Du hattest eS einmal so gewollt, und ich fürchte, waS eine Grieben sich in Len Kopf scyt — z. B. Lonnu, die gestern abgereist ist. Wohin? Du glaubst e» wahrscheinlich kaum, daß sie sich von der alten, bet allen WohltättgkeitSvereine« beteiligten Geheimrat Lantzke eine Schar Pfleglinge verschaffen Netz, öte sie ans vier
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