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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030824026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-08
- Tag1903-08-24
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BezxgS-PreiS 1» d«r Hcmpteppedttton oder deren An-gabe- stelle» abgeholt: vtetteljährltch ^1 S.—, bei «M o.stW. VNrctz vir Pvst vrjvüett für DrittIH» k»st«v 0»stetrtt« vitttttiLhkklch 4.ßv, für dt« ilbrige» Läatz« l»it» g-itudtz-Btt-lifle. Lr-akno« L»d LrmMoar A»hanntsg,fs» 8. Kerelorecher tbä und iNt» MUal«tstedM»«Mt Alfdrst-ahn, Vnchhandlg., UniveefltMstr^ L. lösche, kkathattnenstr. n. kkSiügtpl. 7. chgkyt-Filiale Vresde»: Mattea stratz» Sa. Vs»nspr«ch«r «ml 1 ßtt. 171« Hauvt-Filiale Serlie: Carl Duncker, Herzgl. Bahr. Hosb«chha»dlg, Lützowstraße 1v. Se^isvrecher «aU VI A» 4OV», Abend-Ausgabe. Wp)igerTagMaü Anzeiger. Ämtsölaü des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates «nd des Vottzeiamtes der Stadt Leipzig. Nr. 429 Montag den 24. August 1903. Anzeige«-Prei- dte -gespaltene Pentzeüe -5 Neklchm«» «Mr dem NedqNtoa-strtch <4,»spalten) 7s Ltz »», de» KamNienaach richten (sgetpalten) 50 »«bellattscher ,»V Ztffernsatz eMsstrechMtd HStzer. — Gebübre» für Rachweisunge» »ad Offerte»»»»«»«» 95 H jezet. Porto). Extra-Beltag«! (gejatzt), »», mit der Moraeu-Aa-uad«. ohne Postbetördrrung SO.—, Mit Postbes-rdernag ^5 7v.—. Imrahaeschlil- fllr Aryei-«: Ad«»d-A»s,»s,l Vonnittag« 40 Uh». »o»ß»n-A»-g4s»i Nachmittag« 4 Ust»: Anzeigen stad stet« an bie Erpedtti»» >n richten. Di« Expedition ist Wochentag» »»nnlerdrvche» geöffnet »oa früh 8 bi» abend« 7 Uhr. Trent and veriaa von E. Pol» in Leidig. 97. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, 24. August. Der Wechsel im Neichsschatzamte. Der „ReickSa»;riger" weiß zwar von dem Rücktritte de» ReichsschatzsrkretälS Fehrn. v. Tbielmanu noch nicht«, da aber die Münchner „Allgrw. Ztg." schon am 22. d«. zu melden wußte, zu seinem Nachfolger sei der bayerische Bevollmächtigte zum BundeSrate, Frbr. v. Stengel, er nannt, .nachdem Se. königl. Hoheit der Prinz-Regent Luitpold seine Zustimmung bereitwilllgst gegeben und die Entlassung des Frhrn. v. Stengel aus dem bayerischen Staatsdienste in der gnädigsten Form genehmigt hat", so wird auch der .Reichsanzeiger- mit dieser Meldung bald nackhinken und dann vielleicht dinzusügen, welche Verwendung der bisherige ReichSschatzsrkretär im Reichs oder im preußischen Staatsdienste finden wird. Er wurde an die Spitze beS Reichsschatzamts berufen, als Graf Posa- rowSly, der diesem Amte vom Herbste 1893 an vsrgestanden hatte, im Nachsommer l897 als Nachfolger deS Staats sekretärs v. Bötticher zum Chef deS ReichSamlS des Innern ernannt worden war. Frbr. v. Thielmann war damals Bot schafter in Washington. Ihre Erklärung fand die Wahl eines Diplomaten für die Verwaltung eines inneren ReichsressortS in dein Umstande, daß der Gewählte, während er Gesandter in Hamburg war, mit benUnterhandlungen wegen deS ersten deutsch russischen Handelsvertrages (1893/94) betraut gewesen und mit den wirtschaftlichen Fragen, welche bei der Vorbereitung deS zu revidierenden Zolltarifs in Betracht kamen, besonders vertraut geworden war. Die diplomatische Carriöre, die Frhr. v. Thielmann b>S vahin zurückgelegt hatte, war eine sehr schnell» gewesen. Nachdem er aus verschiedenen Posten im deutschen Vaterlande und im AuSlande, u. a. in Paris und Petersburg, als Sekretär und Botschaftsrat sich die diplomatischen Sporen verdient halte, wurde er im Jahre 188k (vierzig Jahre alt) Gesandter in Sofia, 1887 in Darm stadt. 1890 ging er nach Hamburg, 1895 nach München; im folgenden Jahr« wurde er »um Botschafter in Washington ernannt. Wenn sich Frhr. von Thietm-nn in den sechs Jahren seiner Verwaltung der Reich«finaozen im Reichstage kaum je bedeutend hervortat, so ist daran bi« zu einem nicht unditrächtliche» Grade seine vrihältnitmäßig schwache Stimme Ichulh gewesen. Mit dieser vermocht« er sich im Reichstage selten Gehör zu verschaffen. Der tiefere Grund seiner wenig nach außen fühlbaren Wirksamkeit liegt aber in dem Umstand, daß di» Fortführung der RsichSsioanzreform in den letzten Jahren unmöglich geworden war. Der im Jahre 1898 nach Aiinabme der Eaprivischen Militiirvorlage aus Grund der Frankfurter Besprechungen vom preußischen Ainanzminifter v. Miquel vorgelegte Plan einer Reichefinanzreform de- gegnele auf Seilen de« Zentrum« einer unüberwindlichen Abneigung. Mit Mühe und Not wurde im Jahre 189k (Antrag Lieber) erreicht, daß de» Teil der Überweisungen, der über die Matrikulardeiträge hinaus den Verbündeten Regierungen zufloß, zur Abschreibung der Schulden ver wandt werden sollte. Al« vor zw«i Jahren ein weiterer Schritt auf diesem Irrweg« »ui dem Reichstage heraus be antragt wurde, macht« gerade der bayerische ÄundeSbrvoll- mächtigte Freiherr v. Stengel schwer« Bedenken geltend- Ec bezeichnet« e« als notwendig, daß dq« Reich in seinem eigenen Haushalt und eventuell in seiner eigenen Steuerkrasl die Mittel finde, um die Schuldentilgung schneller al« bisher durchzuführen. Die Kunst des Zentrum«, da« Reich in seiner eigenen Steuerkrasl neue Mittel finden zu lassen, erschöpfte sich in den Jahren seit 1893 in den auf Erhöhung der Börsenstener und auf Einführung der Schaumweinsteuer gerichteten Anträgen, welche die Zu stimmung der gesetzgebenden Faktoren de» Reiche« fanden. Der Ertrag der Schaumweiasteuer kann selbstverständlich niemal- ein hoher werden, über die finanzpolitische und sonstige Nützlichkeit der Erhöhung der Börsensteuer gehen di« Mei nungen bekanntlich sehr weit auseinander. Man darf nun gespannt sein, wie die Reichefinanzreform auSschaut, die Frhr. v. Stengel in Vorschlaa bringen wird, und mindestens ebensosehr daraus, welch« Mittel in Anwendung gebracht werden sollen, um daS Zentrum für diesen Vorschlag zu pe- winnkn. Doch kann e« nicht die Aufgabe deS SchatzsekretärS sein, nach solchen Mitteln sich umzusehen; daS wird der Herr Reichskanzler besorgen müssen, der ja m der Kunst der Befriedigung deS Zentrums kein Neu- ling ist. Von Herrn von Thielmann hat man wenig sten« nie gehört, daß er dir Hülse de« Reichskanzler« zur Gewinnung de« Zentrum« für rin Finanzprojekt in Anspruch genommen hätte. Ueberhaupt war eS nicht seine Art, nut den Parteien Fühlung zu suchen und zu unterhalten. Per sönlich im näheren Verkehr von den verbindlichsten Umgangsformen, verstand er eS doch nicht, zwischen sich und den Mitgliedern deS Hause« ein auf die Dauer erträgliche- Verhältnis herzustellen. Schon deshalb würde unter seiner ferneren Leitung der ReichSfinanzen dir brennend gewordene Frage der Reichsfinanzrrform eine glückliche Lösung nicht haben staden können. Sem Rücktritt, der jedenfalls schon vor einiger Zeit beschlossene Sache war, kann daher nicht überraschen: er ist sogar erfreulich deshalb, weil er beweist, daß die verbündeten Regierungen endlich von der dringenden Notwendigkeit der RrichSfiaanzreform sich überzeugt haben. Al« bleibende« Verdienst darf Freiherr v. Thielmann bei seinem Scheiden für sich in Anspruch nehmen, daß bei der Ahschaffuog der Zuckerprämien Deutschland in «>nex Wrise mUwirkti, die den Abschluß d«r Brüsseler Zuckerlvnvention ermöglichte, Frhr. v. Stengel ist den Mitgliedern de« Reichstages seit einer langen Reihe von Jahren bekannt; er hat all» EtatSdebatten sowohl im Plenum wie in den Kommiflonen mitgemacht und sich als tüchtiger EtatSkenner und auch als gewandter Redner gezeigt. Seine Ernennung wird in Süddeutschland, namentlich in Bayern, sehr angenehm berühren und dort die Freudigkeit an der Mitwirkung der ReichSgeschäste ausfrisch,» helfen. Dieses föderalistisch-politische Moment ist bei der Ernennung des Frhrn. v. Stengel zum Nachfolger d«tz Frhr». v. Thielmann keineswegs zu unterschätzen. Arne Männer. Findet die Ersetzung de« Kiich«schaNsekret8r« Frhrn. v. Thielmann durch den Frhrn. v. Stengel überall in der deutschen Presse Beifall, so veranlassen einige andere Ver änderungen in hohen Aemtern die „Nat.-Ztg." dazu, auf den Mangel an geeignet«», Nachwuchs für solche Aemter hin zuweisen und da« Bedenklich« dieser Erscheinung b«rvyrzu- heben. Das genannt« Blatt bedauert, daß durch die Neu besitzung d«S Posten« drS Öberpräsibentrn m Breslau durch den Frhrn. v. Zedlitz eine neue Vakanz in Kassel hervorgerusen und auf diesen erledigten Posten in der Person de» Herrn v, Winbheim .ein kür diese Stellung ungewöhnlich junger Beamter, der erst kurz zuvor «in RrgierungSpräsidivm übernommen und noch keine Gelegenheit gehabt, da« ihm nachgerübmte Talent für di« höhere Verwaltung auf angemessener Basi« zu betätigen", auSersehen wurde. Die ,Nat.-Ztg." wünscht Herrn v. Wind- >eim, daß e« ihm recht bald gelingen werde, da« seiner Fähigkeit »Lheren OrteS entgegeogebracht« Vertrauen vollauf ru recht- ertiaen ; bis dahin aber werde sich nicht verhindern lassen, „daß m Publikum und in den Kreisen der Kandidaten für die hohen DerwaltungSämter in Erinnerung an die denkwürdigen Land- tagSreden des Minister- v. Hämmerst ein der Eindruck sich aeliend macht, daß der neue Oberpräsident seine überraschend« Laufbahn zu einem nicht unwesentlichen Teil seiner zufälligen Eigenschaft al« Bonner Borusse verdanke-. Weiter sagt da« liberale Blatt: „Man mißversteht uns nicht: Wir haben die Berufung deS Frei herrn von Zedlitz nach Breslau al« die für Schlesien glücklichste Wahl anerkaaat und stehen dem neuen Oberpräsidenten von Winddeim trotz seiner starken agrarischen Entgleisung gelegentlich der Wahlen in Frankfurt a. O. völlig objektiv und abwartend gegenüber. WaS wir lediglich hrrvorhebea wollen, ist die bei diesen Versetzungen wieder offenbar gewordene Tatsache, daß der Kaudidatrnkrei« für die hohen Aemter der Verwaltung ganz bedenklich ein geengt erscheint. Herr von Zedlitz, der nachgerade den vierten Posten mit Ministerrang bekleidet, ist ein merkwürdige- Beispiel dafür, welch» Schwierigkeiten gegenwärtig die Auswahl geeigneter Männer für diese Aemter bereitet, und Herr v. Winddeim wird vielfach al- neuer Beweis dafür geltend gemacht werden, daß die große Earriere nur einer kleinen Grupp« bevorzugter Kandidaten winkt. Diese Eindrücke zwingen »n-, der Frage nach „neuen Männern" etwa» tiefer nachzugehen und mit allem Nachdruck auf di» Mittel hinzu weisen, die un» zur Hebung der Schwierigkeiten geeignet und not wendig erschei»»»." Jrdenfall« ist da« im preußischen Landtage verkündete „System Hammerstein* am allerwenigsten geeignet, di« Aus wahl der döheren BerwaltungSbeamten zu erleichtern. Wenn in so krasser Form, wie es dort geschehen ist, die Bevor zugung alter Korpsstudenten verteidigt wird, dann darf man sich freilich nicht wundern, wenn die Kandidatenliste immer mehr zusammenschnnlzt. Die „NalwnghZettung" schlägt daher vor, unter den Männern Umschau zu halten, di, durch die vortrefflich« Schul« der Selbstyerwal- tung für die verschiedensten BerwallungSzwrige vorgebildet sind, an die Oberbürgermeister preußischer Großstädte, und fordert endlich «ine Reform der Vorbildung zum höheren Verwaltungsdienste. Dabei erzählt da» Blatt ein charakte ristische« Geschichichen, da« de» verstorben» Finanzminister v. Miquel gelegentlich erzählter „Wenn dt« jungen Assessor«» sich ihm, »l« dem Ressortminister, vorstellten, begann er mit ihnen länger« Gespräch, über Marx und Lassalle, über allgemeine staatS- und privatökonomijch» Fragen und verwandt« Dinge, denen ein künftige» hoher Rrgierungsbramter nicht unwissend gegenüberstehen darf; und wenn das Gespräch zu Ende war, entließ er so manchen der Herren, di« nun für alle Würden und Aemter reis zu sein wähnten, mit dem scharfe» Wort; „MeineHerren, ich gratulier» Ihnen, daß Sie da-Examen bestanden haben — bei mir wären Sie durchgefallen!" Wir selbst erinnern un« eine- noch drastischeren Aus spruch« des unvergeßliche» Mannes über die klaffenden Lücken VeS staatswissenschastliche» Wissen- einiger hohen preußischen VerwaitungSdeamren. Solche Lücken offenbaren sich nur zu leicht und erschweren e« den betreffenden Beamten la neuen Wirkungskreisen ungemein, sich bas Vertrauen zu erwerben, da« sie unbedingt zu gedeihlicher Wirkung nötig habe«. Kommt nun zu solchen Lücken auch noch der Verdacht hinzu, daß vie Betreffenden das neu« Amt mehr ihrer studentischen Vergangenheit al- ihren späteren Leistungen verdanken, so ist die Erwerbung de« Vertrauens fast unmöglich. Schon an« diesem Grund« sollt« der Vor schlag der „Nat.-Ztg." beherzigt und für eine größere Aus wahl von geeigneten Kräften für den höheren preußischen Verwaltungsdienst Sorge getragen werden. Gaitsdnrh s. Den äußeren LebenSgang deS am Sonnabend verstorbenen englischen Staatsmannes, dessen hervorrageude Wirksamkeit mrt den großen Ereignissen deS letzten Menschenalters, an denen die auswärtige Politik Englands lebhaften Anteil ge nommen bat, eng verknüpft ist, haben wir schon in der heurigen Morgenausgabe kurz skizziert. Den „Berl. N. N." entnebinen wir noch folgende objektive Würdigung Vieser seltenen Persönlichkeit. Ein politischer Freund und VrrtrauterDiSraeliS, hat sich Salisbury als selbständiger staatSmannischer Charakter ausgebildet und der britischenStaatSkunst, so lange sie vollständig unter seiner Leitung stand, ein eigenes Gepräge aufgedrückt. Schon 1853 in daS Unterbau« gewählt, hat sich Lord Salw- bury zunächst mehr al- geistvoller politischer Schriftsteller von scharfer Feder denn als Redner hervorgetan. Die Schule des Lebens entfaltete in ihm die reichen natürlichen GeisteSgabrn, die später zur vollen Geltung kommen sollten. Scho» damals lenkte er d,c Aufmerksamkeit auf sich durch die Schlagfertig keit und Schärfe seines Geiste-, der niemals die Vorliebe für eine sarkastische Behandlung deS Gegner- verleugnete, sowie durch reiche Kenntnisse aus allen Gebieten de- politischen Lebens. Diese Eigenschaften sicherten ihm auch im Oberbause eine hervorragende Stellung, in da- er überging, als die Peerschaft 1865 nach dem Tod« seine- älteren Bruder- an ihn gefallen war. Lord Salisbury war der geborene Vertreter der konservativen britischen Staatökunst, bevor dies« durch ltberal.unionistisch« Beimischung sich zu einer neuen Abart entwickelt«. Bi« in di« Mut« d«r Neunziger Jahr« pflegt« er di« Ueberlieferungen der Part«, auS tzrr er hervorgegang«» ist. Ja jene Zeit fallen seine hervorragendsten staatsmännischen Leistungen. Sein Name stieg in England und in der ganzen Welt zu hohem Ansehen, al« er berufen wurde, in der 1875 diennend gewordenen orientalischen Krisis, di« in dem letzten russisch-türkischen Krieg« gipfelte, eine hervorragende Rolle zu spielen. Damals ging er nach Konstantinopel, um di« entstandenen Schwierig keiten im Verein mit den Botschaftern der Mächie auf friev- lichem Wege zu schlichten. Scheuerte dies,« Bemühen auch an der ablehnenden Haltung der Pforte, so hatte Lord SaliSduiy doch Gelegenheit gehabt, sich um der Lage im Orient gründlich vertraut zu machen und sern« Eijahrungen weaigr Jabr« später zu Gunsten seines Landes aurZNiiützt». Der Berliner Kongreß von 1878 sah ihn, der inzwischen Minister de« Auswärligcn im Kabinett DiSraeli geworden war, neben letzterem g!S Ver treter Großbritanniens. Nach dem Tode Di-raeli- ging vie Führerschan in der konservativen Partei auf Lorv Salisbury über, dessen Stärke indessen »ach wie vor die aucwäriige Politik blieb. Während seiner kurzen Premierschasl im Jahre 1885 dehnt« er den indilchen Besitz Großbritannien« durch Erwer bung von Ob«r-B,rma au«. Gleichzeitig verstand er ohne internationale Erschütterungen die englische Herrschaft am Nil zu befestigen, bi« sie durch die gänzliche Vernichtung der Mahdisten im Jahre 1898 und die Veikündung de« englischen PivtekloratS über das obere Niital ihre jetzige Gestalt annahm. Feuilleton. iü, Uerisite von Grieben. Roman von Hermann Birkenfeld, ittqkiiftrurt verhören. Lonny und heiraten! Dagegen sprachen doch ein balb Dntzend Umstände, in Hertha» Augen nicht -um geringsten die Verletzung der Ancie,»n> tat, Und bann diese Art Ver lobung — eine VorlNbnng zu Wasser! Käte Schulze, bas einzige Mädel einer Plättfrau aus der Gaxtsnstraho, so hieß es in dem gedankenkrausen Briefe, den die Morgen post gebracht batte, war von dem kümmerlichen Landungs- stego in die See gefallen. Und Sonny hinterdrein ge* sprungen, die Göhrs zu retten, bei einem Qstwinde, der das Wgsser seewärts trieb, daß Kind und Retterin in ihren Kleidern ein Spiel der Wellen wurden. Und dann kommt in einem Ruderboot «in beliebiger Mensch und bringt die Waghalsige aus fein Schiff, da« dort vor Anker lag, wo Lonny sich trockene Kleider — seine eignen Manpskleidsr — »nzisken und bei einem richtigen Kee- manntzgrog warten muß, bis bi» ihren halbsmeg ge- irocknet sind- Und hernach, al- die zwanzig derweilo sich selbst und den Wirtsleuten überlassenen Rangen auf das verminte Paar lossttirzen, »a präsentiert Lonny ihren Retter den Schusters- und Portierskindern als — ihren Verlobten und läßt sich von der Gesellschaft Kränze win den, und das Mädel der Plättfrau aus der Gartenftraß« tut sich noch wichtig damit, die Gelegenheit zu dieser vraut- schast geboten -u haben. Und wer der Ritterliche ist? Nun, das ist eben „Ett'. — Er und noch einmal Gr. — Kr mit einem großen G. Bloß ganz am Schluss« nennt Lonnu Namen und Stand, Als ob das so belanglos wäre! Kurt von Lietsteim, Iachtschssser. Allbarmherzigrrk Die Majorin sowohl, wie Hertha haben von hem Wesen einer Jacht nur sehr unbestimmt«, yon dem Lenker einer solchen aber sicherlich keine hohen Begriffe, und die Lietheims — viele des Namens gibt es Nicht, aber an verlotterten Existenzen wird es auch unter ihnen nicht fehlen. Deren bat ia fast jede sonst anständige Familie. Und solch ein Mensch wagt es, Lanny sau, kagon zu um- armen — denn da- schreibt sie ja selbst: „Er küßte mich und Ich meinte, das müßte genau gerade so sein, und so erregt ich war, geschämt hab' ich mich wirklich nicht, liebste Mama. ES war ia auch zu schbn, und tch bin zu glückselig, und das wirst du begreifon, wenn «r kommt, bet dir um mich an- »nhalten, und Ihr mordet sehr lieb zu ihm sein und uns nicht zürnen, weil mir auf etwas ungewöhnliche Art ein ander fanden. Der Strand ist -den kein Ballsaal, und unter meinen kleinen Schützlingen bin ich wohl -in bißchen mit verwildert," Die Majorin seufzt tief auf, jedesmal wenn sie an diese Stelle des Briefes kommt. Denn allgemach weiß sie die Zeilen auswendig, so oft hat sie ihn mit Hertha schon durchgelefen, stets mit der Endfrage; „Was nun?" Er wird natürlich nicht angenommen, und Lonny er hält Botschaft, sofort zurückzukehren. Sie ist ja viel zu unerfahren und wächst sich da -rauben vollend? zum «nk»nt lerrimo aus. »Ack>, Hertha, das ist ja nur zu wahr. Aber die Kinder —" „Sie mag nun sehen, wie sie ihrer leichtsinnig über nommenen Pflichten ledtg wirb- Du stehst über ihr, und sie muß kommen, bas siehst du doch ein. dt« Gcsellschast würde ig sonst mit Fingern auf uns zeigen." „O ich unglückliche Krau!" stöhnt die Majorin, den Kopf zwischen den Händen. „Ein Glück, daß hie Hetzen Mädchen nicht daheim sind! UebrigeziS, was ist das eigentlich mit Renate?* Hertha schürzt die Sippen. „Sie Hai nicht geruht, mich mit ihrem Vertrauen jN be ehren. Daß aber auch des ihr irgend ejno Hfrzensassäre Mitspfelt, davon bin ich überzeugt, Gestern abend — du warst im MtsfionSverein — hat sie sich mit Grete, nachd-m die von einem geheimnisvollen Ausgange zurückkqm, ein- geschlossen und dann getuschelt und gestöhnt dgS hängt natürlich alles mit dem Besuch jenes Menschen zu sammen, der sie vorgestern säst krank gemacht hätte," Krau von Grieben streift ihre Tochter mit einem langen Blick. „Du hast wieder einmal gelauscht, Hertha." Hertha wiegt sich in den Hüften. ^Wte du es nennen willst, Mama. Jedenfalls reime tch mir einen Berß auf die Heiden, Denn heute früh beim Kaffee — da war's schon nicht mehr zum Aushalten mit ihnen. Renate ein Gesicht wie Wachs in Eis gekühlt, und Grete Horsten behandelt sie wie ein krankes Kind. Und bann beide weg — in Geschäften zu Baumeister Schulze, sagt« Grete. Wer'» glaubt! Sieber Gott, ich gönne ihnen ja ihre sämtlichen Geheimnisse, aber verdient habe ich solche Nichtachtung weder von der einen, noch von der andern." Die Majorin ringt Lber Lonnvs zerknittertem Brief die Hände. „Hertha, wenn die beiden auch —— ich meine, so L Ia Lonny! Unser Haus würde ja unmöglich werden!" „Ts hat eben nicht jedes Mädchen meine solide Auf. sassung von den Pflichten gesellschaftlicher Stellung, Mama", erwidert Hertha, eine «tsrnlocke, die sich einen Centimcter zu weit nach vorn gewagt, in toilettengemäße Schranken zurückschiebend. „Doch horch! War das nicht die Klurklingel? Vielleicht sind sie es —" Die Majorin nickt. „Wir werden ja sehen." Und sie rückt sich ein wenig steifer als zuvor in ihrer Ecke zurecht. Hertha huscht ans Fenster und stichelt an ihrer ge meinhin dort liegenden Gelegenheitsarbeit, al» gelte es ein Wettstickcn. Dann geht die Tür — Ach, nur das Dienstmädchen! „Besuch 1" „Der Herr ist im Salon", meldet Marie und reicht der Ptaiorin eine Karte — „von Grieben. Rittmeister im 3. Westfälischen Husarenreaiment." „Gott sei Dank, ein anständiger Mensch! Ach, Hertha, die unglückselige Geschichte mit Lonny hat mich entsetzlich nervös gemacht, Ich fürchtete schon man schreckt ja zusammen, wenn draußen die Glocke geht! Ich komme, Marie." Das Mädchen asbt. Krau von Grieben fährt sich mit dem Taschentuch über das Gesicht, tupft mit den kleinen weißen Händen das Haar glatt und seufzt: „Wir müssen ihn doch empfangen?" „Aber gewiß. Mama." Die kleine Dame schüttelt bekümmert das Haupt. „Käme er nur nicht so zur Unieit! Laß dein Kleid sehen, mein Kind — «i doch, cs geh« so. Ich dacht«, du hättest sonst das bordeaurrote —" „Mit den wcihgeschcuerten Nähten, Mama? Kein Ge danke!" Der Rittmeister von Grieben ist ein stattlicher Soldat, dem Attila vorzüglich steht. Ein kräftig geschnittene- Profil, auf der Stirn «in paar feine Furchen und da glatte, schwarzbraune Haar an den Schläfen schon ein wenig gelichtet. Er küßt der „gnädigsten Frau Tante" ritterlich die Hand, erwidert kräftig den letten Druck von Herthas Fingern und erinnert daran, daß es schon fast vier Jahre sind, seit er die Damen zuletzt gesehen. „Und nun sind Sic gestern in Berlin angekommen?" Er lächelt, zeigt dabei unter seinem krausen Schnurr bart zwei Reihen gesunder Zähne und antwortet: „Aber Fräulein Hertha! Sollten Sie die Offiztersvcrsetzunyen heute minder eifrig verfolgen, als früher?" „Als Soldatenkind teilt sie dieses Interesse mit ihrer Mutter", flicht die Majorin ein, und der Rittmeister ver neigt sich zustimmen-, um fortnttabren: „Fräulein Cousine weiß also, daß ich seit erstem April zur Kriegsakademie kvmnrandiert bin." „Dann wär« ihr versteckter Avrwurf la entschuldbar. Bei unseren verwandtschaftlichen Bezichmigen." Diese Beziehungen sind zwar etivaa weitläufiger Art,- denn die Väter Werner von Griebens und Herthas waren knapp Vettern gewesen, aber dennoch beeilt sich der Ritt meister mit der verbindlichen Erwiderung: „Ich bekenne mich vollkommen schuldig, gnädigste Tante, nur — der Dienst, das Studium — man har der Ab haltungen so viele." „Vielleicht war auch bei Dreffel. als man dort Misere Wohnung nachschlagcn wollte, gerade das Adreßbuch ver legt", spottet Hertba. von Grieben lackt. „Der Schuß ging fehl. Fräulein Hertha! Bei Dreffel bin ich seit Monaten nicht mehr gewesen. LUeine Zeit ist wirklich knapp bemessen —" „Hoffentlich nicht so knavv. daß wir, nun Sie einmal den Weg zu uns fanden, nickt reckt oft das Vergnügen haben —", entgegnet Frau von Grieben und überlegt schon, ob da- Menu des strittigen Rfittags nicht eine Ein- ladung d 1» kortunv liu pot gestatte, als der Rittmeister sagte: „Von so gütiger Erlaubnis werde ick um so lieber Ge brauch machen, da ich erfuhr, auck Cousine Renate weile zur Zeit bei Fstnen —", worauf die Majorin den Gedanken an die Einladung ebenso rasch sastren läßt, wie er gefaßt wurde, Hertha aber mit einem interessierten Blick auf den Rittmeister fragt: ^Die staben Sic wohl sehr lang« nicht mehr gesehen?", dann aber, als Herr von Grieben mit blankem Freimut bekennt: „Ich glaube fast, seit fünf
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