01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.08.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030825013
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903082501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-08
- Tag1903-08-25
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Tabellarischer und Ziffernsah entsprechend höher. — Brbühreu für Nachweisungen uud Oflerteuaunahme L5 L, (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), NR7 mit ser Morgen-Au-gabe, ohne Postbesördrrun, SV.—» »it Postdefürdernug 70^> Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu-Au-gab«: NachmtUag« 4 Uhr. Anzeigen stud stet« an die Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bi« abends 7 Nbr. Druck und Verlag voa L. Pol» in Lechzt». 97. Jahrgang. Die mMSrische Ledeutung Bulgariens. v. Die bulgarische Armee ist nach dem rumänischen Heere die tüchtigste der Balkanstaaten, und sollte sie sich, wie et fast den Anschein hat, mit ben makedonischen Ban- den zusammenschlteßen, wäre sie ein nicht zu unterschätzen- der Gegner. Schon im vergangenen Jahre, alt in Bul garien im Anschluß an die Erinnerungtfeier der Kämpfe um den Schtpka-Paß zum ersten Male in ungewöhnlicher Ausdehnung große Manöver stattfanden, war von dem bulgarischen Heere viel die Rebe. Menn auch das Urteil ausländischer Berichterstatter über diese Truppenübungen nicht durchweg bet Lobe» voll war über bat ihnen ge botene militärische Schauspiel, uud wenn sie namentlich an der Einzelausbildung -es Manne« mancherlei auszu fetzen hatten, so stimmten sie doch durchweg darin überein, baß der Kern des bulgarischen Heer«» gut sei und die Armee in ihrer Gesamtheit einen Faktor bilde, mit dem bei etwaigen Unruhen ober Kämpfen im Balkangebiet ernsthaft gerechnet «erden müsse. Für die Verwendung der bulgarischen Truppen in einem Kriege werben die großen Sisenbahnltenten, die da» Land durchkreuzen, eine sehr erhebliche Nolle spielen, und da über diese VerkehrSstraßen vom militärischen Standpunkt aut bisher so gut wie gar nichts veröffent licht worben ist, erscheint ein« kurze Besprechung derselben wohl am Platze. Die beiden Hauptlinien, die -aö Fürstentum Bul garien von Ost nach West durchziehen, bilden die Eisen bahn Barna-Schttmla-Plewna-Sofia-Kostendil mit ihren Abzweigungen nach Nustschuk und Samowit und die Linie Burgas-Navaia-Zagora-Tschirpane. Den Knoten punkt der beiden genannten großen Bahnstrecken bildet Sofia, da von hier au« die 640 Kilometer lange Linie nach Barna und die 510 Kilometer lange Bahn nach Bar- gaS sich abzweigen. JuvGegensatze zu diesen beiden Bahnen, die, durch da« Balkangebirge getrennt, den Osten und den Westen des bulgarischen Reiches mit einander verbinden, gibt es dort keinen einzigen Schienenweg, der vom Norden nach dem Süden Bulgariens führt. Jeder Rei sende, der z. B. von Jamboli nach Schumla fahren will, ist daher gezwungen, «inen Umweg von 800 Kilometer per Bahn zu machen, während die beiden Städte in der Luft linie kaum 100 Kilometer von einander entfernt liegen. An den beiden großen Bahnlinien liegen nun von den 82 Standorten, über die die bulgarische Armee sich ver teilt, 11, doch finden sich in diesen 11 Garnisonen etwa 50 Prozent des ganzen Heeres untergebracht. Die mitt- tärische Leistungsfähigkeit der in Rede stehenden Bahnen für ben Kriegsfall ist zur Zett gering. Nach zuverlässigen Angaben sind bis jetzt im Falle einer Mobilmachung für jede der beiden Strecken nur acht Züge täglich vorgesehen, während bei sachgemäßer Organisation und ausreichen dem Material in derselben Zeit deren 12 für den Truppen transport bereit gestellt werden könnten. Augenscheinlich fehlt cs aber an vollendetem Material, und da nur 2446 Wagen insgesamt vorhanden sind, würben, bei der Länge der Züge von je 85 Wagen, heute auf jeder Strecke sogar nur 5, anstatt der planmäßig vorgesehenen acht, verkehren können. Auch sind die Einrichtungen der Wagen für den Transport von Mann und Pferd äußerst mangelhaft und weiter macht sich namentlich das Fehlen von Lowrics sehr nachteilig fühlbar. Während die Zahl der letzteren sich im Verhältnis zu ben übrigen Waggons bei anderen Staaten auf 25 Prozent stellt, erreicht der heute vorhandene Be stand auf den bulgarischen Bahnen nur 4 Prozent. Wenn man sich nun die verschiedenen Fronten ansieht, von denen Bulgarien eventuell eine Bedrohung zu er warten oder nach deren Grenzen eö Truppen zu senden hat, so findet man, daß zunächst nach der Westfront zwei Eisenbahnlinien und die Wasserstraße der Donau zur Verfügung stehen. Von diesen drei Verkehrswegen können die beiden Eisenbahnen am ersten Mobil- machungStage 29 Regimenter, die unmittelbar an den Bahnen in Standorten liegen, nach der serbischen Grenze schaffen; am zweiten Mobilmachungstage würden eben dahin weitere 18 Regimenter aus ben nahe der Bahn- linien befindlichen Garnisonen Slivnica, Kazanlik, Has- kow Petchtchero und Vratsa folgen können urvd am dritten Mobilmachungstage kannte das in Bojesnik garnifo- nierende Regiment ebenfalls seinen Ausschiffungsort an der serbischen Grenze erreichen. Da auf diese Weise 83 Prozent der gesamten bulgarischen Armee innerhalb von drei Tagen an der Grenze vermittels der Eisenbahnen versammelt sein können, der übrige Teil des Heeres aber, mit Ausnahme von 2 Regimentern, die auf der Donau herangeführt werben müßten, an der Grenze gegen Serbien disloziert ist, so sicht man, wie schnell und mit welch geringer Mühe die Armee Bulgariens ihren Auf- marsch an der Westfront vollenden kann. Weit ungünstiger gestalten sich die Verhältnisse einer Truppenkonzentration nach Norden zu, wo weder die beiden großen Eisenbahnlinien, noch die Donau zur Ver fügung stehen und die beiden Zweigbahnen Plewna-Sa- movit und Kaspidian-Rustschuk nur in geringem Maße zur Unterstützung hcrangezogen werden können. Auch kann -er Wasserweg Burgas-Barna voraussichtlich schwerlich benutzt werden, da er durch die rumänische Flotte gesperrt sein wird. Und endlich kommt noch er schwerend bei einer Bereitstellung der Truppen an der Nordgrenze hinzu, daß die MobilmachungSorte von dem Aufmarschrayon an der rumänischen Grenze etwa doppelt so weit entfernt liegen, wie dies an der zuvor behandelten Westfront der Fall ist. Man kann mit Bestimmtheit an nehmen, daß nur etwa 20 Prozent der Armee durch die Bahnen an die Grenze gegen Rumänien befördert wer den können, während 80 Prozent zu Fuß dieselbe erreichen müßten. Es mag hierbei eingeschaltet werden, daß Ru mänien in dieser Hinsicht seinem südlichen Nachbar erheb lich überlegen ist, da ihm außer der Donau 8 Eisenbahn linien zum Truppentransport nach der Südgrenze zur Verfügung stehen. Am nachteiligsten liegen die Verhältnisse npch der Südfront zu, weil die einzige große Bahnlinie Sofia- Philivpopel-Burgas, die für Truppentransporte in nord südlicher Richtung überhaupt in Betracht kommt, feind lichen Unternehmungen von türkischer Seite ausgesetzt ist und deshalb im Mobilmachungsfalle mit absoluter Sicherheit nicht benutzt werben kann. In diesem Falle müßte demnach die Konzentration der bulgarischen Armee ausschließlich vermittels Fußmarsches vor sich gehen. Interessant ist es schließlich im Zusammenhänge mit der Benutzung der vorerwähnten Eisenbahnen für den Truppentransport im Mobilmachungsfalle, zu sehen, wie die Verproviantierung der Armee sich nach den verschiede nen Fronten gestalten wird. Am günstigsten liegen auch hier die Verhältnisse nach der Westgrenze zu, indem be rechnet worden ist, daß dorthin auf 100 Waggons 960 000 Kilogramm Lebensmittel ohne Schwierigkeiten herange schafft werden könnten. Für ben Verpflegungsnachschub in nördlicher Richtung muß man unterscheiden, ob an der Donaulinie oder am Balkan gekämpft werden soll. In dein ersteren Falle dürften die drei dorthin führenden Zweigbahnen ausreichen: am Balkan steht jedoch eigentlich nur die Bahn Burgas-Sofia zur Verfügung und nur die jenigen Truppenteile, die Sofia im Rücken haben, könnten die Strecke Sofia-Romane für ihre Zufuhr noch benutzen. Im wesentlichen würden also die Truppen in diesem Falle auf Wagentransporte und Zugtiere für ihre Ver pflegungsbedürfnisse angewiesen sein, woraus bei den Wegeverhältnissen, gerade in diesem Teile Bulgariens, ernste Schwierigkeiten erwachsen dürften. Zur Beurteilung der Verproviantierungsverhältnisse nach Süden zu sind drei Verteidigungslinien zu unter scheiden: die des Rhodope-Gebirges, des kleinen Balkan und der Balkan-Kette. Schwierigkeiten werden hier nur am kleinen Balkan entstehen, wo die Truppen ausschließ lich auf die Verpflegung aus den Kolonnenfahrzeugen angewiesen bleiben. Am Rhodope-Gebirge stehen dagegen der Armee für die Deckung alles Lebensmittelbebarfs die durch die reichen Täler der Maritza und der Trundja führenden Bahnen zur Verfügung. Im eigentlichen Balkan wird sich die Verpflegung am günstigsten gestalten, da ja die Truppen, den lokalen Verhältnissen entsprechend, von vornherein in kleine Detachements geteilt werden müssen und sich infolgedessen die für sie erforderlichen Vorräte leicht an Ort und Stell« beschaffen können. Deutsches Reich. ch Leipzig, 24. August. (Die Gew er kschaft-karteile.) Die Generalkommlfsion der Gewerkschaften Deuiscblanbs bat Erhebungen über die deutsch.« Gewe r ksä)af i e kartelle un Jahre >902 veranstaltet und da- E.gedniS veröffentlicht. Au» dieser St.itistck 01 folgendes hervorwheben: Von 393 Kartellen, welche Berichte eintencen sollten, sind solche vün 365 Kartellen eingegangen, so daß 93Prv;enl der Kartelle an der Statistik beteiligt sind. Diesen 365 Kartellen gehören insgesamt 4742 Organisationen Mit 614 722 Mitgliedern an, geaen 48l 718 Mitglieder in 8995 Organisationen im Jahre >90l. Die Vermehrung der Organisationen wie der Mitglieder ist nur rum Teil auf das Anwachsen der einzelnen Kartelle zurück,usübren. Sie erklärt sich auch durch da» Hinzutreten von Kartellen, die für da» Jahr 1901 nicht berichtet batten. Unter anderem fehlte 1901 das Leipziger Kartell mit 57 Organisationen und 24 280 Mitgliedern. Die meisten Kartelle (131) hatten 6 bis 10 Organisationen, über 50 Oiganisationen hatte« 4 Kartelle, oarunier befand sich da« Leipziger Kartell. Lokale Vereine waren in 36 Kartellen, 84 mit 12 589 Mitgliedern vertreten. Die Kartelle können demnach, da diese 84 Lokalvereine keine Rolle spielen, in der Hauptsache als eine Vertretung der ia den Zentralverbänden organisierten Arbeiter angesehen werden. In Leipzig gehören dem Kartell 6 Lokaloereiae mit zusammen 235 Mitgliedern an. In 127 Kartellorten baden, soweit die Kartelle darüber berichteten, insgesamt 672 Streits mit 86 571 Beteiligten stattgefundtn. Davon endeten 274 mit günstigem Erfolg für die Ausständigen, 161 waren teilweise von Erfolg und 222 erfolglos. 91 Arbeitsloseozahluugen batten 74 Kartelle vorzenommen. AuSkunftbureaus halten 103 Kartelle, einen eigenen Bcr- sammlungSsaal 77, eine Zentralherberge 29, eine Biblio thek 165, Beschwerdekommysionen 131 Kartelle. Von den Kartellen wurden 1121 berufliche und 705 allgemeine Ver sammlungen veranstalte«. 19 Kartelle besaßen ein eigene» GewerkschastShauS. 20 Kartelle batten eine weibliche Ber- lrauenSperson bestellt. Auch in Leipzig ist eine solche vor handen. Die Gesamteinnahmen der an der Statistik be teiligten Kartelle betrugen 272 394 -ck, die Gesamtausgaben 285 468 /S. Berlin, 24. August. (Die Taktik des „Vor wärts.") Der „Vorwärts" ist mit seinen Behauptungen über die „Kaiserinsei" zweimal hintereinander gründlich Lügen gestraft worden, zuerst durch ein generelles scharfe» Dementi der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", dann, als er, von der bürgerlichen Presse in die Ferrilletsn. Geschichtliches vom Terrain des Laisermanövers. UeVer den Schauplatz des KaisermanöverS 1903 weiß vr. Reinhold Brode in einem bei Gebauer-Schwetschke- Halle erschienenen geistvollen Abriß zu berichten, aber nicht im Sinne einer Schilderung aus dem Leben der Gegen wart, sondern vielmehr in -er Behandlung der bewegten historischen Vergangenheit jener Landstriche, die das Kaisermanöver diesmal berührt. DaS Gelände des KaisermanöverS schließt ein Viereck ein, besten Winkel etwa die Lage der Städte Halle, Eilen- bürg, Gera, Erfurt bezeichnen. Tin aus gar mannig faltigen politischen Territorien zusammengesetztes Terrain: ben altmagdeburgtschen, später kurbranden- burgischen Saalkrets, die Hochstifte Merseburg und Zeitz- Naumburg, im Osten bedeutende Stücke der alten Mark grafschaft Meißen, im Westen einen Teil -er Grafschaft ManSfelb, das Stadtgebiet von Erfurt und den Nord rand der thüringischen Herzogtümer umfassend. Mitten durch schneidet diese Fläche die Saale, einer jener deutschen Ströme zweiten Ranges, deren Täler und Uferland, schäften, wie die beS MainS, des Neckars und der Mosel, durch eine Fülle historischer Wandlungen und Geschehntstc in überaus interessanter Weste seit den Anfängen unserer Geschichte belobt worden sind. Der Boden, auf dem baS Manöver vor sich gehen und sich entwickeln soll, ist ein im eminenten Sinne historischer. Und wenn diesem Gelände, abgesehen etwa von den Borbergen Thüringen- und dem Saaletale, zwischen Naumburg und Jena, schlechterdings alles fehlt, was einer Landschaft Retz verleiht: Wald und Heide, Berg, See und Moor, so ersetzt es, wat ihm die schmückende Natur versagt hat, durch bat Schwergewicht einer großen Vergangenheit. Die Geschichte dieser Gegenden knüpft an bat Fluß gebiet der Saale an; germanische Hermunduren be. wohnten die Uferlandschaften, bi» wohin die Römer ihre Adler trugen, der junge DrusuS streifte auf feinen Märschen die Saale, und Kaiser Karl der Große war eS, -er hier sich zuerst den von Osten her anbrängenben Slawen erfolgreich «ntgegenstemmte. Auf Jahrhunderte binau» ist seitdem die Saale die militärische Basis für den deutschen Angriffskrieg nach Osten, wie für die kräftige Ausbreitung beustcher Siedler in die slawischen Distrikte geblieben. Stammes- und Rastenkämpse wogten zu beiden Weiten bet Strome» hin und her. Schon mn 15. März V88 überwand Heinrich der Erste nicht allzu fern von Merseburg die einbrechcnden Horden der Magyaren durch den Kern des sächsischen Aufgebotes, und unter Otto dem Großen aus dem Geschlecht der Liudolfinger, der seine Besitzungen von den Stammburgen an der Lippe bis in die Regionen der Saale- und Elbclandschaften vorge schoben, der zum Stifter des Erzbistums Magdeburg ge worben, bildeten die Königshöfe um die Waldbergc des Harzes und längs der Goldenen Aue das Zentrum eiuer dem slawischen Grenzkriege gegenüber eingenommenen festen Stellung, vor welcher die lange Reihe der Elb- und Saalpfalzen, von Magdeburg bis nach Merseburg und Saalfeld hinauf, wie eine scharfbewehrte Vorpvstcnkette erschien. Zu Memleben in der Goldenen Aue, wo auch sein Vater Heinrich den Geist aufgegebcn, ging der große Fürst dahin, und im Dome zu Magdeburg schloß sich die Gruft über Ottos Sarkophage an der Seite EdithaS. Nm dieselbe Zeit, da in Niebergermanien -aS Geschlecht der Liudolfinger auftauchte, trat westlich und östlich von der mittleren Saale das ruhmreiche Dynastengeschlccht der Wettiner hervor, baS mn die Wende -es 11. und 12. Jahr hundert» seine erste feste Position gewann. In diese Zeit, da die Salier die Erbschaft der Ottonen antraten, fielen ernste Bewegungen: von Thüringen her wälzte sich der Kampf gegen die Nferlandschafien der Saale, und in den Niederungen der Unstrut war es, wo der glänzende junge Salier Heinrich IV. die Opposition des Laienadels nieder- schlug. Zahlreiche Gefechte sind damals in den Tälern Thüringens auSgefochten worben, das eine besonders be merkenswert, da bet Langensalza der Dachsenherzog Otto von Nordheim, der unbesiegbare und unbeugsame An- «ihrer seiner ostfälifchen Bauern, eine der großartigsten Figuren dieser an spannenden Momenten so reichen Zeit, an der Spitze des sächsischen Adels und des sächsischen BauernheereS den berittenen LehnSaufgeboten des Königs Heinrich IV. gegenüberstand, und der Uebermacht des königlichen Heerbanns erlag. Unentschieden blieb, fünf Jahre später, 1080, das zweite große Treffen bei Flarch- heim, den Unstrntlauf ein wenig abwärts, wo es Otto von Nordheim gelang, die taktischen Berechnungen deS König» zu vereiteln. Nach dem Tage von Flarchheim mußte Heinrich noch einmal an den Gott der Schlachten appellieren und sich mit dem Gegenkönige, dem Schwaben. Herzog Rudolf von Rheinfelden, messen. Bei Hohen« mttlsen, südlich von Lützen und Großgörschen, auf jener Ebene zwischen Saale und Elster, die als Schlachtfeld der neueren Geschichte für alle Zeiten denkwürdig geworden ist, dort, am Grünebach, verlor Rudolf am 15. Oktober 1080 Krone nnd Leben, unterlag freilich auch Heinrich den Siegern. Im Handgemenge war ihm die rechte Hand abgehauen worben. Sie ist noch heute, wohlkonsrrviert, im Dom zu Merseburg, wo man den Gegenkvnig begrub, zu schauen: eine feine, schmale, aristokratische Hand. Um diese Zeit, in der zweiten Hälfte des 11. Jahr- Hunderts, da die fürstlichen und freien Dynastengeschlcchter immer stetiger ihren Besitz an Eigen und Lehen er weiterten, entstanden die ersten dauernden Steinburgen: Wartburg und Neuenburg-Freyburg a. U., Gleichen und Mühlburg, Saaleck und Rudelsburg, Goseck und Wcttiu. Wettiner, ASkanier, Thüringer, alle diese Fürstenge- schlechter wurden von den Stürmen einer gewaltigen Zeit berührt, und Jahrhunderte später, während die letzten Staufer sich in Italien verbluteten und auf deutschen: Boden die Gegenkönige ablösten, durchtobte Krieg und Aufruhr die thüringischen Lande. Ercignisvoll wurde das Tressen bei Beesenstedt, am linken Saalufer, wo auf altwettinischem Gebiete Herzog Albrecht I. von Braun schweig dicJnterefsenHeinrichs des „KindeS von Brabant" gegen Heinrich den Erlauchten im Kampfe verteidigte. Am 27. Oktober 1263 kam es zu einem Treffen, das mit einer entschiedenen Niederlage der Braunschweiger endete. Bei einer Separation der Fluren im vorigen Jahrhundert hat man dort bei Beesenstedt ein Grab aufgedeckt, in wel chem 800 Skelette, in aufrecht stehender Haltung, dicht aneinandergepreßt, gefunden wurden: es war das Massen grab der gefallenen braunschweigischen Ritter .... In das 13. Jahrhundert hinein führt die Erinnerung an die Beste Lanbsberg. Wer heute durch die entwaldete, in Stanb und Sonnenbrand gedörrte Landschaft zu dem Hügel emporstcigt, wo droben einst die Weisen der Minne sänger ertönten, und im Walde, im Tale, die schmetternden Jagdhörner erschallten, der wird der Braut KonradinS, Sophie, gedenken und deren Schwester Gertrud. Die eine starb als betagte Aebttssin des St. Clarenklosters in Weißenfels, die andere endete ebenda als Scholastrix im Wahnsinn: der jugendliche Staufe aber, der sein Lieb daheim im Stiche lieb, stürmte, von den Geistern seines Stammes getrieben, über die Alpen, um sich das Blut, gerüst zu erwählen. Jahrhunderte folgten, bis bi« Zeit kam, da ein dreißigjähriger BerheerungSkampf bas blühende Land durch unsägliches Elend hindurchschleifte. S«ine Städte waren nur noch traurige Erinnerungen ihre« Ehemals, seine Bildungsstätten waren mit dem Schlamm barbarischer Verwilderung bedeckt, un- der Friede kam, ohne, was das bitterste blieb, die Gegensätze auszugleichen, die Len blutigen Hader angefackt batten. Wie sehr gerade die meißnisch-thüringischen Lande im Dreißigjährigen Kriege gelitten haben, bedarf keiner Schilderung. Aber in allem Jammer haben sie auch bas größte Heldentum gesehen. Zweimal hatte Gustav Adolf dem Gegner Stand gehalten. Der dritte Zu- sammenstoß sollte der entscheidende sein: die Schlacht auf der denkwürdigen EVene von Lützen (16. November 1632) machte alle Hoffnungen und Entwürfe zu Schanden. Der Steg ward den Schweden zu teil — aber um welchen Preis! Gustav Adolf blieb. Was mancher im stillen ge fürchtet, und was er selbst geahnt hatte, daß er einmal fallen werde als Opfer seines persönlichen Mutes, ging nun in Erfüllung. In Kollerwams und Oberrock, ohne Harnisch, war der König durch die Reihen geritten. Seine Verwegenheit hat ihm sein Grab gegraben. Aber einen freudigeren Heldenmut hat es niemals gegeben. Es folgte wieder ein Jahrhundert. Da fuhr der Siebenjährige Krieg wie ein reinigendes Gewitter durch die Stickluft der deutschen Verhältnisse. Die Schlacht bei Roßbach ward der folgenreichste von Friedrichs des Großen Siegen für unser nationales Leben. Zum ersten Male wieder seit ben Tagen Gustav Adolfs und des (vroßen Kurfürsten hatte die Nation einen Helden ge funden, an dessen Persönlichkeit sie sich anfrichten und an dessen Taten die verschüchterte sich erfrischen und er bauen konnte. Ter Tag von Jena hat der fridericianischen Mon archie die tiefste Wunde geschlagen. Aber Preußen wurde nicht vernichtet, sondern sein Staat und seine Verfassung sanken in jähem Sturze zusammen, um sich nach einer langen Epoche der Selbstbesinnung verjüngt wieder zu erheben. Es kam die Völkerschlacht bei Leipzig. Sie war der Anfang vom Ende der napoleonischen Fremd- Herrschaft. Aber wie jede große nationale Katastrophe in einem gesunden und ungebrochenen Volke die Keime neuen Wachstums in sich birgt, so haftete ein Segen an der französischen Ueberflutung: die Fäuste des korsischen Er oberer» haben das Scheinwesen der alten theokratischen Reichsoerfoflung hinweggefegt und ben Boden bereitet für eine künftige nationale Schöpfung. Die protestantische Großmacht Preußen hat an der Spitze und — nach Ueberwindung mancher Gegensätze — unter lebendigster Mitwirkung der deutschen Stämme und ihrer Fürsten diese Aufgabe geleistet. Sie hat uns den deutschen nationalen Staat geschenkt, den das glänzende Haus der Staufer unter dem Vorwalten andersgearteter, uns fremd geworbener Gedanken nicht zu geben ver mochte, und der sich jetzt, als eine rechtlich geeinte Macht auf sich allein gestellt, mit Nachdruck und Würde behauptet in dem Reigen der modernen Kulturvölker. Sv ist allmählich die neue Zeit heraufgekommcn, die dem Territorium unserer jetzigen Kaisermanöver nach den vielfachen Erschütterungen der Geschichte die Ruhe ver lieben. Man weiß, welcher Arbeit und welcher Opfer eS be- durst hat. nach all solchen Erschütterungen und Reibungen der Geschichte da» teure Ziel zu erringen, aber als die Zeit erfüllt war, da erschien der Baumeister des neuen Reiches: von seinem Herrn gerufen, der eiserne Kanzler, treibend und spornend, und, über ihm, maßvoll zügelnd, Kaiser Wilhelm, der Held. ***
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