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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021009020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902100902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902100902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-09
- Monat1902-10
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statt- u die ang«. , oder nflußt Kaiser ritten oesen. jeder- » dem e nur irden. .auf Wunsch iS sei n be- r ge- alten, Bot- aber Amt idien; t, die jemäß churei nt des >er die ojevelt ünfzig »nmen rmee eder« lunge» in der . Sep. rtikel Nach- r 1872 erster lannl. c jetzt kame- cil ist oer - ungs- gesetzt oder e eine st an- cines «rcncii enden i sind . Den Ein- bictcS den isen- retcn. ; von n bei über- mund mvcr- Zug, e bc- erkchr - vor- samt- geht ppcii Zaust erst >kind, in cm :inen die und mnd, Ztet nicht Er eisig. Ende Sache nun nicht »r in mmt. >amit kann h die Hern, nden enug sein auch Kunst und Wissenschaft. Musik. Neue- Theater. * Leipzig, 9. Oktober. Der „Bajazzo" ist noch lange nicht tot. Die blutige Calabreser Komöviantengeschichte zieht noch immer. Natürlich, denn „daS Publikum will auf crudele Weise gerührt sein". So war'S zu Altmeister Goethes Zeiten, so ist'S heute noch. Läßt der jungitalienische Maestro seine Meute zusammengekoppelter Leidenschaft auf daS Theater loS: o wie schön, o wie klatscht ihr da Beifall ungezügelt! — Und warum auch nicht? Hat nicht seine Musik Rasse und Passion? Hat nicht seine Oper Rollen? Drängen sich nicht auch die Künstler zu ihnen? Machen sie nicht leicht ihr Glück mit ihnen ? Wir haben'S gestern wieder erlebt, da Frl. Serbe zum ersten male mit der Nedda hervortrat. DaS war ein Erfolg, wie ihn nicht leicht eine andere Partie ihr einbringen wird. Die leichtfertige „Schminkschwester", graziös und doch handfest, kokett und doch voll glühender Leidenschaft, voll LebenSdurst und dock, eine zweite Earmen, lieber tot als unfrei, Ver räterin sie und doch treu bis ans Messer, eine Possenreißerin und doch Tragödin von fortreißender Gewalt: das war -in Vorwurf, der die jugendliche Künstlerin zur höchsten Anspannung ihrer Kräfte reizte und eia schönes Talent so zur vollen Entfaltung brachte. Sie stand in der Rolle, das fühlte der Zuschauer, und sie stand über ihr, um sie zu be herrschen, um das Zwiespältige in diesem Charakter zu ver binden. Und sie traf den Übergang von der zaghaften Dirne zum entschlossenen Weibe, vom zierlichen, lorettenhaften Getänzel zu dramatischer Wucht, zum tragischen Aufschrei, mochte ihr auch noch nicht jeder kleine Zug glücken. Ihr Organ hielt dabei den nicht geringen Anforderungen der Rolle allenthalben Stand. Wie für die lyrischen Partien ein schmelzendes Belcanto, so stand ihr sür die großen drama tischen Accente hinreichende stimmliche Verve zu Gebote. Nur um sckärsere Ausprägung deS Wortes sei sie namentlich mit Rücksicht auf die schwerlastende orchestrale Begleitung ebenso besorgt wie um das Vermeiden des sehlerbasten Tonsuchens. Doch, um zum Schluß zu kommen, der Wurf ist gelungen, die Künstlerin hat mit Ehren bestanden. Und nun sei ihr Ziel darauf gerichtet, nicht bloß die wilde, sondern auch die große Natur deS sich aus dem elenden Flitlerkram heraus, aus Larven nach Leben sehnenden Weibes zu kräftiger Ge staltung zu bringen. I)r. Rud. Krau he. Bildende Künste. * Mit dem am Dienstag früh erfolgten Tode des Königl. Professors und Hofrats Emmerich Andresen hat die Meißner Prozellan-Manufaktur den einen ihrer beiden künst lerischen Leiter, den Vorsteher ihrer Gestaltungsbranche, ver loren^ Der Bildhauer Emmerich Andresen ist zwar schon seit Jahren ernstlich leidend gewesen, aber dennoch ist sein Tod unerwartet gekommen, denn der Künstler war noch bis in die letzten Tage hinein in seinem Amte tätig. Auch hatte seine künstlerische Kraft und Erfindung gerade in den letzten Jahren, wie die Pariser Weltausstellung bewiesen hat, einen neuen Aufschwung genommen, indem er, anknüpfend an die Kunst weise Kändlers, eine Reihe von Gruppen verschiedenartigsten Inhalts schuf, die dem Porzcllanstil durchaus gerecht geworden und. Er wurzelte aber seiner ganzen künstlerischen Bean lagung nach zu lief im idealistischen Klassizismus, in der anti kisierenden Richtung, die er wohl durch den Einfluß Hähncls, dessen Schüler er war, cingcschlagcn hatte, als daß er sich in dem Augenblicke wo die sogenannte Moderne ihren Einzug in die Manufaktur hielt, an die Spitze dieser Bewegung hätte stellen können. * Karl Naumann, der bekannte Genremaler, der seine heiteren Stoffe mit charakteristischer Zeichnung und blühender Farbe so hübsch vorzutragcn wußte, ist am 5. d. Ni. seinem langen, mit großer Geduld ertragenen Leiden in der Künstler Kolonie zu Neu-Pasing (bei München) erlegen. Ge boren am 13. September 1827 zu Königsberg in Preußen, machte er seine Studien an der daselbst unter Karl Ludwig Nosenseldcrs Direktion seit 1845 rasch aufblühendcn Akademie, von wo er seit 1851 München zum fröhlichen Tummelplatz seiner immer launigen Schöpfungen erwählte. Wissenschaft. * Professor Friedrich Kraus in Graz hat die Be rufung nach Berlin als Nachfolger von Geh. Rat Gerhardt angenommen. * Athen, 8. Oktober. Der Direktor der Altertümer Soti- riadis hat bei Ausgrabungen am Kephisos die Stelle gesunden, wo nach Plutarch die Makedonier ihre in der Schlacht bei Chaeronea Gefallenen begraben haben. Es wurde eine Reihe gut erhaltener Skelette zu Tage gefördert; bei einem derselben wurde auch eine Lanze gefunden. 15. Hauptversammlung -es Evangelischen Lundes. in. Hagen, 8. Oktober. Der heutige Tag brachte um 10 Uhr in der Johanniskirche die öffentli che Hauptversammlung. An Stelle des durch Krankheit verhinderten Grafen von Wintzingerode- Bodenstein übernahm der stellvertretende Vorsitzende Les Evan- geliichen Bundes Konsistorialrat Göbel-Halle a. d. S. die Leitung. Konsistorialrat Leuschner-Wanzleben hielt die Begrüßungsansprache. Er bedauerte, daß Herr Pfarrer Pröbsting-Lüden cheid, Vorsitzender des westfälischen Hauptvcreins, nicht anwesend sein könne. Sodann gedenkt er der in der letzten Zeit Heimgegangenen Führer des Bundes, des Herrn Pfarrer Krüger, Vorsitzenden des Zweigvereins Hagen, des Oberkonsistorialrats Reichard-Posen, der bei der letzten Generalversammlung in BreSlau die Festpredigt gehalten, und des Konsistorialrats Fikenscher-AnSbach. „Sie haben alle Zeugnis ab- gelegt und sind uns Vorbilder gewesen im guten Wort und in guter Tat. Gott gebe ihnen den ewigen Frieden." Mit Freude und Dank bezeugt der Redner, daß Gott in den letzlen Jahren dem Bund Gedeihen geschenkt hat nicht bloß in der äußeren Zahl, sondern an innerer Kraft und Bedeutung. Kraft hat er em pfangen in Bayreuth, wo unter dem Ansturm der bayerischen Ultramontanen die Protestanten Bayerns aufgerufen wurden zur Sammlung, und bet der Generalversammlung deS Rhei- ntschen Hauptvereins in Saarbrücken. Besonders erfreulich ist, daß viele, die dem Bund zurückhaltend gegen überstanden, sich zu unserer Sache bekennen, vor allem auch unsere Kirchenbehörden. Viele haben dem Bund die Hand gereicht und bekundet, daß der Bund von Gott einen Auftrag hat, eine Kraft und eine Ver heißung. — Seine Ausgabe ist zunächst der Kampf für die heilige Wahrheit deS HeilS und des Lebens und dann für unser teures deutsches Vaterland. Aber bei allem Kamps bleibt unser Blick stets gerichtet aus den Frieden. Wir haben uns auch die Ausgabe gestellt, daS Evangelium hineinzutragen in di« irregeführten katholische» Massen, denn das Evangelium ist eine Friedrntbolschast, und eS kann nicht Friede werden, bis der FrirdenSgeist de» Evangeliums in ihre Herzen hineinfließt. Zum Schluß dankt der Redner der evangelischen Gemeinde Hagen, ihren Vertretern und Gliedern für die freundliche Ausnahme und für die große Teilnahme bei den Versammlungen. Nach Konstituierung der Versammlung hält Professor V. Reischle- Halle a. d. S. den Hauptvortrag der Tagung über die Bibel und da» christliche Volksleben. Im ersten Teile erörtert er die Stellung der römisch-katholischen Kirche gegen über der Bibel. Dieselbe hat auch ihrerseits der Bibel gewisse Verbreitung und Wirksamkeit vergönnt. Zwar die ketzerischen, d. h. nicht von ihr ausgehenden Bibelübersetzungen hat sj, allezeit bekämpft und verboten, dagegen selbst eine Reihe von Übersetzungen aus der Vulgata in die Volkssprache veranstaltet. Doch ist da» Gewand ihrer Bibelfreundlichkeit insofern durchlöchert, als eS meist abweichende, reformerische, aufklärerische Kreise in ihr waren und noch sind, die sür Verbreitung und Bekanntmachung der Heiligen Schrift eintreten, so daß der römischen Kirche selbst diese Bestrebungen nicht auf Rechnung zu setzen sind. Ferner hat sie da» Bibrlleien stets unter strenge Kontrolle gestellt und endlich di« bibrllesrnden Laien strrng an bi« kirchlich« Auslegung gebuudrn. Da- olle» hat di« Wirkung gehabt, daß da» Latenelement zur bleibenden Unstlb- ständlgkrit verurteilt ist und di« wertvollsten GotteSkräfte in ihrer Wirksamkeit auf da» Volksleben völlig unterbunden worden sind. Ja d«r »vaag«ltsch«a Kirch« dag«gru ist schon tu Lnthrr» Herz«, d« Quell d«S biblisch« Geist«» tu ganz« Füll« h«rvor- gebrochen. Freie Bahn für da- Evangelium — dieser eine Wunsch hat die Lutherische Bibelübersetzung und mit ihr den Katechismus als wesentlichen Inbegriff der Bibel hervoraehen lassen. Gewiß waren und sind mit der Erhebung der Bibel zur einzigen Richtschnur des Glauben» und Lebens di» Gefahren der Gesetzlosigkeit und Zuchtlosigkeit verbunden. Trotzdem aber ist unter unS das Vertrauen allezeit lebendig grbliebra, daß der biblische Geist seine Kraft in Freiheit und Einheit entfalten wird» rin Vertrauen, daß durch die zahllosen Segnungen der erschlossenen Heiligen Schrift voll gerechtfertigt ist. Hat sich doch in da» Leben unsre» deutschen Volke» ia Sprache und Sitte, in Erfüllung mit innerster Religiosität und ernstem Pflichtbewußtsrin, in Entfaltung reichsten persönlichen FrömmigkeitSlebea» tn einzelnen Perjönlich- keiten wie im ganzen Volke ein Strom reichsten Gotte»segrn» er gossen. — Dir praktischen Folgerungen bestehen zunächst in der Aufstellung bestimmter erreichbarer Ziele: Wir müssen selb ständige Bibclleser haben und erziehen, wir müssen auch über deren KreiS hinaus dem biblischen Geiste eine Einwirkung aus immer weitere Kreise öffnen durch Bibelverbreituug, praktische Auslegung und wissenschaftliche Erforschung. Auch gegenüber der katholischen Christenheit endlich dürfen wir da» Vertrauen nicht verlirren, daß das Evangelium der Bibel au ihnen noch die Wachstum-kraft de» Samenkorns im Acker bewährea wird. Die treffliche Begründung gaben die Herren Geh. Oberschulrat vr. v. Bamberg. Gotha, Professor Schmidt. Berlin, Hosprediger 0. Rogge. Pot-dam, Superintendent Meyer.Zwickau, Hauptpastor v. Rode-Hamburg. Den Inhalt der fünf Resolutionen, die von der Versamm lung einstimmig angenommen wurden, haben wir bereit» unter „Letzte Nachrichten" nnrdergegebrn. AmAbend fanden noch zwei Versammlungen, im Weiden- Hof und im Vereinshause, statt. Hier wurde nachstehende Antwort auf das Huldigungstelegramm an den Kaiser verlesen: „Seine Majestät lassen der Generalversammlung des evangelischen Bundes für ihren HuldigungSgruß bestens danken. Allerhöchstdieselben haben den Ausdruck treuer Gesinnung gern entgegengenommen. Im Allerhöchsten Auftrage: v. LukanuS, Geh. KabinertSrat." Es sprach Pastor Fritze auS Romsart bei Charleroi über: Die Aussichten des Evangeliums in Belgien. Nach seinen Ausführungen sind diese sehr günstig. Gerade in dem unbekannten Belgien ist ein Gewächs der Los von Rom- und Hin zum Evan. gelium-Bewegung seit 60 Jahren in Bildung und ständiger Ent- Wickelung; es ist eines der interessantesten Gewächse dieser Art- die belgische Missionskirche. Belgien zählt jetzt über 20000 Protestanten. Da, wo vor 60 Jahren nur in einigen wenigen (etwa 10) Ortschaften evangelischer Gottesdienst gehalten wurde, versammeln sich jetzt in etwa 150 Gotteshäusern oder Betbäusern regelmäßig zahlreiche andächtige Zuhörer zur evangelischen Predigt. Die belgische Msisionskirche ist fenskornartig gewachsen, so daß man große Hoffnungen haben darf. Die öffentliche Meinung scheint in religiöser Beziehung in einer Umwandlung zu gunsten des Evangeliums begriffen. Noch nicht ertönt von einflußreicher Stelle ein „Hin zum Evangelium!", aber das öffentliche Interesse an der religiösen Frage wächst. Waren es noch vor nicht langer Zeit nur Bigotterie und krosser Atheismus, die in der Presse und in öffentlichen Versammlungen allein miteinander stritten, so beginnt jetzt eine ruhigere Prüfung der religiösen Frage, ja Les Evangeliums Jesu Christi selbst. Einzelne einflußreiche Männer der liberalen Partei und — wunderbar! — ganze Kreise der Sozial» demokratie sangen an, sich mit dem Christentum im ernsten Suchen auseinanderzusetzen. Die Gleichung: römische Kirche ---- Christentum hält nicht mehr stand. Ta aber sind neue Siege deS evangeliichen Glaubens zu erwarten. Die Biblio- thek der sozialdemokratischen Propaganda in Brüssel hat vor einigen Jahren einen getreuen Auszug aus dem Matthä»-- evangeliuin unter dem Titel „Leben Jesu" veröffentlicht. Tie von sozialdemokratischen Männern gegründeten Volksbibliotheken im Hennegau enthalten fast alle mehrere Bibeln. Ein sozialdemo. kratsicher Kongreß in Lüttich beschloß vor einigen Monaten nach einer lehrreichen Debatte, die bisherige mehr feindliche Stellung der Partei zur Religion aus dem nächste» nationalen Kongreß in Brüsset einer Prüfung zu unterziehen. Mehrere größere Tageszeitungen, die sich bis vor wenigen Jahren eigentlich nie mit religiösen Fragen be schäftigten, bringen von Jahr zuJahr zahlreichere Aufsätze darüber, und auch evangelische Geistliche kommen darin zu Wort. Antiklerikale Partei- sührer sind von der religiösen Frage innerlich gepackt. Daneben und im Zusammenhang damit steht die immer fühlbarer werdende Unbesriedigung deS Volkes gegenüber dem, was die römische Kirche und das FrciSenkertum bieten. Es wäre zuviel gesagt, wenn man von einem Dürsten des Volkes nach dem Evangelium reden wollte; wenigstens handelt es sich nicht um ein bewußten Dürsten. Nur weil daS einzig bleibende, Christi Wort, dem Volke fremd ist, greift es in seiner Verzweiflung zum Vergänglichen. Sekten schießen wie Pilze empor, die evangelischen Gottesdienste sind populär; da» zeigt, daß doch das Ziel ein ewige» ist. Nötig ist Liefen Ver. hältnissen gegenüber: verstärkte Unterstützung der bisherigen miffiona- rischen Tätigkeit und gesteigerte Beeinflussung der öffentlichen Meinung und Aufklärung über das Wesen des evangelischen Glaubens. Die belgische Misstonskirche kann ihre großen Ausgaben nicht allein bewältigen. Sie wendet sich um Hülle auch an ihre deutschen Glaubensbrüder! — Vikar Kinzenbach schilderte von der Entwickelung seiner Gemeinde Braunau in Böhmen Las Werden und Wachsen einer österreichischen Üebertrittsgemeinde. In fesselnder Weise berichlete er von der evangelischen Bewegung, von der römischen Gegenarbeit, die aber ost der evangelischen Sache selbst zugute kommt. Die evangelische Bewegung, so schloß er, wird im großen ganzen, entsprechend ihrem religiösen Charakter, sich von Seele zu Seele ihren Weg suchend, wie ein still fließender Strom Österreichs Lande befruchten. Und es ist gut fol Für Massenübertritte ist die evangelische Kirche Österreichs noch lange nicht ausgebaut genug. Wie die Bewegung aber auch ver- lausen mag: zurückgehen wird sie nicht mehr. Daran ändern auch alle Ausweisungen reichsdeutscher evangelischer Geistlicher und alle Verzögerung ober Verweigerung der österreichischen Staatsbürger- schäft nichts. Vielleicht wird ja auch die Regierung noch einmal zu der Überzeugung kommen, die unser Kaiser Franz Joses als die seinige am 31. Oktober 1901 ausjprach, al» er sagte: „Ich bin überzeugt von der Vaterlandsliebe und den Patriotisinus der Angehörigen der evangelischen Kirche und weiß, daß ich mich in Zukunst aus ihre Treue verlassen kann!" Sollte man aber auch seiner RomS Interessen von Staats wegen meinen vertreten zu müssen, so kann da- unS in unserer Treue zu Kaiser und Reich, wie sie unser an Gottes Wort ge bundenes Gewissen uns vorfchreibt, nicht irre machen. Rom aber wird sich darein finden müssen, daß eS immer mehr die Macht über die „Herzen der Deutsch-Österreicher verlirren und noch mancher Übertrtitsgemeinde Raum gönnen muß „lür ein ge- segneles evangelisches Werden und Wachsen!" — Über deutsch und evangelisch in der AuSlandsdiaspora sprach Pfarrer Geest (Dorsbain). Seine lebendigen Schilderungen klangen aus in einen Mahnruf zur Arbeit an unserer ausländischen Diaspora. WaS Hilst eS uns, wenn die Heiden stückweise gewonnen werden und unsere evangelischen Landsleute schockweise verloren gehen? Es handelt sich um eine Lebensaufgabe des Protestantis- mus. Evangelisches Deutschland, vergiß deine fernen Söhne nicht, die Pioniere deutscher Kultur» die Träger evangelischen Volkstums, die Avantgarde der evangelischen Kirche im Kampfe wider Rom! — Einen weiteren Vortrag über Österreich. Den tsch-evange lisch in Österreich hatte Superintendent Meyer in Zwickau über- nommen. Mit diesen Versammlungen schloß die diesjährige Tagung des Evangelischen Bundes. Gerichtsverhandlungen. — Für den Wildbrethandel ist eine Entscheidung nicht unwichtig, die das Oberlandesgericht zu Dres den gefällt hat. Ein Anzeigeblatt in Zwickau hatte fol gendes Inserat ausgenommen: „Lebende Feldhasen. In folge behördlicher Fangvewilligung bin ich in der Lage, Ramm ler und Häsinnen, letztere bereits meist tragend, bei sofortiger Bestellung preiswert liefern zu können. Auch große Quanti täten lebender Fasanen und Rehe zu ermäßigten Preisen. Karl Gudera, Hoflieferant und Wildexporteur, Wien." — Darauf hin war dem Redakteur vom Polizeiamt zu Zwickau eine Straf verfügung wegen Zuwiderhandlung gegen das sächsische Gesetz vom 22. Juli 1876, die Schonzeit der jagdbaren Tiere be treffend, zugegangen. Die Sache wurde in drei Instanzen durch- gefubrt und hat, nachdem das Schöffengericht und das Land gericht zu Zwickau eine Verurteilung des Redakteurs ausge- prochen hatten, beim OberlandeSgencht zu Dresden mit ver Freisprechung des Angeschuldigten geendet. Der 8 ö des fach- lfchen Gesetzes vom 22. Juli 1876 lautet folgendermaßen: „Inländisches Wildbret, auf welches die Bestimmungen über Schon- und Hegezeit Anwendung leiden, darf vom 15. Tage an nach Beginn dieser Zeit und weiterhin innerhalb derselben weder auf Märkten, noch sonst in irgend einer Weise feilge« boten oder verkauft werden. Rebhühner dürfen während der angeordneten Schonzeit ink»tner«»ts»t«tlgebot»n oder verkauft werden. Dem Verbale deS FcilbierenS unterliegt auch das auS Wildgärten und das aus dem Auslande bezogene Wildbret." Sowohl das Amrsgcricht als daS Landgericht Zwickau hatten in ihren Entscheidungen ausge sprochen, baß unter Wlldbret im Sinne des tz 5 dieses Gesetzes auch lebendes Wild zu verstehen sei, der Redakteur mit hin während der Schonzeit Wildbret feilgebotcn habe und zu bestrafen sei. Der hauptsächlichste Einwand, den die Ver teidigung erhob, war der, daß nach den ganzen Bestimmungen des Gesetzes unter dem Wildbret des 8 5 nur totes und nicht lebendes Wild zu verstehen sei und mithin schon aus diesem Grunde eine Verurteilung des Redakteurs sich nicht rechtfer tigen lasse. Das Oberlcmdesgericht hat icdoch, wie die „Zwickauer Neuesten Nachrichten" mitteilen, sich der Ansicht der beiden Vorinstanzen angeschlossen und erkannt, daß unter Wildbret im 8 b des Gesetzes vom 22. Juli 1876 nicht nur getötetes, sondern auch lebendes Wild zu verstehen sei, daß jedoch die Freisprechung des Angeklagten des halb zu erfolgen habe, weil es sich in der in Frage kommenden Annonce nicht um Wild handle, bas schon aus dem Auslände bezogen und nach Sachsen eingeführt sei. Unter „aus dem Auslande bezogenem Wildbret" sei nur Wildbret zu verstehen, das sich bereits in Sachsen befinde, und nur solches Wildbret dürfe während der gesetzlichen Schonzeit nicht m Sachsen feil geboten werden. Dagegen falle Wildbret, das erst noch aus dem Auslande bezogen werden solle, mit airdercn Worten, aus dem Auslande zu beziehendes Wildbret, und dessen Feilbietung nicht unter die Strafbestimmungen des obigen Ge setzes. Da nun in der Ankündigung nur in Oesterreich befind liches Wild feilgeboten worden sei, sei die Schuldftage zu ver neinen gewesen. Sterblichkeits- und GesundheitsverMnisse. Nach den Veröffentlichungen des Kaiser!. Gesundheitsamtes sind in der Zeit vom 21. bis 27. September d. I. von je 1000 Einwohnern auf das Jahr berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 14,3, in Charlottenburg 16,6, in Breslau 25,8, in Köln 22,2, in Königsberg 20,8, in Frankfurt a. M. 14,9, in Wiesbaden 23,7, in Hannover 17,9, in Magdeburg 14,4, in Stettin 21,0, in Altona 14,8, in Straßburg 21,9, in Metz 17,0, in München 21,8, in Nürnberg 20 4, in Augsburg 26,1, in Dresden 15,8, in Leipzig 19,3, in Stuttgart 19,4, in Karlsruhc12,8, in Braunschweig 20,8, in Hamburg 15,9, in Wien 16,6, in Pest 16,4, in Prag 15,4, in Triest 23,4, in Krakau21,0, in Amsterdam 9,8, in Antwerpen 17,1, in Brüssel 21,4, in Paris 16,7, in London 16,9, in Glasgow 16,4, in Liverpool 26,4, in Edinburg 14,0, in Kopenhagen 12,3, in Stockholm 10,9, in Christiania 11,8, in Petersburg 19,0, in Moskau 22 1, in Odessa 19,3, in Warschau 19,2, in Rom 20,1, in Venedig 18,6, in New Dork 17,6. Der Gesundheitsstand blieb auch in dieser Woche in der überwiegenden Mehrzah der größeren Städte Europas ein guter und die Sterblichkeit eine günstige; aus den meisten Großstädten werden kleinere Stcrblichkcitszahlcn als aus der Vorwoche gemeldet. Die Zahl der deutschen Städte mit sehr geringer Sterblichkeit (unter 15,0 pro Mille) stieg auf 24 (von 19 der Vorwoche) und seien aus der Zahl derselben hier nur Altona, Berlin Darmstadt, Elbing, Frankfurt a. M., Kaiserslautern, Karlsruhe, Cassel, Kiel, Lübeck, Magdeburg, Mannheim, Schöneberg, Ulm, und von nichtdeutschcn Städten: Amsterdam, Cbristiania, Edinburg, Kopenhagen, Stockholm er wähnt. Aus der großen Zahl der Orte mit günstiger Sterb lichkeit (unter 20,0 pro Mille) nennen wir hier nur Barmen, Bremen, Charlottenburg, Dessau, Dresden, Elberfeld, Erfurt, Essen, Frankfurt a. O., Görlitz, Hamburg, Hannover, Leipzig, Ludwigshafen, Mainz, Metz, Nürnberg, Rixdorf, Rostock, Stuttgart, Worms, Antwerpen, Pest, London, Odessa, Paris, Petersburg, Venedig, Warschau, Wien, New jyork. — Die kühlere, in der Woche vorherrschende Temperatur der Luft, beinflutzte das Vorkommen von akuten Darmkrank heiten in günstiger Weise, so daß die Zahl der Sterbefälle an diesen Krankheitsformcn fast allgemein abnahm, und nur in wenigen Orten (darunter m Berlin, Braunschweig, Bremen, Hamburg, Paris, Petersburg, Warschau) ein wenig größer als in der Vorwoche war. Die Beteiligung des Säuglings alters an der Gcsamtsterblichkeit war im allgemeinen kleiner (in Berlin, München, Stuttgart etwas größer) als in der Vorwoche. Von je 10 000 Einwohnern starben, auf das Jahr berechnet, in Berlin 53, in Leipzig 87, in München 113 Säuglinge. Auch akute Entzündungen der At- mungSorgane führten seltener zum Tode. Erkrankungen an Influenza wurden etwas häufiger beobachtet und aus London und Moskau je 5, aus Petersburg-! mitgcteilt. — In Alexandrien kamen vom 19. bis 26. September 4 Erkrankungen und 2 Todesfälle an Pest vor. In Britisch-Ostindien hat oie Pest in der Präsidentschaft Bombay in der 1. Septcmberhälfte wieder erheblich zugcnommen. In Hongkong erkrankten und erlagen der Pest m der Zeit vom 10. bis 30. August 31 Per sonen. In Rio de Janeirg kmnen in der 1. Septembcrwochc 5 Pestfälle zur Feststellung. In Kalkutta starben in der letzten Woche des August 24 Personen an Pest und 11 an Cholera, welche Seuche auch im August in Coerabaya (Niederl.-Jndien), auf den Philippinen (besonders in den Provinzen Union und Jlocos) sowie in Hongkong viele Opfcrforderte. In Schanghai verlief die Epidemie m der 1. Augusthälfte etwas milder, in Tsinanfa soll sie erloschen sein, dagegen im östlichen Teile von Schantung recht heftig auftreten. In Nagasaki (Japan) zeigte sich Cholera im August häufiger, bis 27. August waren 420 Erkrankungen und 181 Todesfälle (ausschließlich Japaner der untersten Klassen) festgestellt. Auch in Neojö hat die Cholera an Ausbreitung gewonnen. — In Panama, Coatzacoalcos, Progreso kamen Ende August nur vereinzelte, in Vera Cruz (1. Septemberwoche) etwas mehr Erkrankungen an Gelb fieber zur Meldung. — Von den bei uns epidemisch auftre- rendcn Infektionskrankheiten kamen von Masern, Scharlach und Diphtherie etwas mehr Todesfälle als in der Vorwoche zur Anzeige. So waren Sterbefälle an Masern in Pest, Lon don, Moskau, Wien ein wenig häufiger als in der Vorwoche. Tas Scharlachfieber veranlaßte in Altona, Charlotten burg, Hmnburg, Pest, London, Wien mehr Todesfälle. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup blieb eine ge ringe, doch war die Zahl der Stcrbcfälle in Königsberg, Leip zig, London, Paris etwas gesteigert. Das Vorkommen von Unterleibstyphus blieb auch ein beschränktes, doch war die Zahl der Todesfälle in Petersburg und New Dork etwas größer. Aus Warschau kamen 6 Erkrankungen an Fleck- t y p hus , aus Moskau 2 Todesfälle an Gcnickstarre zur Mitteilung. Mehrfache Todesfälle an Pocken gelangten nur aus Paris (2) zum Bericht. Zport. Leipzig, 9. Oktober. Gestern Abend sahen wir den all- bekannten Billard-Champion Johann Trebar wieder einmal am „grünen Tuch". Er halte in: CasS Royal am König-piay einen stattliche» KreiS von Freunden und Kennern de- BillardivielS um sich verwmmrlt und gab hier erneut Proben seiner Kunst- fertigkeit. UnS hat immer Trebars Eleganz und Ruhe im Spiel imponiert, sowie seine Sicherheit und seine entschiedene bestimmte Art in der Ausnutzung der einzelnen Chancen, niemals wich er von seiner kaltblütigen Berechnung und von seinen strategischen Plänen ab, und das sicherte ihm den Steg. Johann Tretbar spielte zuerst mit Jean Bruno eine gemilchte Partie und zwar eine Cadre - Partie aus PointS. — Auch Jean Bruno ist ein ausgezeichneter Spieler. Seine Kuust äußert sich aber intensiver als bei Trebar, jein Spiel ist tempera- meutvoller. Im Cadresplel stellten sich Trebar Bruno auf 59 Point» 13 PointS 70 - 52 - 136 - 55 - 170 - 91 . 190 - 92 - 206 - 108 . 224 . 126 . 247 - - - — . 129 . 306 - 139 309 - — . 441 - >59 487 - 170 . 498 . 183 - 562 - Trebar bracht« «» auf Serien von 66 und 132 Point», Bruno er zielt« nur 89 al» höchste Pointenreihe. Der Ladre-Partie folgte eine indirekte Partie auf 30 Point-, eine 8-Banden-Partie auf 10 PointS und die oufgekommene Partie mit dem roten Ball aus 20 Points. clr. Großenhain, 7. Oktober. Trotz wenig einladenden Detter- wie- auch di« -estrig« »weite Ja-d de» Großen« Hainer ParforcefagdvereinS etwa 50 Tci! nehmer auf. Auch 2 Damen waren mit im Sattci Da Stelldichein befand sich an der Paulxnühle b i Folbcr» D zunächst gerittene Schleppe erstreckre sich über 6 Kilmucicr. sodann ausgelassener Keiler wechselte in das Mühlbacher Hotz, wo cr von den Hunden, nachdem diese die Fährte einigemal verloren, gedeckt und von Herrn Major v. Wclck ausgchobcu wurde. Die Jagd gestaltete sich zu einer sehr intereffantcu. Den Fang gab Generalleutnant Frhr. v. Hönning D'Carroll. Vermischtes. ---- WohlfahrtS-Lotterie. Bei der am 8. Oktober sort- gesetzten Ziehung fielen 2 Gewinne von 1000 auf Nr. 4284l8 436 926, 8 von 500 auf Nr. 1955 66 046 282 117 286479 288 042 375 696 401 431 433 162, 2 von 10 000 auf Nr. 378 186 405 064, 13 von 500 auf Nr. 5124 10946 22 019 39 294 77 365 85 720 112 587 178 904 206 830 288 798 417 240 458 383 459 681. ----- Schleswig, 9. Oktober. Bei einem Hausbrande sind drei Kinder in den Flammen um gekommen. Mehrere andere Kinder, die aus den Fenstern sprangen, er litten schwere Verletzungen. — Eine Verbrecherin, die vor einem Vierteljahr noch von deutschen und ausländischen Polizeibehörden fieber haft gesucht worden ist, hat inWürzburg de» Lohn ihrer Taten erhalten. Die 22jährige Fabrikarbeitersivitive Karolinc Eisenbach aus Niederbrechen a. d. Lahn liest sich mit Vorliebe unter falschem Namen von älteren allein stehenden Damen als Dienstmädchen anwerben. Nachdem die ungewöhnlich hübsche „Dienstmagd" sich etwas im Sause umgesehcn hatte, ließ sie nachts ihren Ehemann hinein, der dann unter den Wertsachen gründlich aufräumte. So hatte das Paar schon in Mainz, Wiesbaden, Frankfurt a. M.. München, Brüssel, Zürich, Luzern u. s. w. „gearbeitet", bis es im Oktober vorigen Jahres nach Würzburg kam, wo die Eisenbach bei der achtzigjährigen Baronin Truchseß von Wctzdorf in Dienst trat. Als die Dame nachts erwachte und sah, wie ihr Dienstmädchen mit einem Manne die Schränke erbrach, machte sic Länn, worauf die Beiden ver suchten, die Greisin zu erdrosseln. Es gelang der Baronin indes, um Hülfe zu rufen, worauf das Paar entfloh. Nach dem die Erfenbachs noch in Karlsbad und Wien das gleiche Manöver wiederholt hatten, zogen sic sich nach Krakau zurück, wo sie sich ankaufen und „zur Ruhe setzen" wollten. Dort gelang eS, ihrer habhaft zu werden. Wie einträglich das Geschäft war, beweist die Tatsache, daß bei der Ver haftung der Beiden nicht weniger als 135 000 .L Bargeld in ihrem Besitz gefunden wurde. Während Eisenbach in der Untersuchungshaft sich erhängt hat, ist seine Frau wegen Raubmordvcrsuchs zu 10 Jahren Zuchthaus ver urteilt worden. — Karlsruhe i. B., 8. Oktober. (Prtvattelegr.) Gestern früh ftnd auf dem Tchicßstande der Unteroffizier schule in Ettlingen zwischen einem hiesigen Franken, der aus Blieskastel gebürtig ist. und einem Freiburger aus Karlsruhe gebürtigen 19jährigen Studenten, der gegen wärtig auf Besuch hier weilt, infolge eines Streites, bei dem der Freiburger Student eine Ohrfeige erhielt, ein P i st o l e n d u e l l statt. Beim ersten Kugclweckjsel drang dem Freiburger Studenten ein Schuß in den Unterleib. Er ist gestern abend im Krankenhause seinen Verletzungen erlegen. Der Täter ist verhaftet worden. — Ueber den immer noch nicht aufgeklärten großen Diebstahl in der Bank von Frankreich sagen Pariser Blätter: Nach mehrmonatigen unfruchtbaren Untersuchungen in Bezug auf die gestohlenen 200 000 Frcs. in Goldstücken zu zehn und zwanzig Francs hat nun — eine Versetzung stattgefunden. Der „Chef der baren Gelder" ist auf eine weniger verantwortungsreiche Stelle postiert worden, da seine mangelnde Oberaufsicht an dem ungeheuerlichen Diebstahl schuld ist. Der „Chef der baren Gelber" und der „Chef der Banknoten" sind die beiden finanziellen Adjutanten des Hauptkassierers. Was den Dieb anbetrifft, der bisher immer noch vergessen hat, Nach richten von sich zu geben, so amüsiert cr sich vermutlich in der weiten Welt vortrefflich mit den französischen blanken Staatsgoldstücken. Auf weiteres bleibt er von den „Dreien der Glücklichste". — Eine historische Ernte ist Heuer in einer kleinen Ge meinde des französischen Departements Somme erzielt worden. In dem Dorfe Naours befinden sich unterirdische Gewölbe, die mährend des spanischen Erbfolgekrieges von den Engländern als Vorratskammern benutzt wurden. Als sich die Engländer 1709 nach der Schlacht von Mal- plaquet znrückzogen, gerieten jene Räume in Vergessenheit. Im November vorigen Jahres öffneten Bauern eines der Gewölbe und fanden darin eine große Menge gut er haltenen Weizens. Sie beschlossen ihn als Saatgut zu benutzen. Die fast zwcihundertjnhrigen Körner keimten vorzüglich und ergaben eine Ernte, die der aus frischem Weizen gewonnenen nichts nachließ. Eine Hauptbcdingung für längere Erhaltung der Keimkraft von Samen, die im vorliegenden Falle zutraf, ist bekanntlich vollkommene Trockenheit. Andererseits scheint auch der Abschluß von der Luft hier von günstigem Einflüsse gewesen zu sein. — Auf Theorie und Praxis der Sozialdemokraten schreibt der „Figaro" eine lustige Satire, indem er an folgende Zeitungsnachricht anknüpft: „Der sozialdemo kratische Abgeordnete Breton, der ein Haus voll Kunst schätze besitzt, ist von Einbrechern ansgeraubt worden." Tic Scene spielt in der luxuriös ansgestattclen Wohnung des rot revolutionären Volksvertreters. Erster Ein brecher sicht sich in der Wohnung nm: „Hör' mal, feine Sachen hier, mcnigstens ist man nicht umsonst gekommen." — Zweiter Einbrecher: „Und ob! Das Zeug da muß eine Menge Geld wert sein. Da werden wir eine Zwangs anleihe machen. Gib die Säcke her!" — Erster Einbrecher liest einen Briefumschlag, der auf dem Schreibtische liegt: „Ei verflixt! Weißt du, bei wem wir sind? Bei dem sozialdemokratischen Abgeordneten, der in der Kammer immer sür uns arme Teufel redet. Es wäre doch nicht nett, einen Gen offen ansznvlitndcrn. Gehen wir weg." — Zweiter Einbrecher: „Hast recht, machen wir uns aus dem Staube. Aber sich' mal, was liegt denn da noch aus dem Tische? Eine Rede, die der Abgeordnete für eine Volksversammlung anSarbcitet. lEr ließ:) „Enterbie Genossen, Brüder! Die Stunde der sozialen Gerechtigkeit hat geschlagen! Die Kapitalisten wollen nicht gutwillig geben. Greift zu! Euer gutes Recht ist es, vom Über flüsse dieser schnöden Ausbeuter zu leben!" — Erster Ein brecher: „Was ist denn das, Überfluß?" — Zweiter Ein brecher: „Alles, was mau nicht gerade zum Leben braucht." — Erster Einbrecher: „Na, das märe ja so ziemlich alles hier in der Stube. Wir wollen den Genossen nicht kränken. Tun wir, was er sagt, und nehmen wir ihm sein bischen Überfluß." Er fängt an, die Säcke zu füllen. — Zweiter Einbrecher: „Recht so, pack' ein, da cr eS selbst so haben will! (Er liest weiter:) „Da die infame Bourgeoisie sich taub stellt, so schreitet eigenmächtig zur Teilung ibrer Güter" . . . Vergiß die Pcirdtilc nicht . . . „Und laßt den schnöden Kapitalisten nichts, als daS uötkjigstc zum Leben" . . . Der Genosse soll mit nnS zu frieden sein. Stecken wir noch das Silberzeug ein. Er kann ja Ncusilber kaufen." (Tic brechen das Ncbcn- ziimner auf und arbeiten weiter.) — Auf der Tnriner Ausstellung erhielten folgende Sachsen Anerkennnngsdiplome: Angermann, Armgard, Stickereien, Dresden; Bebrcnd, Hermann, Mctallarbeiten, Dresden; Böhme Sc Hennen, Mctallarbeiten, Dresden; Sturm, Paul, Bildhauer, Leipzig. — Spezia, 8. Oktober. Der Herzog der Abruzzen bcgab sich auf die Unglücksstätte am Hafen Panigaglta und besuchte darauf da» Krankenhaus. — Die beiden bei dec Explosion BerwMrdeten sind heute nachmittag gestorben.
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