Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021013028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902101302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902101302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-13
- Monat1902-10
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
7094 Arbeitswilligen, dann sei da- Ende der Republik da. Der Bürgermeister von New Dort trifft Vorsichtsmaßregeln sür mögliche Krawalle wegen deS KohlcomangelS. Alle vor handenen Kohlenlager werden bewacht. 1500 Tonnen Kohlen sind gesichert sür den Verkauf an Arme zmp Preise von 15 Cent- de» Eimer. Die Beunruhigung wird erhöht durch eine Nachricht aus Denwer, daß der Vorstand deS westlichen Verbandes der Gewerkvereine Mitchell benachrichtigt habe, er sei bereit, einen allgemeinen Ausstand auch in den Weichkohlengruben zu beginnen. Der Präsident der Philadelphia and Reading- Bahn, Baer, daS geistige Haupt des Kohlentrustes, bat einem Pastor im Kohlenrevier auf dessen Anfrage geschrieben, er halte eS für möglich, statt vier Tage sn der Woche sechs Tage Arbeit daS Jahr hindurch zu sichern. Hierin sehen Optimisten ein Zeichen der Einlenkung. Die „New L)ork Time-- sagen, wenn Herr Baer dies vor drei Monaten zuze- > standen hätte, wäre «S niemals zum Ausstande gekommen.— ES wird noch berichtet, daß die Besitzer von Kohlengruben er klären, sie ließen sich nicht durch die politischen Befürch- tungen irre machen, die Politik dürfe sich nicht in ihr Ge schäft einmischen. Sie würden auf demselben Standpunkte stehen bleiben, den sie von Anfang an inne gehabt hätten, im Vertrauen auf die Tüchtigkeit des VersassungSwesens, das sie vor einer ungünstigen Gesetzgebung schützen werde. Heute wurde eine neue Besprechung abgebalten, aber ebenfalls vertagt. Die Lage ist unverändert. Am Dienstag soll wieder eine Beratung ftattfinden. Ueber die polizeilichen Vorkehrungen, die in New Hork getroffen werden, wird noch berichtet, daß den Kohlenhändlern nahe gelegt worden ist, ihre Lagerstätten durch direkte Leitungen mit den nächsten Polizeiämtern zu verbinden. In einzelnen Stadtvierteln sind schon kleine Krawalle ausgebrochen. So drang eine Schar Leute in die unterirdischen Räume eines chinesischen WaschmanneS und nahm ihm eine halbe Tonne Kohlen weg. DaS Wetter ist zum Glück heiter, beinahe sommerlich. Die Stadtverwaltung hat einen ersten Betrag von 100 000 Dollars zur Beschaffung von Kohlen für die Armen bewilligt; in den einzelnen Stadtbezirken sind Ausschüsse mit der Verteilung der Kohlen an die Armen beauftragt. Auch ist nach SüdwaleS und Newcastle die telegraphische Weisung er gangen, die Verschiffungen von Kohlen zu beschleunigen. Im allgemeinen ist die Kohlennot so groß, daß, selbst wenn der Ausstand noch diese Woche aufhören sollte, die Gruben den Ausfall, der sür den Winter zu erwarten ist, auch durch die größten Anstrengungen nicht auszugleichen vermöchten. Als ein Zeichen der Stimmung, wenn nicht unter den Arbeitern im allgemeinen, von denen viele ja nur gezwungen den Aus stand mitmachen, so doch unter den Führern, fei folgender Aufruf mitgeteilt, den Mitchell vorige Woche an seine Ge treuen gerichtet hat: Zn diesem Streit handelt es sich um Fragen, die schwerer wiegen, als alle Forderungen in Dollars und Cent«. Die Zeit des Berg- manus, wie wir ihn kennen, ist vorüber. Er ist gedrückt und nieder- getreten worden, allein es ersteht jetzt ein anderes Geschlecht, ein Geschlecht von kleinen Kindern, die vorzeitig dazu verurteilt sind, in dem Strudel der Hüttenwerke und dem Lärm und dem Ruß der Zer- kleinerungSmaschinen zu leben. Wir streiten für diese Kinder. Wir haben die Kraft unserer Gegner nicht unterschätzt, ebensowenig wie wir unsere eigene Widerstandssähigkeit zu hoch angeschlagen haben. Von jeher an eine bescheidene Lebensweise gewöhnt, trifft uns ein bißchen Entbehrung mehr nicht unerträglich hart. Wir gingen mit bangem Herzen in den Ausstand, mit bewegtem Herzen nahmen wir die letzte Lohnzahlung entgegen, allein in der harten, schwieligen Hand des Bergmannes lag die weiße Haud eine- Kindes — eines Kindes ganz wie die Kinder der Reichen — und in dem Herzen deS Berg, mannes setzte sich unausrottbar der Entschluß fest, bis zu dem letzten Bissen Brot Not zu leiden und den harten, trüben Kampf aus» zufechteu, um dem Kinde ein Fortkommen und einen Platz in der Welt zu sichern, so wie es der Fort,chritt der Kultur verlangt. Die militärische Besetzung der AuSsiandSbezirke hat die Wiederaufnahme der Arbeit in keiner Weise gefördert. Die Nichtverbändler haben nicht eine Tonne Kohlen mehr als bisher gefördert, ihre Tätigkeit nimmt vielmehr ab, weil immer mehr von ihnen sich dem Verband anschließen. Der Gouverneur von Pennsylvanien hat den BergwerkSbesitzcrn und den Kohleueisenbahnen durch Rundschreiben mitgeteilt, daß er sich demnächst genötigt sehen werde, die gesetzgebende Macht des Staates anzurufen, um die Förderung von Kohlen mengen im Einklang mit dem Bedarf zu erzwingen. Man nimmt an, daß das Staatsparlament nächste Woche zu sammentreten wird. — Die letzte Meldung besagt: > * New Aork, 1L. Oktober. Trotz der ablehnenden Haltung der Besitzer der Kohlengruben werden noch immer Versuche zur Beilegung der Streitigkeiten gemacht. Der Kohlenmangel wird schwer empfunden. In vielen Städten werden Kohlen an die Armen za billigen Preisen verkauft. Deutsches Reich. * Berlin, 12. Oktober. (Haftung der Besitzer von Automobil- oder Motorfahrzeugen für Sach beschädigung.) Auf der Tagesordnung der ersten Sitzung de- Reichstages steht u. a. der Kommissionsbericht, betreffend die Haftung der Besitzer von Automobil- oder Motorfahr zeugen für Sachbeschädigung. Die dem Berichte zu Grunde liegenden Petitionen hatten den Erlaß eines die Haftpflicht regelnden besonderen Reichsgesetzes in Antrag gebracht. Die Mehrheit der Petitionskommission des Reichstages hat sich jedoch auf einen davon stark abweichenden Standpunkt ge stellt, indem sie eS als nicht hinreichend begründet erachtete, die bezüglichen Bestimmungen deS Bürgerlichen Gesetzbuches anzutasten. Auch die Regierung dürfte, so schreiben die „Berl. Polit. Nachr.", schwerlich von ihrem schon früher ein genommenen Standpunkte vorläufig wenigstens absehen. DaS Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat keinen Zweifel daran gelassen, daß die Reichsgesetzgebung einer Ausdehnung der Haftpflicht der Unternehmer eines Eisenbahn- oder ähnlichen mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebes über die im Bürgerlichen Gesetzbuch gezogenen Grenzen hinaus prinzipiell nicht hat entgegentreten wollen. Jedoch ist mau davon auSgegangen, daß das Erforderliche auf diesem Gebiete der Landesgesetzgebung zu überlasten ist, da eS sich wesentlich um Vorschriften für Gewerbebetriebe von lokaler Bedeutung handelt und zudem die Bestimmungen über den Gebrauch öffentlicher Plätze und Straßen, welche mit den zu erlassenden Vorschriften in naher Beziehung stehen, einen öffentlich-rechtlichen Charakter haben. Auf Grund deS EinsührungSgesetzeS zum Bürgerlichen Gesetzbuch sind inzwischen in einer Reihe von Bundesstaaten Bestimmungen getroffen, durch welche die Haftpflicht der Unternehmer von Eisenbahn-Betrieben bez. insoweit als die Be nutzung von öffentlichen Straßen und Plätzen in Frage steht, auch von sonstigen mit Gefahr für den Verkehr verbundenen Anlagen und Betrieben auf den Sach schaden erstreckt und in gleicher Weise ausgedehnt wird, wie dies im Hastpflichtgesetze geschehen ist. Daran, daß die Materie auch ferner der LandeSzesetzgebung vorzubehalten ist, dürsten die verbündeten Regierungen festhalten. Es ist kaum anzunehmen, daß die Mehrheit deS ReichStagSplenumS einen anderen Standpunkt als denjenigen der Petitionskommission einnehmen wird. So ist denn vorauSzusehen, daß vorläufig auf diesem Gebiete keine reichSgesctzliche Aenderun^ vorgenommen werden wird. * Berlin, 12. Oktober. Die Zahl der Eintragungen von Rechtsanwälten betrug bei sämtliche» Gerichten des Deutschen Reichs im dritte» Vierteljahr 1902 163 gegen 188 im dritten Vierteljahr 1901, 145 im dritten Vierteljahr 1900 und 122 im dritten Vierteljahr 1899. Sie hat also gegen das Vorjahr etwa- abgenommen. Don den Ein tragungen entfallen: 1 auf daS Reichsgericht, 14 (1901 6) auf Oberlandesgerichte, 73 (92) auf Landgerichte, 65 (61) auf Amtsgerichte und 10 (9) auf Kammern für Handelssachen. Doppeleintragungen, d. h. Eintragungen eines bereits in die Listen eines Gericht- eingetragenen Anwalt- in die Listen eines anderen Gericht-, sind dabei 40 (im vorigen Jahr 42). Nach Abzug dieserDoppeleintragungensind imdrittenVierteljahr1902 123 Anwälte neu eingetragen gegen 126, 120 und 95 in den drei voraufgegangenen Jahren. Bon ihnen entfallen 59 (60) auf Preußen, 21 (26) auf Bayern, 13 (11) auf Sachsen, 7 (10) auf Baden, 6 (4) auf die Hansestädte, 5 (2) auf Elsaß-Lothringen, je 3 auf Hessen und Mecklenburg, und der Rest auf die kleineren Staaten. Von den preußischen OberlandeSgerichtSbczirken hatte, wie gewöhnlich, die meisten Eintragungen der Kammer- gerichtSbezirk mit 19 (im Vorjahr 14), dann folgen der Bezirk Köln mit 10 (13), Hamm mit 8 (9), BreSlau mit 5 (6), Posen mit 5 (3) und Frankfurt a. M. mit 4 (4) Eintragungen. Die Bezirke Kassel und Stettin hatten gar keine Eintragung. Die Zahl der Löschungen von Anwälten betrug im 3. Vierteljahr d. I. 87 gegen 111 im Jahre 1901, 145 i. I. 1900 und 122 i. I. 1899; sie war also im laufenden Jahre bedeutend niedriger als rüher. Nach Abzug von 11 (16) Doppellöschungen sind im ganzen 76 Anwälte gelöscht worden, von denen 35 auf Preußen entfallen, 17 auf Bayern, 13 auf Sachsen, je 3 auf Hessen und die thüringischen Staaten und der Rest auf die übrigen Staaten. Hiernach hat die Zahl der Anwälte im 3. Vierteljahr in Preußen um 24 zu genommen, in Bayern um 4, in Baden, wo gar keine Löschung vorkam, um 7, in den Hansestädten um 5. Von den preußischen Bezirken hat der Kammergerichtsbezirk 12, Naumburg 5 und Königsberg 3, alle übrigen weniger als 3 Löschungen. Seit Beginn des laufenden Jahres bis zum 30. September sind im ganzen 602 Anwälte ein getragen und 328 Anwälte gelöscht worden, und nach Ab zug der doppelt eingetragenen oder gelöschten Anwälte stehen den 481 Eintragungen 283 Löschungen gegenüber, sodaß die Zahl der Anwälte im Deutschen Reiche seit dem 1. Januar d. I. um 198 zugenommen hat gegen 129, 72 und 70 im gleichen Zeitraum der drei Vorjahre. Den Hauptanteil an dieser Zunahme haben Preußen mit 101, Bayern mit 42, die Hansestädte mit 17 und Sachsen mit 10 Anwälten. Von den 87 Löschungen deS 3. Vierteljahres erfolgten 4 bei Oberlandesgerichten, 53 bei Landgerichten, 29 bei Amtsgerichten und 1 bei einer Kammer für Handels sachen. — Ueber Kaiserbesuche schreibt die „Allgem, Ztg.": Eine Wiener Korrespondenz verbreitet Meldungen des In halts, daß über den Gegenbesuch des Kaiser- Wilhelm und des Zaren in Rom bereits Bestimmungen getroffen seien. Wie wir auS sicherer Quelle erfahren, beruhen alle diese Mitteilungen auf Erfindung und Kombination, wie übrigens auch die kürzlich wieder aufgefrischten Meldungen von einem Iagdbesuch Kaiser Wilhelms in Ungarn. — Daß auch die „Libre Parole" die angebliche Meldung von einem Besuch Kaffer Wilhelm- in Frankreich und einer Zusammenkunft mit Loubet in Cannes in einem langen, grollenden Artikel bespricht, sei in diesem Zusammenhänge der Kuriosität wegen erwähnt. — Berichte der Zolltarifkommission sind gestern ausgegeben worden. Es sind zwei dicke Aktenstücke von 260 und 362 Seiten: der schriftliche Bericht über das Tarif gesetz und die Zusammenstellung der Beschlüsse zum Tarif entwurf. Beide sind mit zahlreichen Anlagen versehen. Ein dritter Bericht über die Eisenzölle ist bisher noch nicht zur Ausgabe gelangt. Dem Bericht über das Zolltarif gesetz sind unter anderem angefügt das Ergebnis der Er hebungen über die Rentabilität typischer LandwirtsckaflS- betriebe, eine Mitteilung des Staatssekretärs Graf Posa- dowsky über die Entwickelung der Weizen- und Roggen- vreise, eine Uebersicht über die in Deutschland und andern Ländern geltenden Bestimmungen über den UrsprungS- nachweiS für die Wareneinsuhr und eine Nachweisung der 1900 erhobenen Gemeindeabgaben von Getreide, Hülsen früchten, Mehl, Weh, Fleisch und Fett. Der Zusammen stellung der Beschlüsse zum Zolltarifenlwurf sind 14 Anlagen beigegeben mit Erklärungen, welche im Verlauf der Kom missionsverhandlungen von Bundesratsvertretern über Ge- treldezölle, gärtnerische Erzeugnisse, Gerbstoffe, Fleischpreise im Ausland, veterinärpolizeilichen Grenzschutz und seuchen polizeiliche Lage in Deutschland, über Fette und Oele, Soda zolle, Essigsäuresalze abgegeben worden sind. — Zu der Klage d-S Grafen Erich zu Lippe- Weißenfeld gegen den Grafregenten von Lippe-Detmold schreibt der „Reichsbote", eS sei von Interesse, daß der Graf, der die Ebenbürtigkeit der Modeste von Unruh angreife, selbst in nichtebenbürtiger Ehe vermählt fei, und zwar sei die Ehe 1876 in London geschlossen worden. Die Gattin des Grafen heiße ursprünglich Marie Sophie Schröder und sei später zur Freifrau von Saalfeld ernannt worden. — Die „Kölnische Zeitung" tritt der Behauptung ent gegen, der Reichskanzler habe von der Absicht deS Kaisers, die Boerengenerale,wenn sie eS wünschten, zu empfangen, keine Kenntnis gehabt, sei vielmehr unangenehm davon über rascht worden. Niemand ander- als das Auswärtige Amt resp. der Reichskanzler habe die Boeren von der kaiserlichen Bereitwilligkeit in Kenntnis gesetzt, keineswegs habe der Kaiser sich direkt an die Generale gewandt. Im Gegenteil habe der Reichskanzler dem Boerenbesuche durchaus freundlich gegenüber gestanden und hätte ihn recht gerne gesehen, wenn er in den Schranken, die bei den ersten Verhandlungen gezogen worden seien, auSgeführt worden wäre, weil er darau rechnete, auf diese Weise die Boerenbewegung in Deutschland in ruhiges Fahrwasser zu leiten und Kundgebungen vorzubeugen, die England zu Ungunsten der Boeren auSgelegt hätte. Daß die Boeren später ihre ersten Entschlüsse änderten, sei weder Schuld deS Kaisers noch des Reichskanzlers. Gegenüber der Behauptung, die Boeren hätten sich nicht geweigert, die Ver mittelung der englischen Gesandtschaft anzurufen, konstatiert die „Köln. Ztg.", daß eS sich hier um eine neue Erfindung handele. Die Boeren hätten ihre Weigerung, sich an den englischen Botschafter zu wenden, in ganz unzweideutiger Weise zu erkennen gegeben. — Der Ministerpräsident Gras v. Bülow ist un schuldig an der Ernennung deS Geh. Regierungsrates v. Dallwitz zum Personalreferenten im Ministerium deS Innern, wenigstens behaupten die „Berl. Pol. Nachr.": Die Verteilung der Referate in den einzelnen Ministerien ist «ine innere Angelegenheit derselben und entzieht sich demzu folge in der Regel der Einwirkung deS Staat-Ministerium- wie de- Ministerpräsidenten. Da kann der Ministerpräsident nur froh sein, daß sein Verhalten nicht von Herrn v. Dallwitz einzuschätzen ist. Gemüt und Intellekt würden wahrscheinlich gute Zensuren erhalten . . . — In dem Trinkspruch, welchen Staatssekretär Freiherr von Richthofen gestern bei dem Kolonialbankett au den Präsidenten des Kongresses Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg ausbrachte, führte er auS: Zur Durchführung der kolonialen Pläne und Entwicklung be dürfen wir de» uervus reruw. Diese- Geld kann die Regierung allein und können auch die kolonialen Vereine nicht beschaffen. Dazu bedürfen wir der werktätigen Mithilfe deS Reichstage-. Bon dem gegenwärtigen Reichstag erhoffen und erwarten wir noch Vieles und Gewichtige-. Aber der neue Reichstag steht vor der Tür. Und da sorgen Sie dafür, daß der Kandidat, de» rin jeder von Ihnen zu wählen beabsichtigt — er mag welcher politischen Partei e- auch sei aogehören —, mit dem Tropfen kolonialen OeleS bedacht sei, welcher er- wünscht ist, damit die Reichsmaschine auch in dieser Rich tung glatt, schnell und segen-reich läuft. Und dann tragen Sie in die deutschen Gauen von diesem Kolonialkongreß hinau- das Gefühl der Kolonialsreudigkeit, wie e» sich vorbild lich auSprägt in der Person deS erlauchten Präsidenten des Kon- gresseS, der sein ganzes Sein in den Dienst der kolonialen Sache gestellt hat und dem et weite Kreise des Deutschen Volkes nicht vergessen werden, daß er selbst in der Zeit, während deren die Regierung seine- Landes auf seinen Schultern lastete, daS Präsidium der Deutschen Kolonialgesellschaft beibehalten hat. — Die Arbeiten an der Nachweisung der Rechnungs ergebnisse der Berufsgenossenschaften für 1901 sind im Reichs-BersicherungSamte soweit gefördert, daß die Unter breitung der Vorlage an BundeSrat und Reichstag spätestens ür den Dezember in Aussicht steht. Die Nachweisung wird gerade für daS letztverflossene Jahr allgemeines Interesse erwecken, weil in ihm zum ersten Male die Bestimmungen des neuen Unfallversicherungsgesetzes über die Wiederausfüllung des berufsgenossenschastlichen Reserve- ondS in Geltung getreten waren und durch die Zahlen der Nachweisung deS ReichS-VersicherungSamteS über die Höhe dieser den BerufSgenofferffchasten aufgebürdeten Neubelastung zahlenmäßig Auskunft gegeben werden wird. — DaS preußische Kriegsministerium weist in einem neueren Erlaß varauf bin, daß die Festsetzung der Ver gütung für Flurschäden, die bei Gefechts- und Schießübungen im Gelände entstehen, in der Regel im Wege der Einigung zu erfolgen hat, d. b. ein mir landwirtschaftlichen Verhältnissen vertrauter älterer Offizier hat sofort nach Beendigung der Uebung mit den eilens der OrtSbehörden benachrichtigten Geschädigten zu verhandeln. Ein dem Offizier beigegebener Zahlmeister aspirant zahlt dann an Ort und Stelle den Entschädigungs- !>etrag. Bei Schwierigkeiten hat der die Uebung Leitende eine Kommission zu berufen, resp. im weiteren Verlaus die Heranziehung eines Intendanturbeamten zu veranlassen. — Die Lohnbewegung der Berliner Bauglaser ist zum Abschluß gelangt. Zwischen Meistern und Gesellen ist eine Vereinbarung auf folgender Grundlage geschaffen worden: Tägliche Arbeitszeit 9 Stunden, Stundenlobn 56 (MinderleistungSfäbige und AuSgelernte im ersten Jahre er halten 45 Stundenlohn). Vom 1. August 1903 ab tritt der Staffeltarif von 50, 55 und 60 in Kraft. Die Akkord arbeit wird beibehalten, doch ohne Zwang. Dabei darf die Ostündige Arbeitszeit nicht überschritten werden. Die Arbeit«- Vermittelung darf nur durch den Arbeitsnachweis der Innung, über welchen den Gesellen die Kontrole zusteht, erfolgen. — Fürst Herbert Bismarck, von dem eS vor etlicher Zeit hieß, daß er bei den nächsten ReichstagSwahlen nicht wieder kandidieren werde, bat sich nun doch entschlossen, die Kandidatur in seinem alten Wahlkreis Jerichow I und II wieder anzunehmen. Der Wahlkampf wird sehr heiß werden. — König Eduard von England hat die großbritannische KrönungSmrdaille dem Admiral v. Koester, Chef der Marine station der Ostsee, dem Kapitän z. S. v. Usedom. Kommandant der Jacht „Hohenzollern", und dem Kapitän z. S. Coerper, dem deutschen Marineattachse in London, verliehen. — Der Sultan hat sich bekanntlich immer sehr freigebig mit der Verleihung von Orden an deutsche Marineoffiziere und Matrosen gezeigt. Alle Matrosen vom Schulschiff „Charlotte", welche sich seiner Zeit bei der Löschung eines Brande- in der Türkei beteiligten, haben die türkische Rettungs medaille bekommen; eine Anzahl Matrosen des Schulschiffes, wahrscheinlich Musiker, wurden mit der türkischen Medaille für Kunst und Wissenschaft dekoriert. — Die „Kreuzztg." teilt mit, daß daS Befinden deS Abgeordneten v. Levetzow sich allmählich zu bessern ansange. — Das Mitglied deS LandeS-Direktoriums der Provinz Han- uover, Schatzrat Steinmetz, wurde zum Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat im Kultusministerium ernannt. * Hadersleben, 12. Oktober. Die „SchleSwigsche Grenz post" bringt beute nach amtlicher Quelle die Aufsehen er regende Mitteilung, daß der NordschleSwigsche dänische Schulverein bei einer Einnahme von 20 000 -L zu zwei Drittel auS Dänemark gespeist wird. * Hannover, 12. Oktober. Gegen den Pastor DörjeS in Hannoverisch-Kteselv ist ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil er auf dem national-sozialen Partei tag trotz Verwarnung seitens des Konsistoriums einen Vor trag über das Thema: „Die Politik verdirbt den Charakter" gehalten hat. DörjeS ist bereits vor das Konsistorium vor geladen worden. * Frankfurt a. O-, 12. Oktober. Wegen angeblicher Be- leidig ung hatte sich gestern Chefredakteur Schack der „Oderztg." vor dem Schöffengericht zu verantworten. Die Beleidigung soll in einem Artikel begangen sein, der die Mitteilung enthielt, daß der bekannte Journalist Nor mann-Schumann aus der Schweiz ausgewiesen worden sei. Diese Nachricht wurde später als falsch widerrufen. Trotzdem glaubte Normann-Schumann eine Be- leidigungsklage anstrengen zu müssen, die heute damit endete, daß Chefredakteur Schack freigesprochen wurde. (-) Wittenberg, 12. Oktober. In den am 10. Oktober und dem folgenden Tage hier im Lutherhause abgehaltenen Sitzungen deS Ausschusses in Sachen eines engeren Zu sammenschlusses der deutschen evangelisch en Landeskirchen wurde über die grundlegenden Bestimmungen eine Verständigung erzielt. Die an die Konferenz zu rich tenden Vorschläge werden von dem Ausschuß in einer zweiten Lesung endgültig festgestellt werden. * Köln, 12. Oktober. Der Alldeutsche Verband Ortsgruppe Köln teilte seinen Mitgliedern in der am Freitag abend abgehaltenen Sitzung mit, daß die Boerengenerale Botha, De Wet und Delarey auf eine Anfrage erwidert hätten, sie blieben voraussichtlich auf ihrer Durchreise nach Berlin eine Nacht in Köln und würden bei ihrem Eintreffen mit Freuden eine Begrüßung deS alldeutschen Verbandes entgegennehmcn. * In Schlüchtern ist am 8. Oktober der frühere Landtags obgeordnete Lorenz Zimmermann seinem am 1. d. M. gestorbenen Sohne, dem bisherigen Vertreter von Schlüchtern-Gelnhausen, Amts- gerichtsrat Hermann Zimmermann, in den Tod nachgesolgt. Lorenz Zimmermann, der am 22. Dezember sein 80. Lebensjahr vollendet haben würde, war früher Domänenpächter und Posthalter in Hers feld und vertrat 1877 bis 1882 den Wahlbezirk Rotenburg-Hersseld als Mitglied der nationalliberalen Fraktion im Abgeord- netenhause. * Heidelberg, 12. Oktober. In vergangener Woche fand eine Vorbesprechung zur Gründung deS Iungliberalen Vereins statt. Etwa 70 Herren nahmen laut „Heid. Ztg." an der Sitzung teil; den Vorsitz führte Geh. Rat Schäfer. Ein Ausschuß von 25 Herren zur Gründung eines Verein- wird daS weitere veranlassen. Die für die Mitglieder ge dachten Altersgrenzen sind das 18. und daS 40. Lebensjahr. Vk. Heilbronn, 12. Oktober. An den Oberbürgermeister Hegelmaier, der bekanntlich als Kandivat des Bauern bundes sich um das erledigte Landtagsmandat im Heil bronner Landbezirk bewirbt, hat der hiesige Gemeinderat folgendes Schreiben gerichtet: „Die Mitglieder der bürgerlichen Kollegien haben am 6. Mai 1898 die Erklärung abgegeben, daß sie die von Ihnen beabsichtigte Annahme eine- Mandat- in den Reichstag mit den Anforderungen, welche unser Grmeindewesen an den Stadtvorstond stellt, nicht sür vereinbar erachten. Im November 1900 haben wir auS Anlaß Ihrer Kandidatur sür den Bezirk Weinsberg unserer Ueberzeugung Au-druck gegeben, daß wir in der Uebernahme eine- Mandats in den Landtag eine weitere Schädigung der Interessen unserer Stadt verwaltung erblicken müssen. Wir sprechen daher heute unser Be dauern darüber aus, daß Sie sich zur Annahme eine- Mandat» für den Landbezirk Heilbronn im Landtag bereit erklärt haben." Frankreich. Generalstreik ver Grubenarbeiter. * LenS, 12. Oktober. Zwischen Ferfay und Eströe-Blanche wurde, wie man annimmt, von ausständigen Gruben arbeitern der Versuch gemacht, einenZug dadurch zum Entgleisen zu bringen, daß ein großer Steinblock aus die Schienen gewälzt wurde. Die Maschine entgleiste und wurde beschädigt, Menschen sind nicht verunglückt. * Paris, 13. Oktober. (Telegramm.) Die Meldung eines Blattes, daß die gelben Syndikate Revolver und Patronen an ihre Anhänger verteilt hätten, um sich gegen olche Ausständige, die an der Arbeit hindern wollen, zu chützen, wird von zuständiger Seite für unbegründet erklärt. * Capmaur, 13. Oktober. (Telegramm.) IauröS iffelt gestern in einer öffentlichen Versammlung eine Rede, in der er den Ausstand der Art und Weise zuschreibt, wie die Gesetze über die Arbeit auf die Lohnkürzungen angewandt werden. Der gegenwärtige Ausstand könne nur dann zu einem günstigen Ergebniß führen, wenn keine Gewalttätig leiten vorkämen. An den öffentlichen Gewalten sei eS, den Konflikt zu lösen. Diese würden ein Verbrechen begehen, wenn sie gegenwärtig diejenigen im Stiche ließen, die sie immer unterstützt hätten. Politische Reden. * Balenee, 12. Oktober. Bei dem von der Stadt gegebenen Bankett hielt Präsident Loubet eine Rede, n welcher er von den Leistungen der Solidarität prach und auSführte: Dieselben werden nur frucht bar sein, wenn der Geist republikanischer Brüderlichkeit alle beseelt und wir müssen versuchen, die Wohlfahrt und die Größe der Republik nur durch den sozialen Frieden zu sichern, die Republik, die, treu ihrem Ursprünge, tolerant ist, die Achtung hat vor allen Glaubensbekenntnissen, eine Freundin ist der freien Diskussion und des freien Ge dankens, die von Leidenschaft beseelt ist für die Gerechtigkeit und Freiheit, eine unbeugsame Hüterin des Gesetzes und der öffentlichen Ordnung. Sie ist die Regierung des Landes durch alle und für alle. DeSbalb verlangt die Republik von einem jeden von uns ein Opfer, welches zwar hart ist, aber ohne welches weder die Wohlfahrt des ein zelnen, noch der Allgemeinheit denkbar ist, nämlich daß wir unsre Privatinteressen stets zurücktreten lassen hinter das gemeinsame Wohl und die gemeinsame Ehre. Loubet schloß mit einem Hoch auf die Stadt. * Carmaux, 12. Oktober. Bei einem aus Anlaß der Wiederwahl des Deputierten IaureS abgehaltenen Bankett der sozialistischen Partei hielt Millerand eine Rede, in welcher er erklärte, daß die sozialistische Partei in der äu ßeren, wieinder innernPolitik sriedlick> e Ziele verfolge. Diefran- zösische Nepublik wolle den Frieden. Pflicht und Ehre der Republik und namentlich auch der sozialistischen Partei beständen darin, entschieden danach zu streben, daß die Konflikte, für deren Beilegung bisher der Krieg das einzige Mittel zu sein schien, auf friedlichem Wege beigelegt würden. Der Haager Kon greß habe keine vergebliche Arbeit getan. Auch seien die Beziehungen zwischen den Völkern so zahlreich geworden, daß ein Weltbrand fast unmöglich erscheine, und es sei nur erforderlich, die Verträge, welche die Nationen durch wechselseitige Interessen verbänden, zu vervielfachen, um damit den Krieg in das Reich des Traumes zu verweisen. DaS sei der einzige Weg, auf dem die Welt dazu gelangen werde, nicht mehr zu ver stehen, daß noch andere Waffen existieren könnten, als Recht und Billigkeit, um Konflikte zu lösen. Nur so könne sich allmählich in dem Bewußtsein das Bild einer Zukunft er beben, welche den Nationen, die eine brutale Mißachtung des Völkerrechts erlitten hätten, den notwendigen Ersatz an Recht und Gerechtigkeit Vorbehalte. Millerand wandte sich dann der Frage der inneren Politik zu, wirtschaftlichen Fragen und namentlich der Frage der Arbeiter-Altersversicherung, in der Frankreich sich von feinen deutschen Nachbarn habe überholen lassen. Millerand schloß mit einem dringenden Appell an alle Republikaner, sich eng an einander zu schließen, um die soziale Reform durchzuführen. Niederlande. Boerengenerale. * Haag, 13. Oktober. (Telegramm.) GeneralDeWet ist gestern abend nach Brüssel abgereist, um Botha und Delarey nach Paris und Berlin zu begleiten. * Aus dem Haag, 11. Oktober, wird der „Frkf. Ztg." gemeldet: Soeben gewährte mir General De Met eine Unterredung. Te Wet zeigte sich zunächst verschlossen; er glaubte selbst Freunden gegenüber zurückhaltend sein zu müssen, da sonst leicht jedes Wort in Deutschland falsch ausgelegt werden könnte. Schließlich äußerte sich De Wet wie folgt: Selbstverständlich sind die Aus lassungen der „Norddeutschen Allg. Ztg." nicht pure Erfindung, aber die Uebermittelungen wurden uns von einer dritten Seite gemacht, die uns nicht direkt genug düntte. Einer einigermaßen offiziellen Einladung hätten wir ohne weiteres Folge geleistet und ganz bestimmt hätten wir uns an den englischen Gesandten gewandt, wenn dies offiziell gewünscht worden wäre. Aufforderungen, die uns nicht bestimmt und deutlich genug sind, können für uns nicht maßgebend sein. „Aber", fuhr De Wet fort, „im Grunde genommen muß es uns widerstreben, zu einem Kaiser besuch genötigt zu werden. Ich wünsche hier nicht mißverstanden zu werden, denn die Persönlichkeit Les Deutschen Kaisers ist mir außerordentlich sympathisch und sie steht mir und meinen Bruder- Generalen hoch und hehr. Wir würden es uns zur großen Ehre gerechnet haben, wenn ein solch illustrer Fürst uns einfache Leute hätte sehen wollen; aber der Besuch beim Kaiser hätte noth- wendiger Weise den Besuch bei den Staatsoberhäuptern aller Mächte, die wir bereisen, nothwendig gemacht. Hierdurch würde unsere Reise in das politische Fahrwasser gedrängt, was wir unter allen Umständen vermeiden wollen. Wir sind Privatleute, die Herumreisen, um für ihre unglücklichen Landsleute Geld zu sammeln. Das ist ganz allein unser Zweck, nichts anderes, und diesen Zweck wollen wir klar und reinlich festhalten." Rußland. * Petersburg, 12. Oktober. Finanzminister Witte hat seine Reise von Wladiwostok nach Port Arthur fortgesetzt. Orient. Khcdive; Grotzbulgarische Bewegung. * Konstantinopel, 13. Oktober. (Telegramm.) Der Khedive ist gestern abgereist. — Zwischen einer großen bulgarischen Bande und türkischen Truppen soll bei Petric, oberhalb SerreS, ein Zusammenstoß erfolgt sein, über den jedoch bisher keine genaueren Nachrichten vor liegen. Die bulgarische Bande soll dabei 100 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen verloren haben. Auch die Türken sollen Verluste erlitten haben. Gestern wurden zwei Bataillone mit der Eisenbahn von Saloniki nach Demir Hissar transportiert, von wo sie in nördlicher Richtung ab marschierten. lieber einen kleineren Zusammenstoß bei Dschuma fehlen bisher Einzelheiten. Afrika. Mif; HobhouscS Anklage». Die bekannte Miß Emily Hobbouse wird immer noch nicht müde, gewisse Vorkommnisse auf dem Kriegsschauplätze in Südafrika aufzudccken und dem englischen Volke Wahr-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder