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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021016022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902101602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902101602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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7172 Trotz dieser Erleichterungen ist nicht zu erwarten, bah ber Frachtvcrkchrnachdcn neuenKvlonien wesentlich verbessert werden wird, da der Mangel an Wagen ein so großer ist, daß mitunter tagelang aar keine Güter nach dem Norden angenommen werden. In Kapstadt war der ganze Güter verkehr erst soeben wieder mehrere Tage ans die Borstadt bahn Kapstadt-Wynberg beschränkt, sehnliche Verhält nisse herrschen in den übrigen Küstenstädtcn. Deutsches Reich. Berlin, 16. Oktober. Der Arbeitsbeirat der lozialstatistischen Abteilung des Kaiserlichen statistischen Amts tritt, wie die „Soziale Praxis" mitteilt, am 22. Oktober in Berlin zu seiner ersten Sitzung zusammen, um folgende Tagesordnung zu erledigen: 1) Be- richt über die bisherige Tätigkeit der Abteilung für Arbeiter statistik. Berichterstatter: der Vorsitzende I)r. Wilhelm!. 2) Entwurf der Geschäftsordnung des Beirat« für Arbeiter statistik. Berichterstatter: Dr. Fischer. 3) Herausgabe einer monatlichen Zeitschrift durch die Abteilung für Arbeiterstatistik. 4) Bestellung von Berichterstattern für die Erhebungen über die Arbeitszeit im BinnenschiffahrtS- und im Fuhrgewerbe. 5) Weitere Behandlung der Erhebungen über di« Arbeitszeit der Gehilfen und Lehrlinge in solchen Cvmptoiren des Handelsgewerbes, die nicht mit offenen Verkaufsstellen verbunden sind, sowie der dazu vor liegenden Eingaben. Berichterstatter: vr. Fischer. 6) Wahl von Ausschüssen. 7) Geschäftliche Mitteilungen. Der Beirat besteht aus folgenden Personen: Präsident des Statistischen Amtes vr. Wilhelmi, Vorsitzender, sächsischer Geheimrat vr. Fischer, stellvertretender Vorsitzender. Vom Bundesrat sind folgende Mitglieder gewählt: Geh. RegierungSral Neumann (Preußen), Zentralinspektor für Fabriken und Gewerbe Regierungsrat Poellath (Bayern), württembergischer Bundesratsbevollmächtigter v. Schicker, Geh. Ober-Regie rungsrat Freiherr v. Bodmann (Baden), Ministerialrat Braun (Hessen) und RegierungSral Oberländer (Meiningen). Vom Reichstage gewählte Mitglieder sind: Bauermeister (Rp.), Frbr. Heyl zu Herrnsheim (nat.-lib.), Hitze und Letocha (Ztr.), IacobSkotter (kons.), Molkenbuhr (Soz.), Schmidt - Elber feld (srcis. VolkSp.). — Die Zeitschrift der Abteilung für Arbeiterstatislik soll in erster Linie eine umfassende Statistik über den Arbeitsmarkt eutkalten. — Auf der Tagung des Verbandes Deutscher Arbeitsnachweise ist bekanntlich die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit Gegenstand der Beratung ge wesen. Als Hauptergebnis der Debatten bezeichnet vr. G. Sydow in der „Sozialen Praxis" die nahezu ein stimmige Uebcrzeuguug der Vertreter aller Richtungen und aller Klassen, daß eine Versicherung gegen Arbeitslosigkeit geschaffen werden muß. Der Einigkeit im Hinblick auf das Ziel stand freilich eine Verschiedenheit in der Wahl der Wege gegenüber. Die stärkste Strömung ging nach folgenden Richtpunkten: 1) Die Versicherung gegen Arbeits losigkeit muß als öffentlich-rechtliche Institution mit Zwang«- charaktcr eingesührl werden; 2) sie muß auf einem Zusammen wirken von Arbeiterorganisation und Gemeinde, Unternehmer schaft und Reich beruhen; 3) als wichtiges HülfS- und Kontrollorgan kann und muß ihr der Arbeitsnachweis dienen. Wenn auch eine volle Klärung der Frage durch die Verhand lungen der Arbeilsnachwciskonferen; nicht erzielt werden konnte, so bieten die Beratungen doch einen tragfäbiHen Unterbau für eine fruchtbringende Weiterarbeit. Hierzu wäre in erster Linie berufen der vom Reichstag mit einmütigem Beschluß in letzter Session geforderte Ausschuß zur Untersuchung über die Arbeitslosenversicherung. Hoffentlich tritt der Bundesrat bald diesem Beschlüsse bei, damit die Angelegenheit in daS Stadium einer amtlichen Untersuchung gelangt. Berlin, 15. Oktober. (GesuudbeitSschädi- gungen durch weißen Phosphor.) Wie mitgeteilt wurde, besteht die Absicht, die Verwendung von weißem und gelbem Phosphor zur Zündbölzchenfabrikation ganz unter Ver bot zu stellen. — Nach dem Neichsgesetz vom 13. Mai 1881 dürfen Zündhölzchen unter Verwendung von solchem Phosphor nur in Anlagen angeserligt werden, welche auöschießlich für die Herstellung von Zündhölzchen benutzt werden, also nicht in den Wohnungen von Hausindustriellen. Auch ist die Ver wendung von Kindern und jugendlichen Arbeitern bei der Fabrikation von Zündhölzchen nur in beschränktem Maße ge stattet. — Die Verhältnisse in den Zündholzfabriken haben sich im allgemeinen bedeutend gebessert; nichtsdestoweniger kommen Geiundheitsschädiaungen durch Phosphor noch genug vor. Was das preußische Landesgebiet betrifft (bekanntlich be- sinden sich aber auch in Süddeutschland Zündholzfabriken), so ereigneten sich allein im Regierungsbezirk Breslau im Jahre 1897 drei schwere Fälle von PhoSphornekrose; eine der Er krankungen war erst 6 Monate nach Aufgabe der gefährden den Beschäftigung zum Ausbruch gekommen. Im Regierungs bezirk Schleswig kamen zwei Fälle vor, deren einer einen Arbeiter, der seit länger als einem Jahre mit Phosphor nicht in Berührung gekommen war, betraf. ES erkrankten in einer Fabrik des Gewerbeaussichtsbezirks Hannover ein jahre lang fast nur bei den gefährlichsten Arbeiten beschäftigter Meister, ferner 2 Personen im Regierungsbezirk Cassel, 1 im Regierungsbezirk Köln an PhoSphornekrose. Mehrfach wird gemeldet, daß sowohl von den Arbeitgebern als den Er krankten selbst derartige Erkrankungen verheimlicht werden. In den SicherheitSzündbolzfabriken Lauenburg« sind, abge sehen von Chromgeschwüren an den Händen, ekzematöse Haut erkrankungen, welche im Gesicht und an den Händen und Armen auftratrn und sich über größere Teile des Körpers fcrtpflanzten, beobachtet; Durchlöcherungen der Nasenschcide- wand wurden nicht beobachtet. Die Arbeiter sind vielfach nicht genügend zur Reinlichkeit und zum regelmäßigen Ver zehren der Nahrungsmittel außerhalb der Arbeitsräume an gehalten. — Der Ausschuß des Bundes ratS für Zoll- und Steuerwesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Sleuerwesen, für Handel und Verkehr, für Iustizwesen und für Rechnungswesen hielten heule Sitzungen. — Zu der morgen beginnenden zweiten Lesung des Zoll tarifgesetzes wird seitens der nationalliberalen Partei als erster Redner Abgeordneter vr. Paasche sprechen. — Auf einer Wählerversammlung in Havelberg hat der LandtagSabgeordnele v. Kröcher, ter Präsident des Ab geordnetenhauses, zur Frage de« Zolltarif« geäußert, daß „zunächst" nicht einmal die Vorschläge der Zolltarif kommission annehmbar seien. Vor ihm batte der Reichstags abgeordnete Stubbendorff von der Rcichspartei erklärt, daß er das Zustandekommen der Regierungsvorlage für wünschenswert halte. — An Stelle des Abg. vr. Pach nicke, der das Amt eines Schriftführer« des Reichstags niedergelegt hat, ist, wie gemeldet, Abg. Frese gewählt worden. Frese gehört der freisinnigen Vereinigung an und vertritt die freie Reichs stadt Bremen; er ist seit 1893 Mitglied des Reichstags. Die Stelle des Schriftführers war vor ihm erst dem Abg. Iustizrat Riff und dem Abg. Ernst (iLchnerdemühl) angetragen worden, beide hatten aber abgelebnt. — Der Pariser „Temps" läßt sich von seinem Berliner Mitarbeiter melden: Tie Persönlichkeit, die zwischen den Boeren generale n und der deutschen Negierung ver mittelt und die Antwort der Boeren, worin diese die Ver mittelung des englischen Botschafters ablrhnen, nach Berlin weitergegeben hat, ist vr. Kuyper, der Chef teS gegen wärtigen holländischen Ministeriums. — Neber die Veranstaltungen anläßlich deS Besuches der Boerengenerale wird noch gemeldet, daß am Donnerstag abend 8 Uhr eine Festsitzung des Boerenhülfsbundes statlfindet, in der Professor Sie mering die Spende von 200 000 überreichen wird. Außerdem werden den Generalen Einzelsammlungen in Höhe von etwa 50 000 übergeben. Bei dem Festmahl werken u. A. die Abgeordneten New oldt, Mitglied des Abgeordnetenhauses, und Schremps, Mitglied des Reichstages, sprechen. — Der Ausschuß ber Stadtverordneten, der mit der Regelung einer vom Magistrat vorgeschlazenen Neuordnung der Gehälter für die an den städtischen böberen Schulen wirkenden Lehrer betraut war, bat diese Erhöhung heute unter der Bedingung beschlossen, daß das Schulgeld nicht gesteigert werke. — Der Generalstreik der Rohrleger und Helfer ist beute abend in einer von fast 3000 Personen besuchten Versammlung beschlossen worden. Es kommen dabei etwa 2800 Personen m Betracht. Grund des AuSstandcS ist die Nichtanerkennung eines neuen, von den Arbeitern entworfenen Lohntarifs seitens der Unter nehmer. Die Innung der Gas-, Wasser- und Zentral- beizungsfackmänner hatte in einem Schreiben mugeteilt, daß sie anfangs nächster Woche eine allgemeine Versammlung aller in Betracht kommenden Firmen einberufen werde, um zu der Lohnforderung Stellung zu nehmen. Die Versammlung erblickte jedoch in diesem Vorschläge einen Verschleppungs versuch und beschloß, sofort »n den allgemeinen Ausstand cinzutreten. — Ter „ReichSanz." veröffentlicht die Ordensverleihungen an die englischen Generale, die den Kaisermanövern bei gewohnt kalien, und die Verleihung der Brillanten zum llronen- vrden 2. Klasse au den bisherigen Vorsitzende» des Direktoriums der Firma Krupp, Geheimrat Jencke. — DaS Befinden deS Abg. vr. v. Lrvetzow hat sich leider im Laufe des gestrigen Tages wieder erheblich verschlimmert. * Emden, 15. Oktober. Die Meldung des „Reichs boten" von der Errichtung einer Marinestatlvn in Emden wirb in der „Emd. Zig." amtlich dementiert. * Posen, 15. Oktober. DaS Zustandekommen einer pol nischen Gewerbeausstellung scheint für daS nächste Jahr gesichert. Die Ausstellung soll die Leistungsfähigkeit namentlich des preußischen PolentumS veranschaulichen, doch dürste auch Galizien sich beteiligen. (Nat.-Ztz.) * Essen, 15. Oktober. Die Leitung des allen sozial demokratischen Bergarbeitervcrbanbe« fordert die gesamten deutschen Bergleute auf, während der jetzigen aus ländischen Streik« keine Ueberfchichten zu verfahren. * Düsseldorf, 15. Oktober. Die Schlußfeier und Preis verteilung bei der Düsseldorfer Ausstellung findet am 20. Oktober in Gegenwart der Minister v. Rheiababen und Möller statt. Die Ausstellung schließt mit einem an sehnlichen Ueberschuß. — Wegen Lohnfragen ist hier ein all gemeiner Au-stand der Steinhauer und Marmorarbeitrr ausgebrochen. (2 Aöln, 15. Oktober. Die Boerengenerale Botha, De Wet und Delarey trafen heute abend gegen L1>/, Uhr hier ein. Im Konferenzzimmer de« Bahnhöfe« wurden sie von etwa 40 Mitglieder» der Ort-grupp« deS All deutschen Verbandes empfangen, deren Vorsitzender Baumann in einer Ansprache die Generale begrüßte, der Bewunderung für sie Ausdruck gab und ihrer Mission den besten Erfolg wünschte. De Wet dankte und ver sicherte, die Generale kämen in keiner andere» als philanthropischen Absicht nach Deutschland; sie verab scheuten jede Politik. Sie wollten ihr Versprechen halten. Sie hegten die feste Erwartung, daß die neue Regierung ihrer Heimat ihr Versprechen einlösen, daß sie mehr geben werde, als sie zusicherte. Die Generale fuhren in geschlossenem Wagen nach dem Domhotel, wo sie übernachteten. Vor dem Bahnbose und vor dem Hotel hatte sich eine zahlreiche Menschenmenge eingefunden, die den Generalen lebhafte Kund gebungen darbrachte. (2 Darmstadt, 15. Oktober. Prinz Heinrich von Preußen ist beute nachmittag mittels Automobils hier ein getroffen und im Residenzschlosse abgestiezen. * Mannheim, 15. Oktober. Bei den BürgerauSschuß- wablen wurden von der Wählerklasse der Höchstbesteuerten gewählt 10 Nationalliberale, 4 Freisinnige, 3 Centrumsmänner. * Stuttgart, 15. Oktober. Am Montag ist der frühere Direktor der Königlichen Handbibliothek vr. Otto v. Klumpp im Alter von 83 Jahren gestorben. At« Erzieher der Prinzen von Hohenlohe- Langenburg hatte Vr. v. Klumpp Beziehungen zu mehreren euro päischen Höfen gewonnen. Am preußiichen Hose war er woblgelittrn, so daß er, wie der „Schwab. Merkur" in Erinnerung bringt, al« Preußen infolge der Streitigkeiten über eine neue deutsche Ver fassung im Jahre 1850 die diplomatischen Beziehungen mit Württemberg abbrach, die Fäden zwischen Berlin und Stuttgart wieder anknüpfte. (2 Müttchc», 15. Oktober. Der deutsche Kronprinz traf heute abend nach 9 Uhr von Bad Kreuth hier ein und wurde am Bahnhof empfangen vom Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern und in Vertretung deS preußischen Gesandten Graf MonS vom Legationsrat Graf Bernstorff und dem preußischen Militär-Attachä Frhru. von Hammer stein. Nack dem Abendessen in der Wohnung deS Grafen Bernstorfs kehrte der Kronprinz nach 10 Uhr nach dem Bahnhöfe zurück. Im Fürstensaale begegnete der Kronprinz den Prinzen Ludwig Ferdinand und AlfonS nebst Ge mahlinnen, die sich kurz vorher von dem nach Turin reisenden Herzog von Genua verabschiedet halten. Gegen Kv/z Uhr setzte der Kronprinz mit dem Nord-Süd-Expreßzuge die Reise fort. Oesterreich - Ungarn. Eivillifte; Sprachcnfrage. * Wien, 15. Oktober. (Von einem Privatkorrespondenten.) Wie die „Neue Freie Presse" meldet, beträgt die von der österreichischen und von der ungarischen Negierung in Aus sicht genommene Erhöhung der Eiviiliste je 2 Millionen, also zusammen 4 Millionen Kronen. * Wien, 15. Oktober. Eine heute ausgegcbene Mitteilung besagt: In der heutigen Sitzung des Jun gt schech e n clubs berichtete Abgeordneter Pacak über die Verhandlungen mit dem Ministerpräsidenten v. Körber, sowie mit den Vertretern deS konservativen Großgrundbesitzes und den tschechischen Agrariern. Nach kurzer Debatte nahm der Klub einstimmig den mit den Vertretern der beiden letztgenannten Parteien ver einbarten Entwurf einer Antwort auf die vom Ministerpräsi denten in der S prach en frage unterbreiteten Grundsätze an. Hieraus wurden die von der parlamentarischen Kommission des Klubs beantragte Resolution, sowie die taktischen Vor schläge für die kommende polrtische Session einstimmig an- genommen und das AktionScomite gewählt. Die Resolution besagt: In Erwägung, daß das schwere am tschechischen Volke begangene Unrecht nickt gesühnt ist, daß demselben seine nach den geltenden Gesetzen zukommenden Rechte nicht zurückerstattet wurden, in weiterer Erwägung, daß die er wähnten Grundsätze, anstatt die durch Verordnung vom 14. Oktober 1899 erlittene Unbill gut zu machen, noch den deutschen Ungerechtigkeiten eutgegenkommt, erklärt der Klub, daß Vie gegenwärtige Regierung den Ansprüchen de« tschechischen Volkes nicht nackkommen kann oder will - endlich in Erwägung, daß die gegenwärtige Regierung in den Ländern der böhmischen Krone, insbesondere in Schlesien, die Grundsätze der Gleich berechtigung auch gegen die geltenden Vorschriften verletzt, erklärt der Klub, daß er gegen die gegenwärtige Regierung den schärfsten Kampf mit allen im Wiener Parla ment üblichen Mitteln eröffnen wird. Der Klub be traut schließlich den Abgeordneten Hruby mit der unver züglichen Einbringung zweier DringlichkeitSantrage, in welchen alle Klagen der Vertreter deS tschechischen Volke« in Schlesien Ausdruck finden sollen. * Wir«, 15. Oktober. Die deutscheBolk-partet hat beschlossen, die von dem Ministerpräsidenten auf gestellten Grundsätze über dte Sprachenfrage einer eingehenden Beratung durch die Abgeordrreten von Böhmen und Mähren zu unterziehen. Ungarisches Abgeordnetenhaus. * Pest, 15. Oktober. Im Verlauf der heutigen Verhandlung über die An-gleichSfragr im Abgeordnetenhause erklärte der Ministerpräsident von Szell auf die Anfrage de« Abge ordneten Pichler iKossutopartei), ob »in« Verlängerung de« HandelSvertrages mit Deutschland «iutreten könne, bevor der gemeinsame autonome Zolltarif fertiggestellt sei, folgende«: Nachdem in den HandelSverlrägen die Verlängerung regelmäßig durch Nichtausübung des Kündigung-rechtes sttpultrt und vorgesehen sei, könne die Verlängerung nicht alS neuer Vertragsabschluß be trachtet werden; somit könne gesetzmäßig eine Verlängerung der Handelsverträge stattfinden, selbst wenn der autonome Zolltarif nicht ins Leben treten sollte. (Beifall rechts.) — In Beantwortung der Interpellation Nessis führte Ministerpräsident Szell aus, dec König sei, wie er ihm (dem Ministerpräsidenten) mttgeteilt habe, nicht in der Lage gewesen, nach Klausenburg zu kommen, doch habe er, um seiner Verehrung für den Geniu« seines ruhmreichen Vorgängers Ausdruck zu verleihen, zur EnthüllungSfeier deS Mathias-Corvinus-Denkmal« in Person de« Erzherzog« Josef August einen Stellvertreter gesandt, dessen herzgewinnende Reden und Auftreten den Dank >edeS Ungarn verdienen. (Nässt ruft dazwischen: Das muß ich anerkennen.) Bezüglich de« AbspielenS der öster reichischen Volkshymne sagt Szell, dies entspreche der Vorschrift; niemals früher habe man im Abspirlen der Haydvschen Volk-Hymne eine Verletzung deS ungarischen Nationalgesühls erblickt; es sei absolut ungerechtfertigt, in dem Abspirlen der Volkshymne eine ver letzende Absicht zu suchen. (Große Unruhe auf der äußersten Linken, lebhafter Beifall recht-.) Die Antwort deS Ministerpräsidenten wird hierauf mit großer Mehrheit zur Kenntntß genommen. (Wiederholt und vervollständigt.) Frankreich. Duell; Stam; Aammerpräfidtum; Kulturkampf. * Paris, 15. Oktober. Zwischen dem Hauptmann Ollivier, welcher bei dem Begräbnisse Zola« die Ehren kompagnie führte und dem Advokaten Verger, der Ollivier in einem Casö deswegen Borwürfe machte, und mit ibm in Streit gerieth, fand beute ein Pistolenduell statt. Beide Gegner blieben unverletzt. * Pari«, 15. Oktober. Der Deputierte Etienne ersuchte den Minister Delcasss, ein Gelbbuch über die Beziebuagen Frankreichs zu Siam seit dem Jahre 1893 zu veröffent lichen. Vertreter von Gruppen der republikanischen Mehrheit genehmigten einstimmigdie Kandidatur Iaurds alSBize- präsidenten der Kammer. Bon den Nationalisten wird die Kandidatur IaureS besonders wegen seiner Aeußerungen betreffend Elsaß-Loihringen, sowie den Dreibund scharf be kämpft. — Der bonapartistische Deputierte LasieS kündigt einen Antrag an, nach dem ia jeder Gemeinde ein Referendum über das Fortbestehen der Kongregationsschulen ver anstaltet werden soll. «ohlenarbeiterausstanv. * Marseille, 15. Oktober. DaS Ausladen der hier ein getroffenen ausländischen Kohlen gebt unbeanstandet vor sich. Es werden mehrere Dampfer mit bedeutenden Ladungen englischer Kohle erwartet. * Novcz, 15. Oktober. Die AuSstandSbewegung nimmt auch im Departement Aveyron zu. In Eransac kam eS zwischen Frauen, welche den arbeitenden Bergleuten Essen brachten und Frauen von Ausständigen zu Raufereien. ES wurden mehrere Ausständige verhaftet, weil sie die arbeitswilligen Bergleute am Einfahren hindern wollten. Dänemark. Insclvcrkauf. * Kopenhagen» 15. Oktober. Landsthing. Bei der heutigen ersten Beratung der Abtretung der dänisch-westindischen Inseln erklärte der Minister deS Aeußern Deunyer, an verantwort licher Stelle sei jetzt klar, daß entweder die Inseln abgetreten oder die bisher ichon großen Mittel für die Erhaltung und Entwickelung der Inseln vermehrt werden müssen. Wenn ein glückliches Resultat für die Inseln garantirt werden solle, würden auch die Opfer überaus groß. Falls der LandSthing di« Abtretung nicht bedingungslos verwerf«, wolle er, so lange er Minister sei, die Natifikationssrist verlängern, bi- dir Sache geordnet sei. vorausgesetzt, daß Amerika es wünschte. Der Wortführer der Gegner der Abtretung, GooS, betonte, jetzt gelte die Abstimmung der bedingungslosen Annahme oder Verwerfung. Der Führer der un abhängigen Konservativen Graf Ahlefeldt befürwortete die Abtretung. Nach längerer Beratung teilte der Minister deS Aeußern mtt, er Hobe von der amerikanischen Regierung schriftlich die Zusage erhalten, daß nach der Abtretung den Inseln srei« Wareueinfuhr nach den Bereinigten Staaten gewährt werden solle. Damit ist die erste Lesung der Vorlage erledigt; die zweite erfolgt am 22. Novemb.r. Rußland. Die russische Zensur i» Pole». Aus Petersburg wird der „Tägl. Rundschau" ge schrieben: Wenn man den Pvlen in Preußen etwas schär- Publikum Ihre Kunst, Ihren Gesang und Ihre Seele zeigen? Denn darauf kvmmt es au! Singen Sic heraus, was drinnen ist, und lassen Sic sich den reinen Quell nicht durch Angst und Befangenheit verschütten." So sagte Prvsessvr Hennig zu ihr, nicht einmal, sondert! Dutzende vonMalen,während er ihr dicLieder einstudierte, die sie in der Konkordia singen sollte. Er machte sie aus die Finessen, auf die technische» Kunstgriffe aufmerksam, feilte an ihrem Ansatz, ihrem Vortrag, ihrer Aussprache und gab sich die grüßte Mühe, den Diamant, den er vor sich hatte, von allen dunklen Parten frei, im schönsten, hellsten Licht kunkeln zu lassen. „Wissen Sic, was Gesang ist, Isa?" pflegte Professor Hennig zu ihr zu sagen. „Das Glück, das in der Seele ruht und das die Welt nicht geben kann, die aufgelöste Dissonanz unseres Lebens, der unstillbare Wnnsch, der Hubelruf -er Kunst — das alles formt und bildet der Künstler in seiner Brust zu einem Ton und das ist Gesang! Nichts anderes." Professor Hennig hatte sich gewöhnt, die Ausbildung Isas als eine Ehrensache anzusehcn. Er konnte ja keine Stimme schaffen, wo keine war, aber er wollte zeigen, daß er, wo eine Stimme vorhanden war, wie hier, er daraus machen konnte, was zu erreichen möglich war. Alles das wußte Isa wohl, und da sie auch von Hause aus nicht gerade schüchtern war, so hatte sic eine gewisse Zuversicht. Und sic wäre ganz srei von Furcht gewesen, wenn nur nicht gar so viel für sie auf dem Spiel gestanden hätte. Wenn man sic nun trotz alledem auSpfiff? Was dann? Ihr Vater hätte das nicht überlebt. Ihre Geldmittel waren nahe zu Ende. Was wurde in der Not ans ihr ? Sie mußte ein Engagement haben, und wenn es zunächst auch noch so bescheiden war, denn sic mußte mit ihrem Vater leben, und ihr erstes Auftreten war für solche Aussichten ausschlaggebend. Daran dachten die Leute wohl alle nicht, die zn ihrem Vergnügen, zu ihrer Unterhaltung, aus Uebcrmut und Streitsucht Intrigen gegen sie anzettcltcn und ihr ein Fiasko bereiten wollten. In diesen Neklemmnngen verfiel Isa auf eine Idee, die durch ihre etwas wunderliche und romantische Erziehung wohl erklärlich, im übrigen aber doch sonderbar, wenn nicht abergläubisch erscheinen konnte. Sie glaubte nämlich, wenn sic nur zwei ober drei Granatblüten im Haar trüge, so würden sic diese wie ein symbolischer Legen bet ihrem ersten Auftreten vor Mißgeschick bewahren. Aber woher die Blumen nehmen? In diesem Lande? Und in dieser Jahreszeit? Diese Granatblüten wurden für sie, so sonderbar das erscheinen mag, zur größten Sorge. Wenn Monsieur August dagewesen wäre, so seufzte sie, hätte er sie herbcigcschasft, auch wenn cs keine gab. Aber Monsieur August war in Rußland, und man hatte schon so lange Zeit nichts mehr von ihm gehört. „Fräulein Isa, Sie sollen Ihre Granatblüten haben, und wenn ich sie stehlen müßte", rief Habicht II in edler Hitze aus, als er von der Sache hörte. Tas war zwei Tage vor dem Konzert in der Konkordia gewesen, und richtig, kaum eine Viertelstunde vor ihrer Abfahrt in das Gcscllschaftshaus trat der junge Herr Habicht in Frack und ausgeschnittener Weste, schon in höchster Gala seiner Pründentenwürde, bei ihr ein und überreichte ihr mit einer lächelnden Verbeugung drei zarte, dunkclrote, durchsichtig glänzende Granatblüten, vorsichtig in weißes Scidcnpapier gehüllt, nm sic gegen die ranhe Luft zu schützen, die armen, verschlagenen Kinder des Südens. Ein Jubelschrci klang von den Lippen Isas, ei» Schrei der Ueberraschung und des Entzückens. „Oh, Herr Rechtsanwalt", rief sic in ihrem jugend lichen Enthusiasmus, in ihrer naiven Dankbarkeit, „wie wohl tun Tic meinem Herzen, und wie sehr danke ich Ihnen!" Dabei fiel ein Blick aus ihren Augen, der ihn wie ein Strahl aus dem Paradies berührte. Ihre ganze Seele, kindlich vertrauend und hingehend vor lanter freudiger Dankbarkeit, lag darin. „Jetzt ist sie mein", dachte der junge Habicht, nnd seine Blicke funkelten lebhaft auf. Er brauchte ja nur zuzu- greifen, sie in seine Arme zu schließen und den Bund mit einem Kuß zu besiegeln. Aber bei der ersten Bewegung, die er machte, trat sie rasch zurück, ihr Gesicht verwandelte sich in einem Nu, nnd sic sah ihn so hülsloö, bittend, so furchtsam erschreckt an, als ob sie ein Gespenst gesehen hätte. ES war auch so etwas, was ihr bei seinem Anblick wie ein Blitz dnrchS Hirn gezuckt. Vor ihrem geistigen Auge war plötzlich daS Bild des heiligen Isidor in der Kathedrale von Sevilla er schienen, der auf seinen steinernen Armen daS Schwert Don Jüans de Makiara mit den furchtbaren Worten: „Ich glaube nichts, ich liebe nichts, ich hoffe nichts", trug. „Oh nein, oh nein!" bat sie in einer wahren Seelen» angst, „nicht so!" Er konnte keinen Fuß vorwärts setzen und war bei diesem plötzlichen Wechsel im Ausdruck ihrer schönen, reinen Apgen wie gebannt. Sein Gesicht wurde vor Auf regung bleich, er zitterte wie im Frost. Es ging von ihr etwas Frommes, etwas Heiliges und Rührendes aus. Er sah. daß eS kein Kunststück war, sie zu überrumpeln und zu erobern, und doch konnte er cs nicht. Er brachte cs nicht übers Herz. Nie in seinem Leben war ihm so etwas passiert. Wenige Sekunden später stand sic vor dein Spiegel und steckte sich die Blüten mit einer unnachahmlichen Koketterie nnd Grazie inS Haar. Staunend sah er ihr zu. Wie hübsch daü aussah! Welchen malerischen Takt und Geschmack sie dabei entwickelte, indem sic die kleinen, brennrotcn Punkte in die blauschwarzcn Haarwellen versenkte! „Welcher Esel bin ich soeben gewesen", dachte er dann bet sich, „eine solche Gelegenheit zu verpassen!" Die Sache war ihm offenbar selbst zu überraschend ge wesen. Er hatte den Zauber, der in den kleinen Blüten stak, nicht erkannt, nnd staunte nun dessen Wirkungen an, wie der Bauer das Wunder. Er kam eigentlich erst wieder zur rechten Besinnung, als er mit Isa und deren Vater im Wagen saß nnd nach dem Bcreinshans der Konkordia fuhr. Isa war heiter und freundlich, von einer liebenswürdigen Aufgeräumtheit und mädchenhaften Neugier. Keine Spur von banger Furcht und bleicher Angst. Sie wollte gern wissen, woher er die Granaten habe, er sagte es aber nicht und meinte nur scherzhaft, er habe sic gestohlen, und wenn er deshalb inS Zuchthaus käme, so müsse sie ihn anS Gnade und Barm herzigkeit heiraten. Direktor Cazador, der sich zur Feier des TagcS auch in den Frack geworfen hatte, glaubte zu wissen, woher die Granatblüten stammten. Hatte er doch selbst seinerzeit den Granatstrauch mit vielen Kosten auS Andalusien kommen lassen, ohne freilich damals je Blüten erzielt zu haben. Nun warf er seiner Tochter einen be deutungsvollen Blick zu, den diese aber in ihrer angeregte» Lebhaftigkeit nicht bemerkte. Am Eingang in die Konkordia empfing Professor Hennig seine hübsche Schülerin. „Lassen Sie mal sehen, Isa, lassen Sie sich mal be wundern", sagte der kleine, bewegliche Herr. „Alle Wetter, das ist ja was ganz Aparte». In welchem Atelier ist denn daS erschaffen und erdacht worden?" „Da ist das Atelier, Herr Professor" lachte Isa und hielt ihm ihre zehn Finger unter die Nase. „Sie werden Aufsehen erregen, Tie werden eine neue Mode aufs Tapet bringen und die Leute verrückt machen", fuhr Professor Hennig eifrig fort. „Sic sind's schon", warf der junge Habicht seufzend da zwischen. Da gerade wegen des bevorstehenden Anfanges des Konzertes viele Leute im Vestibül hin- und hergingcn, so machte die kleine Scene einiges Aufsehen. Auch ließ sich der junge Herr Habicht es sehr angelegen sein, durch steife Förmlichkeit und vornehme Behandlung Isas diesem Auf sehen einen gewissen Hintergrund zu geben, wie er cs vielleicht für seine Pflicht als Präsident hielt. Er wollte den Leuten zeigen, was er geleistet und seine Leistung in ein möglichst Helles Licht setzen, indem er Isa wie eine große Dame behandelte. Man schritt an einer kleinen Gruppe von Offizieren vortibcr und wollte gerade in ein Vorzimmer treten, das für gewöhnlich fiir das Direktorium reserviert, heute aber für die ouftretcndcn Solisten hergerichtet war. „Welche Umstände wegen einer Zigeunerin", hörte Habicht plötzlich einen der Offiziere sagen, und als er sich flüchtig umsah, staud er ncbcu Hauptmann Kamenz. „Lächerlich!" meinte ein anderer, und sogar das Wort „unanständig" fiel, nur konnte Habicht II nicht unter scheiden, von wem es gesagt wurde. Sofort schwoll ihm der Kamin. „Was wollten denn diese Knopfritter?" fragte er sich, „konnten sic sich nicht bei ihrer Wahlniederlage be ruhigen?" „Was hier gesellschaftlicher Anstand ist, entscheide ich, Herr Hauptmann", wandte er sich scharf und provozierend an den Hauptmann Kamenz, der ihm gerade zunächst stand. Dieser sah ihn spöttisch lächelnd von oben bis unten an. „Ich bedaure, mich mit Ihnen nicht über gesellschaft lichen Anstand unterhalten zu können, Herr Präsi ¬ dent", sagte er dann verächtlich und abweisend. Sofort nahm der Rechtsanwalt eine peinlich korrekte Haltung an. Das war eine direkte und absichtliche Be leidigung. Der alte Korpsbursche regte sich in ihm und mit vornehmer Lässigkeit und durchaus höflich, als ob es sich um eine Einladung zum Frühschoppen gehandelt hätte, sagte er: ,^Sann darf ich Ihnen meine Zeugen senden, Herr Hauptmann?" „Wann Sie wollen" antwortete ber andere und wandte sich ab. ^Fortsetzung folgt.)
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