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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.10.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021018010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902101801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902101801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-18
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Bezug-»Preis k der HauVtexpedttion oder de« im Stadt- btttrt «ld de» Vororte» errichtet«« >«»- ,««stelle« «bgeholt: vierteljährllch 4.«^ — jwetmoltger täglicher Zu stell««, ix Hau- ä.äO. Lurch di« Poft bezog»« für De«tfchla«d «. Oesterreich vierteljährlich ^l«, für die übrige« Länder laut Zettuug-pret-llst«. NrLaLtiou vad LrpeLitiear Jv-lnmi-gaffe S. Ferusprecher 1L3 usd LL2. FUt«i»vpr»M-«mr r Alfred Hab«, Buchhaudlg., llutLerfitätsstr.«, L. Lisch«, Kathariaeustr. 14, o. Lüatg-pl. 7. HlMvt-Filiale VresLe«: Strehleuer Straß« S. Fernsprecher Amt l Nr. 1718. Haupt-Filiale Lerliu: KSuiggrätzer Straße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. 88S8. Morgen-Ausgabe. MpMer, T agM alt Anzeiger. Amtsblatt des Aömgtiche« Land- und des Aämglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Mates «nd des Molizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Auzeigeu-Preis die 6 gespaltene Petüzeile LS -Sj. R«N«m«« u«t»r de« Redaktion-strich <4 gespalten) 7S vor den FamUimmach- richten (S gespalten) 50 L». Tabellarischer «nd Ztffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr Lö H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der vrorgen-Au-gab«, ohne Postbesürderung ut 66.-, mit Postbesürderung uü 70.—. Annahmeschluß für Auzeize«: Abend-Au-gab«: vormittag» 10 Uhr. Morg»»-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition z« richten. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von T. Pol- in Leipzig. Tonnabeub den 18. Oktober 1902. 98. Jahrgang. Das neue Militar-Peufionsgesetz. 8. Der Entwurf des neuen Militär-PensionsgeseyeS, der dem nächsten Reichstage zur Genehmigung vorgelegt werden soll, wird siir die zu verabschiedenden Offiziere eine längst ersehnte Verbesserung ihrer ökonomischen Lage bringen. Während bisher die Pension nach vollendeter zehnjähriger Dienstzeit oder nach kürzerer Dienstzeit bei vorliegender Dienstbeschädtguna mit dem geringsten Satze von fünfzehn Sechzigsteln des Diensteinkommens einseyte, um jährlich um ein weiteres Sechzigstel zu steigen, so daß nach vierzig Dienstjahren der Hüchstbctrag der Pension mit drei Vierteln des Diensteinkommens erreicht war, tritt nach dem neuen Gesetz ein anderer BerechmrngSmodns in Kraft. In Zukunft wird darnach die geringste Pension die Hälfte des pensionsfähigen Diensteinkommens betragen und dann alljährlich um ein Hundertstel steigen, so daß der Höchstbetrag der Pension bereits nach einer Gesamtdienst- zett von 85 Jahren erreicht wird. Diese verbesserten Pensionsverhältnisse werden auch einen gleichmäßigeren Kluß in den Verabschiedultgen und den sich daraus er gebenden Beförderungen und Stellcnbesetzungen ergeben, so daß nicht nur die Pensionierten, sondern auch bas stehende Heer einen erheblichen Vorteil von dem neuen Gesetze haben werden, das am 1. April 1903 in Wirksamkeit treten soll. Die Vorteile dieses Gesetzes, für dessen Durchführung der Reichstag eine Höherdotierung des Militär-Pensions fonds xoird vornehmen müssen, werden sich aber nicht auf alle die pensionierten Offiziere erstrecken, welche vor dem 1. April 1903 aus dem Heere ausgeschieden sind. Mancher hat dieses Ausscheiden schon in den letzten Jahren nach Möglichkeit zu verzögern versucht, um in den Genuß einer höheren Pension zu kommen, und immer war wieder aus einer Erhöhung nicht- geworden, worauf aber der blaue Brief weiter keine Rücksicht nahm. Nun soll dem neuen Gesetze abermals keine rückwirkende Kraft bcigclcgt werden, so daß nahezu alle Keldoffiziere, die unter Kaiser Wilhelm I. und seinen Paladinen den Feldzug 1870/71 mitgekämpft und die Milliarden mit nach Hause gebracht haben, bei der Erhöhung leer ausgehen. Diese ulten Offiziere sollten nicht erst aus «inen Reichsboten an gewiesen s«in, der die bedauerliche Lücke in dem Gefey- entwuNe auszufüllen beantragt; ihr Vertreter muß unter allen Umständen die Regierung sein, und so wird sich das preußische Kriegsministerium sicherlich dazu bereit finden lassen, eine bezügliche Ergänzung dem Entwürfe htnzu- zusügen. In diesem Sinne soll auch eine Anzahl von verabschiedeten Offizieren in Dresden, unter denen alle Dienstgrade, vom General bis zum Leutnant, vertreten sind, vorstellig geworden sein. Hoffentlich haben sic damit Erfolg und die übrigen inaktiven Offiziere können sich dann bei ihnen bedanken. Allerdings sucht man dieses Vorgehen der Dresdner Offiziere als etwas bisher im Heere noch nicht Dagcwcsencs hinzustellen. Stu«, mag die Korm auch neu sein und von dem Wege des alther- kömmlichcn Zopfes abgewichen sein, so steht doch außer jedem Zweifel, -aß jene Männer nicht nur Recht haben, sondern auch im Rechte sind. Jeder mit Ehren ausge- schiedene Offizier kann sich zu f^der Zett im Jmmcdiat. wege mit einem Gesuch, einer Bitte oder einem Anliegen an seinen Landesherrn wenden; da ist eS denn nicht ab zusehen, warum er nicht ebensogut ein unmittelbares Gesuch an irgend eine hohe Behörde oder den Reichstag richten soll. Wo jeder Mensch seine soziale Lage mit gesetz lichen Mitteln zu verbessern bestrebt ist, kann man dies einer bestimmten Klasse von Untertanen unmöglich ver übeln. Zudem werden sich die Herren in Dresden, denen alle Vorschriften und Bestimmungen hinlänglich be kannt sind, ganz genau überlegt haben, was sie tun und lassen müssen. Wir zweifeln keinen Augenblick daran, daß die zuständigen Faktoren dem Ersuchen mit dem grüßten Wohlwollen entgegenkommen werden; aber das Wohlwollen allein nützt nichts, wenn damit nicht be gründete Aussicht auf einen vollen Erfolg verbunden ist. Die Verpflichtung, auch diese alten Feldoffiziere an den Wohltaten des neuen Mtlttär-Pensionsg,esetzes tetlnehmen zu lassen, wird kaum von der Hand zzr weisen sein, und selbst die augenblicklichen ungünstigen finanziellen Ver hältnisse vermögen an dieser Verpflichtung nicht das Mindeste zu ändern. Auf welche Weife die wenigen Millio. nen, um die eS sich auf einige Jahre handelt, bis die Alten zur groben Armee abmarschicrt sind, aufzubringen sein werden, ist hier nicht zu erörtern; wenn -aS Deutsche Reich aber eine große Schlachtflotte sich bauen kann, so soll es auch -er alten Offiziere des Landheeres und der Marine nicht vergessen, die mit ihrem Blute und ihrer Gesundheit zu seiner Aufrichtung mit das Meiste betgetragen haben. Die Nationalliberalen und die Linksliberaleu. Im linkslibevalen Lager ist es mit Genugtuung be grüßt worden, daß der nationalliberalc Delegiertentag eine Resolution angenommen hat, in welcher der liberale Grundcharakter der nationalliberalen Partei betont und -ie Erwartung ausgesprochen wird, die Vertreter der Partei in den Parlamenten würden diesen Standpunkt entschieden zum Ausdrucke bringen. Bon linksliberaler Seite hat man hieran Hoffnungen auf eine Aenderung des Verhältnisses der Nattonalltberalen zu den Linkö- libcralcn gegründet, macht aber bezeichnenderweise diese Aenderung lediglich von der Haltung der National liberalen abhängig. Eine solche «inseitige Auffassung auf jener Seite wird nicht überraschen. Aber gerade, weil diese linksliberale Einseitigkeit, die es für selbstverständlich hält, daß -er LinkSliberaltsmus seinerseits in nichts seine Haltung ändert, al- typisch angesehen werden darf, kann von vornherein angenommen werden, daß die Be ziehungen zwischen -en Nationallibevalen und den Links liberalen im ganzen dieselben bleiben wie bisher. Die Stellungnahme der Linksliberaleu zu den wichtigsten konkreten Aufgaben und zu den wichtigsten prinzipiellen Fragen -er Politik macht wenigstens für die Reichs- politik eine Aenderung in den Beziehungen zwischen Nationallibcralen und Linksltbcralen so gut wie un möglich. Denkt man vor allem an den Zolltarif, so zeigt der Verlauf des nationallibcralen Dclcgtertentages, welche Kluft in Bezug auf ihn zwischen den Nationalliberalen und den Linksliberaleu besteht. Während die National liberalen mit verschwindenden Ausirahmen für einen ver stärkten Schutz d«r Landwirtschaft sich ausgesprochen un demgemäß ihre Zustimmung zu dem Tartfentwurfe der Regierungen erklärt haben, bekämpft dcrLinksliberaliSmus die Regierungsvorlage ganz nach sozialdemokratischem Muster als „Wuchcrtarif. Eine andere brennende poli tische Tagcsfragc, die Fleischteuerung, wird von den Linksliberalen ebenfalls ganz nach sozialdemo kratischem Muster behandelt. Das bezeugt nicht nur die Erörterung dieser Frage in der linksltbcralen Presse, sondern auch das Wettrennen mit -er Sozialdemokratie im Punkte Les Einbringens einer „Fleischnot"-Jnter- pcllation. Nachdem eine Reihe von Regierungen die amt liche Untersuchung -er Kletschfrage angeordnet hat, dient eine Interpellation über die „Fleischnot" im gegen wärtigen Augenblicke lediglich der Befriedigung eines Agitationsbedürfnisses, das die Nähe der Neuwahlen be sonders dringlich empfinden ließ. Bon den wichtigsten prinzipiellen Fragen der Politik standen in den letzten Tagen gerade die ausschlaggebenden auf -er Tagesordnung der „Freisinnigen Zeitung". In langen Erörterungen hat das Organ des Herrn Richter mit den alten Gründen das Recht des deutschen Volkes, betreffs der Kolonialpolitik müde zu sein, ver teidigt. Was hilft es, wenn ein anderes volkspartcilichcs Blatt über „das bißchen" Handel zwischen Deutschland und seinen Kolonien wesentlich richtigere Anschauungen als die „Freisinnige Zeiturig" vertritt? Im Reichstage übt diese volksparteiliche Stimme keinen Einfluß auf die Abstimmung der linksliberalen Volksvertreter. Soweit aber unter dem Häuflein der freisinnigen Vereinigung in Fragen der Kolonialpolitik und der Ausgestaltung unserer Wehrkraft zu Wasser und zu Lande der natio nale Gesichtspunkt zum Durchbruche gelangt, besteht die Wirkung hiervon auf die übrige bürgerliche Demokratie lediglich in der noch schrofferen Betonung des ablehnenden Standpunktes. Gerade setzt schwelgte die „Freisinnige Zeitung" wieder im Auskramen der längst bekannten Ein- wände gegen die Flottcnverstärkung und Verwandtes, wo bei natürlich der übliche Hinweis auf die Größe der Steuerlast und auf die Geringfügigkeit -er für die Kultur ausgaben der Civilverwaltung bleibenden Mittel nicht fehlte. Es bleibt eben im Linksliberalismus bezüglich der wichtigsten politischen Aufgaben und Fragen praktisch alles beim alten. Und darum wird auch das Verhältnis zwischen Nationalliberalen und Linksliberalen das alte bleiben. In den E i n z e l st a a t e n hat es bisher schon hier und da etwas anders ausgcsehen; möglich, daß der eingangs erwähnte Beschluß des nationallibcralen Dele- qiertentages für die Verhältnisse in Bauern, Mecklen burg u. s. w. einige Wirkung ausübt. Dort haben sich aber auch die Freisinnigen von ihren preußischen Parteigenossen nichl selten vorteilhaft unterschieden. Deutsches Reich. Berlin, 17. Oktober. (Die christlichen Bauern vereine und die Politik.) Auf der letzten Versammlung deS Westfälischen Bauern-Verein« hat der Vorsitzende vr. Graf von LandSberg-Velen sich sehr energisch dagegen ausgesprochen, daß die Bauernvereine sich mit Politik be fassen. In den Kreisen des Bayerischen Bauernvereins gibt man dieser Auffassung nur bedingt Reckt: man will zwar den Westfalen den Verzicht auf politische Betätigung lassen, sür die Bayern aber nimmt man daö Gegenteil mit großem Nachdrucke in Ausdruck. Ein Vertreter dieses Standpunkte« beruft sich zum Beweise sür dessen Nichtigkeit auf das Wochenblatt der christlichen Bauernvereine sür Schwaben, Mittelsranken und daS nördliche Oberbayern, betitelt „Der Bauer". Die Probe, die auS dem „Bauern" angeführt wird, um zu ver anschaulichen, wie eifrig die bayerischen Bauernvereinler sich politisch betätigen, ist auch nach anderer Richtung charakte ristisch genug, um beachtet zu werden. Betrifft doch die fragliche Auslassung deS „Bauern" den bevorstehenden Parteitag des bayerischen CentrumS. Daran an knüpfend, schreibt der „Bauer": „DaS sogenannte bayerische Zentrum bilde« die 83 Abgeordneten. Bon diesen sind aber so ziemlich 80 von un« durch den Bauernverein gewählt worden. Der Unsereiner (sic!) muß endlich daran erinnern, weil manche Leut' und ganz besonder« Zeitungs schreiber die» nicht wissen oder vergessen baden. Am 27. Ok tober ist unsere Generalversammlung in Eichstädt ... UnS geniert nicht mehr der Raupenhelm (?) und der General« Hut. Der bayerische Bauernstand ist zu gut, baß er sür andere Leut« die Kastanien auS dem Feuer holt. Tempi passati. Erledigte Sachen wärmt mau bei der Generalversammlung nicht auf. Wir ver langen aber Aufklärungen: Wie stebt eS mit dem Zoll? Wird eS was oder nichts? . . Offen muß e» aus gesprochen werden, warum, wenn e» nicht» wird! DaS ist die brennende Frage. Um die andern Fragen kümmern wir un« weniger."-Wie man sieht, bat der „Bauer' e» nicht an Andeutungen dafür fehlen lassen, daß ihm die hochpolitischen Fragen, die vermutlich auf dem Parteitage de» bayerischen Zentrums dominieren sollen, wie z. B. da« Teleg ramm des Kaisers an den Prinz-Regenten vom August d. I., im Vergleiche mit dem Zolltarif gleichgültig sind. Um so mehr werden die Bauernvereinler der bayerischen ZentrumSfraktion wegen deS Zolltarife« einbeizen. Der Hinweis auf die Rolle, welche die bayerischen Bauern sür die Wahl von Zentrums abgeordneten spielen, wird ohne Zweifel die Zentrumsbayern des NeickStages aus- neue für die überspannten agrarischen Forderungen der ReichötagSkommission sckarf machen. AuS diesem Grunde darf man dem Verlaufe der Eichstädter Generalversammlung der christlichen Bauernvereine mit ge steigertem Interesse entgegensehen. * Berlin, 17. Oktober. (Zur Bersicherungöpflicht der Frauen von Unterbeamten.) Durch Beschluß vom 25. Januar dieses Jahre» hat daS Reichsversicherungsamt, Abteilung für Invalidenversicherung, die Frauen zweier Sckuldiener und eines städtischen BotenmeisterS für versicherungSpflichtig erklärt, da sie, wenn auch ohne unmittelbare Verabredung, so doch mit Wissen des nächsten Dicnstvorgesetzten sich als HülfSkräste der Männer erheblich an der Reinigung und Heizung der zu versorgenden Dieasträume beteiligen. - Nack dieser Ent scheidung bat nun eine Landesversicherungsanstalt sckon die Frage aufgeworfen, ob nicht auch die Frauen der GerichtS- diener unv Gefangenenaufseher wegen ihrer Beteiligung an der Zubereitung der Speisen für die Gefangenen ent sprechend der Versicherungspflicht unterliegen. Ob die Be kanntmachung des BundeSratS vom 27. Dezember 1899 über die Befreiung vorübergehender Dienstleistungen von der Versicherungspflicht auf eine solche Tätigkeit Anwendung finden dürfte, ist zunächst noch sehr zweifelhaft. Bel der bedeutenden Anzahl der im Dienste der Justizverwaltung siebenden Gerichtsdiener, Vie zugleich Kastellane sind, und der Gefangenenaufseher müßte aber die Bejahung der Frage sür diese Behörde im Hinblick aus die Frauen oder sonstigen als HülfSkräste mehr oder weniger mittätigen Familienangehörigen dieser Unterbeamten von nicht ganz geringer Tragweite sein. Dem Vernehmen nach ist gegenwärtig eine Ermitt lung der voraussichtlich dem JustizsiokuS erwachsenden Aus gaben nach Bezirken eingeleitet, allerdings neben der allge mein erforderlichen Begutachtung der Vorfrage. Es scheint doch, als ob der Geldwert jener Hülfeleistungen, al« Anteil an der im ganzen dafür vom Staate ausgeworsenen, doch nur mäßigen Entschädigung gedacht, niemals zum Lebens unterhalt auSreichen und zu den zu zahlenden Ver sicherungsbeiträgen nicht im entsprechenden Verhältnisse stehen könne. (Köln. Zig.) F-ttilletsn. ZUM 400 jährigen Jubiläum -er Universität Wittenberg. (Gegründet den 18. Oktober 1502.) In diesen Tagen begeht unsere Nachbaruniversität Halle das 400jährige Jubiläum deS älteren ZwetgeS der ver einigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg, der ehe maligen Universität Wittenberg. Die offizielle Feier mit Festakt in der Aula, Einweihung deS neuen Aubitorien- gebäudcS, Festzuq u. s. w., wird unter Beteiligung seitens des preußischen Kultusministers und der Behörden zwar erst am 1. November stattfindcn, wenn das Semester voll im Gange tkt, — der Tag der Gründung der alten Uni versität Wittenberg aber ist der 18. Oktober. Die Gründung dieser Universität war eine der wichtigsten und folgenreichsten Ncgcntcnhandlnngcn in der an Segens spuren so reichen Regierung des sächsischen Kurfürsten Friedrichs des Wessen. Wie die Gründung der Universität Halle — mit der unter preußischem Regiment im Jahre 1815 Wittenberg vereinigt wurde — einst von Leipzig aus erfolgte, indem die Auswanderung deS Rechtsgelehrte» Christian Thomasius ans Leipzig nach Halle für König Friedrich I. im Jahre 1694 die nächste Veranlassung wurde, dort eine Universität ins Leben zu rufen, so ging auch unter anderem vvn persönlichen Mißhclligkeiten Leipziger Gelehrter einst der erste Anstoß aus zur Gründung der Universität Wittenberg. Der gelehrte kursürstlichc Leibarzt Martin PvllichinS vvn Mcllcrstedt war mit dem Leipziger Professor der Medizin Johann Pistoris über eine medi zinische Frage in einen Federkrieg geraten, in dem beide zu gegenseitigem großen Haß entbrannten. PistoriS ver ließ Leipzig, wandte sich nach Frankfurt a. d. O. und ge wann den Kurfürsten von Brandenburg für die Errichtung einer Universität daselbst (sic wurde später, 1811, nach BreSlau verlegt). Das mag mit für Polltch von Meller siebt (oder Mclrichstabt) Veranlassung geworben sein — damit er auch die autoritative Stellung eine» Universitäts rektors in die Wagschalc werfen konnte — den Kurfürsten zu bewegen, daß er in Wittenberg eine Universität gründete, deren erster Rektor Pollich — übrigens ein wirk lich ausgezeichneter Gelehrter — wurde. Bei dem Kur fürsten fand Pollich mit seiner Idee vollstes Interesse, da dieser mit treuer Fürsorge für sein Land aufrichtige Liebe zur Wissenschaft verband. Wittenberg war damals eine dürftige, schlicht gebaute, etwa 3000 Einwohner zählende Stadt. So sollte auch nicht äußerem Prunk und lustigem Leben, sondern nur ihre wissenschaftlichen Kräfte die neue Universität ihre Anziehungskraft verdanken. Darum scheute der Kurfürst für seine Universität, die er „seine Tochter" nannte, kcine Mühe und keine Kosten, um aus gezeichnete Lehrer für sie zu gewinnen. Durch die Berufung Luthers und MclanchthonS wurde er dann, ohne eS zu wisse», der Schöpfer der Hochschule der Reformation. Bon Lieser Hochschule sagte später mit Recht bei der Feier ihres 300jährigen Jubiläums, 1802, O. Wachler-Marburg: „Die Stiftungsfeier der Universität Wittenberg ist ein all gemeines Fest für alle Verehrer der Kultur und Humanität. Unsterbliche deutsche Männer zu Wittenberg haben im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts eine Saat ausgestreut, welche schon langst zur Frucht gereift ist, deren Genuß die kultivierten Menschen aller Parteien und aller Stände zur pflichtmäßigen Dankbarkeit aufforderte. — Viele tausend junge, zu religiösen Bolkserziehern ge bildete Männer gingen von Wittenberg in alle Weltgegen den au«, verkündigten Wahrheit, «eckten die schlummernde Vernunft, erleuchteten die von barbarischer Finsternis be deckten Gegenden, erwärmten da« unter der Last schola- sttscher Formeln und kirchlicher Prunkgebräuche fast er storbene sittliche Gefühl und halfen so da« von Luther und seinen Freunden begonnene Werk vollenden." Es ist die weltgeschichtliche Bedeutung der Universität Witten berg, auf dte so vor hundert Jahren mit Recht hingewiesen wurde. Dem Kurfürsten selbst lag jeder Gebanke an irgend eine Umgestaltung de« bestehenden KtrchenwesenS fern. Selbst sür dte humanistische Richtung, die er allerdings be- günftigte, nm seine Universität dadurch in Blüte zu bringen, hat er keineswegs Partei genommen. Von eminenter Be deutung aber für die spätere Richtung der Universität war eS, daß der Kursttrst die Fürsorge für dte Theologie an -er Universität dem von ihm persönlich hochgeschätzten Staupttz anvertraute; Pollich von Mellerstedt und Staupiy haben ihr« Kräfte besonder» der Stistung der Universität gewidmet, in deren Dienst Staupttz selbst als erster Dekan der theologischen Fakultät trat. Am 18. Oktober 1502 ward dte Universität feierlich eröffnet. Im Schlosse hielt der ?06tL laureatus Busch eine glänzende Rede, dann bewegte sich der Festzug nach der Ltadtkirche, wo eine Messe ab gehalten wurde und Nikolaus Schreytcr von Coburg die Erüffnungsprcdigt hielt. Hierauf wurde Pollich von Mellerstadt zum ersten Rektor und Goswin von Orsoy, Prediger an der Kapelle -cs heiligen Antonius zu Lichten burg, zum ersten Kanzler erwählt. Die Wahl des Rektors erfolgte später durch Stimmenmehrheit, zuerst im vollen akademischen Rate, dann in der Sakristei der Schloßkirche. In dieser Kirche vor dem Altar erfolgte dann auch in feier licher Weise die Amtsniederlegung des alten und der Amts antritt -cs neuen Rektors. Es kam auch vor, daß aus hohen fürstlichen Personen, die an der Universität stu dierten, ein Rektor gewählt wurde; dann führte ein Pro rektor die Geschäfte deS Rektorats. So war 1519 ein verzog von Pommern Rektor, 1503 und 1501 ebenfalls zwei Herzöge von Pommern, 1558 Adolph, Graf von Nassau, 1001 August, ein Sohn des Kurfürsten Christian I. Beim Rektoratswechsel übergab der alte Rektor dem neuen die akademischen Insignien: zwei silberne Sceptcr, das Sta- tutenbuch, bas akademische Siegel, die Schlüssel und den Purpurmantel. Auf dem Siegel der Akademie war das Brustbild Friedrichs des Weisen mit dem Kurschwert und der Umschrift: ^uspico mv oovpit Vitedsrga cioesro iuntcr meiner Regierung begann Wittenberg, zu lehren). Später wollte man gern zu ckoovrv das Wort Okristum ergänzen, so daß der VcrS entstand: ^uspics wo Okrisinm coopit Vitsberga ckocerv. Christum lehren! Das ist'S was die alte sächsische Uni versitätsstadt so berühmt gemacht hat in aller Welt. Wir haben schon darauf hingewiesen, von welch großer Be deutung für die Entwicklung Wittenbergs cs gewesen ist, daß der Kurfürst den Gcncralvtkar des Augustiner-Ordens, 7). Staupttz, bet -er Gründung mit berief. Freilich war diesem eine fortgesetzte regelmäßige Wirksamkeit an der Universität schon durch dte vielen von seinen Ordens geschäften bedingten Reisen nicht möglich. Aber gerade als OrdcnSvikar suchte er den theologischen Bedürfnissen der Universität zu dienen, — diese durch tüchtige Leute des Ordens zu fördern, und auch umgekehrt, dem Orden zu dienen, indem immer mehr Mönche als Studenten bei der Universität eintraten und akademische Grade erwarben. Die Augustiner hatten schon vorher eine Ordcusnic-er- lasiung iu Wittenberg, von der man indessen nur sehr wenig hört. Ber der Gründung der Universität ließ Friedrich der Weise die Kapelle zum heiligen Geist nebst dem dazu gehörigen Hospital wegreißcn und an deren Stelle ein Augustincrkloster bauen, — das Hintergebäude des späteren Augustcums. In diesem Kloster wohnte Staupttz, wohnten die Augustiner, wohnte Luther. Die Augustiner verließe« es beim Fortgänge der Reformation; Luther und der Professor Rcißigcr waren die letzten, die noch im Kloster blieben. Als eS leer stand, schenkte cs der Kurfürst Johann Friedrich mit allen Nutzungen Luther im Jahre 1520. Nach Luthers Tod beschloß der Kurfürst August, es zu Wohnungen für die Nutznießer der von ihm gestifteten Stipendien cinrichtcn zn lassen. Er schenkte daher 1564 der Universität 3000 Gulden zum Ankauf des Gebäudes; die Universität erstand cs um 3700 Gulden von Luthers Erben; so wurde aus dem Kloster ein öffentliches akademisches Gebäude. Luther nahm übrigens nicht etwa von Anfang an die hervorragende Stellung in Wittenberg ein. 1507 war der hoch angesehene Trntvcttcr aus Erfurt auf eiueu theologischen Lehrstuhl nach Wittenberg berufen worden. Als aber Staupttz im Anfang des Winters 1508 bis 1509 zmn zweiten Male das Amt eines Dekans der theologischen Fakultät bekleidete, wurde Lutycr — ihm selbst ganz unerwartet — nach Wittenberg berufen. Er war zunächst nur philosophischer Magister, besaß noch keinen der für einen theologischen Dozenten nötigen Grade und hatte nur über philosophische Wissenschaften vorzutragcu. AlS er die ersten theologischen Grade eines Bacc.ilaureuS und Scntcntiarius erlangt, wurde er zunächst noch einmal nach Erfurt zurttckdcrufcn. 1510 folgte Trntvcttcr von Wittenberg weg wieder einem Rufe nach Erfurt, und als Luther jetzt nach Wittenberg zurückkchrte, war seine Stellung von vornherein eine andere: kein bejahrter Theologe berühmten Namens stand dort mehr vor ihm. Noch einmal verließ er Wittenberg, um im Auftrage seines Ordens nach Rom zu reisen. Als er wieder nach Witten berg zurückkam, begann er seine eigentliche Laufbahn als theologischer Lehrer. Er selbst hätte am liebsten die Uni versität verlassen und sich ganz in seinen Orden vergraben, - aber wieder war es Ltaupitz, der darauf drang, daß er die weiteren akademische» Grade erwarb. Auch der Kur fürst, der auf Luther besonders durch «ine Predigt des selben aufmerksam geworden war, erwies ihm hier zum erste» Male persönliche Teilnahme: er erbot sich, die Kosten der Promotion für ihn zu bestreiten. Luther sträubte sich lauge, obwohl er noch nicht wußte, wohin ihn das Be treten dieser Lausbahn dereinst führen würde. Später äußerte er unter dem Druck der Lasten so vieler Kämpfe;
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