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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030905011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903090501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903090501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-05
- Monat1903-09
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Dem Kaiser. * Kaiser Wilhelm II. hat in den letzten Tagen deS ver flossenen Monats in Kassel Gelegenheit genommen, auf die auf seinen Schüllern liegende, von Tag zu Tag wachsende Bürde hinzuweisen uad der Ueberzeugunz Ausdruck zu geben, daß selbst die Männer, die ihn auf seinen hohen Beruf vor bereitet, sich nicht darüber klar sein könnten, „welche ungeheure Arbeitslast und welche niederdrückende Verantwortlichkeit dem jenigen aufgebürdet ist, der für K8 Millionen Deutsch« ver antwortlich ist". Das sollte keine Klag« sein, denn die Worte seiner hohen Vorfahren: „Ich habe keine Zeit, müde zu fein", und „Lerne leiden, ohne zu klagen" sind tief in unseres Kaisers Herz eingeschrieben uad nichts würde seiner taten- und arbeitrfrohen Natur mehr wider sprechen, als eine Klage über die Fülle und Schwere der ihm auserlegten Pflichten. Nicht» sollte es sein, als die einfache Feststellung einer Tatsache, die noch viel zu wenig gekannt und gewürdigt wird in den deutschen Landen. Tatsächlich übersteigt es fast die äußersten Grenzen mensch licher Leistungsfähigkeit, was Kaiser Wilhelm II. von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Jahr zu Jahr zu über schauen, zu verfolgen, zu entscheiden, an,uregen und anzu ordnen sich gezwungen sieht. Kein Ereignis von möglicher weise weiter tragender Bedeutung auf dem weiten Erden rund« darf ihm entgehen, und in dem Reiche, dessen Kaiser krone sei« Haupt ziert und drückt, bleibt kein beachtenswerter Vorgang auf irgend welchem Gebiete menschlicher Tätigkeit ihm fremd und ohne Einfluß auf sein Handeln. Wohl hört man zuweilen sagen, er selbst könne die aus ihm ruhende Bürde erleichtern, wenn er seinen berufenen Räten mehr überlaste; die Stetigkeit und die Sachlichkeit der Entscheidungen würden darunter nicht leiden. Letzteres mag richtig sein, aber e« ändert nicht« an der Tatsache, daß unsre» Kaisers Pflicht- und BerantwortlichkeitSbewußtsein viel zu stark entwickelt und ausgeprägt ist, al« daß «S ihm ge stattete, auch nur dann aus Andere sich zu verlassen, wenn dies ohne Gefahr geschehen könnte. Kaum bei einer großen historischen Persönlichkeit war diese» Pflicht- und Berant- wortlichkeitSgesllhl so hoch gesteigert; eö wirkt in solcher Weise in wenigen der Mitlebenden. Dessen uns bewußt zu werden, ist unsere Pflicht heute, da Kaiser Wilhelm Leipzig mit seinem Besuche beehrt und erfreut. Es ist ein militärisches Ereignis, da» ihn zu uns führt. Schon seit einer Reihe von Tagen ist er bemüht, scharfen und geübten Blickes zu prüfen, ob das deutsche Schwert so scharf und blank sei, so tadellos und schneidig geführt werde, daß eS als sicherer Schutz vor jedem äußeren Feinde, al» vertrauenerweckender Schirm aller Werke de- Friedens dienen könne. Dafür gebührt ihm der innige Dank Aller, die ein deutsches Herz in der Brust tragen, nicht zum wenigsten der Dank Leipzigs, da» trotz seiner sozialdemokratischen Vertretung im Reichstag noch eine der deutschesten Städte zu sein sich rühmt. Aber nicht allein des Besuches des obersten Kriegsherrn werden wir teilhaftig, sondern des Kaiser», besten unermüdliche Sorge sich auf alle« erstreckt, was das Blühen und Gedeihen d«S Reiche» und seiner Glieder in materieller und geistiger Hinsicht be einflußt, der sich nicht Ruhe und Rast gönn», alles zu über wachen und zu fördern, was nach seiner tiefsten Ueberzeugunz vorwärts und aufwärts führt zu erstrebenswerten Zielen. Wie er sich in Kastel selbst gezeichnet, überlastet mit Pflichten und Verantwortlichkeit, aber starken und stolzen Willen» diese Bürde tragend und selbst vermehrend: so tragen wir ihn im dankerfüllten Herzen, „das", jubeln wir ihm zu, „ist er, daS ist sein eigen", und vieltausendstimmig erschallt ihm unser .H-il'l Und nicht nur als deutsch« Stadt empfängt ihn heute dank- und freuderfüllt Leipzig, sondern auch al« zweite Stadt unseres engeren sächsischen Vaterlandes. Unvergessen ist auch hier sein Besuch im März dieses Jahres in der Residenz König Georgs und sein damals gesprochenes Wort, daß er di« tiefste, innigste Zuneigung, di, er einst, dankbar für die Für sorge, die er in seinem jungen Leben von ihm erfahren, zu König Albert gefaßt habe, nunmehr auf seinen erhabenen Bruder übertrage. „DerWettinerFreudundLeid istauch der Hohenzollern Freud und Leid". Und wie der Wettiner Freud und Leid auch Leipzig« Freud und Leid ist, so fühlt sich Leipzigs Bürgerschaft ihrem kaiserlichen Gaste heule doppelt innig verbunden durch gleich treue Hingabe an SachsenS Herrscherhaus, dessen ehrwürdiges Haupt, kaum wieder erhoben von schweren Schicksalsschlägen, neben dem männlich kräftigen Kaiser Wilhelms erscheint. König Georg, der diesen auch in Leipzig al« seinen Gast betrachtet, auf den in erster Linie die Kundgebungen der Bevölkerung sich zu richten haben, wird durch nicht« mehr erfreut, als wenn seine Lanbeekuider seinem kaiserlichen Freunde ihren brausenden Lank abstatten sür seine Liebe zum Hause der Wettiner und wenn in diesen Dank der andere sür alles sich mischt, was Deutschlands Kaiser in höchstem Pflicht- und Verantwort- lichkeitSgesühle für de« Reiche» Sicherheit, für all seiner Glieder materielle und geistige Wohlfahrt unermüdlich sinnt, wirkt und schafft. In den brausenden Dank doppelter Art mische sich aber auch ein fester Entschluß. Kaiser Wilhelm« glorreiches Vor bild an rastloser Sorge sür des Reiche« Wohl hat nicht allen Leipzigern vorgeleuchtet, als sie im Juni an die Wahl urne gerufen wurden. Das Wahlergebnis wäre sonst ein andere« gewesen, erfreulicher sür da« Reichsoberhaupt und seinen hohen Verbündeten. Ist da« einer Stadt würdig, die so zum Empfang« beider sich anschickt? So sei denn jeder Ruf, der dem Kaiser und dem König Georg «ntgegenschallt, zu gleich ein Gelöbnis, nicht nur an späteren EntscheibungStagen, sondern auch täglich und stündlich in treuer Arbeit aufzublicken zu der höchsten Stelle im Reiche und ihrem rastlosen Wirken und Schaffen zu deS Reiches Wobl und Ehre. ES wird ja vom deutschen Reichsbürger ebensowenig verlangt, wie von den deutschen Fürsten, daß sie in jeder politischen Frage der An regung folgen, die von dem führenden Staate und ihrem Oberhaupt« ausgeht. Die Pflicht fordert vielmehr, daß BundeSfürstrn wie Reichsbürger selbst prüfen und nach ihrer Einsicht ihr Urteil abgeben, wo ein solche» ihnen zusteht. Aber wer den Namen eines Deutschen verdienen und ein Recht darauf haben will, ohne Scham vor seinem Kaiser und seinem König zu erscheinen, hat die Pflicht der ernstesten Prüfung, ob seine Laubeit oder sein aus BerstimmungSgründen gewählter Wahlzettel dem Reiche und seiner Entwickelung Schwierigkeiten bereiten helfen und die Bürden uad Sorgen mehren, die da« Oberhaupt de« Reiches bedrücken. Diesem fehlt eS bei seinen Fahrten durch Deutschland» Gauen an Ovationen nicht; oft aber mag er umwölkten Auge« sich fragen, ob solchen Kund gebungen de«Augenblicke« auch die Taten folgen werden, di« ihnen erst den rechten Wert verleiht. Im Namen der national gesinnten Bürgerschaft Leipzigs glauben wir ver sichern zu dürfen, daß der Will« zur nationalen Tat herauS- kling« au» jedem der Rufe: Heil unsrem Kaiser! Deutsches Reich. o. II. Berlin, 4. September. tDie hygienische Beaufsichtigung der Schulbauten.) Daß die Schulbauten in Preußen in hygienischer Beziehung noch viel zu wünschen übrig lassen, ist bekannt. Es ist deshalb von allen Schulmännern, Soztalpoltttkern usw. mit Freude begrüßt worden, daß 8 VS der Dienstanweisung für Kreisärzte diesen eine hygienische Prüfung der Bauplätze bet Neubauten oder größeren Umbauten von Schulen zur Pflicht machte. Da aber nach den im Mini sterium etngelausenen Berichten dieser Verpflichtung nicht überall nachgekommen worden ist, so haben verschiedene Negierungen Veranlassung genommen, Lurch ent sprechende Verfügungen auf die Prüfungen mit Nachdruck hinzuweisen. Betreffs der allaemeiuen baulichen Verhält nisse, besonders auch der Heizung und der Ventilation in den bestehenden Schulhäusern haben die erfolgten Besich tigungen durch die Kreisärzte mannigfache Mängel auf gedeckt, deren Beseitigung angestrebt und zum Teil auch erreicht wurde. Mangelhafte Trennung der Schulrämne von den Lehrerwohnungen l>at wiederholt zu Mißständen geführt, indem beim Auftreten ansteckender Krankheiten in der Familie des Lehrers wegen ungenügender Abson derung der Erkrankten und der dadurch herbeigcführten Gefahr der Uebertragung auf die Schulkinder die Schulen geschloffen werden mußten. Aur Beseitigung und Vor beugung dieser nicht unerheblichen Schädigung deS Schul unterrichts wurde bei der Prüfung neuer Projekte stets mit Nachdruck darauf gedrungen, jede Verbindungstllr zwischen Schule und Lehrcrwohnung zu beseitigen. Die Reinigung der Schulräume, namentlich auf dem Lande, läßt noch vielfach zu wünschen übrig, da die Schulgemein den aus Sparsamkeit die Schulzimmer nicht häufig genug feucht aufwischen und mit Seife und Wasser gründlich scheuern ließen. Entsprccherrde Maßregeln zur Beseiti gung dieses Uebelstandcs sind ergriffen. Die neuerbauten Schulhäuser werden jetzt nicht nur in den größeren Städten, sondern auch schon öfter auf dem Lande mit Ein richtungen zu Brausebädern versehen, die es gestatten, auch in ungünstiger Jahreszeit den Kindern die Wohltat eines RetnigungsbadeS zu gewähren. Angestrebt wird im allgemeinen, daß in den mit solchen Einrichtungen ver sehenen Schulen iebeS Kind all« 8—14 Tage eines solchen RetnigungSbadeS teilhaftig werden kann. V.L.L Berlin, 4. September. (Katholisch« Priester und Wehrpflicht.) Auf dem Kölner Katholikentage wurde der Patriotismus der deutschen Ultramontanen in allen Ton arten gesungen. Wie eS aber in Wirklichkeit damit steht und wie man in Zentrumskreisen bestrebt ist, von ihren zu künftigen Priestern gerade die Pflichten abzuwälzen, in deren Erfüllung der evangelische Tbeologiestudierende «me hohe Ehre sucht, zeigt folgender Artikel der „Köln. Volkszeitung": Nach dem Gesetz betr. die Wehrpflicht der Geistlichen vom 8. Februar 1890, der sogen, lex üueos, werden Militärpflichtige der römisch-katholischen Konfession, welche sich dem Studium der Theo- logir widmen, in Frirdenszeiten während der Dauer dieses Studium« bis zum 1. April des siebenden Militärjahres zurückgestellt. Haben sie bis dahin die Subdiakonatsweihe empfangen, so werden sie der Ersatzreserve überwiesen und bleiben von Uebungen frei. Vor kurzem ging nun eine Mitteilung durch die Presse, wonach vom preußischen Kriegsministerium im Einverständnis mit dem Reichs kanzler bestimmt worden ist, daß als Studierende der römisch- katholischen Theologie im Sinne des Reichsgesetzes vom 8. Februar 1890 von den Ersatz-Kommissionen nur diejenigen Personen anerkannt werden müssen, welche auf inlän dischen Universitäten oder gleichgestellten Anstalten theologischen Studien obliegen, daß aber in den übrigen Fällen, insbesondere bei Ausbildung in inländischen oder ausländischen Ordensschulen, jedesmal die Entscheidung deS Kriegsmintsters einzuholen fei. Nach dieser Bestimmung läge also der ler llueoe nicht der allgemeine Gedanke zu Grunde, der Anschauung der katholischen Kirche über die Unstatthaftigkeit des Kriegsdienstes der Kleriker Rechnung zu tragen; es würde ziemlich zahlreichen Ordensklrrikern die Wohltat de« betreffenden Gesetze« entzogen, sie würden dem diskretionären Ermessen des zeitweiligen KriegSministerS überliefert. Diese Auslegung des Gesetze- betreffend die Wehrpflicht der Geist lichen dürfte aber der Absicht des Gesetzgeber- nicht entsprechen. Der Antrag des Zentrums ging jedenfalls aus der kirchlichen Auffassung von der Ungehörigkeit deS Militärdienste« für Kleriker hervor, seien eS Welt-, seien es Ordeuskleriker, mögen sie ihre theologischen Studien im Jnlande oder im Aus lande machen, und in diesem Sinne wurde der Antrag Gesetz. Dir vom Kriegsministrr und Reichskanzler ringrführtr Unterscheidung zwischen Welt- und Ordensklerikern, zwischen Studierenden auf in ländischen und solchen auf ausländischen Lehranstalten, ist in dem Gesetze selbst nicht begründet. Diese Unterscheidung ist aber auch geeignet, für die Zukunft Besorgnisse wachzurufen. Wenn dem Er- messen des jeweiligen Kriegsministers die Entscheidung darüber zu steht, ob ein Ordenskleriker als Studierender der Theologie anzu erkennen ist oder nicht, wer bürgt für eine günstige Entscheidung? Es kann also wohl wieder geschehen, daß trotz der Ivr Luvus katho lische Geistliche Kasernen und Exerzierplatz beziehen müssen. Im Jahre 18VÜ äußerte sich das KriegSmtntsterium dahin, es beabsichtigte die Entscheidung von Fall zu Fall so lange beizubehalten, bis sich die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Stellungnahme er gebe. Nachdem eS eine der ersten Handlungen deS neuen Kriegs ministers gewesen ist, im Einverständnis mit dem Reichskanzler die obige Bestimmung zu treffen, wäre eS wohl an der Zeit, .der Regierung Gelegenheit zur „grundsätzlichen Stellungnahme" zu verschaffen. Hoffentlich nimmt die Regierung die „grundsätzliche Stellungnahme" möglichst bald. Sie wird lehrreich in mehr als einer Hinsicht sein. * Berlin, 4. September. (Ausländer an deutschen technischen Hochschulen.) Nach -en neuesten statistischen Aufstellungen wurden die deutschen technischen Hochschulen von 12 884 Deutschen und 2242 Ausländern besucht, unter denen besonders die Ruffen sehr stark — mit 48 Prozent aller Ausländer — vertreten sind, neben ihnen hauptsächlich der Osten und der Südosten Europas. Diese Zahlen regen zu der Krage an, die ja schorr früher erörtert worden ist, ob wir gut und richtig handeln, durch unsere Unterrichtsmittel fremden Staaten die Ausbildung von Ingenieuren zu erleichtern, die unzweifelhaft den fremden Industrien durch ichre bet uns erworbenen Kenntnisse einen Aufschwung verleihen werden. Wenn eS für un- eine Ehre und eine An erkennung deutscher Tüchtigkeit ist, daß Ausländer mit Vorliebe unsere Unterrichtsanstalten besuchen, so ist es doch unzweifelhaft, daß der Vorteil, der durch die so ge schaffene Verbindung der deutschen Industrie in vielen Fällen erwächst, durch die selbständig nach unseren Systemen ausgebildeten ausländischen Ingenieure wieder eingeschränkt wird und unS schließlich durch Schaffung einer hochwertigen Konkurrenz in einen Nach teil verwandelt werden kann. Wenn eS aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht wohl angängig erscheint, die Ausländer von unseren technischen Hochschulen fern zuhalten, so scheint uns dagegen die von der Deuz zeitung" anfgestcllte Forderung durchaus berechtigt, daß überall Maßnahmen getroffen werben, um den Ein- heimischen die Vorhand zu sichern, d. h. dafür zu sorgen, daß nicht sie, sondern die Ausländer darunter zu leiden haben, wenn Ueberfüllung und Platzmangel eintretrn. Einzeln« unserer «technischen Hochschulen leiden unter einer Ueberfüllung, die den Unterricht nach manchen Seiten erschwert. Da scheint es in der Tat angebracht, in erster Linie die Deutschen zu berücksichtigen und Aus länder nur insoweit zuzulaffen, al- Deutsche nicht durch Volksrvih in deutschen Rätseln. Von Ernst Flösse!. »laivdrrikk verbalen. Der BokkSwitz ist eine lebendige, äußerst bewegliche Macht. Lebendigkeit und Raschheit sind die Hauptgrund züge seines Wesens. Wo diese fehlen, erleidet er Einbuße an Kraft und Wirkung, denn: „Wenn der Witz nicht wie der Blitz, so ist er nichts nütz." Achtsam auf alles, was der VolkSwttz sich zu eigen machen und mit dem Anreiz zum Lachen auSstatten kann, hält er eigentlich nichts in der Welt heilig, und so verabsäumte es der Berliner Volkswitz auch nicht in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhundert-, die „Bulle tins", welche der Leibarzt Friedrich Wilhelms IV. über die Krankheit des Königs veröffentlichte, als „Grimmsche Märchen" zu bezeichnen. Grimm war der Name de- Arztes. Freilich ist die im Finden gewandte und behende Geistesschärfe und die in unerwarteten Aehnlichkeiten er finderische Geistesgegenwart, au- denen der Witz geboren wirb, nicht jedermanns Sache, und das Sprichwort hat recht, wenn es sagt: „Witz verrät Kritz." Wo aber diese Anlage zum Witz vorhanden ist, da ver schafft sich diese auch Geltung in mannigfaltigen GeisteS- schvpfunaen, unter denen von alterSher da» Rätsel, Volks rätsel, em« hervorragenbe Estelle behauptet. Von jeher haben Rätsel viel Kopfzerbrechen verursacht. Simson der Richter sprach am Hochzeitstage zu seinen Gästen: ,Hch will euch ein Rätsel aufgeben. Wenn ihr mir das erratet und treffet diese sieben Tage der Hochzeit, so will ich euch dreißig Hemden geben un- dreißig Feier kleider." Das Rätsel lautete: „Speise ging von dem Treffer und Süßigkeit von dem Starken." Und sie konnten das Rätsel in dreien Tagen nicht erraten. In die gleiche Lage sehen wir Hans Sachs versetzt, da er sagt: „Jr Jüngling, heut ist der letzte Tag, Zu schließen auf meines RctselS Frag; Fehlt ihr des RetselS hinten oder vorn, Jr habt die Feyerkleider verlorn." Auf die Lösung von BolkSrätseln war allerdings nicht häufig ein Preis als Belohnung gesetzt. Wäre es der Fall gewesen, der Lohn würde wohl niemals zur Aus händigung haben gelangen können. Ja, später werden wir sehen, daß das Aufgeben schier unlösbarer Rätsel als Lohn höchsten Wertes, der Begnadigung, galt. Viele dieser Rätsel, die wir dem BolkSwitz zu ver danken haben, erscheinen in überaus anmutiges Gewand gekleidet: „Hudeli Pudeli lag auf der Bank, Hudeli Pudeli fiel von der Bank; War kein Doktor im ganzen Land, Der Hudeli Pudeli zu heilen verstand." Hudeli Pudeli aber ist das Et, und der ihm verliehene eigentümliche Name scheint da- wackelnde und watschelnde des rollenden EteS zur Veranschaulichung bringen zu sollen. Nicht minder anmutend erscheint das folgende Rätsel, welches ein junge« Mädchen ihrer Umgebung aus dem Stegreif aufgab, da« sich mit anderen, um Schutz gegen ein eingetretenes Unwetter zu finden, unter eine Tor halle — eS war in einem Orte Westfalen- — geflüchtet hatte. ES lautet: „Es saß ein Perlenpüppken Auf einem Balkenkrüppkcn. Da kam ein Regendrüvpken Und traf das Perlenpüppken. Ta fiel das Perlenpüppken, Von seinem Äalkenkrüppken, Und war ein lebendig Ding." Das Mädchen hatte beobachtet, wie eine Ameise, welche auf einem Balkenstumpf am Torbogen gesessen, von einem au- -er Dachtraufe herabfallenden Regentropfen her untergeschwemmt worben war. Der ihr angeborene Witz veranlaßte bas Mädchen, diesen selbst in dem sosort oorgetragenen Rätsel zum Ausdruck zu bringen. Der „olle Fritz" war einmal über Land gegangen. Da sah er einen Bauersmann in tiefem Nachdenken an seinem Ackerfeld« stehen. Mit bedenklicher Miene stand er da, und seufzte schwer. „WaS seufzest du?" fragte ihn der König. „Ach", antwortete der Bauer, „koame se, denn koamen se ntch, on koame se nich, denn koame se/ „DaS ist ein Rätsel", sagte der König, „wa- meint ihr damit?" Darauf antwortete der Bauer: „Kommen die Tauben der Gutsbesitzer auf mein Erbsenfeld, so kommen die Erbsen nicht auf; kommen aber die Tauben nicht, so kommen meine Erbsen." „Da hat er recht", sagte der König und ging. Am andern Tag lud der König eine große Gesellschaft vornehmer Herren zur Tafel und legte ihnen das Rätsel de- Bauern vor. Aber keiner vermochte feinen Sinn zu erraten. Da gab der König die Auflösung selbst, verfügte aber gleichzeitig: „Bon nun an soll di« Taub« in meinem Königreiche ein herrenloser Vogel sein, wo sie außer -em Schlage sich finden und fangen läßt." Da, wo das Rüffel selbständig, vereinzelt, auftritt, hat es noch den Zusatz: „Doch beter lbeffer) ös, je koame nich on koame doch, als bat se koame und doch nicht koame." Nicht selten gefällt sich der Volkswitz in der Bildung von Rätseln, in denen das Gesagte durch sich anschließende Verneinung sofort in Abrede gestellt, durch nachfolgende Behauptung aber wieder geltend gemacht wird. So in dem nachstehenden. „Es war einmal ein Mann, es war nicht ein Mann und war doch ein Mann. Der Mann ging, er ging nicht und ging doch auf einen Berg, nicht auf einen Berg und doch auf einen Berg. Er hatte «ine Flinte, hatte nicht eine Flinte und doch eine Flinte. Er schoß, er schoß nicht und schoß -och einen Vogel, nicht einen Vogel und doch einen Vogel. Der Bogel fiel, er fiel nicht und fiel doch auf die Erde." Die Lösung dieses aus einer Reib« von Widersprüchen zusammengesetzten Rätsel- stellt sich in folgendem Vor- gang dar: Ein Zwerg, welcher hinkte, bestieg einen Düngerhaufen. Mit einem Kliffchbogrn schoß er auf «ine Fledermaus, welche purzelte und auf «inen Backofen fiel- In ähnlicher Weife verwendete der BolkSwitz die «er- netnung in dem folgenden Räffelgeschichtchen. „SIS ich nicht« hatte und du nicht- hattest, da for dertest du nicht von mir, da hätte ich dir g^ben können. Als ich jetzt habe und du nicht- hast, jetzt forderst du von mir, jetzt kann ich dir nicht geben. Warte so lange, bi» ich nichts habe und du nicht- hast, dann forbre von mir, dann will ich dir geben." Die Widersprüche dieser rätselhaften Auslassung ere Hären sich von selbst, wenn man beachtet, baß eine v«r«
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