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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021021017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902102101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902102101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-21
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Der neue französische Marineminister, der in .'eyter Zeit so viel von sich reden machte, hat neuerdings wieder die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen durch das Interesse, das er der Gesamtheit der französischen Flottenstützpunkte zuwcndet, und durch die Absichten, die er für den beschleunigten Ausbau derselben zum Ausdrucke gebracht hat. Nicht nur die französische Marine, sondern auch die Landesverteidigung wird dem Minister für sein Vorhaben dankbar sein müssen, denn die Anstände in manchen französischen Kolonien vom militärischen Stand punkte aus, sowie der strategische Wert zahlreicher Be festigungsanlagen und Zufluchtsstätten für die Flotte drohen unhaltbar zu werden und in nichts zu zerfallen, gegenüber den fortifikalvrischen Maßnahmen, die England in weiser Vorausberechnung allenthalben trifft, und zwar nicht nur im Mittelländischen Meere, sondern ebensosehr im Atlantischen und im Indischen Ozcan. Wir wollen dabet in der Aufzählung der Flottenstützpunkte, die Frankreich seit Ende der 90er Jahre angelegt hat und über die wohl nur wenige Bilder in kurzer Uebersicht vorhanden sind, von den Anlagen im Mittelmeer sowohl an der französi schen wie an der nordafrikantschen Küste absehen, weil von diesen erst kürzlich gelegentlich der großen Flottenmanöver soviel in der Presse die Ncde war und als bekannt voraus gesetzt werden darf, wie Frankreich die militärische Be deutung der Linie Tvulvn-Korsika-Biserta allmählich immer mehr erkannt hat und hier, im Unterschiede zu seinen außereuropäischen Besitzungen, schon seit einiger Zeit bemüht ist, dem britischen Rivalen den Rang abzu laufen und diese Stützpunkte so stark wie irgend denkbar auszubauen. Nur das wollen wir aussprcchcn, daß, wenn die Befestigungsanlagen, die Hafen- und Eiscnbahnbauten in der Kolonie Algerien erst ganz zum Abschsusse gelangt sein werden, Frankreich hier allerdings über einen mili tärischen Faktor verfügen dürfte, dessen große Bedeutung gar nicht eingehend genug gewürdigt und dessen Wert bei einem Krieg im Mittelländischen Meer unseres Erachtens nach entscheidend in die Wagschalc geworfen werden kann. Dem Gedanken, sich auch in den außereuropäischen Ge wässern zum Schutze seines Besitzes Flottenstützpunkte zu schaffen, hat die französische Regierung erst Ende 1898 greifbarere Gestalt gegeben. Aber mit den wenigen Mit teln, die jetzt für die in Rede stehenden Zwecke ausgcworfcn sind, konnte naturgemäß nicht allzuviel erreicht werden, und mancher Wunsch, manch unumstößlich notwendiger Bau sind bis zur Stunde noch unerledigt oder kaum über das Anfaiigsstadiuin hinaus. Verhältnismäßig am meisten hat Frankreich im westlichen Teile des Atlantischen Ozeans getan, wo auf der viel genannten und kürzlich so schwer hcimgcsuchten Insel Martinique der Hafen von Fort de F r a n e e einen vorzüglichen Stützpunkt bildet und namentlich auch gegenüber den amerikanischen Küsten und der englischen Fusel Santa Lucia von uicht unerheb licher Bedeutung ist. An dieser Stelle sind die Forts Tartenseu und Jlet a Raunens, ferner Desaix und St. Louis, die nach der See zu die Süd- und die Nordbucht des Hafens unter Schutz nehmen, erst kürzlich nach modernen Prinzipien umgcbaut und durch eine Anzahl schwerer Batterien ver stärkt worden. Auch die Befestigungen nach der Landscitc zu haben eine Erweiterung erfahren, da die Möglichkeiten einer feindlichen Truppenlandung an der Südküstc der Insel immer wahrscheinlicher geworden sind und im Kriegsfall eine Gefahr nicht nur von eng lischer Seite, sondern auch von Amerika aus droht. Von besonders hohem militärischen Wert für Frankreich ist im östlichen Teil des Atlantischen Ozeans der Hasen von Dakar,' denn von hier aus müßten die französischen Schiffe, um nach Madagaskar und Tonkin zu gelangen, den Weg um das Kap der guten Hoffnung nehmen, falls England den Luezkanal gesperrt haben sollte. Aus diesem Grunde ist der vorgenannte Hafen nicht nur in seinen Dimensionen geräumig genug zur Aufnahme zahlreicher Schiffe angelegt, sondern er hat auch Docks und Repa raturwerkstätten aller Art und ist durch zwei Forts ge schützt, die seine Einfahrt unter wirksamem Feuer halten können. Da diese Befestigungen aber heute nicht mehr als ausreichend angesehen werden können, werden Mittel ver langt zur Anlage fortifikatorischer Werke nach der Land seite zu, deren Sicherung ebenso notwendig ist, wie die gegen die Seeseite, was jedoch mit den im Jahre 1900 hierzu bewilligten 3 Millionen Franken nicht zu er reichen mar. Was Fort de Franee und Dakar im Atlantischen Ozean den Franzosen sind, das bedeutet für sie im Indischen Ozean Diego Suarcz auf Madagaskar. Auf die räumliche Gestaltung dieses Hafens, sowie auf die Zahl und die Stärke der ihn umgebenden und schützenden Be festigungen legt Frankreich um so höheren Wert, als es im Indischen Ozean über keinen zweiten Platz verfügt, der durch seine natürliche Lage so viele Vorteile bietet, wie die Antombvka Bai. Die heute zum Schutz der Hafen einfahrt vorhandenen Batterien auf Kap Mine und Nosci Volane, sowie die kleinen Forts auf Kap Babon Minteu werden unter diesem Gesichtspunkte nicht mehr für aus reichend erachtet und sollen durch Erweiterungsbauten ver vollständigt werden, für die es jedoch zur Zeit noch an den notwendigen Mitteln fehlt. Einen seiner größten und wertvollsten Stützpunkte,be sitzt Frankreich in Hinterindien in Saigon, das nach Lage und Ausdehnung Kriegsschiffen jeder Art und Größe hinreichenden Schutz gewährt und infolge des völlig un gangbaren Deltas des Saigon-Flusses auch die Möglich keit feindlicher Landungen so gut wie ausschlicßt. Diese von Natur so überaus günstigen Vertcidigung^vcrhält- uissc werden noch erhöht durch eine Reihe fortifikatorischer Anlagen, von denen das auf dem Vorbcrgc St. Jagues ge legene Fort besonders hervvrzuhebcn ist. Nach den jüng sten Berichten ans Saigon gibt es jedoch auch hier, nament lich in Bezug auf die Befestigungen, noch sehr viel zu tun; ein Teil der vorhandene» Werke muß durchaus moderni siert werden und neue Anlagen werden zum Schutze gegen einen Angriff auf die Ostfront von Saigon gefordert. In Noum 6 a, der Hauptstadt Neu-Calcdoniens, ver fügt Frankreich über einen brauchbaren Flottenstützpunkt im Stillen Ozean. Nicht nur findet sich hier ein ausge zeichneter Hafen zur sicheren Aufnahme selbst größter Kriegsschiffe, sondern auch von der Natur geschaffene Hindernismittel zur Abwehr feindlichen Angriffs geben diesem Platze einen hohen militärischen Wert. Zur Er weiterung und zum Ausbau dieses natürlichen Schutzes reichen jedoch die im Jahre 1902 bewilligten sechs Millio nen Francs um so weniger aus, als Nvunn-a sich immer mehr zur Handelszentrale zwischen Frankreich und Australien zu erweitern scheint und dasselbe daher, fin den Fall eines Krieges, mehr als zuvor als das Ziel feindlicher Unternehmungen angesehen wird. Unter diesem Gesichtspunkte kann cs nur begreiflich sein, wenn zur Stärkung der französischen Position im Stillen Ozean neue Mittel von Staatswcgcu in Anspruch genommen werden. Ten Abschluß in der Reihe großer Flottenstützpunkte in französischem Besitz bildet O b o k, das, nahe der Ltratze von Bab el Mandeb gelegen, ein Gegengewicht zu dem stark befestigten englischen Aden gewähren soll. Man hat lange geschwankt, ob man nicht für diese Zwecke dem vaien von Dschibuti den Vorzug geben soll, ist aber dann doch der Obvk geblieben, weil hier der Ankcrgrnnd ein vorzüglicher ist und die dem Hasen vorgelagerten Korallenriffe natür lichen Schutz gegen feindliche Angriffe biete» und die An lage starker Befestigungen zum Teil wenigstens übcrjlüsug machen. Daß solche aber trotzdem geplant sind, dürste aus den Bermessungsarbeitcn hervvrgehen, die kürzlich auf einigen Obvk umgebenden Höhen vvrgenvmmen worden sind. Die kurze Skizze, die wir vorstehend von dem heutigen Stande der in französischem Besitz befindlichen groncn Flottenstützpunkte gegeben haben, hat gezeigt, daß die An lage derselben von Natur außerordentlich begünstigt, meist eine gute ist, daß aber namentlich zu ihrem maritimen Schutz noch mancherlei geschehen muß, um sic auf die Höhe moderner Anforderungen zu bringen. Deutsches Reich. -4- Berlin, 20. Ok'ober. (Wissenschaftliche Forschung und katholische Kirche.) Für das Ver hältnis ter katholischen Kirche zur wissensckafilichen Forschung ,st die Kritik kennzeichnend, die in der „Lne> arischen Bei lage" des führenden Zentrumsorgans an Dr. Kail HolzbeyS Schrift „Schöpfung, Bibel und Inspiration" geübt wird. Holzhcys Standpunkt erhell' aus dem Satze: .Die Möglichkeit, in den aus prosanwissenschastlichem Gebiete liegenden Berichten und Urteilen der bibliichen Schriftsteller solange den Ausdruck zeitlich und individuell bedingter Erkenntnis zu seben, als nicht eine eigentliche Offen barung nachgewiesen wird, befreit die Exegese von einer Last, die sie zwar früher t>ug, jetzt aber unmöglich länger mehr tragen kann." — Gegen diesen Standpunkt macht die „Köln. Volk ztg." geltend, daß sowohl ter Begriff eines pötilich inspirierten BncheS, als auch die maßgebenden Aus sprüche der kirchlichen Autorität es ausschlössen, in der heiligen Schritt als solcher die Möglichkeit und tatsächliche Wirklichkeit von Irrtümern auf den Gebieten der profanen Wissenschaften zuzulassen. Da Di. Holzbey in der zeitlich und individuell bedingten Erkenntnis eine derartig unvollkommene erblickt, daß sie Unrichtigkeit und Benutzung wahrbeilswidriger Quellen nicht ausschließt, hält die „Köln. Volksztg." dem Herrn Holzbey enigegen: „Er bat sich.., wenn er das annimuit, auseinander zu seyen mit der Encyclika Leos XIII. „l'rovickontwsjimls Deus", in welcher der Papst es zu den Einstellungen und übermäßigen Einschränkungen der gött liche Jnspnation zählt, wenn jemand die Inspiration bloß aus die Gegenstände des Glaubens und der Sitten beziehen wolle, oder wenn jemand anuebme, bei der göttlichen Inspiration könne irgend ein Irrtum unter lauten oder cS könne, nicht zwar dem Haupturdeber (Gott), wobl aber dem inspirierten nisnlckl'chen Verfasser ein Irrtum entschlüpft sein." — Nach kiesen Cnalen aus der angezogcnen Encyclika LeoS XIII. fährt daS führende Zenirumsorgan fort: „Wobl sind in den letzten Jahren auch anderswo bei katho iscken Gelehrten Meinungen auf- geiaucht, nach welchen ähnlich wie bei dem Verfasser der vorliegenden Schrift die scheinbaren Widersprüche zwischen moderner Wissenschaft und heiliger Schrift gelöst werden sollten. Allein bekannt ist auch, wie der Papst noch im November 1898 in einem Schreiben an den Minoriten- general der Klage AuSdiuck gab: „Auch katbolische Exe eten haben sich durch den Anschluß an «katholisch; B behorscher zu überkübnen und überfreien Eiklärungen verleiten lassen." Die Nichtigkeit und Zulässigkeit der in obiaer Schrift gemachten Hypothese ist also jedenfalls an der genannien päpstlichen Encyclika zu messen." — Die Kongregation des Index wird sich die in vor stehendem enthaltene Denunziation jedenfalls nicht entgehen lassen, und man wird wohl bald genug hören, ob Dr. Holzbey sich löblich unter worfen hat oder exkommuniziert worden ist. Die voraussetzungsvolle Natur des katholischen Wissenschajts- betriebes kann nicht besser beleuchtet inerten, als durch die von der „Köln. Volksztg." gegen die freie Foischung auS- gespiclie biltatorische Encyclika deS „liberalen" PapfteS Leo XIII. Berlin, 20. Oktober. (Bedenkliche Zustände in derPr ovinzPosen.) In einer etwas sensationell klingenden Melkung waren kürzlich die Zustände in der Provinz Posen, die sich an Namen und Perlon deS MajorS a. D. En dell knüpfen, mit kcr süditalienischen Camorra verglichen worden. Diese Mitteilungen sind nicht neu; seit länger als Jahres frist wiederholen sie sich und lasten jetensalls erkennen, daß cS in den Ostmarken schwere Schäden gibt, auch auf deutscher Seite, die der keilenden Hand bedürfen. Vor etwa Jahresfrist wurde bekannt, daß in der Posener L a n d w i r t s ch a fl s k a m m e r, deren Vorsitzender damals Herr Endell war, grobe Unregelmäßigkeiten in der Kasten- und Buchführung verübt waren. Ter Staatsanwalt schritt ein, die gerichtliche Untersuchung wurde gegen Herrn Endell wegen Untreue und Betrugs erhoben, mußte aber nach monatelangen Vernebmungen eingestellt werden, obwohl sich ein Abgrund von Lotterwirtschaft, von Leichtfertig keit und Pflichtverletzung vor den Auge» der Behörden auftal. Näheres darüber bringt die auch von uns bereits erwähnte Broschüre des früheren Verbands revisors Bü bring. Zweierlei ist koch nur möglich: entweder die durch die gelamtc Pieste gegangenen Anklagen gegen Herrn Endell beruhen auf Wahrheit — und man muß das annebmen, sonst wäre eine bündige Widerlegung rasch und leicht möglich, und sie wäre sicherlich längst erfolgt, wenn sie eben angängig wäre; oder diese Anklagen sind unwahr, dann schicke man ihre Urbeber in Hast. Aber Klarbeit über diese Zustände muß amtlich einmal geschaffen werben. Jeter Beamlenkörper, jedes Offizierkorps, ja jede an ständige Koiporation würde keine Stunde Mitglieder unter sich dulden, denen im günstigsten, im allcrgünstizsten Falle eine frevelhafte Leichtfertigkeit in der Verwendung fremder öfsenliicher oder privater Gelder, ja noch weit Schlimmeres, vorgeworfen wird: sie würde in wenigen Tagen Klarheit zu schaffen wissen und es im eigensten Interesse thun. He-rr Endell ist einer der radikalsten, der fanatiickslen und rab a- test n Agrarier. Er ist nach Ansicht von Männern, denen ein Urteil darüber zusteht, das schwerste Hindernis für jede ruhige Entwickelung des Deutschtums in der Provinz. Wo sind, so fragen wir, die obersten politischen Beamten dieser Provinz und waS taten sie bisher, um den Dingen auf den Grund zu kommen? Sie fürchten doch nicht etwa den Herrn Endell, seinen Anhang und seine Presse? Haben sie cs in einem Jahre, in einem ganzen Jahre nicht fertig bringen können, testzustellen, objektiv und unparteiisch festznstellen, was Wahres au den Zuständen in ter Laudwirtschaflükammer, im Genossenschajttwesen ist? Feuilleton. Im Kampf um Südafrika. i. Das blutige, an grauenvollen Einzelbeiten überreiche Ringen des Riesen mit dem Zwerge UNI Südafrika ist zu Ende, die Asrikanderrcpnblikcn liegen, als Staarsgebilde, zer trümmert am Boren, die Fieiheik keS BoerenvolkcS, um die es viele Menschenalter hindurch heldenhaft und unverdrossen gekämpst, ist dahin, daS stolze Albion triumphiert und als Bettler, aber geadelt durch die Größe des Schicksals, daS sie erduldet, bochresürstet durch ihre unvergleichlichen Ruhmes taten auf dem Schlacbtfelde und die Treue, die sie ihrem Volke gehalten, ziehen die drei edlen Repräsentanten der Boerennaiion Botha, De Wct und Dclarey von Hauptstadt zu Hauptstadt und bitten um milde Gaben für ihre Volks genossen daheim, die kaum noch haben, wo sie ihr Haupt zur Ruhe beiten sollen. Aber wer gemeint hat, daß das Interesse, mit dem alle Welt Len weltgeschichtlichen Ereignissen auf dem blutgetränkten Boden SüdafiikaS gefolgt ist, nun, da der Vorhang über der Völkertragövie gefallen, geschwunden sei, der ist eines Besseren belehrt werden, auch wenn er in den letzten Wochen die Tagesblätter nur oberflächlich gelesen bat. Immer noch ist eS die Sache der Boeren, die die Gemüter bewegt, sind es die Boeren, um die die öffentliche Diskussion sich dreht, sind es die Boeren, die die allgemeinste Aufmerksamkeit in An spruch nehmen. kost dollum finden retrospektive Betrachtungen erfahrungs gemäß kein allzugroßeö Publikum mehr und nur der Geschicht schreiber läßt gewissenhaft noch einmal Ereignis an Ereignis an sich vorüberzieben. Ganz anders am Ende deS Boeren- kriegeS! Mit derselben Spannung, mit der man vor Jahr und Tag auf die Depeschen vom Kriegsschauplatz« wartete, sieht man heute dem großen, schon lange angekündigten Werke entgegen, daS berufene Staatsmänner und Generale der Boeren, die ersten Mitkämpfer der Welt versprochen haben und in besten Mittelpunkt die Lebenserinnerungen deS Präsi denten Paul Krüger, von ihm selbst erzählt, stehen. Wenn die vier stattlichen Bände dieses einzigartigen LluellenwerkeS „Im Kampf um Südafrika", die Lebens- erianerungen Krüger», dann „Die TranSvaaler im Krieg mit England" von General Ben Viljoen, „Präsident Steijn und die Freistaater im Krieg mit England" von Nompel und Kcstell und „Die Boeren in der Kapkolonie im Krieg mit England" von A. De Wet, Adjutant H. v. Doernik und General Smuts auf dem Büchermarkt erscheinen, und daS wird dieser Tage geschehen, welch' Gereiße wird um die von vornherein schon koch bemessenen Auflagen entstehen; im Handumdrehen werden sie vergriffen sein! Das freundliche Entgegen kommen deS Münchner Verlages T- F. Lebmann bat uns schon zum voraus einen Blick zunächst in General Ben Viljoens Buch über den Anteil der Transvaaler am Kriege tun lasten und wir dürfen auS der über Erwarten inter essanten Publikation einiges Wenige verraten. Viljoen hat vom Beginn deS Kampfes an bis kurz vor Friedensschluß in leitender Stellung an allen Operationen der TranSvaalarmee teilgenommrn und ganz Hervorragendes geleistet. Seine Schilderungen über die Zustände in der Boerenarmee sind das Erste, waS auf vollständige Authentizität Anspruch machen kann. Die Fehler der Boeren deckt der Boer offen auf und zeigt,welcheReorganisationen nötig waren,umeine schlagfertige Armee zu schaffen. Die Schilderung der Sitzungen des KriegSrateS gibt rin vorzügliche« Bild der wenig ziel bewußten Haltung der obersten KriegSlcitung. Die Nieder- laae bei Elandslaagte, die auch Viljoen mit über sich ergehen lasten mußte, war die naturgemäße Folge der planlosen Krieg- fübrung, die so lange dauerte, bis der junge tüchtige Nach- wuchs soweit durch den Krieg zu Soldaten und Ossizieren berangebildet war, daß er die Führung selbst übernehmen konnte. Wer sich über Boerentaktik unterrichten will, findet hier Gelegenheit, gründliche Studien zu wachen, da sie uns in zahlreichen Gefechten, Belagerungen, Verfolgungen und Gewaltmärschen in anschaulicher Form vorgeführt wird. Die Schlußbelrachtungen über Engländer und Boeren al» Soldaten, Verproviantierung und Kleidung, RoteS Kreuz, Bewaffnung ,c. sind gleichfalls von bobrm Interesse. Ben Viljoen war einer der schneidigsten Generale, der aber nicht nur daS Schwert, sondern auch die Feder vorzüglich zu führen weiß. Seine Persönlichkeit ist darum interessant, weil er daS jüngere Element vergegenwärtigt. Er ist nicht der bedächtige, koniervativc Baner, den auch noch Christian De Wet ver körpert, sondern der etwas radikale, modern denkende, von den Empfindungen hin- und hergeworfen« Städter, eine revolu tionäre Natur. Im Fluge weiß er unsere Sympathie zu erobern, dieser kraft- und temperamentvolle Sohn Süd afrikas, dieser offene, ehrliche Charakter, der stets geradeaus siebt und geradeaus redet, dessen mitunter derber Ton stets erfrischend wiikt, der mit der Feder nickt selten wie mit dem Knüppel drein baut, voll bitteren Hohnes über die Fehler der eigenen Leute wie über die Sckändlickkeiten des Feindes, dabei aber schlickt und bescheiden unk an sich selbst die strengste Kritik übend, ein ecktes, lauteres Gemüt, erfüllt bis in die letzte Faser von glühender unverlöicklicker Vaterlandsliebe. Die Zusammenstellung seines Werkes wurde durch ver schiedene Umstände erschwert, namentlich dadurch, daß er durch seine Gefangennahme schließlich alle seine Auf,eicknungen cinbüßte, also ohne irgend welche Daten oder Notizen schreiben mußte, allein auf sein Gedächtnis angewiesen. Schon vorher waren Auszeichnungen von ihm zwei Mal in die Hände res Feindes gefallen und ein drittes Mal ver brannt, als da« boerii'che Feldlager bei Dalmanutha durch einen Grasbranv zerstört wurde. Was Viljoen aber die Abfassung dieses Werkes ganz be- sonders erickwerte, da« war der Druck der starken und strengen Fesseln, mit denen englische „Parole" auf St. Helena ibm sozusagen Hände und Füße gebunden batte. Das Be wußtsein der erniedrigenden St llung der Kriegsgefangenen bat ihn auch beim Schreiben nicht verlassen und jeden Augen blick mußte er gewärtigen, daß ihm daS Manuskript sort- genommen wurde und man darin einen „Bruch des Ehren wortes" fand, der mit Erschießen bestraft wurde. Nur auf besondere« Andringen seiner Freunde ha» er da« Werk be gonnen und ist bemüht gewesen, durchweg nur das niederzu schreiben, was er selbst persönlich erlebt hat. „Was man hier liest, sagt er, ist di« reine Wahrheit." Humoristisch fährt Ben Viljoen dann fort: Während der langen Zeit, die wir im Felde und von der Außenwelt ab- geschnitten waren, hat man in Zeitungen und anderen Schriften derartig wunderliche, ja ich carf wobl sagen niärchen- Kaste Dinge von uns erzählt, daß ich manchesmal daran zweifelte, ob man in Europa und anderswo uns noch für gewöhnliche Menschen dielt oder für märchenhafte Fabeltiere. Von mir selber erinnere ich mich genau dreimal gelesen zu baden, daß ich gefallen Ware; ja ich las selbst in einer Zeitung einen seitenlangen Bericht über meinen Tob, in welchem mau mich mit Garibaldi und andern Helden verglich. Ein viertes Mal wurde berichtet, man habe mich in der Kapkolonie ge fangen mit einem Abzeichen deS roten Kreuzes auf dem Aermel. Ich sei vor ein Militärgericht in de Aar gestellt, zum Tode durch Erschießen verurteilt und wirklich erschossen worden. Ja, man gab selbst eine dramatische Beschreibung der Vollstreckung des Todesurteils, wie ich auf einem Stuhl vor dem srischgegrabenen Grab festgebunden, ruhig mein wohl verdientes LoS empfangen habe. Tie Erzählung schloß mit folgendem Erguß: „So ist denn endlich der Schurke, Räuber und Gueiilla-Anfüdrer Viljoen beseitigt, und nie mebr wird er daS britische Heer belästigen können!" Mit derselben Dunimdreistigkeit verkündete man in einem sünsten Falle der Welt, daß ich schon beim Ausbruch deS Krieges in Matcking im Geiäugniß gesessen bade und durch General Baden-Powel gegen Lady Sarab Wilson ausgewechselt worden wäre. Nun will ick ehrlich bekennen, wie viel an all diesen Be richten wahr ist. Erstens bin ich nie in einem Gefechte ge fallen. Zweitens war ick während des ganzen Krieges nie in der Kapkolonie; die Geschickte mit dem roten Kreuz ist reine Erfindung. Ich bin auch nie bei de Aar bingericktet worden oder jemals in Maseking gewesen und habe, außer als Kriegsgefangener, nie im Gefängnis gesessen. Ich konnte kaber auch nie der Ebre teilhaftig werden, daß man mich gegen eine so hochgestellte Dame wie Lady Sarah Wilson auswcckselte. Um jedoch meinen Lesern gewiss« Bedenken zu ersparen und ihncn ein etwa ungünstiges Vorurteil gegen mich zu nehmen, will ick noch ausdrücklich erklären, daß ich ein ganz gewöhnlicher Mensch bin. Ick stamme von Hugenotten ab, bin 3t Jahie alt und von mittelmäßiger Größe; die Farbe meiner Augen ist unbestimmt, weder blau noch grau. Die Natur hat mich etwa« früh unter ihre Puderquaste ge nommen und dadurch ist mein Haar mit Schimmel über zogen; ein Mittelding zwischen Schwarz und Weiß. Ich habe viele Menschen getroffen, welche bessere Kriegsleute waren als ick, und ich baif mich der guten Eigenschaft rübmen, daß ich neidlos Manner bewundere, welche mehr geleistet baden, als ich. Nack tiefer eigenartigen Charakteristik beklagt sich Viljoen noch über die Autograpbcnsammler und „Knipser" (Amateur- pbotograpben), die überall seine Spur verfolgen und gebt über diese „lästige Baade", wie er sie nennt, zur Tagesordnung, v. h. zur Schilderung seiner Erlebnisse im Boerenkriege über. ozx.
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