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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190210310
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-31
- Monat1902-10
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.10.1902
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z. MM M LchM TilBlltt M AHM Nr. W, Wiz, P. Moln IM. Krügers Erinnerungen. Die „Gartenlaube" hat dieses Quartal mit dem Abdruck der sehr interessanten Erinnerungen de« Präsidenten der Südafrikanischen Republik Paul Krüger begonnen. Wir haben nun schon vor einiger Heit au« einer anderen Ueber- setzung einige Stellen nntgekeüt. Wir glauben jedoch, daß unsere Leser auch gern lesen werden, was in der „Garten laube" Ohm Krüger erzählt. Wir teilen aus seinen Lebens- erinnerungen das auszugsweise mit, was sich auf die Politik der achtziger Jahre bezieht. ... Bon dem Tage an, da die Trekker ihre alte Heimat ver ließen, fühlten sie sic- von England bedroht. Uno auch nach dem Transvaal (1^52) und der Freistaat (l854) sich m dem Besitze eines durch feierliche Verträge gegen ftden Eingriff sichergestellten Gebietes sahen, spürten sie in einer Reihe von Kämpfen mit den Eingeborenen die Hand Englands, die den Schwarzen stärkte, um den Weißen Rivalen nicht zu mächtig werden zu lassen. Ein stiller Kampf zwischen beiden Nationen zieht sich durch die ganze zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zum offenen Kample kam eS erst nach der Annexion. Krüger hat vor dieser Annexion gewarnt, er hat sie mit allen M-iteln der Ueberredung und friedlichen Verhandlung rück gängig machen wollen, er ist zweimal nach London gereist, um die englische Regierung über die Stimmung seines Volkes aufzuklären. Alles vergebens. Im Jahre 1879 sanden drei große Volksversammlungen zu Wonverfontem und Klein fonlein statt, teils um dem englischen Kommissar Gelegen heit zu geben, sich gegenüber der Behauptung, daß die Bürger selbst die Annexion wünschten, von der wahren Volls- stimmung zu überzeugen, teils, um zu beschließen, was nun geschehen sollte. Die erste dieser Versammlungen war am 10. Januar 187!), und das Volk erklärte hier einmütig, es werde sich bei dem Beschlüsse der englischen Regierung, welche die Annexion für unwiderruflich erklärt hatte, nicht beruhigen. Zugleich wurde ver einbart, Piet Joubert zu Sir Bärtle Frere nach Natal zu senden und diesem von dem Volksbeschlusse Kenntnis zu geben. Eine weitere Versammlung, zu der man auch an Sir Bärtle Frere eine Einladung ergeben ließ, fand dann am 18. März 1879 bei der Farm Kleinsontein statt. Hier waren vier- bis fünftausend Bürger zusammengeströmt, und es bedurfte der ganzen Umsicht und mahnenden Rübe Paul Krügers, um die erhitzten Gemüter zu abwartendem AuSharrcn zu veranlassen. Als das Eomitä darckufbin eine neue Versammlung zu Wondersontein in Aussicht nahm, erließ der englische Kom missar Sir Gornet Wolseley ein Manifest, daß die Be strafung wegen Hochverrates für alle Teilnehmer an dieser Versammlung in Aussicht stellie. Trotzdem war auch diese Versammlung, die am 10. Dezember 1879 tagte, von gegen sechstausend Bürgern besucht. Und hier, in dieser dritten Zusammenkunft, in der auch Krüger noch einmal seine stimme besänftigend und warnend erhob, wurde ein Volks beschluß gefaßt, der seststellte, daß ras Volk frei und unabhängig zu bleiben verlangte, daß eö die Wiederherstellung seiner unabhängigen Verfassung und Wiedereinsetzung eines Volks rates forderte. Der Volksrat sollte zugleich die nöligen Schritte zur Sicherung der Unabhängigkeit unternehmen. Den Kommissar Sir Gornet Wolseley fehle man durch die Abgeord neten Pretorius und Bok von dem Betchlusse in Kenntnis. Ob wohl daraufhin die englische Behörde allentbalben Kundgebungen ihrer Regierung verlesen ließ, in der die Bürger aufgesordert wurden, sich zu unterwerfen, und in denen man sogar den gegen wärtigen Zustand als eine Brücke zur Selbstregierung zu be zeichnen wagte, scheiterten doch alle diese Versuche, die Bürger von dem eingeschlazenen Wego abzuleüen, an deren Entschlossenheit, den Kamps um die Unabhängigkeit aufs neue aufzunehmen. t-irscu «rclgmsier. gelang es den TranS- vaalern auch, einen Föceraiionsplan von Südafrika, der im Kapparlamente zur Beratung kommen sollte, zum Scheitern zu bringen. Dieser Erfolg war darum von größter Be deutung, weil bei dem Zustandekommen eines „Vereinigten Südafrikas" unter englischer Flagge eine Widerrufung der Annexion Transvaals kaum jemals noch hätte ersolgen lönncu. Während Krüger und Joubert zur Hintertreibung dieses gefährlichen FöderationSplams in Kappstadt weilten, sprach eines Tages ein Parlamentsmitglied bei ihnen vor und lud sie zum Besuche bei Sir Bärtle Frere ein. Die Einladung wurde erst rundweg abgelehnt. Als aber die Einladung wiederholt wurde mit dem Zusatze, Sir Frere wünsche die Herren privatim zu sprechen, da erklärte Klüger: „Ich werde kommen, wenn Sie mir sagen können, welcher Sir Bärtle Frere eS ist, der nach uns verlangt, denn ich kenne deren bis jetzt vier. Der erste kam zu uns nach Kleinsontein und versicherte uns, er sei nicht gekommen unter englischer Flagge mit dem Schwert, sondern als Bote des Friedens. Später ersah ich aus einem englischen Blaubuch, daß an dem selben Tage ebenfalls ein Sir Bärtle Frere, also ein zweiter, an die englische Regierung geschrieben hat: „Hätte ich nur genüg Kanonen und Soldaten gehabt, so hätte ich die Aufruhrmacher rasch auseinander gejagt gehabt." Den dritten Sir Bärtle Frere lernte ich gelegentlich der Beantwortung unserer Bittschrift um Zurück nahme der Annexion kennen; er sagte damals, er habe der britischen Regierung mitgeteüt, daß er in Kleinsontein etwa 5000 der besten Boeren getroffen habe und deren Petition zur ernstesten Erwägung empfehle; später habe ick aus den englischen Blaubüchern ersehen, daß an demselben Tage ein Sir Bärtle Frere, also ofseubar ein vierter, der britischen Negierung miigeteilt bat, es sei nur ein Haufen von Auf rührern gewesen, den er getroffen habe. Das alles kann doch unmöglich ein und derselbe Mann sein; wenn Sie mir also sagen können, welcher von diesen vier Sir Bärtle FrereS uns sprechen will, so können wir unS die Sache ja einmal überlegen. Natürlick ist auf Grund dieser Erwägung aus dem Besuche bei dem vielseitigen Sir Bärtle Frere nichts geworden! DaS „Volkscomi'.e", in dessen Händen nun die Angelegen heit lag, tat im Jahre 1880 noch alle möglichen Schritte, um von England die Zurücknahme der Annexionsproklamation zu erlangen. Als Gladstone Ministerpräsident wurde, lebten die Hoffnungen auf eine Verständigung aufs neue auf. Mau wandte sich an ihn persönlich. Als aber auch diese Aussicht durch einen Brief Gladstones vom 8. Juni 1880 zerstört wurde, gab man alle weiteren Versuche auf. Eine letzte Versammlung zu Paardekraal, die auf 8. Januar 1881 festgesetzt wurde, sollte die Entscheidung bringen. Da griff Piet Cron je (der spätere General) ein, dem die Sache zu lange dauerte und das stete Zögern des BolkScomilöS verdächtig war; und nachdem er zu Potchefstrom am ll. November gewaltsam eine Gerichtshandlung (Zwangs versteigerung wegen Steuerverweigerung) unterbrochen halte, mußte die Versammlung in Paardekraal so rasch wie möglich taltfinden. Hier wurde am 13. Dezember die alte Regierung wieder hergestellt, und sofort marschierten die Truppen der Boeren gegen Heidelberg, nahmen eS ohne Kamps ein und machten es zum Regierungssitze. Der Freiheitskrieg selbst und seine berühmtesten Gefechte sind allgemein bekannt. Der Friede von 1881 machte dem offenen Kriege ein Ende, aber der stille Kampf ging weiter, denn dir Diplomaten hatten es verstanden, das Boerenland in Fesseln zu schlagen, die ein jung aufstrebendes kräftiges Volk nicht ertragen kann. Im Jabre 1883 ging deshalb Krüger mit einer Deputation nach London, um eine Abänderung der Kon vention von Pretoria zu erlangen gegen eine Regulierung der Westgreuze im engliichen Sinne. Schon ein Jahr später wurde dann eine Konvention unterzeichnet, die der Republik die volle Unabhängigkeit wiederzab. Jede Suzeränetäl wurde durch diese Konvention von 1884 aufgehoben, einzig der sogenannte „Artikel IV" blieb bestehen, und er fesselte auch in der Folge die ausländische Politik der Republik. Die treibenden Kräfte in dem letzten Akte des Dramas „Südafrika" waren Rhodes, die TrauSvaal-National-Union („Refonner"), Chamberlain und Milner. Wir geben hier wieder, was Krüger über die Männer sagt, die Transvaal zum Verzweiflungskriege getrieben haben. Ueber Rhodes und seine Kompagnie schreibt Krüger: „Für das Verständnis der neuesten Geschichte Südafrikas ist die Kennt nis der„CharterelConipauy"unentbehrlich, und ihre Erwähnung bringt mich von selbst aus den Mann, der am meisten zu dem Unheile beigetragen hat, bas Südafrika getroffen hat; der, was seine Bewunderer auch sagen mögen, zu den gewissen losesten Personen gehört, die jemals gelebt haben. Dieser Mann »st der Fluch von Südafrika gewesen; eS ist Cecil John Rhodes. Seinen Reichtum batte er durch Diamant spekulationen in Kimberley gewonnen, und durch die Ver einigung der Kimberleyer Dlamanlininen hatte er sich sehr großen Einfluß in der Gelbweck erworben. Später wurde er zum Mitglied LeS Kapparlamenles gewählt, und endlich im Jahre 1890 wurde er erster Minister in der Kapkolonie. Bereits früher hatte dieser Mann fein Auge auf die Binnen länder Südafrikas gerichtet. Durch lein Zulun war die Einverleibung von Land Gosen und Stellaland in die Kap- kolonie zu stände gekommen. Er betrachtete nämlich dieses Gebiet als den gegebenen Weg nach den Binnenländern von Südafrika. Bereits im Jahre 1888 kam aus seine Veranlassung ein Traktat zu stände zwischen Sir Hercules Robinion, dem damaligen Hohen Kommissar, und dem Matabelebäuptling Lobengula. Kurz danach wußte er für sich selbst eine Kon zession von Lobengula zu bekommen. Obwohl ihm diese Konzeision nur das Recht gab, Gold und andere Metalle im Lande zu suchen, benutzte er sie ausschließlich dazu, festen Fuß ini Matabeleland zu fassen und die Ausbreitung der Südafrikanischen Republik nach dieser Richtung hin zu ver hindern. Sebr bald sah er ein, baß er bieseS Ziel nur unter vem Schutze Englands erreichen könnte, darum begab er sich nach England, um eine sogenannte Charter (d. h. einen Bries ober eine Urkunde, welche bestimmte Rechte, hier das Recht auf selbständige Verwaltung und bestimmte Monopole, sichert) zu erlangen. Das glückte ihm auch ohne große Mühe; es ist uuzweffelhaft, daß viele der höchsten Perionen in England Anteile an seiner Coartered Company bekamen. Rhodes erhielt seine Charter, obwohl man fragen konnte, welches Recht denn eigentlich Vie englische Regierung aus dieses zi" vcko Npodes eine Charter verlieh, und eine Gesellschaft wurde gebildet mit einem Kapital von einer Million Pfund Sterling. Kurz daraus, im Jahre 1890, rüstete Rhodes eine Expedition auö, um „sem" neues Gebiet in Besitz zu nehmen. Der Protest deS Matabelekönigs, der sich dem Einbringen der RhobeSexpebilion widersetzte, jümmerte ihn nicht. Ec nahm Mashonaland in Besitz und baute da einige Forts. Es zeigte sich aber bald, baß Mashonaland weder für Landbau oder Viehzucht rentierte, noch als Golblanb Bedeutung hatte. Er mußte also auf Mittel sinnen, nm sich ces Matabelelandes zu bemächtigen, bas, wie er dachte, reiche Goldfelder barg. Zn diesem Zwecke mußte er Lobengulu in eine» Krieg zu verwickeln suchen, und bas glückte ihm nur zu gut. In Afrika wird behauptet, daß er es war, der — und zwar durch seinen Gouverneur — Lobengula Mitteilen ließ, die MashonaS hätten Vieh gestohlen und Lobengula müsse sie züchtigen. Daraufhin tändle Loben gula sofort einen Jmpi (Häuptling ober Offizier) ab, wie das in solchen Fällen immer geschah, um für den Raub Sühne zu heischen. Rhodes aber benutzte diese Sendung eines Jmpi als Vorwand, um nun die Bestrafung Lobengulas zu fordern, weil er die Masdonas ermorden ließe. Wie dem auch sei, Rhodes erreichte sein Ziel, d. h. es kam zum Krieg. I)r. Jameson rüstete ein Kommando, welches die Matabele rasch auseinander trieb und mit Maxims zu Hunderten niederkartälschie. Lobengula soll auf seiner Flucht nahe am Sambesi gestorben sein. Was müssen die Gedanken dieses schwarzen Potentaten in seinen letzten Levensstunden über eine sogenannte Christennalion gewesen sein? Doch das konnte einen Rhodes nicht stören. Er ließ sofort das Matabeleland nach allen Richtungen nach Gold durchsuchen, und als diese Untersuchungen nur ärmliche Resultate lieferten, stieg bei ihm der Gedanke auf, sich der reichen Goldfelder der Südafrikanischen Republik und damit zugleich der Re publik selbst zu bemächtigen. Auch diese Tat brachte er spater zur Ausführung." Auf Rboveö' Verantwortung kommt der Raubzug von 1896, der den Grund zu einem unausrottbaren Mitztiauen gegen die Engländer gelegt hat. Der „Jamesonritt" enbigie fast als Komödie. Verein für Innere Million. In dem CykluS von Vorträgen über „Moderne Weltan schauung" sprach am Mittwoch abend <m großen Saale des Evang. Vereinshauses Prof. I). Kirn über „Glaube und WisIenschaft" vor auyerocdentlich zahlreicher Zuhörerschaft. Seinen Ausführungen entnehmen mir folgendes. Das Und in dec Ueberichrift „Glaube und Wissenschaft" ist keine trügerische Brücke; die Geichichie unseres Volkes zeigt, daß beides zulammen gehört: Die Wissenschaft bahnt dem Glauben den Weg, der Glaube gibt der Wissenschaft die Tiefe. Heute ist zwar von einem Bunde beider wenig zu sehen. Den Glauben kann aber die Tatsache ermutigen: Gegnerschaft gegen ihn findet sich nicht bei den Führern der Wissenschaft. sondern bei Nachbetern und Halbgebildeten. Wissenschaft und Glaube gehen von verschie- denen Bedürfnissen des Menichen aus und haben verschiedene Ziele. Die Wissenschaft will die Welt nach ihrem Zusammenhang deutlich machen, zuerst, um ihr Vorteile für den Menschen abzuringen, dann, um im Wissen dem Menschen das Bewußtsein geistiger Kraft zu geben. Aber alle GrsaRungSwissenschast liefert keine abgeschlossene Erkenntnis. Aus die Fragen nach den Anfängen des LebenS, des Bewußtseins, des Gewissens, der Religion und auf die Fragen nach den Ausgängen des Menschen und der Menschheit gibt die Wissenschaft keine Antwort. Einzelne Forscher haben ihre Schranken überstiegen und den Monismus für die einzige wissen- schastliche Weltanschauung erklärt. Ihr Hülssmittel dabet ist die Entwickelungslehre: aus der Erde vollzieht sich nach natürlichen Gesetzen absichtslos eine stetige Höherbildung. So sollte die Entwickelungslehre den Gedanken an Gott ausschließen, in der Tat ist sie ober bestimmt, einen Wendepunkt iu der Wisjenschait herbeizusühren. Schlägt das Aufwärts durch, dann ist der Gedanke der weltüberlegenen Intelligenz unumgänglich notwendig. — Was der Glaube ist, zeigt das Neue Testament: JesuS weckt die Zu versicht, daß Gottes Gedanken Friede und Liebe sind, daß Gott in ihm allen mit Trost und Hülfe nahe ist. Dieser Glaube stiftet einen persönlichen Zusammenhang mit Gott und schafft eine wahrhafte Umwertung alle Werte, lleberall auf der Erde schrieen Menschen aus Not und Schuld zum Himmel, nur in einer Person ward den Menschen die Antwort, nur im Namen Jesus gibt eS Beireiung von dec Sünde. — Wissenschaft also er möglicht materielle und geistige Beherrschung der Welt, der Glaube aber geht auf das persönliche Leben, er will ewiges Leben in Ver- biudung mit dem Ewigen. Was bedeutet mehr? Die Wissenschaft ist eine Provinz für wenige, der Glaube die geistige Heimat für alle. Zwiespalt entsteht zwischen beiden, wenn eins ins Herrschafts gebiet des andern übergreift. Offen ist der Zwiespalt bei der Wunder frage: Die Natnrwisseinchaft dars nicht mit dem Wunder rechnen und der Glaube kann nicht auf die Gewißheit des persönlichen, göttlichen Waltens verzichten. Das Wunder ist nie als Durch- brechung der Naturkräfte aufzufassen, sondern als Begründung des höheren Lebens durch neue Kruste. Tie Probleme der Wissen schaft iührcn vor die Pforten des Glaubens. — Ter nächste Vor- trag findet wegen dec Anwesenheit Sc. Majestät des Königs in Leipzig nicht Mittwoch, den S., sondern erst Donnerstag, den 6. November, abends H.9 Uhr statt. Ghmuasialoberlehrer A. Uhlig, Leipzig, wird Las Thema behandeln: „Humanität und Christen tum". Gerichtsverhandlungen. Königliches Lnnvgcrtcht. 6. Leipzig, 30. Oktober. Bei den Artilleristen ist es vielfach zur Gewohnheit geworden, ab geschossene Granaten zum An- denken an die Dienstzeit mitzunehmen, obgleich der Z 291 des Reichsstrafgesetzbuchs die Aneignung der bei den Artillerie- Uebungen verichossenen Munition mit Geldstrafe bis zu 900 ./L oder mit Gefängnisstrafe bis zu 1 Jahr bedroht. Auch der 27 Jahre alte Klempner Richard Hermann B. ans Varel, der in den Jahren 1897 und 1898 seiner Militärpflicht beim IO. Fuß artillerie - Regiment m Straßburg genügte und 1898 zur Versuchs - Kompagnie der Artillerie - Prüfungskommission in EunnerSdorf als Kanonirr kommandiert war, hat kurz vor Ostern 1898 vom Schießplatz in Cunnersdorf eine abgeschossene 6-em- Granate und einen Granalznnder mitgenommen und für sich be halten. Als B. nach Leipzig übersiedelte, nahm er die Granate mit. Lein Wirt hegte aber Bewrgnis, daß dieselbe noch Unheil anrichten könnte und brachte die Tatsache zur Anzeige. Gegen B. wurde hieraus Anklage aus Grund von H 291 erhoben. Ter Gerichtshof hielt die geringste zulässige Geldstrafe von 3 ./L für eine aus reichende Ahndung, im Nichlzahlungssalle tritt ein Tag Gefängnis an S'ellc derselben. Das von dem 24 Jahre alten Schreiber Paul Ernst G. in Leipzig begründete Auskunft-;- und Hypotheken-Lerinittlnugs-Biircan hatte in Jntercssenten-Kreisen nicht die erforderliche Beachtung gr,.mven unv es versuchte daher G. schließlich, sich durch Ka n t ion s- fchwindeleien Geldmittel zn verschaffen. Am 27. Juni engagierte G. den Bureaudiencr W, dec 500 ./L Kaution stellen sollte, derselbe konnte nur 488 ./L beibringen, es wurden ihm daher die fehlenden 12 ./L vom ersten Wochenlohn abgezogen. Ec hat keinen Pfennig zurückcrhalten, sondern auf «eine Mahnungen nur grobe briefliche Antworten erhalten. Noch schlimmer i,t es dem von G. gleichfalls als BureauLiener engagierten Ge. ergangen, der eine Kaution von 1000 ./L emgebüßt hat. Dagegen hatte sich dec BureauLiener We., der als Sicherheit an G. ein Sparkassenbuch mit einer Einlage von 787./L und eine einklagbare Forderung von löO./il abgetreten halte, genügend gesichert, so Laß er sein Sparkassenbuch unversehrt zurückerhielt. Als Ge. um Rückgabe seiner Kaution drängte, verreiste G., mietete sich aber in einem hiesigen Hotel ein, in welchem er aus Anzeige Ge.'s am 18 September verhaftet wurüe. Bei Gelegenheit einer Hypothekenvermiltlung soll sich G. noch weiter einer Urkundenfälschung schuldig gemacht haben. G. wurde unter Anrechnung eines Monats der erlittenen Untersuchungshaft zu einem Jahre sechs Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehrenrechtsverlnst verurteilt. Aus Grund LeS ärztlichen Gutachtens wurde der 27 Jahre alie Bäckergeselle Ernst Withelm Z. aus Eislcben von der Anklage des schweren Diebstahls freigejp rochen. Z. hat aus dem verschlossenen Koffer seines Zimmergenossen, dc-s Schlossers K., unter Anwendung eines fallchen Schlüssel-L I Taler gestohlen, um seine Miete bezahlen zu können. Er hat ober tags daraus den Taler wieder hineingelegt. Er will dabei nichts Un rechtes gedacht haben, weil er mit K. eng befreundet sei. Dies hat aber letzteren nicht gehindert, Anzeige zu erstatten. Ter Gerichisarzt Herr Or. Lhümmler erklärte, daß Z. während seiner Dienstzeit bei der Artillerie vom Pferde gestürzt sei und eine Gehirn- erschntlerung erlitten habe, ec zeige noch gegenwärtig eine gewisse geistige Schwäche. Auch sei Z. Epileptiker, der in der Untersuchungs hast häufig manchmal täglich zwei bis drei epileptische Anfälle er litten habe. Es sei daher nicht ausgeschlossen, daß sich Z. zur Zeit der Tat in einem Zustand befunden haben kann, durch welchen seine freie WillenSbestimniung ausgeschlossen war. Mit Ruck acht aus dieses Gutachten gelangte der Gerichtshof zur Freisprechung Zs. Mehrere Kautionsschwindcleien wurden dem 26 Jahre alten, bereits mehrfach bestraften Kaufmann Jesko Hans Sch. aus Zittau zur Last gelegt. Im Sommer vergangenen Jahres be gründete Sch. in Gemeinschaft mit B. ein Geschält, da-s sich mit dem Vertrieb eines patentierten Silber- und Melall-Putzmittels beichäs- liqte. Sch. besaß kein Kapital, B- sollte 2000 ./L einschieben, konnte aber nur lOOO ausbringen. Als die Mittel aufgebraucht waren, versuchte Sch., durch Kautionsschwindeleien für das Gelchäst Mittel zu erlangen. Im Juni meldete sich auf eine von Sch. erlassene Annonce der Markthelfer G-, der eine Sicherheit von 500 in 120 ./L baar und 380 ./6 in einem Svarkasjenbuche stellte. Sch. hat die Einlage des Sparkassenbuchs abgehoben und sich durch die unwahre Angabe, er bekäme ans Planen noch 2000 ^li, am 22. Juli weitere 300 ./L und später noch einmal 50 ./t zn verschossen gewußt. Ein zweiter Bote Ge., der bei Sch. Stellung suchte, wurde um 300 ./ll ge schädigt. Auch der Conipagnon Schs. hat sich nach dessen Behaup tung 1000 von einem jungen Mann, den er in Dienst nahm, verschafft, ist aber drei Tage darauf auS dem Geschäft ausgetreten. Ter Angeklagte Sch. wurde unter Anrechnung eines Monats der erlittenen Untersuchungshaft zu einem Jahr einem Monat Gefängnis und 2 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. Vermischtes. —- Verbreitung des Deutschtums. DaS Deutschtum auf der ganzen Erde wird nach einer Berechnung in den Mit teilungen des AUgem. Deutschen Schulvereins durch 88 276 500 Köpfe vertreten. Davon entfallen auf Europa 76 536 000, aus die Vereinigten Staaten von Amerika 10 000 000 Menschen deutscher Nationalität. Kanada zählt deren 400 000, das übrige Nordamerika 7000. In den Mittelamerikanischen Freistaaten wohnen 8000 Deutsche, auf den Westindischen Inseln etwa 10 000; Süd amerika zählt 195 000 Deutsche, davon Brasilien 400 900, die übrigen verteilen sich wie folgt: Kolumbien 3000, Vene zuela 5000, Uruguay 5000, Argentinien 60 000, Paraguay 3000, Cbile 15 000, Peru 2000, sonstige Gebiete Südamerikas 2000. DaS Deutschtum Afrika« beläuft sich auf 623 000 Menschen, von reuen etwa 600 000 auf Südafrika gezählt werden. Auf Asien rechnet der Artikel 88 000, wovon aus Niederländisch-Jndien 50 000, auf Russisch-Asien 30 000, aus Türkisch-Asien 5000, China 1500, Japan 1000 kommen. Auf Australien und Neuseeland sitzen 106 500 Deutsche. All diese Zahlen können keinen Anspruch auf Genauigkeit machen. j Eisenach, 29. Oktober. Tas 94. Infanterie- Negi in c n t feierte heute in Anwesenheit vieler seiner früheren Angehörigen den 200. Jahrestag seines Be stehens. Tie Kaserne, das Rathaus und viele Privat- hoilser sind prächtig geschmückt. Abends sand großer Zapfenstcrich und hieraus B e grüß n n g im Festsaal des „Fürstcnhoses" statt. Rian sah zahlreiche wetßbärtige, mit Orden und Ehrenzeichen geschmückte Männer. Von den Kvmpaguicchcss des Kricgsjahres 1870/71 waren an wesend: Oberst n. D. Wintcrberger und Major a. T. R öse, weiche beide mit stürmischen Hochs begrubt wurden. Major v. Wartend e r g eröffnete den Abend mit einem in jubelnder Begeisterung aufgenommenen Hurra auf Kaiser und Großherzog. Ein alterKricger gedachte unter großem Bcisall der aufopfernden Führung der Offiziere des Regiments während des großen Krieges, besonders rühmend hervorhcbend den alten, unvergleich lichen Oberst Winterbcrgcr. Sein Hoch galt den Füh rern des Regiments. — Erster Bürgermeister vr. von Fcwsvn überbrachte namens der städtischen Behörden und der Bürgerschaft dem Jubelrcgiment und speziell dem 2. Bataillon herzlichen Glückwunsch. — Major v. Warten berg dankte der Bürgerschaft Eisenachs, die so innigen An teil an der Jubelfeier genommen hat. — Kaufmann Otto Darr-Eisenach gedachte der Gefallenen und versprach, namens der Festversannnlung am Denkmal von Wörth einen Kranz niederlegen zu wollen. Noch manche Rede wurde gehalten und lange noch gingen bei Gesang und Musil die Wogen der Begeisterung. — Tie morgende F cier wird durch einen G o t t e s d i e n st eingelcitct, zu welchem Ober Pfarrer 1>. Kiefer die Predigt hält. Au den Gottesdienst schließt sich mittags die Parad e. Jin Hinblick aus die überaus rege Beteili gung — die heutige Feier mar von weit über 2000 Per sonen besucht — findet für jede Kompagnie iu einem eigenen Lokale die eigentliche Feier statt. — Fertigkeit im Maschinenschreiben läßt sich bekanntlich nur durch Ausdauer erreichen. In Nordamerika werden, wie die „Köln. Ztg." berichtet, den Anfängern ;u dem Zweck ähnliche Fingerübungen auferlegt wie den Klavierspielern. Als beste Hebung bat inan einen geistreichen Satz gewählt, den der Lernende auf einer alten Schreibmaschine unerbittlich bis zum vollen Erfolg immer wieder abklappern muß: ?acl< mv 1>ox vitli tivo ckoron liquor .jnss, Packe meinen Koffer mit fünf Dutzend Krügen Likör. Der Satz hat die Eigen tümlichkeit, daß in ihm sämtliche Buchstaben deS Alphabets vertreten sind, jeder Konsonant rindet sich nur einmal darin. Der Versuch, einen ähnlichen Uebungsstoss in französischer, russischer oder lateinischer Sprache zu erfinden, soll bisher gescheitert sein; ob er wohl im Deutschen gelänge? ----- Tas französische Vrangcwcrbc bat sich in den letzten Jahren in beachtenswerther Weise entwickelt, und es ist ikm gelungen, eine starke rückgängige Bewegung in die Bier ein fuhr aus dem Auslände zn bringen. Wie sich aus einer vom Brasseur Fram,ais veröffentlichten Statistik für die ersten neun Monate der letzten drei Jahre ergibt, betrug daS Bruttogewicht fremden nach Frankreich eingesübren Bieres in den genannten Monaten deS Jahres 1900 fast 182 000 Meterzentner (zn je 100 lex), im gleichen Zeitraum 1901 nur 117 000 und 1902 wenig mehr als 139 000 Meterzentner. Ist auch der starke Rückgang von 1900 zn >901 zum Teil durch den Mehrverbrauch im AuSftellungSjahre zu erklären, so fehlt dieser Grund für die weitere Verminderung 1902. Die stärkste Abnahme ist in englischen Bieren sestzustellen: Englands Biereinfuhr sank von 12 293 Meterzentnern im Jabre I9Ö0 auf 91l l im folgenden und auf 7578 iu diesem Jahre. Au deutschen Bieren, die immer noch mit 81 Prozent der Gesamteinfuhr an der Spitze stehen, kamen nach Frankreich: 1900 146',z tausend, 1901 123-^4 tausend und 1902 117 tausend Meterzentner. Also auch hier ein beträchtlicher Rückgang. Eine Zunahme hat im laufenden Jabre nur die Einfuhr des Pilsener und des schweizerischen Bieres erfahren. Für die wachsende Leistungsfähigkeit der französischen Brauereien spricht auch der Umstand, daß die Ausfuhr französischen Bieres langsam steigt: von 87'/z tausend Meterzentnern im Jahre 1901 auf 91 tausend im Jahre 1902, so daß man die Stunse voraussehen kann, wo die Ausfuhr die Einfuhr aus gleichen wird. Die Gründer der größeren Brauereien in und um Paris sind freilich zumeist Elffiffer mit gut deutsch klingenden Namen: Karcher, Zimmer, Gruber, Moritz usw. iZücherbesprechungen. Katechismus für Jäger und Jagdfreundc von Franz Kricklrr. Zweite Auflage durchgcschcn von G. Knapp. Mit 57 Ab bildungen. In Lriginalleincnband 3 .//. Verlag von I. I. Weber in Vcwzig. Ter criie Abschnitt des Katechismus bak cs mit der Jagdliertnnde zu tun und vermittelt die genaue Kenne niö der Gcivolmbeiken, LcbcnSbcdingungcn und Eigentümlich - tcitcn des Wildes; der zwecke Abschnitt tuender sieb den Wild ständen und deren Verwaltung zu; der dritte Abscbrckr endlich verbreite! iieb über die Hilfsmittel des Jägers, die Jagdivasfcn und die Jagdbiinde, und erörtert in 32 .Kapiteln die Jagd der einzelnen Wckdartcn. Ter anhangsweise gegebene Jagd talendcr, der aus zwölf Leiten sehr übersichtlich angcordnet m, berücksichtigt am ausführlichsten die Einzelslaarcn des deutschen Reiches, dann aber auch die angrenzenden österreichischen Länder und die Schweiz. M /ÜHMMiff/ckbl' IllllI illlllll tllO Nein äi68M)u'j§6l' UMM. ^ii8lllM MlitttMr Viliimi, nie: skMeliei', 8ekvletteii, UrMelm, WreliMIm, ISRlWMInl-, SelMren, rmle Kerle een l.elnen, »Meinen, »ennlenjucil, piqnk. vilicllenten u. ksküinea, AW- von Monlnxx- «tvn L. Alovon»k«i - nk statt. ^sKvnsst»*assv 4. 6» l^vlspkon 1SVS.
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