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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021101025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902110102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902110102
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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Nachdem der Reichstag am Donnerstag die Gesammt- abstimmuug über tz 1 Absatz 2 de- Zolltarif« esetze» voll- zogen uud Vie für die Regierungen unannehmbaren Minimal sätze für Getreide, Vieh und Fleisch in zweiter Lesung definitiv genehmigt, auch den dritten Absatz unter Ablehnung eines sozialvemokratischeu Antrags angenommen hatte, vertagte er sich aus Verlangen deS Zentrums bis Dienstag. Begründet wurde dieser Antrag mit der Rücksicht auf katholische Feier tage; außer dieser Rücksicht ist aber sicherlich für die Mehrheit auch der Wunsch maßgebend gewesen, Zeit zur „Umkebr" zu gewinnen. Das ging schon daraus hervor, daß der Antrag Barth, die Verhandlungen über die Zolltarif-Borlage einft- weileu abzusetzeu, mit allen gegen die Stimmen der Linken verworfen wurde. Ein Schritt zu dieser Umkehr ist ja be reit» am Mittwoch mit der Erdrosselung der Anträge deS Bunde» der Landwirte geschehen. Ueber die Bedeutung dieses Ereignisse» schrieb am Donnerstag abend die „Nar.-lib. Korresp.": „Die parteipolitischen Folgen des unerwarteten Vorstoßes, den da» Zentrum gestern gegen den Bund der Landwirte gemacht hat, indem «S durch den Aiirag Herold Vie Wangenheimschen Anträge vou der Tagesordnung verschwinden ließ, lassen sich noch nicht vollständig übersehen. Jedenfalls hat haS Zentrum di« Anträge Wangenbeim in einer Weise be- hitigt, für die der Aus ruck „Erdrosselung" vielleicht »och zu milde ist. Für seinen Einbruch in das Rheinland und Westfalen, Provinzen, die das Zentrum al» seine unantastbare Domäne betrachtet, hat der Bund gestern im Reichstag die Quit tung erhalte». Der bisherige Guerillakrieg hat sich zu einem offenen, erbitterten jtamni auk offenem Blachseld entwickelt. oa etn ser»«e»s Zusammengehen veioer Parteien un- imöglich machen muß, wo, wie in Bayern, der gemeinschaftliche Haß gegen die Nationalliberalen sie zu einem Bündnis gegen dieselben zusammen zu führen sch en. Weit verhängnisvoller aber gestalten sich die Folgen des Vorgehen» des Zentrums gegen den Bund für dessen Stellung in der konservativen Partei. Politische Kurzsichtigkeit der letzteren bot dem Bunde bereit- willigst die Grundlage, auf der er sich organisieren, Wurzel fassen, ausbreitrn uud schließlich di» Konservativen erdrücken und überflügeln konnte. Dos ^och des Bundes lastete täglich schwerer auf der konservativen Partei, die bis aus die letzte Zeit au- Furcht, ihre Rechen zu sprengen, kaum den Mut besaß, wider den Stachel zu löcken. Aber gestern ergriff ein großer Teil der Konservative» diese ihnen vom Zentrum gebotene Gelegenheit uud richtete dadi rch ein« Scheidewand zwischen sich und dem Bund auf. Das Orga der Bündlrr, die „Deutsche TageSztg.", sucht diese Tatsache zwar heute srüh noch zu verschleiern, indem e» diejenigen, dir für den Antrag Herold d. h. für den Tot schlag der Wangenheimschen Anträge stimmten, als de« Mitleids Bedürftige, einige wenige al- die geistig Armen der Partei hinstellt, die nicht wußten, wa» sie thaten. LH nein l Es waren nicht einige wenige, sondern uahrzu zwei Drittel uud unter ihnen die Blüte der kon servativen Partei, wir die Herren Graf Kanitz, Kropalschrck, Graf Schwerin u. a„ die durch ihre Abstimmuug gegen den Bund der Landwirte endlich den Entschluß faßten, eine deutliche Scheidelinie zwischen den bündlerischen Agitatoren und dem alten Stamm der konservativen Partei zu ziehen. Heute abend scheint nun La- Organ des Bundes der Landwirte, die „Deutsche Tages- zritung", doch die Konsequenzen der gestrigen Vorgänge zu ziehen: in ihren heftigen Angriffen gegen den Grasen Schwerin liegt die nicht mißzuverstehende Drohung des Austritts Les Bunde» der Landwirte aus der konservativen Fraktion. Auf die herausfordernde Sprache der Vündler werden die Konser- valiven schwerlich die gebührende Antwort schuldig bleiben. Der Riß zwischen beiden klafft unverhüllt vor aller Augen und laßt sich auch nicht mehr durch eine etwaige äußerliche Nachgiebigkeit von Seiten der Mehrheit der Konservativen heilen: die Scheidung der Geister hat sich vollzogen!" Ganz so optimistisch sind wir nun freilich nicht; daß aber die Erdrosselung der Wangenheimschen Anträge ein Beweis dafür ist, daß wenigstens die große Mehrheit deü Zentrums und der Konservativen in den Zollsraaen von Len Führern des Bundes abrückt, um sich kein R.gierungsslankpuickle zu nähern, steht außer Zweifel. Es fragt sich nur noch, wie der Anschluß an den RegierungSstandpunkl mit Würde zu vollziehen sei. Von einer Seite wird vorgeschlagen, nach Beendigung der jetzt statifindenken Lesung deS TarlfgesetzcS nicht alsbald zu der des Zolltarif» zu schreiten, deren Ende unabsehbar sein würde, sondern sofort die dritte Lesung des Tarisgesetzes folgen zu lassen. Dadurch würde die Mehrheit in die Lage kommen, in abseh barer Zeit ihre soeben gefaßien unannebmkaren Beschlüsse betreffs der Getreide- und Vieh - Minimalzölle zurück zunehmen. Von anderer Seite wird gegen diesen Plan mit Recht eingewtiikel, daß seine Durchführung den ver bündeten Regierungen zu spät Gelegenheit geben würde, bei der Beratung des Zolltarifs einige Zugestänomsse zu machen, die der Mehrheit die Umkehr erleichiern würben. Aber wenn der Will- zu. Uiiitchr voryauve» ist, jo wird sich auch ein Weg finden. Man darf daher den weiteren Ver handlungen deS Reichstags mit um so größerer Spannung entgegenleben, je klarer am Mittwoch die Macht der Mehr heit, die Verlchleppungsversuche der vereinigten Büudler und Sozialdemokraten erfolglos zu machen, zutage getreten ist. Tie Klosterfrage in Baden. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, jo steht in kurzem die Entscheidung über die Zulas,ung von Männer klöstern tn Baven bevor. Noch vor nicht allzu langer Zeit durfte man hoffen, daß es den vereinten An strengungen aller wahren Vaterlanbsfreunde gelingen werde, den Ullramontanen mit ihren maßlosen An sprüchen eine Niederlage zu bereiten. Aber gerade in den letzten Tagen haben sich diese Hoffnungen stark herabge mindert. Die Gerüchte über eine neuerlich- Einmischung des Erbgroßherzogs und der preußischen Regierung mögen ja der Begründung entbehren, die Anwesenheit des Erz bischofs von Freiburg, Nörber, und sein Empfang in Karlsruhe geben aber zu denken. Die „Köln. Volksztg." bestritt allerdings die Nachiicht, daß zwischen dem i Erzbischof und dem Ministerpräsidenten über diese I Frage eine Aussprache stattgefunden habe. Die Nachricht I trat jedoch zu bestimmt aus, um gänzlich aus der Luft gegriffen zu sein. Und kann man sich denn nicht auch in anderer Weise verständigen? Der Erzbischof kam angeblich nur nach Karlsruhe, um ter Einweihung der neuen BernharduSkirche beizuwohnen. Aber dazu wäre ihm von den badischen Behörden sicherlich nicht ein io großes Maß von Zuvorkommenheit bewiesen worden. Wie der ultramontane „Badische Beobachter" meldet, ließ die Bahnverwaltung den Schnellzug mit dem kirchlichen Würdenträger nicht wie sonst am zweiten, sondern am ersten Bahnsteig halten, eine Bevorzugung, die sonst nur Mitglieder des Herrscherhauses und deren fürstliche Gäste genießen. Auch die Anwesenheit des groß herzoglichen Paares und deS KuliuSministerS während des ganzen FestgotlesdieusteS, sowie vieler staatlicher hoher Würdenträger beim Festmahle ließ erkennen, daß der Erz bischof nickt nur der Einweibungsfeier wegen in Karlsruhe weilte, sondern daß ihn die Regierung als Gast des Groß- Herzog« ansab. Nur naive Gemüter tönnen vermuten, baß man solchen Empfang einem Manne bereite, dem man später eine sehr bittere Pille zu schlucken geben will. Alle diese Vorgänge verdienen die größte Aufmerksamkeit, damit die eintretenden Ereignisse nicht eine unliebsame Ueberraschung bringen. Der Schiedsspruch in der Samoafrage. Unter dieser Uebersckrifl schreibt die amtliche schwedische „Post-och Inrikes Tie." in Siockholm in amtlicher Form: „Am 7. November 1809 wurde in Washington zwischen I. M. der Königin der Vereinigten Königreiche Großbritannien und Irland, S. M. dem deutschen Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reiches, und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine Vereinbarung abgeschlossen, die bestimmte, daß die Schadenersatzansprüche, die insolge gewisser militäisicher Unlernebmungen erhoben worden seien, die im Frühjahr 1899 aus den Samoainseln statlsanoen, dem Schiedssprüche deS Königs Oskar II. unterstellt werden tollten. Die Bestätigungen diese« AvrvmmenS wurden am 7. März 1900 in Washington auS- gewecksctt. Am naäsiolgcnden 17. Mai ersuchten die hiesigen Vertreter der drei Signatarmäckte durch gleichlautende Noten S. M. den König, den Austrag als Schiedsrichter anzunchmeu. Die Zustimmung des Königs zu diesem Er suchen wurde den Ge^aiidlcn am 17. Juli 1900 milgetcilt. Am 21. September 1900 winden die Mächte ersucht, wenn möglich vor dem 1. Dezember ibre Beschwerden dem Schiedsrichter zuzustellen, jedoch erklärte Seine Majestät sich bereit, diese Frist gegebenenfalls zu verlängern. Am 5. Oktober ersuchte die britische Regie rung den König, zuerst prüfen zu wollen, in wieweit die militärischen Unternehmungen, welche die deutschen Beschwerden veranlaßt hatten, unberechtigt oder berechtigt gewesen seien. Eine Denkschrift bezüglich dieser Frage solle dem Könige unterbreitet werden. Seine Majestät erklärte, nichts dagegen zu haben, daß diese Frage zuerst entschieden werde, und die britische Regierung benachrichtigte die beiden anderen Signatarmäckte von ihrer Absicht, die oben eiwäbnte Denkschrisl dem Schiedsrichter zu übergeben. Am 12. November 1900 wurde von deutscher Seite das erste Schriftstück überreicht. Tie Denkschrist der britisckcn Regierung tam am 27. Mai 1901 und das erste Schriftstück der Vereinigten Staaten am 29. Juni desselben Jahres an. Nachdem am 1. Juli jeder einzelnen der drei Signatarmächte die Schriftstücke der beiden anderen in der SchiedSgerichlsfraze milgeteilt worden waren, verlangte die Regierung der Vereinigten Staaten eine neue Frist zur Einholung von Aufklärungen aus Samoa zu dem Zwecke, gegen das deutsche Schriftstück repli zieren zu können, welche» Verlangen später auck von der britischen Regierung unterstützt wurde. Au» diesem Grunde bewilligte der König unter dem 14. August 1901 eine Frist von sechs Monaten für die Einsendung der Repliken, gerechnet vom 1. September 1901 an. Am 29. Januar 1902 ging die deutsche Replik ein, die auf Verlangen des deutschen Gesandten den beiden anderen Signatar mächten mitgeteilt wurde. Am 13. Februar wurde die Replik der Verciniglen Staaten und am 27. des selben Monats die britische überreicht. Der König beschloß, daß jeder einzelnen der Signatarmächte die Repliken der anderen zur Prüfung mitgeteilt werden sollten. Für die Einreickung weiterer Einwendungen in der Sache wurde eine Frist von 30 Tagen festgesetzt, gerechnet vom 3. März an. Hiervon machte nur die deutsche Regierung Gebrauch, die am 1. April zwei neue Schriftstücke einsandte. Im April 1902 beauftragte der König den früheren StaatSrai und Präsidenten L. Annerstedt und den srüberen Staatsminister Professor an der Universität Ebristiania F. Hagerup mit dem früheren Oberrichter auf Samoa Landrichter C. Cedercrantz, der bereit» im Herbst 1900 den Auftrag erhalten batte, das nach und nach eingehende Material durchzugehen und zu ordnen, einen Ent wurf zum Schiedssprüche auszuarbeiten und vorzulegen. Nachdem jeder für sich von sämtlichen Schriftstücken zur Frage Kenntnis genommen batte, traten diese Herren Ende Mai zu einer mündlichen Besprechung zusammen, worauf ein erster Vortrag vor dem König statlfand. Während deS Sommer» wurde die Behandlung fortgesetzt und Ende Auaust fand «in neuer Zusammentritt statt. Nack einem neuen Vortrage vor dem König Ende September wurde der Wortlaut deS SckiedS- sprucke« in Ucbereinstimmung mit de» einhelligen Vorschlägen der drei Herren festgestellt, worauf der König am 14. d. Mt» das Schriftstück selbst unterzeichnete." Zur Reffe Chamberlains nach Südafrika. Von bestunterrichteter Londoner Seite wird versichert, daß für den Plan der Cbambrrlainscken Reise der dringende Wunsch MilnerS entscheidend war. Letzterer habe erklärt, er könne keinerlei Bürgschaft für eine befriedigende Entwicke lung der Dinge in TranSvaal uud Oranje übernehmen, so lange in der Kapkolonie eine Regierung am Ruder sei, welche unter dem direkten Einfluß der Afrikanderpartri stehe. Sir Gordon Sprigg sei viel zu schwach, um sich dem Boeren- clement zu widersetzen; vielmehr sei zu erwarten, daß bei den nächsten Wahlen die Holländer eine starke Mehrheit im Kap- parlament erhielten, welche dann ihre Macht im Interesse des BoerentbumS rücksichtslos auSnützen würden. Chamber lains Anwrsenbeit solle also zunächst zur Wiederherstellung einer mit der TranSvaalverwaltung im Einverständnis han delnden Kapregierung führen. Um die» Ziel zu erreichen, müsse nötigenfalls die Verfassung in der Kapkolonie zeitweilig aufgehoben werden. — Weiter wird uu» geschrieben: Dir bevorstehende Reise Chamberlain» nach Südafrika wirft bereits ihre Schatte« vorau». Die zur Ohnmacht verurteilt« Milnerjche Gruppe im Kapparlament hat dnrch ihreu Führer Feuilleton. Das Findelkind. Roman von rrnst Georgy. vlachvruck verbalen. Erste! Kapitel. Erna irr Paris. Vor -er entzückenden Medicäer-Fvntäne im Luxem bourg-Garten in Parkt» sa,en zwei Jünglinge. Der eine hatte seinen Feldstuhl dickt vor die Staffelei gestellt und beides kunstvoll mit dem großen Malschirm überdacht. So saß er, vor den heiße, Sonnenstrahlen geschützt, wie unter einem Zelte. Seine Augen wanderten mit scharfem Blick zu -er herrlichen Mirmvrgruppe „Acis und Gala- thea", die von Polpphcm iberrascht werden, — dann zu rück zu seiner Leinwand. Er pinselte eifrig und strich ab und zu mit dem Rücken di r linken Hand über die feuchte ^tirn, dabei tief seufzend. Der andere saß lässig auf der Neben ihm lag sein Stizzenbuch, nnbcnntzt. Er starke, in sich versunken, am das plätschernde Wasser des schön», Brunnens. Tie Laune spielte mit den herum- spritzer^en Tropfen in allen Farben des Regenbogen». — Plötztch schreckte er ans seinen Träumen auf. Der Maler warf seinen Pinsel aus der Hand und wandte sich ihm zu: „Du, — 'Ludwig! — Mensch, schläfst du? Jetzt, am Hellen Tage?^ „Nein, Hanntz», ich denke nur nach! Im übrigen wäre cs kein Wunder wenn ich einschltefe ober langsam am Sonnenstich erkra»kte. Es ist Mittag! Wir sitzen hier tn der sengenbsten Glu. ohne jeglichen Schatten. Aber du bist ja von deiner Arbeit nicht fortzubekommen l" — „Na, weißt du, Freundchen, verkenne die Sachlage nicht! Aus purem Begnügen kaffe ich mich auch nicht gerade hier durchbraten l Aber mein Blutsauger wartet auf das Bild, und der leer«. Beutel zwingt zum Fleiß. ES ist ein Jammer, baß man die herrliche Zett an solche Handwerker-Arbeit verschwende« muß. Aer ! Du Krösus kannst ja diese ökonomische Hetzpeitsche hinter mir gar nicht nachfühlett. Du kannst dich -einen Träumen htngeven und dir deine angevettte Erna volmann vor die geistigen Auge« zaubern, so lange und viel du willst!" Ludwig lachte: „Wenn «UM dich hört! Ich mit meinem mageren Wechsel von zweihundert Francs kann auch keine Sprünge machen! — Aber es war doch ein netter Einfall von meiner russischen Tante, so plötzlich aus diesem Jammertal zu fliehen, damit ich ruhig studieren kann!" „Du kanntest die gute alte Dame gar nicht?" — „Gott bewahre!" entgegnete der Gefragte. „Als meine Eltern noch lebten, da sprachen sie wohl dann und wann von der schönen Lenia, die in Petersburg verheiratet sek. Briefe liefen sehr selten ein. Wir erfuhren, daß sie Witwe geworden, daß ihr Sohn russischer Offizier sei. Später teilte ich ihr Mutters und dann Vaters Htnschctden mit und zeigte ihr an, daß ich nach Paris ginge, um mich zu einem tüchtigen Bildhauer auszubtlden. Und dann kam plötzlich durch den deutschen Konsul die Nachricht, daß sie gestorben sei und für mich auf zwölf Jahre die Mittel znm Studium hinterlegt habe. Wie dankbar ich der un bekannten Tante bin! Gesegnet sei ihr Andenken!" Er sprach die letzten Worte mit tiefgefühlter Innigkeit. Der junge Maler packte inzwischen seine Sachen zu sammen. „War deine Mutter eigentlich Russin?" sagte er zerstreut. „Gewiß!" erwiderte der andere, — „Vollblut! Ans Moskau. Vater lernte sie in Karlsbad kennen un heiratete sie vier Wochen später. Die Ehe war sehr glück lich. Ach, und wenn du meine schöne kleine „Matnschka" gekannt hättest!" „Nach dem Bilde sah sie aber doch ganz deutsch auS!" — meinte Hannes Bollried und blickte den Freund an. ,Meil sic blond war und blauäugig? O nein, da irrst du gewaltig! Der Schnitt der Augen, die längliche Nase mit den etwas breiten Flügeln, die Kopfform, darum lache ich ja immer, wenn sie in der Pension Fräulein Bol mann für eine echte „Germania" halten. Ja, ja, sic hat die germanischen Farben, den hohen Wuchs. Und -och ist ihr Typus russisch un- erinnert an meine Mutter, — ich versichere dich, in jeder Linie! Ich lasse mir auch nicht einreden, daß nicht doch irgend ein slawischer Bluts tropfen in ihren Adern rollt!" „Antok, Ludwig, Mensch, du bist köstlich!" — lachte der Maler und klopfte dem Bildhauer aus die Tchulter. „Alter Junge, verbrenne dir bloß bei dieser kalten Protzentochter die Flügel nicht. ES wäre jammerschade um dich! Denn „die" denkt doch nie an dich!" — „Da magst du recht haben!" — rief Antok seufzend. — „Ja, wenn ich beute schon ein berühmter, reicher Künstler wäre; aber so! — „Die Sterne, öle begehrt man nicht, «an freut sich ihrer Pracht". Und erfreuen können sich unsere geschulten Augen doch an diesem Rasse-Geschöpf, nicht wahr? Schön ist sie, wunderbar schön in jedem Zuge, jeder Linie ihres Körpers! Dao Urbild der Aristo kratin l" „Ludwig, du schwärmst!" — ermahnte Vollrieb lachend. „Wenn ein wirklicher Aristokrat hörte, daß du die Woll- händlerötvchter, das Kaufmannskind, so zur echten Aristo kratin stempelstl Tas ist ja fast Lästerung!" — Er hatte sein Malzeug verpackt. Antok half ihm beim Tragen, und hvchbeladen wanderten die jungen Leute durch den svnnenbestrahlten Teil des Gartens. Sie kamen in eine Gegend, wo aus den Schmuckanlagen ein schattiger baumbestandener Park wurde. Hier herrschte wohltuende Kühle. Hierher hatten sich die müßigen Pariser Pflaster treter mit ihren Zeitungen, die alten, erhvlungobedürfl tigeu Damen und die Bonnen mit den kleinen Kindern geflüchtet. Und doch war die Laune aller durch die sengende Gluthitze gedämpft. Statt des Lachens und Jubelns der tobenden Jugend, das sonst die Plätze er füllte, herrschte heute erquickende Stille. „Ruhen wir uns hier noch ein Weilchen aus", schlug Autvk vor. „In den Straßen ist es jetzt siedend, da kön nen wir uns erst stärken. Dort tn dem Rondell, beim Watteau-Denkmal, ist cs leer. Aus der Bank sitzen nur zwei Damen, und die graulen wir mit unserem Farben duft fort!" „Ich bin so artig, daß ich aus der Hand fresse vor lauter Gehorsam. Also setzen wir uns noch einmal nieder. Madame hat das Dejeuner heute ja erst um zwei Uhr an befohlen!" „Weshalb?" „Weil heute der vierzehnte Juli, also bas Volksfest ist! Da bekommen wir das Diner erst nm neun Uhr serviert. Nach diesem wandert die ganze Pension, in Gruppen ge teilt, zur Leine. Dort wird auf den Inseln ein großes Feuerwerk abgebrannt. Später wird mit dem Volk auf den Plätzen getanzt. Wozu haben die guten Pariser denn die Bastille gestürmt? Das muß doch gefeiert werben! Um zwei U»r treffen sich die gesamten Schützlinge von Madame auf dem Eoncorbten-Platz bet der Sträßburg- Statuc, nnd darauf wirb der schöne Tag ober vielmehr die lustige Nacht in einem Sass beschlossen!" „Das Programm ist gut! Nun ist mir auch die Ruhe hier klar. Abgesehen von der erschlaffenden Hitze, schläft Paris für heute nacht jetzt schon Vorrat!" „Unsinn, da kennst du eS schlecht! Gan» Parts und unsere Pension eingeschloffen, ist draußen tn üongchaw». Der Präsident nimmt in höchsteigener Person die Parade ab. Unsere Engländer und Amerikaner wanderten schon um sieben aus. — Donnerwetter, meine Damen, Sie hier?" Vollried war um das Gebüsch gebogen und stand er staunt vor den beiden Frauen, die sie schon aus der Ferne bemerkt hatten. Auch Antok stand still. Eine Blutwelle färbte sein blasses, interessantes Gesicht plötzlich dunkelrot. Er riß die kleine weiße Mütze von den braunen Locken nnd verneigte sich verwirrt. — Das schöne Mädchen, von -ent sie so viel gesprochen, saß mit ihrer Gesellschaftsdame auf der Bank. Sie ließ das Buch, aus dem sie augenscheinlich gelesen hatte, in den Lchoß sinken und lächelte. „Wir müssen schrecklich aussehen!" rief sie, „die beiden Herren sind ja förmlich versteinert!" Hannes hatte sich zuerst gesaßt. „O nein", meinte er fröhlich, „aber wir hätten hier sicher eher die rächenden Götter, als Sic. meine Gnädigste, erwartet. Sie ver« muteten wir in Longchamp!" „Ucberdies glaubte ich Sie in einem Wagen gesehen zu haben", ergänzte der Bildhauer. „Das kann sein; die Marquise Charbart holte uns ab. Aber der Lärm in den Straßen, der Stand, dte Sonne und mein Kopfschmerz, im übrigen liebe ich solche mili- türische Schauspiele bei dreiundzwanzig Grad Röanmur nicht. Kurz, ich entschuldigte mich, bestieg mit Schmibtchen einen leer vorbeifahrenden Fiaker, und hier sind wir! Ist das Rätsel gelüst?" — erwidert« Erna volmann un schaute kühl auf den sungrn Bildhauer, dessen Verehrung ihr schon längst durch seine Blicke bekannt war. Er senkte verwirrt die Lider. Der unordentliche Aufzug, in dem sie daher kamen, sein schmutziger weißer Roa, der oben drein mit Farben bespritzt war, ärgerte ihn. vollried hatte ihm Klappstuhl un- Malkasten aus der Hand genommen und auf dte Bank zu den übrigen Sachen gelegt. Er war nicht mit dem Herzen beteiligt, und daher unbefangen. „Wollen die Herren nicht Platz nehmen?" forderte Frau Schmidt auf, während ihr Schützling ruhig »VN einem zum andern sah. „Wenn Sie und daß gnädige Fräulein unser« male risch-naturalistischen Aufzug entschuldigen wollen, — —- gern!" — sage der Maler und lieh sich in einiger Ent» sernung von Erna nieder. ^Sol Auf meiner Joppe sind waschechte Farben, daher ist weine Nähe ES wäre schad« um das -a-sche, ««itzseidene Kleitzl* — Er betrachtet« Erna» Rotze „murs*. — MtzttzNO tztztzsitz
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