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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190211029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-02
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1902
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Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, oha» Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung .Sl 70.—. Annahmrschluß siir Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pokz in Leipzig. Str. 558. Sonntag den 2. November 1902. 96. Jahrgang. Aus -er Woche. Mit der Annahme der KommissiooSbeschlüfse auf Bindung der Viebzölle im Zollgesetz halte die agrarische Opposition gegen die Zollresorm ibren Höhepunkt erreicht. Eigentlich in jenem Augenblicke schon überschritten. Die Wendung, deren Symptome täglich deutlicher hervortreten, hatte schon vorder ihren Anfang genommen und die Mindestzölle für Bich fauven wohl nur deshalb noch eine Mebrheit, weil dieser Beschluß „nicht» mehr verschlug", nachdem die Er höhung der Minimatsätze sür Getreide die Arbeit zweiter Plenarlesung ohnehin zu einer fruchtlosen gemacht batte. Man konnte noch einmal auf feinem Standpunkte beharren, odne irgend etwa» zu gefährden, und man glaubte rm Zentrum dies tun zu müssen, weil man hier die Erkenntnis von oer Aussichtslosigkeit einer wesentlichen Umgestaltung der Regierungsvorlage im Kreise der Wädler noch nicht für genügend verbreitet erachtete. Aber der Operationstisch, auf dem den Patienten der Staar gestochen werden soll, wurde schon bei dieser Abstimmung über die Viebzölle hergerichtet. Graf Ballestrem ist ein in bäuerlichen Zentrumskreisen hochange sehener Mann, und er stimmte gegen die Bindung der Vieh- und Fleischzölle und somit gegen seine Partei. Das war em Äerbalten, geeignet und Wohl auch bestimmt, bei den ländlichen Zentrum »Wählern Eindruck zu machen, und die Parteileitung ist diesem Abgeordneten gewß dankbar dafür, daß e. sich gegen sie gewandt. Der Umstand, daß Graf Ballestrem, solange er Präsident deS Reichstages ist, nicht in der FrakiionSlrste geführt wird, beeinträchtigt das Gewicht seines Votums für seine Partei und innerhalb derselben selbst verständlich nicht. Die Nichterwähnung der Partei,ugebörigkeit des bei der Leitung der Verhandlungen zu strenger Unpartei lichkeit verpflichteten Präsidenten ist ein alter, hübscher, aber politisch nicht- bedeutender Brauch. Bei großen poli- tstchen Entscheidungen bleibt so ein Mann, was er als Ab geordneter war, und seine Autorität bei den politischen Freunden wird, sofern er, was beim Grafen Ballestrem im hohen Maße der Fall ist, als Präsident die Achtung und Verehrung auch der anderen Parteien genießt, durch die daS äußerliche Fernbleiben vom FraktionSverhavde bedingende höchste ,'arlameotarische Stellung nicht vermindert sondern gehoben. Durch deS Grafen Ballestrem Votum gegen die einschoei- dendstea der vom Zentrum mitgefaßtrn KommissionSbeschlüfse wird dem Gros dieser Partei der Rück,ug auf die Regierungs vorlage moralisch außerordentlich erleichtert. Praktisch ist diese Bewegung gefördert und gewissermaßen rmgeleitet worden durch die Abstimmung deS Abg. Müller-Fulda über die Biehzölle, die sich mit der des Grafen Ballestrem dccktc. Herr Müller ist der handelspolitische Generalissimus einer sehr starken Gruppe deS Zentrums, und um die Fahne, die er abseits und sogar in einer Feindseligkeit verkündenden Haltung aufgepflanzt, wird sich rin großer Bruchteil der klerikalen Frakuon in dritter Lesung scharen. Darüber, daß er nicht des Verrats beschuldigt werden wird, war Herr Müller wohl schon vorher — um wenig zu sagen — beruhigt, weil rS Tat sache ist, daß seine, sowie die Abstimmung deS Abgeordneten Grafen Ballestrem in der ZentrumSpresse bl-her fast gänz lich ignorirt worden sind. Diese beiten Voten — die weiter aus dem Zentrum im gleichen Sinne abgegebenen wollen nicht viel besagen — bildeten das erste Signal zum Abmarsch in der Richtung der BunveSratsvorlage. Nummer zwei war der energische Griff, mit dein der Leim Vieh noch „fest"gebliebeae Ab geordnete Herold mit seiner ganzen Partei und —waS wert voll ist — untci stützt von Konservativen, dem Frdrn. v. Waugen heim und somit der Leitung de« Bunde- der Land wirte daS Löwensell von der — natürlichen Bedeckung riß. Der Anblick, den die also in ihrer Schwäche Enthüllten boten, war komisch, und belustigend war die Sozialdemokraten anzu schauen, die, unausgesetzt auf Mißbrauch der Geschäfts- ortnuug sinnend, durch eine vollkommene loyale Be nutzung dieses Hau-geietzes de« Reichstag» in einen Zu- stanv maßloser Verblüffung gerieten. Der Lustspiel-Effekt wurde noch verstäikt durch den Umstand, daß die Verlegenheit und der Zorn der „Wortführer der Armen und Aermsten" erregt waren durch eine Niederlage der „fortgeschrittensten Brolwucherer". Daß Sozialdemokratie und extremagrarische BerufSagitatoren denselben Strang ziehen und einander brü derlich die Hände reichen, war freilich nicht« Neue«, aber noch niemals mit solcher Moliöreschen Unerbittlichkeit bloß gelegt worden wie durch den unverhohlenen Schmerz eines Singer über den Uebergang zur Tagesordnung über einen Antrag Wangenheim. Betreten von dem gemeinsame» Mißgeschick der BundeS- leitung und der Sozialdemokratie war man aber auch in Kreisen, wo man die Beseitigung des Antrag« Wangenheim nicht tadeln durste. Der Link-liberali-mu-, namentlich dessen rechter Flügel, witterte sofort etwa« wie GrabeShauch für die sreihändlerischen Ideale. Und ihr Geruchssinn dürfte sie nicht betrogen haben. Noch ist freilich die Lage «ine un sichere und die Mitteilung von bereits getroffenen definitiven, sür die Regierungen annehmbaren Vereinbarungen sind mit größter Vorsicht aufzunehmrn. Aber gewiß ist der konser vative Freiherr v. Manteuffel au- der lange beob achteten politischen Zurückgezogenheit nicht herauSgetrrten und in den Wanvetgängen dr- Reich-tag- erschienen, um die Wirderaufnabme einer Schulgesetzaktion oder die Angelegenheit der katholischen Fakultät in Straßburg zu betreiben. Es wird ernstlich, d. h. mit ernsten Absichten, verhandelt; die- steht fest. Der Erfolg ist, wie gesagt, nickt sicher, indessen die von AaSgabe zu Ausgabe sich mehrende Angst der freisinnigen und verwandten bürgerlichen Presse darf als guter Barometerstand angesehen werden. Die Herren dieser Richtung sind bekanntlich erbitterte Gegner der Regierungsvorlage; die unannehmbare Erweiterung derselben lvar daher der Fels, auf den sie bauten. Ei» Symptom dieser Furcht ist auch der Antrag Barth gewesen, die Weiterberatang des ZollgesetzcS auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Der Antrag war lauge geplant und hätte wenigstcn« rmt Sophistenlünsteu begründet werden können, ehe da- von Leistungsfähigkeit und Zweckbrwußtsein zeugende Fortblasen der Wageuheimscheu Hindernisse die Behauptung, jede Weitrrberatung fei nutzlos, zu nichte gemacht hatte. Herr Barth war vielleicht rechtzeitig auf gestanden, aber er hat zu lange mit feiner Toilette zu gebracht. So erntete er rin den unbefangenen Zuschauer er heiternde- Fiasko; er zog sich mit seinem Antrag aber zu gleich ein Unglück zu, daS ihm verhängnisvoll werden kann. In dem Augenblicke, wo er die Zollangelegenheit unerledigt in den Sumpf zu werfen emptabl, sprach sich der, auS allen Tbeilen deS Reiche-gut besuchte Ausschuß de» Handels- Vertragsvereins einmüth'g dahin au«, daß „die der zeitige Unsicherheit der handelspolitischen Zukunft für den Geschäftsgang von Handel und Industrie unerträglich" sei. Nur Herr Barth wollte diese Unsicherheit auf un bestimmte Zeit verlängern. DaS kann der Freisinnigen Dereiugung bei den nächsten Wahlen um so übler bekommen, als der Handelsvertragsverein anscheinend den Kamps gegen die Regierungsvorlage aufgegeben hat. In seiner jüngsten Resolution ist die in den bisherigen Kundgebungen so hesiig vorgetragroe Verurteilung der Erböbung von Leben-mittel- zöllen auch nicht einmal andentnng-weisewiederbolt. DerHanbelS- vertragsverein scheint „umgefallen" zu sein, und wenn daS an seinem grünen Holze geichieht, so wird selbst die freisinnige Kritik einen Verzicht der Rechtes auf bisher festgebaltene Mehr- forderungen nicht scharf tadeln dürfen. In dem Prinzip, in dem Gebiete, wo eine Sinnesänderung vielleicht al« „Um fall" verhöhnt werden dürste, war eine große Mehrzahl der Majorität von Anbeginn einig. Man wollte wesentlich eine Veritärkung de» landwirtschaftlichen Zollichutze» und über haupt die Möglichkeit, zu Handelsverträgen zu gelangen. Jetzt handelt e« sich um QuantstätSfragen, deren Beantwortung, nachdem eine wirksame Erhöhung der landwirt schaftlichen Zölle schon von der Regierung vorher vorgesehen ist, naturgemäß unter dem Gesichtspunkte de« zweiten Postu lat«, dem Verbleiben bei der VertagungSpolilik, zu eriolgen bat. Wenn der Freisinn wissen will, was ein wirklicher Umfall ist, so mag er in seinen eigenen Annalen blättern. Der am eigenen nationalen Programm bei der Schaffung der ReichSverfafsung geübte Verrat, fein Abfall im Kulturkampf sind Beispiele echten Umfalls. In der Zollangelegenheit bandelt es sich jetzt aber nur um Groschen mehr und Groichen weniger, und derartiges — das mutz sogar den sonst so prm- zipienstarren Wählern einleuchten — reicht nicht auS, um einen Starrkopf im Lichte eines Helden erscheinen zu lassen. Deutsches Reich. 0.8. Berlin, 1. November. (Abg. v. Voll mar über da« Zentrum.) Der Abg. v. Vollmar, der sich höchst selten in Berlin bören läßt, hat sich dieser Tage in dem bi« auf den letzten Platz gefüllten Saale bei Buggenhagen vor den Genossen deS III. Berliner Wahlkreise- in einer langen und interessanten Rede über da- Zentrum und die Sozial demokratie ausgesprochen. Er schlug energische Töne gegen das Zentrum an, da» mit aller Macht zu bekämpfen sei. Freilich müsse man hierbei da- religiöse Moment bei Seite lasten, denn der Programmsatz „Religion ist Privatsache" könne nichts anderes bedeuten wie volle Neutralität gegen über den kirchlichen und religiösen Lehren, soweit sie nicht zu politischen Machtzwecken benutzt werden, Die ausschlaggebende Stellung, die das Zentrum jetzt bade, verdanke es nur der Tordeit deS Kulturkampfes. In Bayern bade vor diesem eine Zeotrumspartei kaum bestanden; sie habe sich erst bilden können, nachdem daS Volk gesehen, daß der Gendarm in der Sakristei gebieten solle. DaS Zentrum habe dann kluger Weise den demokratischen Mantel umgehängt und gegen den Militarismus gewettert. Nachvem e« aber zur Macht gelang», sei r- auS der militärfeindlichsten die militärfrommste Partei geworden; heute spiele es sich sogar als die eigentliche Kaiser partei auf. Habe der Abg. Gröber doch erklärt, daS Zentrum sei daS festeste Bollwerk des Throne«, ohne da- die christliche Gesellschaft vernichtet werden würde. WaS solche Erklärungen auf sich hätten, ginge freilich daraus hervor, daß seiner Zeit der Papst den Katholiken Frankreichs empsohlen habe, den Uebergang von der Monarchie zur Republik zu vollziehen. DaS Zentrum laste sich eben vollständig sür die Zwecke der römischen Kurie gebrauchen, die in jedem Staate «ine andere Politik vorschreibe. Einen eigenen Willen habe e« nicht, am wenigsten den, freiheitliche Errungenschaften zu erhalten. DaS habe man bei der Isx Heinze gesehen und sehe e» täglich. Jetzt spiele es sich al« eine Aibeiteipartei auf. Alles, was auf sozialpolitischem Gebiete geschehe, solle ihm zu verdanken sein. Nun habe aber Bischof Korum erklärt, datz man Sozialpolitik treiben müsse, sonst fielen die Arbeiter ganz der Sozialdemokratie zu; e« sei also nur ein Konkurrenzbestreden, waS da- Zentrum zur Erörterung der sozialpolitischen An gelegenheiten treibe. Biskbof Kettrler von Mainz habe seiner zeit den Abg. Fritzsche, Vertreter von Berlin IV im Reichs- tage, al- em Muster hingestellf und den Anschluß an die von ihm, Fritzsche, geleitete Gewerkschaft-organisation empfohlen; beute aber betreibe da- Zentrum die Gründung konfessioneller Gewerkschaften. Da- werde jedoch nicht viel nützen und den SiegeSzug der Sozialdemokratie nur wenig aufhalten, wenn diese e« verstehe, den katholischen Arbeitern ein Licht über da- Zentrum auszusteckeu. Dolle zwei Stunden sprach Vollmar und erntete stürmischen Bestall. Vielleich' bezog sich dieser am meisten darauf, daß der Redner ver sicherte, au» den bevorstehenden Kämpfen, die h«ißer und allgemeiner werden würden al« je zuvor, werde die Sozial demokratie al- die ausschlaggebende Partei hrrvorgehen. Aber jedenfalls sielen auch seine Mahnungen zur Bekämpfung deS Zentrum- auf fruchtbaren Boden. -1- Berlin, 1. November. (Zur Kräftigung der Wohnung-reform.) Der „verem ReichS-Wodnun g-gesetz" schickt sich an, einige Schritte zu tuu, die, gute« Gelingen vorausgesetzt, wohl geeignet sind, die Wohnung-reform ein gutes Stück vorwärt- zu bringen und der ganzen Woh- nungSreformbewegung die ihr so dringend nötige größere Einheitlichkeit und Wucht zu verleihe». Zunächst befindet sich ein große-, einbeitliche- und umfassende« Reform- programm für dieganze Wohnung«- und Ans, edelungSfrage in Vorbereitung. Em Ent- Wurf ist unter sorgfältiger Berücksichtigung der schon Jahre währenden wissenschaftlichen Vorarbeiten des Beremö von besten Geschäftsführer ausgearbeitet worden und wird dem- nächst im Vereinsaustragr, wenn vorläufig auch nur als Privatarbeit deS Verfassers und ohne vorangegangene Stellungnahme de« Vereins dazu, veröffentlicht werden. Die hervorragendsten Sachkundigen aus dem Gebiete der Woh nungsfrage in Deutschland sollen kann gebeten werden, unter Benutzung dieses Entwurfes als Grundlage ihre wert volle Mitwirkung zur Feststellung de« endgültigen Programms zu leiben. E« steht zu hoffen, daß rm dergestalt aus so langwierigen und sorgfältigen Vorbereitungen hervor- gegangeneS Programm dann auch einen sicheren und guten Berater und Führer für alle WobnungSresormbestrebunren abgeben wird. Der Vc> ein Reichs-WobnungSgeietz beabsichtigt weiter, die so angeknüpsten Verbindungen mit den wichtigsten Trägern und Leitern der WobnungSreformbewegung dauernd festzuhalten und weiter auSrubauen. Er ist nämlich schon zur Zeit mit einer gründlichen Aenderung seiner ganzen Organisation beschäftigt. Er beabsichtigt, eine beträcht liche Anzahl der Leiter und Führer der WoknungSreform- bewegung in Deutschland zu bitten, als ein über bas ganze Reich verbreiteter Ausschuß in die Organisation deS „Verein- Reichs - Wobnungsgesetz" einzutreten. Zugleich sollen Orts gruppen deS Vereins gegründet oder noch lieber bestehende tätige WohnungSresormvereine alsOrt, pruppeo gewonnen werven. Aus diese Weise würde allmählich eineArtZentralorganisativn undVereinigung all der verschiedenen Wohnung-- reformbestrebunqen geschaffen werden. Zur Klärung der Meinungen und namentlich zur Belebung und Kräftigung der ganzen Resonnströmung ist dann endlich ein Allge meiner Deutscher WobnungSkon greß vom Verein ReichS-WohnungSgesetz inS Auge gefaßt, etwa sür den Herbst lS04. Nimmt man zu dem allen noch hinzu, daß der Verein im Winter 1903 auf 1904 wahrscheinlich in «ine starke und schon lange geplante Agitation sür rin Vorgehen deS Reiche« in der Wohnung«- und Anstebelungsfrage eintreten wird, so wird man zügelten müssen, daß sich, wenn nicht unvorher gesehene Dinge vorkommen, eine wesentliche Belebung und Kräftigung der WodnungSresormbestrebungeu bei un- in Deutschland für die nächsten Jahre erwarten läßt. 4 Berlin, 1. November. (Abkürzung der Geschäfts zeit.) Viele Anzeichen deuten darauf bin, daß, nachdem der 9 Ubr-Ladenichluß allgemein durchgefüdrt ist und sich in die Gewohnheiten der Allgemeinheit verhältnismäßig leicht eingelebt hat, in absehbarer Zeit Weiler gegangen wird im Erstreben einer Abkürzung der Geschäfts zeit. Nicht wenig bemerkenswert ist, wie in den kauf männischen Geschäften ohne Verkaufsläden, in welchen die durck eine Mittagspause nicht geteilte Arbeitszeit üblich ist, die Dauer der Arbeit kürzer zu sein vfl'gt, als bei den Be trieben mit geteilter Arbeitszeit. Unter den verschiedenen Gewerbegruppen findet sich ungeteilte Arbeitszeii in nicht ganz unerheblichem Maße in der Spedition und Kommission, im Buch- und Musikalienhandek, der HandelSoermittelung und der chemischen Industrie, sowie besonders im Geld- und Kreditbandel. In den Betrieben mit ungeteilter Arbeitszeit haben etwa 32 Prozent eine Arbeitszeit von 8 Stunden und weniger, 43 Pro; eine solche von 8—9 Stunden, 12 Proz. von 9—10 Stunden, insgesamt also eine Arbeitszeit von 9 Stunden und weniger 55 Proz., eine solche bis zu 10 Stunden 88 Proz. der Betriebe. Die längste Arbeits dauer haben unter den Gewerbegruppen im allgemeinen die Gewerbe der Nadrungs- und Genußmittel-Jndustrie und der Metallverarbeitung. ES wird sich fragen, ob, wenn später zum 8 Uhr-Ladenschluß über gegangen werken sollte, sür die Geschäfte mit Nahrungsmitteln und Cigarren nicht eine Aus nahme gemacht wird. (-) Berlin, 1. November. (Telegramm.) Gestern vor mittag unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen Aus- ritt. Mittag« empfing der Kaiser den Oberpräsidenten von Btlhrnann - Hollweg, der auch zur Fiühnückstasel ge zogen wurde. Nachmittags machte der Kaiser einen Spazier gang. Zur Abendtafel waren keine Einladungen er gangen. — Heute vormittag körte der Kaiser die Vor träge de« Staatssekretärs des ReichSmarine-AmteS v. Tirpitz und de- CbefS de« Marine-Kabinett- Fihr. v. Senden - Bibran. Mittag- hielt der Kaiser mehrere Empfänge ab, u. a. empfing er den Leiter der amerikanischen Jünglings- vereine Iame« StokeS und nahm die Rapporte der Leib- regimruter entgegen. (-) Berlin, 1. November. (Telegramm.) Der „RerchSanz." schreibt: Nachdem der Bun des rat beschlossen bat, daß die seitens der Negieiung der Vereinigten Staaten Amerikas ergangene Einladung zur Teilnahme an der Wrlt- ansftellung in Tt. Louis 1904 angenommen werde, ist nach erfolgter Ermächtigung de- Kaiser- der Geheime Ober- regierung-rat Letvald zum Reich« ko mmrssar für diese Au«stelluug ernannt worden. G Berlin, 1. November. (Telegramm.) Die die ..Nordd Allg. Ztg." hört, faaden iolgende Ber ändern »gen in der Be- irtzung der Posten vou LegattonSsekretSre» statt: Der bis- herige erst« Sekretär bei der Botschaft in London, Freiherr v. Eckardstein, ist auf seinen Antrag unter Verzicht aus den gedachten Posten vom 1. November ab aus rin Jahr veorlaubt; zu »einem Nachfolger in London wurde der bisherige Legationssekretär in München v. Bernstorfs ernannt, der durch ven bisherigen Legation-sekretär in Kopenhagen Gas v. Schwerin erietzt wird. Auf den Sekretärposlen in Kopenbagen ist der bi-herigr zweite Sekretär in Tokio Prinz Heinrich XXXl von Neuß jüngere Linie berufen, der den bisher der »emnkt. >chast in Bukarest koinmiffarilch zugeteilten LegatonSstkretär zrdr. v. Grün an zum Nach'olqer erhält. Dem bisherigen «weiten -ekrrtär in London l>r. Lcheller-Stetnwarv ist der erledigte llosten de- LegationssekretärS in Bukarest verlieben worden, während der bi-herige Legat on-sekretär bet dem Generalkoniulat in Egypten Freiherr v. dem Bu-iche-Haddenhauiea als weiter Sekretär nach London versetzt worden. Der Rach- folger de» letzteren wurde der bt-ber brr ber Botschaft in London an-hülf-weifr beschäftigt« Legation-sekretär Graf v. Luxburg. Ten erledigten Posten de- dritten Sekretär- in London erhielt der dort kommissarisch tätig gewesene Legation-sekretär v. Oppel. Den zur Zeit unbesetzten Posten eine« zweiten Sekretär- im Haag erhielt der frühere dritte Sekretär in London Graf v. Mtrbach-tzarff. (D Berlin. 1. November. (Telegramm.) Wie die „Kreuzztg." erfährt, bat sich da- Befinden deS ReickStagS- miiglleveS v. Levetzow so gebessert, daß eS zu den besten Hoffnungen auf Wiedrrgrnesung berechtigt. (D Berlin, 1. November. (Telegramm.) In dem Be finden de« Abg. Rickert, welche« gestern Abend äußerst besorgniserregend war (nach anderweitigen Meldungen soll es sich dabei um einen neuen Schlaganfall gebandelt haben. Red.), trat heute nachmittag eine leichte Besse rung ein. — Die im preußischen Etat verlangten, vom Abgeordneten bause aber abgelebnten Posten für KreiSschulrnspec- ioren im Hauptamte werden in den nächsten preußischen Etat nebst Forderungen für einige weitere Stellen wieder eingestellt werken. V Erlle, 1. November. (Telegramm.) Der Ober- konsistorialrat Hartwig wurde zum Abt vou Lockum ernannt. * Lasset, 1. November. Wegen seine« hoben Alter« hat der bald 70jährige Sanitätsrat I)r. Endemann (natlib.) abgelehnt, wieder eine NeichStagSkandidatur anzu nehmen. (Magdeb. Ztg.) * Ltcgnttz, 3l. Oktober. Die Reichstagsersatzwahl m Liegnitz für den verstorbenen Abg. Kaufmann findet am 11. Dezember statt. -r. Gera, 1. November. Der Erbprinz empfing gestern auf Schloß Osterstein in feierlicher Audienz den Köoigl. sächsischen Kammerberrn und Oberschenk Graf v. Ein siedel, der als Abgesandter des König« von Sachsen dessen Thronbesteigung anzeigte. In Begleitung deS Abgesandten befand sich der König!, sächs. LegatwnSsekretär l)r Wach. Sodann wurde vom Erbprinzen Freiherr v. Reitzenstein empfangen bebusS Ueberreichuag seines neuen Beglaubigungsschreiben- al- Königl. sächsischer Gesandter am fürstlichen Hofe. Nach den Audienzen fand Galatafel im Ahnensaale statt. * Ltratzbnrg, 31. Oktober. Der bisherige Kurator der Universität Straßburg, Ministerialrat Hamm, bat um Enthebung von seinem Nebenamt nachgesucht. Dem Vernehmen der „Straßb. Post" zufolge beabsichtigt der Staatssekretär, StaatSminister v. Köller, die Kurakorial- gescbäfte künftig selbst zu leiten. In preußischen Verhält nissen findet sich eine gewisse Analogie dazu, indem in BieSlau und in Königsberg die Oberpräsidenten selbst als Kuratoren der dortigen Hochschulen fungieren. DaS citierte Blatt fügt in merkwürdiger Ergebenheit hinzu: In den UniversuätSkreiseu ist die Nachricht al« Beweis des lebendigen Interesses der LandeSverwaltung sür die gedeihliche Weiter entwicklung unsrer Hockschule sehr gut ausgenommen worden. * München, 3l. Oktober. Zu der Abschaffung deS bayerischen GeneralsfederbuteS schreibt die „Bayer. Prov.-Korresp." u. a.: „Man erzählt in der Presse, daß der Kaiser bei seiner letzten Anwesenbeit in Bayern anläßlich ber Jubelfeier deS Germanischen MyseumS in Nürnberg auS eigener Machtvollkommenheit mit einem neuen Helm erschienen sei, um auf die maßgebenden bayeriscken Kreise einen Druck auszuüben, den Schiffbut abzuschaffen unv daS preußische Muster nackzuabmen. DaS ist natürlich blanker Unsinn, denn die Abschaffung deS alten GeneralS- buleS war schon längst eine beschlossene Sache und wurde, wie dies bei allen Neuerungen auf militärischem Gebiete der Fall ist, schon Monate vorher der preußischen Militärverwaltung mitgeteilt, we-halb denn auck ker Kaiser sehr wohl in der Lage war, bereits am 16. Juni den neuen Helm zu tragen. Daß eS sich keineswegs um eine „Ueberrumpelung" gebandelt bat, geht übrigens cara > zur Evidenz*bervor, daß bereits im Laufe deS .1 . auch die damals in Nürnberg anwesenden b er. . n Prinzen den neuen Helm trugen, die Sache c - schon von langer Hand vorbereitet war." Frankreich. König Eduard und die öffentliche Mein Die Nachricht, daß KönigEduard VII. d Cannes Aufenthalt nehmen werde, ist ber .: . - rufen wurden. Es verlohnt sich troydcm, auf d znwcisen. wie jene Meldung in Frankreich aus wurde. Der „F igaro" leitete sie mit den L eni „Eine g l ii ct l i ch e K u n d e ist gestern aus > . gekommen." — Und der „Ftgar o" schloß: mann in Frankreich wird sich übe: ie > - Reise freuen, die König Edua b langem plante, und die in gleiche W den Wünschen des Präsidenten I > r R publik und der französischen Reg >ui entspricht." — Sollte uns Deutschen die Wä > Begrüßung nicht zu denken geben ? Großbritannien. Kaiser Frau, Aosef und England. Der frühere englische Botschafter in Wien Sir Horace Rumdold bat einen Artikel über da- Verhältnis Englands ;u Oesterreich - Unaarn geschrieben, in dem er auch König Albert- ei wähnt. Es beißt da: Die Spmpalhien Kaiser Franz Josefs waren vorweg auf unserer Seite, und wer die sozialen Verhältnisse der Kaiserstadt kennt, weiß wodl, daß die Anglo phobie in jener Aimosvbäre nicht gedeidrn konnte. Der Kaiser spiach mich im Cercle vor einem großen Hofball »m Januar 1900 sofort an, wäbrend ich zwischen den Botschaftern Rußland« und Frankreich« stand und sagte: „Hirns cetle puerrv Hs suis tout lt krut cku eütü cio I'^ngleterro." Während seiner ganzen Negierung ist der Kaiser der festeste Vertreter eines herzlichen Einverständnisse- mit unS gewesen und bat eifrig die Beziehungen gepflogen, die in einem Vierteljahrhuabert bloß durch die voriibrrziehende Wolke jene- berüchtigte»
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