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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021107023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902110702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902110702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-07
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772« sichern Lonne», daß der würdige Herr Erzbischof au der I von der ultramvntanen Presse geübten geistigen Gift- l mischcrci für das Volk keinerlei Interesse noch Anteil habe. Rumänien und Bulgarien. Aus Bukarest, 5. November, wird uns geschrieben: Es wird mit aller Bcstimmtbeit versichert, da» die Reise dcS Königs Karl nach Rustschnk und Pleivna in Begleitung des Ministerpräsidenten Stnrdza infolge eines besonderen Wunsches des Zaren Nikolaus erfolgt ist. König Karl war ja schon seit mehreren Jahren einen Gegenbesuch iu Bulgarien schuldig, der jedoch stets im Hinblick auf die unfreundliche Haltung Bulgariens bezüglich der makedo nisch pauslavistischcn Agitation verschoben wurde. Fürst Ferdinand erblickte darin eine persönliche Kränkung und er versuchte mehrfach den König Karl durch Einwirkung von russischer Leite zu dem Gegenbesuche zu veranlassen. Der Zar hat daraufhin tatsächlich einige Schritte in diesem Sinne unternehmen lasten, wobei die Entsendung der Ab ordnung der panslavistischcn „Wvhltätigkcitsgesellschast"dic entscheidende Rolle spielte. Hierdurch sollte sür Rumänien der Nachweis erbracht werden, daß cs in Rußland keine politischen Kreise gäbe, welche die etwaige panslavistischc Propaganda der bulgarischen Agitation zu unterstützen geneigt seien. In gleicher Weise hatte die bulgarische Re gierung in Bukarest Bcrsicheruugen darüber abgegeben, daß sic künftig allen etwa auftrctenden revolutionären bulgarischen Agitationen auf rumänischem Boden, be sonders in der Dobrudscha rücksichtslos cntgcgentrcten werde. Erst infolge dieser doppelten Bemühungen ent schloß sich König Karl zu der Reise nach Rustschnk. Das Ergebnis der Wahle« in -en Bereinigten Staaten ist insofern überraschend, als die republikanische Partei ihre Stellung viel bester hat behaupten können, als man allgemein erwartete. Die endgültigen Ziffern liegen zwar noch nicht vor, doch scheint den Republikanern im Reprä sentantenhaus«: des nächsten Kongresses eine Mehrheit von 25 bis 30 Stimmen gesichert zu sein — jedenfalls genug, um den Einfluß der Partei in der Gesetzgebung in derselben Weise wie bisher zur Geltung zu bringen. Aus dem Wahl ergebnis lassen sich also keine Schlüsse auf eine tiefgehende Veränderung der Stimmung der Wähler mit Bezug auf den Tarif und die Trusts ziehen. Eine starke Verminde rung der republikanischen Mehrheit hätte wahrscheinlich zu einer baldigen Tarifrevision geführt und wenn auch die geringe Reduktion der republikanischen Majorität darauf hindcutet, daß die Strömung zu Gunsten einer Tarifrcvision stärker geworden ist, so ist dieselbe doch nicht stark genug, um der herrschenden Partei eine Aenderung ihrer Haltung geboten erscheinen zu lasten. Die Republi kaner bleiben bei ihrer Ansicht, daß die gegenwärtige Prosperität nur dem Hochschutzzvll zuzuschreiben ist, ob gleich, wie die „Frkf. Ztg." ausführt, jedermann weiß, daß die Erhöhung der Löhne bei weitem nicht der Steigerung der Lebcnsmittelpreise entspricht. Das Ergebnis der Wahlen ist — soviel kann man schon jetzt mit Sicherheit sagen — ein Vertrauens-Votum für den Präsidenten Roosevelt, denn sein Eintreten für Ehrlichkeit und Ge rechtigkeit gegenüber Cuba, seine Kritik der Trusts und seine crfolgreichcVcrmittcluug in dem Kvhlenarbciterstrcik haben ihm das Vertrauen der unabhängigen Wähler ge wonnen, die in der Regel den Ausschlag zu Guustcn der einen oder der anderen der beiden großen politischen Parteien geben. Ob und wie Präsident Roosevelt seine er höhte Autorität gegenüber seiner eigenen Partei, die durch ihn so viel bei den Wahlen gewonnen hat, zur Geltung zu bringen versuchen wir-, ist freilich eine andere Frage, denn um zum Präsidenten wieder gewählt zu werden, braucht er auch die politische „Maschine" der republika nischen Partei. Deutsches Reich. O Berlin, 6. November. Der Bundesrat ver sammelte sich heute zu einer Plenarsitzung und erteilte dem Gesetzentwürfe wegen der Kontrolle des Neichshaushalts- etats, des Landcshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushaltes der Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1902 die Zustimmung. Heber die Besetzung der Stelle des Prä sidenten des Bundesamtes für das Heimatswcscn wurde die Beschlußfassung ausgesetzt. Sodann stimmte der Bundesrat einer Reihe von Ausschußanträgen zu, so dem Anträge, betreffend Gewährung der Zollfrcihcit an die bet dem Deutschen Reiche beglaubigten Botschafter, Ge sandten usw., dem Anträge, betreffend Ergänzung -er Vorschriften über die Rückvergütung der Brausteuer bei der Ausfuhr von Bier, ferner dem Ausschußantrage, be treffend den Zoll- und Salzsteuer-VcrwaltungSkostenetat für Preußen, und dem Anträge über denselben Gegenstand für Elsaß-Lothringen: des weiteren den Anträgen über die Vorlage vom 10. April d. I., betreffend die Zolltarificrung von sogenannten Lurser-Prismen, über das Abkommen mit Belgien, betreffend den Verkehr mit Branntwein au der deutsch-belgischen Grenze vom 1. August 1002, sowie dem Ausschußantrage, betreffend das Abkommen mit Frankreich über die gegenwärtige Behandlung der Handlungsretsenden vom 2. Juli 1902. Auch dem AnS- schußautrage über den Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend Bestimmungen für den Kleinhandel mit Garn, sowie dem über -en Antrag des Königreichs Sachsen, betreffend die Erweiterung der Leistungen der Landes versicherungsanstalt Königreich Sachsen, gemäß 8 45 des Invalidcuversicherungsgesetzes wurde vom Bundesräte die Zustimmung erteilt. — Vor der Plenar sitzung hatten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Iustizwesen eine Sitzung abgehalten. Berlin, 0. November. (Krankenversicherung und Gcsind c.) Es ist bekannt, das; in der laufenden Session des Reichstages von einer Vorlegung einer Re - Vision der Krankenversicherung nicht mehr wohl die stiebe sein kann. Ebenso wie andere wichtige Rc- formfragcn, beispielsweise die Diätcnfrage, wird die der Durchsicht des Krankenversicherungsgesetzes den Reichs tag erst in der neuen Legislaturperiode beschäftigen. Einen Hauptstreitpunkt bei der Wetterführung der .Kranken versicherung bildet die Frage der Unterstellung des Ge lindes unter die Wirkungen des Gesetzes. Schon bei Beratung der ersten Novelle zum Kranken-Versichcrungs- gesetze haben sich die gesetzgebenden Faktoren eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Es wurde die Ablehnung der auf Unterstellung des Gesindes gerichteten Anträge vor allem um deswillen für richtig gehalten, weil man der Ansicht war, cs sei durch das Landesrecht oder durch Lokal statuten für die Krankenfürsorgc der Dienstboten aus reichend Sorge getragen. Inzwischen ist durch die Aus- führungsgcsctze zum Bürgerlichen Gesetzbuch die Fürsorge pflicht der Dienstherrschaft verschärft und erweitert wor den. Dennoch entbehren die Dienstboten der Kranken fürsorge. Wenn cs Städte und ganze Landstriche gibt im Deutschen Reiche, in denen die Dicnstboten-.ikrankenfür- svrgc befriedigende Regelung erfahren hat, so nrutz doch zugegeben werden, was neuerdings vom Rechtsanwalt Ile. Fuld in Mainz hcrvorgehobcu worden ist, daß das Prinzip, auf welchem die Kraiikcnversicherungsgcsctzgebung beruht, bas Prinzip der obligatorischen Beteiligung des Arbeitgebers an der Aufbringung der Beiträge, in den für die Krankenfürsorge der Dienstboten maßgebenden Vorschriften keineswegs allenthalben anerkannt ist, und daß ein Einfluß auf die Verwaltung der für sie bestimmten Kassen durch die Dienstboten wohl nirgends vorhanden ist: und was Inhalt und Umfang der Krankenversicherung für Dienstboten betrifft, so bleibt dieselbe weit hinter der Krankenversicherung des Reiches zurück. — Die Ansprache des Kaisers an die Garde- Rekruten batte folgenden Wortlaut: „Rekruten! Ihr habt Mir soeben den Fahneneid geschworen und damit angesichts der glorreichen und rohmgekrönten Feldzeichen aus- gesprochen, daß Ihr treu zu Eurem Kai'er sieben wollt in allen und jeden Lagen. Hierfür Meinen kaiserlichen Dank. Ihr werdet während Eurer Ausbildung manche schwere Stunde über Euch ergehen lassen müssen, denn der Kriegsdienst ist schwer und stellt hohe Anforderungen an Euch. Aber laßt Euch dadurch uicht anfechten, sondern tut, was von Euch verlangt wird, was Eure Vorgesetzten euch in Meinem Nomen befehlen werde». Tann werden aus Euch ganze Männer, aus die sich daS Vaterland verlaßen kann. Jeder tue an seiner Stelle seine Pflicht und lasse sich durch nichts irre machen. Denkt stets an Euren Fahneneid und schüttelt die Versucher von Euch ab. Ver gesset ober auch Euren Gott nicht, denn durch den Segen des Allerhöchsten wird Euch Euer Dienst leicht und lernt Ihr schwere Stunden überstehen. Schämt Euch nicht des Gebetes, das Euch einst Eure Mutter gelehrt hat. Wer Gott vertraut, ist noch nie untergegangen, und war di« Prüfung auch noch so schwer. Ihr habt Mir Treue geschworen, seid aber Euch selbst auch treu. Der Rock, Len Ihr tragt, ist Mein Rock, und Ehre dem, der ihn trogen kann. Laßt dies Ehrenkleid aber nicht beschimpfen, denn wer Euch beleidigt, tritt auch Mir zu nahe. Haltet aber Frieden mit jedermann, vergewissert Euch in der Stunde der Anfechtung Eures Eides und zeigt Euch würdig, dem Heere anzugehören und dem Wohle Les Ganzen zu Lienen, nach dem Vorbilde Eurer Väter. Wer feine Pflicht treu und gewissenhast erfüllt, der darf Meines Dankes versichert sein, und dem wird's auch wohlgehen, das war immer schon so. Nun gehet heim und tut Euren Dienst!" — Nach Angabe der „MünL. Neuest. Nachr." behauptete der Vorsitzende der Münchener Iungliberalen, Rechtsanwalt vr. Goldschmit, in der letzten Vereinssitzung, er wisse auS zuverlässiger Quelle, daß der nun verstorbene Führer der Freisinnigen Vereinigung, Abg. Rickert, noch in den letzten Tagen sich geäußert habe, er halte die Zollbindung mit 3 50 nicht für so wesentlich, er würde auch sür einen 5 Öl oder 5 50 <s-Zoll zu haben sein, wenn er nur die Gewiß ¬ heit hätte, daß Handelsverträge zu stände kämen. — In einem Beileidsschreiben des Kriegsministers v. Goßler an die Familie Rickert beißt es: „Wie ein Veteran iu dem parlamentarischen Kampfe unserer Zeit ist der nun Ver ewigte stets als der Ersten einer mit seinem warmen patrio tischen Herzen sür Kaiser und Reich und mit besonderem Erfolge auch sür die Erstarkung unserer Wehrkraft zu Wasser und zu Lande iu einer Weise eingrtreten, die ihm bei einem BaterlandSfreund eiu treues Gedenken sichert." — Für die Nachweisungen ihrer Rechnungsergebnisse hat daS ReichS-Versicherungsamt den BerufSgcnossen- schaften eia neues Formular vorgeschrieben. Aeuderungru sind an dem alten Formular insoweit vorgenommen, als sie sich entweder auS der Neugestaltung der Unsallversicherung von selbst ergeben, oder ohne wesentlichen Mehraufwand an Arbeit und Kosten au» dem bereit« vorhandenen Materiale zu entnehmen sind. U. a. wird mau künftig bei den gewerb lichen BerufSgenosseaschaften neben den sür die Beitrag«- berechouug in Anrechnung gebrachten Löhnen auch die tat sächlich verdienten Löhne angegeben finden. — Außer den Zulagen für Beamte und Lehrer in den von dem Polentum umstrittenen Gegenden dürste der nächste preußische Etat Positionen im Exlraordinarium enthalten, betreffend die wirtschaftliche Hebung der iweisprachigen Landes- teile durch Verbesserung der dortigen Wasserstraßen und durch Neueinrichtung und Erweiterung der Häfen. — Die russischen Studenten in Berlin, die von jeher einer besonderen Ueberwachung durch die polireilicheu Organe in Bezug auf ihre politische Gesinnung unterstanden, werben neuerdmgS nicht eher zur Immatrikulation zugelafseu, bis ihre Pässe seitens der Behörde durch Nachfrage auf ihre Richtigkeit geprüft sind. Veranlassung zu dieser Maßnahme gibt der Umstand, daß wiederholt die Personalien der russischen Studenten nicht in Uebereiostimmuog mit den Reisepässen befunden worden sind. Auch haben ersichtlich hierbei die Störungen in dem Kolleg des Professors Schie mann mitgewirkt, der über polnische Geschichte las. — Der Bevollmächtigte zom BundeSrat, schwarzbnrqische Staat«. Minister Petersen ist in Berlin angekommeu. Der Präsident des Kaiserlichen Statistischen Amts vr. Wilhelmi ist in dienstlicher Veranlassung nach Franksurt a. M. abgereist. — Der Chef de« Geheimen CivilkabinetS Grheimrath v. Lucanus ist mit Familie zu längerem Aufenthalt in Wiesbaden eingetrossen. — Der Botschafter der Bereinigten Staaten von Amerika in Berlin, vr. Andrew Dickson White, vollendet am Freitag sein siebzigstes Lebensjahr. — „vootor rorum politioarum", so heißt eS, wie der „K. V." aus Münster gemeldet wird, in dem Diplom, welche« die neue errichtete rechts- und staatswissroschastliche Fakultät der dortigen Universität ihren Ehrendoktoren, dem Reichskanzler Gras v. Bülow und dem Kultusminister Vr. Studt gelegentlich der Erhebung der Universität überreicht hat. (-) viel, 6. November. Der Kaiser bat um KV/« Uhr abends an Bord der Jacht „Hohen zollern" die Reise nach England angetreten. DaS Torpedoboot „Sleipner" be gleitete die „Hohenzolleru", der Kreuzer .Nymphe" folgte einige Minuten später. Beim Passieren der „Hohen- zollern" salutierten die im Hafen liegenden Kriegsschiffe; die Mannschaften derselben brachten Hurrarufe aus. DaS Kaisergeschwader nimmt seinen Weg durch den Kaiser Wilhelm-Kanal und wird Freitag früh BiunSbüttel verlassen und nach der Therme steuern. Die Jacht „Hobenzollern" gebt jedoch nur bis Victoria Port; dort wird der Kaiser sich mit seinem Gefolge an Bord des „Sleipner" begeben und auf diesem die Weiterreise fortsetzen. — Bei der Vereidigung der Mar in er ekrü ten soll der Kaiser in seiner Ansprache rühmend das mannhafte, entschloßene Verhalten der Besatzung des Kanonenbootes .Panther" gegenüber dem haitianischen Rebellenschiff hervorgehobeu und zur Nacheiferung aus gefordert haben. ex Aus -er Lstmark. Die „Ostmark" schreibt: Von zu verlässiger Seite werden wir auf die erstaunliche Tatsache aufmerksam gemacht, daß eS in den Ostmarken Deutsche gibt, welche ihren Grundbesitz oder ihre Geschäfte Polen gegenüber zu geringerem Preise auSbicten als an deutsche SlammeSgeoossen. Sie glauben gleichsam eine Prämie fordern zu dürfen sür die Beobachtung der in der nationalen Presse gestellten Forderung, nur an Deutsche zu verkaufen. Auf diese Weise soll nach unserem Bericht erstatter öfters deutscher Besitz in polnische Hand gelangt sein. Gegenüber dieser jeden BaterlandSfreund tief beschämenden Tatsache gibt cs unseres EracktcnS kein anderes Mittel, als die Namen solcher Persönlichkeiten möglichst tief zu hängen. Wir bitten Lader unsere Mitglieder im Osten, vorkommenden Falles uns Vorgänge der bezeichneten Art unter genauer Angabe der Namen und der näheren Umstände melden zu wollen. /x Wen, 6. November. Eine am letzten Sonntag hier abgehaltene Versammlung der Vertrauensmänner der ver einigten nationalen Parteien im ReichStagSwahl- kreiS Essen, die von annähernd 900 Personen besucht war, gab nach einem Vortrage des LandtagSabgeord- neten Syndikus Hirsch unter einhelliger Zustimmung der Hoffnung Ausdruck, daß im Interesse der Wieder belebung unseres gesamten Wirtschaftslebens, im Interesse von Landwirtschaft und Industrie, von Handel und Schiffahrt, von Unternehmern und Arbeitern eS gelingen möge, den Tarif in einer Form zur Verabschiedung zu bringen, bei der die Interessen der beteiligten ErwerbSstände den Vorschlägen der Regierung entsprechend gleichmäßig ge wahrt werden. Als zweiter Referent sprach Landgerichts direktor Kollig« über Mittelstaud«srage« und im Anschluß daran Geschäftsführer B. Backmeister über Sozialpolitik. * Köln, 6. November. Der neue Erzbischof vr. Fischer wurde 1840 geboren, besuchte da« Kölner Gymnasium, spater die Universitäten Bonn und Tübingen. Im Jahre 1863 wurde er zum Priester, 1889 zum Weihbischof geweiht. Vr. Fischer gilt als bedeutender Orientalist und al« ein großer Kenner de« OrdenSwesenS. * Frankfurt a. M, 6. November. Morgen beginnt hier unter Vorsitz des Präsidenten de« Kaiserlichen Statistischen Amt« vr. Wilhelmi die diesjährige Konferenz der amt lichen Statistiker Dentschland«. Zur Beratung kom men folgende Gegenstände: Ausgestaltung der Statistik der Finanzen der deutschen Bundesstaaten, eiuige mit der Volks zählung 1900 zusammenhängende Fragen, Feststellung der bei der Berufs- und Gewerbezählung 1895 gemachten Er fahrungen nebst hierzu gestellten Anträgen des Deutschen Landwirtschaftsrats, sodann Verbesserung der Vieh- und Obst- baumzähluugen, endlich Vorbereitung der im September 1903 zu Berlin stattfindenden Tagung deS Internationalen Sta tistischen Instituts. Bei der Konferenz sind sämtliche Bundes staaten vertreten. Von Berlin nehmen an den Verhand lungen teil al« Vertreter de« Kaiserlichen Statistischen Amts außer dem Präsidenten Wilhelmi noch die RegierungSräte Mayet und Zahn und GerichtSaflessor Leo, als Vertreter deS Königlich Preußischen Statistischen BureauS Präsident Blenck, Geheimer RegieruugSrat Petersilie und Prof. Kluge. G München, 6. November. Da auch iu diesem Winter die Verdienstverhältnisse der Arbeiter, namentlich in größeren Städten, teilweise schwieriger zu werden droben, hat da« Ministerium de« Innern Anordnungen getroffen, daß die im letzten Budget genehmigten, aber noch nicht zur Ausführung gelangten Staats da Uten tunlichst rasch in Angriff genommen werden, und auch bei den Bauten aus Kreis-, Distrikt«- und KommuualfondS auf ein gleiches Ver fahren hingewirlt werde. Auch soll darauf Bedacht genommen werden, daß die Arbeiter bei Volleuduog der betreffenden Bauten nickt plötzlich entlasten, sondern bei anderen Bauten tunlichst weiteibeschäftigt und »n erster Linie inländische Arbeiter berücksichtigt werden. Oesterreich - Ungarn. Abgeordnetenhaus; Wahle«. * Wien, 6. November. lAbgeorductenhaus. Schluß.» In der Debatte über den Dringlichteitsantrag Kramarcz wendet sich Pantncck gegen die Grundsätze der Regierung in der Sprachenfragc, welche den Staats- grundgesctzcn widersprächen, -en Tschechen ihr Recht nicht nnr nicht zurückgäben, sondern dem alten Unrecht neues hinzusügten, weshalb das tschechische Volk sic als be leidigende Zumutung entschieden zurückweisen müsse. Ab geordneter Choc bestreitet die Konlpetenz des Reichs rates zur Regelung der Sprachenfragc. Abgeordneter Ploj erklärt, wiewohl die Südslawen keinen Grund hätten, der Regierung Vertrauen zu schenken, wollten sie dieselbe doch unterstützen in dem Bestreben, eine Möglich keit für die Beendigung der wirtschaftlichen und parla mentarischen Arbeiten zu sck-asfen. Die Grundsätze der Regierung wollten die Regelung der Sprachenfragc äns Böhmen und Mähren beschränken. Die Südslawen for derten aber auf das energischste eine praktische Ordnung der Sprachenfragc unter Berücksichtigung der Rechte und Forderungen aller slawischen Nationen. Die Verhandlung wird sodann abgebrochen. — Die Regierung brachte ein Bndgctprvvisorium für vier Monate ein. Im Einlauf be findet sich eine weitere große Anzahl tschechischer Dringlich- tcitsanträge. Nächste Sitzung morgen. — Die Abgeord neten March et und Genossen haben Interpellationen cingcbracht, in denen sie unter Hinweis auf die Besorgnisse wegen des Einflusses, den die Jesuiten auf die Be völkerung ausüben, anfragcn, ob cs sich bestätige, daß französische Iesnitcn das Cobenzl-Gnt bei Wien angekauft Hütten und ob die Regierung die Genehmigung hierzu zu erteilen oder zu versagen gedenke. 4. Tcschcn, 6. November. Die s ch l c s i s ch c n Land gemeinden wählten als Landtagsabgeordnete zwei All deutsche und einen Volkspartci'cr. Weiter wurden ge wählt drei Polen, sowie drei Tschechen. Auch nach den Wahlen bleibt der nationale Besitzstand unverändert. Frankreich. Auszeichnung; Grubenarbeiter. * Paris, 0. November. Präsident Loubet hat dem bayerischen Geschäftsträger Frhrn. von der Tan n, welcher dem Vernehmen nach für den Gesandten posten in*Nom in Aussicht genommen ist, das Komman deurkreuz der Ehrenlegion verliehen. * Saint-Etienne, 6. November. Heute vormittag fand eine Versammlung des Comitos der Grubenbesitzer nnd der Vertreter der Arbeiter statt. In derselben wurde von den Gesellschaften eine Diskussion über Mini- mallöhnc abgelehnt. Dagegen nahmen sie ein Schieds gericht an, betreffend die Lohnerhöhung mit Hülfe von Prämien. Eine neue Zusammenkunft wird morgen brauchte. Der haßerfüllte, um sein Glück besorgte junge Mann beschloß, für diesen Zweck sogar eine Reise nach Berlin zu unternehmen. Ein bis zwei Tage würben ge nügen, und die mußte er wagen. Sondheim zeigte Anna und Erna einen russischen Tanz, den Kosatschock, und lehrte sie die Touren und Schritte. Fräulein von Reckenbnrg stellte sich recht un gelenk nnd verbarg ihren Aerger darüber mit Geschick unter Lachanfällen. — Erna dagegen überraschte ihren Lehrer mit einer so echt slawischen, wild berückenden Grazie, daß er in den Ausruf auSbrach: „Es ist unglaub lich, gnädiges Fräulein, aber Sie entstammen nicht dem Hamburger Boden!" „Bitte, beleidigen Sie mich nicht, ich bin eine echte Hamburgerin! Warum sollen nicht auch wir gut tanzen können?" meinte sie lächelnd und blickte ihn errötend an. Sie mar von einem solch geheimen Jubel, einem so über wältigend ncncn Leben erfüllt, daß sie sich selbst nicht mehr kannte. Jahre schienen ihr vergangen, seitdem sie grollend und verbittert ans ihrem Zimmer gesessen. Was taten ihr jetzt die Nörgeleien der Mutter, die Kälte des Vaters? Der blonde, blauäugige Offizier mit dem sonnigen, schönen Gesicht, den blitzenden Hähnen, der schlanken, sehnigen Marsgestalt hatte cs ihr angetan! „Was sagst du zu Erna?" fragte Hellmut von Rcckcn- bnrg seinen Bruder. „Die scheint Feuer gefangen zu haben!" Das scheint wirklich so!" entgegnete dieser traurig. Beide saßen in einiger Entfernung von den anderen auf einem erhöhten Podium. Ihre übrigen Gäste, Herren und Damen, umstanden die Tanzenden oder unterhielten sich. Grete hatte sich mit ihrem Bräutigam zu ungestörtem Ge plauder in den Salon zurückgezogen." „Du, denke nicht, daß ich meine Ansprüche so leicht aufgcbe!" sagte Hcllmut. „Die anderen Mädel in nnscren Kreisen sind dumme Gänse. Erna ist reich und schön; ich trete sie Otto durchaus nicht ohne weiteres ab, sondern ver suche auch mein Heil!" „Liebst du sie denn?" „Lieben? Mensch, brauch' nicht so hochtrabende Worte! Dazu ist unsereins denn dock; über die Kadettenjahre raus! Aber lieber sic als eine andere. Ihre Verhältnisse sind mir als gediegen bekannt. Jedoch im übrigen, — auf hängen würde ich mich nicht! Eine junge Erbin in Thorn ist sehr verliebt in mich. — Wozu denn aber in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt? Nicht wahr?" Werner lachte bitter auf: „Natürlich, wir drei Militärs bemühen uns um sic. Wir verbrennen uns die Finger, und unser teurer Vetter Eduard wird sie heimführen! Wenn er ihrer wenigstens wert wäre!" „Du bist ein Gefühls-Athlet, wenn du die Leute so leicht aufgibst! Ich kämpfe entschieden bei dem Turnier mit; der Preis lohnt der Mühe; sich' nnr hin!" Werner tat, wie ihm geheißen. Er betrachtete die Ge liebte mit brennenden Augen. Der Onkel hatte ihn ab gewiesen. Als er Erna diese Nachricht überbrachte, hoffte er, daß sic sich gebeugt oder unglücklich zeigen würde. Sie hatte aber nur geseufzt nnd ihm mitleidig die Hand ge drückt nnd zugesprochen. Von einer tiefen Erschütterung war nicht weiter die Rede. Zwei Tage später war Sond heim gekommen, nnd seither hatte sie nur noch für ihn Augen und Ohren. „Ich glaube, cs lohnt nicht, daß wir uns anstrengcn. Erna scheint selbst gewählt zu haben!" meinte er halblaut. „Hm! Otto berauscht und bezaubert; aber nnr die ersten acht Tage! Nachher läßt seine Wirkung nach. Warten wir darauf!" antwortete Hellmnt sorglos. Tie Gesellschaft bei Hennigs war in aller Steifheit, mit prachtvollem Souper, vorübcrgegangen. (freies Ver lobung wurde an diesem Abend auch den weiteren und fernerstehenden Bekannten kundgegcben. Am Morgen nach diesem Balle reiste Eduard geschäftlich auf ein bis zwei Tage nach Berlin. Er versprach aber, zn dem großen Balle bei Bolmanns pünktlich zur Stelle zu sein. Erna atmete erleichtert aus, als er das Haus verließ. Verächtlich blickte sie ihm nach. Seit Otto hier war, hatte sich ihre geheime, unbewußte Abneigung gegen den jüngeren Hennig in eine offene gewandelt. In tausend versteckten Andeutungen versuchte er den jungen Offizier bei ihr anzuschwärzen und unbeliebt zu machen. Aber er erreichte nur das Gegenteil. Ihr Herz klammerte sich, schon aus Wider spruchsgeist, nur noch fester an ihn. Sie war -en ganzen Tag mit Hellmnt von Reckenbnrg, Sondheim und Anna zusammen. Jede Minute, die sie versäumte, schien ihr ein Raub an sich selbst. — Ihr Vater war ungehalten über sie, ohne jedoch durch ein Eingreifen die Situation zu ändern. Der Offizier gefiel ihm sichtlich, und doch versteifte er sich auf Ernas Heirat mit Eduard Hennig. Er sagte seine Absicht offen heraus und zeigte sich der Tochter kühl nnd zurückhaltend. Diese schob sein Benehmen auf „kleinlichen Krämergeist" und „den Wunsch, sie zu unterjochen!" — In großer Selbst verbleudung wurde sie erbittert und trotzig. Mit der Mutter gab es jetzt immer häufigere Reibereien. Zwischen diesen beiden, einst so innig verbundenen Frauen türmte sich eitle ent fremdende Mauer ans Abneigung und Mißverstehenwollen auf. Und doch berührte das Erna jetzt weniger. Das drängende Knospen in ihrem Herzen ließ keine Neben gefühle groß werden. Sie schlief mit dem Gedanken an Otto ein. Sie wachte mit dem gleichen auf. — Am Vor mittage waren sie alle in der Kunsthalle gewesen und hatten dann in der Bolmannschen Equipage eine Rundfahrt durch Hamburg gemacht. Sondheim hatte ihr gegenüber ge sessen, war stets neben ihr geschritten. Er hatte Hellmuts Anstrengungen, sich bemerkbar zu machen, mit dem Zauber seiner Persönlichkeit erdrückt. — Wie er sic angesehen hatte! — Zärtlichkeit, Bewunderung und solch treue, kind liche, erwärmende Liebe lag in seinen Blicken. Ihr wurde noch in der Erinnerung daran warm und selig zu Mute! — Vergessen waren die übrigen Verehrer, war der treue Werner, in weite, nebelhafte Ferne war Paris gerückt, samt Ludwig Antok und seinen bannenden, ernsten Augen! Erna richtete sich auf und streckte die vollen, schön gc- formten Arme. Sie hatte sich tief über ihre Malerei ge bückt, um den Fächer, den sie Grete als Brautgeschenk zu gedacht, fertig zu stellen. Aber sic hatte keine Ruhe zum aufmerksamen Malen. Die Mutter war in die Stadt ge fahren, nm den Gatten abzuholen und mit ihm noch Ein käufe zu dem Feste zu machen. Felixchen schlief im ersten Stockwerk unten. — Wie still es rvar! Still? In ihr jubelte ein ganzer Liebcsfrühltng! — Sic lehnte den Kopf zurück und träumte im Zwielicht vor sich hin. Plötzlich hörte sie vorsichtig weiter huschende Tritte auf dem weichen Teppich. Ehe sie sich noch umzuwcnden ver mochte, legten sich zwei Hände auf ihre Augen. Eine ver stellte Stimme fragte: „Wer bin ich?" Ihr Blut stockte zuerst und wallte dann heiß zum Herzen. „Herr von Sondheim?" rief sie bebend. Er hatte die verschließenden Finger sinken lasten und stand noch immer hinter ihrem Stuhl. Sie wandte sich um und sah ihn an. Weit vorgebeugt blieb er stehen. Ihre Augen senkten sich ineinander. Langsam neigte er sich noch mehr vorn- über. Ein Schauer, lähmend und süß, überrann sie; ihren Lippen entfloh ein halb erstickter Seufzer. Plötzlich preßte er seinen Mund ans den ihren in einem langen Küste. Dann lag er ihr zu Füßen, sie mit seinen Armen um schlingend: „Erna, ich liebe, ich vergöttere dich, du Schöne, du Holde!" Trunken lauschte sie seinen Worten. Endlich schlang sie ihre Arme um seinen Hals nnd erwiderte seine zärt lichen Licbesworte mit dem schamhaft geflüsterten: „O, wie gut ich dir bin, wie ich dich lieb habe!" In der wachsenden Dämmerung saßen die glücklichen Menschen bei einander und sprachen von ihrer Liebe, riefen sich jede wichtige Minute ihres Beisammenseins ins Ge dächtnis zurück. Erst, als es finster um sie her wurde, drehte Erna die Kurbel nnd entzündete das elektrische Licht. Schamhaft blieb sie in der plötzlichen Helle stehen. Sond heim sprang auf und trat zu ihr: „Wie schön du bist, Erna, und wie anders du aussiehst, jetzt mit dem seligen Gesicht, als an jenem Morgen, wo du mir so stolz und zurück haltend wie eine grollende Königin entgegenkamst. Da mals hatte ich Angst vor dir, hu! Und heute habe ich nicht ein bißchen Respekt! Schau, Lieb, ganz ungeniert nehme ich dich in die Anne und küsse deine Wangen, — deine schönen Augen und — deinen süßen, kleinen Schnabel!" — Er handelte nach seinen Worten. In einem unbeschreib lichen Iubelgefühl riß er das betäubte Mädchen an sich. „Mein! — Meine schöne, stolze Braut! — Mein Weib!" Bei diesem triumphierenden Ausruf zuckte Erna zu sammen. Sic erbleichte und machte sich sanft aus seinen Armen los. „Otto, was werden die Eltern sagen?" murmelte sie bang. „Sie werden dich mir geben!" jubelte er sorglos. „Sind ja beide in mich verliebt, die Alten! Wie kommst du nur in dies Milieu, du zu diesen Philistern? Du bist ja ein vertauschtes Kind, irgend ein Grafentöchterlein, ein Fürstensprößling, den man hierher verpflanzt hat. Sine schlanke Palme im Sand." „Otto, scherz nicht, nimm es nicht so leicht! Du kennst meinen Vater nicht. An seiner eisernen Willenskraft prallen alle Vorstellungen ab. Er hat ganz andere Pläne mit mir." „Aber, Liebchen, verdirb mir die schöne Stunde nicht! Ich hab schon so was läuten hören, daß dein Vater dich au den englischen Mephisto, den glatten Krämer, verheiraten will! Nein, Erna, sür den bist du nicht gewachsen! Dem laste ich dich nicht!" (Fortsetzung folgt.)
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