Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190211097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-09
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.11.1902
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs Preis tu der Hauptexpedttion oder den im Stadt bezirk und de» Vororte» errichtete» Au», gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^l 4.80, — zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 8.80. Durch die Post bezogen sür Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich ü, sür die übrigen Länder lautZeitu.igSpreiSliste. Nr-aktto« un- Expedition: Iohanni-gaff« S. -««sprecher 18S ll»d SSL. FU1«l»»pedM-«*« r Alfred Hahn, Buchhaydlg., UniversitätSstr.3, L. Lösche, Kathartuenstr. 14, u. KönigSPl. 7. Ha«pt-Filiale Dresden: Etrehlener Straße S. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: KSniggrätzer Straße 11«. Fernsprecher Amt VI Nr. S3S3. KiWM TagMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nnd -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates nnd -es Volizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktiontstrich (4 gespalten) 78 vor den Fomilirnnach. richte» («gespalten) 80 H. Tabellarischer und Ziffernsap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme S8 H (exrl. Porto). Extra-Vellage« (gefalzt)^ n»r mit der Morgeu-Au-gabe, »hat Postbeftrderung ./l SO.—, mit Poftbeförderung ^kl 70.—. Annahmeschluk für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets a» die Expedition zu richten. Tie Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abeud» 7 Uhr. Truck und Verlag do» V. Polz i» Leipzig. Nr. 571. Sonntag den 9. November 1902. 96. -Jahrgang. Aus -er Woche. Der Kaiser ist gestern in England eingetroffen, um den König Eduard, seinen Oheim, der von schwerer Krank heit genesen ist und heute seinen Geburtstag feiert, zu be grüßen. So melden die Berliner Offiziösen und dem deutschen Volke wäre ein gänzlich unpolitischer Charakter der Fahrt sehr, sehr recht. Und Graf Bülow ist ja auch nicht mit von der Partie. Aber Kaiser Wilhelm, so heißt eö weiter, wird mit sämtlichen oder nahezu sämtlichen englischen Ministern Unterredungen haben, und unter denen sind feine Psychologen und unermüdliche Politiker, die auch bei rein „privaten" Gelegenheiten etwas sür ihr Land herauszuschlagen bereit sind, nnd der Kaiser wird in Eng land höchstwahrscheinlich auch mit dem König von Portugal zusammentreffen. Eine höchst spitzfindige halbamtliche Dar legung, die eben von Karlsruhe aus der Presse serviert worden ist, scheint besagen zu wollen, zwischen Deutschland und Portugal schwebten keine „Fragen". Gerade diese Versicherung ist ver dächtig. Deutschland hat bekanntlich einiges Interesse in Ost afrika. Die Delagoa-Bai muß noch als portugiesische Be sitzung angesehen werden. Daß sie nicht an England fällt, ist ein Lebensinteresse unserer Kolonialpolitik. Ein solcher AuSgang ist aber zu befürchten, und zu befürchten steht auch, daß Deutschland als Kompensation für den Anfall des un vergleichlichen Hafens an England etwas vom portugiesischen ost afrikanischen Landbesitze aufgebalst bekommt, ein wertlose-, geld- und menschenfressendes Stück Afrika, daS aber natürlich recht viel Quadratkilometer aufweisen würde, so daß die Offiziösen am ersten Tage von einer prozentual ungeheuren Vermehrung des deutschen Kolonialbesitzes reden und am zweiten wahrschein lich mit den Andeutungen beginnen könnten, daß die englische Erwerbung im Vergleich zur deutschen im Grunde doch winzig sei. Ob wir für einen solchen Ouadratmsilcntriumph nicht etwas zu viel an Bargeld zu entrichten haben wurden, daS ist noch die Frage. Und darauf kommt es vielleicht den« König von Portugal in erster Reihe an, der dafür bekannt ist, daß er genau weiß, was er will, und der mit England — Regierung und König — völlig cl'uceorcl ist. Für eine nicht streng realpolitisch gerichtete Ratur soll dieser stille Köniz ein recht gefährliches Gegenüber sein. Wenn mau nun aber, entgegen dem Anschein, die Reise deS Kaisers als wirklich rein privates Unternehmen ansehen will, so ist cs doch bedauerlich — stärkere Ausdrücke werden besser vermieden —, daß die englische Presse auch noch in den Tagen vor der Ankunst des hohen Gastes an der hergebrachten teils gehässigen teils ungezogenen Sprache gegen Deutschland sestgehalten hat. Sic zeigte kein Verständnis dafür, daß schon rein menschliche Höflichkeit ihr gebieten müßte, die schweren Verunglimpfungen Kaiser Wilhelms, deren sie sich bei der Nachricht über die Absicht eines Empfangs der Boercugenerale schuldig machte, einigermaßen gut zu machen. Im Gegenteil, es wurde mindestens mit Nadelstichen gearbeitet und ein Blatt griff den ersten Minister deS erwarteten Monarchen in der boshaftesten Weise an. Es gab so ungefähr zu verstehen, daß Kaiser Wilhelm willkommen geheißen werden und daß man hinwegschen könne über „die Beleidigungen, die Graf Bülow von Zeit zu Zeit gegen unS (England) zu richten gewohnt ist." Diese Kennzeichnung des deutschen Reichskanzlers, der so zu sagen Quartalinjuriator gegenüber England ist, ist ein wunderbar unverschämter Ton aus dem Lande, dessen Minister Chamberlain unfern ehrwürdigen Heldenkaiser Wilhelm I. und sein Heer durch einen schmutzigen Vergleich schwer zu beschimpfen versucht hatte und dem dafür allerdings vom Grafen Bülow daS Nötige gesagt worden war. Daß Herrn Chamberlain in einer etwaigen Audienz beim Kaiser die Erinnerung an die dem Großvater deS hohen Empjangcndcn und seinen edlen Kriegern zugesügten Impertinenzen die Sicherheit rauben werde, ist bei diesem Eisenstirnigen nickt anzunehmen und wird wohl auch vom Kaiser nicht erwartet, dem man auch von amerikanischer Seite den SanguiniSmuö untergeschoben hat, er habe die Reise nach England beschlossen, „nachdem man ihm über die dort gegen Deutschland herrschende schlechte Stimmung berichtet hatte." DaS ist grotesk, unsinnig, aber es zeigt auch, wie seltsam sich in manchen Kreisen die Person Wilhelms 1l. malt. lieber das noch ungelegte Ei der Verständigung iu der Zolltarifsangelegenheit ist viel gegackert worden, aber die Henne» die daS Ei legen muß, daS Zentrum, verhält sich am stillsten. Es empfiehlt sich wohl, ruhig abzuwarlcu und — getrost, denn die Aussichten auf eine Einigung der Konipromißparteieu mit der Regierung sind nicht so schlecht, wie cS nach den Vorgänge» im Reichstage den Anschein hat. DaS Zentrum muß. Wird vor den Wahlen und wo möglich nicht allzu kurz, vor den Wahlen ein die klerikalen Bauern unbefriedigend lassendes kait aocvmpli geschaffen, so werden zwar die Landpfarrer und die Kapläne viel zu tun haben, um die Getreuen zu bcschwich- tigen, aber e- wird ihnen gelingen und der Stimmzettel sür die „gute Sache" wird ordnungsmäßig aus der Hand deS geistlichen Herrn genommen und in die Urne getan werden. Drehen sich aber die Wahlen um den Tarif, so kann den Bauern eingrredet werden, sie wurden mit dem Stimmzettel wenigstens 6 statt 5 heraus- schlagen. Dann kann es leicht kommen, daß zum ersten Male seit 30 Jahren der geistliche Agitator die Herde in eine andere Hürde rennen sieht. Es ist ja unverkenn bar, daß da» Zentrum in einer Reihe von Wahlkreisen für seinen bisher vollkommen sicheren Besitzstand durch den Bund der Landwirte zu fürchten begonnen bat. DaS Zentrum muß also mit allen Kräften bemüht sein, ans den nächsten Wahlen die Frage der Zollschutzvorteile auszuscheidcn, und darum eine Verständigung herbeisühren. Daß die Verstän- digung schon die Gcsetzwerdung der beiden Zollvorlagen zu bedeute» habe, kann freilich nicht mit Bestimmt heit behauptet werden. Es bedars dazu einer aus dauernden ReichStazSmchrheit, die die Obstruktion phystsch mall setzt. Und dazu wiederum uns Wochen hindurch Sitzungen von mindestens zehnstündiger Dauer nötig. Solche hält eine Anzahl von Abgeordneten, wie sie jetzt regelmäßig die Mehrheit bilden, nicht auS, und darauf beruht eben die Rechnung-, die noch schwächere Opposition, die zudem reden und reden muß, verträgt sie noch weniger. Die Mehrheit-Parteien sind aber so stark, daß sie, wenn an nähernd vollzählig vertreten, iu Schichte» arbeiten und die hierzu nnsähige Opposition einfach zum „Umfallen" im körper lichen Sinne Les Wortes bringen kann. Einstweilen sind die Mehrheitsparteie» dahin überein gekommen, die namentlichen Abstimmungen dadurch abzukürzen, daß die Schriftführer nicht mehr die Anwesenden zur Ab stimmung aufrufen, sondern Stimmzettel bei ihnen sammeln, während deren Zählung die Debatte weiter gebt. Ter Er folg wird freilich schwerlich ein anderer sein, als daß man den vielgeplagtcn „Ruseru im Streit", den Schriftführern, keine Beisteuer zu einer Erholungsreise ..a^ EmS zu bewilligen braucht. Tie Linke wird ihre Anträge auf namentliche Abstimmung vervielfachen und dadurch den Beinen der Schriftführer die Arbeit ausbürden, die ihren Kehlen erspart wird. Das Uebcreinlommcn hat aber wenigstens die gute Seite, daß cS den Entschluß der Mehrheitüpartcien beweist, der Obstruktion Herr zu werden. Je früher die geplante Abänderung der Geschäftsordnung sich als unzulänglich erweist, um so eher wird den Mehrheits parteien die Einsicht aufgchcn, daß nur geduldiges Ausharrcn in beschlußfähiger Zahl und planmäßig verteilte Schichtarbeit zum erwünschten Ziele sührcu können. Deutsches Reich. -> Berlin, 8. November. (Beschlußunfähig- keit und Diäten.) Das rheinische ZcntrnmSblatt hält der Regierung vor, daß sie im Falle des Scheiterns der Z v l l t a r i f v v r l a g e keinesfalls dem Reichstage allein die Verantwortung ziischicbc» könne. Warum? Die „Köln. Vvllsztg." antwortet hierauf wörtlich: „Sie tdie Regierung) hat sich hartnäckig geweigert, durch Ge währung von Diäten für einen dauernd beschluß fähigen Reichstag zu sorgen." — Da dies die ganze Ver antwortung der Regierung für das etwaige Scheitern des Tarifs sein soll, so hat die Regierung daran nicht schwer zu tragen. Sie bewilligte, wie cs vollkommen an gemessen rvar, der Zvlltarifkommissivn für die Dauer der Vertagung des Plenums Diäten. Daß die Regierung hierüber hiuansgehcu und Diäten in, allgemeinen ge nehmigen würde, durfte der Reichstag schon Ehren halber nicht erwarten. Kommt einmal dicEinsühruug allgcmciuer Diäteu iu Frage, daun handelt der Reichstag nur Im Interesse seines eigenen Ansehens, wenn im Diäten gesetze bestimmt wird, daß erst die Mitglieder eines nen- gewnhltcn Reichstages die Diäte» beziehen sollen. Bei der Forderung, die Regierung hätte schon im letzten Sommer die allgemeinen Diäten sür den jetzigen Reichs tag bewilligen sollen, wird gänzlich unbeachtet gelassen, in welcher vergiftenden Art der Radikalismus jene Be willigung allgemeiner Diäten ansgenützt haben würde: sicherlich wäre den Massen in Parlament, Presse nnd Ver sammlungen täglich gepredigt worden, daß die Anhänger des „Wnchertariss" sür ihr Votum zu Gunsten des Tarifs Bezahlung erhalten nnd angenommen hätten. Einer solchen Agitation mußte die Regierung von vornherein nm so mehr Vorbeugen, als jeder der jetzt gewählten Reichstagsabgeordurten mit der Annahme deS Mandats auch die moralische Pflicht übernahm, zur Beschlußfähig keit des Reichstages au seinem Teile durch regelmäßige» Besuch der Sitzungen beizutragcu. Verantwortlich für die Beschlußfähigkeit des Reichstages ist und bleibt unter allen Umständen der Reichstag selbst. Scheitert an der mangelnden Beschlußfähigkeit der Zolltarif, daun trägt nicht die Regierung dafür die Verantwortung, sondern der Reichstag. Berlin, 8. November. lDas Bcttelivescu in Deut s ch l a n d.) Iu einer Studie über die Geschickte des Bcttelwcsens, die Rat l>r. Ohls Hausen in dem neiwste» vestc von SckmvUers „Jahrbuch sür Gesetz gebung, Verwaltung und Volkswirtsckait" verösscntlickt, wird auch der Umfang des heute in Deutschland vor handenen Bettclwcsrns iu den Ureis der 'Betrachtung ge zogen. Genaue Angaben lassen sich darüber nicht machen, weil die Reicksstatistik sich nnr mit Verbrechen nnd mit Vergehen, nicht mit den Ucbcrtretnngen befaßt) bloß einzelne, ränmlich beschränkte, znm Teil unzuverlässige Statistiken liegen vor. Sv hat mau durch Beobachtung er mittelt, daß die Hauptverkehrsstraße von Hamburg nach Kiel täglich etwa von 3000 bettelnden Wanderern be- gaugeu wird, daß in Hamburg selbst täglich 700, in Kiel ea. 300 Wanderer sich aushalteu, so daß die Bewohner der Liiiie Hambnrg-Kicl täglich von rund äooo Mittellosen nm Unterstützung angegangen werden. Zuverlässiger sind folgende Zahlen: in Hamburg wurden im Iabre !-^o Personen wegen Bettelns nnd Obdachlosigkeit ani- gegrissen: in Berlin wurden vom Amtsgericht > in dem selben Jahre wegen Bettelns ."Mck>, wegen Obdachlosigkeit 1124 Personen verurteilt. Da jeder Maßstab dafür sehlt, ivie groß der Prozentsatz derjenigen Fälle ist, in denen Festnahme oder Verurteilung nickt erfolgt oder eintritt, können aus den angeführten Zahlen seine Schlüsse gezogen werden. Fest steht aber, daß die privaten und staatlichen Maßnahmen der neuesten Zeit nickt im stände waren, das Betteln halbwegs zu beseitigen. Das wird im wcsentlicken nnr dann möglich sein, wenn einerseits das Publikum seine Stellung zu den Bettlern allgemein ändert und wenn anderseits durch weitere sozialpolitische Maßnahmen, namentlich durch Verbesserung des Netzes der Arbeitsnach weise und durch Einführung einer Arbeitslosen versicherung, die Lage der untersten Klassen der Be völkerung gehoben wird. H Berlin, 8. November. (Besorg nng von Quittung skart en für die Arbeitnehmer.) Nach einer Auslegung der betreffenden gesetzlichen Be stimmungen durch das Rcichs-Verncherungsamt sind die Arbeitgeber, wenn sic der Bestrasung entgehen wollen, er forderlichenfalls zur Besorgung von Quittiiugskartcu für die Arbeitnehmer verpflichtet. Allerdings spricht der 8 131 Abs. 2 deS Imvalidenversicheruugsgcsetzcs als solcher nur eine Berechtigung, nicht auch die Verpflichtung des Arbeitgebers aus, sür Rechnung des Versicherten, der eine Ouittungskartc nicht besitzt oder deren Vorlegung ver weigert, eine Onittungskarte zu beschaffen. Indessen ist, sv heißt cs in der Auslegung des Rcicks-Versicherungs- amts, zu beachten einmal, daß der 8 131 eben nur die Mittel und Wege zur Herbenckassung der Karte, nicht auch die Obliegenheiten des Arbeitgebers hinsichtlich der Markcuverwcudnug zu regeln bestimmt ist, und sodann, daß hier dem Arbeitgeber eine unbedingte Verpflichtung zur selbständigen Lösung der O-uittungskavle deshalb nickt auserlcgt werden konnte, weil das Gesetz dies Verfahren nickt als den einzigen Weg zur lkebcrwindung des Wider standes des Versickerten aniieht, sondern daneben auch un mittelbare Zwaugsmitlcl gegen den letzteren gewährt. Die Pflickt des Arbeitgebers zur Markeuvcrwendimg bei der Lohnzahlung ist durch die 88 llo und ltl des Iiiva- lidciivernckernngsgesetzes sestgestellt, und sie ist liier nicht davon abhängig gemacht, daß der Versickerte eine Quit- tnngSkarte besitzt oder vorlcgt oder hierzu durch das Zwangsmittel des 8 lül Abs. 2 Satz 2 augebalten werden kann. Ebenso ist die Strafandrohung des 8 170 a. a. O. eine bedingungslose. Hicrnack ist der Schluß geboten, daß der Arbeitgeber, wenn anders er der Strafbe stimmung entgehe» will, erforderlichenfalls auch von der Befugnis zur eigenen Besorgung der O-uittungskarte Gebrauch mache» muß und ii n r dann c » t s ch n l d i g t ist, wenn auch dieses Mittel versagt. Die bezeichneten Vvrsckristci: in dieser Weise zu verstehen, ist iiu übrigen nicht nur nach den Grundsätzen der GcsctzeS- anslegung zulässig, sondern auch notwendig, »in de» Bei- tragszwaiig gegenüber lässigen oder widerwilligen Arbeit gebern zu verwirklichen. Erfahrungsgemäß ist cs eine der landläufigsten Ausflüchte, der Arbeiter habe keine Quittnngskarlc besessen, oder er habe sie nickt vorgelcgt. T Berlin, 8. November. (Vom deutschen Naviga- tiouSschulwesen.) Die neuen Vorschriften für eie Schisfer- uud SteurrmannSprüfuu.zen werden voraussichtlich erst gegen die Mitte Les nächsten Jahres in Krast treten. Die Aeude- rungeu gegenüber den bisherige» Vorschristcn sind zum Teil sehr ciuschncidend und erstrecke» sich über alle Gebiete der nautischen Bildung. Insbesondere ist Las Arbeite» i» Len Seekarten mehr de» AnsorLerungen der Praxis angepaßt worden, indem unter anderem die Bestimmung deS Abstandes von Küstenpniikten und die Beurteilung der Wirkung der Strömungen lediglich iu den Seekarte» aus geführt werde» soll. Auch die nautisch - astronomische» Fächer sind sunvamcutalen Aenderungen unlcrworse» worden. Die Standlime, d. b. der einer gemessenen Höbe entsprechende geomelrische Ort, wird in den Vordergrund der Ausbildung gestellt werden, wodurch einer einheitlichen, nuler alle» Umstände» anwendbaren Methode geographischer Orts bestimmung mehr als bisher die Anwendung in der Praxis gesickert wird. Auch Hal die Zuverlässigkeit und allgemenie Verbreitung der modernen Chronometer die Methode, aus der Entfernung des Mondes von einem andern Gestirn die Länge zu bestimmen, mehr in den Hintergrund gedrängt. Unter den malhemalisch-nalulwissenschastliche» Fächern, die zur Ein führung in die Nautik dienen, ist als notwendiges.neues Fach die Physik ausgenommen worden, da sie besonder- sür die Theorie und die Behandlung der Kompasse von von grundlegender Bedeutung ist. Die öffentlichen Navi gationsschule» trage» schon jetzt der Aenderung der Vor schriften Rechnung. So hat die Navigationsschule zu Rostock in einem Neubau bereits Einrichtungen er halten, die allen Anforderungen genüge». Es ist ei» llnter- richlszimmer für Physik geschaffen, das mit den modernsten Einrichtungen versehen ist; auch ist die Sammliiiig phnsika- Uscher Apparate erheblich vermehrt worden. Ein daneben liegender Zeichcnsaal bietet Gelegenheit sür begucmeS Arbeiten in Leu Seekarten. Alle Räume sind mit elektrischem L-ckt beleuchtet, da-, gegen die Decke geworfen, dem Tageslicht sehr ähnlich wird. Auch die nautischen Sammliingen sind mit Hülse reichlicher Mittel durchaus auf die Hohe der Zeit ge bracht worden, so daß die Anstalt in jeder Beziehung tadellos au-gestattet ist und alle Vorbedingungen für einen erfolg reichen Unterricht gegeben sind. Im Lehrerkollegium ist jede- Fach durch einen besonderen Fachmann vertreten. (7) Berlin, 8. November. (Telegramm.) DaS LtnntS- mGtstcrmm trat heute zu einer Sitzung zusammen. O Berlin, 8. November, klelegramui.) Der „ReichSanz" I,leidet: Lberst a. D. Wintertzer-er zu Weilburg, zuletzt Komman deur deS Ik. Bataillon- (Weilburg) und d»S kl. Nassauischen Land- wehr-Regiments Nr. 88, ist in de» erblicken Adelsstand erhoben worden. * Königsberg, 7. November. Wie der „KgS. Hart. Ztg." aus Masuren ge;ckriebeii wird, hat „in Anbetracht der gegen wärtige» hoben Fleisch preise" der königliche Obersisch- meistcr zu Lotzen im Auftrage der Regierung die domänen- siskalisckeil Fischereipäckter ausgesordcrt, ans den Märkten Fische zum Verkauf zu stellen, damit der Bevölkerung reich lich Gelegenheit zum Kaufe von Fische» geböte» werde. r. Rudolstadt, 7. November. Ter Ausfall -er Land, t a g s w al> le n i» Miseren, Lande scheint der Regierung bock Kopfschmerzen zu bereiten. Gestern weilte der Fürst, von Sckwarzbnrg kommend, in, hiesigen Rcgie- rnngsgebände, und einem Gerücht zufolge soll der Mi nister von S t a r ct mit Rücksicht ans die Landtagswahlen beabsichtigen, von sciileu, Anne z u r ü ck z u t r c t e n. * Bayreuth, 7. November. In der letzten Sitzung deS Stadtmagistrats legte Bürgermeister vr. Casselmann unter allseitiger Zustimmung des Kollegiums Verwahrung gegen Angriffe von der Kanzel rin, welche vom Deka» Kübel ausgcgangen waren. Diese Angriffe richteten sick gegen eine angebliche konfessionelle Gleichgültigkeit der zu fünf Sechstel protestantische» Einwohnerschaft, sowie gegen die Umänderung einiger Konfessionsschule» in konfessionell gemischte. In letzterer Hinsicht konstatierte der Bürgermeister, daß unter den zustimmende» Mitgliedern der Schulkommijsion zwei Geistliche gewesen seien. Dem Dekan hätte freigrstanden, seine Beschwerden geeignete» Orts anzubringen; der Magistrat mochte sich aber dagegen verwahren, daß unter Vermeidung dieses Weges die Kanzel zu Vorwürsen gegen die Bürger» sckajl und ihre Vertretung benutzt werde. * Karlsruhe, 7. November. DaS erzbischöfliche Ordinariat hat gegen de» früheren evangelischen Pfarrer Schwarz, Herausgeber der Monatsschrift „Das Evan gelium", in Heidelberg Strafantrag gestellt wegen Be schimpfung der katholischen Kirche. (M. N. N.) Stuttgart, 7. November. Der König reist beute abend zum Besuch de« erbprinzlich Wiedschen Paares nach Berlin; er wird DienStag hierher zurückkehren. Frankreich. * Paris, 8. November. (Telegramm.) Ter Ausschuß der unabhängigen Arbeiter börse beschloß an die gelben Syndikate im Departement du Nord eine Einladung ergehen zu lassen, gemeinsame Sache mit den rote» Syndi katen zu machen. Großbritannien. Kaiser Wilhelm «u England. * Port Bicloria, 8. November. «Telegramm.) Um 8 Uhr UO Minuten traf der deliljche Botschafter WoNf-Metternictz aus der „Hohenzollern" ein nnd wurde vom Kaiser empfangen. Später sand ein Empfang des Ehrendienstes statt, der mittels Sonderzugrs in Port Victoria «ingetrosseii ist und von dem Botschafter Wolff-Metternich vorgeslellt wurde. — Die Schlachtschiffe auf dec Rhede von Shecrneß hatica über Toppen ge flaggt. Als die „Hohen,zollcrn" langsam und majestätisch mit der Eskorte von Torpedobooten um Äarrifonpoint nordwestlich Sheerneß hcrumkam, nahmen die Maiiiischaslen auf Teck Ausstellung. Ein offizieller Empfang deS Kaisers fand nicht statt, daher war in Port Victoria keine Ehrenwache ausgestellt. Außer den Offizieren bc- sanden sich nnr wenig Menschen ans der Mole, an welcher die „Hohen,ollern ', welche die teutjche nnd die englische Flagge am Großmast führte, kurz vor 8 Uhr sestmachte. Port Bicloria, 8. November. (Telegramm.) Um 10 Uhr begab sich Kaiser Wilhelm von der „Hohenzollern" zu dem für ihn bercitsteheiideii Sonderzug, der alsbald nach Shornclifse abstchr. Als der Kaiser die „Hohenzollern" verließ, nahm die Be satzung der „Hohenzollern" Paradeausstellung und alle Schiffe feuerten Salut. ' London, 8. November. «Telegramm.) Ter Kaiser traf nm 1t Uhr 3ö Min. bei starkem Regen in Shornclifse ein und begab sich mit Lord Roberts zu Pferde nach dem Lager von Shornclifse. * Loudon, 8. November. (Telegramm.) Ter Prinz von Wales, der Premierminister Balfour, der Staatssekretär des Kolonialamtes Ehambcrlain mit Gemahlin, der SlaatSjekretar des KriegSamtes Brodrick, der englische Bolschaster in Berlin LaScellcS, der Bischof Ripon, Lord Chamberlain und Ladv Roberts begaben sich Henle Mittag nach Sandringham. Preszstimmc». * Loudon, 8.November. Zur Reise Kaiser Wilhelm- nach England bemerkt „Daily Graphic", der Kaiser werde mit ehrerbietigem Gruß empfangen werden, aber eS würde Heuchelei sein, zu behaupten, daß es mit begcisterter Herzlichkeit geschehe. Das Blatt spricht die Hoffnung an-, daß der Besuch die Haltung Deutschlands gegenüber England günstig beeinflussen möge. — „Standard" schreibt: Der Besuch ist der natürliche Ausdruck der innigen Wertschätzung zwischen zwei nahen Verwandten und hat keine politische Bedeutung. Doch würden wir mit Bedauern folger», daß derselbe keine Rückwirkung auf die Beziehungen beider Länder habe. Der Kaiser hat in bemerken-wertem Maße beigetragen zu der Förderung wohlwollender Gesinnung zwischen beide» Ländern. Aber die Stimmung im reulschcii Publikum gegenüber England bleibt ein Gegen stand ernster llcberlegung. Ist es nicht eine grund lose Torheit, einen gutgestimmten Nachbarn sich zu ent fremden und hcrauSzusorder» durch eine Haltung, die tendenziöse Abneigung erkennen läßt? Wir können stet- Verbüadele finden, und e» würde die Schuld Deutschlands sein, wenn wir nach einem Zusammenwirken mit Mächten cm-schau«^ die wenig Liebe für Deutschland hegen. —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite