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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021112019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902111201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902111201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-12
- Monat1902-11
- Jahr1902
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l. MM z. ÄipWl ÄMt Mi AWW Nr. M, Mtnioch, 12. November IM. (MkW'AilWk.) Amtlicher Teil. Bekanntmachung. Nachdem der Straßenhandrl in den, de» neuen Friedhof zu Leipzig-Sellerhausen umgebenden Straßen derart überhand ge nommen hat, daß daselbst die kirchlichen Amtshandlungen wiederholt gestört worden sind, hoben wir beschlossen, die Ostheimslrosze und Äurznrr Straße, diese vom Viadukt der Eilenburger Bahn bis zur Einmündung des sogenannten Mühlweges, vom Tage dieser Be kanntmachung ab für den Straßenhandel zu sperren. Es werden deshalb die in der Bekanntmachung des mitunter zeichneten Rothes und Polizeiamtes vom 20. Februar 1902 unter Punkt 1 bis mit 5 ausgestellten Vorschriften über die Beschränkung des Straßenhandels auch auf die vorgenannten Straßen aus gedehnt. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden nach 118, 158 deS Straßen-Polizei-Regulativs für die Stadt Leipzig, in Verbindung mit 8 366 Ziffer 10 des Reichs-Stras-Gejetz-Buchs, mit Geld bis zu 60 ./L oder Hast bis zu 14 Tagen bestrast werden. Leipzig, am 29. October 1902. «öniglichc AmtShaupImannschaft Leipzig. Heink. Ter Rath und das Polizeiamt der Stadt Leipzig. IX.3577. I)r. Tröndlin. Bretjchneider. Stahl. Bekanntmachung. Nachdem der Plan D. (Berm.-Abth) 869, auS dem die in Folge der Errichtung eines Hauptbahnhofes eintretenden Ver- änderungen an den Straßen südöstlich des leyigen Dresdner Bahn hofes, hier, zu ersehen sind, vier Wochen lang öffentlich ausgelegen hat und Widersprüche innerhalb dieser Frist nicht erhoben bez. nicht aufrecht erhalten worden sind, gelten die Veränderungen und Ncuseftftelluugen der Fluchtlinie» der Siraßen auf dem Gebiete »wischen dem Georai-Rmg und der Tauchaer Strotze einer- icns und der südlichen (Grenze der Flur Schönefeld anderer- teils insoweit, als diese Fluchtlinien aus dem Plane mit durch gezogenen breiten rothen Linien eingezeichnet sind, einscbl. der künftigen Einziehung eines TheilcS der Grorgen-Ltratze als baupolizetlich festgcstellt. Leipzig, den 8. November 1902. Ter Rath der Stadt Leipzig. Hauptbalmk.-Ro-;. 47. vr. Tröndlin. Ör. Barthol. Bekanntmachung. Für den vom 17. bis 24 Dezember 1902 hier stattsindenden Christmarkt wird hiermit Folgendes bestimmt: 1) Zugelassen werden nur Einwohner der Stadt Leipzig. 2> Gesuche um Zuweisung eines Standes sind bis zum 29. No vember dieses Jahres möglichst schriftlich, — wenn mündlich von vormittags 11—12 Uhr oder nachmittags 5—6 Uhr, --an die Marktinspektion, Naschmarkt Nr. 1, III, zu richten. Später ein gehende Gesuche werden uicht berücksichtigt. 3s Für die Zuweisung eines Standes und die Ausfertigung des Erlaubnißicheines wird eine Gebühr von 25 erhoben, die sofort zu entrichten ist; anderen Falls wird überden Stand weiter verfugt. 4) Wer den ihm zugemiesciicn Stand am 17. Dezember 1902 noch nicht besetzt hat, verliert sein Anrecht hieraus nnd hat zu gewärtigen, daß ihm später ein Stand nicht wieder überlassen wird. 5) Der Ausbau der Buden ist vom 13. Dezember ab gestattet; dagegen darf das Auspackcn der Waarcu nicht vor dem 16. Dezember mittags 12 Uhr beginnen. 6) Die Buden sind wie alle übrigen offenen Verkaufsstellen laut H 139o des ReichsgesetzcS vom 30. Juni 1900 und der dazu er lassenen Rathsbekanntmachung vom 26. August 1901 an den in den Christmarkt fallenden Werktage» in den Stunden von 10 Uhr abends bis 5 Uhr morgens, an dem in den Markt fallenden Sonn tage, dem 21. Dezember, bis II Uhr vormittags und von 9 Uhr abends für den geschäftlichen Verkehr geschlossen zu halten. Der Hausir- und Ttratzenhandel ist am genannten Sonntage in der auf den Handel in Marktbuden festgesetzten Zeit zulässig. Wegen der für den Handel in Ladengcschäste» bestimmten Stunden wird auf die Bekanntmachungen des Rathes vom 10. April und 30. Juli 1901 vermiesen. Der Markt schließt am 24. Dezember, 10 Ubr abends. 7) Die Inhaber von Ständen dürfen als Verkäufer nur ihre Angehörigen oder solche Personen verwenden, die dauernd in ihren Diensten oder Irer wohnhaft sind. Jeder Stand, in dem auswärts wohnende, selbst madige Personen als Verkäufer betroffen werden, wird sofort eingezogen. 8) Töpfer- und Steingutwaaren dürfen während der Dauer des Christmarktes von hiesigen Händlern auf dem Töpferplatze ge lagert werde». 9) Sämmtliche Buden und Stände, sowie die aus dem Augustus- Platze zum Feilhalten von Cbristbäumrn benutzten Plätze sind von den Inhabern noch am 24. Dezember bis 12 Uhr Mitternacht zu räume». 10) Es wird nachgelassen, die für den Christmarkt benutzten Buden aus dem Markte, Roß- und Kvnigsplatze noch am 25. und 26. Dezember stehen zu lassen. In diesem Falle haben jedoch Miether wie Verniiethcr der Buden dafür zu sorgen, daß sämmt liche Buden nach Ausräumung der Waaren sofort gut geschlossen, d. h. die Klappen zugebolzt und die Thüren verschlossen oder ver nagelt werden. Die Vudciiplaueu und die dazu gehörigen Planenstangeu sind bis zum 27. Dezember 1902 zu beseitigen. 11) Soweit nicht die Buden zur Benutzung für die Neujahrs- messe genehmigt worden sind, sind sie bis zum 27. Dezember ab zubrechen und am selben Tage spätestens bis 8 Uhr abends weg- zuschaffen. 12) Es ist verboten, vor die aus dem Markt-, Roß- und Königs- platze ausgestellten Buden Trittbretter zu legen. 13) Christbäniuc dürsen vom 17. Dezember ab aus dem Augustus, platze gegen ein Standgeld von 3 für jeden gleichmäßig großen Platz verkauft werden. Es ist aber streng untersagt, Psahle cin- zujchlagen oder sonst die Oberfläche des Platzes zu beschädigen. Wegen Ausstellung der Christbäume und sonst allenthalben ist den Anordnungen des Marktinspektors unbedingt Folge zu leisten. 14) Zuwivcrhlinvlungcn »egen diese Vorschriften werden mit Geldstrafe bis zu 60 ./L oder Hast bis zu 14 Tagen geahndet werden, soweit nicht die schärferen Bestimmungen in 8 146a ver bunden mit 105k, Absatz 2, 41a, 55a, 139o der Reichsgewerbe- ordnung Platz greifen. Leipzig, am 7. November 1902. Ter Rath der Stadt Leipzig. IX. 4021. Ur. Tröndlin. Stahl. Bekanntmachung. Wegen Arbeiten am Wasserrolnnetz wird die Zschochcrsche Straffe im Stadtbezirk Leipzig-Plagwitz, aus der Strecke zwijcven Carl Heine- und Frievrichuraße, vom 13. bis mit 15. dieses Monats für allen durchgehenden Fährverkehr, ausschließlich ;evoch der Straßenbahn, gesperrt. Leipzig, am 11. November 1902. Ter Rath der Stadt Leipzig. IX. 4356. vr. Tröndlin. Stahl. Bekanntmachung. In Gemäßheit deS 8 8 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der städtischen Wasserweike vom 10. Dezember 1896 und der 88 2 und 7 des Regulativs für Gas rohrleitungen und Gasbeleuchtungsanlagen in Privaigrundstucken vom 2. Mürz 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Schlosser- nieister Wilhelm Schwarz, i. ,1a. F. Groffmann Nachf. hier Nikolaistr. 20, II., zur Ueberuahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, am 8. November 1902. Ter Rath der Stadt Leipzig. X. 4273. vr. Tröndlin. Wolfram. Bekanntmachung, die Kirchenvorftandswahl in der Matthäigemeinde betr. Aus Grund geichehener Anmeldung zur Ergänzunaswahl des Kirchenvorstandes ist die ausgestellte Liste der stimmberechtigten Mit glieder der Matthäikircheng-meinde geprüft worden. Dieselbe wird behufs Anbringung etwaiger Reklamationen TonurrStag, den 13. November und Freitag, de» 14. November d. Js., Vormitt, von 9 bis Mittags I Uhr u. Nachm. von 3 bis 5 Uhr, in der Expedition der Matthäikirche ausgelegt. Leipzig, am lO. November 1902. Ter Wahlausfchuff i» der Matthäigemeinde. V Kaiser. Ausschreibung. Die Erd- und Pflasterarbeitcn für die Gasrohrlegung und Beleuchtungsrinrichtung a. in der Straße von Probstheida nach Zuckelhausen, d. in Zuckelhauien und e. in Holzbausen sollen gesondert oder zusammen vergeben werden. Die Bedingungen und Pläne hierfür liegen in der Abtheilung der städtischen Gasanstalten für das Rohrnetz und das Beleuchtungs wesen, Kurprinzstraße 14, ll., aus und können dort eingesehen oder entnommen werben. Die Angebote sind verschlossen und mit der Aufschrift: Erd- und Pflasterarbeiten für die GaSrohrlcgung und die Vclcuchtutigseiurichtung a. in der Straffe vo» Probstheida nach Zuckelhauseu, K. in Zuckelhauseu und e. in Holzhausen versehen bis zum 21. November 1992, Nachmittags 5 Uhr, an die Deputation zu den Gasanstalten, Brühl 80, II. Obergeschoß, Zimmer 48, einzureichen. Ter Rath der Stadt Leipzig behält sich jede Entschließung vor. Leipzig, am 12 November 1902. (1 v. Reg.-Nr. 4979. Des Rathes der Stadt Leipzig le- 5841. Tcputatiou zu den Gasanstalte». Bekanntmachung. Tie Lieferung von 100 guffeiscrnc» Tchleufendeckeln mit Gehäusen und 50 Schleusend, ckeln ohne Gchänsc für Holz- einlagcU soll an einen Uniernehmer verdungen werden. Die Bedingungen für diele Lieferung liegen in unserem Ties- bauamte, Brühl 80, II. Obergeschoß, Zimmer Nr. 77, aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von 0,50 ./s, die auch in Briefmarken eingesandt werden können, entnommen werden. Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Liefern»» von guffeisernen Tchlcusendcckeln zur Ausnahme vo» Holzcinlagcu" versehen in dem oben bezeichneten Geschäftszimmer bis zum 28. November Nachmittags 5 Ilhr einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig den 11 November 1902. 1. X. 10468. TcsRatücsdcrTtadtLcipzigTeputationfürdasTicfbauwesen. Bekanntmachung. In den städtischen Hundezwinger sind drei wrrthvolle Hunde, und zwar: 1) eine schottische Schäserhiiudin, gelb, mit weißer Halskrause, ca. I Jahr alt, 2) ein männlicher deutscher Schäferhund, schwarz-grau, ca. 1 Jahr alt, und 3) ein dergleichen (Bastard) schwarz, mit weißen Pfoten, ca. °/« Jahr alt, als herrenlos eingeliesert worden. Diese Hunde werden zum Besten der Armenkasse versteigert oder, falls sich Bieter nicht finden, getödtet werden, wenn sich dbt Eigenthümer derselben bis zum 14. dieses Monats, nachmittags 5 Uhr, an Steueramtsstelle, Stadthaus, Rathhausring 5, III. Obergeschoß, Zimmer 59, nicht gemeldet haben sollten. Dir Versteigerung findet an deni ebenbezeichneten Tage '/,6 Uhr nachmittags im Sladthaujc, Zimmer 56 statt. Die Hunde können täglich zwischen 2 und 4 Uhr nachmittags im städtischen Kavillereigrundstücke in Leipzig-Lindenau, Angerstraße 28/30, besichtigt werden. Leipzig, am 11. November 1902. Ter Rath der Stabt Leipzig. vr. Tröndlin. E. Bauplatz-Versteigerung. Die folgenden, dem Johannishospitale gehörigen, zwischen der Oft-, Hoheuzolleru- und Rcttzenhaiuer Straffe gelegenen 16 Bauplätze und zwar Nr. 1 an der Ecke der Ost- und Reitzen ¬ hainer Straß« von - 2 - - Oststraße - . 3 . - . 4 - - - 5 » « Ecke der Ost- und Hohen- zollernstraße - « 6 » <» Hohcnzollcrnstraße - . 7 - . 8 . - - 9 - - . 10 . - - 11 « - Ecke der Hohenzollern- und Reitzenhainer Straße - » 12 » » Reitzenhainer Straße - . 13 . . . 14 - . . 15 - - . - . 16 - - - - Flächengehalt sollen Tonncrstag, deu 13. November dieses Jahres, vo» Vormittags 10 Uhr an im 2. Obergeschoß der alten Rathswaage, Katharinenstraße Nr. 1, zum Verkauf versteigert werden. Ter Bersteigerungstermin wird pünktlich zur angegebenen Stunde eröffnet und die Versteigerung bezüglich eines jeden der einzelnen noch einander in obiger Reihenfolge auszubietenden Bauplätze geschlossen werden, wenn daraus nach dreimaligem AuSrufe kein weiteres Gebot mehr erfolgt. Tie Versteigerungsbedingungen mit Parzelllrungsplan liegen auf dem Rathhause, 2. Obergeschoß, zur Einsichtnahme aus. Exemplare davon können gegen Bezahlung einer Gebühr von 1 ./<- daselbst entnommen werden. Leipzig, am 25. Oktober 1902. la 5276. Ter Rath der Stadt Leipzig. 1615. vr. Trön dlin. Krumbiegel. Verinietbnngc». I. Läden. 1) RathhauSgcwölbe Nr. 13 und 20 für 1500 bez. 1100 -/L zum 1 Avril 1903. 2) Naschmarkt Nr. 4 „alte HaudclSbörse" 1 Laben für 650 zum 1. April 1903. 3) Gcorgi-Riug Nr. 19 „Tscharmauns Haus' 2 Lüden zu je 1800 zum I. April 1903. 4) Gocthcstraffc Nr. 8, Ecke Ritterstraffc, 1 Laden für zunächst 3500 ./cl zum I. April 1903, cvrttt. schon zum 1. Januar 1903 — mehrjähriger Vertrag — 5) Raustschc Gaffe Nr. I s. I Laden mit Wohnung zu 550 b. 1 - ohne - » 400 - sofort, c. I Laden zu 400 ./l zum l. Januar 1903 — cvenl. Ver ¬ trag bis 30. September 1905. H. Wohnuugeu. l) Alte Straffe Nr. 22 Lctpzig-Plagwttz 1 Wohnung im II. Obergeschoß zu 1020-/L jährlich sosvrt, event. 3 Jahre Vertrag. ca. 700 gm - 633 - - 750 - - 520 - - 555 - - 562 . - 640 . . 467 - - 373 - . 374 - . 540 - - 520 - » 665 - . 731 - - 590 - « 400 . Feuilleton. Friedrich Gustav ülemm, der erste Sammler für das Grassi-Muscnm. (Geb. 12. November 1802.) Wohl nur wenige dürften ein lebhaftes Interesse dafür hegen, wer Friedrich Gustav Klemm war. Und wenn ich jage: Der bekannte Kulturhistvrikcr! so wird wohl nur die ältere Generation sich des dcrcinstigen Oberbibliv- thckars der Königlichen Bibliothek in Dresden erinnern. Und doch ist sein Wirken und Streben gerade für die Stadt Leipzig von ganz besonderem Interesse, da wir hier in unserer Stadt gerade die dauerndsten Denkmale und Erinnerungen an seine Gclchrtentätigkeit besitzen, und zwar in seinen Sammlungen, deren über l2 000 "Nummern den Grundstock des Grassi-MnscumS bilden. Freilich ge hört Klemm nicht zu den Gcschcnkgcbern, die sich durch ihre Munifizcnz, ihr der Allgemeinheit praktisch er wiesenes Interesse, in unserer Stadt einen unvergeßlichen Namen gemacht haben, — er selbst hat es überhaupt nicht erlebt, daß seine Sammlungen nach Leipzig gebracht wurden. Klemm ist am 26. August 1867 in Dresden ge storben; seine berühmt gewordenen ethnologisch-kultur historischen Sammlungen aber wurden im Fahre 1870 von einem Leipziger Verein angekauft und bildeten dann die Grundlage des diesem Verein gehörigen Mirscums für Völkerkunde, aus dem dann das Museum in seiner gegen wärtigen glänzenden Gestalt emporgesticgcn ist. Es sind auch gegenwärtig nicht alle Stücke der Klcmmschcn Sammlung in unserem Grassi-Mnscnm anfgcstellt, teils wegen Mangels an genügendem Raum, teils auch, weil Klemm nach anderen Gesichtspunkten und daher in anderen Richtungen gesammelt hat, als wie es dann seitens der Muscumsleitmig geschah. Es dürfte aber, auch abgesehen von der allgemeinen Bedeutung Klemms als Knlturhistorikcr, schon aus dem angeführten Grunde von Interesse sein, wenn wir nach einem kurzen Blick auf Leben und Entwickelung des berühmten Forschers zu entdecken suchen, wie die Art seines Sammelns sich ge staltete, um dann etwas über die ethnologischen und lulturhistorischcn Grundsätze zu erfahren, durch die er sich hierbei leiten liest. Friedrich Gustav Klemm wurde als Sohn eines säch sischen Beamten am 12. November 1802 in Ehcmnitz ge boren und besuchte die Schulen zu Freiberg und Ehcmnitz. Als er 1821 die Universität Leipzig bezog, geschah dies mit der Bestimmung, daß er Rechtswissenschaft studierte. Bald aber ergab er sich immer mehr historischen Studien, be sonders beschäftigte er sich mit der Geschichte des Mittel alters und allgemeiner Kulturgeschichte. 1825 ließ er sich in Dresden nieder, um sich mit literarischer Tätigkeit zu befassen. Er zeigte eine große Fvrmengewandthcit, auch eine gewisse dichterische Begabung. Sv findet sich in feinem ersten Werke: „Attila nach der Geschichte, Sage nnv Legende" (Leipzig, 1825) im ersten Teil eine Uebersetznng der Sage von Attila von Walther vvn Aquitanien im Versmaße des Original». 1828 erschien seine „Geschichte vvn Bauern" nnd 1829 eine Dichtung: Herfest. Eine Zeitlang gedachte er sich als akademischer Lehrer zu habili tieren, ging aber 1830 nach Nürnberg, nm dort die Redak tion des „Kriegs- und Friedensiuriers" zu übernehmen. Sston im November 1831 ward er als zweiter Sekretär au die Königliche Biblivthck in Dresden berufen nnd trat so in den Wirlnngstrci», dem er fast bis an sein Lebens ende treu blieb. Nachdem er >833 noch «ls Nebenamt die Aussicht über die Königliche Porzellan- nnd Gcsänsamm- lung im Japanischen Palais übernommen, ward er 1834 'Bibliothekar. 1852 Oberbiblivthcla» der Königlichen Bibliothek. Eine besondere Freude brachte ihm das Jahr 1838. Auf Aufforderung des Prinzen Johann iipätercn Königs) vvn Sachsen machte er in dessen Begleitung eine Reise nach Italien mit; die anderen Reifcgenvssen waren der Adjutant Majvr v. Oppell und Hvfrat Professor Dr. Ehvulant. Er hat diese Reise in einem besvndercn Werke „Jtalika, Reise nach Italien" iTrcsden, 1839) beschrieben; Frühlingsgefühlc im kältesten Winter; ein Jubethnmnns des Gelehrten über Erreichung eines längst er sehnten Zieles. Wie ein Stück Poesie lieft sich zum Teil die Schilderung dieser Reise, die Klemm dem Prinzen Johann persönlich besonders nahe brachte, da sic oft allein gemeinsam Ausflüge machten; in reicher Fülle erwuchs dem Gelehrten daraus Frucht und Anregung für seine Studien. — Als Kern seiner geistigen Bestrebungen bezeichnet Klemm selbst die „Erforschung deutscher Vvcks- tümlichteit". Diesem Gegenstand galten zum Teil seine Studien und Veröffentlichungen. Später erweiterten sich seine wissenschaftlichen Bestrebungen in der Richtung ans Geschichte nnd Völkerkunde im allgemeinen, wie seine her vorragendsten Werke bezeugen. Der Erforschung deutscher Volkstümlichkeit galten nvch sein „Handbuch der ger manischen Altertumskunde" il835i, ferner „Zur Geschichte der Sammlungen sür Wissenschaft und Kunst in Deutsch land" (1837). Tann aber folgen seine „Allgemeine Kulturgeschichte der Menschheit" (Leipzig, 1843—1852, 10 Bände), seine „Freundschaftlichen Briefe" (1847), die auch von kulturhistorischen Studien handeln, die^,Grund ideen zu einer allgemeinen Kulturwissenschaft" (Sitzungs bericht der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zn Wien, 1851), „Allgemeine Kulturwissenschaft" «1854, 2 Bände); auch in der Schrift „Vvr fünfzig Jahren" (Stutt gart, 1865) schildert er kulturgeschichtlich die Zustände auf Grund eigener Beobachtungen und Erlebnisse. Kommen wir nun zn seinen Sammlungen, so erhalten wir in seinen „Freundschaftlichen Briefen" einen Blick in die Freuden nnd Leiden eines „Antiquars", darin er sich sichtlich selbst schilderte. Da grault er eine un angenehme Dame fort, indem er ihr, die eine unbezwing liche Aversion gegen Schädel und Dinge empfindet, die ans Gräbern stammen, den Kasten öffnet, cor den Hauptschmnck enthält. Wir sehen blvndes Haar, Kopfschmuck, den „lieb lichen" Schädel selbst, Perlenketten, — sichtlich nur aus Interesse an der Antiquität selbst gesammelt. Boni zehnten Briefe an aber führt er uns tiefer in die Ge heimnisse seiner Schätze. Triumphierend zeigt er uns den Dolch, der von der Westküste Afrikas stammt und nur höchst selten nach Europa gelaugt. Wir sehen den Säbel des Kabylen mit dem „ekelhaften" Ledcrgrisf. Und nun erst diese Hassagnen, Bvgen und Pfeile mit vergifteten Spitzen, diese Schilde aus Nashorn- nnd Flnßpfcrdhant, diese Karbatschen, — alles stammt ans dem fernsten Afrika, alles ist selten, interessant nnd kostet dem Besitzer namhastc Summen. Er zeigt uns einige Kleidungsstücke, — hier den vollständigen Anzug einer schwarzen Dame vom weißen Nil, bestehend in einem viereckigen Stück HliänenfcU. Dann naht er einem Schranke wie ein Priester dem Altar: altes verrostetes Kupfer, womit fick' die alten Germanen vor zweitausend Jahren die Gurgeln abschnitten, — eiserne Armringe der Völker am Nil, Knpfcrringe der Kaisern; liier die ans gebranntem Bvlus nnd Korallen gefertigten Armringe der Pelcw-Jndianer, — dort Armringe au» Elfenbein, die die Elliabs und Barrns in Ostasrika jetzt noch tragen, die wir aber schon auf ihren Darstellungen in den Monumenten der sieb zehnten Dnnastie der alten ügiwtischeu Pharaonen treffen. — Und nun die Feuerprobe für die Nerven: in mehreren Glakschränken einige Reisten gelblicher Schädel uns ent- gegcngrinsend, - Totenmasken, Abgüsse von Negcrköpfen und - ein leiser Schauer durchrieselt uns plötzlich -, denn deu Ehrenplatz nimmt ein brauner Meuscheukops mit stieren Glasaugen, blökende» Zäliueu und langem, schwarzem Haar ein. Ein Vortrag über Menschenrassen beginnt. Der Sammler macht uns auf den Bau der Schädel aufmerksam, kommt auf die malayischcn Völker, die Sitte der Tätowierung, und — mit einem Male hält er uns das braune Mcnschenhaupt vvr die Augen, daß die stieren Glasaugen aus uns gerichtet sind. Ter Sammler erklärt uns: Dieser Neuseeländer Schädel ist einer der schönsten, die je nach Europa gekommen, herrlich erhalten, mit reicher Tätowierung bedeckt. Ter Inhaber hat eine enorme Summe dafür gezahlt und die Ankunft desselben in seinem Hause durch ein Gedicht gefeiert. Er macht uns ansnicrtsain aus die Spirale, welche Wange und Nase verzieren, ans die vierfachen Linien, welche in einem Bvgen vvn der Nasenwurzel nach den Schläfen empvr- ücigen, auf die Tätvivierung der eingeschrumptten Lippen, auf die durchbvhrteu Ohrlappcn, — kurz, wir lernen den Schädel bald besser kennen, als unseren eigenen, cs ge lingt dem Fvrscher, uns Interesse sür den Mvtvmvlai ein- zuftvßen und uns seinen Anblick erträglich zu machen. Wer gedächte bei diesen Schilderungen uicht der Schätze des Grasumuseums und des prächtig tätowierten Neuseeländer Schädels daselbst? — Mit Humor schildert Klemm uns auch die Leiden des Sammlers. Er zählt und zählt, — aber Nr. 1609 fehlt — der Kamm „aus Holz vvn Lvanda", wie sein Katalog besagt. Lange Zeit nachher findet er in einem Heft, das Abbildungen der Kämme enthält, das unglückliche Original. Er statte dasselbe abgczcichnct, war untcr- ürvchcn worden und hatte die Mappe zugeschlagcn. Ein anderes Mm schildert er uns die Erwartung der Ankunft einer Kiste über England. Welcher Aerger, als sich das zuerst enthüllte Messer als ein schlechtes Exemplar er weist, welch eine Freude, als ganz unten unerwartet noch ein wunderschöner brasilianischer Fedcrtragen heraus glänzt, womit istm sein Korrespondent eine Ueberraschung bereitet statte. Im allgemeinen redet er von den gelehr ten Sammlern oder sammelnden Gelehrten als den glück lichsten Menschen. In seinen tuiturstislvrischen Briesen kommt er daun aus die verschiedenen Vvlkcrtupen zu sprechen, unter denen er zwei Hanptarten unterscheidet: die passive und die aktive. Die passive Rasse ist in allen Erdteilen verstreitet, — die aktive Rasse dagegen in den Hochgebirgen Vvrdcrasicns, von wv sie hcrastslieg in die Ebene nach jeder Richtung, und bi.- nach Neuseeland und in die Mandschurei, von wv sic nach den kanarischen und britischen I nseln und Island vor gedrungen ist. Die Geschichte der Menschheit hat nachKlcmm nachznivcisen, welche Formen des häuslichen wie des öffentlichen Lebens, welche religiösen, künstlerischen und wissenschaftlichen Erscheinungen die gegenseitige Ein wirkung passiver und aktiver Menschenrassen hervor gebracht hat. Sic hat ferner nachzuwciscn, wie sich die Natur dazu verhalt, welche Hülsc-mittcl sic den Menschen darbictet, welche Hemmnisse sic istm in den Weg legt. Da bei darf man die verschiedenen Abarten der beiden Menschenrassen nicht allein nach ihrer Kvpsbildnng, son dern zunächst nach ihrer körperlichen Beschaffenheit, dann aber vorzugsweise nach ihren Seelcnzustündcn, geistigen Kräften und Anlagen näher betrachten, nm endlich die Stelle auc-znmitteln, welche sie in der Stnsensvlgc der Knltnrznstande einnehnicn. Der Unterschied der beiden Rassen konstituiert ihm die Kulturgeschichte. Die hoch begabte Nasse vvn den Hochgebirgen Asiens stak die pas siven Völker der übrigen Welt überfallen, unterjocht, er zogen und im Verkehr mit denselben, durch Weckung und Anwendung ihrer Kräfte, die Kultur geweckt und ent wickelt, deren Anfunqe wir in der Südicc, ans den Kanari rischen Inseln, deren Fortschritte wir in Egiwtcn und Meritv erblicken. Die passive Rasse finden wir überall ans der Erde, erkennbar an der SchäSelbilüung, dem star ten groben Haar, der farbigen Haut, den ausgebildeten Sinncswerkzenaen niw. In Dingen, welche 'ich ans Be friediannq der körperlichen Bedürfnisse bcnehcin ent wickelt die passive Naue einen außerordentlichen Schars sinn, der sich am glänzendsten bei Jagd nnd Fischfang be währt. — Es ist klar, daß diese Ansichten ans das Zusam mentragen und die Anordnung der Klenmrschen Sarmn- lnngcn von Einfluß sein mußten. Ihm kam es darauf an, diese kulturelle Gesamtcntwickclnng der Menschheit dar- znstcllen, nicht aber die besondere Eigenart jedes Volks tums mit seiner besonderen Menschcnart und besonderen Kultur, wie dies nns in unserem Musenm so augenschein lich entgegentritt. Sehr charakteristisch für Klemms eigen tümliche Stellung zur Kulturgeschichte ist seine „Allgemeine Kulturwissenschaft". Hier geht er aus von den „materiel len Grundlagen menschlicher Kultur" und behandelt hier unter: das Feuer, die Nahrung, Getränke, Narkotika, — das sind ihm die Unterscheidnngspnnktc, Gegenstand ist die ganze Menschheit. Er unterscheidet Knltnrnadicn, — nicht aber Volker in ihrer Eigenart und ihrer besonderen kul turellen Darstellung. Wie er dies in seinen Sammlungen praktisch erwiesen nnd in seinen sonstigen Veröffentlichungen erläutert hat, so tritt cs besonders da hervor, wo er theoretische Grund ideen zu einer „allgemeinen Kulturwissenschaft" geben will. Tie Knltnrgeschichtc hat ihm die Aufgabe, alle die Tat sachen und Erschcinnngcn in ihrer Anfcinandcrsvlgc dar- znslcUcn, welche die Entwickelung des Mcnsiiic,,gcschlcchts erzeugt, nnd die Zustände zu schildern, die dasselbe all mählich in seinen Gliedern durchlebt hat. Sic beginnt mit den niederen Stufen der Menschheit und schreitet zu den höheren fort. — Die Kulturwissenschaft dagegen hat die Aufgabe, Erscheinungen darzustellen, welche in der Ent wickelung der von der Vorsehung in den Menschen gclcg tcn Kräfte gegenüber der Natur hervortrctcn, die Ur sachen derselben im Menschen und in der Natur anfzu- suchen und die Gesetze nachzuwciscn, nach denen diese Wechselwirkung stattsindet. — Die Kulturwissenschaft isr wie die Natnrwissenschast eine Wissenschaft der Erfahrung, die auf der Anschauung von Tatsachen beruht. Ihr Gegen stand ist nicht eine einzelne Russe, ein einzelner Staat, ein Erdteil. Sie hat die Ausgabe, die Menschheit der Natur gegenüber als ein Ganzes, als ein Individuum darzu stellen.>!> Die Kulturgeschichte stellt nun dieses Individuum in seiner chronologischen Entwickelung dar, in seinem Kindhcitsznstand, als Jüngling, Mann, Greis, — die Knltnrwiffenschaft aber hat cs bei seinen verschiedenen Be schäftigungen zur Anschauung zn bringen. Daher sind Quellen der Kulturwissenschaft sämtliche Denkmale mensch licher Tätigkeit. Diese ordnet nun Klemm nach dem Be darf der Menschen vom engeren zum weiteren. Zuerst führt der Trieb der Erhaltung aus die Gegenstände der Nahrung, dann kommt er ans Wohnung, Kleidung, Werl- zcngc, Gesäße Wasfe», — Transportmittel, Wasicrfahr zeuge, — Gegenstände des Hirtenlcbens, des Ackerbaues: — Entdeckung der Metalle. Verkehr der Menschen folgt mit Familie, Besitz, Gewohnheitsrecht, Anfängen der Re ligion; — cs schließen sich an Kaste, Leibeigne, Lehne, Staaten und Städte, — schließlich Wissenschaft und Kunst. Man sicht: Durch alles gclü der Zug, die Menschheit als ganzes zu betrachten, ohne Rücksicht auf die besondere Knltnrentivickelnng der einzelnen Volker. Wenigstens tritt diese Rücksicht nur bei Betrachtung der Entwickelung der einzelnen Knltnrqegenstände in Erscheinung. Mag man nun auch Klemms kulturhistorische Theorien und Anschauungen im allgemeinen voer einzelnen nicht teilen, jedenfalls gebührt ihm das Verdienst, nicht bloß, daß er durch seine Schriften ans die Belebung kultur geschichtlicher Studien cingcwirkt hat, sondern daß er auch vvr allem betonte: „Diese Denkmale «menschlicher Tätig leit nnd menschlicher Zustände in "Nahrung, Wohnnng, Kleidung, Geräten niw.« werden aber erst genießbar, be lehrend und beweisend, wenn sie je nach ihrer Entwickln»» aus den ersten Anfänge» ans einem Punkt vereinigt sind." Und hierin, in solcher Bereinigung nnd Sammlung, vor- angegangen zu sein, in außer seiner literarischen Anregung noch Heine, wie wir cs in unserem Musen»' für Völker kunde sehen, Klemms bleibendes Verdienst. v. I,.
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