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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190211169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-16
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1902
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7852 Käufer, die sich schnell entschließen, bekommen eS billig, heißt es in der Ankündigung. Somit dürfie die gewaltige Holzmasse, die seit fünf Iabren an der nordwestlichsten Ecke Spitzbergens lagert, wobl früher oder später ver schwinden, und dann wird nur noch die von Offizieren des schwedischen Kanonenbootes „Svenöksund" gestiftete Tafel die Mit- und Nachwelt au die waghalsigste Ballonfahrt, von der die Geschichte der Luftschifffahrt zu berichten weiß, erinnern. Es verdient übrigens aufgesrischt zu werden, daß die von And,ee konstruierte Ballonhalle ein bedeutendes Werk darstellt. Selbst berühmte Lustschiffer konnten sich nicht vor stellen, wie Andree für seinen Niesenballon auf Spitzbergen den nötigen Schutz Herstellen wollte, der während des Abwartenö günstigen Windes erforderlich war. Denn eine eiserne Kvnslruttwn hätte die sämtlichen Mittel verschlungen, die für die Ballonexpedition überhaupt zur Ver fügung standen. Aber Andröe löste die Frage in einfachster Wer>e, indem er die Holzballe schuf, de>en eine Hälfte kurz vor der Abfahrt mit größter Schnelligkeit niedergclegt werden tonnte, um einen gefahrlosen Ausstieg zu ermöglichen. In zwischen ist auch die übrige Hälfte von den Stürmen, die iiii Winter in der Polarregivn rasen, eingerissen worden. — Bet der Versteigerung der Mciduugsstücke der Frau Humbert in Paris wurden folgende Preise erzielt: Der höchste Preis von 5700 FrcS. wurde für eine Zobelpelerine mit Hermetlnsulter bezahlt; diese soll 10 000 FicS. gekostet haben. Ein Rock und eine Taille aus Breilschwanz mit Samt- und Guipurebesatz brachte 1300 FrcS.; ein Paletot aus Fischotter I5l0 FrcS.; ein erömescidener Umhang mit Ebiilchilla'utker und Besatz 1230 Frce.; ein Muff aus Blau fuchs 3100 FicS.; ein Zobelmuff 3800 FicS.; ein Umbang aus Blausuchs 1025 Frcs.; ein anderer aus demselben Pelz 5100 FrcS.; sieben Spitzenbemben 465 Frcs.; sieben Malinöes 357 Frcs.; ein Ballumdang 400 Frcs.; drei Kostüme 425. 305, 300 Frcs.; ein Sonnenschirm 69 Frcs.; vier Dutzend Handichube 112 Frcs.; ein Posten Schleier 99 F>cs.; zwei Sonnenschirme 70 FrcS.; ein Tischteppich 269 FrcS. usw. ----- Wieder aufgesundene Gold-Bergwerke in Portugal Es wird der „Frkf. Zig.- geschrieben: Schon Strabo erzäblt von dem großen Melallreichtum der Pyrenäischen Halbinsel mit den Worten des PosidoniuS: „Und in der Tat bewohnt bei jenen Menschen nicht Hades, sondern Pluto, der Golt des Reichtums, die unterirdische Welt". Speziell ron dem Reich tum des jetzigen Portugal an Silber und Gold spricht Strabo III. x 147: „Bei den Anabrern aber, welche die äußersten in Lust- tanien gegen Norden und Westen sinv, blinkt die Erbe von Silber, Zinn und weißem Golde (denn es ist mit Silber gemischt)-. So Haven denn auch die Römer, Mauren und Porlugieien Bergbau mit Eifer und Energie getrieben. — Im Hinblick darauf wird folgende Notiz interessieren, welche Salomon Neinach in der letzten Nummer der „Revue archöologigue- mittellt: „Zn der römischen Zeit und möglicherweise noch früher wurden anscheinlich sehr reiche Goldbergwerke in Portugal, bei Thamar in der Provinz Eoimbra, aus- aebeutet. Man behauptet, daß auch die Mauren und Portugiesen daselbst gearbeitet haben; aber seit zwei Jahrhunderten ist die Erinnerung an diese Weite gänz lich verloren gegangen. Zn allerneuester Zeit sollen einige südafrikanische Boeren, die zu Laur-n^o-Maiquez gefangen genommen und in Portugal interniert wviden waren, sie durch ihre Erfahrungen als afrikanische Goldsucher wieder- gesunden und mit Erjolg ihre Ausbeutung begonnen haben. Es ist ein merkwürdiges Zufallsspiel, ras eine altrömische Zudustrie durch die Initiative einer geringen Zabl Ver bannter bat wiederauserslehen lassen.- Nemachs Quelle ist die amerikanische Zeitschrift „The Nation", die im allgemeinen gut unterrichtet und ernst zu nehmen ist, und für die der französische Gelehrte selbst oft Beiträge liesert. --- lieber einen Mäuscfängerkursus wird berichtet: Der Nidwaldnerische Baueluverei» in rer Schweiz läßt in seinem Organ eine Einladung an die Landwirte zur Beteiligung an emem Kurse „rur Erlernung deS Fangens und Vertilgung aller Art von Mäusen" ergehen. Das dürfte das Neueste auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Berufsbildung sein. — Die Geschichte zweier Birnen. Im „Journal des Döbats" lesen wir: Folgende kleine Scene konnten wir unlängst um Mitternacht auf dem Orlsans-Bahnhof be obachten: Zahlreiche Familien kehren vom Land in die Stadt zurück. Reisesacke, Koffer, Regenschirme, Kinder, Hunde, Käfige mit Kanarienvögeln — alle Arme sind mit Gepäckstücken beladen. Ein Dienstmädchen aber hält in der Hand nur ein Netz, durch dessen Maschen man ganz deutlich zwei kleine Papierpaketchen und zwei offenbar leere Flaschen unterscheidet. Ein Oktroibeamter redet das Mädchen an: ,^Leffnen Sie dieses Netz!" — „Aber das sind ja nur die Uebcrreste unserer Mahlzeit." — „Auch für Reste muß bezahlt werden. Leffnen Sie das Netz!" — „Aber Sie sehen doch von draußen, was drin ist." — „Oesfnen Sie das Netz!" — „Na, dann öffnen Sie es selbst." Und das Mädcken reicht, heiter lächelnd, dem Mann von der Steuer das Netz hin. In diesem Augenblick nähert sich eine maje stätische und würdevolle Persönlichkeit; es ist ein Steuer inspektor: „Dieser Mann hier", sagt er, jedes Wort scharf betonend, „tut nur seine Pflicht. Wir sind hier, um für die Finanzen der Stadt zu sorgen!!! Haben Sic ver standen? Oeffnen Sie jetzt das Netz." Nach dieser feier lichen Ansprache schreitet man in Gegenwart des öffentlich belobten Unterbeamten und des würdevollen Inspektors zur Oeffnung des Netzes: heraus zieht man zwei Bier flaschen, leer wie die „Gedankensplitter" eines modernen Dichters oder wie die philosophischen Reden des Generals Andrs; heraus zieht man ferner die beiden Paketchen in Papier. Unter gewaltiger Spannung des Publikums, das sich scharenweise angesammelt hat, werden sie geöffnet. Aus dem einen fördert man eine Brotkruste und drei Wurst hüllen zu Tage, aus dem anderen zwei kleine Birnen. Das Dienstmädchen in seiner Gutmütigkeit will das ganze dem Zollbeamten schenken; aber der würdevolle In- fvektor mustert die kecke Kleine mit einem strengen Blick und sagt scharf: „Fräulein, un sere Beamten werden von uns ernährt!" Und wlchrend sich dieser kleine Zwischenfall abspielt, der nicht weniger als eine Viertelstunde gedauert hat, gehen gewisse Personen mit Reisesäcken, Koffern, Regenschirmen, Kindern, Hunden, mit Vogelkäfigen beladen, ruhig in die Stadt, und unter ihren Gepäckstücken befinden sich gewiß mehrere, die in dem Lchmuggelmusenm des Steueramtcs ein Paradestück abgegeben Hütten. — Ueber die Frauen am Wahltag in Nordamerika plaudert ein Korrespondent der „Frkf. Ztg": Die Poli tiker haben ihre harte Arbeit hinter sich, denn morgen ist schon der Wahltag. Sie haben kein rechtes Leben in die Eampagne bringen können. Heuer hat es schwerer ge halten als je, die Versammlungslokale zu füllen. Niemand wollte mehr in die Meetings wallfahrten, um zu hören, wie schlecht -och die Gegenpartei sei und aus welchen Gründen man für Hinz oder Kunz stimmen wolle. Da draußen in Colorado machte sich allerdings einiges Inter esse geltend, wenn auch nur bei den Frauen. Das zarte Geschlecht bat dort das nnbedingte Wahlrecht und übt wenigstens das Stimmrecht auch immer aus, wenn es auch die Führung des Regterungsruders bisher noch -en Männern überlassen hat. Die Eampagneleiter der demokratischen Partei haben nun einen glänzenden poli tischen Eoilp ausgesonnen, um die „Bürgerinnen" für sich zu gewinnen. Sie schickten nämlich jeder Wählerin eine Schachtel Bonbons ins HauS, auf welcher neben dem wohlgetrofsenen Konterfei der demokratischen Kandidaten auch die Prinzipienerklärung der Partei und einige kräf tige politische Schlagworte zu sehen waren. Und an einer Seite sicht mit großer Schrift: „Eßt dieses Zuckerwerk mit dem Bild von Demokraten und st i m m t für Demo kraten!" Die republikanischen Führer gerieten darob in Bestürzung. Sie haben, um den Schlag zu parieren, vor läufig in ihrer Presse verbreitet, das Zuckerwerk sei mit gesundheitsschädlichen Farben angemacht. Außerdem wird die Verdächtigung verbreitet, die Vor sitzende des demokratischen FraucncomitöS trage einen Hut vom vorigen Jahre. Sollte dies wirklich bewiesen werden, so würden allerdings die Bonbons nichts Helsen. Man er innert sich vielleicht jener Anekdote von dem amerikanischen Mädchenpensionate, dessen Frequenz ohne eruchuimen Grund auf einmal stark zurückging. Eine Erklärung wurde erst gefunden, als man entdeckte, daß auf dem neuen Prospekt des Instituts mehrere junge Damen auf der Veranda nach der vorjährigen Mode gekleidet abgcbildet waren. — Dao Neueste vom deutschen Schriftstcllcrheim in Jena. Das Vermögen dieser milden Stiftung betrügt bei etwa 50 000 mündelsicherer Staatspapicre im Depot der Jenaer Sparkasse, dem Bauplatz in der Westvvrstadt Jenas und den von deutschen Künstlern gestifteten Gaben zur Zeit schon gegen 75 000 .// Zu seiner Verwaltung be steht ein beim Amtsgericht in Jena eingetragener Verein. Weitere, und zwar recht bedeutende Einnahmen erhofft das Seim aus dem soeben zu seinem Gunsten erschienenen Prachtwerke: „F ü r n n s e r H c i m! Bunte Spenden deutscher Dichter und Denker der Gegenwart für das deutsche Schriststellerheim in Jena, zusammengetragen von vr. Timon Schrocter." Dies nach sorgfültigster Prüfung aus über tausend Originalbcitrügen hergestellte Werk enthält fast von jedem seiner Mitarbeiter selbst verfaßten Lebenslauf mit Porträt nebst möglichst treffender Probe des dichterischen Schassens und ist von der bekannten Firma I. I. Weber („Illustrierte Zeitung") in Leipzig in Druck, Originalillustration iiud Eiubaud aufs allervoruehmste ausgestattet worden. Unter den mehr als 200 Autoren, die über 450 große Druckseiten füllen, begegnen wir vielen klangvollen Namen: Felix Dahn, Marie von Ebner-Eschenbach, Earmen Splva (Königin von Rumänien), Friedrich von Esmarch, Johannes Fastcnrath, Gerhard von Amyntor, Rudolf von Gottschall, Ernst Haeckel, Paul Heisse usw., neben denen auch die jüngeren Talente gebührend vertreten sind. Somit h'andelt es sich bei diesem einzig in seiner Art dastehenden Buche um ein wirkliches Schatzkästlein für die deutsche Familie, das aus der Liebe und Begeisterung deutscher Dichter und Denker zur Bereitung einer Zu fluchtsstätte für alte oder hülfsbcdürftige Kollegen ent standen ist, und das jeder um so freudiger erwerben wird, weil seine Ertrüge nun endlich auch den verdienten Dichtern, Schriftstellern und Journalisten ein Erholungs- und Altersheim verschaffen sollen. Denn was insbesondere die deutschen Stämme diesen Fackelträgern und Herolden zu verdanken haben, die so oft in trüber Zeit das Volk aus tiefer Niedergeschlagenheit aufgeweckt und zu neuen Taten begeistert haben, das ist mit der Zeit immer besser cingcsehen und gewürdigt worden. Hieraus ist denn auch die verhältnismäßig große Summe geflossen, welche die „Bausteine" dem Heim bisher schon eingcbracht haben. .HeirereS nns dem österreickischen Abgeordnetenbanse. Am Donnerstag hat es wieder einige heitere Scenen gegeben. Es stand wieder einmal die Sprachenfrage in Böhmen zur Diskussion. Deutscherseits beschwerte man sich über die neuen tschechischen Straßenschilder in Prag, tschechischerseits, daß einige Bahnen im Norden Böhmens nur deutsche Stationsschilder führen. Abg. Mastalka: Was die Bahn Melnik-Mscheno betrifft, so wurde durch einen Erlaß vom 23. September 1896 aus drücklich die Anbringung der doppelsprachigen Tafeln an geordnet. Abg. Kasper: Aber nicht durchgeführt! Abg. Mastalka: Sie wurde durchgesührt, nur wurden in zwei Fällen im Laufe der Zeit die Tafeln beseitigt. Abg. Pacher: Die haben Hofer, Kindermann und ich wcggetragen, damit wir den Antrag einbringen können! Abg. Mastalka: Den Organen der Bauleitung wurde dafür ein Verweis erteilt. Abg. vr. Herold: Die Oesterreichische Nordwestbahn ist in deutschen Händen! Abg. Kasper: Judenhänden! Abg. Brzorad: Ohne die Juden wären Sie gar nichts in Böhmen! (Unruhe.) Abg. ttramarz: Die doppclsprachigcn Tafeln müssen dort sein, sonst weiß man nicht, daß man in Oesterreich ist! Abg. Mastalka: Die tschechischen Eisenbahn-Bediensteten und Beamten werden veruachlässigt (Zustimmung bet den Tschechen), und der tschechische Eiseirbahn-Bedienstcten- Verein wurde mir gegründet, weil cs den tschechischen Be diensteten und Beamten unmöglich sei, bessere Anstellungen zu erhalten. Redner bittet, die Dringlichkeit der Anträge nl>zulchnen. (Beifall und Händeklatschen bei den Tschechen.) Abg. Glöckner spricht sein Bedauern darüber aus, daß die Abgeordneten schon vier Wochen hier sitzen nnd auf die Frage, was sic gemacht haben, antworten müssen, daß sic nichts als leeres Stroh gedroschen haben. Wenn die Dringlichkeitsanträne, welche noch zu verhandeln sind, tatsächlich verhandelt werden sollen, werde es darüber Ostern werden. Redner erörtert sodann die Verhältnisse im Friedländer Bezirke, wo ohne Inanspruchnahme des Landes oder Staates Lokalbahnen gebaut wurden; trotz dem wurde aber bei Eröffnung der Linie Naspenau-Weiß- baä> die Anbringung dvppelsprachiger Tafeln aufgetragen. Der Friedländer Bezirk könne für sich jedenfalls dasselbe Recht in Anspruch nehmen wie Prag und auch andere Städte. Wenn heute ein Deutscher nach Prag kommt, findet er sich absolut nicht zurecht. Es macht ihm den Eindruck, als ob er in Shanghai wäre. Abg. vr. Lang: Wenn ein Tscheche nach Brünn oder Olmüy kommt, ist dasselbe der Fall! Abg. Glöckner: Die Landeshauptstadt muß doch dafür Sorge tragen, daß ein so großer Bolksstamm, wie die Deutschen in Böhmen es sind, in ihr sich zurecht findet. Abg. Kreol: Es wäre besser, wenn ein Dringlichkeits antrag gestellt würde, daß in Brünn Gerechtigkeit ringe- führt wird! Abg. Glöckner: Kümmern Sie sich doch lieber um den Papptopf und plakatieren Sie im Prater; machen Sie sich die Schmiere zurecht zum Zettelankleben, Sie Plakateur Sie! (Lebhafte Heiterkeit.) Abg. Fresl: DaS überlasse ich vorläufig Ihnen! Abg. Glöckner: Das ist Ihre Beschäftigung; gehen Sie in den Prater hinaus! Abg. August Lehnal: DaS kann nur der Stein! Abg. Glöckner: Ich kümmere mich nicht um deu Stein, sondern nur um denjenigen, der mich hier zu unterbrechen sucht, nnd wenn Sic mich, Herr Sehnal, nicht in Ruhe lassen, geht eS gleich mit Ihnen los. (Lebhafte Heiterkeit.) Wenn ein Deutscher, der in Prag ans der Tramway nicht einmal lesen kann, wohin er fährt, sicht, wie in deutschen Gebieten dvppelsprachige Tafeln aufgestellt sind, muß ihn das erbittern. Erlösen wir endlich, sagt Redner, die Völ ker Oesterreichs von dem Alp, der das Reich zu Grunde richtet! l Beifall.) Während dann vr. Schreiner spricht, kommt es zwischen den in seiner Nähe stehenden Abgg. Größl und Sehnal zu einem erregten Wortwechsel. Abg. Größl: Ruhig! Stören Sie nicht! (Lärm und Zwischenrufe. Andauernder Lärm.) Abg. Größl (znm Abg. Sehnal): Weshalb stellen Sie sich so provozierend hierher, wo Deutschen reden? Abg. Sehnal: Sie ganz Gescheiter! Abg. Größl: So gescheit wie Sic bin ich auch! Abg. Sehnal: Sie haben die Weisheit mit Löffeln ge fressen! Sic deutsches Schwein! (Stürmische Ent- rüstungSrnsc bei den Deutschen.) Abg. Größl ruft den deutschen Abgeordneten zu: Deut sches Schwein hat er mich genannt! (Großer Tumult.) Vizc-Prüsidcnt Kaiser gibt wiederholt das Glocken zeichen. Rufe links gegen den Abg. Sehnal: Schauen Sie, -aß Sie hinüber kommen, das ist eine Frechheit! Abg. vr. Schreiner: Gehen Sie doch hinüber unter ihre Gesinnungsgenossen; es ist eine Frechheit sonder gleichen, hierher zu kommen und die Leute noch zu be schimpfen! (Neuerliche zahlreiche Zwischenrufe und an haltender großer Lärm.) Die Abgg. Kutscher, Verger, Stein und andere all deutsche Abgeordnete stürmen auf Sehnal ein. Abg. Stein schreit Sehnal zu: Marsch, hinüber zu Ihren Gesinnungsgenossen! So eine Frechheit! Abg. Schönerer: Gebt 'sihm e i n e W a t s ch c n! Stürmische Rufe bei den Deutschen: Hinaus mit ihm! Werst ihn hinunter! Plötzlich sieht man, wie Abg. Sehnal rücklings die Stufen hin unter geschleudert wird und, über eine Bank kollernd, gegen den S t e n o g r a v h e n t i s ch füllt, wo ih n Abg. K1 o - fac aufhält. Nun entsteht ein allgemeiner Tumnlt, in den sich auch die Galeriebesucher einmengen, die zuerst den Alldeutschen Beifall klatschen und dann Pfui- Nufe ausstoßcn. Vize-Präsident Kaiser erklärt die Sitzung für unter brochen und verläßt den Saal. Inzwischen sind die tschechischen Abgeordneten dem Ab geordneten Sehnal zu Hülfe geeilt. Deutsche und Tschechen stehen einander drohend gegenüber. Nur mit der größten Mühe gelingt cs den Beamten des Hauses, die den Stenographenti s ch zwischen die beiden streitenden Parteien schieben, einen tät lichen Zusammenstoß htntanzuhalten. Die Tschechen schreien: Wir lassen uns nicht prügeln! Das ist eine Gemeinheit, eine Brutalität! Der Ordner des Hauses, Abg. Walz, eilt herbei und bildet gemeinsam mit einigen Beamten des Hauses eine Mauer -wischen den Tschechen nnd den Deutschen. Die alldeutschen Abgg. Kasper, Stein, Kutscher, Berger, ferner die Abgg. Größl und Glöckner drohen den Tschechen mit den Fäusten. Die Tschechen suchen gegen die genannten Abgeordneten anzustürmen nnd cs entsteht ein arges Stoßen und Drängen. Die Tschechen werden immer un gestümer und rufen unaufhörlich: Wir lassen uns nicht prügeln! Wir lassen unS nicht prügeln! Abg. Walz fragt den Abg. Sehnal: Sind Ne geschlagen worden? Abg. Sehnal: Nein, ich bin nur gestolpert! Abg. Walz (zu den Tschechen): Bitte, meine Herren, gehen Sic -och auf Ihre Plätze, Sie hören doch, daß Ab geordneter Sehnal selbst sagt, daß er nicht geschlagen wor den ist! Die Tschechen lassen sich nicht beruhigen und drängen mit geballten Fäusten fortwährend gegen die Bänke der Deutschen an. Die Abgg. Fresl, Zazvorka, Choc, Klofac, v. Placzek und andere schreien unausgesetzt: Wir lassen uns nicht prügeln! Das ist die deutsche Kultur! Abg. Walz hat alle Mühe, neuerliche Tätlichkeiten zu verhindern. Er ruft: Was wollen Sie denn? Abg. Seh nal ist nicht geschlagen worden! Wenn er frech war, so brauchte man sich seine Gesellschaft nicht gefallen zu lassen! Aber er ist nicht geschlagen worden! Gehen Sie doch auf Ihre Plätze! Abg. FreSl: Erst soll der Schönerer auf seinen Platz gehen, dann gehen auch wir! Abg. Schönerer: Ich bin kein so geduldiger deutscher Michel, daß ich mir alles gefallen lasse. Wenn der Kerl frech war, so mußte er binausgeworfen werden, das ist selbstverständlich. Inzwischen intervenieren auf deutscher Seite die Ab geordneten vr. v. Derschatta und vr. Lecher, aus tschechi scher Seite die Abgeordneten vr. Herold, vr. Kramarz und vr. Pacak. Abg. vr. v. Derschatta faßt den Abg. FreSl beim Arme und sucht ihn zu beruhigen. Er ruft den deutschen Abge ordneten zu: Gehen wir auf unsere Plätze! Abg. vr. Pacak spricht auf die einzelnen tschechischen Abgeordneten ein, und es gelingt ihm endlich, auch sie zu veranlassen, ihre Plätze aufzusuchen. Nach einer Unterbrechung von zehn Minuten wirb die Sitzung wieder eröffnet. Vize-Präsident Kaiser: Ich nehme die Sitzung wieder auf. Bevor ich dem Herrn Redner wieder baS Wort er teile, muß ich mich zunächst an die Galerie wenden. Die selbe hat sich in die Verhandlung eingemengt. Im Wieder- holungsfalle würbe ich gezwungen sein, die Galerie räumen zu lassen. Weiter mutz ich meinem tiefen Bedauern darüber Aus druck geben, datz es in diesem Hause zu derartigen Scenen gekommen ist. Es wurde mir mitgetetlt, baß der Abg. August Sehnal auf eine arge Weise den Abg. Größl be schimpft hat. Ich rufe ihn deshalb zur Ordnung. Nun mehr erteile ich dem Herrn Abg. vr. Schreiner das Wort zur Fortsetzung seiner tatsächlichen Berichtigung. Abg. Zazvorka: Und diejenigen, die ihn bedroht haben, rufen Sie nicht zur Ordnung! Abg. Choc: Die ihn geschlagen haben, werden nicht zur Ordnung geriifen! Abg. Zazvorka: DaS ist eine Wirtschaft! Da kann man also jeden packen, wie man will! (Unruhe.) SücherbesprechMgeu. L. Unter dein Titel „SpemannS Kunst-Kalender" bringt der Verlag von W Spemann in Berlin und Stuttgart einen geschmack voll ausgestatteten Kalender in den Handel, welcher eine vorzügliche Ergänzung der verschiedenartigen Publikationen bildet, die dazu be stimmt sind, die Freude an der bildenden Kunst und ihren Werken zu heben. Dieser Kalender, mit seinen zahlreichen Nachbildungen der hervorragendsten Kunstwerke aller Zeiten, seinen Merktagen und kurzen, tressenden Abhandlungen über die Werke und ihrer Urheber, ist ganz dazu angelhan: Jeden Tag einen anderen künstlerischen Eindruck — Jeden Tag eine andere künstlerische Erinnerung — Jeden Tag einen anderen künstlerilchen Nachweis zu gewähren und omit den Forderungen der heutigen Gearration nach einem Ver ständnis für) die Kunst vollauf Genüge ton. Liu trefflich auS« aesiihrler Farbendruck nach Paul Thumann» „Geuta» der Kunst" schmückt da- erste Blatt de» Kalender». Aus dem Geschäftsverkehr. k Die Berliner Illustrierte Frauenzeiiung schreibt in der Num mer vom l. Januar 1909 über Richter» Äakrr-Stetnbaukaftett und Auker-Brückcnknste» folgendes: Ein Svtrl- und Beschiss- tigungsminel, das auf außergewöhnliche Erfolge zurückblickru kann, vcrd ent gewiß die Beachtung aller Eltern. Um da» Bäumtet unter haltender zu gestalten, bat die Richtersche Fabrik neuerdings eine zweite Ergänzung eingefüdrt, durch die es möglich wird, prachtvolle eiserne Brucken mit ichönen steinernen Brückenköpfen aufzustellen. E, kann jetzt zu jedem Auker-Lteinbaukastea ein Ankrr-Bruckenkastrn als genau passende Ergänzung gekauft werden, und da die sinnreiche und für die Kinder lehr werivolle Richtersche Ergänzungs-Ordnung auch auf die Änker-Brückenkastrn übertragen worden ist, fo ergänzen »uch diese sich planmäßig unter einander. Da» un» vorliegende Brückenbuch enthält io prachtvolle Brückenvorlagen, daß nicht bloß die Kinder, sondern auch Erwachsene nch gern mit dem Nachbaurn der Brücken befassen werben. Wer Nähere» zu erfahren wünscht, der lasse sich von F. Ad. Richter L Eie in Rudolstadt die neue illustrierte Preisliste kommen. k Das Bedürfnis nach Zerstreuung und Geselligkeit wächst in der kalten Jahreszeit und je früher da» Gestirn de» Tage» ver- ichwindet l Unser Panorama-Rrftauran» am Roßplatz trägt schon duich seine bauliche Einrichtung dieiem Gefühl Rechnung infolge der zahlreichen, fast in sich abgeschlossenen Räume, in denen Herr O-w. Sch linke Bestes aus Küche und Keller bietet. Fröhliche« Leben herricht namentlich auch an den Konzertadeuden, bei welchen man sich rechtzeitig ein Plätzchen sichern muß, denn überaus stark ist namentlich an diesen der Besuch! k Eutritzsch feiert heute und morgen seine Kirme». Wer von den leiblichen Genüssen profilieren will, ohne die nun einmal eine echte und rechte Kirme« nicht zu denken ist, der »enke seine Schritte nach dem Goldneit Hel«, wo Herr Iuliu» aus seinem Keller und Frau Julius au» ihrer Küche da« Beste aufzutischen gern bereit sind Jeder, der r« vorzieht, anstatt die Säle zu besuchen, seinen Schoppen oder ein» vorzügliche Gose in aller Ruh» zu trinken, findet tn den aamuteudrn RestaurationSräumeu hierzu r»tch« Gelegenheit. Sei Klüsen- null Hmröhrenlkiden find ^arolmeapMll »,» »telki» »»d »irNi« l-en-ätrete MIiiei, Lrfol« Lveee«sch»»v, das -dne B-euteftörung »n g«i»,ndi wi,» Vi«n »«Ilanz» ii«i« t»e»Irn»e»ci>- r»e»Un«»»»«tl> »«» «»><« »lie« beiiere »'» K<da<t>t»I 50 a,r>«i I> Eandeiil, » k»I»I. » vr»i. tt.Sv MU. ited-iiiu» u. veeiind« W»u»j0»rf»» Vas 8s1 »omriod Lvi88 kruolrkurt ». A. 01. 2« Lui8vrstr»»s« 2«. de» ttslneiok Lk'Uno, Der Ci>ivll"-Ijilelier8eliriink 8ls sollen, ein kincl setrt inn russmmen, so elnisoli unrl peak- lisoi»! 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