Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190211190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar, Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-19
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.11.1902
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3. WlM M ÄipM TUkblktt Ml> AWIM K. M, Riltwoch, 1!k Nokmbn IM. Zum Gedächtnis Otto von Guerikes. Drm gelehrten Magdeburger Bürgermeister Ollo von Guerike wild man am 20 November zu seinem 300.(8«. burtetaae als Zeichen der Dankbarkeit ein Denkmal in seiner Balerstadl eriichlen. Der gefeierte Gelebrte balle im Iadre 1850 die Luftpumpe erfunden, wodurch damals die ganze Experimental-Pbysik völlig verändert und eine genauere Kenntnis von der Natur unv den Wirkungen der Luft begründet wurde. Daß diese Erfindung für jene Zeit in Wahrbeit eine wissenschaftliche Tat ersten Ranges war, gebt daraus hervor, daß der Kaiser und die Misten deS Reiches aus dem Reichstage zu NegcnSburg (1654) mit höchstem Erstaunen von Guerikes Erfindung Kenntnis nahmen. Zwei buhle kupferne Halbkugeln von über einem halben Meter Durchmesser, die genau auf einander paßten, wurden duich die wunde,baie Pumpe des e>fi»derilchen Bürgermeisters lusileer gemacht, und eS vei mochten 24 bis 30 vorgespannte Pferde nicht die Kugeln von einander zu reißen. Daß die Erscheinung in dieser Weise zu stände kam, kann unS beute nicht mebr Wunder nehmen; wissen wir doch, daß, wenn es gelingt, einen luftleeren Raum zu lchaffen, der Druck der umgebenden Luft so gewaltig auf den Wänden des Hohl- raumeS lastet, daß diese, besitz n sie nicht die nötige Wider standsfähigkeit, schließlich zusammenbrechen müsse». In dem vorliegenden Falle besiegte zwar die Wideistandssähigkeit der kupfernen Kugeln die Wirkung des LuitdruckeS, aber nur in soweit, daß diese nicht zusammcngedrückl wurden, während der Druck, der auf ihnen lastete, durch die ausgewaudten Pferdekräfte nicht zu überwinden war. Um die Halbkugeln luftleer zu machen, ging Guerike bei der Eifindung seines Apparates von dem Gedanken aus, daß eS möglich sein müsse, auch vermittels einer gewöunlicheii Säugpumpe einen luitleeren Raum zu schaffen, wenn eö nur gelänge, die durch das Saugrobr zustivmence Luft abzu sperren. Die Lufivercünnung besorgt daun schon der aus- und niedergehende Kolben Mit seinem Ventile von selbst. Es handelte sich also darum, daS Saugrohr der Pumpe luftdicht zu verschließen. Dies brachte der Eifiuder dadurch zu stände, daß er dasselbe in einen flachen Meialltcller auSmünden ließ und über diesen Teller eine gut passende Glasglocke stülpte, deren Ränder er, um sie anschließender zu macken, noch mit Fett bestrich. Hiermit war die ganze, so schwierig erscheinende Ausgabe gelöst. Tenn da durch die Auf- und Niederbewegung des Kolbens eine beständige Luftverdünnung erfolgt, ohne daß die Glasglocke einen Zufluß neuer Lust gestaltet, so muß die unter der Glasglocke befindliche Luft endlich bis zu dem erreichbarsten Grabe verdünnt werden. Das ist das einfache Prinzip der Luftpumpe. Das P.inzip ist aber bis heule unverändert geblieben, wenn man den wichtigen Apparat auch im einzelnen Wesentlich vervollkommnet hat. Die Luftpumpe ist so recht eigentlich das Instrument zur Ueberzeugung derjenigen, die ihre robe sinnliche Anjchauung höher stellen, als die Lehren der Wissenschaft, und die namentlich die Lehre vom Luftdruck für nichts als em natur wissenschaftliches Märchen hallen, das die Naturforscher aus irgend welchen Gründen erivnneu haben. Es muß auch den Ungläubigsten überzeugen, wenn er steht, wie eine nut wenig Luft gefüllte, schlaffe Blase ober ein runzeliger Apfel unter dem Rccipienten plötzlich anschwilll, glatt und rund wird und zu bersten drobi, wenn man die Luftverdünnung nicht ein stellt. Diese Erscheinung könnte doch unmöglich zu staube kommen ohne den Druck der in der Blase und im Apfel be findlichen Luft, der sich im lustverdünnten Raume nut ge waltiger Krafi geltend macht. Daß die Wissenickaft der Eifindung GuerikeS viele und wichtige Fortschritte verdankt, ist einleuchtend. Statt vieler Beispiele möge hier nur auf die Bewegung fallender Körper verwiesen werden. Der große Galilei hatte mit seinen be rühmten Fallveisuchen sich nur der Wahrheit genähert; sie ganz zu erreichen, vermochte er nicht, da es ihm nicht gelang, den Widerstand, den die Luft dem fallenden Körper entgegen setzt, zu beseitigen. Die Luftpumpe bot den Naturforschern ein Mittel hierzu, und der hohe wissenschafiliche Gewinn, den sie auS der Anwendung dieses Mittels zoaen, bestand darin, daß man zur Gewißheit kam, daß alle Körper gleichschwer sind, also uu luftleeren Raume auch mit gleicher Geichwindigleit fallen müssen. In der Tat sällt das Geldstück und die Feder, die man unter dem Recipienlen der Luftpumpe fallen läßt, fast mit gleicher Geschwindigk it, und sie würden unzweifelhaft in einem und demselben Augenblick den Boden erreichen, wenn eS gelänge, einen vollständig leeren Raum herzustellen. Ebcuio ist es nur durch die Luftpumpe möglich geworden, die Lust selbst zu wägen. Man brauchte ja zu diesem Zwecke weiter nichts zu tun, als einen leeren, mit genauem Verschluß ver sehenen GlaSballon luftleer zu pumpen und sodann das Gewicht desselben mit dem einer gleich großen lufkgefülllen Glaskugel zu vergleichen. AuS der Differenz müßte sich dann aufs genaueste ergeben, wie viel Gewicht eine bestimmte Lustmenge besitzt. Auf diese Weise hat man gefunden, daß eia Liter atmolphärische Luft ein Gewicht von l,293 Gramm besitzt, daß also ihre Dichtigkeit nur den 773. Teil der Dichtig keit deS Wassers beträgt. Es ließe sich weiter auSsühien, wie die Luftpumpe ungeahnte Aufschlüsse auS der Well der Töne gegeben, wie ihre Verwendung bei dem Imprägnieren von Kötpern mit Färb- und Gerbstoffen, beim Befeuchten und Trocknen in Fabriken von Wert ist und wie sie nament lich dazu geholfen bat, daS Wesen des Verbrennungsprozesses aufzuklären. Doch genügt dieser einfache Hinweis, die Ueber- zeuguag geweckt zu Haden, daß dre Erfindung ves Magde burger Bürgermeisters für die Wissenschaft von größter Trag- Weite geweseu ,st. Ltk. Verein für Innere Mission. „Moderne Weltanschauung" — diese vom Verein für Inner« Miision geborene Vortragsreihe fand am letzten Mittwoch ihren Abschluß. P.arrrr vr. Schumann sprach un Vertinehaufe vor gesülliem Saal über daS Thema: „Philoiophie und Leben". Wa» leistet die Ph.lofophie iür das Leben? Die beste Antwort gewährt ein Blick in die Geschichte der Philosophie. Die Länder de- putloiophischen Genius find Griechenland unv Deutichland. Für Griechenland sind bezeichnend: Plato und die Schulen der Sroiker und ver Epiknrärr; für Deutschland: einrrieitS Kant und Fichte, anderieits Schopenhauer und Nietzsche. Plato weist die Menschen von der Sinnenwelt zu der Welt der Ideen, zur Welt des Wahren, Guten, Schönen. Auf dem Wege beständiger Läuterung erlangen sie wahre Vollkommenheit und Unsterblichkeit. Viele der größren Geister nennen sich dankbar Schüler PlatoS. Die Stocke» stellen die Frage der Moral in den Vordergrund. Völlige sittliche Freiheit bat der Weise, der sich durch nichts beeinflussen läßt, nicht durch Gesüdlr und Aufregungen, nicht durch Lust ober Leid, nich- surch Furcht oder Hoffnung. Nicht als Sklave, sondern als Freier steht er drm unabänderlichen Geschick gegenüber. Diese Seelengröße liält sich auch den freiwilligen Ausgong auS dem Leben offen. Den Epikuräern fehlt der männliche Zug der Sioiker; Lust ist ihr Lebensziel, das heißt ober nicht tchlankenloie Genußsucht. Lust und Schmerz werden ab gewogen, auch in ihren Folgen; dann wird der Weg gewählt. Das ist kein Moralprinzip, das zur Höhe führt. Nun zu den deutschen Philosovhen! Auch von der schweren Sckulsprache eines Kant führt eine Brücke inS praktische Leben. Er kennt nichts, was gut uenannt zu werden verdient, als allein den guten Willen. Die Menschen sollen stets so bandeln, daß der Grundsatz ihres Tuns allgemeines Weltgesetz werden kann. Zwei Dinge erheben Kant immer wieder: der gestirnte Himmel über ihm und bas Siltengesetz in ihm. Neben Kant tritt Fichte, der zur Zeit der Schmach mit seinen Neben unser Volk begeisterte. Den beiden Idealisten stehen Schopenhauer und Nietzsche gegenüber. Des ersteren Peisimismus sieht auf dem Grund der Dinge den dunkeln Lebenswillen, der sich rücknchtslos duichirtzt. Aus dem Kamps entsteht eine Welt voll Leid. Leben ist Leid. Einen Weg nur gibt es zur Erlüiung: den Willen zum Leben verneinen. Die Moral Schopenhauers ist demzufolge ohne Triebkiast. Nietzsche, der von Schopenhauer ausginq, verdankt seinen Einfluß bewnders den Vorzügen leines Stils. Ihm ist das Leben das höchste Gut, der Wille zum Leben die Triebseder der Moral. Mitleid, Erbarmen, Demut, Geduld verraten Tklavengestnuung; Kraft, List und Grausamkeit bilden die Sittlichkeit des lieber- niemchen, der gezüchtet werten soll. Nietzsche ist einer der geist vollsten Philosophen, ater seine Schritten verwirren die Halb gebildeten, die sich aus einige Schlagworte versteifen. Ueber die Be- ziehung zwüchen L-be» und Philowphie sagt Gustav Frentjen: ..Die Philowphie vat ihre Kinder stolz gemacht; sie ist keine Mucker; sie hat em Herz von Stein!' Man wird sich dieier Auffassung anschließen können und auch Adoli Harnack zustimmen, dessen Buch über das Thema: ,.Das Weieu des Christentums" mit den Worten schließt: „Die Religion ist es, die dem Leben einen Sinn gibt; die Wissenschaft ver- mag das nicht. Es ist eine herrliche Sache um die reine Wissen- schäft, und wehe dem, der sie gering schützt. Aber aus die Fragen nach dem Woher, Wohin und Wozu gibt sie keine Antwort. Wenn wir mit festem Willen die Kräfte und Werte beiahen, die ani Len Höhepunkten unieres inneren Lebens als unler höchstes Gut. ja als unier eigentliches Sel'.st ausstrahleu, wenn wir Len Mut und Len Ernst haben, sie als das Wirkliche gelten zu lassen und noch ihnen bas Leben einzurichten, so werten wir Gockes gewiß werden, Len Jems Ehlistns seinen Vater genannt Hal und der auch sein Vater ist." Verein „Krone". (-. Nach längerer Pause veranstaltete der auS Unter-Beamten der Justizbehörden zu Leipzig bestehende Verein „Krone" zum besten seiner Unterslützungscasje in beiden Sälen des Etablissements „Battenberg" eine größere Festlichkeit in Gestalt eines humoristi schen Fainilienabends. Nach mehreren von der Vari tö- nnd Theater-Kavelle des Etablissements Battenberg ansprechend vorgetragenen Orcheslernummern nahm der Vereinsvorsitzeude Herr Ackermann zu einer kurzen Begrüßungsanwrache Las Wort. Er hieß die zahlreich erichienenen Gäste, insbesondere die Herren Vorgesetzten, sowie die Mitglieder und ihre Angehörigen herzlich willkommen, dankte für daS Lurch ihr Er- scheinen bekundete Interesse am Verein und wünschte allen einen genußreichen Abend. Ec wies seiner auf Len gemeinnützigen Zw>ck des Vereins hin, betonte, was dieser bereits für die Mitglieder und tcren Angehörige geleistet und schloß mit einem jubelnd aus- genomliiene» Hoch auf Len geliebten Landesherr» König Georg. Es folgte dann in flottem Zuge eine von dein gesamten siir Monat November engagierten Knnstlerpersonal des Etablissements „Battenberg" auSgeiührtc Baribtövor- stellung. Tie Mitwirkenden konnten sich über Mangel an Bei- lall wahrhaftig nicht beklagen nnd gaben denn auch ihr Bestes. Tas gilt nicht nur von den humoristjichen Gewngsduettisten Ern au und Arthur Serdan, >ondern auch von den ikarijchen Spielen der Nainge-Familie, den Vorführungen der akrobatische» Tänzerinnen 5 Listers Wanton, der Elliot-Familie und der Neger-Exceutrics Johnson und Murray. Im dritten Teil waren es bejonbers die Tarbietung der auS 6 Herren und 3 Tarnen bestehenden Munsiedischen Kolibrigejellichasl, welche bei den Fen teilnehmern am meisten aniprachen. Das hinderte diese aber nicht, auch dem ausgezeichneten Coubretteu - Darsteller Man de Wirth die wohlverdiente Auerkennuug zu spenden nnd die Keulen-Jongleure Albatrus und Bartram, sowie den prächtigen muiikaliichen Ausstattungsakt der sieben Savonas durch reichen Beifall auszuzeichnen. Einen wirksamen Abschluß der wohlgelungeuen Variöts-Vocyellung bildete die Vorführung der 12 Bilder des American Biograph. „G.winne jeglicher Art und Form könnt' man gewinnen ganz enorm" in der ausgestellte» Riesentvinbola; dieielbe erfreute sich eines äußerst regen Zuspruchs und hatte bald ausverkaust. Um ll. Uhr begann im Theater-Saal der Baiiern- tanz, auch im großen Saale gab sich Alt und Jung »ach Beendi- gung der VarietsvorsteLung dem Vergnügen des Tanzes hin. Auch wüst war sür Belustigungen aller Art gesorgt, eine Anzahl trink- fester Herren gab sich in der Weinschänke zur „Feuchten Ecke" ein fröhliches Rendez-vous. Programmgemäß war LaS Ende auf 4 Uhr sestgewtzt, Loch geht die Mär, daß es bei vielen noch später geworden wär'. Vermischtes. — Wie aus New Aork berichtet wird, beschäftigt der Freispru ch des wegen Giftmordes mittels ver gifteten Knchens a n g c k l a g t e n nnd fast vier Jahre in Saft gehaltenen Roland B. M o l i n c u x die öffent liche Meinung noch äußerst lebhaft. Molinenr wurde am Dienstag abend von einer vieltansendküpfigen Menge, die ivilde Bravorufe ertönen ließ, nach seinem Hause in Brooklyn begleitet. Auch seinem Vater brachte man eine begeisterte Huldigung. Ebenso drücken die Zeitungen ihre höchste Befriedigung über den Urteilsspruch aus. Mitglieder der Jury erklären, daß es dem öffentlichen Ankläger gänzlich mißlungen wäre, den Fall zn beweisen, nnd daß sie das Zeugnis der Lchreibsachvcrständigen ganz außer Betracht ließen. Die Verhandlung hat dem Staat 1000 000 gekostet, und General Molinenr soll über 800 000 >. für die Verteidigung ausgegeben haben. Moli- neur erhält zahlreiche Briese und Telegramme, die ihn zn seiner Freisprechung beglückwünschen. Er sagte in einem Interview: „Seitdem ich zuerst jenes schrecklichen Verbrechens angcklagt war, zweifelte ich niemals nur einen Augenblick, daß ich von jeder Jury sreigesprvcheu würde, wenn sie nur ordentlich meine Verteidigung hören nnd die Zeugenaussagen, auf die die Anklage sich gründet, analysieren würde. Ich habe die Beschwerden der letzten vier Jahre nur im Bewußtsein meiner Unschuld ertragen. Es ist eine große Freude, zu wissen, daß ich von einer Jur» von zwölf ehrlichen Männern ganz freigesprvchen bin und die Schande so von mir genommen ist. Mein Vater hat mir tapfer beigestanden und schwere Opfer für mich gebracht, die ich nie vergelten kann, aber das Bewußtsein, daß sein Vertrauen in mich ganz gerechtfertigt war, be friedigt mich. Ich habe gelitten, aber ich bin jung und kann vergeben und vergessen. Jetzt kann ich nicht an die Zukunft denken. Ich bin so froh, sicher bei meiner Familie im Hause zu sein, daß ich an nichts anderes denken kann." General Molinenr sagte, es wäre noch nicht entschieden, was sein Sohn tun würde, und fügte hinzu: „ES liegt kein Makel auf seinem Charakter, und er hat schon mehrere vorzügliche geschäftliche Anerbietungen bekommen." Mvli- neux' Frau, die in den letzten vier Jahren seiner Familie entfremdet war, ist jetzt mit ihr wieder ausgesöhnt und befindet sich bei ihrem Mann. Molineux soll zwei von ihm im Gefängnis geschriebene Stücke verkauft haben. EinS ist ein Lustspiel, das andere ein Melodrama; beide werden in der nächsten Saison anfgeführt, beziehen sich aber nicht auf seinen Fall. Kritiker, die die Stücke geprüft haben, äußern sich sehr günstig darüber. Molinenx soll gewandt schreiben nnd wird wahrscheinlich Geschichten und Artikel für verschiedene Blätter beisteueru. — Origineller Schmuggel. Ein sinnreiches System der Zollhinterziehung ist von den Zollbeamten in N e w V v r k entdeckt worden. Seit einiger Zeit war ihnen ausgefallen, daß riesige Mengen Eis in die Stadt kamen. Obgleich eö keinem Eingangszoll unterliegt, kam cs dem Empfänger teurer, als er cs wieder verkaufen konnte, und die Spür nasen zerbrachen sich den Kops, den Grund dieses seltsamen Handels ausfindig zu machen. Da die Einfuhr immer zunahm, beschloß man endlich, das Geheimnis aufzuklüren. Beim Schmelzen des Eises bemerkte man, daß es Mineral wasser enthielt, auf dem ein hoher Eingaugszoü liegt. Tie Sache ist dem Gericht übergeben, eine Verhaftung ist schon erfolgt und andere stehen bevor. Mau schätzt den Schaden des Staates auf 200 000.^. — Tic Kauinchcupcst ist nickt nur eine der schlimmsten, sondern wohl überhaupt die größte Plage, unter ter tie Boveuwirtsckast in Australien zn leiden hat. ES gehl weit über unsere Vorstellungen, was dieser sreilich in der ganzen Welt wegen seiner erslannlichen Fortpflanzungsfähigkeit be rüchtigte Vierfüßler im sünften Erdteil zuwege brinat. Daß die Kaninchen, wenn sie zu Hundertlausenben und Millionen auf beschränltein Raume auflreten unv den Boden durchwühlen, den Ackerbau unmöglich macken, ist von vornherein begreif lich, aber die duich sie bewirkte Zerstörung gehl so weit, daß nickt einmal eine genügende Viehweide erhalten bleibt, so daß den von Kaninchen heimgesuchlen Gegenden Australiens auch der dort wichtigste Zweig deS Nahrungöerwerbeö ge nommen wird. Nun bat während der letzten sechs Jahre in Australien eine seltene Dürre geherrscht, von der man neben den selbstveiständlichen üblen Folgen wenigstens das eine Gute erwartet bat, daß sie auch die Kaninchenplaze wesentlich vermindern werde. Aber der Langohr Hal auch gegen diese Heimsuchung siegreich daS Feld behauptet, allerdings leiden die Kaninchen ebcn- lo wie alle anderen Tiere in verschiedenen Gegenden stark durch die Hitze, aber eö ist eben eine wunderbare Fädigkeit gerade dieses Nagetiers, jeden Verlust seiner Volkszahl mit einer verblüffenden Schnelligkeit auszugleichen. Zahlreiche Versuche sind angeslellt worden, nm den Kaninchen deizukommen. Auch die Staatsbehörden erkannten es alö ihre Pflicht, Zeil und Geld daran zn wenden, und so sind denn alle möglichen guten Ratschläge erprobt und verschiedene Zweige der Wissenschaft gegen die Kaninchen mobil gemacht worden. Zuerst hat man eö mit der Ausstreuung von ver giftetem Korn verbucht oder durch Vergifmng von Wasser behältern. Der dadurch erreichte Nutzen hat aber sür die nack anderen Richtungen entstehende Gefahr nicht im mindesten schad los ballen können. Dann wollte man künstlich ansteckende Krank heiten unter den Kaninchen erzeugen, wie es erfolgreich gegenüber andern Tieren, namentlich den Mäusen, geschehen war, aber auch daS führte nicht zum Ziel. Sogar der geniale Pasteur hat vergeblich nach einer wirkmmen Todeöarl für die Kaninchen gesucht. Nur ein einziges Mittel scheint mehr Aussicht zu bieten, es ist aber vorläufig nur auf be schränktem Raume von seinem Eisinder Rodier in Neu- SüowaleS erprobt worden. Der Vorschlag rst nebenbei recht interessant. Rodier geht derart gegen die Kaninchen vor, daß er innerhalb eines bestimmten Bezirks möglichst viele Tiere fängt, aber nicht wie eS sonst geschieht, samt und sonders lötet, sondern alle Männchen am Leben läßt und nur die Weibchen umbringt. Die Kaninchen leben nämlich in Vielweiberei, so daß ein einziges Männchen eine große Nachkommenschaft zeugen kann. Wirb nun aber die Zahl der Männchen vermehrt, und die der Weibchen entsprechend vermindert, so wird die Zeugungr- fährgkeit dadurch b-einträchligt. Eure ähnliche Erscheinung ist auch bei anderen Tieren und sogar auch beim Menschen »ackgerviesen worden. Nach den Erfahrungen, die Mr. Rodier aus seinem eigenen Grund und Boden gemacht hat, stimmt diese Rechnung vollkommen, und die Regierungen der von der Kaninchenpest am stärtsten heimgesuchlen australischen Staaten werten sich wohl endlich herbeilassen müssen, das Verfahren rn größerem Maßstabe zur Anwendung zu bringen. Die KriegSerinuerungc» des Generals De Met. verlegt von Earl Siwinna in Kattvwitz und Leipzig, unter dem Titel: „Der Kampf zwischen Boer und Brite", sind erschienen. Diejenigen Leser, welche erwarten, in dem Werke De Wets vvr allem eine gegen England gerichtete Anklage, eine Agitationsschrift gegen die Annexion der Boeren- repnbliten zu finde«, werden arg enttäuscht sein, meint der „Bert. Lvk.-Anz." nach Einsichtnahme in die Kvrrektur- övgen. De Wet macht freimütig England alle die Vor würfe, die es wegen der Provokativ» des Krieges und wegen der grausamen Führung desselben verdient, aber der Ton, in dem dies geschieht, ist mn so wirkungsvoller, weil er durchaus ernst und würdig ist. In reichstem Maße wird De Wet den englischen Heerführern gerecht, und am Schlüsse des Buches fordert er seine Landsleute auf, sich willig den neuen Verhältnissen zu fügen und der neuen Regierung treu zu sein. Eine gewaltige Anklage aber enthält das Buch gegeu das Boe reu vv l k selbst. Wir habe» iu Deutschland mit tiefem Mitgefühl den Vcrzweiflnngskainpf der kleinen Bvercnschaar gegen das übermütige England verfolgt, wir haben uns empört über die Vergewaltigung des freiheitliebenden, sittenstrengen und edlen Bverenvvlkes, und waren schließlich der Ueberzeugung, daß jeder Boer oo ipso ein Held und edler Charakter sei. Das Buch De Wets klärt uns darüber gründlich auf! Die Helden und edlen Charaktere unter den Boeren sind im Gegen teil sehr sehr selten gewesen! jDiese werden dadurch in Wirklichkeit unserem Herzen nm so teurer.) Aber riesen groß und erschreckend verbreitet unter den Bveren waren nach der Schilderung De Wets: Unverstand, Feigheit, Disziplinlosigkeit, Untreue und schmählicher Verrat, be gangen am eiaenen Vaterlande und an den bluts verwandten Stammesgenossen! Ja, wir glauben eS den Schilderungen De Wets bei der Lektüre, daß die Boereu- repnbliken niemals von England vollständig besiegt worden wären, daß sie niemals ihre Unabhängigkeit ver lvren Hütten, wenn es nicht so viele Verräter in ihnen gegeben hätte. Jene schurkischen Boeren, die sich in den letzten Stadien des Krieges ans die Seite der Engländer stellten, die dem Feinde als Führer, Ratgeber und Na- tionalseouts dienten, haben den letzten Widerstand der Boerenkämpser gebrochen, haben ihr Vaterland ins Un glück gebracht. Man wird fast an die Schriften erinnert, die in Preußen nach dem unglücklichen Feldzuge und dem unsäglichen Ver rat von 180Z veröffentlicht wurden, wenn man De Wets Buch liest. Auch er hält seinem Volke alle seine Sünden vvr. Er schont niemanden, selbst seinen eigenen Bruder nicht! Es ist ihm darum zu tun, die Wahrheit zu sagen, die reine Wahrheit und nichts anderes! Von sich selbst und von seinen kriegerischen Leistungen spricht er in dem denkbar bescheidensten Tone. Selbst wenn er Episoden schildert, die zu den großartigsten Kriegs leistungen aller Zeiten gehören dürsten, tritt er ans seiner bescheidenen Reserve nicht einen Augenblick heraus. Den legendären Nimbus, der sich nm ibn und einzelne seiner strategischen Meisterleistungen gebildet hat, zerstört er selbst. Er schildert schlicht und einfach, in ruhigem, gleich mäßigem Tone, nur hin und wieder findet sich ein kurzer, aber ans tiefstem Herzen kommender Aufschrei über den Verlust der Unabhängigkeit, über die schreckliche Ver- wüitung des Landes, über den schändlichen, schmählichen Verrat der Stammesgenossen. De Wet ist kein Schrift steller, lein „Kunst"schreiber. Er erzählt wie ein Mensch, der seinen Bekannten in ungekünstelter Form seine Er lebnisse mitteilt, vulgär gesagt: er redet, „wie ihm der Schnabel gewachsen ist". Das schadet aber dem Buche nichts, im Gegenteil, die einfache Sprache wirkt um so ein dringlicher und überzeugender. Das Buch beginnt mit der Erzählung, wie De Wei mit seinen drei Söhnen als einfacher Bürger ins FeU> rückt. Er steht zuerst in Natal, wo er bald von s-rineu Kampfgenossen zum stellvertretenden Kommandanten ge wählt wird. Nur kurze Zeit ist er bei der Belagerung von Ladysmith, dann wird er telegraphisch zum Fechtgcneral ernannt und geht sofort nach dem westlichen Kriegsschau plätze ab, ivv er vergeblich den bis zur Narrheit eigen- siuiligeil Crvuje zu veraulasscn sucht, seine unglückliche nud höchst gefährliche Stellung bei Magcrsfontein aufzugeben. Er selbst bleibt nicht müßig, sondern verrichtet seine erste große Heldentat, indem er bei Blanwbank einen riestgei?- Prvvianttransport der Engländer fortnimmt. Der Ver lust dieses Transports zwingt Lord Roberts, wochenlang untätig in Bloemfontein zu sitzen, bis die Prvviautvorräte wieder aus der Kapkvlvnie herbeigeschasst sind. Mit tiefem Schmerze muß De Wet sehen, wie in kurzer Entfernung von seinem Beobachtungsorte Cronje, den er mit Auf bictung aller Kräfte zu retten versuchte, sich ergeben muß. De Wet behauptet, die große Niedergeschlagenheit, die fick der Boeren nach der Kapitulation Croujes bemächtigt hätte, habe bis zum Ende deS Feldzuges uugünstig ein gewirkt. Dann beginnt die Schilderung seiner Kämpfe mit den Engländern, seiner Kreuz- und Qucrzüge im Oranje freistaat, seiner Flucht nach Transvaal, seiner wiederholten Versuche, in die Kapkolonie eiuzubrcchen, um die Kap boeren zu insurgiercn. Er schildert einfach und schlicht, wie er immer wieder den Verfolgungen ganzer englischer Armeen entging, und gibt Gott die Ehre, der ihn und seine Kampfgenossen vor so vielem Unheil bewahrt und immer wieder gerettet habe. Sehr warm wird sein Ton, wenn er von dem tapferen und unermüdlichen Präsidenten des Oranjefreistaates Stcijn erzählt, der die meisten seiner Kricgszüge mit- gcinacht hat. Wir haben in den bisherigen Veröffentlichungen ikber den Krieg meist in Wort und Bild die Transvaalboerrn kennen gelernt. De Wets Buch schildert uns vor allen, die Boeren des Oranjefreistaates. Der „Anhang" des Werkes enthält die ausführlichen Protokolle der Friedensverhand- luiigeu iu Vereeuigung, die ein interessantes Licht ans die Verhältnisse werfen, iu denen sich die Boerenrepublikcu am Ende des Feldzuges befanden. ! Möler'5 Pstenl-M-Wei' IVIUei'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder