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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021120016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-20
- Monat1902-11
- Jahr1902
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Vezug-«Preis tzk dor V«p<rrp«dtttmi «d« de» t» Stad»' bezbck und »« Vorort» errichtete» »ns- gubeftelle, «tgrholt: vtecteljädrltch ^3 4.30^ — evetmaltger tLglicher Zn stellon, tut Hao» »Udo. Durch die Post bezog« für Dentschlaud «. Oesterreich oterteljährtich ch tztr di, übrig«» Lüoder butt ZeUuug-prei-llpe. Ne-aktto» and Lrvedition: Iobanotsgaffe 8. Aerosprecher lkS oad AL FUiatoov-btttorrr« , Vk^edHoh», Vuchhaudlg., LoWerMtsftr.^ K-Ldsch», LatharUuastr. 14» » LSotgspl. L fya«Vl-Filiale Dresden? Strrhleoer Straße S. Fervfprecher Satt1 Nr. 1713. Hauvt-Filiale Lerliu: KüutggrStzer Straße 116. Aerosprecher Amt VI Nr. 3333. Str 580. Morgen-Ausgabe. MpMer Tagc-lM Anzeiger. Amtsblatt -es Aöntgttche« Land- nnd -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates im- -es Nottzei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Donnerstag den 20. November 1902. Anzeigen «Preis die Sgespattene Petitzelle LL L). Reklamen ooter dem RedakNvnSstrich (4gespalten) 73 vor deo Fumllieunach- richte» (Sgespalteo) K0 Tabellarischer ood Ziffernsotz entsprechend höher. — Gebühre» sür Nachweisungen ood Offertenannahmr 85 (excl. Porto). Extra-Beilagen sgesalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbesörderung ^4 30.—, mit Postbesürderuog 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abead-Au-gabe: Vormittag» 10 Uhr. Morg«»»LoSgaber Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet vo» früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 9K. Jahrgang. Amtlicher Teil. Bekanntmachung, die Kirchendorstandswahl m der Matthäigemeinde betr. Au» dem Kirchenvorsiande der Matlhäigemeinde scheiden nach den Bekanntmachungen vom 12., 15., 20. und 23. Oktober d. Js. au» di« Her»»: Kaufmann vruno Apichsch, Hofpianoiorieiabrikant Theophil Arancke, Bankdirector Or. pbi>. Ehregott Helm, Universität-Professor v. tlreol Rudolf Kittel, Stein metzmeister Oscar Müller, Kaufmann, Direktor Ott« Winkler, Rechtsanwalt, Hoirath Friedrich vo« Zahlt, den» Wiederwahl gesetzlich zulässig ist. Die Wohl soll stallfinden Montag, den 24. November d. Js. von B-rmitt. 1» Uhr tiS Nachmttt. 4 Uhr in der Sakristei der Matthä,tirche. 1) Stimmberechtigt sind diejenigen Gemeiudeglteder, welche sich schriftlich oder mündlich zur Wählerliste anqemeldet haben. 2) Die Wahl hat durch schriftliche, jedoch persönliche Ab stimmung zu geschehen S) Wählbar sind nur stimmberechtigte Gemeindeglieder von gutem Ruf», bewährtem christlichen Sinn, kirchlicher Einsicht und Er fahrung, welch, da« 3«. Lebensjahr vollendet haben. 4) Jeder Wahlzcttel hat 7 Namen von stimmberechtigten Ge- meindegliederu zu enthalten, woraus deren Taus- und Familien- name, Staad oder Berus genau zu verzeichnen ist. Wir sorderu all«, welche zur Theilnahme an dieser Wahl be- rechtiqt sind, auf, von ihrem Wahlrechte am Moutag, den 24. November d. I». Gebrauch zu mache» und ihr Augenmerk aui Männer von gutem Rufe, bewährtem christlichen Sina, kirch- licher Einsicht und Erfahrung zu richten. Leipzig, am 15. November 1902. Der Wahlausschuh für die KirchenvorftandSwahl tu der Matthäigemeinde. O. Kaiser. Bekanntmachung. Den Mitgliedern de» Bezirkes lV sLeipzig-Reudnitz) hierdurch zur Kenntniß, daß vom 1. Januar 1903 ab Herr Baumeister Walter Schneider in L.-Rrudnitz, Eonftanttnftrahe 8, zum Vertrauensmann gewählt worden ist. Alle Anzeige» über Unfälle, welch» sich i« genannten Bezirke ereignen, sowie Anmeldungen zur Selbstversicherung und Jahre». Lohnnachweisungen sind nunmehr au Herrn Schneider zu senden. Der seitherige Vertrauensmann, Herr Baumeister Albin Hentschel, verzieht am 1. Januar 1903 tu einen anderen Bezirk, weshalb sich eine Neuwahl nötig machte. Leipzig, de» 20. November 1902. Sächsische Baugewerks-Verr fSgcnosscnschaft Sectio» H Leipzig. Ter Sections-Borstand: Emil Sichler, Vorsitzender. Str. Konknrsmaffk-Bersteigerung. Heute Donnerstag, den 2V. d. MtS.» Borm. von io Uhr ab. sollen Brühl 23 tPiauenscher Hofs Treppe 4, III., i« Auttragc des Konkursverwalters Herrn Paul Gottschalck, die Resibesiände der zur Backmann'jche» Konkursmasse ge- hörigen Aürschuerwaarrn als: Holliers, Baretts, Hüte, Feder- stütze, div. Felle und halbscrtiqc Waareu, jowie das Inven tar, darunter 1 sf. Toppclpult und Regale Mit Pappkästcn öffentlich gegen sofortige Baarzahlnng versteigert werde». Ollcieek«, Localrichter. Auction. Montag, deu 24. November 1002, Vormittags I I Uhr, sollen im Lagerhause der Firma Gerhard L Hch hier, Rittcr- strahe 25/29 12 Ltück elektrische vogenlampeit mit Zubehör, I Kiste tkelluloid-Perieu und 20 Stück Taschenuhren öffentlich versteigert werden. Aartia, Lokalrichter. Die Sparkasse zu Naunhof besteht seit 1. Januar 1357, wild unter Garantie der Ltabtgemeinde verwaltet, ist für jeden Sparvcrkehc Montags und Donnerstags vormittags, sür Einzahlungen aus neue Bücher jeden Wochentag vou 9 bis 12 und 2 bis 5 Uhr geöffnet, expediert auch schriftlich und » rziast die Einlaß.» rrit tlll Prozent und zwar halbmonatlich vom 1. und 15 ab. An, 3l. Dezember 1901 2ö6rj00^lRücklagenbestandu.5 13', 963,22 ^Hlnlcgergnthaben. Fürstin Orstni. n. Ucber den Verkehr am spanischen Hose, über da» Leben und Treiben weiß die Fürstin Orsini Ergötzliches zu berichten, das von der starren Etikette Zeugnis ablegt. So erzählt sie, daß die Damen des HoseS beim Betreten der königlichen Gemächer vor der Königin niederknien, ihr die Hand küssen und stillschweigend Platz nehmen mußten, aber nicht aus einem Stubl, denn der gehört der Königin, sondern aus dem Teppich. Wenn die Königin nicht einigermaßen ein wenig Konver sation gemacht hätte, würde vollständiges Schweigen geherrscht baden. Die Fürstin Orsini tat, was sie konnte, um diesem könig lichen Hof ein wenig Leben einzuhauchen. Dabei muß berücksichtigt werden, daß der König kaum achtzehn, die Königin dreizehn Jahre alt war. Bald sollte die Füistin Orsini noch mehr zn tun bekommen. Ter Erbsolgckrieg entbrannte und Enzian , Oesterreich, Portugal zogen vereint gegen Spanien. Hier durchschaute sie manchen Großen von Spanien und riß manchem Ocsterreichersreund die Larve vom Gesicht. Allein sie ver letzte auch die Franzosen, und die französische Partei hatte an Ludwigs Botschafter einen Parteigänger, der sie offen befeindete. Er stellte ihre Wirksamkeit so schlimm dar, daß Ludwig seinen Kanzler veranlaßte, sie sorlzujchicken oder daß sie schließlich von allein ging. Sie ging nach Frankreich und dort fand sie Gelegenheit, mit Ludwig selbst zu sprechen, der sie wieder in Gnaden aufnahm, und mächtiger denn je kehrte sie 1705 nach Spanien zurück. Ihre Anwesenheit war auch sehr nötig. Mit wechselndem Glücke kämpften Philipps Truppen gegen die Verbündeten und mehrmals nahm Erzherzog Karl Madrid ein. Der spanische Hos mußte fluchten und ging zuerst nach Burgo», das zweite Mal nach Valladolid. Der weitere Verlauf ist in dein Buche reizend geschildert und wir möchten deshalb darauf verweisen. Die Flucht nach Burgos ist eine Perle der Schilderung. Als Philipps «lern naye dem Verbleichen war, als die jranzösischc Partei, als Ludwig selbst seine Sache ganz aufgegeden palte, hielt sie Anjous Fahne hoch und ihr Anshalten wurde gekrönt. Der Sieg von Vlllaviciosa entschies für Philipp und damit war Spanien sür die Anjous gewonnen. Wir haben eingangs über den Charakter der Orsini geurteilt. Er wurde nach ihrer Rückkehr nach Spanien von allen anerkannt. Und auch als die Königin Marie Luise starb, sank ihr Einfluß nicht, im Gegenteil, er blieb so gewaltig, daß man scherzweise oder ernstlich davon sprach, der 28jährige Philipp solle die 69jährige Fürstin heiraten. Erst als Philipp diesem Gerede durch eine zweite Heirat den Boden entzog, da kam ihre Stellung inS Wanken. Im Jahre 17lt verließ sie Spanien und lebte fortan in Nom, wo sie, achtzig Jahre alt, 1722 starb. Die Verfasserin bat ihre Heldin mit viel Liebe gezeichnet, sie hat fleißig Umschau gehalten in Memoiren und Briesen und so das Buch anziehend gestaltet. Sie saßt alles geschickt zusammen und als Beispiel wollen wir liier die Stellen auS den Anfang ihres Buche-, wo sie die Oeke des Hofes und seine grausamen Zerstreuungen schildert, ansübren. Die Vergnügungen waren durchaus beengt, allerlei künstliche Schranken waren errichtet, nm jede Anregung auSzuichließen. Was für Vergnügungen bisher am Madrider Hofe beliebt waren, das waren Ketzerverbrennungen, die die Inquisition, der übrigens die Fürstin Orsinr scharf gegenübertrat, ver anstaltete. Die AutodafeeS bildeten einen Teil der großen Prunksesle, die zu Ehren feierlicher Ereignisse siattfaiiden und an welchen die Könige und Königinnen von Spanien teilnahmen. Philipps Vorgänger, Karl II., hatte im Jahre 1680 dem Großinquisitor den speziellen Wunsch geäußert, es möge zu Ehren seiner eben vollzogenen Vermählung ein Autodafee abgehalten werden. Wir sind im Besitz einer eigentümlichen zeitgenössischen Schilderung eines Spaniers, namens Joseph del Olmo, über den ganzen Vorgang, die uns einen klaren Begriff von der EmpsinvuugSwcise jener Tage in Bezug aus diese entsetzlichen Veranstaltungen gibt. Olmo war der Schöpfer des großen Theaters auf der Plaza Mayor, in welchem die Hinrichtungen statlsanden. In der Mitte desselben erhob sich nach seiner Schilderung ein enormes Gerüst, das in nächster Nähe des königlichen Palastes angebracht war. Alle hohen Würdenträger deS Reiches erhielten Plätze zuzeteilt und die Balkone der umliegenden Paläste waren mit den Damen deS Hofes in Galakleidung besetzt. Ein ungeheuerer Zulauf deS Volkes belebte die Scene. Sobald alles bereit war, betrat der Führer der Inquisitions truppen den königlichen Palast, .ein kleines Reisigbündel, das mit Bändern geschmückt war, in den Händen tragend, bereit, eS vor Sr. Majestät niederzulcgcn", erzählt Olmo. „Nachdem der Herzog von Pastrano das Bündel auS den Händen deS Hanpimanns genommen, übergab er es dem König, der eS sofort mit seiner königlichen Hand ergriff und es der Königin vorzeigte, damit auch sie den wertvollen Gegenstand in Augenschein nehmen könne. Hierauf gab der König dem Herzog das Reisigbündel zurück, der es seinerseits dem Hauptmann mit den Worten ausbänvigte: Se. Majestät verlangt, daß dieses Bündel zuerst den Flammen übergeben werde und das in seinem Namen!" Olmo erzählt uns, daß der König bei seiner Ankunst auf dem Nichtplatz in Gegenwart der unermeßlichen Menge den heiligen Eidsckmur tat, „alle Ketzer und Abtrünnige zu ver folgen und die heilige Inquisition zu unterstützen in diesem Golt so wohlgefälligen und dem Ruhm des Glaubens so unentbehrlichen Werte"! Während d,c Hinrichtungen ihren Fortgang nahmen, solterteu die vou Grausamkeit trunkenen Zuschauer die arme» Opfer, ehe sie von den Flammen er- faßt wurden. Einige brannten sie mit Feuerbränden, andere schlugen Mil dem Schwert aus sie cm, andere wieder warfen sie mit Steinen. Der König stand aus seinem Ballon und betrachtete die Greuelsccne mit „unerschöpflichem Interesse und frommem Genuß", sagt der Chronist. Er beschließt seine Schilderung, indem er dieses Verhallen rühmt und es „der Bewunderung der Menschheit" anempsiehlt. Madame de Villars, die sich zu jener Zeit in Madrid aushielt, schreibt an eine Freundin: „Es fehlte mir der Mut, der entsetzlichen Hinrichtung der Juden beizuwohnen. Ec- soll, wie ich höre, ein grauenerregendes Schauspiel gewesen sein. Aber trotzdem hat meine Abwesenheit großen Un willen erregt, da man mein Erscheinen erwartete und hoffte, ich werde mich sehr gut dabei unterhalten." Die Fürstin Orsini wagte e», gänzlich furchtlos, was daraus für sie selbst entstehen könne, der allmächtigen Inquisition, „dem bösen Dämon Spaniens", entgegenzutreten! Sie riet Philipp V. die AutodafeeS zu verwerfen, und er erklärte öffentlich, daß er sie nicht durch seine Gegenwart guthe>ßeu werde. Grausige Schauspiele übten auf Philipp keinen Reiz auS. Seine Fekler waren die eines schwachen, nicht die eines grausamen Charakters. Als er den Thron von Spanien bestieg, schrieb sein Großvater Luöw'g XIV. über ibn au den Herzog von Harcourt, den französischen Gesandten zu Madrid, am l5. Dezember 1700: „Ich schulde Ihnen die Mitteilung, daß der König von Spanien von guten Absichten beseelt ist. Er will das Gute und ist bereit, es ausznfüdren, sobald er sieht, wo es liegt. Diese Einsicht gebt ihm jedoch ab. Er ist schleckt unterrichtet, in böherem Maße als man cs vermuten sollte. Man wird ihn leicht zu leiten ver mögen ... Ihnen wird er vertrauen und Ihren Ratschlägen wird er folgen . . . Sie dürfen überzeugt sein, daß ich mich unbedingt aus Sie verlasse." Bald nach dem Beg'mn dieser nmen RegierungSära Philipps wurde der Hc.zug von Harcourt durch Kränklichkeit gezwungen, Spanien zu verlassen. Zum Glück sür den jungen König war >hin ein starker Geist zur Seite, der ihn weise und gerecht beriet. Den Ratschlägen der Fürstin Orsini folgend, suchte Philipp die Zuneigung seiner Untertanen zu gewinnen. Er befolgte so genau als möglich die Regeln der Etikette, nahm die spanische Tracht an, sprach die spanische Sprache und war äußerst sorgfältig in der Aut- übung der religiösen Gebräuche und Ceremonicn. Die junge Königin überwand an der Hand ihrer Camerera-Mayor manche Schwierigkeit, die ihrer bei ihrem ersten Aufenthalt an einem Hose wartete, der so ganz verschieden von dem ihrer sonnigen italienischen Heimat war, die sie soeben verlassen hatte; bald gewannen ihre liebenswürdigen Umgang-formen ihr das Herz ihrer spanischen Untertanen. So sckluz die spanische Dynastie Wurzeln, während die Fürstin Orsini, sich der Eifersucht wohl bewußt, die man der Französin, welche eine so hohe Stellung bekleidete, entgegcn- brachle, selbst so viel als möglich im Hintergründe blieb. Kunst und Wissenschaft. Musik. * Oscar Ro8 veranstaltet beute abend 7»/, Ubr im Kaufbaussaale einen Liederabend. Siegmund von HauS- egger, der Komponist des „Barbarossa", wird die Klavier begleitungen übernehmen. * Der Gesangverein „Jadassohn" verausioltete am Lonritage ein Kränzchen, in dessen Rahmen lein gemischier Ldor unter Leitung des Dirigenten B. Licht wiederholt recht befriedigende Darbietungen gesanglicher Tüchtigkeit gab. Ermähnt >ei die Komposition von Professor JadaSiohn „Heidenröslein", welche jebr ansprach, sowie die Chöre „Mein Heinuutal" von Abt und „Frühling wird e» doch einmal ' vou Wnlfing, mit deren siiinmnngSvollein Vortrag sich der C or de» lingeieitten Beifall der zahlreich erschienenen Gäue erwarb. Auch daS ganze Arrangement des Festes darf al» in allen Teilen »klangen bezeichnet werden. Mit großem Interesse wurde die Mit teilung ausgenommen, daß der Gesangverein ..JadaSsohn" zu Be ginn des nächsten JahreS rin größeres GesangSkonzrrt abhält. Feuilleton. Allerhand fahrendes Volk. Nachdruck verboten. I. Die Bezeichnung „fahrendes Bolk", „fahrende Leute" ist unserem Sprachgebrauch, d. h. der lebendige» Sprache, sogutwie entschwunden; heute lassen sich darunter nurctma noch die unstet wandernden Zigeuner, die Schaubuden besitzer der Jahrmärkte und Messen und vielleicht noch die slowakischen „Mauscfallenbändler" und „Topfbinder" be greifen. Das ältere Sprachgefühl faßte darunter alles zu sammen, ivas durch die gemeinsame Heimatlosigkeit vcr- Kunden war, die Bettler, die vagabundierenden Lands knechte und ihren Troff, die „Landzwinger" oder Straffen räuber, die fahrenden Schüler deS 16. und 17. Jahr hunderts, die Abenteurer, Spiclleutc und Gaukler, die Händler, die wandernden Aerzte und Quacksalber v tutti czuanclr. Wollten wir sic alle Revue passieren lassen, diese flüch tigen und vielfach übclberüchtigtcnGcstalten, deren manche aber gleichwohl mit dem Zauber der Poesie umwoben sind, wir würden weit über die Spalten unseres Blattes hinauöschreiben müssen. Aber herausgrctfcn wollen wil- einige dieser originellen Typen vergangener Jahr hunderte, wobei uns Theodor Lampes ebenso lehr reich wie unterhaltend geschriebenes Werk „Fahrende Leute" im soeben erschienenen zehnten Bande der verdienst- vollen „Monographien zur deutschen Kulturgeschichte", berausgegcben von Georg Steinhaufen und verlegt von Eugen Diederichs in Leipzig, als kundiger Autor dient. Kein öffentliches Fest, keine Hochzeit, keine Taufe gab eS fast das ganze Mittelalter hindurch, ohne daß „Spiellcute", oft in großer Zahl, zur Ver herrlichung und zur Erheiterung der Gäste bcigetragen Hütten, und sic wurden, so lange das SpielmannSrvescn xoch nicht entartet nnd zur Landplage geworden war, meist gar reichlich entlohnt. Sic dursten sich mitunter einer „milte", d. h. Freigebigkeit der Herren erfreuen, wie die Spiellcute des Königs Etzel, Werkel undSivcmmel, die auf Kricmhildcns Hochzeit mehr denn tausend Mark verdienten. Markgraf Leopold I. von Oesterreich spendete dem Spielmann, der durch sein Saitcnsviel sein Herz gerührt, ein Pferd im Werte von 30 Mark, ein Schwert und präch tige Gewänder. Kleider und Nüstungs- oder Schmuck stücke waren wohl überhaupt die üblichen Gaben an die Spiellcute, unter denen die geringeren freilich schon mit den getragenen und abgelegten Kleidern der Herren wohl zufrieden waren. In dem Spiclmannögcdicht von dem „Graurvck" Brendel schenkt der Held nach Besiegung des Riesen Mentwein die kostbare Rüstung desselben den fahrenden Leuten, die seinen Sieg priese» und die dann nichts eiligeres zn tun hatten, als arm und reich zu Gast zu laden nnd die willkommene Beute unter neuen Lobeshymnen auf den Spender zu vertrinken. Wir sehen auch daraus wieder den Weg, den gemeiniglich aller Gewinn der Fahrenden zu nehmen pflegte. Häufig kam cs auch vor, daß der vornehme Herr, zu dessen Feste sie erschienen waren, sie schließlich noch aus der Schenke, wo sie weit über ihre Mittel gelebt hatten und tief in die Kreide geraten waren, auszulösen nicht umhin konnte. Aber nicht alle Herren waren freigebig; cs gab auch karge. So wird besonders die Sparsamkeit Rudolphs von Habsburg mehrfach und zuweilen in der anzüglichsten Weise erwähnt und — besungen. Unter diesen Zeugnissen ist noch am gemäßigsten und zugleich wirkungsvollsten ein Spruch des Meisters Stolle, in dem dieser alle hohen Tugenden deS Königs auszählt, jedoch an jeden Satz refratnarttg das gleiche leidige Aber anhängt. „Der König von Nom, der gibt halt nichts", so beginnt er, „und hat doch Königes Gut; doch gibt er nichts. Er hat ein wahres Taubengcmüt und doch gibt er nichts. Und keusch ist er, ganz makellos, nur gibt er nichts. Er minnct Gott und ehrt die reinen Frauen, aber hergeben tut er nichts. Fürwahr, niemand wäre vollkommener, wie er, wenn er nur gäbe; und gar nichts übles kann man ihm nachsagen, nur baß er nichts gibt. Weise tst er und rein. doch das Geben ist seine schwache Seite. Er richtet wohl und gibt nichts her. Er liebt Ehre und Treue und gibt nichts. Ja, aller Tugenden ist er voll, nur gibt er leider niemandem etwas. Was soll ich noch mehr reden: er gibt eben nichts. Er ist ein Held, vortrefflich nnd von edler Sitte, nur geben tut er nichts, der König Rudolph, was einer auch von ihm singen und sagen mag." Zur Verunglimpfung des kargen Gebers war den Spielleurcn nicht leicht irgend ein Mittel zu schlecht. Mit Hohn und Spott vornehmlich, aber auch mit Beschuldi gungen und Verdächtigungen aller Art zogen sie gegen ihn zu Felde, und schreckten, wie wir an Rudolph von Habsburg eben sahen, selbst vor der Namensnennung nicht zurück. So ward cs denn in jener Zeit, da die öffent liche Meinung durch die von Land zu Land ziehenden Spiellcute fast ebenso wesentlich bestimmt wurde, wie heut zutage durch die Presse — aber nur in ihren aller schlimmsten Auswüchsen, die bet unS in Deutsch land zum Glück zu deu verschwindenden Aus nahmen gehören, darf der Vergleich mit dieser Sorte fliegender Publizisten zugegeben werden —, von den vornehmen Herren meist sür das ratsamste ge halten, es mit den Fahrenden nicht zn verderben nnd ihren Zorn herauSzusordcrn. Nnd die Spiellcute, zumal die besseren, begabteren, waren sich der Macht, die sie durch ihr Wort auSübtcn, nur zu wohl bewußt. So heißt es in einem Gedicht jener Zeit: „8vcu zerinlo (tcgebrcnde, Gut nnd Geld heischende) Untv szerno kmoesient, ckor ist Scan rioiis; «von xoxncke liuto sclnuvout (scheuen), ckex ist wuniger tugemie vxt. 8>ven zermio lioto gexvo auo sokent, ckec lebet, gar nir- stiklicbo; sven geincks I.into unevxno sekont, liom nouet sebruicks b». 8cvon Mcwlo liMs vxksoiit, ckec ist saelißlicbe gebarn; snen xexncio linke nuoclicnt, cker büt trimvo nuriv ere null iviiclikeit verlorn^. Die Erwähnung der „Presse" in der Blütezeit deS Mittelalters veranlaßt unS, ein paar Jahrhunderte zu überspringen, und die fahrenden Leute zur Zeit der neu erfundenen Vuchdruckerkunst uns anzusehcn. Die schwarze Kunst schuf vor allem eine neue Art von Hausierern, die sich den Verschleiß der von Anfang an massenhaft er scheinenden Flugblätter und Flugschriften zum Gewerbe machten. Die Volkslieder, die da gedruckt waren, sangen sie wohl selbst den Leuten vor. Dazu kamen mehr oder weniger sensationell gehaltene Berichte über Natur ereignisse, Nnglücksfälle, Verbrechen, Mißgeburten u. s. f., sowie über Vorgänge in der Zeitgeschichte und Politik. Blätter und Schriften dieser Art bilden den Anfang dcsZcitungswcscns, wie sic denn häufig als „NelieZeinmg bezeichnet sind und ihre Verkäufer meist „Zeitungssinger" genannt werden. Sie haben sich zahlreich erhalten, wenn auch die Menge des noch Vorhandenem sicherlich in gar keinem Verhältnis steht zu der Unmenge, in der diese leicht vergänglichen Sachen im 16. nnd 17. Jahrhundert auf den Markt gebracht wurden. In Nürnberg wurde 1550 dem bekannten „Vriesmalcr" Hans Adam erlaubt, „die zu Augsburg gedruckte vier füßige Taube" in Nürnberg feilzubaltcn, am 18. April 1551 dagegen den Briesmalern, die „das gestern hie geborne Kind, das vier Hände und Füße und auch vier Ohren ge habt, in Truck zu bringen gebeten haben", solches Be gehren abgeschlagen, und ebenso 1590 dem Briefmaler Balthasar Gall „das begehrte Drucken deS vor wenigen Tagen bei der Nacht allhier gesehene Sharmetiv (Meteor, Himmclscrfchcinunai" vom Nürnberger Nate untersagt, „derweil es dermaßen nit, wies gesehen worden, ent worfen, sondern bin nnd wieder mit Pfeilen vermischt, deren doch keiner gciehen worden, ohne lanfferl was fick -er Buchdrucker oder Briefmaler selbst imaginirt hat." Es gab also auch damals sckon eine strenge Zensur! In der zweiten Hälfte des 18. ^hrynndcrtS, mit der Zunahme der zuerst allwöchentlich, dann mehrmals in der Woche erscheinenden Zeitungen in nuferem Sinne, nimmt das Vorkommen der Zeitungssinger merklich ab, und nur in den Sängern und Längcrinnen der Mordgcsckichten oder Moritaten aus linieren Jahrmarlten nnd Vogel schießen hat eine Abart der alten Zeitungssinger ihr Leben bis in unsere Zeit hinein gefristet, lSchlnß folgt.)
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