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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021120026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-20
- Monat1902-11
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v- «nz'ska :e?den. :eSd»n. n qeb. Ibirle, vcrw. Herr Adam Herr en bei Sinnes llobert tschau. Cr>m- idiknrr veiw. Herr Herr Zittau, rer in k a»n. bstadt. r qeb. !i!helm Frau mberg. oth in >r geb. Post. > Kurt. ito- »erreu >qit tz. --zeit- rchm.. !VM., ,«lag, oniaq ^lldc achm. Zarin- , lur ä»er id re. Sicht, »t». ra, ar»»» -rolle. »>r«r, oro. ruft, staae. inn. Bezugs-Preis 1» der Hmlptexpeditioa oder den An Stadt- bezirk und den Bororten errichteten Ans- gabkstellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, — zweimaliger tLgliche» Zustellung in« Han- 5.50 Durch die Poft bezogen silr D.utschlanb » Oesterreich vterteliLhrltch »t S, für di« übrigen Länder laut Zeltung-preisliste. Le-aktion und Ervedition: Iohanatögaff» 8. Fernsprecher lk3 und SSL. Filtatevpedittonra r Alfred Hahn, Buchhandlg., UuwersttütSstr.S, L. Lösche, «athartueostr. 14» n. KöaigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Strehleuer Strafte S. Fernsprecher Amt 1 Nr. 1713. Haupt-Filiale Serliu: KSniggrStzer Strafte i tS» Fernsprecher Amt VI Sir. -SSA Mend-Ausgabe. R'chl.rigtr TagMall Anzeiger. ÄmtsAatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates und des Volizei-Ämles -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedaktionSstrlch (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennnch- richten (0 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechen!» höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H sexcl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne PosibesSrderung 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—» Ännahmeschluß für Antigen: Abeud-An-gabe: «ormittagS 10 Uhr. Morg»2-Äu«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an die Expedition zv richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Pol- in Leipzig. Sir. 581. 8ö. Jahrgang. Donnerstag den 20. Nlovember 1902. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. November. 8or zollpolitischen Lage. Der Reichstag wird beute die »weite Beratung des Zolltarifgrsetzr« bei Z 10a fortsetzen. Dieser ist von der Kommiision eingesüat und enthält die Forderung, daß sür Rechnung von Kommunen oder Korporationen von dem auf daS Inkrafttreten de« Ocsetzrö sol- genben 1. April ab Abgaben auf Lebensmittel, aus genommen von dem zur Brerbereitung bestimmten Malrr, nicht webr erhoben werden dürfen. H tl setzt eine DrdnunaSstraf« di« zu 150-4t auf Zuwiderhandlungen gegen da« Gesetz und die dazu erlassenen Ausfiibrungsbestimlnuugen. Dann kommt der vom Zentrum beantragte tz 11a, der den Vorschlag enthält, einen Teil der Mebreinnabmeu aus den Zöllen auf Getreide, Dich, Fleisch, Butter, Käse, Eier, Mehl und sonstige Müllereierzeugnrsse für die Zwecke der Witwen» und Waisenversorgung zurückzubehalicn. Hierzu ist jetzt von konservativer Seile der solgenve, schon am DienSlag von uns erwähnte Antrag Rettich ein- gegaogen: „Der Reichstag wolle beschließen, sür den Fall der Ab lehnung des 8 11a die Verbündete» Regierungen nuszusordern, Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, nach welchen aus Len Er trägen der Zölle aus Nahrung?« und Genußinitlel ein entiprechender Betrag zur Erleichterung der Durchführung der Witwen- und Waisenvrrsicherung Verwendung finden soll." Ferner ist ein sozialvemokratischer Antrag Albrecht ein gegangen, der im Wortlaute des H 11 der Regierungsvorlage entschiedene Aenderungen formaler und sachlicher Natur vor genommen wissen will. Den Schluß des Zolliarifgesctzes bildet bann tz 12. der die Bestimmungen über das Inkratl- tretrn de« (H. setze- enthält unv von der Kommission dahin abgeändert worden ist, daß bas Gesetz spätestens am 1. Januar 1905 in Kraft treten soll. Heute wirb man nun fieilich über bei: ff 10» nicht hiuauSkommcn, aber schon bei der Debatte über ihn würbe man, wenn während der Pause eine Verstau- digung »wischen den Regierungen und den MehrheitSparlcicu erzielt worben wäre, etwas davon bemerken können. Nach den in untrer heutigen Morgenausgabe mitgele,llcn Juior- malionen der „Köln. Zig." sind aber die Bersländigungs- vtisuche in« Stocken gekommen oder wenigstens nicht vorwärts gegangen. So wird man denn auch heute von Erfolgen weder etwas hören noch spüren — sofern überhaupt eine beschlußfähige Sitzung zu stände kommt. DaS ist einerseits zu beklagen, denn der Zeitraum, innerhalb dessen daS Zustandekommen einer E ni- gung noch praktische Folgen haben kann, ist seinem Ende sehr nabe; anderseits aber wirkt gerade der Druck der Zeit treibeno auf die einer Gerstänrigung geneigten konservativen und klerikalen Elemente. Zu diesem Drucke kommt noch der andere, der durch den >n industriellen Kreisen sich volt- ziebenden Wandel der Anschauungen über den Wert der Zoll vorlagen sür unser wirttchaftllcheS Leben auSgeübl wird. Nicht« ist für diesen Wandel bezeichnender als die folgende, von der Berliner „VolkS-Ztg." veröffentlichte Gegenüber stellung: AuS dem AuS dem Aufruf de« Handelsvertrags»^ eia« August 1901. „Der Entwurf deS neuen Zoll- tarife« ist veröffentlicht. Die feste Hoffnung deS deutschen Volke« auf Fortführung der oeutichenHandelsv ertra gS- politik ist durch ihn der nichtet." Ausruf des Verein- zur Wahrung der Interessen der chemitchen In dustrie. November 1902. „Die bisherigen Verhandlungen deS Reichstages haben ergeben, daß die Vorlage der Regierung im allgemeinen die richtige Mitte hält, indem sie auch dem deutschenAusfuhrhandel dieMö g- lickkeit offen hält, seine bis herige Stellung aus dem Welt- markte aufrecht zu erhalten und zu kräftigen." Feuilleton. Das Findelkind. Roman von Ernst Georg y. diamvrukk verböte». Nach der Mahlzeit gingen beide Mädchen im Garten aus und ab. Dann stiegen sie zu der erhöht gelegenen Laube, die eine Aussicht über die Straße bot. Mafuscha trug Tatianas Handarbeitskorb und Ernas Malkasten. Die erstere stickte eine Altardecke in Gold und Silber, die letztere malte der Gräfin einen Wandschirm, zu dem diese selbst alle Zutaten besorgt hatte. Die Hellen Kleider der Mädchen waren von draußen sichtbar. Bald ertönten von der Straße her AuSrnfe. „Was bietet der Mann aus?" fragte Erna aufblickend. Sie sah, daß die Komtesse sich verfärbt hatte und beim Klang der Stimme anfhorchte. „Er zählt die Waren auf, die er feilbietet!" antwortete die Gefragte hastig und beugte sich über das Staket. Dann richtete sie sich auf. Ihre Wangen waren fahl, ihre Lippen ohne Blut. „Denken Sie, Erna Alexandrowna, der Mann hat noch Apfelsinen! Ich esse sie leidenschaftlich gern. Viel leicht bemühen Sie sich bi« zum Gartentor und holen mir den Vorrat. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, sehr!" Die Gesellschafterin erhob sich langsam und ungern. Sie fühlte, hier ging etwas vor, und sie durfte nicht fort. Aber TatianaS Augen hingen mit so befehlendem Aus druck auf ihr, daß sie keinen Widerspruch wagte. Hastig eilte sie zum Parktor, öffnete es und trat hinaus. Der Mann stand noch unterhalb der Laube und sprach hinauf. Dann zog er seinen Wagen bis zu ihr und packte ihr den Rest ber Apfelsinen ein. Sie forschte in seinem Gesicht und „Die Hoffnung, daß die Re- gierung da« Werk der Handels- Verträge sortsühren werde, ist mit der Veröffentlichung Les neuen Tarifentwurfes geschwun den." „Die Gewißheit besteht, daß die verbündeten Regierungen bemüht sein werden, bei den Ber- tiagsverhandlungen mit dem Aus lände den verschiedenen Erwerbs gruppen nach Möglichkeit gerecht zu werden." «Wenigen Großgrund besitzern zu liebe soll daS Deutsche Reich aui die Bahn eine- verhängnisvollen Wagnisse- gedrängt werden. So droht uns eine Periode der Zollkriege, zum mindesten eine Zeit wachsender gegenseitiger Absperrung. Eine beispiellose Kris« muß die Folge einer derartigen Po- litik sein." „Hohe Interessen der Gesamt heit stehen hier aus dem Spiele So fordern wir denn alle die- jenigen, welche diese Anschauungen teilen und das Wohl des Lande? über das jeweilige Programm der Parteien stellen, auf, aus jede sich darbietende Weise, insbe sondere aber durch Einwirkung auf die Ihnen nahestehenden parlamentarischen Kreise dazu bei- zutragen, daß die Reglern ngs- Vorlage in Lieser Reichstags. Session verabschiedet wird.'" gez.: Kommerzienrat I>r. Vrunck gez.: Landtngs-AbgcorLneter 1)r. Böttinger. gez.: Vr. C. A. Martins. gez.:vr. Brnnck-Ludwigshaien. gez.:1)r. Böttinger-Elberseld. gez.: Ur. MarttuS- Berlin. Selbstverständlich spotten die freisinnigen und die sozial politischen Blätter über diesen „Umsrll" der Unterzeichner beider Ausrufe; in klerikalen und konseivaticen Kicisen aber wird man nicht spotten. Es gehört in der Tat kein geringer Mut dazu, einen f, scheren Irrtum so offen einttigestehen und für die gewonnene Erkenntnis so euergiich cinzutrcien. Und dieser Mut kann seinen Eindruck auf die nicht verfehlen, die innerlich eine ähnliche Wandlung dmckgemacht haben, aber aus Furcht vor Spott und mii Rücksicht aus PaNewoklrincn ein offenes Bekenntnis und einen energischen Schrill noch nickt wagen. Jedenfalls wird die näckue Folge des Ausrufs des Verein- zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie der sein, daß auch der HandelovcrtragSverein, der bcrciis zur unverzüglichen Einberufung einer Sitzung seines weiteren Ausschußes ausgesorderl ist, seinen Ausruf vom August 1901 einer Revision unielzicht. DaS englische Parlament und die deutsche Sozialdemokratie. Das englische Parlament hat es mit der deutschen So zialdemokratie gründlich verschüttet. denn es ließ sich zu demselben Zeitpunkte, wo der deutsche Reichstag die sozial demokratische Obstruktion mit der Einführung eines abge kürzten Verfahrens bei namentlichen Abstimmungen be antwortete, ein viel weiter gehendes Mittel zur Vorbeugung gegen parlamentarische Obstruktion gefallen, indem cs der Regierung unter Abänderung der Geschäfts ordnung grundsätzlich das Recht zubilligte, innerhalb einer bestimmten Zeit die Erledigung einer bestimmten Zahl von Geseyesparagrapben zu verlangen. Wenn das Muster land des Parlamentarismus auf so einschneidende Weise der Obstruktion zu Leibe geht, hat die obstruktionslüsterne Sozialdemokratie allerdings Grund genug, über englische „Reaktion" zu jammern. Im „Vorwärts" nehmen diese Klagen eine um so belustigendere Form an, als das sozial demokratische Zcntralorgan offen eingestellt, daß das eng lische Parlament damit der deutschen Sozialdemo kratie einen „Schlag" versetzt habe. Die alldeutsche Bewegung in Ungarn. In der gestrigen Sitzung des ungarischen Ab geordnetenhauses führte der Ministerpräsident v. Szell auf die Angriffe der Opposition wegen seiner „Lauheit" gegenüber der alldeutschen Bewegung in Sttdungarn aus, er finde seine beste Verteidigung gegen diesen Vorwurf in den, wenngleich unberechtigten. Angriffen in jenen deutschen Blättern, die über seine drakonische Strenge klagten. „Ich könnte viele Taten Vorbringen", sagte der Redner, „welche dartun, daß ich die Bewegung mit reger Aufmerksamkeit verfolge. lLeb- hafter Beifall rechts.) Ich halte die Verpflanzung der all deutschen Bewegung nach Ungarn für äußerst ge fährlich, und ich bin entschlossen, deren Ein dringen,, ob es offen oder versteckt, durch Tür und Fensterritzen geschieht, nach Möglichkeit zu ver hindern. lLcbhafter Beifall.) Jedoch ist der in der deutschen Presse mehrfach erhobene Vorwurf, daß ich die Gerichte beeinflusse, durchaus unbegründet. Ich begehe auch aus dem administrativen Wege nicht die geringste Ungerechtigkeit, jedoch muß ich als Minister des Innern meine Pflicht erfüllen und darauf achten, daß die patriotischen, deutsch sprechenden Staatsbürger, ivclche wir im Gebrauch ihrer Muttersprache und in der Bewahrung ihrer angestammten Litten nicht hindern, sondern als gute ungarische Patrioten lieben, nicht korrumpiert und in ihrer Ltaatstreue erschüttert werden." iZn- slimmung.) Besuch deS Königs von Portugal in England. Ter König von Portugal ist zum Besuche des Königs von England gestern in Windsor eingetrvffen. Es ist überflüssig, aus diesem Anlasse die zahlreichen Gerüchte auszusrischen, die in Bezug ans die Zukunft der afrika nischen Besitzungen Portugals schon bei der Abreise Kaiser Wilhelms nach England in die Welt gesetzt wurden. Derlei vage Vermutuilgen gewinnen durch Wieder holungen nicht an Beweiskraft. Kaiser Wilhelm hat sich von seinem königlichen Oheim bereits verabschiedet und wird mit dem König von Portugal nicht Zusammentreffen. Daß die jetzige Anwesenheit des Königs Dom Earlos etwa im Znsailimcnhang steht mit neuen Verträgen, die zwischen England und Portugal abgeschlossen werden sollen, ist kaum anzunehmen. Sie erklärt sich mit der „Bossischen Zeitung" viel zmangloscr durch daS enge Bundesvcr- hältnis, das zwischen den beiden Staate»! besteht. Das Einvernehmen, das schon zn Beginn des IahrcS 1900 in Erscheinung getreten war, als die Portugiesen den Eng ländern den Truppcndnrchzug durch ihr afrikanisches Ge biet von dem Hasen Beira aus gestatteten, gewann mit dein Fortgang des Boercnlrieges immer festere Formen, und schon im Dezember IWO erklärte Ministerpräsident Hintze Ribeiro ans einem zu Ehren deS britischen Ge schwaders in Lissabon veranstalteten Festmahle, daß zwischen Portugal und Großbritannien eine Allianz be stehe, deren Wert für Portugal unter anderem auch in der Zusicherung der Achtung der beiderseitigen Rechte und der Gewährleistung des beiderseitigen Besitzstandes liege. Wenige Tage darauf wies der König selbst in seiner bei Eröffnung der Eortcs verlesenen Thronrede auf das enge Bündnis mit England hin. Wie sehr die Engländer während deS Boerenkrieges daraus Nutzen zogen, ist all gemein bekannt. Man weiß, daß Englands Wünsche in der Delagvabai und hinsichtlich der Verwendung der Delagoa-Eisenbahn maßgebend waren. Ein Handels artikel nach dem andern, selbst Lebensmittel, wurden als KriegSkontrcbande erklärt, dem Konsul Pott, der die beiden Boerenrepubliken und zugleich die Niederlande in Louren<,o Marques vertrat, wurde das Exequatur ent zogen, die nominell unter portugiesischer Verwaltung stehende Babu wurde für englische Armeclieferungen nach Transvaal benutzt, alle Doeren, die Zuflucht zu portugie sischer Gastfreundschaft genommen hatten, wurden als Ge fangene nach Portugal geschickt usw. Unter solchen Um ständen hätte cs für die Engländer wenig Sinn, wollten sie durch Pacht- oder Kaufvcrhandlungen die öffentliche Meinung in Portugal reizen. Sie haben in Pvrtugiesisch- Ostasrika ohnehin alles, was sic sich wünschen können. In Aussicht soll nur noch ein handelspolitisches Ucbereiu- kommen stellen, eine Zollvereinigung zwischen den portu giesischen Häfen und denen Englands in Südafrika; auch beabsichtigen die Engländer, eine Bahn von der Sivazi- landgrcnze nach der Küste zu bauen. Milner bat diese Fragen bei seiner jüngsten Anwesenheit in Lourcn^v Marques studiert, und Ehamberlain, der ja auch einen Ab stecher nach Loureiwv Marques zu machen gedenkt, wird darüber vermutlich die Entscheidung fällen. Hebung der russischen Industrie. Im Sinne einer staatlichen Unterstützung der russischen Industrie ist zur Zeit eine Bestimmung ergangen, wonach an russische R erer für im Inlanve erfolgende Schisfsneubauten vom Staate unverzinsliche Darlehen bis znitt halben Werte des Schiffes ans W Jahre gegen jährliche ratenweise Abzahlung verabsolgr werden können. Außerdem will die Regierung noch die Hälfte der Kosten sür die Kohlenfeuerung tragen. Die Regierung hat kür den Ban Rormattypen festgesetzt, fordert Mindestge schwindigkeit von 10 Knoten und Anfertigung ans bestem russischem Material. Tie Vergütung der halben Kohlen kosten soll außerdem für schon fertige Schisse von wenigstens 3200 Tonnen Ladefähigkeit eintreten, sofern sie ausschließlich russische Kohlen verfeuern. Auf diese Ver günstigungen bezugnehmend, haben die siidrussischeu Kvhlenprodnzcntcn jetzt bei der Regierung um folgende Maßnahmen zur Hebung des Exportes der Dvnczkohle er sucht: Erstens nm die Auswirkung derselben Privilegien für die russische Kohle in der Türkei und in Rumänien, welche dort die englische Kohle genießt. Ferner wird die Versorgung des russischen Mittelmeergcschmaders mir russischer statt mit englischer Kohle und Hebung des Ver brauches russischer Kohle bei der freiwilligen Flotte und der russischen Gesellschaft für Dampsschiffahrt und Handel gewünscht, und außerdem sollen die vorher besprochene!» Vergünstigungen au.h auf diejenigen Dampfer ausgedelnn werden, die gegenwärtig unter russischer Flagge segeln, aber im Anstande gebaut sind. Deutsches Reich. * Berlin, 19. November lDer HandelSve» trag svereitt und der Zolltarif.) Eine An zahl hervorragender Mitglieder des HandelsvertragSver- cins hat bereits vor einigen Tagen an den Vorsitzenden des Handelsvertragsvereins, Geb. Kommerzienrat Herz, das Ersuchen gerichtet, unverzüglich eine Sitzung des weitern Ausschusses des Handelsvertragsvereins einzube- rusen, nm nochmals die Stellungnahme des Vereins zu der Regierungsvorlage zu erörtern. In der ausführ lichen Begründung zu dem Antrag ist aus die Gefahren hingewiefcn, die dem gesamten Erwerbsleben drohen, wenn die gegenwärtigen Verhandlungen über die Zoll tarifvorlage zu keinem greifbaren Ergebnis führen sollten. Bei den einzelnen Positionen — so wird ausgcführt — werde man über geringe Unterschiede in den Zollsätzen streiten können, niemals aber dürfe hierbei übersehen werden, daß die letzte Entscheidung über die Höhe der Zollsätze erst durch die Handelsverträge selbst getroffen werde. So werde man sich über Bedenken, die nichi grundsätzlicher Natur sind, um so leichter verständigen können, als volle Sicherheit bestehe, daß die verbündeten Regierungen, ausgerüstet mit einer in sorgsamster Vor bereitung gewonnenen Kenntnis über die Bedingungen und Bedürfnisse der deutschen Arbeit, bemüht sein würden, bei den Verhandlungen über die Erneuerung der Ver träge den verschiedenen Erwcrbsgruppen in gleicher Weise gerecht zu werden. Auch der Versuch, neue Vertrüge aus Grund des bestehenden Tarifs abzuschließen, würde den berechtigten Forderungen der Nation nicht förderlich sein. Der gegenwärtige Tarif vermöge der modernen Entwicke lung nirgend mehr zu folgen, er sei zu wenig spezialisiert, um bei den Vertragsverhandlungcn die Interessen der einzelnen Erwerbszwcige genügend zu berücksichtigen, und er erscheine für alle neuen Verhandlungen schon des halb unbrauchbar, weil seit dem Abschluß der jetzt gelten den Verträge sich sowohl die Zollgesetzgebung, wie die wirtschaftliche Entwickelung in den Vertragsstaateu wesentlich geändert hätte. Gegenüber den Sätzen de Auslandes, die vielfach im besondern Hinblick aus die mii Deutschland zu führenden Bertragsvcrhandlungen erhöh. erschrak. Ihre scharfen Augen bemerkten, daß der Voll bart mit größter Geschicklichkeit angeklebt war. Und darunter erkannte sie das hagere, durchgeistigte Antlitz des schäbigen Mannes, den sic damals vor der Pantelei- mvns-Kirche gesehen, dein Tatiana zugewiukt hatte. Das war der Student, Boris Przewskv, der polnische Privatsekretär des Grasen, den man in der Verbannung glaubte!! Der Tollkühne lebte wieder hier, wagte es, sich in Verkleidungen der Komtesse zu nähern! Und sic war allein mit ihr! Auf ihr lastete die Verantwortung. Was sollte sic tun? An men sich um Rat wenden? Ihre Unkennt nis der Landessprache machte sie hülflvs. Im Notfälle blieb ihr nichts wie die Krüger; aber dann mar ihr Tatianas Gunst verloren. — Der Gräfin schreiben? Den Unglück lichen ausliefern? Tausend Gedanken kreuzten ihr Hirn, während sie blaß und wie angewurzelt stand. „Nun, was haben Sie, wo bleiben Sie, Erna Alcxan- drowna?" rief Tatiana laut. Der Verkleidete blickte zu ihr hinüber und fuhr dann mit seinem Wagen weiter. Das Benehmen des schönen Mädchens, das Spüren in seinem Gesicht, ihr sonderbares Erbleichen beunruhigten ihn. Auffällig und bäuerisch stampfte er davon, etwas Unverständliches vor sich hin murmelnd. Erna k.qm langsam zurück. Sie ahnte, daß Tatiana nicht nur mit diesem Manne, sondern anch mit den Studenten und dem Einarmigen in Verbindung stand. War sic etwa auch in einem der revolutionären Geheimbnnde? Wie konnte sie, die unerfahrene Deutsche, hier Abhülse schaffen, wie das junge Geschöpf behüten? „Nun, haben Sie ein Gespenst gesehen, Duschenka? Sie sehen ja ganz verstört aus!" rief Tatiana ihr entgegen. „Was ist Ihnen?" „Ein Lchwindelanfall!" versetzte Erna, sich zusammen nehmend. Tatiana nahm ihr die Apfelsinen fort. Sie legte sic in ihren Handarbeitskorb, vfsiietc zwei, nachoem ,>e die Früchte genau betrachtet, mit ihnen Fangball gespielt und sie aus den Tisch geklopft hatte. „Hier, nehmen Sie, der Last wird Ihnen gut tun!" sagte sie lachend. „Sie sind ja förmlich verstört." „Und Sie so lustig, wie verwandelt!" „Natürlich, wenn mir ein Wunsch erfüllt ist! Sie wissen ja nicht, wie ich das liebe!" lachte die Komtesse. „Bitte, schenken Sie mir noch eine von denen!" bat Erna, ans den Korb weisend. „Später, Tie gieriges Mädchen, nach dem Tiner! Denken Sie, zwei Rubel sür die paar Dinger, da muß man ökonomisch sein!" Und sie breitete die Hände hastig abwehrend über den Korb. „Aha, also verbirgt sich irgend eine Nachricht in den Früchten, cs sind künstliche darunter", dachte Erna klug. Sic schärfte ihre Aufmerksamkeit; aber Tatiana war dies mal schlauer als sie. Mit unheimlicher Gewandtheit ope rierten die beiden Mädchen gegen einander. Erna hatte Tag und Nacht keine Ruhe. Sie lag nur im dämmernden Halbschlaf, erwacfice bei jedem Geräusch und spähte zu Tatianas Bert hinüber. Aber diese war stets in festem Schlafe. Und doch fühlte Erna, daß die andere Nachrichten erhielt, daß sie durch diese unsichtbaren Botschaften in wechselnde Stimmung geriet. Dabei ging sic nie ohne Erna aus, besuchte die Kirche in Begleitung der Tarne und benahm sich so unverdächtig wie möglich. In ihrer Herzensangst entschloß sich Erna zu einem gewagten Mittel. . Sie schrieb einer« Brief an die Gräfin Lantow, schilderte ihr offenherzig ihre Sorgen und flehte sie an, die Komtesse durch eine dringende Einladung auS Pawlowsk zu ent- fernen. Mit der Bitte um Diskretion schloß sie ihr wohl erwogenes, bescheidenes Schreiben. — Vier Tage ver strichen. Ein entfernter Verwandter des General, Au drei Keodorowitsch, war aus Odessa auf drei Tage in Petersburg und reiste von dort nach Finland weiter. Er besuchte die Verwandten in Pawlowsk, war sehr betrübt, die Eltern und Brüder Tatianas nicht auzutresfen und blieb einen Tag auf der Datsche. Die Komtesse mar zu diesem Vetter freimütig und liebenswürdig. Sie ritt mi ihm, von Iivan gefolgt, nach Zarskoje Lselo, besuchte mi. ihm die Kindermusik. Mit der tanbcn Taute und ihr be teiligte er sich an der Korsosahrt und ging mir der Eonsine, unter -em Schutze der Schcrojew, zuin Konzen ins Bauxhall. Erna blieb daheim. Sie saß abends im (»arten, als Frau Krüger sich zu ihr setzte. Im Laufe der Unterhaltung erschrak Erna vor einer neuen Gefahr, au die sie nicht im Traume gedacht hatte. Die Wirtschafterin sagte nämlich in aller Harmlosigkeit: „Ich mein nicht, wie sich die Menschen verändern können. Der Wvsatin aus Odessa war zuerst einmal — vor acht oder neun Jahren bei uns. Ich habe ihn immer als einen kleinen dicken Herrn in der Erinnerung gehabt. Wenigstens hätte ich daraus geschworen, daß er damals auch mit mir laug, deutsch gesprochen. Er erzählte noch von Deutschland, ms er jahrelang studiert hatte. Entweder ich verwechsele isiu mit einem anderen, oder ich habe mir das eingcrcdet. Ich sah ibn nur von der Küche aus, — nicht wahr, Fräulein Bvlmann, der Herr ist doch groß und mager und sprich! nur russisch? — Und das Gekabe von der Komtesse, so laut habe ich sie noch nie lachen hören!" Erna hatte die Frage bejaht und grübelte jetzt »ach. Ob der Fremde wohl in unglaublicher Kühnheit den Zutritt zu Tatiana unter einer Ausrede erzwungen ? Gehörte ec zu jenen Geheimnisvollen, zu Przewskv? Spielte er mit Tatiana ein abgekartetes Spiel ? Wie hing das zusammen ? ^Fortsetzung folgt.)
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