Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021122029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-22
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8100 nickt« bekannt; wenn e« solcke Geldbeträge aber geben sollte, so würde er sich iebr freuen, wenn sie sür die von Cbaindcrlain rrwäbincn Zwecke verwendet würden. Boiba gibt rann der Befürchtung Aut-druck, das; sein Hinweis auf die Bcibedaliuug de> KonzentratioriSlager lmßverstanten worden sei, drückt den Wunsch au«, wertere MihlreUiglerten und schmerzliche Er innerungen zu vermeiden, und gesteht zn, daß die Regierung sich die E'Ziebung der »kruder sehr angelegen fern lasse; leine LaudSlcutc hätten aber den Wunsch, daß die Kinder ihre Muttersprache nicht vergessen. Botha er- llärt daun, bezüglich deö den Boercu von „audlänbiichen Fremden" getvvrdenen Beistandes sei Chamberlain schlecht unterrichtet, und schließt mit einem nochmaligen Hin weise auf die durch den Krieg bervorgeluiene trosiloic Vage. In einem Briese an Bvida vom 15 Roocurber gibt Chamberlain seiner Befriedigung darüber Ausdruck, daß Bolda fernere Mißhelligkcitcn zu vermeiden wünicke, nnd spricht die Hoffnung auS, daß sein bevorstehender Besuch Südafrika»' Frieden nnd Wohlfahrt zurückfiibren werden. Bolba schließ! sich in einem Briefe an (Chamberlain vom 18. November diesem Wuu,che an. Deutsches Reich. * Leipzig, 22. November. (Julin« Schmalbachs.) Wie u»e anö Berlin gemeldet wird, ist dort in der ver stossenen Nackt der Schriftsteller Julius Schmalbach gestorben, uamtcm er schon seit mehreren Iabreu seine jriider so hervor ragende und erfolgreiche publizistische Tätigkeit mehr und mehr hatte einichränken müssen. Am 10. August 1852 in Schwanfeld (Bayern) geboren, widmete er sia> lurvm'chen und volkswirtichasilichcn Studien, über denen er auch seine schon auf dem Gymnasium betriebenen ;xrack'!ichen und literarischen nicht versäumte. Faniilien- verbäumsse zwangen ihn dann, die Leitung eines kleine, en bayerischen Blaues zu übernehmen, das er durch sein scharfes Urteil und glänzende stilistische Leistungen zu hobem Ansehen brachte. Diese Leistungen machten das „Franks. Iourn." auf ibn aufmerksam und veranlaßten eS, Schnt. in die Redaktion zn berufen. Für dieie ging er dann nach Berlin, von wo er besonders sür das „Lcipz. Tagcbl." nnd die Münchener „Allgem. Frg." tätig war. Später wurde ibm die Leitung ccr „National liberalen Korrespondenz" übertragen und dann, als er aus vieler Stellung ausgeschieden war, die Herausgabe des „Bürger- und Bauernfreundes". Wir erinnern uns nichr, zcmalS eine andere Zeilscdrnt gesei en zu baden,derenAussäye sich in gleichem Grave durch Kla beit, Sach lichkeit und geistvolle Dalstcllnn.iSweiie au ge eicknel hätten. Und riese Ausstixe rührten fast ausschließuch von dem Ver- stoi denen her, dessen umfassendes twisten durch eine erstaunliche Arbeitskraft unteriintzt wurde. Leider sand dieicS verdienstliche Unternehmen nicht die Unleistützung, die man ihm wünschen mußte. Zu dieser üblen Euad'ung kam für Schm, noch ein Herzleiden, das er sich auf einer ErholuugSleise nach Tirol zuzog und das nicht nur auf seine ickrisi- stetlerische Tätigkeit, sondern auch auf seine ganze Lebens weise einen unheilvollen Einfluß ausnbke. So wurden auch seine Beiträge für das „Leipziger Tageblatt" seltener und seliener; zum lebhaften Bedauern der Redaltwn .mV der vielen Leser, welche die mit gezeichneten Artikel stets mit gespannter Elwaitung und hobem Genüsse lasen. Nun hat er ausgelillen. Wir betrauern in ihm erneu unserer hervorragendsten, jahrelang unermüdlich tätigen Mit arbeiter, und gleich uns wird die nationalUberale Partei und werden die ehemaligen Leser des „Bürger- und Bauern- srcundes" seinen Namen und sein Wirken in treuem Gedächtnis bewahren. A Berlin, 21. November. (Der ReicksbauSbaltS- etat sür 1903.) Wenn schon auf den R.ichSbaltsetat für l9O2 die finanziellen Verhältnisse des vorvergangenen Etats- »ahreS eine ungünstige Wirkung ausübten, so wird dies beim Reichsbausbaltseiat für 1903 noch stärker der Fall sein. Z > den Etat sür 1901 konnten auf Grund des Finalabschlusses sür das vorvergangene Jahr 1899 nicht weniger als 32,6 Mill. Mark als „Ueberscdüsse aus früheren Jahren" eingeieyl werden. Es war damit allerdings die bebeuiendste Höhe dieser Etarsposition während eines sehr langen Zeitraumes erreicht. In dem Reichshauslalisetat sür 1902 siel nicht nur diese Summe aut-, weil aus dem vorvergangenen Iabre 1900 ein Ueberschuß nicht zu verzeichnen war, die Ergebnisse ces lederen machten eS ivgar nöria, daß unter den Ausgaben in die Position für den Fehlbetrag aus früheren Jahren, die schon längere Zeit glücklicherweise eine Summe überhaupt nicht auszuweiten nötig gehabt hatte, ein Betrag von l,8 Millionen Mark eingestellt wurde. Insoize der finan ziellen Verhältnisse des vorvergangcncn ZabreS hatte fick demnach der Etat sür 1902 um nicht weniger als rund .!4l/2 Millionen Mark schlechter als der sür 1901 gestellt. In dieser Entwickelung sind nun in-wstcben weuere Fort schritte gemacht. Auck daö Eiaisjahr 1901 bat einen Ueber- fchuß sür die Neich-kaffe Nicht e>brackt, im Gegenteil; ebenso wie die tattächlichen, sür die lieber Weisung an die Bundes staaten in Betracht kommenden E nnadmen hinter dem Etatsanschlage zurückgeblieben find, so daß dadurch die Dudget« der Einzelstaaten sür 1903 ungünstig beeinsl >ßt werden, so bat sich auch sür die Rcichslasse ein Fehlbetrag ergeben, der sogar über dreimal so groß wie daS Weniger au Uebcr- welslingStinnabmen ausgefallen ist. Da sür 1901 latsächl ch 27,1 Millionen Mark weniger für die Rcichskasse vereinnahmt wurden, als im Eia: vorgesehen war, und die über die E'ats- aniäpe hinausgehendeu Mehrausgaben 21 Millionen Mart betiugen, so ergibt sich aus diesem Iabre ein Fehlbetrag von -18,1 Millionen, der durch den Elat sür 1903 gedeckt weiden muß. Im nächstjährigenReichsbaushaltSetat wird also nicht nur kein lleberichuß aus früheren Jahren erscheinen, wie dies auch in dem sür 1902 der Fall war, der zn deckende Fehl betrag wird sich auch von 1,8 Millionen auf 48,4 Mill oncn Mart steigern. Allein infolge der finanziellen Verhältnisse deS voivergangencn Jahres verschlechtert sich also der Eint für 190.', gegenüber dem von 1902 nm 46,6 Millionen Mark. Die Verschlechte«nng gegenüber dem Etat für 1901 mackl gar die gewaltige Summe von 81 Millionen Mark aus. Das Gesamldifizit des Eiais sür 1903 veranschlagt der Reichsschatzsekrcliir bekanntlich aus 150 Millionen. — Der Kaiser beauftragte den Prinz-Regenten von Braunschweig, Prinz Albrecht von Preußen, mil Vollziehung ter Taufe des LmienickiffeS „bk.", die auf der Germaniawerir am 20. Dezember staltfincen wird. Voiber, am ll. Dezember, wird, wie Vas „B. T." melket, die Taufe deö Kreuzers „1", nut deren Bolliiebung Fürst Salm-Horstmar, der Prä- Odern des Deutschen FlottenvereinS, vom Kaiser beauf tragt ist, statifinden. — Der deutsche Kronprinz wird sich am Sonntag, 30. d. MiS., ans Einladung des Fürsten zu Salm-Dyck- Reisserscheid nach Schloß Tvä bei München-Gladbach begeben, um an einer von diesem sür den darauffolgenden Montag arrangierten Treibjagd leiUunehmen. Am Sonntag abend findet ru Evren des Kronprinzen in dem Festsaale deS fürstlichen Schlosses ein größeres Diner statt bei welchem die .Kapelle der Düsseldorfer Ulanen die Tafelmusik auSjülut. Die Rückreise des Kronprinzen nach Bonn wud anr Montag abend er>olgen. — Der Reichskanzler Graf von Bülow empfing am Mittwoch den Bemch des österreichisch-ungari'chcn SeklionS- rais im Handelsministerium in Wien Or. Kar minski, deö- aus Nordamerika zurückgekebrten Grafen Trele-Winckler nnd des Boiick'altciS Graien v. Alvensleben, der in den nächsten Tagen auf seinen Posten zuiückkebrt. — Nach dem „Beil. Tagebl." steht die Ernennung des Polizeipräsidenten v. Windheim zum Regierungs präsidenten von Lieg.-itz bevor. — Der italienische Botschafter am hiesigen Hofe, General Graf Lanza, dem wegen Erreichung der Alters grenze die Einlassung aus seinem militärnchen Dienstgrade bewilligt wurde, gedenkt, nach der „Kreuz-Ztg.", im nächsten Jahre von seinem Posten zniückzutreten. — Die so riald emokratisch en Mitglieder der Zoll tariikonr Mission haben die ibnen vom Reiche auS- »ezablten Diäten in der Höhe von 8342,98 „L der sozial demokratischen Parkeikaffe überwiesen. — Die „Denische Tageszeitung" teilt mit, der Abgeordnete Freiherr v. Wan gen beim werde den Vorsitz im Bunde der Landwirte behalten. — Heute abend sand hier eine weitere Sitzung deS Aus schusses des Deutschen BoerenbülfSbundes statt, weicher General Dclarey beiwohnte, und in welcher der Lancragsabgeordnete Rewoldl rum Bevollmächtigten der diel Boerengenerale Botha, Delarcy und De Wel in Sacken deS BoerendüisSsondS bestimmt wurde. Ein be- iondcrcö Inteiesse aewann dieie Sitzung dadurch, daß General Delaiey sich persönlich sür den Boerentämpser von Dal- wigk, einen ehemalige,i deutschen Oisizier, auf das wärmste verwendete, „von Dalwi-ik", erzählte der General, „war einer der tapfersten Offiziere, welche unter mir kämpften. Einst, in einem Gefecht mit General French, war höchste Gefahr, daß eine unserer Kanonen von den Engländern ge nommen würde, und da ein Bei such, das Geschütz in Sicher heit zn bringen, schon mebreien meiner Lerne das Leben ge kostet hatte, so gab ich schon jede Hoffnung auf, das Geschütz zn retten. Da siel mein Auge aus v. Taiwiqk. „Dalwigk, geh Du bin", hat ich ihn. Der Osfisier schritt, ohne einen Moment zu Lkw,legen, ans Werl und brachte in kurzer Zeit die gefährdete Kanone zurück. Meine Herren, diese, brave Mann fiel an meiner Seite. Seine rechte Schulter und sein rechter Arm wurden von einer Kartätsche weg gerissen, fein linker Arm arg verstümmelt, und sieben Kugeln durchbohrten ihm die Brust, v. Dalwigk erlag seinen Ver letzungen nickt! Er wurde wieder hergestellt, und einer der tapfersten unserer Otfiziere, ein „dentfcher Boer", auf d-n ich stolz hin, nnd aus den wir alle stolz sind, ward ein armer hülsloser Krüppel, der mit der btttcrsteu Aimni zu kämpfen hat". Der Ausschuß deö deulschen BoercnhülfSbundes bc» willigte v. Dalwigk eme Unterstützung im Betrage von zwei Tausend Mark. — Seit rem Inkrafttreten des neuen Urheberrechts sind namentlich im Zenungsgewelbe Bestrebungen hervor getreten, die geeignet erscheinen, den Zweck de« Gesetze« mit Tendenzen zu belasten, die den gesetzgebenden Fakioren bei der Ausgestaltung der Nachdrucks-Paragraphen völlig fern gelegen haben. Man darf erwarten, daß hierüber von mständiger Seite bei nächster Gelegenheit, spä'estenö aber bei der EtatSbcratuiig im Reichstage, eine unzweideutige Er klärung wird abgegeben werben. — Zur Beseitigung vvu Zweifel» hat der Minister der öffentlichen Arbeiten die lönigUcben Cisrnbabnbirellionen nach einer Vereinbarung mit dem Staatssekretär des RerckSpost- amtes darauf aufmerksam gemacht, daß der Reichs-Tele graphen Verwaltung nach wie vor das Recht zusteht, bei Berechnung der Kosten für Arbeitsleistungen zu Gunsten der Eil'enbabnvcrwalluiig Generalkostcn dann in Ansatz zu bringen, wenn eö sich nicht um Kosten für die durch den Eisenbahn betrieb notwendig gewordenen Aenderungen von ReichS- Telegraphenlrnien hantelt. Es sind mithin bei Aenderungen und Verlegungen von Reichs Telegrapheulinien auö Anlaß deS Baues neuer Eisenbahnen die von der ReickS-Tele- graphenverwaltnng berechneten Generallosten zu zahlen. — In Kreisen, die mit der Eisenbahnverwaltung in Fühlung stehen, verlautet, daß zum 1. April nächsten Jahres ein bedeutender Au Sian sch von Beamten der Eisen - bahndireknon Posen gegen Beamte anderer DirekiionSbezirke statlsinden nnd daß dabei namentlich die Absicht vorherrschen werde, El-mente nach der Ostmark zu bringen, welche den Polonisatioiiübestrebungen Widerstand entgegenzufetzen besonders geeignet und befähigt sink. — Die Berliner GastwirtSgebülfen nahmen am Freitag in den Arminballcn folgende Erklärung an: „Die Versammlung erklärt, daß sie die Bunde«ratSverordnung in ihrer jetzigen Gestalt durchaus nickt sür geeignet hält, den berechtigten Wünschen der Gehülfenschaft zu genügen. Sie fordert im Gegenteil die Leiter der Gebülfenbewegung aus, die geeigneten Sck>itte zu tun, weitere Schutzbestim mungen heiberzusübren. Die Versammlung fordert das Bureau ans, da das Berliner Polizeipräsidium aus die Ein gabe vom März d. I., in welcher für Berlin die Einführung der neunstündigen Ruhezeit gefordert wurde, eine Anlwort nicht erteilt Hal, sich an die höhere Instanz zu wenden." — Wie der „Confectionair" erfährt, hat der Kaiser den großen r'ranzönitu-n Lcknuipikier boguelin zur Teilnahme an der nächsten großen Jagd einladen lassen. — Staate Minister Albert v. Maybach vollendet am 29. d. M. sein 80. liebens jahr. (ycboren in Werne (Weslsalen) wurde er 1874 -b räsident des AeiLs Snenbadnamts und war von 1878 bis 1891 Munster der öffentlichen ArdeNen; 1888 wurde er in den Adclsland erhoben. — Der preußische Handel-Zininisier Möller hat gestern das Präsidium des Reichöinges, die Svrislfuhrer, die Quästoren und einige hervorragende Parlamentarier des Reichstages zum Abendbrot geladen. — Bei dem amerikanischen Bollchaster Mr. Andrew D. White sand am Freitag der giößrre Empfang mil unlickalncher Abend unterhaltung in den von ihm im Hotel Kaüerhos tcwohaicn Raumen statt, die aus dieicm Amab beionderö sestlich dekoriert waren. Ge laden waren der Reichskanzler niit Gemahlin, das diploma- ti;cbe KorpS und >in Teil der Hosgrsellickiast. — Abg. Frhr. Hcnl zu Herrnsheim ist wiederbergestellt und wieder zur Teilnahme an den Reich-tagssitzungen erschienen. D Brnnsdüttelkoog, 2l. November. Die kaiserliche Zackt , Hodenrollern" mit dem Kaiser au Bord ist in Begleitung der „Nymphe" und deö Kanonenboots „Sleipner" um 8>/z blbr abends in Drunshüctel eingctroffen. (-) BrnnSbüttel, 2l. No -ember. Ter Kaiser ist mittels HofruzeS um 10 Nhr 15 Minuten abends nach Potsdam abgerciit. Braunschweig, 21. November. Der Landtag ge nehmigte das neue Katbolikengesetz im wesentlichen nach der Regierung-Vorlage, wodurch die Descbw.'rden der Katdoliken über ungleiche Behandlung in der Hauptsache beseitigt werden. Posen, 2l. November. Der Kultusminister l)r. Studl vat dem hiesigen katholischen Marien-Gym- nasium ein wenvolles Gemälde zum Geickenk gemachi. dasselbe stellt die Verbreitung des Christentums unter den Polen dar. Daö Gemälde zeigt zahlreiche lebensgroße Figuren nnd bedeckt die eine Läng-wand der Aula ge- nanuier Anstalt fast vollständig. Schöpfer deS Gemäldes, das einen Werth von 15 000 Hal, ist ein bekannter Berliner Proiesior. * Bernburg, 2l November. Bei den LandtagSwahlen in Anhalt wurden zum erllen Male vier Sozial demokraten gewählt. Der anbaltijche Landtag besteht aus 36 Mitgliedern, von denen 24 aus allgemeinen Wahlen hervoigeben. 7. Greiz, 21. November. Die Prinzessinnen Emma, Marie und Caroline begeben sich morgen zum Besuche ihrer Großmutter, der Finsttn-Wuwe von Schaumburg L Ppe, nach Bückeburg, wo bekannilich auch der Kaiser zur Jagd dort einlieffen wird. Ans Baden. Als Auftakte zu der Karlsruher Pro- testver jammlung gegen die Männertlösler sind in der badischen Presse sehr energische Kundgebungen erfolgt, in denen eS u. a. beißt: „Die letzten Monate heben gezeigt, daß die nationallibe- rale Partei in allen Teilen des Landes einmütig zuiommensleht, wo es gilt, den staois,"kindlichen Forderungen des Zentrums ent- geqenzutreten. Wahrhasl aufgeslammt ist daS Feuer des olt-n Libera lismus der 60er Jahre. Und eö kann nicht ousblriben, daß bei den nächsten Wahlen alle Zurückhaltung und Lässigkeit verichwindel, und daß alle freiheitlich und treu vaterländisch gesinnten Männer voll Be- geiste.ang zur Urne schreiten nnd dem Liberalismus wieder zn einer weit stärkere» Vertretung in Reichstag nnd Landtag ver helfen. Wie will sich La eine Regierung mit Konzeisionen dem Zentrum verschreiben und Io sich die wieder aufstrebende national liberale Partei zum Widersacher machen? Will man bei unS alle - Unterste zu oberst kehren und mit dem Zentrum regieren? Arme:- Baden, wenn du sür ein solches Experiment das Feld abgebeu müßtest! Die nationalliberale Partei müßte nnd würde sich dem mit all ihrer Kraft entgegenstellen. Diese Gedanken werden bei Len Erwägungen der Regierung Führung nnd Richtung geben müssen." * Stuttgart, 21. November. Wie der „Staatsanzeigcr" mitteilt, ist die Nachricht, daß der württembergisck-e Landtag für den 2. Dezember einberusen wird, nickt be gründet, vielmehr ist über den Zusammentritt der Ständc- versammlnng noch keine Bestimmung getroffen. C) München, 22. November. (Telegramm.) Die außerordentlichen Professoren Cbroust und Foerster in Würzburg sind zu ordentlichen Professoren ernannt worden. (Um die Herren Cbroust und Foerster ist bekannt lich s. Z. der Würzburger Universilätsslieit entbrannt, der den Fall Les Ministers Landmann zur Folge halte. Herr Cbroust war der Prologs der Uttramonianen. Mit der Beförderung beider Anwärter sucht nun wobl ter neue Minister die ganze Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Red.) Frankreich. Depttticrtrukammer * Paris, 22. November. In Beantwortung einer Inter pellation über dir Anwendung deS Gesetzes vom Jahre 190 ?, betreffend Begrenzung der Arbeitszeit, erklär: Handelsminisler Trouillot, er werde die Frage prüfen, ob und welche Verbesserungen in dem Gesetz vorgenommc.-i werden könnren; auf keinen Fall aber dürfe an tri.". Lcmokralifchen PrinIpe dieses Gesetzes gerüttelt werden. Violette bringt daraus eine Tagesordnung ei», in welcher die Ertlärung der Regierung gebilligt und daS Vertrauen zu der Regierung ausgesprochen wird, daß sie fest entschlossen ist, das Gesetz von 1900 feinem Geiste nach zur Anwendung bringen zu lassen. Der HandelS- min ist er erllärt sich mit dieser Tagesordnung einverstanden, woraus dieselbe mit 288 gegen 27 Stimmen angenommen wird. Lasies bringt einen Antrag aus eine Amnestie sür Ver gehen ein, die im Zusammenhänge mit dem Ausstand be gangen worden sind, und verlang! die Dringlichkeit für seinen Antrag. Constans unteistützl den Antrag. Der Handels- Minister erklärt, so lange der Au stand nicht beendet sei, könne von einer Amnestie nicht die Rede sein; der Minister beantragt Verweisung deS Antrags an die Kommission. DaS Hauö beschließt darauf nn» 311 gegen 244 Summen die Dringlichkeit. Lasies fordert sofortige Beratung seines Antrags; das Haus leimt die sofortige Beraiung ab und verweilt mir 371 gegen 175 Stimmen den A-trag Laste" an die Kommission. Hieraus wird die Sitzung aufgehoben. Bergarbeitcrstrcik. * Saint-Etienne, 21. November (abends 9'/? Uhr). Die Min enge je lisch asten haben das von den Albeuern an genommene Abkommen unterzeichnet. Die Vertreter der Arbeiter weilen gegenwärtig aus der Präfektur.» * Saint-Etienne. 22. November. (Telegramm.) DaS zwilchen oen Minengefellfchafien und den Aibenern ab geschlossene Abkommen siebt die Einsetzung von Schieds gerichten vor, wckckc die strittigen Fragen entscheiden sollen. Die Schiedsrichter beginnen beule ihre Arbeiten. Bei der Anwesenheit der Vertreter der Arbeiter aus der Präfektur bandelte es sich darum, nut den Minen-Jngenieuren eine E nigung bezüglich der Reparaturen zu erzielen, welche vor der Wiederaufnahme der Arbeit noiwendrg erfolgen müssen. Lpanien. Angriffe «egen die neue Regierung. * Madrid, 2l. November. Die Kammer lebnte mit 161 gegen ll8 Summen das von allen Mmderhensparteieu beantragte Tavelsootum gegen die Regierung ab. Vor der Abstimmung Iprach der Republikaner Levroux sein Bedauern darüber aus, raß in Lmea acht Arbeiter, die einen Soldaten getötet haben, von dem Kriegsgerichte zum Tode ver urteilt seien, während ein Karabinier, der einen Arbeiter getötet harte, strajlos ausgeganzen fei. Lebhafte Bewegung rief die Mit- üe ihn liebte, — weit mehr, als sie je den unglücklichen Sondheim geliebt! Immer mehr hatte der trotzige Schmerz nm ibn sich in ein mildes Erinnern gewandelt! „Ludwig! Ludwig! Du Edler, Guter!" sagte sic halblaut und dachte: „Wenn es doch erst September wäre, und er die Büste bringen mutzte!" Sie lag in tiefe Gedanken versunken, bis ein Blick auf die Uhr nnd lebhafter Hunger sie enrportriebcn. Schnell schritt sic durch den Park, zurück zum Schlosse. Unschlüssig stand sie vor demselben aus der obersten Terrasse, ans der, non Bäumen beschattet, ein weiß- und rotgestreiftes Zelt aufgestellt war. Tie fand den Weg nicht mehr, als die lose Portff-rc, welche den Eingang verhüllte, zurück geschlagen wurde. Eine .Krankenschwester trat heraus, er blickte Erna und sprach dann etwas zu einer dritten Person, sich dabei halb nmdrehend. Dann ging sic aus das Mädchen zn, verneigte sich leicht und bat sic deutsch, doch der Gräfin guten Morgen zu sagen, da diese den Wunsch hege, ihren Gast zu begrünen. Erna freute sich, daß sie endlich die von allen verehrte Frau tcnnen lernen sollte. Leichtfüßig eilte sic in das Zelt und verneigte sich rief vor der Gräfin, die in einem Rollsessel, von weichen xiffcn gestützt, lehnte. Das schöne, leidende Gesicht der Kranken war der Eintretcndcn mit liebenswürdigem Ausdruck zugewandt. Als sie jedoch das Mädchen erblickte, wurde sic kreideweiß, ries in tiefem Schmerz zweimal leise: „Jutta! — O, meine Jutta!" und schloß die Angcn. Erna blieb erschreckt stehen und blickte auf die vornehme Francngestalt. Eine unbe stimmte Sympathie, ein starkes Zuneigungsgefüh: flackerten in ihr auf. Am liebsten hätte sic sich dieser Frau ,n Füßen gestürzt nnd die zarten, schlanken Hände geküßt, welche nun das weiche Antlitz bedeckten. Gräfin Lantow ließ die Hände sinken. Sie zwang sich zu einem Lächeln, welches ergreifend schmerzlich war. „Kommen Sic her, mein liebes Kind!" sagte sie milde. „Ich begrüße Sie innig in meinem Hanse. Ihr Schreiben bat mir so gefallen, daß ich Sic sogleich lieb gewann! Hoffentlich bleiben Sie lange, recht lange mit der armen Tatiana bei uns!" Erna küßte die gebotene Rechte. Tie Gräfin nm- klammerte ihre Finger. „Alle haben mir von unserer Aehnlichkeit, berichtet, ich war auf sie vorbereitet! Und doch finde ich sie fast über wältigend! Ich hatte eine Tochter, meine süße, kleine Jutta", — Tränen rieselten über ihre Wangen, — „das Kind mutzte jetzt so alt sein wie Sie, und auch Ihnen gleichen — es ist zu sprechend, zu fabelhaft!" Erna blieb stnmm. „Bitte, seyen Sic sich zu mir, mein liebes Fräulein, wir müssen plaudern. Ich war so begierig, Sie kennen zu lernen, nach allem, was meine Schwester mir von Ihnen erzählte. Sie konnte nicht Worte genug finden, Sie zu rühmen. Leider läßt sich schrifttich nicht alles berichten. Das Interessanteste wollte mir Sophia, Tie wissen, dte Druzina, noch mündlich im Herbste sagen. Ich habe ne über ein Jahr nicht in Lantowko gehabt. Vielleicht werden wir beide schon recht bald gute Freunde, und Sie berichten mir selbst ein bißchen aus Ihrem Leben, nicht wahr?" „Wenn mein Leben Sic interessiert, gnädigste Gräsin, so wird cs für mich nichts Schöneres geben, als es Ihnen zn schildern!" entgegnete Erna mit bebenden Lippen. T.ie Lantowu betrachtete sie nnausgesetzt. „Mich inter essieren?" ries sie cinsach. „Ich glaube, — nein, ich weiß, ich habe Sie schon heute lieb!" „Frau l'stcäsin!" Erna neigte sich und küßte wieder die Hand, welche ans der roten Atlasdecke lag. Die Pflegerin hatte das Zelt verlassen. Erna saß allein neben der Leidenden. „Wann haben Sie meine Schwester kennen gelernt, r.nd wer stellte Tie vor, liebes Kino?" erknndigte sich die letztere. „Es war auf einer Soiree bei Madame d Er elöS, gnädigste Gräsin!" antwortete Erna nachdcnlend. „Meine Patin, die Marquise Eharbart, führte mich der Frau Fürstin zn, welche den Wnnsch ausgesprochen, mich kennen zn lernen." „So war es also! — Und sind Sie Hamburgerin von Geburt; was ist Ihr Baier?" Tas junge Mädchen überlegte, ob sic der Wahrh.'it die Ehre geben tollte. Aber sic vermochte cs noch immer nicht, sich als Findling unbekannter Herkunft zu offenbaren. „Mein Vater ist Kaufmann, ich bin aus Hamburg", bejahte sic erblassend. „Und was trieb Sie aus dem Eltcrnhansc, liebes Fräu lein? — Doch nein, ich will Sic nicht quälen. Bitte, ant worten Sie nicht auf diese Frage, mit der ich einen wunden Punkt berührt zn haben scheine. Später, wenn wir unS erst ganz nabe getreten sind! DaS hat ja noch Zeit!" rief die Lantowa nnd fügte rasch hinzu: „Früher war ich oft in Paris. Als ich mit dem Grafen Wingirsky verheiratet war, lebten mir dort einen ganzen Winter. Auch mit meinem jetzigen lieben tzstrttcn war ich oft in dem schönen Seine-Babel. Dann übernahm er aber Lantowko und wurde ein begeisterter Landwirt, der seinen Besitz nur un gern verlieb, um zur Ballsaisvn mich nach Petersburg zu führen. Tann wurde unser Viktor geboren, da verging mir die Lust zum Tanzen. Wir blieben bei unferm Kleinen gemütlich daheim, bis mich die böse Krankheit an dieses schöne Erdenflcckchen fesselte." Tie seufzte, fuhr aber fort: ,Wen haben Sie noch von der französischen Aristokratie tcnnen gelernt?" Erna zählte einige Namen aus und nannte zuletzt den des Marquis Villant. „Biltant ist ein schlechter Mensch gewesen, der mir viel, — viel Leid angetan hat!" flüsterte die Lantowa und schaute^ in Gedanken versunken, zn Boden. Minuten vergingen. Plötzlich erklangen Schritte ans dem festgestampsteil Kies der Terrasse. Lantow und sein Sohn, Tjotsa Lndovita nnd Tatiana kamen, um der Ver ehrten den Morgengrntz zu bringen. Die junge Wosakin stürzte ans die Lantowa zu nnd brach in Schluchzen aus. „Nvnono!" sagte der freundliche Gras beruhigend. „DaS kenn' ich schon! Junge Müdelein haben mit meiner Karla immer Geheimnisse nnszutauschen. Lassen wir die beiden allein. Wir haben Sic beim Frühstück vermißt, bis wir von der Schwester hörten, daß Sie bei der Gräfin wären, Fräulein Bolmann!" „Ich habe um Vergebung zu bitten, Herr Gras", er widerte Erna. „Meine Vorliebe für See und Strand trieb mich hinaus!" „Nitschewo, nitschewo, .Kind, kann mir das vorstellen!" sagte er lachend. „Nicht wahr, schön haben wir cs in Lantowko?" „Wunderbar schön, Herr Graf!" Können Sic reiten? Ja? Das rst schon, dann reiten wir nachher in die Forsten. Sic dehnen sich über fünfzig Werst ans, nnd einen Wtldbestand —" „Dn sprichst und sprichst, Wowa lWladimirl, und ver gibt ganz, daß unser lieber Gast noch nicht gefrühstückt hat. Ich werde erst für Ihr leibliches Wohl sorgen, Fräulein Bolmann", unterbrach die Tsotja lachend, „mein Bruder wird nie fertig, wenn er von den Schönheiten des tl-utes anfängt! Kommen Sie mit mir, ehe er in Fluß kommt, sonst sterben Sic bereits am ersten Tage des Hungertodes!" Ludovika eilte, mit Erna am Arme, in den Speisesaak und plauderte gemütlich von allem Möglichen. Sie legte ihr beim Essen vor und nötigte sie, mehr, als sie konnte und wollte, zn verzehren. Das schöne Geschöpf, das der vergötterten Schwägerin so ähnlich sah, hatte sofort ihr gutes Herz erobert. In schönster Harmonie verstrichen die Tage. Tie beiden jungen Damen wurden von den natürlichen, liebenswürdigen Menschen verwöhnt und mit den zar testen Rücksichten umgeben. Erna lebte ans. Sie schrieb an Ailtok, daß sie sich nicht erinnere, je eine solch ideale Zeit verlebt zu haben. Dann übersandte sie ihm eine Einladung des gräflichen Paares, welches ihn bat, nach Lantowko zu kommen, um den jungen Erben zu modellieren. Der Jubel über diese Botschaft, die Sehn sucht nach seiner Anwesenheit quoll deutlich aus dem In halt ihres Briefes und beglückte den Empfänger unsäglich. 6lanz besonders freute sie sich über Tatiana, die unter dem Einfluß der Gräfin in eine gleichbleibcnde, sanfte Resignation kam und sich innerlich immer mehr sür ihr entsagendes Dasein im Dienste der leidenden Menschheit vorbereitete. Auch für Erna waren eS erbebende Stunden, wenn sie abends in dem schönen Tnrmzimmcr der Gräfin ver weilen durfte. Diese vertrug stets nur eine Person in ihrer Räkie^ so daß die gute Deutsche, welche so gut vorlas, in diesen Dienst bei der Leidenden einrücktc. Meist mußte sie aber das Buch schon nach einer Stunde niederlcgen, den Rollstuhl an das offene Fenster fahren und sich daneben setzen. Hand in Hand verweilten sic dann, innig zufrieden bei einander, manchmal verstummt in die schweigende Sommernacht hinansschanend, meist aber plaudernd. Zu erst drehten ihre Gespräche sich um Tattana, dann aber waren eS Ernas Schicksale, die man behandelte. Wie einer geliebten Mutter offenbarte sic der O-räsin il>! ganzes Leben mit seinem Inhalt an Lieben und Kämpfen. Nur über ilire Herkunft, über ihre Namenlosigkeit ver mochte sie nicht zn sprechen. Eine Frage der Verehrten, auf die sic wartete, hätte sie znm rückhaltlosen Reden ge bracht, aber die Lantowa war viel zu arglos, um auf eine so sernliegeirde Idee zu geraten. Sie schob Ernas da malige Verbitterung im Eiternhause nur aus die begreif liche Eifersucht auf den kleinen Bruder. (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder