Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021126018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-26
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vezug-.Prei- tz» tz« HmlptexpedMou »d« de» tm Stadt- tzmlick »»d de» BmVtt« srrichtrt« R»^ gabessell« »b,,y»lt: vtertrliühttich ^tz 4^ — zweimaliger täglicher Zn stell,,, tu» Haus » 5.K0 Durch die Post bezog« für Deutfchlmtd ». Oesterreich vierteljährlich ü, Wr dt» übrig« Läuder laut ZeitungSprriSltste. Nr-aLtton vnd Erveditio«: -ovarmisgaffr 8. Ferrtfprecher lLS mrd stLL FUtal evpedM»«en r TlftzedHatz». Duchhaudlg., ckMversstütSstr.8, L L-sch«, L°thari»«ftr. 1s» ». rwuigspl. L Hauvl-Filiale Vres-en: Strehleuer Straß» S. Fernsprecher Smt 1 Nr. 171S. Hauvt-Fittale Serliu: Avuiggrätzer Straße 116. Ferusprecher Amt VI Nr. SSVL. Morgen-Ausgabe. Dtlp) Mk TstgtlilM Anzeiger. ÄmtsösatL des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates nnd des Rotizei-Äintes der Stadt Leipzig. Anzeige« .Prei- dit bgejpaltenr Petitzeile LS H. Reklame» mUrr dem Rrdaktionsstrich (4 gejpaltra) 78 vor d« Famtltemmch- rtchtea (Sgefpalt«) KV H. rabellarischer aud Ziffernsatz entsprech«- Häher. — Vedühr« für Nachweisungen und Offertemumahme LS (excl. Porto). Srtra-Beilagen tgrsalzt), u«r mit der Morgm »Ausgabe, ohne PostbefSrderung ^ll SV.—» mit Postdejörderuug ^g 7V.—. ^unahmeschluß fiir Anzeigen: Abend-Nusgabe: Bormittags 10 llhr. Mo eg «»-Ausgabe: Nachmittags L Uhr. Anzeigen find stets « die Expedition zu richt«. Die Expedition ist wochentags nnuaterbrochen geöffnet voa früh S bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Bolz ia Leipzig. dir. 601 Mittwoch den 26. November 1902. S8. Zahrgang. Die Personentarifreform als weiches Ei. -p- Die geharnischte Belehrung, welche die „Nord-. Allg." den Blättern erteilte, die cs gewagt hatten, die Reise des preußischen Etsenbahiiministers Budde nach Tüd- -eutschland und nach Lachsen mit der Personentarifreiorm in Verbindung zu briugen und ferner anzudcuten, daß in -er vom 3. bis 8. Levtember zu Freiburg i. Br. abgehalte nen ordentlichen Versammlung des Vereiris deutscher Eisen-ahnverwaltungcn auch diese Frage nicht unerwähnt geblieben sei, verliert wesentlich an ihrem Ernst, wenn man ihr die Tatsache gcgenübersteüt, daß die Eisenbahn- oerwaltmvgen selbst von der Unhaltbarkeit des heutigen Tarif» und Fayrkartenwcsens überzeugt sind und daß nie mand lebhafter als sie selbst den Zeitpunkt der Aufräumung mit einem Kunterbunt von Vorschriften und Fahrkartcn- auSweisen, in dem kein Mensch sich mehr recht auölcnnt und zurechtfindet, herbciwünschen. Daß die ordentliche Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenbahn verwaltungen nicht zuständig ist, über Vcrkchrsfragcn, die nur das deutsche Eiscnbahngcbtet berühren, zu beraten, ist dem Wesen und den Satzungen dieses Vereins nach richtig und erklärt sich daraus, daß von den mehr als siebzig ihm angehörenden Verwaltungen ziemlich die Hälfte fremde Verwaltungen, nämlich österreichisch-ungarische, nieder ländische, luxemburgische, belgische, rumänische und russisch polnische, sind. Mit Fragen, wie die Personentarifresorm in Deutschland würde sich die aus 14 deutschen Eisenbahn verwaltungen bestehende „Ständige Tarifkom mission", die dreimal im Jahre zusammentritt, dann zu befassen haben, wenn sämtliche beteiligten Verwal tungen dazu ihre Zustimmung erteilten. Sonst hat die Stanbige Tarifkommission in Angelegenheiten des Per sonenverkehrs nur über allgemeine Tarifvorschriften, nicht aber über organisatorische Maßnahmen und Tarif neubildungen grundgestaltender Art, die in die Finanz wirtschaft eines Bundesstaates cingreifcn, zu beraten. Wenn also gelegentlich der Freiburger Versammlung -:e Vertreter der dem,men Eijcnbahnvcrwaltungen, die sehr wahrscheinlich in der Ständigen Tarifkommission oder in -er G e n c r a l k o n fe r e n z, welche über die An träge dieser Tarifkonnnission zu beschließen hat, auch ein Wörtchen mitzuredcn haben, Fühlung zu einander in der Richtung genommen hätten, wie ihre Verwaltungen sich wohl verhalten würden, wenn die brennende Persvnen- tarifreformfrage vor die Ständige Tarifkommission ge bracht, mit anderen Worten, zu einer allgemeinen deut schen, nach einheitlichen Grundsätzen zu lösenden Frage gemacht würde: so wüßte man nicht, was nach all dem in dieser Beziehung Vorausgegangenen natürlicher wäre, als ein solcher Berstän-igurvgsversuch. Und wenn im Verfolge dieser, unter dem Drucke der im Fahrkartenwescn, beson ders seit Einführung der Bahnsteigsperre, cingerisscnen Durchstechereien und anderer Uebelstände gesteigerten Be mühungen um Anbahmrng eines einheitlichen Tarif- und FahrkartensystcmS schließlich der preußische Eisenbahn minister bet seiner vielbesprochenen Geschäftsreise in dieser Angelegenheit vermittelnd eingriffe, so entspräche das eben sosehr der Wichtigkeit der Sache selbst, wie dem charakte ristischen aggressiven Vorgehen des Ministers auf dem Felde seiner neuen Tätigkeit. Jedenfalls bildet die Neu gestaltung der Personentarife in gegenwärtiger Zeit den wichtigsten Reformgegcnstand auf dem Gebiete des deut schen Verkehrswesens. Tas Interesse daran ist auf Seiten der Eisenbahnverwaltungen bezw. der Staatsregicrungen zoie auf Seiten der breiten Oesfentlichkcit gleich groß, und zwar nicht bloß vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte, sondern nicht weniger wegen der vielen Erschwernisse, Un bequemlichkeiten und Umständlichkeiten, die dem heutigen System anhaften und unter dem die Eisenbahnvcrwal- tungen nicht weniger zu leiden haben, als das reisende Publikum. Mögen sich nuu die von vielen Seiten ausgesprochenen Vermutungen über den Zweck der Ministerrcise bestätigen oder nicht, das Eine ist sicher: Im Volke hat der Wunsch und daS Bedürfnis nach einer gründlichen Vereinfachung des Perfonentarifwcsens und »ach Erleichterungen in der Lbfertigungsweise zu tiefe Wurzeln geschlagen, als daß es den Gedanken wieder fallen ließe, die Reform sei notwen dig und müsse kommen. Es ist also ein ganz natürlicher Zustand und es braucht sich eigentlich darob niemand auf- znregen, wenn ein berechtigter Wunsch sich allgemein in -er Erwartung ausgcdrückt hat, die Reformarbcit möchte durch den preußischen Eisenbahnministcr, der die Anfänge dazu von seinem RmtSvorgänger im Erbe übernvnnnen hat, gelegentlich seiner Rundreise eine neue und nachhaltige Belebung erfahren und er möge die Hoffnungen wahr machen, die alle Welt auf ihn bei seinem Amtsantritte ge setzt hat. Wie die deutschen Kreise Shanghais die Zurückziehung der Truppen aultassen. AuS Shanghai, 20. Oktober, «chreibt man uns: Die Nachricht, daß die fremden Truppenkontingente von hie'' zurückgezogen werden sollen, hat nngehcuer über rascht. Abgesehen von einigen wenigen Firmen, die glauben, bessere Waffen- und ähnliche Geschäfte machen zu können, wenn die Truppen von Shanghai fortgczogcn werden, wird der Entschluß hier allgemein bedauert. Nutzen bringt er nur England. Keine Macht war im Zangtsetal so schlecht vertreten, wie eben sie, und die Engländer merkten seit Jahr und Tag, daß sie den deutschen und französischen Truppen gegenüber an Prestige verloren. Deshalb hieß cs, den Rückzug aller Kontingente betreiben. AlS man die Truppen rief, hatte man andere Hoffnungen im englischen Lager gehegt. Es war im Sommer 1000. Der Stadtrut der internationalen Niederlassung bat damals Admiral Seymour um ein Gutachten, eventuell um einen Vertcidigungsplan. Der Admiral erstattete weder ein Gutachten, noch arbeitete er einen VerteidigungSplan aus, sondern übernahm das Kommando über alle Streitkräfte zu Wasser und zu Lande in Shanghai und auf dem unteren ?)augtsc. Dann wurde ein Plan ausgcbrütet, wie mau das englische Ansehen in Shanghai stärken und England zur Vormacht im ?)angtsctal machen könnte. Der Helfershelfer Scymorrrs war der damalige stell vertretende englische Generalkonsul Bvurne. Diese beiden scyten sich mit London in Verbindung, und eines TagcS hieß cs, England werde zum Schutze Shanghais Truppen landen. Niemand war erstaunter als der Stadtrat und niemand mehr aufgebracht als dieser. Wohl verstanden, im Ttadtrat sitzen sieben Engländer, ein Deutscher und ein Amerikaner. Aber die Herren konnten nichts machen, und nachdem ihnen noch dis politischen Vorteile der Landung von Truppen klar gemacht waren, schwiegen sie. Seymour und Vournc hatten aber die Rechnung ohne den Wirr gemacht. Frankreich ließ sofort zum Schutze der französischen Niederlassung französische Truppen landen und in richtiger Erkenntnis der Sachlage folgte Deutschland auf Antrag des Generalkonsuls I)r. Knappe dem Beispiele der beiden anderen Mächte. Auch Japan blieb dann nicht zurück. Das darf man nicht vergessen, um zu verstehen, wes halb gerade Großbritannien so großen Wert auf die Ab berufung der sämtlichen Truppet» aus Shangbai legte. Von dem Augenblick an, wo es nicht die führende Stellung hatte, war cs sein wohlverstandenes Interesse, daß alle Truppen fortgingen. Wie schon oben angedeutct wurde, findet dies die Billigultg der anderen Fremden nicht. Aber auch ein großer Teil der Engländer in Shanghai hält es unter den heutigen Verhältnissen für verfehlt. Einer der ein flußreichsten Engländer Shanghais sagte noch dieser Tage -um Schreiber dieser Zeilen: „Für ihre Ab berufung lag um so weniger Anlaß vor, als die Truppen niemandem im Wege waren." Wie die deutsche Kaufmannschaft Shang hais denkt, erhellt ans folgendem Schreiben des Vor standes der Deutschen Vereinigung von Shanghai, in dem von acht Mitgliedern sieben Großtänslcute sind, au -en Kaiserlichen Generalkonsul: „Ew. Hochwohlgeboren bin ich vom Ausschuß der Deutschen Vereinigung von Shanghai beauftragt, dad Folgende zu unterbreiten, Sa es Ihnen vielleicht von Wert ist, die Stimmung zu kennen, die in einer Shanghai berührenden Frage in deutschen Kreisen herrscht. Die Nachricht, daß die fremden Besatzungstruppen Shanghais innerhalb ganz kurzer Zeit von Shanghai fortgczogcn werden sollen, hat in allen Kreisen der Bc- völkcrnng großes Erstaunen hervorgeruien. Es ist ins besondere die Ansicht der weitaus größten Mehrzahl -er deutschen Großkausmannschast Shanghais, daß ein An laß zu einer solchen Maßregel aus den tatsächlichen Verhältnissen iur unteren Aangtsetal nicht abzuleitcn und sie jedenfalls der weiteren Entwickelung des deutschen Handels nichi förderlich i st. Die Ereignisse der letzten Jahre haben unseres Er achtens gezeigt, -aß nicht unter allen Umständen die Flotten der Mächte im stände sind, Shanghai aus giebigen Schutz zu bieten und schon dadurch die Not wendigkeit der Unterhaltung einer zuverlässigen Schutztruppe in Shanghai selbst erwiesen ist. Auch ist es jedenfalls von nicht zu unterschätzender Bedeutung, daß in Kreisen der chinesischen Kaufmannschaft Shang hais ebenfalls die Zurückziehung der fremden Truppen in diesem Augenblick bedauert wird. Wie schnell Er eignisse eiutretcn können, die an Stelle der bisherigen Rühe wirder das Gefühl der Unsicherheit treten lassen könnten, zeigt eine gewisse Aufregung der Ehinescn aus Anlaß des unerwarteten Todes Liu-Kun-uis. Jedenfalls aber ist cS die Auffassung der Mehrheit, auch der deutschen Kaufmannschaft, daß der Augenblick der Zurückziehung der fremden Truppen aus Shanghai angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht glücklich ge wählt erscheint." Es müssen also wohl andere politische Gründe gewesen sein, die die deutsche Regierung znr Aufgabe der Garnison Shanghai bestimmt haben. Air können nur der Hoffnung Ausdruck verleiben, -aß sich die stier gehegten Befürcht ungen nicht bestätigen werde». <Am 22. November Hal bekanntlich die Räumung Shanghais mir der Zurück ziehung der japanischen Truppen begonnen. D. Red.) Deutsches Neich. (-) Leipzig, 25 November. Ein Berliner Telegramm be sagt: Der „Reich«anz." meldet: Dem ReichSgerichtsrate Miltoer in Leipzig ist seinem Lnsoche» e»tspreck«d die Entlassung aus dem RcichSdienste zum 1. Dezember erteilt worden. — DaS ist die amtliche Bestätigung der be- rcsiS erfolgten oder bevorstehenden Ernennung des Herrn Millner zum bayerischen Justizm inister. -k- Berlin, 25. November. (Der „echte Ring" deS Liberalismus.) „Der eckte Ring vermutlich ging verloren" seg' der ge>eckteRichlrr in Lessings „Natban dem Weisen". DaS ualioua »soziale Wochenblatt ist weniger bescheiden; nack ihm >st der ecdle Ning deö Liberalismus nicht „vermutlich", sondern ganz bestimmt verloren gegangen, denn es schreibt: „Wenn sich die Liberalen in den emzelnen Wahlkreisen nicht daraus besinnen, daß weder der Liberalismus BassermannS, noch der Eugen Richters und seiner Leute echt ist, wenn sie nicht, wo es nottut, mit dem Stimmzettel in der Hand ihren Liberalismus revidieren, dann wird >m nächsten Sommer seine Stunde endgültig geschlagen haben. Wir Nationaliozialen tun, was wir können, um ihn zu retten. Wir treten nirgends störend aus, wo noch wirklicher Liberalismus lebt." Die „Fre sinnige Zeitung" findet für diesen Erguß die Ueberschris« „Nutionaljoziales Größenbewußisein"; an die Stelle des Wortes Größen bewußt sein könnte man wokl ein anderes, m nder höfliches, aber ebenso zutreffendes setzen. Die Nationa!» wzialcn wollen den Liberalismus „retten". Doch wohl nur indem sie eigene Kandidaten ausstcllen; denn nur sie besitzen ja nach ihrer Auffassung den „wirklichen Liberalismus". Nun, man braucht kein großer Prophet zu sein, um voraus- zusagen, daß die Nationalsozialen auf alle ihre Kandi daturen noch keine hunderttausend Stimmen vereinigen w'rden. DaS ist weniger, als irgend eine von den eine Fraktion im Reichstage bildenden Parteien bei den letzten Wahlen erkalten hat. W'nn also nur die Natwnalsozialen den „wirklichen" Liberal siuus vertreten, so winde dieser hinter den Polen, Antisemiten und anderen kleinen Parteien rangieren. Nur im Sinne dieses nationat- sozialen GrößengesüblS darf man auch die Äußerung, daß die Nationaliozialen nirgends störend aufträlen, wo noch wirklicher Liberalismus lebe, als nickt direkt erlogen betrachten. Denn wo der nach unserem altmodischen Sinne vorhandene Liberali. muS noch besteh«, da treten die Nationaliozialen mit Vorliebe störend auf. BesspielSweiie machen sie durch dre Absicht einer eigenen Kandidatur in Karlsruhe die Hoffnung, diesen Wahlkreis wieder der Sozialdemokratie abzunehmen, nahezu zunichte. So viel wir wissen, beabsichtigen sie auch, in dem l5. sächsischen Wahlkreise telbständig aufzutreten. DieserWabl- kreiS konnte nur durch das getcklossei e Eintreten aller Parteien für den liberalen Kandidaten Uulemann den Sozialdemokraten, L,e ihn seit dem Jahre »890 — und auch früher schon wieder holt — in ihrem Besitze hatten, entreißen. Tie Aussichten der Sozialdemot alie sind diesmal um so günstiger, als der sehr begabte und redegewandte Paul Göbre rhr Kandidat sein soll. Eine Zersplitterung der bürgerlichen Stimmen wäre gleich bedeutend mit GöhreS Sieg. Ebenso werden durch die nauonalsozialc Kandidatur ru Jena die Aussichten der Sozial demokratie gebessert, diejenigen des gemäßigten Liberalismus verschlechtert. Im Wahlkreise Oldenburg bat sich der den letzten allgemeinen Wahlen der Kamps zwischen der nationalliberaien Partei und der freisinnigen Volks partei abgespielt, während die Sosialbemokratir gänz lich ausfiel. Eine weitere Zersplitterung der liberalen Stimmen durch einen nationaliozialen Kandidaten macht eS wahrscheinlich, daß diesmal die Sozialdemokratie mindestens in die Stichwahl gelangt. Die „Rettung" deS Liberalismus durch die nalionalsoziaie Partei wird also aller Voraussicht nach darin bestehen, daß einige liberale >L»tze an die Sozial demokratie verloren geben, der GesamtliberaiiSmuS mithin geschwächt wird. Für solche „Retter" kann sich der Libera lismus, welcher Schattierung er auch angehöre» mag, bestens bedanken Dabei vermögen wir kaum zu glauben, daß di- Herren Naumann, v. Gcrlack usrv., deren „wirklicher Liberalismus" zum Teil noch sehr jungen Datums ist, m die Lage kommen werden, die Heilswahrberten breseS wirklichen Liberalismus von der Tribun: deö Reichstags herab dem deutschen Bolle zu verkünde». Berlin, '25. November. (Allgemeines Wahlrecht und Welfe ntum.) Da eS zweifellos ist, daß der braun schweigische Landtag die neue Vorlage, betreffend die authcu- lltcke Interpretation des RegcntscbaslSgeseyes, annehme» wird, bemübt sich das braunschweigische Welfentum im voraus, den Eindruck einer solchen Stellungnahme der braun schweigischen LandcSvertreiung abzuschwächcn. Dieser Aufgabe hat sich m einer welsischen Protestveriammlunz gegen den neuen Gesetzentwurf em welfiscker Agitator durch die Bc» bauptung unterzogen: der jetzige Landtag sei nicht die richtige Vertretung deS braunsLweigisckcn Volkes, denn eine LandeS- vertretun.i, in der die wahre Stimme deS Volkes zum Ausdruck komme, lönnr nur ausGlUnv des allgemeine», gleichen, geheimen und direkte» WabkrechlS gewählt werden-, es fei die höchste Zeit, mit dem bestehenden Wahlrechte auj- zuräunien. Mit solchen Argumenten bekämpft seit langem die Sozialdemokratie alle nicht auf Giund deS allgemeinen und gleichen Wahlrechts gewählten Volksvertretungen. AuS »elfischem Munde das Gleiche zu bören, ist deswegen beachtens wert, weil eö der von den welsischen Parteigängern so hoch- gehalrrnen welsischen Tradition inS Gesicht schlägt. Wie weit daS hannoversche Welfentum von dem Betenntni» zum allgemeinen Wahlrecht« entfernt war.lebrt dieTatsache, daß König Ernst August die bescheiden - konstitutionelle Ver fassung von 1833 umstürzie und daß Georg V. ebenfalls reaktionäre Verfassungsänderungen oetroyierte. WaS aber die braunsckweiaischen Welsen anbelangt, so kann auch ihnen nicht die leiseste Zuneigung zum allgemeinen Wahlrechte nachgesagt werden. Herzog Earl hat bekanntlich sogar die von dem Obervormund unv LandeSregeirtea Georg IV. publizierte LanvschastSordnung vom 2. September 1823 nicht aner kennen wolleo und dadurch den BundtSbesckluß vom 4. No vember »830 hervorgerufen, der die R chtSgültigkeit drr Laod- schastsordnuirg au-fprach. Als unter Earls Nachfolger, uaier Herzog Wilhelm, das braunschweigische Grundgesetz ad- geändert wurde, hat man an das allgemeine Wahlrecht selbst zu ;enerZ:it nicht gedacht, wo di«Tagung der Frankfurter National versammlung noch frisch in aller Hedächm« war. vielmehr weist das vom 22. November 185k datierte Gesetz über die braunschweigische LandeSversammlung den größten Gegensatz zum allgemeinen Wahlrechte auf, weil eS die 46 Abgeordneten gesondert durch die Stadtgemeinden, die Landgemeinden, die Höchstbesteuerten, die evangelische Geistlichkeit wädlen läßt« DaS Wahlgesetz vom 23. November 185» aber oidnet die öffentliche Wahl durch Erklärung zu Protokoll an. Tritt jetzt daö braunschweigische Weljentum in vollkommenen Gegen sätze zu dem Verhalten der welsischen Fürsten des »9. Jabr- bundertS für daS allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht ein, so geschieht daS sicherlich nur in der Absicht, damit sozialdemokratische Stimmen zu fangen. * Berlin, 25. November. Bon der Straßburger theologischen Fakultät erzählt die „Germania" heute, es handle sich jetzt hauptsächlich noch um die Er ledigung dreier wichtiger Punkte: Zunächst müssen die Staturen der Fakultät gemäß den durch Vermittelung -es Herrn Frbrn. v. Hcrrling mir dem apostolischen Stuhle genossenen Vereinbarungen fcsrgcstevl werden. Wenn in elsässischen und reichsdeursche» Blättern von einem Vorschlags und Absctzungsrechi der Thcologicprofessorcn durch den jeweiligen Bischof von Straß burg die Rede ist, so dürfte diese Nachricht, welche die liberale Presse rn Nord und Süd bereits in hochgradige Aufregung ver- i'ctzr hat, kaum zurrcffcn. Die Ergebnisse der Verhand lungen mit Rom über diese» Punkt lind bisher nirgends authentisch bekannt gegeben. Tic Katholiken dürfen sich aber mir dem Gedanken beruhige», -aß der h. Vater den festens der Regierung in dieser Hinsicht vorgeschlagenen Modus aceeptiert hat, so daß der kirchliche Stand punkt vollauf getvährleistet erscheint. (!!) Eine zweite Aufgabe bei den Vorbereitungen zur Er richtung -er Fakultär bildet die Aufstellung des Schemas für die zu errichtende» Professuren u»rd die Aus wahl der für die einzelnen Stellen notwendigen wissenschaft lichen Kräfte. Es werde» zum mindeste» sechs bis sieben ordentliche und dazu vielleicht noch einige außerordentliche Professuren iu Aussicht zu nehmen fein. Von den bisherigen Lehrern im bischöflichen Priesterscminar dürften die g c c i gn c t st e n u nz w c i f c l h a f l in den LehlkSrper der Fakultät ü b e r ir o ni in c n werden. Das gebietet die ein fachste Erwägung der im Elsaß vorherrschenden Stimmung. Nur auf solche Weise wird auch der der deutschen Re gierung besonders vorschwcbcnde Zweck der Fakultät leicht und glcur erreicht werde». Als letzter Punkt bleibt dann noch die Vorbereitung der Vorlagen für den elsaß-lothringischen LandeShauöhalt. Man spricht von 80 000 welche die Fakultät erfordern würde. In dieser Summe sind ohne Zweifel außer den Gehältern auch noch die Kosten der Errichtung von Seminaren und An schaffung von Büchern für die B i b l i o r h c k mit einbe griffen. I» unterrichteten Kreisen nimmr man an, daß die im vorstehenden kurz skizzierten umfassenden Vorarbeiten sich bis zum 1. April nächsten Fabres kaum erledigen lallen und die Eröffnung der neuen Fakultät wohl erst im Herbst 1903 zu er warten ist. Soweit die (offenbar Hertlittgoffiziösent Mitteilungen der „Germania". Auch so klingt die Meldung bereits be fremdlich genug: auch so bliccke mehr der kirchliche als der staatliche Standpunkt gewahrt. In noch ganz ander«» Lichte aber müßte dieser „Sieg -er Berliner Regiaruwg" erscheinen, wenn sich bewahrheitete, was Rampollas „Osservatore Eattolico" berichtet. Der erklärt nämlich, wie man der hiesigen .^Volksztg." schreibt, im stolzen Froh gefühl der errungenen Erfolges: Die Wahrheit ist, daß die Berliner Regierung, um ihre» Zweck zu erreichen, sich bereit erklärte zum wichtigsten Zugeständnis an den heiligen Sruhl eoneesistonk: u!!a i,sMa Lecke"), indem sie dem Bischof von Straßburg das absolute Vetorecht über die Er nennung der Professoren ein räumt, welche der Tiaat anstcllr und bezahlt. Das ist zwar keilt „Abseyungsrccht" und auch kein „VorschlagSrccht"; aber es ist fast mehr als -aS: eS ist die absolute Abhängigkeit der mühselig errungenen Fakultät vom jeweiligen Straßburger Bischof. Und darum oll' die jahrelange Qual! (-) Berlin, 25. November. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Die englische Weckenzrituiig „Truth" bat behauptet, baß bas ursprüngliche Programm für den Aufenthalt des Kaisers in England im Zusammenhang mir polizeilichen Besorguisse» cibedlich abgeänbert worden sei. Diele Behauptung entbehrt jeder Begründung. Au dem vorder festgesetzten BesuckSprogramm wurde später nicht daS Geringste geändert. S Berlin, 25. November. (Telegramm/» Ter „Reickk- aiizciger" meidet bestätigend: Teru Vorsitzenden Les Vorstandes der Läanlung-Eljenbahuqeiellickast, Wirkt. Geheimen Rot Fischer- Berlin, sind die Brillanten zam Roten Adler-Orden k. Klasse mit Eichenlaub verliehen worden. v. Berlin, 25. November. (Privattelegramm.) Di: „Nat.-Ztg." melket: Beim Vegmn der heutigen ReichStagS- siyunz verlautet, daß daS Zentrum sich in einer vormittags abgebaltenea FraktionSsiyuiig geeinigt und die Forderungen betreffs der Biehzölle fallen gelassen habe; die lil-nservatmen teien noch uneinig. — An der heute abend bei dem Reichs kanzler statifilidenben neuen Konferenz wnd als Ver treter der Nauoualliberaleu außer den Abgg. Bassermann und Paasche auch der Adg. Sattler teil nehmen. C.II. Brrltu, 25. November. (Privattelegramm.) Wahrend bisber Deutschland nur eineo Mariorattachtz in Waslftngt»» batte und sooft nur gelegentlich Offiziere deS Heere« zur Botschaft kommandierte, ist jetzt m Major »»« lStzel vom großen Grnrralstabe der erste de ätsche Militärattach« io Washington ernannt. — Für Len Berliner Bürgermeisterposten Hst wie der „Saale-Ztz." berichtet wirb, m eiuer Vorbesprechung die Medrzabl der Stadtverordnetcu den ehemaligen K»»,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite