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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021129016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-29
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Die Expedition tlt Wochentag» mnmtrrbrochen geöffnet von früh S bi» abeud» 7 Uhr Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Moraen-Au»gabe, ohne PostbefSrdenwg SO.—, mit Postbefürderuug ^l 70.—. Vnzeigen'Prer- die 6 gespaltene Petttzeile LS Netlamo» uuter dm» Nodoktton»str,ch (»gespalten) 7b vor de» FamUteunach- richtea (6 g,spalte») iw Labellartscher »ud Htfferusatz «utsprochend höher. — Vebühreu für Nachweisung«» «ob Offertenaauahmr Üb H (excl. Porto). Stu 697. Sonnabend den 29. November 1902. 98. Jahrgang. Reudnitz Herr ii. LiiKmani», Marschallstraße 1, - Herr 0. 8eltnilttt, Kohlgartenstraße 67, - Herr Leruli. iVebvr, Gabelsbergerstraße II, Schleunig Herr 6. OrütLmann, Könneritzstraße 56, Ttünz s Herr 0. Oekler in Anger-Crottendorf, Bernhardstr. 29, part., Thonberg Herr L. lltüntsvlr, Reitzenhainer Straße 58, Rolkmarsdorx l Herr kaul Luvk, Eisenbahnstraßc I, ooi marsoorf oeorZ Aiewaun. Conradstr. 55 (Ecke Elijabethstr.), Naunhof Herr Loinaä LetL8eIie, Buchhändler. Für kann das Leipziger Tageblatt durch alle Poftanftalten des Deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 2 bezogen werden. In Leipzig abonniert man sür 1 50 mit Bringerlohn 1 85 und nehmen Bestellungen entgegen sämtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Universttätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrafre 35 Herr 6. I ticdr. Kolonialwarcnhandlung, Beethovenstraße 21 Herr ^lleoä. Leier, Kolonialwarcnhandlung, Brühl 53 0. b. 8ettudert'8 XrielilolAer, Kolonialwarenhandlung, Löhrstraße 15 Herr Liluarü Letter, Kolonialwarcnhandlung, Nürnberger Straße 45 Herr L. L. Alkreeltt, Kolonialwarcnhandlung. Ranstsche (Sasse O Herr Lriedr. in Anger-Crottendorf Herr 8. Lrleäel, Cigarrenhdlg., Zwcinaundorscr Straße 6, - Connewitz Frau Llrnlier, Hermannstraßc 23, - Eutritzsch Herr Lodert ALner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 25, - Gohlis Herr Lodert Altuer, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 6. - Kleinzschocher Herr 6. 6rütLwaun, Zschochcrsche Straße 7a in L.-Plagwitz, - Lindenau Udert Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenau, Neuschönefeld ) ^^rr Lau! Lnek, Anuoneen-Lxi)., Eisenbahnstraße I, - Plagwitz Herr 6. Orütlemnnn, Zschochcrsche Straße 7 a, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnxeLnann, Kolonialwarenhandlung, Schützenstraße 5 Herr dnl. 8edüiuieden, Kolonialwarcnhandlung, Westplak 32 Herr Lorltrr Lel88N«r, Cigarrenbandlung, Äortftraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. >V. LietL, Kolonialwarenhandlung, Heitzer Straße 35 Herr V. LÜ8ier, Cigarrenhandlung, Li86ker, Kolonialwarcnhandlung, in ' s Die ZoUfrage. /?. Je klarer in den letzten Wochen sich herausgestellt hat, daß die Sozialdemokratie unter blutiger Verhöhnung des demokratischen und parlamentarischen Mchrhcitsprinzips entschlossen ist, gegen die Durchberatung des Zolltarifs das Mittel der Obstruktion anznmcnden, um so notwendiger ist es geworden, einen Ausweg -n suchen, aus dem sowohl die wirtschaftlichen Interessen des Reiches, wie die parla mentarischen Interessen des Konstitutionalismus zu ihrem Rechte gelangen. Vor einiger Zeit schon war davon die Rede, daß nach der Erledigung des Tarifgcsctzes der Re gierung durch eine Resolution eine allgemeine Voll macht erteilt werden sollte auf der Grundlage der Kvm- missiottübeschliissc über Handelsverträge zu verhandeln: auf diese Weise sollte die Durchberatung des Tariscs selbst unterbleiben. Tas hier skizzierte Verfahren litt aber an einem doppelten Mangel. Auf der einen Seite war vorausznschcn, daß der Verzicht auf die Durch beratung des Tarifs von der Sozialdemokratie als ein Triumph ausgegcbcn worden wäre, mit dem man sich bei den bevorstehenden Ncichstagswahlcn weidlich gebrüstet hätte. Aus der andern Seite wären die deutschen Unter händler über neue Handelsverträge dem Auslände gegen über in eine ungünstige Lage gekommen. Denn die Tarif positionen, die sie bei ihren Verhandlungen zu Grunde legen sollten, waren im Plenum der deutschen Volksver tretung unerledigt geblieben, cs fehlte mithin den deutschen Unterhändlern bei den Verhandlungen jenes Mast von Autorität, das Beschlüsse des Plenums der deutschen Volks Vertretung zu verleihen vermögen. Unter solchen Um ständen wäre es den deutschen Unterhändlern vvn vorn herein erschwert worden, Zvllfordernngen, die über die Sätze des Zolltarifs von 1879 hinausgehen — soweit sic durch das Tarifgesctz von 1902 nicht geändert sind —, zur Geltung zu bringen. Wenn die Annahme eines vvn der Regierung ausgcarbcitctcn Tarifcntwnrfes durch das Plenum der Volksvertretung in der erörterten Rich tung nicht von der größten Bedeutung wäre, würden sich auswärtige Staaten sicherlich nicht um die Durch beratung neuer Tarife in ihren Volksvertretungen be müht haben. Noch vor wenigen Tagen hat der ungarische Ministerpräsident v. Szell im ungarischen Abgcord- netenhausc nachdrücklich betont, daß er überzeugt sei, die Verhandlungen über neue Handelsverträge auf der Grundlage des neuen österreichisch-ungarischen Tariscs als eines vvn den Parlamenten erledigten Gesetzes führen zu könne». Der lebhafte Beifall, mit dem das ungarische Abgeordnetenhaus den Ausdruck dieser Zuversicht be grüßte, beweist, welches richtige Verständnis in Pest für die Zolltarifvorlage in ihrer Gesamtheit besteht. Im Hinblick auf die erörterten Ge sichtspunkte muß der von den Mehrheits parteien dcö Reichstages jetzt gewählte Ausweg begrübt werden. Denn er stellt die neuen deutschen Tarispositionen auf eine ge setzliche Grundlage, indem er unter Angabe bestimmter Ausnahmen vorschreibt, daß die Zölle nach Maßgabe der dem Reichstage am 6. Oktober 1902 vorgelcgten end gültigen Beschlüsse der Kommission über den Zolltarif er hoben werden sollen. Gelangen hierdurch einesteils die deutschen Unterhändler über die neuen Handelsverträge dem AuSlandc gegenüber in dieselbe günstige Stellung, welche das Ausland, soweit cs neue Tarife auf Grund von Parlamentobcschlüssen besitzt, bereits entnimmt oder demnächst cinnchmcn wird, so sieht sich andernteils die deutsche Sozialdemokratie angesichts dieser etwas abgc- schwächten en dloo - Annahme des Gesamttarifcs der Mög lichkeit beraubt, die in Aussicht genommene, bisher schon im grüßten Maßstabe geübte Obstruktion durchzuführcu. Jeder Freund des KonstitutionaliSmus und jeder An hänger einer Verstärkung der zvllpolitischcn Rüstung des j Reiches muß sich mit diesem Ergebnis zufrieden geben.; Allerdings stehl das Vorgehen der Mchrhcitspartcien bis-' her ohne Beispiel da. Aber seine formelle Zulässigkeiti ist nicht zu bestreiten. Die Majorität ist gerechtfertigt durch die Zwangslage, in die sie durch die Obstruktions taktik -er Sozialdemokraten versetzt ist. Es ist die not gedrungene Antwort auf die Bcbclschc Ankündigung von 700 namentlichen Abstimmungen. Im übrigen ist alle Welt überzeugt, daß der Tarif, sachlich genommen, reiflich dnrchberateu und reif zur Entscheidung ist. Abseits vvn den Mchrhcitsparteicu werden freilich die extrem agrarischen Anhänger des Bundes der Landwirte stehen bleiben, denen weder die Erhöhung des Zolls für Braugerste auf 4 .L, noch die Herabsetzung der Zölle auf eine lange Reihe landwirtschaftlicher Gebrauchsartikel ge nügt. Darauf ist man von jeher gefaßt gewesen. Wenn aber die bündlcrischc „D cntschc Ta g cszt g.", schein bar in hoher Besorgnis, auf die „R e ch n n n g" hinwcist, Vic das Zentru m für seine Zustimmung zu dem Kom promiß präsentieren werde, so darf man hierüber mit Recht erstaunen. Lind cs doch gerade die extremen Agrarier, deren Verhalten im Reichstag, Landtag und Presse schlechterdings nicht darnach angetan ist, jene Be sorgnis vor Zcntrumsrcchnungcn sonderlich ernst zu nehmen. Was unter derartigen Rechnungen gemeint ist, weiß man doch: man denkt dabei an klerikale LicblingS- wünschc auf anderen als wirtschaftlichen Gebieten. Fürchtet sich aber die „Deutsche Tagcsztg." wirk lich, z. B. vor klerikalen Ansprüchen in der Richtung auf die icx-Hcinze? In dieser Beziehung haben Zentrum und „Deutsche Tagcsztg." einander wahrlich nahe genug ge standen! Oder fürchtet die „Deutsche Tagcsztg." klerikale Schulfordcrungcn im preußischen Abgeordnetenhaus«:'? Auch in dieser Hinsicht führen die Wege dcö Zentrums und -er „Deutschen Tagcsztg." zusammen! Oder fürchtet die „Deutsche Tagcsztg." klerikale Ausprüche in Bezug auf die Polenpolitik ? Wer an die bündlcrischc Auffassung der Landarbcitcrfragc in der Ostmark denkt, wird solche Furcht nicht tragisch nehmen! Kurz — an den Ernst der von der „Deutschen Tagcsztg." zur Schau getragenen Be sorgnis braucht mau so lange nicht zu glauben, wie nicht in Zukunft auf der bündlcrischcn Seite ein gründlicher Wechsel der Anschauungen und des praktischen Verhaltens cintritt. Deutsches Reich. -i- Berlin, 28. November. (Bismarcks Eintritt in den christlich-germanischen Kreis.) Im neuesten Hefte der „Historischen Zeitschrift" veröffentlicht Friedrich Meinecke «ine umfangreiche Untersuchung über Bismarcks Eintritt in den chrtstlich-germanischen Kreis, dessen Mittel punkt bekanntlich Herr von Thadden-Trieglaff gewesen ist. Von jenem Eintritt urteilt Meineckt, daß er für die innerste und persönlichste Entwickelung BiSmarcks am ent scheidendsten geworden sei. Drei wertvolle, das innere und da- äußereLeben bestimmende Guter hat BiSmarck in dem Kreise der Tbadven und Blanckenburg gesund»»: den festen Halt deS Glaubens, die Lebensgefährtin, die für ibn so unendlich viel bedeutete, und die politische KampfeS- genossenschaft, in deren Reihen er zuerst emporkam. Diese drei Güler hängen so eug in sich zusammen, daß man auf den ersten Blick zweifeln muß, ob er daö eine oder LaS andere gewinnen konnte. Johanna von Puttkamer hätte ihn ja, wie sie ihm hinterher sagte, korbbeladen abziehen lassen, wenn Gott nicht sich seiner erbarmt und ihn wenigstens durch das Schlüsselloch seiner Gnadentür hätte ieben lassen. Anderseits ist das neue christliche Leben in ibnt so eng verknüpft mit der neuen Liebe, daß Max Lenz die nach Meineckes Meinung jedenfalls sehr diskutable Ansicht auSsprcchen durfte, die Liebe sei eigentlich die stärkste Wurzel zur neuen Lebensauffassung gewesen. Mit Lieser und mit den neuen Freunden welche sie verraten, war dann schließlich auch, als der Ruf zum Vereinigten Landtage an Bismarck furz darauf erging, seine politische Stellung gegeben. Von den Voraussetzungen aber, unter denen Bismarck in den christlich - germanischen Kreis eintrat, hat die Politik wahrscheinlich — zu dem Er gebnis gelangt Meinccke — nur eine verhältnismäßig bescheidene Rolle gespielt. Nicht in erster Linie daS Staatsrdcal, sondern daS LebcnS- und GotteS-Ideal dieses Kreises hat ihn angezogen, Glaube, Liebe und LebcnSvrang haben ibn hineingejührt. Mit festen und gewissen Tritten trat Bismarck in den neuen, Friede und Glück ihm verheißenden Kreis ein, ohne das Opfer ferner Persönlichkeit zu bringen, mit dein so mancher den Frieden dieser Kreise erlauft bat. Vielleicht hat diese erste Partei, nut der Bismarck ging, ihn stärker als jede andere der Folgezeit besessen: aber ganz hat sie ibn auch nicht gehabt. Die religiösen Plänkeleien mit seiner Braut beginnen fast sogleich, und die politischen Schlagworte seiner Partei haben in seinem Munde von vorn herein noch einen eigenen Klang, den Klang des Prcußen- liedeS, das dann in Frankfurt hell und schmetternd auS ihm hervorbricbl. * Berlin, 28. November. (Zeitbetrachtungen). Unter dieser Ucberschrrst veröffentlicht der „Schwab. Merk." folgende Zuschrift: Der deutsche Reichstag, die oberste Vertretung des deutschen Volkes, bat wohl kaum einmal seil drei Jahrzehnten ein kläglicheres Schauipiel geboten als ini gegenwärtigen Augenblicke. Eine sür die wirtschaftliche Entwicklung Deutsch» lanbs im böchucu Grade bedeutungsvolle Ausgabe liegt vor ihm, deren Lösung von den zuständigen Organen dcö Reichs in der denkbar gründlichsten Weise vorbereitet wurde. Seit Jahren arbeiteten die sachverständigsten Kreise, die unS zur Verfügung stehen, an der Ausstellung deS neuen Zoll tarifs, und sic suchten ibn so zu gestalten, baß er nicht nur der wirtschaftlichen Stellung Deutschlands im internationalen Konkurrenzkampf gerecht wurde, sondern auch zwischen den ost entgegengesetzten Forderungen und Wünschen der verschiedenen Wirtschaftsgebiete im Innern die richtige Mitte einhielt. Nichts wurde übereilt; man ließ sich Zeit, sämtliche Interessenten zu hören, und die Rcichstagskomniission verwandte lll Sitzungen darauf, um alle einzelnen Paragraphen und Positionen zu prüfen uud Stellung zu denselben zu nehmen. Und dennoch droht bas so mühlam und gründlich vorbereitete Werk zu scheitern! Auf der einen Seite steht daS begehrliche Agra- riertum, auf der andern Seite sehen wir die radi kale Minderheit, die uni jeden Preis verhindern will, daß die Mehrheit daS tue, was sonst in der ganzen kon stitutionellen Welt das anerkannte Recht der Mehrheit ist: ihren Willen zum Gesetz zu erbeben. Es ist selbst verständlich, daß in jedem Parlament die Minderheit ihre Rechte wahrt und eifersüchtig verteidigt; allein diese Rechte können doch unmöglich so weit gehen, daß die Minderheit ihren Willen der Mehrheit auszwingen, sie tyrannisieren und jeden ordentlichen parlamentarischen Geschäftsgang hemmen darf. WaS wir in dieserBeziehung bei denVerhanblungen des deutschen Reichstags gesehen haben: die endlosen Borträge der sozial demokratischen Redner vor fast leerem Hause, die massen haften Anträge und Gegenanträge und die dazu gehörigen Reden, die keine» andern Zweck halten, als die Mehrbeit uno di« Regierung zu erlahmen und den Fortgang der Beratung und d,e Herbeiführung einer Entscheidung unmöglich zu machen, endlich die ewigen Abstimmungen und Auszählungen, durch die Tag sür Tag mehrere Stunden der kostbarsten Zeit einfach vergeudet wurden, macht cS erklärlich, daß nicht nur der deutsche Parlamentarismus sich vor dem Ausland in kläglicher und zugleich lächerlicher Weise in seiner ganzen Ohnmacht bloß gestellt bat, sondern daß auch gerade die besten Volksfrcunee von einem Kölschen Les ganzen inwendigen Menschen ersaßt wurden angesichts der Art und Weise, wie hier mit den heiligsten Volksrechten ein Spiel getrieben wurdc. Mit welcher Freude la^en die Alten unter uns vor viele» Jahrzehnten die Ent stehung deS parlamentarischen Lebens in Deutschland auf Grund des allgemeinen und gleichen Wahlrechts begrüßt! Wie beiß haben wir in Wort und Schrift darum gekämpft! Wie viel Opfer bat cS gekostet! Was wir ersehnt und er kämpft, war freilich nicht ein Parlamentarismus, bei dem eine radikale Minderheit in hämischer Weise an der Mehr heit ihr Mütchen kühlt, sondern ein solcher, der, auS dem allgemeinen Recht hervorgegaugeu, auch auf der ehrlichen und aufrichtigen Anerkennung der gegenseitigen R Für den letzteren waren unsere Vorkämpfer bereit, jederzeit Gut und Blut einzusetzen; für den ersteren hätte niemand einen Finger gerührt! (-) Berlin, 28. November. (Telegramm.) Der Kaiser nahm gestern vormittag die Meldungen deS neu ernannten Militärattaches in Washington Major v. Etzel und des neuen Marineattachös daselbst Eorveltenkapitän Schäfer entgegen. Zur Mittagstafel hatten diese beiden Herren, ferner Mr. und MrS. Wbitc, sowie Prinz und Prinzessin Pleß Einladungen erhalten. — Nach der Tafel unter nahmen die Majestäten eine Ausfahrt in Len Tiergarten und gingen in dem Part vvn Schloß Bellevue spazieren, kirn Os/2 Uhr börte der Kaiser den Vortrag deS KricgsministerS von Goßlcr und des Ebefs des MilitärkabinetS Grafen Hülsen-Hä sclcr. Zur Abend tafel waren der Reichskanzler Graf v. Bülow und Gemahlin, sowie Donna Laura Mingbetti geraden. Heule morgen begab sich der Kaiser nach Görlitz. — Zu dem Kapitel der gegen Krupp ausgestreuten Verleumdungen wird der „Franks. Ztg." auS Rom iclegrapbiclt: Der StaatSanwalt von Neapel schickte, wie die „Patna" meldet, den Untersuchungsrichter uach Eapri, der den Maler Ebristian Allers für schuldig fand und einen Haftbefehl erließ. AllerS ist jedoch flüchtig. Die Unter suchung konstatierte ferner die Grundlosigkeit der An klagen gegen Krupp. (-) Braunschweig, 28. November. (Telegramm.) Die Annahme des Gesetzes, betr. die authentische Auslegung des Regentschastgesetzes, erfolgte im Landtage mit allen gegen drei Stimmen. V Görlitz, 28. November. (Telegramm.) In den reich geschmückten Straßen bewegte sich seit dem frühen Morgen eine große Menschenmenge, die hcrbeigeströmt war, um den Kaiser zu sehen, der zur Einweihung der Rubmes- balle und deS Kaiser Friedrich-Museums erwartet wurdc. Zahlreiche auswärtige Kriegervereinc standen mit im Spalier. Am BahnbosSplatze waren 1000 Eiseubahnbeamte aufgestellt. Um II Ubr 55 Mm. traf der Kaiser ein und wurde vom Kultusminister Stubt, dem Oberpräsidenten Fürsten Hatzseld- Trachenberg, dem lommandierendcn General des fünften Armeekorps von Stülpnagel, dem Divisionskom mandeur General von Eichhorn, Brigadckommandeur von Bernuth, Landrat von Roeder, Oberbürgermeister Büchtc- mann, Bürgermeister Heyne und dem Stadtverordnetenvor- steher Geheimrat Bethe u. a. empfangen. Der Kaiser trug die Kürassier-Uniform mit dem Band des Schwarzen Adler- OrdenS. Nach der Begrüßung fubr der Kaiser im offenen Wagen, von einer sehr zahlreichen Volksmenge stürmisch be- grüßt, durch die festlich geschmückten Straßen nach der RuhnicShalle. Bei der Feier dankteBürgerincistcr Heyne namens des EomllöS dem Kaiser als Markgrafen der Oberlausitz für die Errichtung der Lausitzer RuhmcShalle. Oberbürgermeister Büchtemann dankte dem Kaiser namens der Stadt und lchloß mit den Worten: „Dem Baterlande unsere Liebe, den Bundes fürsten unsere Treue, dem Kaiser unser Herz". Redner brachte ein Hoch auf den Kaiser aus. Der Kaiser bankte auf die Ansprache des Oberbürgermeister- in längerer Rede, nahm den von zwei Ehrcnjungsrauen dargebotenea Ehren trunk auS einem Kristallpokal rutaegen und trank auf das Wobl der Stadt Görlitz und der Lausitz. Hieran schloß sich ein Rundgang durch daS Gebäude. Der Kaiser sprach dem Architekten Behr seine Anerkennung aus und zog mehrere Anwesende ins Gespräch. Nach etwa halbstündigem Aufent halt in der Ruhmeshallc verließ der Kaiser diese, nadm dann die Parade der Ebrenkompaguien ab uud fuhr hierauf zum Bahnkof und von hier 12 Uhr 50 Min. ad. v. Jena, 28. November. Der dritte weimarische Wahl kreis Jena-Neustadt ist wobl einer der ReichStagSwahlkreise, der am meisten von den verschiedenen Paiteien umworben wird. Bor allem sind eS die Nationalsozialcn, die seil Jahren darnach streben, den Kreis in ihre bezw. Pfarrer Naumanns Hände zu bekommen — bis jetzt dank der eifrigen
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