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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030903023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903090302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903090302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-03
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertruavnahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 448. Donnerstag den 3. September 1903. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 3. September. Der Atnalabfchlutz der ReichShauptkafsc für das Rechnungsjahr 1902 hat im großen Ganzen bestätigt, was auf Grund der bisher schon veröffentlichten Einnabmezahlen, sowie der von zuständigen Stellen ergangenen Schätzungen angenommen wurde. Der Reichskaffe ist em beträchtliches Defizit ver blieben und zwar von 30,7 Millionen Mark, den Einzei- staateu wären aber gleichwohl an Ueberweisungen 8,4 Mill. Mark mehr auSgezahlt worden, als im Etat für 1902 angenommen worden war, wenn nicht das zum Etat für 1903 genehmigte Zuschußanleibegesetz bestimmte, daß dieser Betrag zur Tilgung der bekanntlich über 72 Mil lionen Mark auSmachcnden Zuschußanleihe verwendet werben soll. So erhalten die Einzelstaaten von der günstigeren Ge staltung der für sie in Betracht kommenden Reichöeinnahmcn keine Borteile, die ungünstige Entwicklung der in der ReichS- kaffe verbleibenden Einnahmen, sowie die Steigerung der Aus gaben fallen dagegen auf diese Kaffe in ihrer ganzen Schwere zurück. WaS zunächst die für Ueberweisungen bestimmten Einnahmen betrifft, so haben sie sich beim Finalabichluß noch etwas günstigerer gestaltet, als beim erstveröffentlichten Iahreseinuahmeausweis vermerkt werden konnte. Hier beliefen sich Zölle und Tabaksteuer auf 508,1 Millionen Mark, Branntweinverbrauchsabgabe auf 108,2 Mil lionen Mark und Reichsstempelabgaben auf 74,1 Mil lionen Mark, zusammen auf 690,4 Millionen Mark, so daß danach unter Abzug der von Zöllen und Tabak steuer der Reichskasse auf Grund der Klausel Fransten- stein verbleibenden 130 Millionen Mark 560,4 Millionen Mark oder 4,2 Millionen Mart über den .Etatsansatz zu Ueberweisungen für die Einzelstaaten verblieben wären. Nach dem Finalabschluß haben dagegen Zölle und Tabaksteuer 509,7 Millionen Mark, Brauntweinoerbrauchs- abgabe 107,3 Millionen Mark und ReichSstempelabgabcn 77,6 Millionen Mark, zusammen 564,6 Millionen Mark oder 4,2 Millionen Mark über das Ergebnis des ersten Einnahme ausweises und 8,4Millionen Mark über den Etatsansatz erbracht. Die Matrikularbeiträge sind für 1902 auf 580,6 Millionen Mark angesetzt. Es würde, selbst wenn die ganze in den Ueberweisungssleuern ausgekommene Summe den Einzelstaaten überwiesen werden könnte, immer noch ein Betrag von sechzehn Millionen Mark verbleiben, der von den Einzelstaaten für das Reich aufzubringen wäre. So aber, da das Zuschußanleihrgesetz diese Berkürzung der Matrikularbeiträge verhindert, bleibt es bei der Span nung der Ueberweisungen und der Matrikular- umlagen in Höhe von 24,4 Millionen Mark zu Ungunsten der Kassen der Einzelstaaten. Der Fehlbetrag, der der Reichskasse infolge der Mehrausgabe von 8,7 und der Mindereinnahme von 22 Mill. Mark verbleibt, wird seine Rückwirkung auf den Reichs- hauSbaltSelat für 1904 auSüben. Im Reichshaushatlseiat für 1901 konnte noch aus den Ueberschüssen des Jahres 1899 eine Summe von 32,6 Millionen Mark in die Einnahmen eingestellt, der Betrag konnte zur Deckung lausender Ausgaben verwendet werden. Von da an änderte sich das Verhältnis. An die Stelle der Ueberschüsse aus früheren Jahren, die bis 1901 vielfach in den Etats verzeichnet werden konnten, wenn auch nicht immer in der Höbe, wie das Jahr 1899 sie ergeben hatte, traten Fehlbeträge, die unter den Ausgaben figurieren mußten. So wurde aus dem Jahre 1900 in den Etat für 1902 ein Fehlbetrag von 1,8 Mill. Mark, in den für 1903 ein solcher von 48,3 Mill. Mark ein gesetzt. Der gleiche Posten wird sich im Etat für 1904 in Höhe von 30,7 Millionen Mark darstellen. Insofern als er diesmal mit einer Summe erscheint, die gegen die vorjährige um 17,6 Millionen Mark ge ringer ist, fällt die Verschlechterung des Budgets noch nicht ganz so schlimm aus. Daß es aber für die Balanzierung eines Etats nickt günstig wirkt, wenn in ihm auch noch eine Deckung für Fehlbeträge aus früheren Jahren in Höhe von über 30 Millionen Mark gefunden werden muß, liegt auf der Hand. Die Herren einzelstaat- lichen Finanzminister werden also, wenn sie sich in der be vorstehenden Konferenz u. a. mit der Balanzierung des nächsten ReichshaushallSetatS beschäftigen, keine beneidenswerte Auf gabe haben. Vereinfachung der Arbeitcrversicherung. Unmittelbar vor Schluß der Gesetzgebungsperiode faßte der Reichstag, im Anschluß an die Verabichiedung der Novelle zum KrankenversicherungSgesctz und mit dem Wunsche einer gründlichen Reform dieses Gesetzes, am 30. April 1903 einstimmig folgende Resolution: Tie Verbündeten Regierungen zu ersuchen, in Erwägungen darüber einzutreten, ob nicht die drei Vcrsicherungsarten (Kranken-, Invaliden- und Unfallversicherung) zum Zwecke der Vereinfachung und Verbilligung der Arbeiterversicherung in eine organische Ver bindung zu bringen und die bisherigen Arbeiterversicherungsgesetze in einem einzigen Gesetze zu vereinigen seien. Diese Forderung ist nicht neu, sondern im Laufe der Jahre in den beteiligten Kreisen wiederholt gestellt worden. Schon zur Zeit, als noch Herr vr. Bödiker Präsident des ReichSversicherungSamteS war geschah es. Es ist aber oaS erste Mal, daß sie einstimmige Unterstützung im Reichstage fand, und zwar in einem Reichstage, der durch die Revision aller drei DersicherungSzweige — der Invalidenversicherung im Jahre 1899, der Unfallversicherung im Jahre 1900, der Krankenversicherung im Jabre 1903 — und durch seine Be schlüsse zu Gunsten der Witwen- und Waisenversicherung sein besonderes Interesse an der Verbesserung der gesamten Arbeiterversicherung bekundet und dadurch auch den Anspruch auf besondere Sachkenntnis erworben hat. Sein Urteil über die Notwendigkeit einer Vereinfachung der Arbeiter-Ver sicherung fällt doppelt schwer in die Wagschale, rumal da er in seiner Forderung die gesanne Wissenschaft und Praxis hinter sich hat. Sehr einleuchtend werden die Gründe dafür neuer dings von einem der berufensten Kenner des Arbeiter versicherungswesens im In- und Auslande, dem hervor ragenden Mitglied« des Reichsversicherungsamtes Geheimrat vr. Zacher, in dem Z-ntralorgan für das gesamte Kranken-, Unfall- und Jnvaliden-Veisicherungswesen „Die Arbeiter-Versorgung" entwickelt. Daß die Lösung der Auf gabe, je länger sie aufgeschoben wird, sich um so schwieriger gestaltet, ist im Reichstage bei Annahme der erwähnten Reso lution schon hervorgehobeu worden. Es läßt sich auch kaum leugnen, daß die Vereinfachung und Verbilligung der Ar- beiterversicherung zugleich die Vorbedingung für ihren weiteren Ausbau und für die Angliederung der Witwea- und Waisenversicherung bedeutet. Auch die „Arztfrage", die bei Beratung der Novelle zum Krankengesetze weit im Vordergründe des Interesses, besonders auch der national liberalen Partei, stand, wird sich nur im Zusammenhänge mit einer Vereinfachung und Verbilligung der Arbeiter versicherung überhaupt befriedigend lösen lassen. Denn der gegenwärtige Zustand völliger Zersplitterung, wo jeder Ver sicherte, jede Krankenkasse, jede Berufsgenossenschaft, jede Versicherungsanstalt und jedes Schiedsgericht ihre eigenen „Vertrauensärzte" hat und diese im Entschädigungsstreit verfahren gegeneinander ausgespielt werden, führt zu einer ebenso ungesunden wie überflüssigen Häufung ärztkicher Tätigkeit, zur Vermehrung und Verlängerung der Ent- schädizungSprozesse und damit wiederum zu einer ganz unnötigen Belastung und Verteuerung der Arbeiterversicherung. Magyarische Großmannssucht. Wie die nordslavischen Völkerstämme, die Tschechen, Polen und Rulhenen, wie die Sübslaven, die Serbo-Kroaten und Bulgaren, wie endlich die Griechen, so träumen auch die Magyaren von der Aufrichtung eines großen nationalen Reiches in möglichster Ausdehnung von Mitteleuropa bis rum Schwarzen und Mittelmeer, selbstverständlich eine jede Nationalität für sich und in Konkurrenz gegen die anderen. Zunächst wetteifern diese Nationen in dem Bestreben, mit Hülfe einer selbständigen staatlichen Organisation und durch Nationalisierung anderer Nationalitäten immer kräftiger zu werden, um dem fernen Ziele näher zu kommen. Dieses Staats ideal schwebt auch den Magyaren vor, die früher im Verein mit Oesterreich eine Vormachtstellung in Südosteuropa zu erlangen hofften und nunmehr der Meinung zu sein scheinen, daß sie durch eigene Kraft dahin gelangen können. Wie ein vor nehmer Magyare zu einem Mitarbeiter der „Ostdeutschen Rundschau" äußerte, wollen die Magyaren die erste Balkan macht werden und die politisch unreifen Balkanstaaten regieren. Zu diesem Zweck magyarisieren sie zunächst die Nalionalitäten in Ungarn, um dann Terbirn und Bulgarien zu civilisieren. Warum soll Ungarn nicht ein Kaiserreich werden bis zum Bosporus? Mit einem gemeinsamen Heer werde man das nie erreichen, nur mit einem nationalen Heer. Dabei glauben die Magyaren der ewigen Freundschaft der Deutschen sicher zu sein. Ungarn und das Hohenzollernreich seien auseinander an gewiesen. Die Magyaren müßten eine Großmacht werden, die Rußland in Schach Halle. (!) Zehn Jahre Frieden brauche das selbständige Ungarn noch, dann habe es keine europäischen Konstellationen zu fürchten. Die Magyaren betrachten sich als die berufenen Erbeu der Krone von Byzanz und glauben nach der Ver sicherung des Gewährsmannes der „Ostdeutschen Rundschau" fest daran, mit Hilfe des Deutschen Reiches (!) zu erreichen, was sie anstreben. — Tatsächlich beruhte und beruht nock beute die Stellung der Magyaren auf dem An sehen der Habsburgischen Monarchie, und das heutige Ungarn würde zu einem Staat zweiten Ranges herabsinken, ja mit seinem unkonsolidierten Nationalitätengemisch zerfallen, falls die beutige ungarische Regierung im stände sein sollte, sich von Oesterreich loszulösen und zunächst das gemeinsame Heer der Monarchie zu dualisieren. Aus den angedeuteten Fan- lasmen ist immerhin ersichtlich, mit weichem unverständigen Optimismus die magyarischen Chauvinisten sich über die Realitäten deS Lebens Hinwegsetzen. Die valkanwtrren. DaS bereits erwähnte, von dem makedonischen Comitö dem Sultane und den europäischen Mächten unterbreitete Autonomie-Projekt umfaßt 18 Artikel, die folgende Be stimmungen enthalten: Statt der VilajetS Saloniki, Bitolia, Kossowo, Adrianopel, Skutari und Janina sollen vier Provinzen: Albanien, Makedonien, Alt serbien und Thracien gebildet werden, die admini strative Autonomie erhalten, aber unter der direkten politischen und militärischen Autorität deS Sultans bleiben; er behält das Recht, die Grenzen dieser Provinzen zu befestigen und mit seinen Truppen zu verteidigen. Die Ordnung im Innern wird durch eine internationale Polizei und eineEingeborenen-Polizei, unterstützt durch Lokal-Miliz, aufrechterhalten. Ein Oberkommissar europäischen Ur sprungs und Nationalität soll durch die sechs Großmächte für 3 Jahre ernannt werden. Er erhält zur Aufrecht erhaltung der Ordnung im Innern der 4 Provinzeu eine internationale Polizei. Für jede der Provinzen wird von der Pforte mit Zustimmung der Mächte ein Geueralgou- verneur europäischer Nationalität auf 5 Jahre eruauat. Eine europäische Kommission, unterstützt vou einer durch die Bevölkerung nach den verschiedenen Nationalitäten und Konfession gewählte Delegation, wird binnen k Monaten gemeinsam Mit der Pforte die Organisation der vier Pro vinzen ausarbeiten und zwar auf Grund des im Jahre 1880 von der Internationalen Kommission in Konstantinopel aus- gearbeiteten Projektes. Bis zur Durchführung der neuen Organisation verwaltet die Kommission die Provinzen. Zu diesem Zwecke wird ein internationales OkkupationS- Korps in der Stärke von 45000 Mann — 4 Divisionen Infanterie und 1 Division Kavallerie — durch freiwillige Anwerbung gebildet unter europäischen Offizieren und unter Generalen eines der neutralen Staaten Europas. DaS Okkupations-Korps wird auf Kosten des Landes unter- balten und die Dauer der Okkupation hängt vou den Ar beite»» der Kommission ab. Sobald das Korps gebildet ist und die Kommission ihre Tätigkeit beginnt, zieht der Sultan alle seine Truppen zurück mit Ausnahme derjenigen, die für die Grenzbefestigungen nötig sind. Die Wahlen für die oben erwähnten Delegationen sollen 14 Tage nach der Räumung des Gebietes durch die türkischen Truppen stattfinden. Alle internationalen Verträge, die zwischen der Pforte und den fremden Mächten abgeschloffen worden sind oder noch abgeschloffen werden, finden ebenso auf die 4 Provinzen Anwendung wie auf alle anderen Teile deS Reiches. Alle den Fremden zukommende Vorrechte sollen ibnen in diesen Provinzen gewahrt bleiben, ebenso sollen alle Rechte und Verpflichtungen der Pforte, betreffend die Eisen bahnen, streng beobachtet werden. Die Kommission hat zu bestimmen, welchen Teil der ottomanischen öffentlichen Schuld die 4 Provinzen zu übernehmen und wieviel sie für die Cwilliste des Sultans, sowie für die Erhaltung der türkischen Armee und Flotte zu zahlen haben. Deutsches Reich. * Leipzig, 3. September. Der „Vorwärts" und die „Leipziger Volkszeitung" können ein ander seit Jahren nicht leiden, was uns aufrichtig wun dert, denn sie sind einander wert, zugleich aber ebenso auf richtig freut, denn der gegenseitige Hatz bewirkt manchmal den Uebergang des ,Fomödienspiels" (nach Bebel) in ehr- Fririlletsn. i) Ingeborgs Kinder. Roman von MargareteBöhme. > Ä.awrrurt verboten. Erstes Kapitel. „Nee, so wat . . . Spitzen an de Bettlakens un man föftein Hemden! Ja — ja ... O je ... de Welt steit vp Stunns op Stieben, segg ick immers. .. Senator Todsens ehr Dechters Utstür wär durabler ... Tu min Tied heiratet üverhaupt keen simple Deenstdern unner tree Dutzend Hemden . . . un allens durable Linnen . . . det dor ist man bomwollen Tüg, aoer Spitzen . . . natürlich son Gehäkels un Geklus. . ." ,„Ja hüt to Dage ist det allens anners als sröher, Lene . . ." Die beiden dicken Waschfrauen rafften eifrig die nasse Wäsche aus den vollaevacktcn Körben, die sie auf einer Karre hinausgefahren hatten, und breiteten sie auf die weite, rings von knickenbestandenen Wällen umgebene Rasenbleiche. Es war so Sitte im Städtchen, daß jede anständige Aus steuer auf Fräulein Juppersens Koppel bleichen mußte. Man hätte es anderswo vielleicht noch bequemer und billiger haben können, aber die Bewohner Altstadts hiel ten aufs Herkommen, und Fräulein Juppersens Bleiche war von jeher der traditionell« Platz, um die Leinen- trousseaus der Altstädter Mädstien abzulegen, bis sie die vorschriftsmäßig spiegelnde Weiße des echt deutschen Braut-Wäschestaats erhalten hatten. Zwei deutsche Bank taler kostete die Platzmietc für diesen Zweck, ohne Aus nahme und ohne Rücksicht auf di« Größe der Aussteuer. Zu Jngeborg Juppersens vielen Eigentümlichkeiten zählte die Gewohnheit, das „Bleichergcld" immer noch nach dänischer Währung zu berechnen. Hunderte Male wieder holte sich seit Jahren derselbe Dialog . . . „Ich möchte die Miete für die Bleiche entrichten . . . wie viel?" „Zwei Banktaler!" . . . „Also nach heutigem Geld zwei Mark und sechzig, nicht wahr" Jawohl. . . zwei Banktalcr .. . stimmt." „Ja, hüt to Dage!" nahm die «rste Waschfrau ihre phtlosophisch-krttischen Betrachtungen wieder auf, „hüt to DagS ist dat allens blos uv de Schien berekent. Rore (rote) Plüschmöbel in de beste Stub un darbi nix in Schuppen un Schuvladens (Schränke und Schubladen) . . . knapp en Bett mehr as in Gebruk . . . Na, Fräulein Thyra, bi Se werd det mal anners! Jngborg Juppersen hält ok up det durable. Unner sös (sechs) Dutzend Hem den daut sie dat nich, wenn se Se mal utstürt. Ja, to Se ehr Utstür is dat Linnen all bleckt, as Se noch to School gingen, dat weet ik.. . io, io. . ." Der feine, schwarzhaarige Mädchenkopf, der jenseits der Haselnutzhecke auftauchte, wiegte sich lachend hin und her. „Ach so was, Frau Paulsen! Eigentlich finde ich fünf zehn Hemden gerade genug. Solche allmächtige Leinen ausstattungen, wie man sie früher hatte, waren doch gar nicht praktisch. Schade um das viele Geld, das in dem toten Zeug steckt und das in einem jungen Hausstand meistens besser zu andern Zwecken gebraucht werden könnte." „Meinen Sie?" Frau Paulsen richtete sich auf und stemmte die Hände in die Hüften. „Sic sind auch eine von die Neumodischen, Fräulein Thyra, Sie haben ja auch bei Fräulein Rick zur Schule gegangen .. . Awer wi Ölen .. . Wat, Dortjen? Gah mi as mit de niee Welt. Nich mal ein Starvhemd und ein Starvlaken bi de Utstür ... De junge Welt von hüt denkt bloß an Hochtid un Kinddöp und Juchhein . .." „Aber wer wird denn beim Heiraten auch schon für Sterbefälle vorsorgen, Frau Paulsen . . ." „En richtige Husfru mut bi Tiden for ehr Starvhemd sorgen. In en Hemd, wo ik in levd-un lachd un mi villicht gegen unsr Herrgott versünnigt hevd, schöt se mi nich to Ruh leggen. Un dissc Jammerlappen von Bett laken . . . is dor en Likdok (Leichentuch) mang? Awer hüt to Dag brukt de Lüt dat jo vk gornich. Enfach de Rulvs (Rvuteaux) daltrokken (hinuntergezvgcn), un damit aff. Nich mal Ehrfurcht ver en Lik hebbt de Minschen mehr. Grui (greulich) . . ." Vom Haus her rief eine Helle, harte Stimme Thyras Namen. Das schmale, schwarzkrause Köpfchen duckte sich ein wenig und verschwand. Gleichzeitig schlug die riesen hafte Ulmer Dogge, die bei Nacht die Bleiche bewachte und die tagsüber im Häuschen an der Kette lag, vernehm lich an. „Still, Schmitt. .. St . . .", beruhigte Thyra das Tier und streichelte das iveiche Fell. „Das ist ja Tante, die mich rüst... Hörst du das nicht?" Die Dogge knurrte und verstummte. Dicht an die Bleiche schloß sich der große Garten; im Hinteren Teil Kartoffel- und Gemüseland, vorn ein klei nes wildes Blumeneden, in dem trotz -er späten Jahres zeit noch eine bunte Fülle von prangenden Dahlien, -art farbenen Malven und späten Rosen blühte, zwischen Gar ten und Haus lag ein steingepflasterter Vorhof, den seit wärts ein seit Jahren leer stehendes Nebengebäude be grenzte und in dessen Mitte sich eine mehr als hundert jährige Linde erhob, die mit ihrer dichtverästeten, laub reichen Krone Schatten und Schutz gegen Wind und Regen spendete. Die beiden stattlichen Nachbarhäuser — links eine pom pöse Villa, rechts ein umfangreiches GutSgebäude, ließen Fräulein Juppersens Haus etwas gedrückt, beinahe ärm lich erscheinen, obwohl es ist Wirklichkeit gar nicht so klein und sehr proper gehalten war. Es war mit Stroh ge dacht und zeigte nach der Front den die friesische Bauart charakterisierenden Giebel. Ein sandbestreuter Fußboden teilte das Haus in zwei Hälften. Links von der Haustür war die Wohnstube, ein schmaler, zweifenstriger, mit klein bürgerlicher Behaglichkeit ausgestatteter Raum. Alt modische, blankgebvhnte Mahagonimöbel, an den Wänden ein mannigfaltiges Durcheinander von guten Stahlstichen und geschmacklosen Jahrmarktsbildchen, die Fenster über wuchert und verdunkelt von üppigen Topfpflanzen, blühenden Geranien, samtgoldigen Pantoffelblümchen und intensiv süß duftendem Heliotrop und Reseda. An einem der Fenster stand ein damastbezogener Ohren- lehnstuhl; seit ungefähr vierzig Jahren Jngeborg Jupper sens Stammplatz, an dem sie jeden Nachmittag um diese Stunde zu finden war. Tie war konservativ in ihren Ge wohnheiten; sie hätte nichts Anderes um diese Zeit vor nehmen können. Fräulein Jupperstn hatte kürzlich ihr zweiundsiebzig- stes Lebensjahr vollendet, aber sie hielt sich noch so straff und steil wie eine Achtzehnjährige. Unter dem gestärkten TUllcnhäubchen drängte sich ausfallend schneeweißes Haar hervor; das längliche Gesicht erhielt einen Ausdruck von Jugendfrischc durch das heitere grelle Rot der Wangen und das lebhafte Funkeln der stahlgraucn Augen. Die ganze Frauencrschcinung erweckte di« Vorstellung von etwas ungewöhnlich Kraftvollem, Resolutem, mit einem ganz kleinen Stich ins Rechthaberische. Jngeborg strickte immer um diese Zeit. Di« Zahl der Arme-Leute-Skrümpfe, die schon unter ihren fleißigen Händen hervorgewachsen waren, grenzte ans Fabelhafte. Diese emsigen, arbeitsharten, knochigen Hände feierten nimmer, auch dann nicht, wenn sich der Blick -er Strickerin durch das Blumengewirr hinaus, ins Freie bahnte, hin über in die weiten Strecken saftig grüner Marscherde, die an der einen Seite den Arm der Nordsee, der sich weit in das Land hinausreckte, umsäumte und über das in ewigem Wechsel zuflutende und abebbende Wasser hinweg nach -er öden Geest, den heideiiberwucherien Sandbergen, hinter denen sich der Horizont verlor. Es war «in monotones, reizloses Landschaftsbild, daS nur im Sommer etwas Farbe und Leben durch die auf der Marscherde grasenden Rinder erhielt. Zeitweilig schwirrte wohl ein Vogelzug durch die Luit oder die Wagenkette eines Zuges ratterte fern durch die braunen Heidehügel, sonst regte sich selten etwas von nah und fern. Aber Jngeborg liebte ihre Heimat und konnte es nicht begreifen, daß jemand eine andere Gegend schöner finden könnte, als diese von Nordseewogen durchflutete Ebene, diesen Knoten punkt von Marsch und Geest, von blühender Fruchtbarkeit und sandigem Heideboden. Jngeborg feierte selten aber in diesem Augenblick arbeitete sie nicht. Das Strickzeug lag ordentlich zusam mengerollt vor ihr auf dem Schränkchen, die Brille da- neben; in den Händen hielt sie ein dichtbeschriebcnes Brief blatt, und wer sie ganz aenau beobachtete, konnte ein leise» Zittern ihrer großen mageren Hände wahrnehmen. „Thyra", rief sie noch einmal. Da wurde die Tür auch schon von außen geöffnet, und die Gerufene trat ein. Es machte den Eindruck, als müßte sie sich bücken, wie sie über die Schwelle schritt. Ihre schwarze Haarkrone berührte fast die Türfüllung oben. Sie war eine jener hochgewachsenen, biegsamen, schmalhüftigen Frauengestal ten, die die sezessionistische Kunstrichtung zum modernen Ideal eines weiblichen Körpers gestempelt hat. Das blaffe Gesicht war mehr anziehend als schön. Wirklich schön waren nur die großen, schwarzen Augen und das üppige, seidenweiche, naturkrause Haar. „Fritz schreibt " sagte Fräulein Juppcrsen, „da .. r lies einmal, was er schreibt. Etwas sehr . . . lieber- laschendes. Jawohl. Eine schöne, angenehme lieber« raschung. Der hinkende Bote nach dem Telegramm von seinem glücklich bestandenen Examen. . . hm . . ." Ihre Stimme, die merkwürdig rauh und spröde klang, versank
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