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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030922018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903092201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903092201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-22
- Monat1903-09
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Mramonlane GMichtsMchung. «Freiherr Adolf v. Berlichingen antwortet ans merrren Aufsatz in Nr. 475 des ,-Leipz. 'Tagebl." mit fol- gendcm Briefe: Würzburg, den IS. September 1S03. <Sn>. Wohlgeboren! Meinen besten Tank für die Uebersendung des „Leip ziger Tageblattes" Nr. 475 mit Ihrem Artikel „Ultra- montane GcschtchtSfälschung". Sie haben mir damit un bewußt einen großen Dienst erwiesen. Bei einigem ver nünftigen Nachdenken hätte es Ihnen freilich zum Be wußtsein kommen müssen, daß ich eine solche ver änderte Wiedergabe der Worte Bismarcks nicht ohne gewichtige Gründe vorgenommen habe. Denn das konnte ich mir ja denken und mußte es mir sagen, daß jeder Schulbube, welcher den Wortlaut" von Bis marcks Rebe vor Augen hatte, mich der Fälschung an- klagen konnte, b. h. wenn er nicht nachdachte. Sie werden eine erschöpfende und vollständig befriedigende Antwort von mir erhalten, und zwar in demselben Blatte, das Sie zu Ihrem unüberlegten Angriffe benutzt haben. Ich schreibe Ihnen dies sogleich, damit Sie nicht schon in den nächsten Tagen im „Leipziger Tageblatt" triumphierend verkünden: Der Verlichingen schweigt! Der Berlichingen kann nicht antworten! Der Berltchingcn bekennt sich schuldig! — Nein, das nicht; aber der Berlichiirgcn hat Wichtigeres und auch Ge scheiteres zu tun, als die wohlfeilen Lufthiebe jedes Redakteurs und jedes Doktors sofort zu parieren. Wenn ich also die wichtigeren Arbeiten, die ich gegen wärtig unter den Händen habe, abgeschlossen, bann werden Sie die Ihnen gebührende Antwort auf Ähren Schmäh- artikcl erhalten, und bann werben Die den höchst leicht fertig erhobenen Borwurf „bewußter Lüge" zurück nehmen, ober aber Sie werden mit mir vor Gericht gehen. DaS kann ich Ihnen jetzt schon Voraussagen. Also bis dahin Geduld. Diesen meinen Brief werden Sie ebenfalls an das „Leipziger Tageblatt" zur Veröffentlichung einsenden, sonst werde ich eS tun. Ew. Wohlgeboren usw. Freiherr Adolfv. Berlichingen. Indem ich dem Wunsche üeS Freiherr» v. Berlichingen nachkomme, nehme ich Kenntnis von dem Zugeständnis, daß er Bismarcks Acuherung in seinem Bortrage nicht, wie er dort behauptete, wörtlich, sondern ver- ändert wiebergegeben habe. In der Tat hat er sie so gründlich verändert, Laß sie überhaupt nicht wieder zu erkennen ist. Und darin besteht die Unehrlichkeit und Un wahrhaftigkeit des ganzem Verfahrens. Bismarck war viel zu sehr von der Notwendigkeit und dem Segen der lutherischen Reformation überzeugt, als daß es ihm jemals hätte cinfallen können, den Liberalismus der Fortschritt-Partei als eine Frucht de» Protestantismus und des Abfalles von Rom zu bezeichnen. Er, der noch am Abend seines Lebens mit Sorgen wahrnahm, daß der Einfluß -eS Zentrums immer größer, der Widerstand der ReichSregiarung gegen ultvamontane Begehrlichkeit immer geringer wurde, und darum auf -em Marktplatze zu Jena bekannte, daß er eingeschworen sei auf die weltliche Leitung eines evangelischen Kaisertums, wußte genau, daß nur auf pro- testantischer Grundlage das neue Dcuschland gedeihen konnte, aber nimmermehr unter der Leitung eines undcutschen UltramontaniSmuS. Und weil wir wissen, wie Bismarck über Luther und sein Werk, und wie er über JesuitiSmus und UltramontaniSmuS -achte, deshalb werden wir auch dem Freiherrn v. Berlichingen nicht ohne Widerspruch gestatten, BiSmorckS Autorität für seine besonderen Zwecke oder auS noch so „gewichtigen Gründen" zu mißbrauchen. Herr v. Berlichingen stellt ein« „erschöpfende und völlig befriedigende Antwort" in Aussicht, verschiebt sic aber auf eine spätere Zeit — vielleicht acl stnlenckn« gravo»». Ich finde aber, daß eS für ihn vor der Fortsetzung feiner Arbeiten zur Ver- giftung der Gemüter nicht» „Wichtigeres" und „Ge- scheitere»" zu tun gebe, al» den literarischen Faustschlag zu parieren, den ich ihm durch die einfache Feststellung dessen versetzt habe, was Bisinarck wirklich gesagt hat. vor einer gerichtlichen Ermittelung der Wahrheit fürchte ich mich nicht; Herr v. Berlichingen mag im AuSlrgen so frisch und munter sein, wie er will, und, wo er nicht aus legen kann, unterlegen, wa» er will — kein deutscher Ge richtshof würde in der Lage sein, seine absichtliche Fälschung al» erwiesene Wahrheit anzunehmen. Leipzig, 2V. September 1903. Prof. vr. Horst Kohl. Port Arthur. Lange Zeit hieß eS, Wladiwostok sei dazu ausersehen, als Ausfallstvr für die russischen Bestrebungen in Ostasien die erste Nolle zu spielen und als Endpunkt der großen sibirischen Eisenbahn das Konzentrationslager für die russischen Streitkräfte im fernen Osten zu bilden. Auch von der Festung Nikolajewsk an der Mündung des Amur war vielfach in dem Sinne die Rede, daß hier ein Zentral stützpunkt von höchstem militärischen Werte geschaffen wer den soll, der bestimmt sei, als Beweis für alle Operationen gegen Japan zu dienen. Bon diesen Gesichtspunkten scheint aber die russische oberste Heeresleitung im Laufe der Zett immer mehr zurückgekommen zu sein. Zumal seitdem der KriegSminister Kuropatkin bei seiner kürzlich er- folgten Inspektionsreise durch das ostastatische Küstenge. biet unter anderem festgestellt haben soll, daß die Verhält nisse bei Nikolajewsk für eine Landung feindlicher Truppen sehr günstig liegen und der Gegner mit Umgehung dieser Festung ohne weiteres auf Sofisk vorrllcken könne, hat der Gedanke noch festere Gestalt angenommen, daß Port Arthur das weittauS geeignetste Bollwerk zur der- einstigcn Durchführung der Pläne der russischen Politik in Ostasien sei. Daß die Wahl dicseS^platzcS für die in Rede stehenden Zwecke durchaus richtig und wohlerwogen ist, davon kann sich jeder unparteiisch Urteilende durch einen Blick auf die Karte und in die Beschaffenheit des heutigen Port Arthur überzeugen. Am südlichen Zipfel der Halbinsel Liaotung in einem Talkessel gelegen, werden Stadt und Hafen von Port Arthur rings umgeben von 200 bis 300 Meter hohen Bergen, die, befestigt und durch starke Batterien unter stützt, auch gegen einen überlegenen Angriff für lange Zeit nachhaltigen Widerstand leisten können. Die Ja paner hatten die Bedeutung und den militärischen Wert dieses KüstenplatzeS und seiner Befestigungen in vollem Umfange erkannt und auS diesem Grunde die die Stadt und den Hafen umgebenden Korts, die sie den Chinesen im November 1304 abgenommen chatten, »kurz vor Friedens schluß dem Erdboden gleich gemacht. Die japanische Heer- führung wollte sich dadurch für die Zukunft eines Angriffs- objektes entledigen, von dem sie sich sagte, daß dasselbe in der Hand einer geschickten Verteidigung fast uneinnehmbar sei und auch im günstigsten Falle schwere Opfer an Men schenleben fordern würde. Als die Russen dann durch Pachtvertrag mit China in den Besitz von Port Arthur ge langten, trat naturgemäß sofort an ste die Frage l>eran, ob angesichts der kommerziellen und der militärischen Rolle, die der Neuerwerbung zugedacht sei, die zerstörten Be festigungen wieder aufzubauen oder durch Neubauten an anderer Stelle zu ersetzen seien. Die mit der Prüfung dieser Fragen betraute Kom mission entschied sich nach langer Beratung dahin, die alten zerfallenen Festungsbauten nicht wieder herzustcllen, da sie dem feindlichen Feuer von der Seeseite her allzu sehr auSgeseyt gewesen seien und daher die hohen Wiederher- stellungSkostcn nicht dem militärischen Werte entsprechen würden. Nur der teilweise Wiederaufbau dcS von den Chinesen in den Jahren 1884 und 1885 erbauten stattlichen Arsenals wurde von der Kommission empfohlen. DaS Resultat der Erwägungen war der Beschluß, daß auf der „Solotot Gora" eine Reihe neuer befestigter Werke anzulcgen sei, die in modernster Bauart ausgefiihrt, so- wohl die Stadt, als auch daS an der östlichen Hafenein- fahrt gelegene, für zehn bis 12 Kriegsschiffe Raum bietende Bassin gegen einen feindlichen Angriff schützen sollte. Diese Befestigungsanlagen, die heute vollendet und unter der Leitung der umsichtigsten russischen Ingenieure gebaut worden sind, umfassen in der Hauptsache drei große Forts, von denen das erste, wie von verläßlicher Seite be- richtet wird, mit acht 32-Centimeter- und sechs 15-Centi» metergeschützen, das zweite mit elf 82-Centimeter- und achtundzwanzig 15 Centnnetergeschühen und das dritte mit zwölf 32-Ccntimeter und zweiundsünfzig 10-Centimetergc- schützen bestückt ist. Einige kleinere Werke, sowie eine An zahl von Anschlußlinien bilden den Abschluß der forti- fikatorischen Baulichkeiten, die der Ausschuß der russischen Landesverteidigungskommission bis jetzt in Port Arthur hat Herstellen lassen. Daß aber mit diesen Anlagen die Mittel noch lange nicht erschöpft sind, die die russische Regierung für den modernen Ausbau ihres wichtigsten Stützpunktes in Ost- asien zu bewilligen geneigt ist, das beweisen nicht nur die Aeußerungen d«S Generals Kuropatkin bei seiner er- wähnten Besichtigungsreise, sondern vor allen Dingen die Tatsache, daß in den Etat für 1903/04 dreizehn Millionen Rubel allein für die Befestigungen von Port Arthur ein. gestellt und bewilligt worden sind. Allerdings sollen diese Beträge nicht allein Port Arthur und seiner nächsten Um- gebnng zugute kommen, sondern auch das an der südlichsten Spitze der Halbinsel Liaotung gelegene Dalntj soll in die Befestigungsanlagen in der Art hineingezogen werden, daß die 5S Kilometer lange Verbindung zwischen den beiden vorerwähnten Orten eine einzige zusammen- hängende Linie von kleinen fortifikatvrischcn Werken bilden wird. Im Zusammenhänge mit diesen Erweite- rungSbauten soll auch die Verstärkung der Garnison von Port Arthur stehen, die sich heute bereits auf 14 000 Mann beläuft, und die annähernd um die gleiche Zahl erhöht werden dürfte, fall sich das Gerücht bestätigen sollte, daß die im Gommer diese» Jahre», angeblich zu Probe-Mobil- machwngszwecken, auf der mandschurischen Eisenbahn nach dem Kwantung-Militärbezirke beförderten beiden krieg», starken Brigaden der 81. und 37. Infanterie-Division nicht wieder in ihre bisherigen Garnisonen znrückkehren, son dern in Port Arthur und dessen Umgebung al» dauernde Besatzung verbleiben werden. Endlich darf man, um in der Aufzählung der die militärische Wichtigkeit Prt Arthurs charakterisierenden Merkmale vollständig zu sein, die Tatsache nicht übergehen, daß sich hier ein ungeheuere- Trockendock, auSgeslattet mit den modernsten Ein richtungen für die Reparatur größter Kriegsschiffe be findet, baß ein zweite» Dock von noch größeren Dimensio- nen bereit» im Bau ist, daß über 800 000 Tonnen Kohle aufgespetchert hier lagern, und daß auf der mandschuri schen Eisenbahn fast täglich neue Vorräte und Bedarfs artikel aller Art für die Truppen herangeschafft werden. Faßt man alle diese Momente zusammen und rechnet noch dazu die doch sicherlich mit allem vorbedacht auf die Zukunft getroffene Entscheidung, den Sitz der „Statt- Halterschaft im fernen Osten" in Port Arthur festzulegcn, wo Admiral Alexejeff, fast in der Rolle eines oberstenKricgsherrn, alle Fäden militärischer Gewalt eines wcitausgedehntcn Befehlsbereiches in seiner Hand hält, daun läßt sich unschwer die gewaltige Bedeutung ver kennen, die an maßgebender Ste in Petersburg Port Arthur, als dem Wächter russischer Vormacht in Ostasien, etngerüumt wird. Deutsches Reich. * Leipzig, 21. September. Maximilian Harden wehrt sich gegen die von Mehring zu seiner Ver teidigung ausgestellte Behauptung, er, Harden, sei da mals, als ihm Mehring d4tz berüchtigte S-chönlank- Postkarte schrieb, angehender „Genosse" gewesen. In einem Briefe Hardens an die „Täg.1. Nundsch." heißt es: „Mehring behauptet, ich hätte ihn gegen Schönlank aufge- hetzt. Die Behauptung ist unwahr. Mehring hatte schon vorher in einem Brief an mich von Schönlank als von einem „Schuft" gesprochen, überhaupt mehr als einmal ihn mir, mündlich und schriftlich, als den gegen mich wühlenden Feind bezeichnet. Die Beweise sind in meinen Händen. Ich kannte Schönlank nur durch Mehring, der ihn mir als Mitarbeiter für bürgerliche Blätter empfahl. — Mehring behauptet, ich sei, als er mir diese Briefe schrieb, also 1891/92, „angehender So zialdemokrat" gewesen. Es war die Zeit, wo meine Apostata-Bände erschienen, in denen die „Bismarckschwärmerei" besonders hervortritt und in deren zweitem mein erster Besuch in Friedricksruh ausführlich geschildert wird. Ob Mehring mich in dieser Zeit für einen „angehenden Sozialdemokraten" hielt, mögen Sie den folgenden Sätzen auS seinen damals an mich gerichteten Briefen entnehmen: „Ich habe stets nur freund schaftliche Gesinnungen gegen Sie gehegt. Und nur aus diesen Gesinnungen heraus bedaure ich Ihre Schwärmerei für Bis marck und Nietzsche". (Mai 1892.) „Ich werde nie eine Polemik gegen Sie führen, wie der „Vorwärts" (dessen Re dakteur und Polemiker Schönlank damals war), da ich Sie persönlich kenne und schätze, aber eben deshalb betrübt eS mich aufrichtig; daß Sie von Bismarck und Nietzsche nicht loskommen." (Mai 1892.) „Ich schätze Ihre Apostata-Bücher außerordent lich hoch (folgen Lobsprüche). . . Ich stelle Ihre Bismarck bewunderung auch keineswegs auf dieselbe Stufe wie die Bis- marckerei der Bülow (gemeint ist Hans von Bülow!) und Ge nossen." (September 1892.) ... — Mehring sucht den Glau ben zu erwecken, als habe Schönlank für ihn und gegen mich Partei genommen. Auch diese Darstellung ist unwahr. Um Ihnen auch dafür einen dokumentarischen Beweis zu lie fern, greife ich aus dem stattlichen Haufen Briefe, die Schönlank mir in seinen letzten Lebensjah ren schrieb, zunächst einen heraus, der — er ist vom 14. No vember 1901 datiert — mit dem Satz schließt: „Auf gutes Ucberstehen Ihrer Haft, auf gute Aspekten für die „Zukunft" und auf Wiedersehen rechne ich mit festem Gruß als Ihr ganz ergebener Bruno Schönlank." . . . Wahr ist, erweislich wahr bleibt also: Mehring hat mir, dem politischen Gegner, dem „Bismarck-Schwärmer", seinen Parteigenossen Schönlank als „Buben", als „Lümmel", als „Schuft" denunziert und wenige Jahre danach für dasselbe Blatt desselben Schönlank Artikel geschrieben." Wir glauben immer noch nicht daran, daß die „Ge- nossen"-Nolle des „psychologischen Rätsels" aus gespielt sei; er könnte sonst wieder einmal eine anti sozialdemokratische Parteigeschichte schreiben. Berlin, 21. September. (Sozialdemokratie und Beamtentum.) Betrachtungen über die Erfolge der Sozial demokratie häufen sich von Tage zu Tage in den politischen Blättern. Auf einen Umstand aber, der zur Förderung der Sozialdemokratie in erster Linie gedient hat, weist eine kleine Broschüre von einem mittleren Beamten „Sozialdemo kratie und Beamtentum" (Berlin und Leipzig, Friedrich Luckhardt) hin. Wenn wir auch nicht jede Ausführung des ungenannten Verfassers unterschreiben können, so gibt diese Darlegung doch viele beherzigenswerte Winke, die haupt sächlich gegen das höhere Beamtentum, gegen dessen Abgeschlossenheit und hochfahrendes Wesen in der Behandlung der mittleren Beamten sich richten — — gegen ein so genanntes Mandarinentum, das in den Kreisen der mittleren Beamten die tiefste Unzufriedenheit erzeugt hat. Nur um dieser Ausdruck zu geben, nicht weil die betreffenden Beamten etwa überzeugte Sozialdemokraten seien, hätten Tausende von mittleren Beamten diesmal sozialdemokratische Stimmzettel abgegeben. Der Verfasser schreibt am Schluffe seiner Betrachtungen: Die Regierung möge erwägen, ob es nickt Zeit werde, dahin zu wirken, daß mit dp, bisherigen unhaltbaren Verhältnissen gründlich gebrochen wird. Sie möge den berechtigten und so leicht zu erfüllenden Wünschen der mittleren Beamten endlich mal entgegenkommea. Was wollen diese denn? Erstreben sie etwa eme Gehaltsaufbesse rung oder irgend welche Vorrechte? Nein, nichts weiter, als eine anständige Behandlung, nicht» weiter, als daß man ihnen die Stellung läßt oder wiedergibt, wie sie ihnen nach Leistung und Ueberliefernng zusteht, nicht» weiter, als daß man dem dünkelhaften Treiben gewisser „Höherer" Einhalt bietet, die ihren eigenen Stand heben wollen, indem sie den der mittleren Beamten in seinem Ansehen zu schädigen ver suchen. Befolgt die Regierung dies Rezept, so wird sie die wohltätigen Nachwirkungen schon bei den nächsten Wahlen und auch anderweit feststellen können. 6. ». vcrltn, 21. September. (Die Streik» in Deutschland im Jahre 1902.) Der Leiter der sozial- Bezugs-Preis tn der Hauptezpedition oder deren AuSgab». stellen abgebolt. viertestährlcch.»l 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung tn» Hau» 3.75. Durch die Post vezogen für Deutich- land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, die übrigen Länder laut Zeitungspretsüste. Redaktion nnd Ervedition: Ivhanntsgasse 8. Fernsprecher löü und 222. AksdedHahn, Vuchhandlg., UntversitttSstr.^ 8. Lösche, Natharinenstr. 14, u. KünigSpl. 7, Haupt-Filiale vresden: Marienstraße 34. Fernsprecher Amt 1 Rr. 1718. Haupt-Filiale SerNn: Earl Duncker, Herzgl. Bahr. Hojbuchhaudlg, Lüpowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4808. Morken-Andgllve Anzeiger. Ämtolisalt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales und des Aolizeianrtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen »Prei- die 6gespaltene Petitzeüe 25 Lj. R« kl UI» IN unter dem RedaktionSstrtch l»gespalten) 75 »or drn Familiennach- rtchten <6 gespalten) 50 H. Tadellariicher und Zisfernsatz entiprechend HSHer. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSaabr, ohne Postbelörderung 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. Ännahmelchlub für Änretge«: Abend.Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgrn-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an dt« Expedition zn richte». Di» Expedition ist Wochentag» ununterbrochen grüssnet von früh 8 bt» abend» 7 Uhr. Druck »nd Verlag vo» A. Polz tu Leipzig. Nr. 482. Dierrötag den 22. September 1903. 97. Jahrgang. demokratischen Generalkommission ReichtagSabgeordneter C. Legten ist ein außerordentlich fleißiger Statistiker, so eben hat er eine sehr detaillirte Zusammenstellung der Streiks im Jahre 1902 den Gewerkschaften mitaetcilt. Diese Zu sammenstellung weist 8kl Streiks und Aussperrungen mit 55 713 Beteiligten auf; insgesamt haben dir Ausstände 3224 Wochen gedauert und eine Gesamtausgabe von 2 237 504 6 verursacht. Gegenüber dem Jahre 1901 vermehrten sich also Vie Streiks um 66, die Zahl der Beteiligten um 6747, während die Ausgabe um 278 384 geringer war. Von den Streikenden waren 1902 3428 Frauen. Genaue Angaben Uber den Ausgang sind für 802 Streik« gemacht, und zwar sollen nach Herrn Legten 350 --- 43,6 Proz. erfolgreich, 156 --- 19,5 Proz. teilweise erfolgreich und 296 -- 36,9 Proz., erfolglos gewesen sein. Die meisten Streiks hatten die Maurer, nämlich 176 mit 15 882 Beteiligten; es folgen die Holzarbeiter mit 124 Streik« und 3129 Beteiligten, dir Metallarbeiter mit 122 Streiks und 8826 Beteiligten, die Zimmerer mit 61 Streiks und 4237 Beteiligten. Angriffsstreiks waren nach Legten 289 ----- 33,6 Proz. aller Streiks (1901: 291 ----40 Proz.), an ihnen waren 32659 Personen, darunter 2468 Frauen beteiligt. Diese Streiks dauerten zusammen 1212 Wochen und erforderten eine Aus gabe von 1 136 343 Erfolgreich waren von ihnen 117 42,4 Proz., teilweise erfolgreich 71 -- 25,7 Proz. und erfolglos 88 3l,9 Proz. AbweyrstreikS zählt Legten 572 -- 66,4 Proz. aller Streik« (1901: 436 — 60 Proz.) mit 23 054 Beteiligten, darunter 960 Frauen, 2012 Wochen Dauer und einer Ausgabe von 1 084 661 Von diesen Streiks waren 233 — 44,3 Proz. erfolgreich, 85 ---- 16,2 Proz. teilweise erfolgreich und 208 ---- 39,5 Proz. erfolglos. In den Jahren, für welche die Generalkommifsion die Statistik über die Streiks geführt hat (1890—1902) sind insgesamt 6212 Streiks mit 645088 Beteiligten und einer Ausgabe von 18892 180 geführt worden. Bon diesen Streiks waren 2699 — 47,2 Proz. er» folareich, 1644--28,8 Proz. erfolglos, 1376—-24 Proz. teilweise erfolgreich. Wenn auch die Aufwendungen, welche von der sozialdemokratischen Arbeiterschaft für die wirtschaft lichen Kämpfe gemacht worden sind, sich genauer Nachweisen lassen, so doch nicht der Verlust, den die Arbeiter durch Aus fall von Arbeitsverdienst hatten. Vom Jahre 1900 ab ist die Streikstatistik zwar auch auf diese Fragen ausgedehnt worden, doch sind die Angaben hierüber nicht vollständig. Es waren zu verzeichnen 1900 : 852 Streiks mit 115 711 Bethetligtea, 1901: 727 - . 48 522 1902 : 861 - - 55 713 2440 Streiks mit 219 946 Brtheiltgten. Davon ist der Verlust an Arbeitszeit und Arbeitsverdienst festgestellt: mit vrrink für Ar^nt'jcii: Ardrit-»»rdimst: 1900 : 608 Streiks mit 62 273 Beth. 1223 702 Tage 4 372 850 1901: 604 - - 38 913 - 1194 553 - 3 997 082 - 1902 : 745 - - 48 153 - 964 317 - 3 759 350 - 1961 Streiks mit 149 339 Beth. 3 382 572 Tage 12 129 282 .»i * Berlin, 21. September. Einen Aufruf an die akademisch gebildeten Lehrer des Deutschen Reiches erläßt im Auftrage des hessischen Oberlehrervereins Professor Block, Oberlehrer am Realgymnasium zu Gießen. ES heißt in dem Aufrufe: „Der Verein bat vor zwei Jahren die Anregung zum Zusammen schluß aller deutschen Oberlehrervereiue zu einem deutscheuOber- lehrerverbande und zur Gründung eine» deutsche» Ober- lehrertageS gegeben. — Eine vom sächsischen Gymnasiallehrer verein im Mai d. I. von Leipzig aus ergangene Umfrage hat gezeigt, daß die große Mehrheit der deutschen Oberlehrervereiue diesem Plane grundsätzlich zustimmt. Die deutschen Landesvereine haben dabet gleichzeitig ihre Bereitwilligkeit auSgedrückt, Vertreter zu einer vorberatendeu Versammlung zu entsenden, die bei Gelegenheit der to Halle a. S. vom 6. bis 10. Oktober tagenden „Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner" stattfindrn sollte. Die preußischen Vereine konnten diese Bereit willigkeit nicht anSsprechen» da zunächst di« Stellungnahme der am 4. Oktober in Hannover tagenden preußischen Dele giertenkonferenz abzuwarten war. Da die Mehrzahl der preußischen Vereine der Gründung eines deutschen Oberlehrer verbandes auf ihren letzten Jahresversammlungen zugcstimmt hat, ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß auch die Delegiertenkonferenz einen günstigen Beschluß fassen wird. An alle Lande»- und Provinzialverrine geht die Aufforderung, zu der vorbrratende« Versammlung, die in Halle, Dienstag, den 6. Oktober 1903, nach mittag» 3'/« Uhr, stattfinde» soll, ihre Vertreter zu entsenden, deuen e« obliege« wird, etnlettende Beschlüsse zu fassen. Gleichzeitig wird an alle Kollege« im Reich« dir Aufforderung gerichtet, zahlreich zu erscheinen und schon bei der Gründung durch ihren Rat daS Werk zu fördern." (-) vertt», 21. September. (Telegramm.) DI« neunte TnHNNg de« Internationalen statistischen Institut» wurde im PlenarsitzunaSsaale de« RcickStags durch den Vor sitzenden Wirft. Geh. Ratv. Jnama-Sternegg eröffnet. Als Vertreter der Behörden waren der Staatssekretär des Auswärtigen Freiherr v. Richthofen, der Reich», schatzsekretär Freiherr v. Stengel, der preußische Minister des Innern Frbr. v. Hammerstein, der württembergische StaatSrat v. Schickler und der sächsische Geheimrat Fischer, sowie andere erschienen. Minister Freiherr v. Hammersteia begrüßte die Mitglieder in deutscher und in französischer Sprache namen» de» Kaiser». Dieser WillkommeoSgruß zeuge von der Bedeutung, die der Kaiser dem Institute beimesse. Redner dankte namen« der preußischen Regierung, daß der Einladung zu dem Sonaretz so zahlreich Folge gegeben worden sei, uud gab einen Uetzer- blick über die Entwickelung der Statistik, die uunmehr al» ernste Wissenskraft angesehen werde. Der Zweck diese« In- stituteS sei, die sür die Zwecke der Statistik unentbehrliche Einheitlichkeit aller statistischen Forschung zu schaffe- und M
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