Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030925015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903092501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903092501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-25
- Monat1903-09
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis in der Hauptrxpeditton oder deren Ausgabe stellen abgeyolt: vierteljährlich ^l 8.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung tu» Hau» 3.78. Durch dir Post be»oaen für Dcutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich .M 4.80, für die übrige» Lauder laut ZeitungSpreigstst«, Ne-aktion un- LrPeditto«: IvhanntSgass« 8. Fernsprecher 183 und LSS. LUtal»»P»dttiv««r r Alfred Pahn, Buchhandlg.. Untversität-str.S^ 2. Lösche, Katharinenstr. 14, ». Köntg-^l, 7.' Hauvt-FMale VresLea: Marien straße 34. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Lerlin: Carl Duncker, Her-gl. Bayr. Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. ÄmssVlatl des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates und des Polizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzelle 2S H. Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gespalten) 78 H, vor den Familiennach richte» («gespalten) 80 H. Tabellarischer und Ziffernlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Osfertrmrnnahme L8 H (excl. Porto). Ertra-lveilagen (gefalzt)^ nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug SO.—, mit Postbeförderung 70.—^ ^nnahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Mvrgeu-AuSgab«: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen stad stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Potz in Leipzig. Nr. "188. 97. Jahrgang. Freitag den 25. September 1903. Magyarischer Mut. */* Das allgemeine drückende Gefühl, das gegenwärtig in Ungarn der Dx lex-Zustand und die Haltung der Magyaren gegen den König unter den nichtmagya rischen Bürgern des Landes erzeugt, wird unter den Sachsen verstärkt durch die Art. wie Preßprozesse gegen sie durchgeführt werden. Erst unlängst ist in einem derselben das letztinstanzliche Urteil in Pest gesprochen und wegen zweier Artikel sind gleich drei an gesehene Sachsen mit schweren Strafen belegt worden, der NeichStagsabgeordnete Lutz Korodi. Advokat Dr. Orendi und vr. Ließ. Bor nun drei und einem halben Jahre hatte letzterer, der damals Redakteur der „Kronstädter Ltg." war, einen „Magyaren und Rumänen" betitelten Artikel in das Blatt ausgenommen, den sein Freund vr. Orendi auS dem rumänischen Blatt „Tribuna" übersetzt und mit erklärenden Ausführungen versehen hatte. Dieser Ar tikel erschien dem Eigentümer des Blattes, Fritz Gött, etwas scharf, und er ersuchte den eben aus der Sommer frische heimgekehrten Lutz Korodi, ihn durchzusehen und zu mildern. Korodi hat dies getan und ist durch diese Ge fälligkeit, indem mit der späteren Beschlagnahmung des Artikels durch die Staatsanwaltschaft auch «in aus den Münchner Neuesten Nachrichten" gegen die Magyari- sierung der Ortsnamen in Ungarn gerichteter, in der „Kronstäbter Ztg." abgedruckter Artikel gleichzeitig be anstandet wurde, zu der auch in Ungarn in solchen Fällen unerhörten Strafe von einem Jahre Ttaatsgefängnis und 2000 Kronen verurteilt worden, während vr. Orendi und vr. Ließ mit einem halben Iabre und 1000 Kronen Strafe belegt wurden. 'Dabei bat sick das Merkwürdige ereignet, daß für die Verhandlung des Prozeßes bei der König!. Kurte in Pest weder die Anklagerede des Bizestaats- anwalts Grafen Läzär, noch die Verteidigungsrede der Verurteilten und ihrer Vertreter in dem Protokolle über die Lchwurgerichtsverhandlnng, die der Entscheidung der König!. Kurie zu gründe lag, enthalten waren. Die Ver urteilung erweist sich somit als eine politische nnd nicht nach juridischen Gesichtspunkten erfolgte, wie der magya risch« Verteidiger de« vr. Orendi vor der Knrie aus- cinandcrsetzte. Nur so ist es auch zu verstehen, daß alle Hinweise darauf, daß das Urteil doch auch den Anteil des einzelnen an dem inkriminierten Artikel berücksichtigen müsse, nicht beachtet wurden. Wenn man mm dieser Angelegenheit nicht so nahe steht, wie die interessierten Kreis« des sächsischen Volkes, em pfindet man doch, daß eine solche Rechtsprechung aufs tiefste beunruhigen muß. Erfreulicher ist es, daß gerade im Zu sammenhänge mit diesem letzten Strafprozesse einzelne Magyaren gegenüber der chauvinistischen Vorein genommenheit uud Erregung hohen, ehrenwerten Mut freier Meinungsäußerung bewiesen haben. Schon bei der Verhandlung des Prozesses in Pest war dies der Fall, indem der Kronanwalt Katona sehr über zeugend auf den Mißgriff in der gerichtlichen Vorarbeit hinwies, daß den, Verlangen, festznstellen, was jeder etnzelneder Verklagten in dem einen Artikel „Magya ren und Rumänen" geschrieben habe, nicht Folge gegeben worden sei. Darin liege offenbar eine Beschränkung des Rechtes der Verteidigung. Es könne beispielsweise der Fall vorgekommen, daß einer einen gänzlich einwand freien Artikel schreibe, zu dem dann der Redakteur eine Schlußwendung setze, die den Charakter des Artikels voll ständig ändere. Solle man nun den Verfasser jenes takt vollen und einwandfreien Artikels auch bestrafen? Die Knrie blieb jedoch bei ihrer Auffassung, daß nicht das Manuskript, sondern der Artikel, wie er im Blatte stand, Gegenstand des Pro zesses sei. Eine Entscheidung von großer Tragweite. Sehr mutvoll war auch das Auftreten des Advokaturs kandidaten Läzär, der, wie erwähnt, vr. Orendi vertrat. Dieser bemerkte, indem er daranf hinwies, daß die Be merkungen vr. Orendis zum „Tribuna"-Artikcl voll ständig ruhig und nicht aufreizend gehalten seien: er hätte diese Verteidigung, wenn er die Ueberzeugung hätte, daß es sich hier wirklich um ..Vaterlandsverräter" handle, als Magyare nicht übernommen. Er betrachte es aber als seine Aufgabe, die Anklagen, die „ü ber die Grenzen des gesunden Chauvinismus hinausgehen", zu widerlegen und zu verhindern, daß die Klagen des siebenbürgisch-säch- sischen Volkes als Aufreizung qualifiziert, und ibre Vertreter in blinder Leidenschaft des mangelnden Patrio tismus geziehen würden. Besonders schön ist aber der Mut bei den Magyaren angesichts dieses Prozesses zutage getreten in einem Artikel -es Kronstädter Blattes „Brassai Lapvk". Während der siebenbllrgisch-magyarische Karpathenvcrein in Kronstadt eine mit einem Bankett verbundene Zu sammenkunft hielt, wobei drei anwesende sächsische Ab geordnete als „patriotische Lachsen" gefeiert wurden, da wies dieses magyarische Blatt in edler Ausführung daranf hin, daß diese Abgeordneten sich ihrem Wesen und ihren Ansichten nach in nichts vom verurteilten Korodi und Genossen unterschieden, ja. wie vr. Karl Lurtz beispiels weise, noch schärfer hervvrgetreten seien. Wer habe nun recht, der die „patriotische Sachsen" feiernde Präsidenten toast oder die Kurie mit ihrem Nechtsspruche in Pest? Gleichzeitig wird die hetzende und die siebenbürgischen Ver hältnisse im verzerrten Bilde darbietende hauptstädtische Presse einem vernichtenden Urteile unterzogen. Vor solchem magyarischen Mute in den gegenwärtigen Zeiten und Verhältnissen zieht die gebildete sächsische Ge sellschaft den Hut. 'Leider ist er bloß eine schöne, ehren werte, vereinzelte Erscheinung; aber das Urteil der Kurie bleibt aufrecht, und zwischen das gegenseitige nationale Verstehen drängt sich ein immer weiterer Abgrund. Deutsches Reich. -V- Berlin, 24. September. (Die Baseler Ver handlungen der Internationalen Ver- einigungen für gesetzlichen Arbeiter- s ch u tz.) Tie Berichterstattung über die Verhandlungen, die vom 0. bis 11. September die ständige Kommission der Internationalen Vereinigung für gesetzlichen Ar- beiterschuy in Basel geführt hat, ist sehr lückenhaft ge wesen. Um so dankenswerter ist cs, daß einer der Teil nehmer, der Karlsruher Fabrikinspektor vr. Fuchs, in der „Sozialen Praxis" eine Ergänzung liefert. Rach dieser liegt die Bedeutung der Verhandlungen weniger in der Wichtigkeit der Beratungsgegen- stände selbst, als in der Lösung der diplomatischen Auf gabe, die Wege zu finden, auf denen mit Aussicht auf Er folg zu internationalen Vereinbarungen gelangt werden kann. Znr Herbeiführung des Phosphor Verbots und des Verbots der F r a u e n n a ch ta r b e i t sollen nach den Baseler Beschlüssen auf einer internatio nalen N e g i e r u n g s k o n f e r e n z, zu deren Her beiführung der schweizerische Bundesrat die Initiative ergreifen soll, bindende Entscheidungen gefaßt werden. Je bedeutungsvoller eine erste Entscheidung dieser Art für die Weiterentwickelung des Arbeiterschutzes wäre, um so mehr wurde in Basel bedauert, daß Deutschland, im Gegensätze zu den meisten Industriestaaten, amtlich nicht vertreten mar. Was die Baseler Beschlüsse einzelnen betrifft, so einigte man sich in der Weiß- pH vsphorfrage dahin, daß es nicht möglich sei, auf anderem Wege die Arbeiter gegen die Gefahren des weißen Phosphors zu schützen, als durch ein gänzliches Verbot seiner Verwendung. In dieser Weise haben be reits Deutschland, Dänemark, Holland und die Schweiz in Bezug auf die Zündholzindustrie verfahren, und ähn lich ist auch Frankreich vvrgegangcn. Eine andere Lösung fand in Basel die Bleiweistfrage. Ein Verwen- dmrgsverbvt des Blciweistes kann ohne Verletzung der eigenen handelspolitischen Interessen von jedem Staate unabhängig erlassen werden; es erschien daher nicht er forderlich, diesen Punkt zum Gegenstand internationaler Vereinbarungen zu machen. Hinsichtlich der Frauen arbeit erschien es notwendig, mit Rücksicht auf die be sonderen Verhältnisse der Hausindustrie und die Schwierigkeit der Regelung auf dem Wege des Gesetzes sich auf die außerhalb des Hauses gewerblich tätigen Ar beiterinnen zu beschränken, zugleich aber behuss Ver hütung der Zunahme hausindustrieller Betriebsfvrmen Erhebungen über eine gesetzliche Regelung der Heimarbeit zu empfehlen. Als Dauer der ununterbrochenen Nacht ruhe schien ein Mindestmaß von 12 Stunden erforderlich und möglich, wobei festzuhalten ist, daß die Frauenarbeit im Veherbergungs- und Erquickungsgewerbe, sowie im Handels- und Verkehrsgewerbe von der Erörterung aus geschlossen war, demnach nur die Frauenarbeit in Werk stätten, Fabriken und Bergwerken in Betracht kam. Ausnahmen von dem generellen Verbote der Frauen nachtarbeit sind nach den Baseler Beschlüssen für Fälle von Betriebsgefahren, für die Konservierung der Fische und auch für die Herstellung von andern Konserven vor gesehen. Den Saisonindustrien soll Ueberftundenarbeit gestattet sein, wofern die Dauer der Nachtruhe nicht unter zehn Stunden herabgeht. Weitere Einzelheiten konnten nicht in Angriff genommen werden». L. Verltn, 24. September. Der Geburtstag des Herzogs von Cumberland ist von den hannoverschen Welfen in der üblichen Weise gefeiert worden. Betreffs der Festreden halten sich die Welfen bei solchen Anlässen an das Prinzip der Arbeitsteilung. Je ein Festredner bringt ein Hoch auS auf den Herzog Ernst August, aus die Königin Marie, auf die Herzogin Thyra, auf die Prinzessin Mary, auf den Prinzen Georg Wilhelm, auf die jüngeren Prin zessinnen (ausnahmsweise in Verbindung mit dem Prinzen Ernst August), auf die Damen, auf die welfischen Reichs tagsabgeordneten, auf das Hannoverland und auf die han noversche Treue. Bei diesem Verfahren gelangt man zu einer stattlichen Reihe „brausender Hochs", die das Feuer welfischer Begeisterung in erwünschtem Grade entfachen. Einer der hannoverschen Festredner, der Reichstagsabgeordnete Graf v. Bernstorff-Wehningen, hat es an der üblichen Be teuerung nicht fehlen lassen, daß der Kampf des Welfentums wesentlich im Interesse Deutschlands, für jedes deutsche Fürstenhaus, für jeden deutschen Volksstamm, für eine echt deutsche Entwicklung geführt werde. Einen Kommentar hierzu lieferte der ReichslagSabgeordnete Frhr. v. Scheele- Wunstorf durch den Ausspruch: „Auf der einen Seite steht heute die antimonarchische sozialdemokratische Umsturzpartei, auf der andern dagegen diejenigen, die der Macht folgen: die Byzantiner, Streber und Heuchler." — Daß Pauschal verleumdungen solcher Art im Interesse Deutschlands, jedes deutschen Fürstenhauses, jedes deutschen Volksssammes und einer echt deutschen Entwicklung liegen, daran zweifelt hoffentlich der Herr Baron nicht rm mmdesten! * Berlin, 24. September. (Katholisch-theo logische Fakultäten an deutschen Univer sitäten.) Mit Eröffnung der katholisch-theologischen Fakultät an der Universität Straßburg wirb die Zahl solcher Fakultäten im Deutschen Reiche neun betragen. Katholische Abteilungen neben den evangelischen haben die theologischen Fakultäten -er Universitäten BreSlau, Bonn und Tübingen, während die Universitäten Freiburg, München, Münster und Würz burg und das Lyceum Hosianum in BraunSberg ausschließlich katholisch-theologische Fakultäten haben. Der Lehrkörper an diesen Fakultäten besteht insgesamt aus 88 Dozenten, davon 54 Ordinarien, 3 ordentlichen Hono rarprofessoren, 14 Extraordinarien und 14 Privat dozenten. Die Zahl der Studierenden beträgt insgesamt 1628, von denen Bonn (mit 311 Immatrikulierten) die größte Anzahl auszuweisen hat; daran reihen sich Münster (300), Breslau (209), Freiburg (205), Tübingen (191), München (161), Würzburg (113) und Braunsberg (48). Lyceen bestehen in Preußen, außer Braunsberg, nicht; als Feuillstsn. Vie sog. „Wurmkrankheit" und ihr Erreger. Es ist jetzt in offiziellen Kreisen und daher auch in -er Tagespresse viel die Rebe von der ,Murmkraukhcit". Was ist das? Nun zunächst einmal in dem besonderen Falle ein ganz schlecht gewählter Name, der sicher von keinem Zoologen und keinem Arzte, obwohl die manch mal manches fertig bringen, überhaupt von niemandem, der nur ein wenig Fachmann ist, für die Krankheit, um die es sich handelt, eingeführt sein kann, der vielmehr vermutlich au- irgend einer Zeitung ober vom grünen Tische stammt. Allerdings gibt eS den Begriff Wurm krankheit, oder besser Wurmkrankhetten, denn eS sind ihrer «'ne ganz« Anzahl, und man kennt ihn schon lange, und zwar unter diesem Namen. Hören wir, wie schon vor 81 Jahren Pierer in der dritten Auflage seines „Universallexikon-" di« Sache erklärt: ,Murmkrank- heit (WurÄrsucht, HelminthiE«, vsrmimttin), Leiden und Zufälle, welche durch eine zu große Anzahl von Würmern im Darmkanale erregt werden, und der krank hafte Zustand, der Verschleimung nahe stehend, welchen di« Erzeugung der Würmer vorzugsweise bedingen soll." An dieser Erklärung ist jebenfall- so viel richtig, daß eS mebr al- eine Wurmkrankheit gibt, sie umfaßt Leiden und Zufälle, alle- andere ist falsch und entspricht dem Standpunkt«, auf dem die Lehre von den Eingeweide- Würmern in jener Zett stand. Außerdem ist jener Begriff durch die Kenntnis der beiden wichtigsten Wurmkrankhetten des Menschen seitdem sehr wesent lich erweitert worden, durch die der Trichinose und der Dochmiose. Diese Dochmiose ist eben daS, was jetzt al» Wurmkrankheit in den Zeitungs spalten herumspukt. Sie heißt auch ägyptisch« Ehlorose (Bleichsucht), Tunnel- ober Gotthard- krankheit, Ziegelstreicheranämie (Anämie -- Blutarmut), Sumpfsivber oder Sumpf kachexie, gelegentlich wohl auch Minenkrank heit, obwohl dies« letztere eigentlich eine ganz ander« Sach« ist Die Dochmiose ist «in« recht -«fährliche Krankheit, die mit schweren Leiden verbunden ist und nicht allzuselten sogar zum Tode führt. Di« von ihr Befallenen erhalten ein „Iachekttfch«S^ AuSs«ben, magern ab, die K«ttlag« unter ihrer Haut slbwinhet, birf« f«ltzst wird faltig und runzlig, di« Sesschi-far-« wird fahl, «S treten «er» dauungsstörungen und Darmblutungen und durch diese starke Blutverluste, Blutarmut, Herzklopfen, Schwindel, Ohrensausen usw. ein. Der Veranlasser dieser Krankheit ist nun allerdings ein schmarotzender Wurm, und insoweit ist sic eine „Wurmkrankheit". Auf deutsch hat der Wurm den schönen Namen ,Lwölffingerdarm-Pallisadenwurm des Menschen", und auf Lateinisch führt er mehrere Gattungsnamen (wie Gauner bekanntlich immer ihre «Uns haben!), und zwar 8trong^Ius und voeümiug <1u<xi»n»Us oder ^nlc^Iostomum ckucxlonale. Er wird im männlichen Geschlecht 6 bis 10, im weiblichen 10 bis 18 Millimeter lang und seine Dicke beträgt 0,4 bis 1 Milli meter. Sein Kopfende ist schwach nach -em Rücken zu zurückgebogcn, und fein weiter Mund führt in eine ge räumige, kapsclartige Mundhöhle, die mit einem feinen Horn-iChitin)bclag ausgekleidct ist. Unten nach der Bauchseite zu finden sich in der Mundhöhle jederseits zwei starke, spitze, au» Chitin bestehende, stilettartige, oben nach dem Rücken zu zwei schwächere Zähne, also im ganzen sechs, rechts und links je drei. Die Färbung dieses WurmeS ist graulich- oder gelblichweih, manchmal wenn er sich voll Blut gesogen hat, rötlich, und seine Ränder find allenthalben durchscheinend. Das Hintere Kvrperende ist beim Männchen breilappig, etwa kleeblatt förmig. Der Mittcllappen ist kleiner als die beiden Seitenlappen und hat nur eine mittlere verdickte Längs- rippe, jeder Seitenlappen aber fünf, die strahlig von einem Punkte nach dem Rande zu verlaufen. Dergleichen Hintere Anhänge kommen bei den männlichen Individuen solcher Würmer häufig vor, und sie heißen mit dem Raume, den sie umschließen, öurss«, Laschen oder Beutel. Die Würmer bohren sich mittels ihrer Chttinzähne in die Schleimhaut deS Zwölffinger- und Dünndarmes ein, haften sehr fest und saugen energisch, indem sie mit der Mundkapsel pumpende Bowegnngen ausführen. Bohren sie ein etwas größere- Gefäß als eine Kapillare an, und da» geschieht ost genug, so können die Darmblutungen sehr stark und gefährlich werden, zumal wenn die Schmarotzer, wie da» keine Seltenheit ist, bei Hunderten und bei Tausenden im Darme Hausen. Je mehr es ihrer sind, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit der Ver letzung stärkerer Gefäße und gesteigerter Blutungen. Die Weibchen sind sehr fruchtbar und produzieren eine Menge, auch für so kleine Tiere winziger, 0,05 Millimeter langer und 0,023 Millimeter breiter Eier, die, wenn sie > gelegt werden, schon auf einem gewissen Grad der Eni- I Wickelung stehen. Sie gelangen tnö Freie, und wenn I sie in Wasser ober Schlamm geraten, was unter den ver- Ihältnissen, unter denen die Wirte o-er Träger der Würmer leben, für ein gut Teil derselben sehr wahrscheinlich ist, so entwickeln sie sich außer halb des Menschen zu sehr kleinen Embryonen, die sich zweimal häuten. Die zweite Haut wird aber uichi abgeworfcn, sondern umschließt den jungen Wurm wie eine Kapsel. In diesem Zustande besitzt er eine be deutende Widerstandskraft, kann ziemlich lange ohne Nahrungsaufnahme lebend bleiben, ja verträgt sogar ein mäßiges Eintrocknen. Hierdurch wird die Möglichkeit, daß er, in den Wirt, in dem er geschlechtsreif wird, gc- langt, bedeutend vergrößert, da er ja Zeit gewinnt. In diesen gelangt er aber, und unter Umständen tn großer Menge, durch einen Trunk Wasser oder sonst zufällig, indem an den Händen des mit und in feuchter Erde han tierenden Mannes, eines Ziegelstreichers etwa, solche nach ihrer zweiten Häutung eingeckapselte winzigen! Würmer hängen bleiben und unvermerkt in den Mund und weiter in den Darm kommen. Hier wachsen st« und pflanzen sich fort. Um die Möglichkeit, daß Menschen sich mit diesen Würmern infizieren, recht würdigen zu können, ist eS nötig, den Verhältnissen, unter denen solche Leute leben, zunächst Rechnung zu tragen. Am längsten ist die Krank heit aus Aegypten und Oberitalien bekannt, und erstere» mag wohl ihre Wiege sein. Hier leidet nach Grie singer der vierte Teil der Bevölkerung an ihr, und zwar die ärmeren Schichten, die Fellnhs usw. Nun muß man sich vergegenwärtigen, daß es in Aegypten und fast im ganzen Süden und im Orient keine öffentlichen, ja in geringeren Wohnungen vielfach nicht einmal häusliche Bedürfnisanstalten gibt, was vielen von uns, z. B. mir, den Aufenthalt in Italien so zuwider macht. Ebenso wenig gibt es meist geregelte Wasserleitungen, Brunnen und so weiter. Arge Verunreinigungen deS TrtnkwaflerS können daher, und besonders in Aegypten, nicht auö- bletben, und wer dort unabgekochtes Wasser trinkt, hat sehr viel Chancen, sich die Dochmiose zuzuziehen. In Obcritalicn sind eS die Reisbauern, die dieser Krankheit am meisten ausgesetzt sind. Die ausgedehnten Felder, auf denen Reis gezogen wird, sind mit Wasser bedeckt, Bo dürfnisanstalten gibt eS dort ebensowenig, wie in Aegypten, dazu noch der mangelnde Reinlichkeitssinn de» Italieners der Mittlern und geringer« Stände, — alle» das zusammen genügt! Mit italienischen Erdarbeitern kam die Krankheit An fang der 70cr Jahre unter die Bauleute des St. Gotthard- tunnels, trat hier in äußerst gefährlicher Weise und in bedeutendem Umfange auf und lenkte die allgemein« Auf merksamkeit »um ersten Mal« tn grvtzerem Matz« auf sich. In solchen großen Tunneln herrscht bekanntlich stets eine allgemeine Feuchtigkeit, Boden und Wandungen sind immer naß, und bei der dickst gedrängten Menge von Menschen, die bei solchen Gelegenheiten nicht zu ver meiden Ist, und bet dem bekannten Schlendrian, der dann in Beziehung von Reinlichkeit und sanitären Maßregeln herrscht, und der, wenn die Vorgesetzten ihre Pflicht täten, allerdings leicht zu vermeiden wäre, konnte es nicht aus bleiben, daß die Dochmiose einen noch nie gekannten Um fang erreichte. Durch an dem Naue beschäftigt gewesene und entlassene Arbeiter wurde die Krankheit nun weiter verbreitet. Sie trat zunächst unter den Ziegclstreichern der Aachener Gegend und des westlichen Belgiens, un fast gleichzeitig unter den Arbeitern in den Bergwerken Ungarns auf, wo ja fast überall ähnliche Zustände wie im Gotthardtunnel herrschen. Bergleute und Ziegel streicher wandern aber hin und her, und wo sie Arbeit finden, stellen sie sich ein. Daher ist denn die Krankheit gegenwärtig im westlichen Europa, in Frankreich, Belgien, Deutschland und in Oesterreich-Ungarn in Bergwerken, Kohlengruben, Ziegelstrcichereien usw. weit verbreitet. In den meisten tropischen und subtropischen Gebieten der Alten Welt mag sie schon seit lange ziemlich allgemein anwesend, wenn auch nicht beobachtet sein, jetzt ist sie auch in die entsprechenden Gegenden -er Neuen Welt eingeführt und nachgewiescn worden. Eine nahe verwandte Wurmart fvcx-hmins trigono- osplmln»), mit demselben Entwickelungsgang, wie ihn der Zmölffingerdarm-^Pallisadenwurm des Menschen hat, findet sich beim Haushund. Die Dochmicn sind durch die bekannten Mittel: Farn- krauteytrakt, Thymol, Terpentinöl n. dergl., leicht ab- zutreiben. Die großen Mengen, in denen der Vmhrviu.-« ckunckev.Im oft beim Mensthen auftrttt, ist auf wiederholte Infektiou mit Brut zurückznführen, denn innerhalb deS Darmes entwickelt sich dieselbe nicht auS Siern, sondern stets nur im Freien. Ein Punkt in der Naturgeschichte dieser Tiere ist noch nicht klar, ob sie nämlich, um sich im Dünndarm des Menschen weitcreninstckeln und geschlechtsreif werden -n können, sich als Larven zweimal gehäutet haben, also tn «ingekapseltem Zustande in den Darm gelangen müssen, oder ob sic auch vorher schon zur Vciterentwickclung fähig sind. Die Sache ist wichtig, aber experimentell sehr schwer festzustellen. l,.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite