02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021206023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902120602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902120602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-06
- Monat1902-12
- Jahr1902
-
-
-
8476
-
8477
-
8478
-
8479
-
8480
-
8481
-
8482
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs.Preis dl Hauptrxpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich ^l 4.bO, — zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau- K.KO Durch die Post bezogen für Deutschland u Oesterreich vierteljährlich./i 6, für die übrigen Länder laut Zeitung-Preisliste. Redaktion und Ervedition: Ivdanntegasse 8. Frrniprechei >53 und 222. Filtale»pedttt»«en r Alfred Hahn, BuLdandlg., ttuiversttät-str.8, A. ttösche, ttalhariaeastr l4. u. Künlg-pk. 7. Hauvt-Filiale Dresden: Strehiener Straße S. Fernsprecher Amt 1 Nr. k7kL Hauvt-Filiale Serlin: Königgrützer Straße lkS. Fernsprecher Amt VI Nr. SSSS, Slbend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des A'önigkichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Auzeigeu-Preis die 6 gespaltene Petitzeile LS H. Reklame» unter demRedaktiou-strich (-gespalten) 75 vor den FamUiennach» richten (ü gespalten) SO H. Tabellarischer und Zifsernsa- entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Mora-n-AuSgabe, ohne Postbesürderung 60.—, mit Postbesürderung ^li 70.—» Annahmeschluß für Adrigen: Abeud-AuSgabe: vormittags lO Uhr. Morgeu-LuSgabr: NachmUtagS 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richte». Tie Expedition ist wochentags ununterbrochea geöffnet von früh 8 bis abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. Nu «21 Sonnabend den 6. Dezember 1902. 8«. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. Dezember. Ruhe nach Sem Sturme. Da eine sehr erhebliche A izabl der Mitglieder des Reichs tag- gestern während der Sitzung schlief und vorauSstchtlich auch deute hätte schlafen können, ohne dadurch den läbarakier der Berhandlungen zu verwischen, so bä te er eigentlich beute nicht auSzuruben gebraucht. Daß die Mebrheit sich doch ent schloß, die Sitzung ausfallen zu lassen, liefert jedenfalls den Beweis, daß die Hoffnung auf Berabschledung der Zollvorlage in dritter Leiung vor Weihnachten geschwunden »st und daß man zus,irden sein wud, wenn eS geling», Ende nächster Woche die zweite Plenarberatung mit der Än- nadme des Antrag- Karborff zu Ende zu biingen. Da in der Woche vor dem W ibnachisfest eifabrungSgemäß an ein beschlußfähige- Haus nicht zu denken ist, so werden eanu die Ferien beginnen und die dritte Lesung der Zollvorlage erst nach der ersten EtaiSberatung in der zweiten Hälfte des Januare in Angriff genommen weiden können. Wätueud der geitern eingetretenen Pause, die sich eine.' Feiertags halber bis z»m Diens tag eist.eckl, wird es die Hauptaulgabe der Herren Rcicksbolen sein, sich den schon gestern von unS mitgeleillen und gleich zeitig im Reich tage eingebrachlen Antrag Groeber auf Ab änderung der Geschäftsordnung binsichtlich der Geschäflsordnungsvedatten recht genau anzuieben und >bn auf seine inöglichen Folgen zu piüfen. Er will be kanntlich den ersten Satz des Z -4 ter G schäflsoidnung, nach dem nur diejenigen Mitglieder des Haules soioriige Zulassung zum Worte verlangen können, welche über die Ver- Wertung zur Geichäslsoidnung reden wollen, dabin ändern, daß das Wort zur Geichäftsordnung nur nach freiem Ermessen ces Präsidenten erteilt Werren und eine von ibm zugelafsene Beme, kung zur Geschäftsordnung die Dauer von fünf Minuten nicht übersteigen darf. Er ist von nicht weniger als 220 Abgeordneten, auch von lolchen, die den Antrag Kardorff nicht unterstützen, unterschrieben und ist also nicht nur der Annabme sicher, sondern wird wabrscheinlich nicht einmal der GclchäjlsorvnungSkvmmission überwiesen werden. Um so sorgfältiger sollte er, bevor er am Dienstag zur Be ratung kommt, auf irres Wort untcriuckr werden. Es unterliegt ja keinem Zweifel, daß die GeichältSordnun^ nicht nur verbesserungStäolg, sondern auch ve> besserungs- bedüif'ig ist und daß der Möglichkeit der W> verkeu, von Manövern, die selbst der Ang. Richter als rin Attentat gegen den Parlamentarismus auf daS ent schiedenste veru>teilt bat, voi gebeugt werden muß. Aber Wir müssen wiederholen, daß es uns sebr bedenklich erscheint, es ganz in ras freie Erm.ssen des Präsidenten zu legen, ob er das Wort zur Geichäiteordnung erteilen soll. Ter Präsident »oll ja der Vertrauensmann beS Reichetags sein, aber er kann sich den Paiteimann doch nichi aus dem Leibe »eigen. Und wenn nun, was gar nicht unmöglich in, nach den bevorstehenden Reichstag-Wahlen eia Bertrauens- niann der Sozialdemokraten, vielleicht gar einer von denen, die eine H.uplroUe bei den Obstiukuonsmanöoern gespieli, in das Präsidium kommt, darf man wo.l auch von ihm erwarten, daß sein „fieies Ennessin" bei der Ei- teitang des Wortes zur Gelchailsoibnung »n Sinne der Gereckiigkeil au. fällt? Auch die Fristbenirffung von jüns Minuten eischcint uns zu knapp, oa es sich bei ernsthasten Eiöuerungcn zur Geschäftsordnung zuweilen um recht complicierte und wichtige Fragen handelt. Die bis zum Dienstag auSrubenden Abgeordneten, besonders die nationatliberalen, haben daber alle Ursache, den „Antrag Groeber" gründlich aachzuprüfea. Regierung und Klertkaltsmns. Die „Kreuzzeitung" fordert mittelbar den BundeSrat auf, seine Zustimmung zur Aufhebung von tz 2 des Zefuitengesetze« zu geben, weit darin „nicht notwendig eine Eischeinungsform der G.fälligkeitSpolirik gegenüber dem Zentrum liegen würde, sondern eher der Ausdruck der iLrkenntnis, daß die frühere Haltung des Bundesrats zu dem Gegenstände nicht gerechtiertigt war". — Zu Wirklichkeit müßte die fragliche Zustimmung des Bundesrats im jetzigen Augen blicke angesichts der Verständigung über den Zolltarif unter allen Umsläuden als „eine E scheinunasioim der G fällig» kei spolitik gegenüber dem Zentrum" ausgefaßt weiden. Edarakteristischerweiie macht die „Kreuzztg." den BundeSrat, bezw. die preußncbe Regierung, der Zustimmung zur Auf hebung de- Z 2 des I smtenges.tzes duich die weitere Be> haup'ung geneigt, baß in den letzten Zabren dem Zentrum leine wesentlichen Zugeständnisse ans kirckenpolüffchem Gebiete eingeräuml worben >cien. Auch diese Aufs ssung läßt sich in« Hinblick auf die tatsächlichen Beaebeiibeuen der letzten Zabie nicht ausiecht crbalten Sowohl auf dem Gebiete der lirchen- polilischen Gesetzgebung, wie au» dem der Verwaltung ist auch die preußilchc Regierung dem Zentrum recht weit enl- gegengekommen. Man deute nur an die zahlreichen Zu lassungen von Ordeiisgetrllichaften und an die zahlreichen Beamtenernennungen, die — teilweise lelbll nach llculalem Eingeständnis — dem bekannten Verlangen nach „Parität" entsprachen und in einzelnen Fällen, wie bei der Er nennung des Prozessors Schulte zum Leiter des bistoritchen Instituts in Nom (gleich der reich ländischen Angelegenheit des Prosessois Spahn) selbst in die llni- versilälslphäre fielen. Vor all m aber zeigt ter Verlaus, den die Beratung des E dar fr e i l agsge> etzes genommen bat, wie raich die preußnche R gieruna zum Voneile des Klerikalismus ihre gruuvmtzücke Stellungnahme preisgibt. Als das Evarsreitagsgesetz zu Antang des Jahres lt>99 im Herr»nbause eingedrachl war, har schwerlich irgend jemand angenommen, daß die Negierung ihren Standpunkt, dem Ehaifreilag für den ganzen Unitang des Staaisgeblets die Geltung eines allgemeinen Feiertags zu verleiven, aus geben werde. Denn die Begiünbung j.nes Gcfetz- eniwurss betonte ausdrücklich: die Regelung der in Betiacht kommenden Verhältnisse werde „zweckmäßig nur dadurch cisolgen können, Vag dem E aifreilag du,ch Siaaisgesetz einheitlich für bas ganze Staatsgebiet der E aiakier eines büigeilich zu respektierenden allgemeinen Feiertags beigelegt wud." Enllprechend dem klerikal konservattven Verlangen stimmte da n die R gicrung jener vi-lberusenen Aenberung zu, die in überwiegend kaibvliichen Gegenden die herkömmliche W.rktagSiäligkeil gestaltet. Lvenu die „Kreuzzeitung" hierin kern we>enil>ch.s Zugeständnis an raö Zent,um erblickt, dann darf — das Zentrum mit ihi höchlich zufrieden sei»! Tie druts.h-tschcchischc AusglcichSalt an. AuS Wien Wut) uns unlerm 5. Lezemoer gemeldet: Einer heuie auSg geoenen Mitteilung zuso ge v>eti die par a meniaiitchc Kvininiffion des Iungl>ckecheu-Klubs heule vonnillag eine mearstünbige S tzaug ab, in welcher der von den deutschen Parteien beschlossene Programmentwurf zur Besprechung gelangte. Aus den in der Sitzung geäußerten Anschauungen ging hervor, daß die in dem Entwurf der deutschen Parteien bargelegten Grundsätze der Mehrheit unannehmbar erscheinen Die parlamentarische Kommission beschloß, in einer sür den Nachmittag angesetzlen gemeinsamen Bespiechunz mit den Vertretern der konservativen Groß- grunvbeiitzer und böl,milchen Agrarier die Aufarbeitung eines ansiührlich:n SchnflslückeS zu beantragen, welches die positive Giundlage zur Löiung der zwischen den Tschechen und Tcui'chen in den Ländern der böhmischen Krone streitigen Fragen enthalten soll. — In der gemein- tamen Konterenz der konservativen Großgrundbesitzer und Zungtschechcn wurde nach eingehender Debatte beschlossen, eine positive Grundlage für die Verhandlungen über die Gesamtheit der zwischen den Deutschen und Tschechen streitigen Fragen einzuichlagen. Die tschechischen Agrarier und böhuii'ch -nationalen Sozialisten eiklärten sich bier- mil einveistancen, bedielten fick jedoch vor, eigene Er- llärnngen über die deutschen Vorschläge zu verfassen. Die von beibcn Gruppen gemeinsam beschlossene Erklärung betagt, die Gruppen lehnen jedwede Verhandlung über die Vorschläge der deutschen Parteien ab und würben jede Anbahnung auf die'er Grundlage als Nieder gang des staatsrechtlichen, nationalen und politiicken Be wußtseins der Vertreter deS böhmischen Volkes im Neichsrate ansehen. Sine „kex Heinze" in Belgien. In der belgischen Deputiertenkammer kam cS am Donnerstag zu lebhaften Auftritten anläßlich der Beratung der mit der lox Heinze verwandten Wortreichen Vorlage. Die Kammer beriet m geheimer Sitznng über die Zulässig keit des Ausschlusses ber O sfenil ckkeil für dre Verhandlung über Artikel l ber Woesleschen Vorlage, ber die öffentliche Vorleiung auS pornograpbi'chen Schriften verbietet. Nach längeren Ausiührungen Woestes wird der Ausschluß der Oefseutlichkeit gebilligt und über den Artikel selbst beraten Der Sozialist Demblon weigert sich, nun mehr das Wort zu nehmen. Nach kurzer Betpreckung w.rv ber Artikel gegen Vie Stimmen der Libeialen, Fort- ichiittler und So,«allsten angenommen. Bei der Ver kündigung des Al-ftimmungsergebnisscS erheben die Sozialisten Läim und beichultigen die Mehrheit, in gröblichster Weife de verfassungsmäßigen Rechte verletzt zu haben. Der gemäßigte Libeiale Hvmans erwidert ihnen, sie hätten ,a freiwillig aufs Wort verzichtet und darum keinen Grund zu Beichwerden. Um 4 Udr werden die Ver treter und das Publikum zu den Verhandlungen wieder zü gel ssen. Demblon nimm» die Moralibeologie LiguoiiS zur Hand und will seine Vorlesungen fortietzen, der Vo sitzende eniziehl ihm aber das Work. Die Linke erbebt lärmenden E nspiuÄ. Der Klerikale Hoyois beaniragl einen Zusatz zu A iikel 9, wonach schküpsrige Neven und Lieder, rxr Murker- fänrigen vo geliagen, mit doppelter Strafe belegt werden s.-lleu. L/ie Negierung billigt den Zusatzantraz. Dembron süart e ne von Paul Bert in der französischen Kammer gehaltene Rede an, worin Auflätze über unsiiliiche Themata geiügt werden, die den Schülern der Pariser Ecole N.'imais aufgegeben worden wären, und gebt dann w der zu Li.iuor» über. Die Rechte versucht vergeblich, .ii zu übertönen. Demblons Sienioistlinme dringt ver- e mlich bis zur Zouinalistentrlvüne. Ter klerikale Renklin ectiäit, der von Demblon verkeiene Text sei gesäffcpl; er erinnert an den in Oesterreich jüngst zur Verbandlung ge langten Prozeß über die Graßmannsche Liguoribrosckur: und schließt, weder die Schriften Liguoris noch die Skandale des Papstes Alexanders VI. können das Ansehen der chiistlicheu Moral beeinträchtigen, selbst Taine, der unseren Glauben nickt besaß, hat dem Christentum seine feierlicke Huldigung dargebrackt. Die Rechte zeichnet die Rede Reuklins durch Beifall aus. In der nächsten Sitzung wird die Beratung fortgesetzt. Tic Engländer im Tomalilaudc. Die Nachricht der „Morning Post", daß vor August nächsten Jahres an kriegerische Maßnahmen wider den Mahdi nicht zu denken »ei, klingt mehr als befremdlich, und zwar der klimatischen Verhältnisse, der Kosten und res Zu wachses an Krast wegen, der dem Mahdi aus einem so langen Ausschube zufließen würde. Was das Klima betrifft, so hat der damalige Major H. G. C. Swayue, ein Bruder tcS eben abberufenen Obersten, vor Jahren da- Somaliland nach verschiedenen Richtungen durchquert und seine Eifahrungen in dem Werke: „Siebzehn Reisen durch Somaliland" niedergelegt. Daraus ist zu ersehen, daß daS Vierteljahr Oktober-Dezember sür terarlige Operationen die meisten Vorteile bietet; an ter Küste gibt cS dann starke Negensälle, im Innern leichte. Die Monate Januar bis einschließlich April sind trocken, mit dem Höhepunkte der Hitze ungefähr in der Milte. Mai und Juni bringen an ber Küste leichte, im Innern starke Regen güsse, die gefährliche Krankheiten im Gefolge haben und Unternehmungen im Felde erschweren. Daß sie sie aber nicht unmöglich machen, hat Oberst Swahne l90l und 1902 ge zeigt. Besser wird es für gewöhnlich im August und Sep tember, während welcher Monate ein heftiger Südwestwiud herrscht, der im Küstenstilch sengend heiß, im Innern aber kühl bis kalt ist. Das würde also sine gute Zeil für Operationen «ein, wenn nicht gleichzeitig wieder eine trostlose Wasserarmut des Landes einlräte, fo daß ber Dezember immerhin noch vorzu ziehen sein bürste. Wenn die Engländer diesen noch vor ihnen liegenden Monat trotz der mit dem Zögern verbundenen, bereits erwähnten Uebelstände — eS kommt noch das Hin sterben schwer ersetz icher zentralafrikanischer und indischer Soldaten au der Malaria in Bohotle dazu — nicht auL» nützen, so bleibt nur, wie die „Köln. Zig." schreibt, der eine Scvluß übrig, daß General Manning sich nicht stark genug fühlt, dem Mahdi im offenen Felde entgegenzulreten. Von seinen Somali hat er bereits einen großen Teil, und zwar von den un vergangenen Frühjahr durch Swayne zusammen- gerafficn Leuten (löOO-, entlassen; nun bat sich aber auch noch das Somali-Bataillon (sechste Bataillon der Kings As-ica» N sles), dem man fest vertraute, unzuverläisig ge zeigt: sie sind offenbar von der Ueberlegenheit der Engländer uver den Mahdi, der es an Slreiszügen gegen die england- freundltchen Stämme nicht fehlen lägt, nicht mehr überzeugt. Deutsches Reich. * Berlin, 5. Dezember. Mit der Görlitzer Kaifer- rede und speziell mit der Aeußerung des Kaisers von der „Freiheit zur Weiterbildung der Religion" hat sich am Donnerstag auch der kirchlichliberale Parochial- verein ber Berliner Heiligkieuz-Gemeinve beschäftigt. Der Voisitz nde des Vereins, N.nlier Burckarbt, sprach sich sehr erffeul üver die kaiserlichen Worte aus und bemerkie: „Für uns Liberale ist die theologische Wissenschaft das Maßgebende; Feuilleton. Sf Dec Unter such lttl gsrich er. Roman voil Heinrich Kornfeld. «Nachdruck verboren. Er trat mit ihr auf den Flur und von da in ein Ge mach, das wohl ber Salon des eleganten, üppig lebenden Junggesellen gewesen war. Schnell ließ er durch einen seiner Unterbeamten eine Gasstamme anzünden. Ter Staatsanwa.t und der Untersnchnngsrichter sorgten den Borausschreitenden. „Run, Fräulein, haben Sie sich beruhigt?" fragte der Kommissar gemütlich und nickte der noch immer Zitternden und btaß und verstört um sich Blickenden freundlich zu. „Ach Gott, ach Gott!" jammerte das Mädchen und warf ängstliche Bücke nach dem K.ur, als befürchtete sie, die grausige Erscheinung, vor der sie sich soeben so furchtbar entsetzt hatte, würde ihr bis hierher Nachfolgen. „Nun, bitte, hören Sie mal zu, Fräulein!" begann der Kommissar mit ernster Amtsmiene. „Ich habe ein paar wichtige Fragen an Sie zu richten, die Sie mir der Wahr heit gemäß zu beantworten haben. Sie wißen, was hier vor sich gegangen ist?" „Ach Gott ja — der arme Assessor ist ermor —", sie unterbrach sich schaudernd. „Ja, er ist ermordet, von ruchloser Hand", fiel der Kommissar ein, „nnd Sie, Frön.ein, sollen uns helfen, den schändlichen Mörder zu entdecken. Das wollen Sie doch gern, nicht wahr?" „Na, gewiß doch!" „Schön. Nun sagen Sie 'mal, wo befanden Sie sich zwischen sechs und sieben Uhr heute abend?" DaS Mädchen dachte einen Augenblick nach. „Gegen sechs bin ich zum Schuster gegangen", sagte sie. „Wo wohnt der?" „Na, hier in ber Straße — es sind nur ein paar Häuser." „Schön. Wie lange blieben Sie da?" „Das kann ich Ihnen zirfällig ganz genau sagen: eS war viertel sieben, als ich wieder fortging. Ich erzählte mir was mit dem Schuster seiner Frau. Und da wurde es ein bißchen lange, und da sah ich denn auf die Wanduhr. Herrgott, sagte ich, schon viertel sieben! Da muß ich machen, Laß ich nach Hause komme — sonst zankt die Alte." Der Kommissar lächelte. „Und daun gingen -sie direkt nach Hause?" ,,^a, ich ranu»e, den» ia» hatte mich za verspätet." „Und wie lange haben Sie wvhc v«/m -schuster ms nach Hause gebraucht?" „Ra, höchstens zwei oder drei Minuten." „Und wie »ie nun in de«: vauofmr tamen, fiel Ihnen da nichts auf? Ich meine, haben Sie nichts Auger- gewvhnüches gesehen oder gehört — vielleicht einen Knall, ich meine: so was wie einen schuß?" Tas Mädchen schreckte zusammen. Dann verneinte sic. „Erinnern Sie nch vieueccht, ob Sie irgend jemandem im vausftur begegnet und?" fragte der Kommissar weiter. Tas Mädchen nickte. „Jawohl doch." Ter Kommissar horchte auf und trat unwillkürlich dem Mädchen einen Schritt naher. ,T>ter im Hausflur sind Tie jemandem begegnet?" wiederholte er seine Frage voll Spannung. „Ja. Kurz vor mir hatte jemand die Haustür auf gemacht. Und im Hausflur holte ich ihn ein." ,Men?" „Ten Schwielinski, den Karl Tchwielinski." Ueber das Gesicht des Kommissars ging ein Aufleuchten und triumphierend blickte er nach dem Staatsanwalt und dem Untersuchungsrichter hin, die beide eine Bewegung der Uebcrraschung machten. „Also dem Schwielinski sind Sie begegnet", fuhr der Kommissar in seinem Verhör fort. ,Haben Sie ihn denn auch genau erkannt ?" „Na freilich. Ich werbe doch dem Karl Schwielinski kennen. Ich habe doch auch mit ihm gesprochen." „Was haben Sie denn mit ihm gesprochen?" „Na, ich sagte: Guten Abend, Herr Schwielinski — Muttern 'n bißchen besuchen?" „Und er?" „Er sagte: Jawohl, Fräulein Anna. Wissen Sic nickt, ob Mutter zu Hause ist? Nein, sagte ich. Das weiß ich nicht. Und er darauf, während wir gerade bei der Kor- ridortllr vorübcrgingen: Der Assessor ist doch wohl zu Hause? Er wird wohl, sagte ich, denn es war doch Lickt bei ihm. Das hatte ich nämlich von ber Straße aus ge sehen." „Was tat denn nun ber Schwielinski?" fragte der Kommissar, seinen Kops vorreckenb und mit seinen Augen ber ihm Gegenüberstehenden förmlich die Worte vom Munde lesend. „Wir gingen zusammen über den Hof. Er klingelte hinter» an der Kuchentür. Tas hörte ich und ich hörte auch, wie er, als er zwei Mal gekringelt haue und keiner auf machte, selber öffnete." „Tas hörten Sie?" „Ja, denn ich war aufm Hofe stehen geblieben. Mein Gott, ich wollte doch sehen, ob die A.te zu vause war und ihm aufmachcn wurde." „Sie meinen also, daß er einen Drücker zur Küche ge habt hat?" „Tas muß er wohl, sonst Hütte er doch nicht anfmachen können." „Schön! Und dann?" „Na, dann ging ich 'rüber aus unsere Seite. Unsere Frau war in der Küche, und da bekam ich denn mein Teil, weil ich so lunge geblieben war." Tas Mädchen lächelte. Ter Kommissar sah sie eine Weile forschend an und fragte dann: „War Ihnen etwas an dem Schwielinski ausgefallen? Ich meine: war er anders als sonst?" Tas Mädchen schüttelte mit dem Kopfe. „Nee, gar nicht. Er war wie immer." „Das heißt?" Das Mädchen lächelte verschämt. „Na, er machte Unsinn. Er —" Sie griff nach dem Schürzenzipfel und schlug ihren Blick zu Boden. „Sie müssen uns alles sagen", drang der Kommissar streng in sic. „Das ist Ihre Pflicht. Ich frage Sie nicht zu meinem Privatvergnügen, sondern amtlich, verstehen Sie!" „Ja, Herr Kommissar." „Also, was tat der Schwielinski?" „Na, er kniff mich in den Arm und sagte: Fräulein Anna, sagte er, wenn ich erst wieder 'ne Stelle habe, hei rate ich. Und dabei wollte er mich um die Taille fassen. Ich aber riß mich los und sagte: So? Na, ich heirate nicht." Der Kommissar lackte. „DaS haben Sic gut gesagt. Und was antwortete ber Schwo-"n>ki"" „Nichts. Er ging dann nach links 'rüber und »rat in den Flur." „So . . . Also etwas Besonderes, eine außergewöhn liche Erregtheit oder sonst was ist Ihnen nicht auf gefalle»» ?" „Nein." „Uno nachher, haben Sie ihn nachher noch einmal ge sehen?" „Nein." „Und Sie haben auch nicht bemerkt, wann er wieder fortgegangcn ist?" Tas Mädchen schüttelte mit den» Kopfe. „Und sonst ist Ihnen gar nichts ausgefallen? (öeschrei oder Lärm oder sonst was, ich meine, was hier in der Wohnung des Herrn Assessors Wrede vor sich gegangen ist?" „Nicht das Geringste. Ich hatte ja zu tun." „Und Sie habe»» wirklich nickt gewartet, bis der Schmie linski wieder fortging? .... Sie müssen uns die Wahr heit sagen, Horen Sie!" „Aber, Herr Kommissar, natürlich. Warum sollte ick denn auf den Schwieünoli warten ? Ich mag den Menschen doch gar nicht. So 'n liederlicher Kerl, und Geld unter schlagen soll er auch schon haben." „Und sonst haben Sie uns nichts mitzuteilen in Bezug auf die Sacke?" Der Kommissar deutete nach dem Zimmer hinüber, in dem der Leichnam des Ermordclen lag. „Nichts, Herr Kommissar", antwortete das Mädchen, und der Schrecken, mit dem die unheimliche Tat sie er füllte, malte sich wieder in ihrem Bück und in dein Zittern ihrer Hände. „Na, dann ist's gut. Daun können Sie wieder gehen." Kaum war das Mädchen hinaus, als der Beamte zurück kam, dem der Kommissar während ber Vernehmung der Frau Schwielinski etwas ins Obr geflüstert hatte. „ES stimmt alles", berichtete er. „Schwielinski liegt seit vier Tagen beim Effendreher Wertste, Mühlciigasi'c .'>, drei Treppen, in Schlasstelle. Er ist fast den ganzen Tag ans, angeblich, nm sich eine Stellling zu suchen. Auch jetzt habe icst ibn nicht anactrosfen. Um vier Uhr hat er Kaffee getrunken, seitdem ist er fort. Sonst pflegt er um sieben Udr sich wieder cinzufinden. Heute ist er noch nickt da gewesen." Der Kriminalkommissar fast nach ber Uhr. Der Staats anwalt folgte seinem Beispiel. „ES ist fünf Minntcir vor acht", sagte ber Kommissar. Der Staatsanwalt nickte. Dann nahm er bas Wort: „Die Aussage»» des Dienstmädchens, au deren Nichtigkeit nicht zu zweifeln ist, belasten den Schwielinski schwer. Die Tat ist zwischen halb seckS und halb sieben Uhr geschehen Um halb sieben Uhr ist Fran Schwielinski nach Hause gekommen und will den Assessor bereits ermorde» vorgefunden haben. Der Schwielinski ist um vierte»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht