Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190212142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021214
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021214
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig, Seiten 8699 - 8702, 8715 - 8718 und 8735 - 8738 (2., 6., 11. Beilage) fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-14
- Monat1902-12
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.12.1902
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
K. WM M Lti-zigtt Mlatt Nl> AMM Nr. W, ZMiltT 14. IkDbn IM. Kunst und Wissenschaft. Literatur und Theater. Leipziger Schauspielhaus. Leipzig, 13. Dezember. Gestern spielte Agne- Sorma al- erile Gastrolle Ibsen- „Nora"; ein sehr zahlreiches Publikum hatte sich eingesunven, um diese Nora zu sehen — wußte mau doch, welchen hervorragenden Rang der Gast als Trägerin moderner Rollen einnimmt. Lange Zadre war Agnes Soima eine beliebte Lustspielbaistcllerin de- deuischrn Theaters in Berlin, als eS noch unter der Leitung von L'Arronge stand; ihr zierliches und geschmeidiges Weien machte sie zu einem Liebling des Publikums, «seitdem ist sie zu größeren Auf gaben derangereift — sreilich, die Dichtung höheren Stils, die Tragödie ist für sie ein uoli mo trrugors geblieben. Doch abgesehen von den klassischen Meisterwerlen, spielt ja die Tragödie auf der heutigen Bühne eine seh» untergeordnete Rolle, daS moderne Schauspiel mit seiner meist tendenziösen Fä bung, mit seinen Rühr- und Sensa- tlonSscenen hat sie verdrängt. Und gerade auf diesem Ge biete wachsen die Lorbeer» der Agnes Sorma, wie auch gestern ihre Nora bewies, die als eine in jeder Hinsicht her vorragende Leistung betrachtet werden kann. Das war ein sehr munteres, temperamentvolles Wesen, mochte sie mit ihren Kindern heileres Spiel treiben oder die wilde Tarantella tanzen, um den bösen Alb, der auf ihr ruht, zu verscheuchen — die ganze anmutige Ge schwindigkeit der Lustspielcarstellerin kam ihr in vieler Scene zu statten. In den Austritten mit Günther steigerte sich ihr Spiel in wirkiamcr Weise, anfangs ein wenig hochmüiig die leitende Stellung ihres Gatten betonend, dann mit naiver Verständnislosigkeit den Rechtssatzungen gegenüber die Rechte des Gemütes, der Gatten- und Kindesliebe herangehend, erkannte sie allmählich immer mehr die drohende Gefahr, die über sie hereinbricht. CS tritt in der Seele dieser Nora ein Kampf zwischen Licht und Schatten ein, welchen die Darstellerin mit feiner Nüancierung aus- malte. Alle ihre Kunst verwendete sie indes darauf, die entscheidende Wendung und Wandlung in dem Charakter der Nora zu motivieren, als diese Puppenfee auf einmal aus ihrem Puppenheun hinausstrebt und die Ein sicht gewinnt, baß ihre Ehe keine wahre Ehe sei. Viele werden dem Dichter nicht leichthin bei dieier Wendung folgen; denn daß sie, als ihre visionäre Zuversicht auf die Liebe ihres Gatten einer schmerzlichen Enttäuschung Platz gemacht hat. Nicht bloß den Gatten, sondern auch ihre Kinder auf einmal im Stich läßt, das wird den meisten als ein zu schwer ausgesetzter dramatischer Accent erscheinen, nachdem wir kurz vorher noch die Heldin als leichtlebige Ballsreundin, sür welche daS MaSkencostüm eine Lebenssrage ist, vor uns gesehen. Um so mehr ist die darstellende Kunst darauf angewiesen, den Dichter zu ergänzen, wir mochten jagen, zu vertiefen — und Agnes Sorma war sich dieser Aufgabe wohl bewußt und suckle sie mit feiner Kunst zu lösen. Zn dumpferVerständnislosigkelt sah sie langeZeitdcmGebarenihres Galten zu — dann aber brach es aus ihrem Innern hervor, ein Slrom deS Affekles, für dessen Ausdruck Agnes Sorma ihre ganze dramatische Energie aufgespart batte. Nur in einer Hinsicht huldigt der Gast zu sehr dem Konversationsstit, der an den modernen Berliner Theatern eingerisien ist — sie spricht, um der Natürlichkeit Rechnung zu tragen, manches zu beiläufig, zu undeutlich — nach unserer Ansicht ist Klar heit und Verständlichkeit des Vortrags das erste Grundgesetz der dramatischen Kunst. Nach alle» Aktschlüssen wurden der Darstellerin wiederholte Hervorrufe und rauschender Beifall zu teil. Die von Herrn Eg geling inscenierte Aufführung war eine gute — nur hier und dort zeigte sich eine Unsicherheit in Bezug auf die Behandlung des dichterischen Textes, was init dem raschen Einstudieren bei Gastspielen entschuldigt werden mag. Herr Eggeling selbst spielte den Günther trefflich, diese gebrochene Existenz, welche mit so unheimlicher Drohung in das Leben der Nora eingreift, mit ihrer düstern Entschlossenheit, kam zu glaubwürdiger Erscheinung, ebenso das hellere Licht, das in der großen Scene mit Frau Linden über sein Leben ausströmt. Diese wurde von Frau Elisabeth Anders als eine von Hause aus klare und ziel- bewußteFrau gespielt. Herr Mebnert als der rückenmarks kranke Doktor Rank mit seiner pessimistischen Weltanschauung und seiner verschwiegenen Neigung zu Nora gab ein scharf- gezeichneteS Charakterbild. Vortresflich war Herr Greven- berg als Helmer, besonders im letzten Akt. Die Coampagner- laune, den ausbrechenden Zorn über Noras Verfehlung, die BegütigungSversuche am Schluß, das ganze lebendige, aber dabei oberflächliche und baltloje Wesen des jungen Advokaten stellte er in überzeugender Werse dar. Die dienstbaren Geister und die munteren Kinder taten ihre Schuldigkeit. DaS ganre Stück sand, trotz des befremdenden Schluffes, vielen Beifall. Es ist ein gutes Theaterstück. — Zksten ist bei den Franzosen in die Schule gegangen. Die Rolle, die der Briefkailen in „Nora" spielt, erinnert lebhaft an ähn liche „Svannungserreger" in SardouS Schauspielen. Rudolf von Gottschall. Notizen. Die Unterhandlungen, die bezüglich Uebernahme des Lessing-Theaters in Berlin durch den bisherigen Leiter des Deutschen Tbeaters vr. Otto Brahin geführt wurden, sind zum Abichluß gelangt, vr. Brahm wird mit Beginn der Theatersaison 1904 die Direktion des Lessing-Theaters übernehmen. — Ein Ber liner Finanz-Konsortium plant die Gründung eines neuen Theaters in Berlin, daS sich am Echiffbauerdamm gegenüber dem Lessing- Theater erbeben soll. Für die Leitung des Theaters, das vor wiegend das klassische Genre pflegen soll, ist der Wiener Hofburg« schauipieler Hermann Nissen auseriehen. Die Verträge mit ihm wurden in den letzten Tagen durch einen Berliner Rechtsanwalt in Wien abgeschlossen, treien jedoch erst in Kraft, wenn Nissen auf legalem Wege seine Verpflichtungen gegenüber dem Burgtheoter ge löst Haren wird. — Jin tschechischen Theater der Vorstadt Wein berge-Pra^g sand die erste Austührung der Posse „Die Defrau danten". die die Millionen-Tesraudativn in der hiesigen Wenzels« Vorschußkasse behandelt, unler ungeheurem Beifall und grvsjem Zulauf durchschlagenden Erfolg. Die Haupttype», der Prager Bevölkerung entnommen, erregten schallende Heiterkeit. — Neulich kam Vor dem Bezirksausschuß in Berlin die Klage zur Verhandlung, die die Direktion des kleinen Theaters gegen das Polijeiprästdium wegen deS Verbot- der öffentlichen Ausführung der „Salome" von Wilde erhoben hat. Der Vertreter der klägerischen Direktion führte insbesondere aus, daß die Frage, ob hier religiöse oder sittliche Bedenken gegen die Erlaubnis zur Aus führung iprächen, in den Hintergrund treten müsse gegenüber der Frage, vor welchem Publikum und in welcher Darstellung da» Stück erscheine, w.lchrS von ollen Parteien al- ein Kunstwerk an- erkannt sei. Ein solche» zu verbieten, sei die Zensur nicht berechtigt. Ter Vertreter des Polizeipräsidiums, Assessor vr. Possart, erwiderte daß die Austührung vor geladenem Publikum keinen Ausschlag gebe für die allgemeine Wirkung der „Salome." Seiner Meinung nach spiegele sich in dem Schauspiel eine „sittlich perverle Dekadenz" ab. Die perverse Neigung der Salome und ihr Liebes verhältnis sähen au» — so sagte Herr vr. Possart wörtlich — wie ein wohl vorbereiteter Lustmord. Dazu komme das biblische Motiv. Daher ericheine eine öffentliche Aussuhrung der „Salome' unzu- lälsig. Nach längerer Beratung verkündete der Präsident des Be zirksausschusses, bav daS Urteil den Parteien in einigen Tagen «christlich zugehen werde. — Eine Ausgabe von Victor Hugos Werken wird der französische Staat veröffentlichen. Die National- druckerei ist mit dieser Ausgabe betraui, deren Leitung Paul Meurice übernommen hat. Dieser ist ermächtigt worden, aus der Nationalbibliothek die Manuskripte des Dichters zu diesem Zweck zu entnehmen. Dir große Ausgabe wird 45 Bände umfassen und mit historischen, bibliographstchea und ikonographischen Vorbemerkungen für jedes Weik versehen sein; außerdem wird jedem Werke eine Reproduktion der ersten Seite der Original ausgabe beigegrben lein, und auch Vignetten aus den bemerkens wertesten Ausgaben tollen wieoerholt werden. — Eine Ver steigerung teltencr Bücher hat jüngst in London statt- gesunden und es wurden dabet teilweise ganz ungewöhnliche Preise erstell. So zahlte man z. B. sür em Exemplar der allerdings äußerst seltenen ersten und Originalausgave von Daniel DesoeS „Robinson Crutoe" 4500 Ein Buch, das daS ex libriu-Zeichen des Kardinal- de Rohan trug, erzielte 420 Eine Reyebeschrei« bung der Madame Pompadour ging sür 300 fort. Die Vor- liebe der ennlstchen Sammler für theologische Werke kam auch bei vieler Auktion zur Eclcheinung. So erzielte ein Werk des Eulebius, erste Ausgabe Venedig 1470, nicht weniger als 1500 >6 Die Originalausgaben der großen englstchen Humoristen und Novellisten werden nachgerade billiger. So bot man sür Charles Dickens „Der Pickwick Club", trotzdem der Autor seinen Namen eingezeichnet hatte, nur 265 Im ganzen wurden an einem Tage 27 000 sur Bücher gezahlt. Musik. Achter sinfonischer Vortragsabend. Leipzig, 13. Dezember. Seinem achten sinfonischen Vortragsabende hatte Herr Ferdinand Schäfer den Charakter einer Bcethovcnseier gegeben — ein Unter nehmen, das in Anbetracht der bisherigen Leistungen des Dirigenten nnd der mit höheren Aufgaben nun einmal wenig vertrauten Coblcnzschen Kapelle als sehr gewagt erscheinen mußte. Denn bisher haben beide Teile nnr in Werken von leichterer Ausführbarkeit einiger maßen Befriedigendes geboten, sich aber ebenso oft bei Wiedergabe anspruchsvollerer Tvnschüpfungen als unbe rufene Vermittler erwiesen. Dies war denn auch gestern der Fall, und obgleich das Programm ausschließlich Beethovenschc Kompositionen verzeichnete, war dbch den ganzen Abend hindurch von Ncethovcnschcm Geiste wenig zu spüren. So hatte der Vortrag der 0 moII--Sinfonie schon im ersten Satze, bekanntlich einem der wunder barsten, die Beethoven überhaupt geschrieben, etwas recht unfertiges und unausgegvhrenes nnd ließ dementsprechend jede lapidare Große vermissen. Natürlich offenbarten auch die Bläser, die höchstens dann meine Freunde wer den können, wenn sie in den Ruhestand treten und sich durch tüchtigere Kräfte ablösen lassen, gar bald wieder ihre Unzulänglichkeit. Trotzdem Herr Schäfer sich vorher fast eine halbe Stunde über die Sinfonie analnsierend ver breitet hatte, schien doch ein Hornist bereits im ersten Satze dem Humor ein Plätzchen einraumen zu wollen und brachte sein: b I> b es in recht burlesker Weise vor. Noch gcnußstörcndcr waren dann die Zntonationssünden der Bläser im Durchführnngsteilc nnd im Adagio, dem be sonders anfangs jede höhere Weihe fehlte. Der dritte Satz litt unter einem empfindlichen Mangel rhythmischer Präzision lbesonders die Kontrabässe ließen hier zu wün schen übrig) und dem Schlußsätze, allwo sich der scherzhafte Hornist wieder zum Worte meldete, würden einige Proben mehr gleichfalls nicht geschadet — vielleicht aber, nach Lage der Verhältnisse, auch nichts genützt haben. Ebenso un erquicklich war die Wiedergabe der großen Lconoren- Önvertnre lNr. 3s, in der Dirigent und Nkusiker wiederum zu wenig über dem Ganzen standen, mit Bewältigung des Technischen zu viel zu tun hatten, nm nach spiritueller Seite hin etwas bieten zn können. Zwischen beiden Wer ken kam das I?sckur-Klavierkonzert zu Gehör, in seinem Solopart interpretiert von Herrn Hospianist Kurt Fischer ans Sondershausen. Es mag nicht ansge- schlosscn sein, daß der Vortragende, wenn er sich auf das begleitende Orchester sicherer verlassen kann, besseres leistet als gestern, wo wohl auch noch einige Befangenheit hin dernd sich geltend machte. Daß Herrn Fischers Stärke aber gerade im Vortrag des Becthovenschen I-^siur-Kon- zcrtes liegt, glaube ich kaum. Dazu müßte sein Spiel mehr äußeren Glanz und mehr innere Größe zeigen, nicht minder auch ein noch feiner gebildetes Gefühlsvernrögen, das fähig ist, alles poesievoll zu durchdringen und zu ver klären. Herrn Fischers Darbietung hatte aber im Gegen teil etwas akademisches, konventionelles, war aber trotz dem rricht frei von verschiedentlichen FEgrisfen. F. Wilfferodt. Heuteave nd findet das Konzert der Pianistin Alice Nipper im städtischen Kaufhause statt. Ueber das Spiel der jugendlichen Künstlerin, einer Schülerin von Sophie Meuter, liegen uns aus verschiedenen Städten, n. a. auch aus Wien, die allergünstigsten Berichte vor. — Heute nachmittag 4—5 Uhr geistliche Musikaufführung in der Nikolaikirche vom Soloquartett für Kirchgesang. Pro gramm: „Die christlichen Festzeiten". Eintritt frei. Texte L 10 Pfg. an den Kirchtürcn. — Der Pianist Anton Foerster, der seine Ausbildung der Hauptsache nach dem Leipziger Königl. Konservatorium verdankt, gibt Montag, den 15. Dezember, einen Klavierabend im hiesigen Kaufhaussaalc, nachdem er in sehr glücklicher Weise ähn liche Abende in Hamburg, Braunschweig, Hannover usw. veranstaltet hat. Das einstimmige Urteil der Kritik geht dahtn, daß Foerster zu den allerersten Pianisten der Gegenwart gehört und es eine große Freude ist, seinem Spiel zuzuhören. — Montag, den 15. Dezember, abends TV? Uhr, nicht, wie bisher üblich, 8 Uhr, findet im Saale der städtischen Schule sür Frauenberufe, Schiller straße 9, die Dezemberversammlung der Ortsgruppe Leip zig der Internationalen Mnsikgesellschaft statt. Zum Vor trag gelangen diesmal geistliche Lieder von Johann Sebastian Bach nach den Veröffentlichungen der Neuen Bach-Gesellschaft; Fräulein Elsa Richter, Kon zertsängerin aus Leipzig, wird Lieder in der einstimmigen Bearbeitung von ErnstNa u mann vortragen, und der Peterskirchenchor unter Leitung des Herrn Kantors GustavBorchecs solche in der vierstimmigen Bearbeitung von FranzWüllncr zu Gehör bringen. Zum Gedächtnis Franz Wüllners lgest. am 8. Sep tember 1902) wird Herr Professor Di-. Prüfer sprechen; auch sollen weltliche Lieder von Wttllner vorgetragen werden. Gäste sind, wie immer, bestens willkommen. — Im V. Philharmonischen Konzert iN e e t h 0 v c n f e i e r) des Winderstein-Orchesters, welches am 10. Dezember, am Geburtstage des großen Klassikers, stattfindet, stehen an Orchesterwertcn die 2. Symphonie, D«iui-, Ouvertüren: Cvrislan, Prometheus und Leonore Nr. Hl ans dem Pro gramm. Als Solist hat Herr Kapellmeister Wtnderstein Herrn Harold Bauer aus Paris gewonnen, über den fol gendes aus Paris geschrieben wird: „Herr Harold Bauer hat durch die Regelmäßigkeit seines Auftretens in Paris seinen Zuhörern den Beweis stündigen Fortschrittes ge liefert. Entfaltete er bei seinem ersten, nunmehr fast vier Jahre hinter uns liegenden Auftreten Qualitäten, denen die Ausbildung im einzelnen und Eguilibrterung im all gemeinen noch fehlte, so waren es doch solche, die nur Höchstbegabten zu eigen sind, und deren gewissenhafte Aus bildung einen Klavierspieler ersten Ranges garantiert. Nach seinem letzten, in der „Salle Erard" gegebenen Kon zerte dürsten die Etappen nunmehr geringer, oder un merklicher werden, da er — hier ist das Wort am Platze — die Höhen -er Meisterschaft erstiegen hat. Eine be wunderungswürdige Klarheit und Ruhe ver Auffassung verbindet sich in ihm mit nachhaltiger, ausgiebiger Wärme des Vortrages, seine Technik ist unfehlbar, ebenso groß, wie die irgend eines Spezialisten, aber sie dient ihm nur als Mittel zum Zweck, der für ihn nichts weiter ist, als die, trotz aller Sachlichkeit, höchste Belebung des vorzutragen den Musikstückes. Der Ton Harold Bauers, anfangs nicht sein größter Vorzug, ist außerordentlich reich, schön und blühend geworden. Die Kraft ist durch ihre Quantität und Gleichmäßigkeit erstaunlich, ihre Anwendung ist eine feinsinnig abgewogene, die niemals, auch nur entfernt, das Gefühl der Uebertreibung aufkommen läßt. Ihre Bedeutung liegt in der Fähigkeit der Schattierung, in der sie, alleroings auch vor eindringlichsten Tönen, nicht zurückschrcckt." — Der dritte populäre Kammermusik- Abend der Herren R 0 cSgcr, Hamann, Hering, Heintzs ch nnd Hama n n ist für Dienstag, den 16. D e- zember, im Kaufhaussaalc angesetzt. Das Programm für diesen Abend lautet: Reinecke, Trio sür Piano sorte, Oboe und Horn, M e n d e l s s 0 h n, -Streichquartett, L-illui- lop. 12), Brahms, Klavierqnartctt, Owoli. — Der Riedel-Verein wird in seinem am n ü ch st en Mitt woch stattfindendcn Konzert nur Weihnachtsmusik auf führen. Die öffenliche Hauptprobe findet Diens tag, abends 7V? Uhr, statt. An weiteren Aufführungen des Vereins stehen bevor: Hohneujahr 1903: Weih nachtskonzert im Hoftheater zu Altenburg. 25. Februar 1903: Beethoven, Hli^a solemnw, in der Thomaskirche. Ende Mai 1903 drei Konzerte im <Kg l. <La n d e s t h e a t e r zu Prag. Mitte Mai 1903: :> oapplstla-Konzert in der Thomaskirche, L moU- Mcsse von Bruckner. — Im Leipziger Künstlerverein findet Sonnabend, den 20. Dczember, tzi/j Uhr abends, der erste Kammermusik-Abend der Herren Konzertmeister F. B e r b e r , E r h. H c y d e , A l ex. S c b a l d und Pro fessor Klengel statt. Eintritt für Gäste 2 — Der .Klaviervirtuose Wladimir von Pachmann veranstaltete jüngst in dem über 2000 Personen fassenden Saale der Philharmonie zu Berlin 2 Klavierabende, welche bis auf den letzten Platz besetzt waren. Das Publikum brachte dem Künstler die größten Ovationen dar und begleitete ihn am Schlüsse jedes Konzertes bis zu seinem Wagen. Die Berliner Zeitungen sind einstimmig des Lobes voll über den unnachahmlichen Anschlag und den Vortrag Ehoyinscher Werke. Wie wir hören, gibt der Künstler am 24. Januar auch in Leipzig einen Klavierabend. v. ä. 6. Dresden, 12 Dezember. Der heut'ge erste Vortrags abend des T 0 n k ü n st l er-V e r ein s trug einen ernsten Cha rakter, gedachte man doch mit Mozarts „Maureriicher Trauer musik" und dem von Herrn Scheidrmantel qesungenen Beetboven- scken Liede „An die Hoffnung" des dahinqesckiedenen Königs Albert, der noch im vorigen Jabre in der Mitte des von ihm so hochgeschätzten Tonkünstler-Vereins geweilt batte. Auch die Neuheit des Abends stammte ans der Feder eines unlängst Verstorbenen: ein dem Tonkünstler- Vereine von seinem Ebrenmitgliede August Klug Hardt ge widmetes Quintett vckur sür Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fanott. Das Werk weist alle Vorzüge der Klughardtzchen Schreibweise aus: Klangschönheit, Eleganz, Knappheit der Form und glückliche Verwendung der Instrumente; in die Tiefe geht der Komponist freilich auch hier wenig. Die besten Sätze sind die mit telsten, ein anmutiges Scherzo und ein Andante in Variationensorm. Die Herren Wunderlich, Ritter, Schmidt, Lange, Lindner und Knochenhauer, die sich zu einer festen, auch außerhalb Dresdens zur Wirksamkeit bereiten Bläservereinigung zusammenqeschlossen haben, brachten das wertvolle Werk trefflich zu Gehör. Den Schluß des Abends bildete das sehr selten gehörte Bachsche Konzert sür drei Klaviere und Streichorchester, das mit den Herren Klavier virtuos Scholz, Scherwood und Bachmann an den Streich instrumenten (eS wurden Flügel von Blüthner, Bachstein und Steinway gespielt) eine sehr starke Wirkung hervorbrachte. * Kapellmeister Wind erst ein hat am 9. Dezember erstmalig mit seinem Orchester in Dessau konzertiert, und zwar mit folgendem hochmodernen Programm: dritte Sinfonie Mmoll) von Anton Bruckner, Dovpelkonzert sür Violine und Violoncell von I. Brahms (Solisten Pick-Steiner und Willeke), „Till Eulenspiegels lustige Stretche" von Rich. Strauß und Ouvertüre „1812" von Tschaikowsky Der .Anhalt. Staats-Anzeiger" vom 11. Dezember schreibt u. a: „Die Wiedergabe der Sinfonie durch das Winderstein- Orchester war glänzen dl — Auf Bruckner folgte der abgeklärteste Klassizismus mit dem Doppel-Konzert sür Violine und Violoncell von Joh. Brahms; das herrliche Werk wurde mit hoher Bollen- dnng gespielt". Nachdem der Referent die Ausführung der beiden anderen O'chesterwerke lobend erwähnt hat, fährt er fort: „Herr Kapellmeister Winderstein erwies sich als ein hervorragender und routinierter Dirigent, der seine tüchtig geschulte Kapelle louverän beherrscht und sie in seinem Geiste anzufeuern versteht. Er legte insbesondere das vollste Verständnis sür das harmonische Gewebe der Partitur und sür präcis abgewogene Klang, »ffekie an den Tag. Er und seine trefflichen Musiker wurden Herz- sich avplandiert. Eine besondere Auszeicknung erfuhr das Leipziger Orchester durch die Anwesenheit Sr Höhe t des Erbprinzen, Ihrer Großhrrzoqlichen Hoheit der Erbprinzessin und Sr. Hoheit deS Prinzen Aribert mit den resp. Gefolgen. Vcethoveil in Berlin. Wenn über des Meisters Berliner Aufenthalt im Jabre 1796 A. Wheelock Thayer in seinem verdienst vollen Buche das „Leben Beethovens" in einem Zitat ichreibt (ll, 13): „Keiner von Beethovens Biographen Hal dieses Besuches oder auch nur eines Ausenthaltr» in Berlin erwähnt", so ist das nicht ganz zutreffend. Jedenfalls liegen die Aufzeichnungen von Fasch, dem Tirelior der Singakademie, vor, welche bezeugen, daß Beethoven zweimal Zuiammenkünsien der Singakademie bei- gewohnt, welche damals ctwa 90 Stimmen zählte. Zum ersten Male (nach Thayer) geichah dies am 21. Juni; eS wurden ihm, wie es in der Geschichte der Singakademie Seite 11 heißt, „ein Choral, die drei ersten Nummern der (von Fasch komponierten» Messe und die sechs ersten aus dem 119. Psalm vorgesungen. Hieraus setzte er sich an Len Flügel und spielte eine Fantasie über daS letzte Fugenthema: „Meine Zunge iübmt im Wetigeiang Dein Lob". In Fajchs Auszeichnungen vom 28. Juni 1796 heißt es: „Herr van Beelhoven war au- diesmal so gefällig, unS eine Fantasie böien zu lassen." Beeihoven erzählte in ipäieren Jahren gern von seinem Aufenthalt in Berlin, er war von dem vorzüglich Cello spielenden Könige Friedrich Wilhelm ll. sehr ausgezeichnet worden und spielte bet Hofe die »ck doo von ihm komponierten zwei Sonaten mit obligatem Violoncello opu-, 5. Wie Beethoven 1810 der Frau Bettina v. Arnim er zählte, verkehrte er in Berlin viel mit dem Kapellmeister Hummel. Sie feien unter den Linden spazieren gegangen, dann in das Privatzimmer des ersten Kaffeehauses cingelreten, in diesem habe ein Klavier gestanden, auf welchem sie ihre Fertigkeit zeigen konnten. Beethoven fügte hinzu, Hummels Klavieripielen sei elegant und an genehm, aber mit dem Prinzen Louis Ferdinand sei er gar nicht zu vergleichen. Letzterem machte Beethoven in seiner Meinung ein großes Kompliment, als er ihm einst sagte: er spiele gar nicht königlich oder prinzlich, sondern wie ein tüchtiger Klavierspieler. Wahncheiulich hat Beethoven schon im Juli 1796 Berlin wieder verlaßen. Die Stadt war „still und leer". Bekanntlich besitzt die königliche Bibliothek in Berlin eine große Zahl Lrigmalmanustripte Beethovens und auch die sogenannten Konversationshesle, Zeltet mit Fragen und Antworten des schwerhörig gewordenen Konipo- nisten, die heute erwünschten biographischen Ausschluß gewähre». * Delitzsch, 7. Dezember. Am vorigen Sonntage hatte sich ein zahlreiches, kunstliebendes Publikum in der Siadtkirche ein gesunden, um den meisterhaften Vorträgen des Orgelmrtuofen B. Pfannstiehl aus Leipzig zu lauschen. Aber anch die anderen künstlerischen Kräfte, gleichiallS aus Leipzig, erwarben sich die Be achtung und Würdigung der andachtsvollen Zuhörer im höchsten Grade, so Frl. Lotte Rosenthal, eine Schülerin des großen Geigers Arno Hilf, zeigte sich in dem herrlichen Andante aus dem ^woll-Konzert von I. S. Bach und einem Pastorale von I. Klengel als eine Violinspielerin von hervorragender technischer Ausbildung und feinstem Geschmack, während ihre Schwester, Frl. Elie Rosenthal, eine Schülerin der bekannten Geiangmeislerin Frl. Thekla Friedländer in Leipzig, in Gelängen und Liedern von Händel, Brahms und Berger vermöge ihrer schönen, weichen und dabei vollen und trefflich geschulten Altstimme eine tiefgehende Wirkung erzielte. Ebenso verhalf Frl. Margret Thomas, aus verleiden Schule hervorgegangen, mit ihrem sympathischen, in dec Hobe leicht und angenehm ansprechenden Sopran Franks „Sei nur still' und Handels „Gebet" aus dem Oratorium Theodora zu einer aus gezeichneten Interpretation. ZV. 8. ZV. * Frankfurter Sängerwettstreit. Zu den Kosten Les Frankfurter Sängerwettstreites im Jahre 1903 sind von 28 Frank- urter Bürgern Beiträge von je 5000.«, zusammen also 140000.«, gezeichnet worden. * Tas neue sonzogno-PreiSauSschrcibcu für Lpcrn. Die man aus Mailand schreibt, ist dort Lieser Tage die Jury nominiert worden, welche die im Sonzogno - Preisausschreiben für Opern komponisten eingereichten Opern prüfen soll. Bekanntlich sind diesmal zur Bewerbung nm den 50 OOO-Lirc-Preis Komponisten auS allen Landern, ohne Rücksicht auf ihre Nationalität, zu erlassen. Die Jury wird aus Len eingelauienen Werken drei auswähllen, welche zum Wettbewerb zugelasscn werden; diese drei werden dann während der Ausstellung, die im Jahre 1905 zur Feier des Limplondurckstichcs in Mailand veranstaltet wird, im ll'catro iineo aufgelührt werden, und erst nach dein Ergebnis dieser Ans- iührungen ersolgt die Preiszuelkeunung. Der Einreichungstermin läuft, wie bekannt, am 31. Januar 1903, also schon in sechs Wochen ab. Das preisgekrönte Werk bleibt Eigentum des Ver fassers. Zu Mitgliedern der Jury wurden ernannt: sür Italien: Paolo Serrao, Arturo Toscanini und Umberto Giordano; für Frankreich: G. Massenet; für Belgien: Jean Block; für Spanien: Tomaso Breton; für Deutschland: Engelbert Humperdinck; für Oesterreich - Ungarn: Goldmark; sür England uns Dänemark: Asger-Hamerik. Bekanntlich war die Entdeckung der „Oavasiorin ru^tieaun" ebenfalls einer Preisausschreibung SonzognoZ zu ver danken. — Cytviv Lazzari, der bekannte französyche Komponist, Schnier von Cäsar Frank, brachte in Genf drei neue Werke zur Ausführung, und zwar „kröluds d'^rmon". „vtl'et de Kult", ein sinsonyches Tongemülde, and „Llarclro pour uue Veke zozeuse". Ter Komponist dirigierte diese Werke selbst und sand sehr starken Beifall. * Klaviere für Südafrika. Die englische Negierung scheint sehr darauf zu sehen, daß die Kinder ihrer neuen Untertanen in Transvaal eine ausgezeichnete musikalische Bildung erhalten. Tie dortigen Schulen sollen mit NIav.eren versehen werden nnd ein erster Auftrag von 100 Klavieren, die Anfang Januar zu liefern sind, ist soeben einem Londoner Hause vergeben worden. * Der Verband Ser New Yorker Musiker bat sich bei der Entscheidung des Schatzamts, wonach die Mitglieder Les von Mas- cagni mitgebrachlen Orchesters Künstler seien und demgemäß nicht unter das Emwandcrungsgesetz fallen, welches die Landung kon traktlich importierter Leute verbielet, nicht beruhigen können. Der Vorstand des Verbandes führt in einem Schreiben au den Prä sidenten der Vereinigten Staaten Klage über die Enychcidung. Nicht jeder ausübende Munker, so wird darin ausgejührt, sei ein Künstler, ebensowenig, wie ein Anstreicher ein Maler sei. Viele Mitglieder von Orchestern müßten als Handwerker betrachtet werden. Gewissenlose Unternehmer machten sich die irrthum- lichc Entscheidung des Schatzamtes zu Nutze, indem sie zahlreiche Musiker zu niedrigen Löhnen kontraktlich importierten. Tie Leute blieben Kann nach Ablauf des Kontraktes im Lande unü übersüllten den Beruf weit über die Nachträge hinaus. In New 2)ork allein gebe es über 5000 Musiker und eine gleiche Ueberfülle zeigten alle anderkn ainerikauilchen Städte bis hin nach San Francisco. Ver gebens Hütten die amerikanüchen Musiker gegen Liese ZuslünLe beim Kongreß protestiert. Das Uebel sei zuerst jchreienv geworden, als europüyche Musiker zur Chicagoer Weltausstellung in Massen im portiert worden seien. Dasselbe werde sich vermutlich bei der bevor stehenden St. Louiser Weltausstellung wiederholen und dem möge der Präsident vorbeugen Heyen. Wissenschaft. Notizen. Die Kaiserliche Lcopoldinisch-Karolinische Deutsche Akademie der Naturforscher hat Len Geheimen Regierungsrat Proscssoc der Mineralogie und Geologie Ist'. Bäuer in Marburg zum Adjunkten für Westfalen, Waldeck, Lippe und Heffeu-Kasjel aus weitere zehn Jahre wiedergcwählt. Au Stelle des verstorbenen Geheimen Meoizinalrals Piosessor Vr. Nudols Virchow sind Geheimer Regierungsrat Professor der Geographie Vr. Freiherr v. Nichibosen in Berlin zum Adinnkten, Proiesjor vr. Gerland in Straßburg zum Vorstandsmitgliede der Factnetlion sür Anthropologie, Ethnologie und Geographie, Geheimer Medizinal - rat Professor vr. H. Waldeycr in Berlin zum Vorstandsmitgliede der Fachsektion für wissenschaftliche Medizin gewühlt wordc». — Vr. Oskar Lajsar, der bekannte Beiliner Hautarzt nnd Privaidozenl der Berliner medizinischen Fakullät, wurde zum außerordentlichen Profi ssor ernannt, ebenlo der Nervenarzt vr Ernst Remak. Wegen ihrer wisseuschaslsichcn Leistungen war beiden schon vor Jahren der Prvfisjortilel verliehen worden, dein nun in Anerkennung ihrer hervorragenden klnmchcn Lchrialigkeir die Ernennung zu außerordentlichen Professoren gefolgt ist. — Professor vr. Wilhelm Sckmid in Tübingen hat einen Nns als Nachfolger deS Prosestors Ltlo Crusius, der an Stelle Wilhelm Christs nach München berufen ist, nach Heidelberg erhalten. — Hosrat vr. Richard Schmidt, der Freiburger SlraireckiSIchrer, wurde zum Prorektor d.r Universität Freiburg l. B. sür Las Jahr 1903,04 gewällt. — Ter Privaidozenl iu der inedizmycheu Fakusial der Universität Bersin vr. Erich Lexer ist znm außer ordentlichen Piosessor ernannt worden. — Tein Dozenten an der Technischen Hochschule zu Berlin, Mitglied des kaiß-lsichen Patentamts, Geheimen Regielungsrat vr. Richard Stephan, ist daS Prädikat „Professor" beigelegt worden. — Ter Geheime Regierungsrat Ried 1er, Professor an der Technischen Hock-chule zu Berlin, wurde von der Deuijchen Technischen Hock'ckule zu Prag zum Ehrendoktor der Technischen Wlsjenschosten ernann:, und dieier Ernennung vom Kaster von Oesterreich die landesherrliche Bestätigung erteilt. — Unter den Preisausgaben der Rubeaow- SooLvIve»»«, IvtoLI, soltü, vrslsvi^orU»! p»rt«rr« iu»L 1. tttr UnvUsu, pqrlarr» iu«» 1.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder