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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021222029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902122202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902122202
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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8968 hiermit di« dringende Notwendigkeit eine- einmütigen Zu. sammenhalten« der konservativen Partei und des Bunde- der Landwirte, unbeschadet der Meinungsverschiedenheiten über dar Tarifkompromiß. Diese Meinungsverschiedenheiten vermögen das Vertrauen zu unseren Vorkämpfern für die Interessen der Landwirt, schäft nicht zu erschüttern." Und in einer Versammlung deS konservativen Vereins zu BreSlau, in der Graf Limburg-Stirum Bericht über die politische Lage erstattete, wurde der Bundesleitung sogar der Dank der Versammelten ausgesprochen. Ohne den Bund der Landwirte, erklärte der Vortragende, wäre cs nicht möglich gewesen, zu erreichen, was erreicht worden sei. Auf daS Rundschreiben der Bundessührer eingehend, gab der Herr Graf seinem Bedauern über dasselbe Ausdruck, fügte aber hinzu, die ganze Differenz sei nicht grundsätzlich, sondern nur eine verschiedene Auffassung dessen, was im gegebenen Augenblicke das praktisch Richtige gewesen sei. Im besonderen hob er hervor, daß die Mitteilungen der „Schles. Ztg." über die letzte Fraktionssitzung der Konservativen des Reichstages unrichtig seien; cS sei den Abgeordneten vr. Oertel und Freiherr von Wangenheim in keiner Weise nahegelegt worden, aus der Fraktion zu scheiden. DaS habe keineswegs in der Absicht gelegen, es sei lediglich die Mißbilligung jenes Rundschreibens ausgesprochen worden.— Die Bundessührer können mit diesen Kundgebungen zufrieden sein und werden aus ihnen entnehmen, daß sie aus dem beschrittenen Wege fortgehen dürfen, ohne die Geduld der „reinen" Konser vativen zu erschöpfen. Um so mehr aber wird es Zeit jür die Regierungen, ihren politischen Organen klar zu machen, wie sie sich bei den bevorstehenden Wahlen zu verhalten haben. Es ist selbstverständlich, daß in der Wablbeweg- ung die Bündler und die ihnen ergebenen Konservativen ihre Agitation ganz wesentlich gegen die National- liberalen richten und diesen Mandate zu entreißen suchen werden. Da eS sich nun aber im künstigen Reichstage um die Handelsverträge handeln wird, denen die Bundes sührer sich voraussichtlich ebenso schroff gegenüberstellen werden, wie sie sich dem Zolltarife gegenübergestellt haben, so kann es den verbündeten Regierungen nichts weniger als gleichgültig sein, ob die Zahl der bündlerischen Mandate sich auf Kosten der nationalliberalen vergrößert, deren In haber Vertreter eines maßvollen Fortschrittes auf politischem wie auf wirtschaftlichem Gebiete sind und als Beschützer der produktlven Arbeit gelten dürfen, so weil dies mir den Interessen der Gesamtheit in Einklang zu bringen ist. Man hat eS ja freilich in neuerer Zeit oft erlebt, daß die politischen Regierungsorgane ganz offen bei den Wahlen die Kandidaten solcher Parteien begünstigten, von denen die Regierungspolitik Schwierigkeiten aller Art und unerfüllbare Forderungen zu erwarten batte. Die Erfahrungen aber, die man mit dieser „Versöhnungspolitik" überall gemacht hat, werden hoffentlich diesmal von weiteren Versuchen ähn licher Art abhalten. Der Wechsel im österreichisch-ungarischen Kriegs ministerium. Der Rücktritt des gemeinsamen Krtegsministers für Oesterreich-Ungarn Baron Krieghammer wird in Wiener politischen und militärischen Kreisen, wie bereits kurz mitgeteilt, mit der Wchrvorlagc, betreffend die Er höhung -es Präsenzstandcs der Armee, in Verbindung ge bracht. Mit dieser Vorlage hatte der bisherige Kriegs minister geplant, den Präsenzstand des Heeres durch Heranziehung von 6000 Ersatzreservisten zu erhöhen, die ein bis drei Jahre präsent gehalten werden sollen, und dieser Gedanke hat auch schließlich die Zustimmung der beiden Regierungen gefunden. In den Parlamenten und namentlich im ungarischen Reichstage wurde die Vorlage aber lebhaft bekämpft, und von dem ungarischen Wehraus schuß wurde dann angeregt, die Erhöhung des Präsenz standes -es HeereS nicht durch die von dem Kricgsminister vorgeschlagene Maßregel, sondern vielmehr durch eine Er höhung des Rekruten-Kontingents vorzunehmen. Der ungarische Landesvertcidigungsminister Baron Fejervary, der mit dem Vorschläge des Kricgsministers nicht ganz ein verstanden gewesen zu sein scheint, griff diese Anregung auf, eilte nach Wien und setzte hier die zweite Vorlage durch, welche auf einer Erhöhung des Rekruten-Kon tingents beruhte und vorübergehend in kleiner Anzahl Ersatzreservisten heranzog. Obwohl diese Vorlage eine weit ausgiebigere Erhöhung des Präsenzstandes vornahm, fand dieselbe -och im ungarischen Reichstage eine bessere Aufnahme, und die Korrekturen, die in den Ausschüssen vorgenommen wurden, bezogen sich wieder auf die Ersatz reservisten, die abermals, wenn auch in geringerer Zahl, auf Betreiben Krieghammers herangezogen wurden. In militärischen Kreisen wurde nun gegen den Kriegsminister der Borwurf erhoben, daß die Vorlage erst von den parla mentarischen Faktoren auch mit Rücksicht auf die mili tärischen Interessen abgeändert und verbessert werden mußte. Während sich in dieser Weise die „Neue Freie Presse" äußert und andere tonangebende Wiener Blätter den Rücktritt des Baron Krieghammcr ebenso zu erklären suchen, wird in Pest die Demission des Kricgsministers einfach auf Gesundheitsrücksichten zurückgeführt. Baron Krieghammcr folgte dem am 22. Juli 1893 verstorbenen Kriegsministcr Bauer im Amte; er wurde am 23. Sep tember 1893 zum Kricgsminister ernannt, fungierte also durch mehr als neun Jahre als solcher. — Die Ernennung seines Nachfolgers, des Feldmarschall-Leutnants von Pitreich, ist bereits vollzogen. Der neue Kriegs- Minister ist 61 Jahre alt; er war Zögling der Genie- akadcmie und wurde 1866 bei den Berteidigungsarbeiten in den Festungen Krakau und Lemberg verwendet. Später wurde er in den Gencralstab berufen. Dort hatte er eine» hervorragenden Anteil an der Herstellung des Exerzier- rcglements. 1890 wurde er Vorstand des Präsidial bureaus im ReichS-Kriegsministcrium, 1806 Stellvertreter deS Gencralstabschcfs. Nom auf -en Philippinen. Aus Rom wird der „Pol. Korr." geschrieben: Die Veröffentlichung der päpstlichen Bulle vom 17. September, betreffend die Reorganisation der katholischen Hierarchie auf den Philippinen, erfolgte deshalb erst jetzt, weil der Vatikan die Ankunft des apostolischen Delegaten auf den Philippinen, Monsignore Guidi, in Manila abmarten wollte. Es wird viel bemerkt, daß der Papst bei Er wähnung der Mission des Gouverneurs der Philippinen, Herrn Taft, in Nom „der Mäßigung der amerikanischen Unterhändler" lobend gedenkt. Gleichzeitig gibt der Papst seiner Dankbarkeit gegenüber der Negierung in Washing ton wegen der versöhnlichen und gerechten Haltung Aus druck, die sie bei Regelung der Klvstcrsrage kundgab, und er ermahnt deshalb die Eingeborenen auf den Philippinen in eindringlicher Weise, sich der neuen Regierung in vollem Umfang zu unterwerfen, was durch den Satz in der Bulle ansgcdrückt wird: „eo?, <M imperium tonont, Llnlippiuarum ineolae revorantui." Monsignore Gnidi wurde bei seiner Ankunft in Manila von einem Vertreter des Gouverneurs und einer Abordnung von Notabeln be- willkvmmt. Bald darauf wurden zwischen ihm und dem Gouverneur die amtlichen Besuche gewechselt, wobei Mon signore Gnidi dem Gouverneur ein Schreiben des Kardinal - Staatssekretärs NampoIla über reichte, und bemerkte, er hoffe, stets das vollständigste Einvernehmen mit den weltlichen Behörden aufrecht erhalten zu können, welches ein wesentliches Erfordernis zur Beruhigung der Inselgruppe sei. Gouverneur Task erwiderte, seine Negierung werde die gesetzlichen Rechte der Kirche stets hochachten. Monsig nore Gnidi und Gouverneur Taft werden das in Rom ge troffene Uebcreinkvmmcn, dessen Bestimmungen bereits veröffentlicht sind, anszusühren haben. Tie Klöster werden unter zwei Bedingungen unter dem weltlichen Regime fortbcstchcn: daß ihre Güter gegen eine billige Ent schädigung auf Grund gemeinsamen Einvernehmens c n t- cignct werden, und daß das spanische Element in der Klostcrgcistlichkcit nach und nach vollständig durch ein fremdes oder eingeborenes ersetzt werde. Man glaubt, Monsignore Gnidi werde etwa drei Jahre auf seinem Posten bleiben. Deutsches Reich. Berlin, 2l. Dezember. (Aus der nationallibe ralen Partei.) Der Abg. von Eynern läßt folgendes Schreiben, welches er an den Vorsitzenden des Berliner nationalliberalen Vereins sandte, aus dem er seinen Austritt erklärt hat, veröffentlichen: Sehr geehrter Herr! Herr vr. Krause teilt mir mit, daß die Erklärung meines Austritts au? dem Berliner nationalliberalen Verein dem Vor- stand noch nicht mitgeteilt sei; es werde gehofft, ich würde dieselbe zurücknehmen. Ich bedaure, solche Hoffnung nicht erfüllen zu können. Es widerstrebt mir, einem Verein ferner angehören zu sollen, in dem Mitglieder über die nach meiner Ueberzeugung durchaus legalen Maßnahmen des in einer Zwangslage sich befindenden Reichstags solche unglaublichen Reden führen, wie es in der letzten Ver sammlung des Vereins geschehen ist. Diese Maßnahmen wurden getroffen zur Sicherung unserer freiheitlichen Institutionen gegen eine Partei, die offenkundig den deutschen Reichstag, das Palla- dium unserer nationalen Einheit, zur Machtlosigkeit und Lacher- lichkeit herabziehen wollte und das auch ohne diese Maßnahmen fertig gebracht haben würde. Ich möchte darauf verzichten, an solcher Stätte die jetzigen Mandatträgcr der nationalliberalen Partei im Reichstag, deren Mut, Entschlossenheit und Selbsllosig- keit ich bewundere und deren Verdienste um das Vaterland den besten Taten der nationalliberalen Partei in deren Vergangen, heit zuzurechnen sind, mit solchen Worten beurteilt zu hören. Ich achte die Meinung anderer, aber wenn eine Meinungsver schiedenheit dahin führen kann, unsere Reichstagsfraktion zu apo strophieren, daß „sie sich unter ein kaudinisches Joch gebeugt" daß „sie sich in das Schlepptau des Zentrums begeben", (wir, die Nationalliberalen!!) daß sie „jede liberale Gesinnung preis?,ezeben" hätte, und noch vieles andre mehr, so hört für mich die Duldung gegenüber solchen „Parteigenoffen" auf. Ich beklag« dann, daß es Männer gibt, die sich nationalliberal nennen und sich nicht scheuen, öffentlich kundzugeben, daß sie die Ueberzeugung«. treue der Vertreter deS nationalgesinnten Teils de» deutschen Volkes für nichts achten. Ich kann es auch nicht über mich ge- winnen, ansehen zu sollen, wie der Referent in der BereinSver- sanimlung „Seelenweh" darüber empfindet, daß die national- liberalen -freunde des Reichstags sich in derselben Gesellschaft mit den konservativen Fraktionen und der Zentrumsfraktion befunden haben. Wie bl Abgeordnete bei 397 NeichStagSmitgliedern cs fertig bringen sollen, allein eine Majorität zu bilden, kann ich mir nicht recht vorstellen. Daß aber die Vereinigung stattgefunden, und zwar auf dem Boden der Eisenacher Beschlüsse, sollte eine Genugtuung für jeden Teilhaber an der Eisenacher Versammlung sein; denn diese Beschlüsse bekräftigen, wie sehr die Partei auch in dein jetzigen verworrenen Parteigelriebe an der ihr im politischen Leben unserer Nation zugewiesenen Ausgabe einer liberalen Mittelpartei unentwegt sestgehalten hat. Und eS sollte ferner mit der größten Genugtuung empfunden werden, daß unsere Freunde im Reichstage bei dieser all üoe-Vereinigung der Parteien gegen die allen gemeinsam feindliche Partei des Umsturzes, wie schon so ost, als schlimme Parteisucht das Vaterland bedrohte, kühn und entschlossen das Banner deS Sieges vortrugen. Ich verbleibe mit größter Hochachtung Ihr ergebener E. v. Eynern. 0. Berlin, 21. Dezember. (L v h u b c w e g u n g der Maurer.) Der siebente Verbandstag der sozial demokratischen Maurerorganisation wird in Berlin am 31. März abgehalteu. Die Maurer hoffen, da die Bau tätigkeit im nächsten Jahre ziemlich stark zn werden ver spricht, ihre Forderungen, die in erster Linie auf Erhöhung des Lohnes und Vcrkmrzung der Arbeitszeit tAchtstunden tag) hinausgchcn, wenigstens in großen Städten durch setzen zu können. Die Maurerkasie ist sehr wohlgefüllt; trotz der schlechten Zeiten gingen bei ihr vom 9. bis zum 15. Dezember 25 496 ein; darunter von den Zweig vereinen Berlin und Umgegend 15 000 ./il, von der Maurervrganisation in Dresden 3000 in Gommern 1800, in Magdeburg 800, in Altona 800, in Bremen 750, in Wiesbaden 600, in München 500. Die Organisation ist sehr straff, Berlin hat 8890 organisierte Maurer, Frank furt 2800, Hamburg 3818, Magdeburg 1488, Leipzig 3450; selbst in lleiueren Dörfern ist es den Agitatoren des Zentralvcrbandes in Hamburg gelungen, die Maurer in die Organisation hineinzutreiben. Eine Menge von Streiks im Baugewerbe war in diesem Jahre zu ver zeichne», und wenn auch keiner von großem Umfange und besonderer Hartnäckigkeit war, so riefen sie doch Be unruhigung genug hervor. Das Baugewerbe ist schon schwer belastet und kann neue Forderungen schwerlich er füllen, ohne vollständig unrentabel zu werden. Wenn also die Maurer mit neuen Lohnforderungen kommen, fo werden sic bewirken, daß aus der regen Bautätigkeit, die sie in Rechnung gezogen, nichts wird. — Der Ausschuß des B u n d e s r a t e s für Rechnungs wesen hielt am Sonnabend Sitzung. — Ucber den Rcgierungsentwurf zu einem neuen Schutzgescvc für die Werke der Photo graphie ist in den Kreisen der Beteiligten ein heißer Streit entbrannt. Der Rechtsschutzverband deutscher Photographen hat in einer an den Reichskanzler ge richteten „Vorstellung" eine Reihe von Bedenken gegen den Entwurf erhoben und der Meinung Ausdruck gegeben, daß die Pvrtrütphvtographcn von dem neuen Gesetze gegenüber dem geltenden keinerlei Vorteile haben würden. Der Deutsche Photographcn-Vereiu, der seinen Sitz in Weimar hat und dessen wissenschaftlicher Berater, Pro fessor vr. Bruno Mcner, bei den Vorarbeiten für den Rc- gicrungscntwurf beteiligt war, tritt in einer Eingabe an den Reichskanzler und an den Reichstag der Auffassung des Nechtsschutzvcrbandcs entgegen. — Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten bat bestimmt, daß bei der Beförderung von Milch auf der Eisenbahn von der Erhebung der in den Beförde- rungSbestiminungen vorgeschriebenen monatlichen Mindest fracht von 5 -L abzusehen ist, wenn eine Beförderung von Milch im Laufe des KalendermonatS nicht stattgefunden bat. — Der preußische Diplomat v. Usedom, der 1866 am Hofe von Florenz war und dort das Bündnis des Königreichs Italien mit Preußen zu stände gebracht hatte, erhielt von König Viktor Emanuel den Orden der Eisernen Krone. Er hatte auch von Oesterreich den Orden der Eisernen Krone erhalten und konnte nun mit Recht sagen, warum er den italienischen Orden be kommen habe, wisse er, warum er den öster reichische n bekommen habe, wisse er nicht. Herr v. Hertling hat für seine Verdienste um die Be gründung der k a t h o l i s ch - t h e o l o g is ch e n Fa k u l- tät in Straßburg vom Papst das Großkrcuz des St. Grcgorius-Ordcns erhalten; sollte ihm nun auch noch eine preußische Ordcnsauszeichnung zu teil werden, so wird er in ähnliche Verlegenheit geraten, wie jener Diplomat des Jahres 1866. — Leit langer Zeit ist S da- Bestreben der zahnärzt lichen Vereine und Dozenten gewesen, das Studium der Za hu Heilkunde wissenschaftlich zu vertiefen, und als Vorbedingung dafür die Maturität eines Gymna siums oder Realgymnasiums zu verlangen. Bis jetzt wurde zu diesem Studium nur das Primanerzeugnis gefordert. Nach langem Kampfe und vielem Petitionieren bei den einzelnen Regierungen ist — der „Tägl. Rdsch." zufolge — ein großer Schritt in dieser Sache vorwärts geschehen. In einer der letzten Plenarsitzungen des preußischen Staatsministeriums hat es sich für Bewilligung der Ma turität und eines längeren Studiums erklärt und bei dem Bundesrate beides beantragt. Da andere deutsche Staaten schon lange für diese Forderungen der deutschen Zahnärzte eingetretcu waren, so sieht man ihrer Verwirklichung ent gegen. — Nunmehr sind neben dem „Vorwärts" auch alle .übrigen deutschen Blätter, gegen die das Ermittlungs verfahren wegen Beleidigung des inzwischen verstorbenen Herrn K rupp eingeleitet war, außer Verfolgung gesetzt worden. Daß die Affäre damit nicht zur Ruhe kommt, steht sest. Wie der „Volksztg." ausJtalien geschrieben wird, hat die Staatsanwaltschaft am Landgericht Neapel Anklage gegen die verantwortlichen Redakteure der kle rikalen „Croce" und der sozialdemokratischen „Propaganda" erhoben wegen Erregung öffentlichen Aergernisses durch Erzählung der angeblich Kruppschen Verirrungen. Dieser Antrag kann nicht mehr rück gängig gemacht werden; denn der Untersuchungsrichter Ritter Solari hat seinen Bericht mit dem gleichlauten den Anträge abgeschlossen, und die Strafkammer hat gegen die „Propaganda" am 15. d. M. das Hauptverfahren er öffnet und am 17. den verantwortlichen Redakteur g c - laden. Unabhängig davon kommt die Strafsache des flüchtigen Malers Christian Alters aus Hamburg wegen Sittlichkeitsverbrechens, versucht an Minderjährigen, in der ersten Februarwoche vor der 3. Strafkammer Neapels zur Verhandlung. — Die „Boerensammlung" des Alldeutschen Verbandes hat jetzt zusammen 613473,21 ergeben. Es Wurden bisher verausgabt 495 138,80 bewilligt, aber noch nickt gezahlt: 65 111,35 mithin sind noch verfügbar 53 223,06 -L Für die deutschen Mitstreiter derBoeren sind bisher in Folge des Aufrufes vom 12. Juni 1902 ein gegangen 14 673,50 Diese Summe ist in den vorher an geführten Zahlen mitenthalten. — Die „Nordd. Allg. Ztg." erhält von dem persönlichen Adjutanten des Prinzen Friedrich Leopold die Mit teilung, daß das in den Blättern verbreitete Gerücht, der Prinz sei beim Schlittschuhlaufen eingebrochen, falsch sei — Der Herzoa Carl Eduard von Sachsen-Koburg und Gotha hat, der „Post" zusolge, das kürzlich abgelegte Abiturienten examen mit Auszeichnung bestanden. Vor der Uebersiedelung des Herzogs nach Potsdam sanden in der Hauptkadettenanstalt zu Groß-Lickterielde zu Ehren des herzoglichen Abiturienten Abschieds essen im Kreise seiner bisherigen Lehrer und Mitschüler statt. Dem Herzoge wurden zahlreiche telegraphische, schriftliche und mündliche Glückwünsche zu teil. — Fürst Philipp zu Eulenburg, der seitherige deutsche Botschafter in Wien, hat seinen Hausstand in der österreichischen Hauptstadt aufgelöst und einen großen Teil der Möbel usw. nach Bahnhof Weeze am Niederrhein befördern lassen, wo sie gestern, in mehreren Waggons verpackt, eingetroffen sind. Wie verlautet, sind die Sachen zur Einrichtung der dort in der Nähe gelegenen fürst- lichen Besitzung Hertefeld bestimmt, wo der Fürst mit seiner Familie in Zukunft zeitweilig zur Erholung Aufenthalt zu nehmen beab sichtigt. — Der „Reichsanzciger" veröffentlicht jetzt die Abberufung des preußischen Gesandten Graf v. Monts in München behufs ander- weitiger Verwendung, sowie die Ordensverleihungen an den Reichskanzler und den Staatssekretär Graf PosadowSky, Frhr. v. Thielmann und Frhr. v. Richthofen anläßlich des Abschlusses der Zolltarisbcratungen. — Der erste und der zweite Vorsitzende des Bundes der Landwirte, Frhr. v. Wangenheim und vr. Roesicke, haben sich beide zu gleicher Zeit, ersterer in Ostpreußen, letzterer in West- Preußen, Vertrauensvoten für ihre Haltung in der Zolltarif- frage von ihren Getreuen erteilen lassen. Vr. Hahn und Lieber mann von Sonnenberg taten dasselbe in Braunschweig, wo man auch noch seinem Bedauern über die Zustimmung des Abgeordneten v. Kaufmann zum Tarif Ausdruck gab. — In dem Befinden des früheren Neichstagspräsidenten v. Levetzow ist eine bedeutende Besserung eingetreten, so daß der Patient in den letzten Tagen Ausfahrten unternehmen konnte. — Hier o »gekommen sind der hiesige großbritannische Bot- schafter Sir Frank Cavendish Lascelles, vom Urlaub, Graf Kantschiposf, bevollmächtigter Minister aus Petersburg, und Wirkt. StaatSrat v. Kobienesf aus Warschau. — Die Bevoll mächtigten zum Bundesrat, bayerischer Ministerialrat Ritter v. Schneider und mecklenburgischer Ober-Zolldirekto: Kunckel sind von Berlin abgereist. * In Königsberg i. Pr. ist die königliche Bestätigung der Wahl des Ersten Bürgermeisters Körte gestern eingetroffen. Der Amtsantritt des Herrn Körte erfolgt, wie die „Kün. Hart. Ztg." hört, voraussichtlich am 1. Februar. * In der Provinz Hannover hat der Bund der Land wirte beschlossen, jedes Kompromiß mit den National liberalen für die ganze Provinz abzulehnen. Er hat ferner „Em — empört über — über mich?" stotterte der junge Mann, ebenso überrascht wie erschreckt. Plötzlich sprang er aufgeregt vom Stuhl auf. „Was habe ich ihr denn getan?" „Na — sie ärgert sich über deine dumme Eifersucht." Der Student schüttelte den Kopf, sah seine Cousine ganz verwirrt an und fragte: „Ich — ich soll eifersüchtig sein? Wie so denn? Auf wen denn?" „Solltest du das nicht wissen, Paul?" fragte das junge Mädchen scharf. „Mir wenigstens ist schon wiederholt ausgefallen, daß du jeden, der mehr als die gewöhnlichsten Phrasen mit Klara spricht, mit deiner albernen Eifersucht beehrst." (Fortsetzung folgt.) >> Anter -em Christbaum. Eine Weihnachtsgeschichte von O. Elster. Nachdruck verboten. Arnold blickte träumend in das Kaminfcucr. Trau liche Zukunftsbilder stiegen vor seiner Seele empor; er träumte von der Zeit, da er mit dem geliebten Weibe am eigenen Herdfeuer sitzen würde. Ach, so elegant und prächtig würde sein eigener Kamin dort hinten im Moor freilich nicht sein, wie der im gräflichen Schloß hier, aber es war doch sein eigener Herb, sein altes väterliches HauS, das er sich durch eigene Arbeit und Kraft wieder erworben. Lächelnd beobachtete ihn der Graf. „Woran denkst du, Arnold?" Dieser erwachte aus seinen Träumen. „Berzeih', Onkel! Ich dachte an mein eigenes Heim in Todtenmoos. Wenn du erlaubst, werde ich morgen einmal hinüberfahren und nach dem Rechten sehen." „Ei der Tausend! Ich denke, du wirst hier ein besseres und behaglicheres Heim finden." „Es kommt darauf an, Onkel. Sage 'mal, was ich doch fragen wollte — wie bist dn mit dem jungen Stübnitz zufrieden?" „Weshalb fragst dn? Interessiert dich der junge Mann?" „Ja — aus einem bestimmten Grunde." „Nun, Stübnitz ist ein tüchtiger, braver Mensch. Sein Vater war ein alter Kamerad von mir, deshalb habe ich ihn zu mir genommen. Er ist arm wie eine Kirchen maus, dazu elternlos —" „Du bist sehr gütig gegen ihn, Onkel." „Der arme Mensch tut mir leid. Er wollte eigent lich Offizier werden, war auch schon auf der Kadetten anstalt, mußte aber abgehen, weil er keine Mittel besaß." „Ist er schon lange hier?" „Drei Jahre — doch warum interessierst du dich so für ihn?" „Haft du nie daran gedacht, daß er ein bildhübscher, dabei durch und durch anständiger junger Mann ist, Onkel?" „Was soll das heißen, Arnold? Was geht mich sein hübsches Gesicht an?" „Nun, junge Damen pflegen sich für derartige Dinge sehr zu interessieren." „Arnold, du meinst doch nicht, daß der junge Stübnitz und Hedwig Rctham . . . aber, das ist ja Unsinn!" „Wäre das denn gar so schlimm, Onkel? Du sagst doch selbst, daß er ein tüchtiger, braver Mensch ist — arm aller dings — aber bin ich nicht auch arm?" „Ach, mit dir ist das etwas ganz anderes!" „Onkel, weißt du, was mich einst in die Fremde trieb?" „Ja — Schulden!" „Nicht sowohl diese Schulden, als die heiße Liebe zu einem jungen Mädchen, das ich nicht mein nennen durfte, weil ich arm war, wie auch sie —" „Vergangene Geschichten, Arnold!" „Und wenn die Vergangenheit wieder lebendig ge worden wäre?" „Was willst du damit sagen? Ich verstehe es nicht, Rätsel zu lösen." „So laß dir erzählen, Onkel. . ." Eine Zeit laug saßen sie im ernsten Gespräch zusammen. Sein ganzes Leben schilderte Arnold dem Grafen, der nachdenklich und schweigend noch eine Weile sitzen blieb, als sein Neffe geendigt. Dann reichte er ihm die Hand hinüber. „Du bist ein braver Mensch, Arnold", sagte er mit bewegter Stimme. „Wenn sich alles so verhält, wie du sagst, wenn sich die jungen Leute lieben — na, ich habe schon lauge daran gedacht, meinen alten Inspektor auf meinem zweiten Gute Wallcrsmühlen in den Ruhestand zu versetzen — da könnte man ja dem jungen Studnitz' die Stelle geben. Aber erst abwarten!" „Das Wcihnachtssest bringt so manche Ueberraschung, Onkel", meinte Arnold lächelnd. „Die Stelle in Wallers mühlen würde mir schon zusagen —" „Dir? Mer spricht denn von dir? Du kennst doch meine Absichten hinsichtlich deiner Zukunft. Aber nach Amerika gehst du mir nicht wieder!" Arnold lachte. „Ich kann nichts versprechen, Onkel. Das hängt nicht mehr von mir allein ab!" In diesem Augenblick stürmten Mizzi und Emmy in das Zimmer, um den Vetter zu bitten, ihnen beim Auf putzen dcö Weihnachtsbaumes für die Dorfkinder zu hel fen, und lachend folgte dieser den mutwilligen Mädchen. * * * In der geräumigen Halle, in welcher der Dienerschaft und den Kindern aus dem Dorfe beschert zu werden pflegte, mar Hedwig mit zwei Hausmädchen beschäftigt, die langen Tafeln zu decken, auf denen die Geschenke aufge baut werden sollten. An der Kopfseite der Halle erhob sich ein riesiger Weihnachtsbaum, vor demselben stand auf einer Leiter der junge Studnitz und befestigte die goldenen Nüsse und Acpfel, die ihm Gerda zureichte. Bei dieser Beschäftigung plauderten sie eifrig, aber mit gedämpfter Stimme, mit einander und achteten' kaum auf ihre Um gebung. Hinter dem großen Weihnachtsbaum war auch ein so hübsches Versteck, in das kein neugieriges Auge blicken konnte. Hedwig und die Mädchen achteten auch nicht auf die beiden, denn cs war ja selbstverständlich, daß der junge Studnitz Komtesse Gerda hülfreich zur Hand ging. Jetzt war das junge Paar wieder hinter dem Weth- nachtsbaum verschwunden und schien eine sehr ernste Be ratung Uber die Auswahl der Zuckersachen zu halten, denn es kam erst wieder zum Vorschein, als Mizzi und Emmy mit Arnold in die Halle stürmten. Fritz von Studnitz kletterte schnell wieder die Leiter hinauf und zeigte sich außerordentlich geschäftig, den Baum mit allerlei Schmuck förmlich zu überladen; Gerda trat Arnold mit glühenden Wangen entgegen und schlug ver legen die Augen nieder, als er lachend sagte: „Wie deine Augen glänzen, Cousinchen! Hast du viel leicht dein Glück unter dem Weihnachtsbaum gefunden?" Mit einem flehenden Blick sah sie ihn an. Da ergriff er ihre Sand und drückte sie leise, indem er ihr zuflüstcrte: „Sei unbesorgt — ich helfe euch." Ein dankbarer Blick lohnte ihm, dann schlüpfte Gerda wieder hinter den Weihnachtsbaum und Arnold wurde von Mizzi und Emmy fortgezogen. Er hatte sich Hedwig zü rnenden wollen, diese hatte jedoch bereits die Halle ver lassen. Die kleine Scene zwischen Arnold und Gerda war ihr nicht entgangen. Ein bitteres Gefühl schlich sich in ihr Herz; heute morgen noch hatte er ihr von der Ver gangenheit gesprochen, hatte die Erinnerung an jene Zeit, die sie für immer begraben wähnte, wieder in ihrem Her zen wachgerufcn — und jetzt vermochte er wieder mit Gerda zu scherzen, jetzt schien er die Vergangenheit gänz lich vergessen zu haben und nur der Zukunft zu leben, die sich ihm hier so glänzend eröffnete. Sic empfand keinen Schmerz, keine Enttäuschung ihres eigenen Schicksals wegen; sie hatte ja nichts erhofft und erwartet. Nur ein häßliches Gefühl des Mißtrauens gegen Arnold bemächtigte sich ihrer, daß er cs weder ihr noch Gerda gegenüber ehrlich meinte. Und das tat ihr bitter weh. Heiße Tränen füllten ihre Augen — sie begriff sich selber nicht. Sollte die Vergangenheit doch nicht versunken und vergessen sein? Sie preßte die Hand auf die Augen, um die törichten Tränen zu unterdrücken; als sie die Hand wieder sinken ließ, sah sie Arnold vor sich stehen, der sie mit einem seltsamen, warmen Blick umfaßte. Sie erbebte bis in die Tiefe ihres Herzens und wollte rasch au ihm vorübcrgchcn, doch er vertrat ihr den Weg. „Hedwig", flüsterte er, „warum meiden Sie mich?" „Ich meide Sie nicht, Herr Baron. Ich habe nur keinen Grund, Ihre Gesellschaft zu suchen." „Hedwig! Weshalb diese Bitterkeit? Können Sie nicht vergessen und vergeben?" „Vergeben, aber nicht vergessen, Herr Baron." „Nicht vergessen! Nun wohl, Hedwig, auch ich kann nicht vergessen, daß wir uns einst liebten —" „Ich bitte, Herr Baron — das ist längst vorüber! Ver gessen habe ich nur nicht, wie Ihre sanften Worte mein junges Herz umschmeichelten — vergessen habe ich nicht, wie Sie mich dann herzlos verließen!" „Hedwig — konnte ich denn anders handeln? Durfte ich Ihr Geschick mit meinem steuerlosen Leben verknüpfen? Durfte ich Tie mit hinausnehmen in die fremde Welt, wo mich nur Arbeit, Not und Sorge erwarteten?" „Hielten Sic mich für zu schwach, diese Arbeit mit Ihnen zu teilen?" „Damals — ja! Doch jetzt sehe ich, daß Sic Mut und Kraft besitzen. Und jetzt frage ich Sic, ob Sic mir folgen wollen —" lJorisetzung folgt.)
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