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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.12.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021231029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902123102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902123102
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-31
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Kardoiff sich nickt darüber geäußert haben, ob sie dem Beispiele ihrerS Führers zu folgen gedenken Jedenfalls kann sich dieser für seine Verurteilung des Verhaltens der Bunvesleiiung auf eine sich immer mehr ver größernde Zabl von Kundgebungen berufen, die aus ländlicken Kreisen kommen und die Vorteile des neuen ZolltansS für die Landwirtichaft rückballlos anerkennen. Von besonderer Bedeutung ist eine solche Anerkennung des Münsterschen „West falen" deshalb, weil dieses Blatt Len Leitern LcS westsälucke» Bauernvereins nahe steht. Wir stänren, so sagt ter „West fale", an einem Abschnitte unsrer Wirtschaftspolitik, der hoffentlich den Abschluß bilde einer langen Neide für die deutsche Landwirtschaft überaus trauriger Jahre der Zurück setzung und Schädigung andern Produktlvstäuden gegenüber, der aber nicht minder auf eine bessere Zukunft boffen lasse. „Es ist wahr, wir haben nicht c erreicht, was wünschenswert und von unö wohlbegründet als notwendig verlangt war; immerhin aber ist soviel zustande gekommen, daß cs lorickr und unverständig gewesen wäre, das Gebotene nickt zu nehmen und lieber daö ganze Tarijwcik scheitern zu lassen." Besonderes Gewicht erhält diese Auslassung dadurch, daß ihr das Blatt eine Zusammenstellung der Zollerhöhungeu des neuen Tarifs folgen läßt und dann fortfährt: Die Behauptung also, daß der neue Zolltarif, der nunmehr Gesetz geworden ist, für die Landwirtschaft wenig oder gar -in out wie nichts" biete, ist irre- säurend. Wie aus der vorstehenden Tabelle hervor- geht, wäre es in der Tat ein schwerer Verlust für die Landwirtschaft gewesen, wenn -die Zollvorlage zum Scheitern gebracht worden wäre. Tie Verantwortung dafür, daß Len Landwirten die Vorteile, die ihnen durch den neuen Tarif zugewandt werden sollen, dadurch hätten entgehen müssen, daß die Konsumenten geschlossen dagegen gestimmt hätten, konnte die Mehrheit desselben keinesfalls auf sich nehmen. Freilich wird ein definitives Urteil erst möglich sein, wenn Handelsverträge, auf Grund dieses GencraltarisS geschlossen, vorliegen. Die Tarisgrundlage für solche Verträge ist jetzt aber un- zweifelhaft für die Landwirtschaft ungleich günstiger als 1891. Doch die Vorteile, welche der Landwirtichaft aus dem Mindest tarif für Getreide und aus Len wesentlichen Erhöhungen der Zoll- fätze im Generaltaris geboten werden, sind damit noch nicht erschosst. Das Zolltarifgesetz selbst ist ebenfalls geeignet, der Landwirtschaft Nutzen zu schaffen und ihre Lage zu verbessern. ES ist, wie mit Gcnugthuung hervorgehoben werden kann, gelungen, auch in dem Gesetze eine Reihe vorteilhafter Ab- änderungen anzubringen. Nach dem nunmehr gellenden Gesetze treten folgende neue Bestimmungen in Kraft: 1s Tie Einführung von Ursprungszeugnissen bei der zoll- amtlichen Abfertigung einer Ware, die je nach ihrem Hcrst.llungs- lande einer unterschiedlichen Zollbehandluug unterliegt. 2) Die wesentliche Beschränkung der gemischten Pr'vat- transitläger. 3) Die Aushebung aller Zollkredite bei der Einführung von Getreide. 4) Die sofortige Gültigkeit der Einfuhrscheine bei der Aus fuhr von Getreide. Ter „Westfale" schließt: „Der hohe Wert, den diese Reformen für die Landwirtschaft haben, braucht nickt be sonders auseinandergesetzt zu werden; in allen lankwirtschafi- lrchen Kreisen wird man ibn zu würdigen wissen." Wenn den Bundesführcrn überall, wohin sie auf ihrem Kriegspsare kommen, von verständigen Landwirten mit den von dem Münsterschen Blatte aufgezähllen Tatsachen entgegengetreten wird, so wird selbst die Zungenfertigkeit LcS Herrn vr. Hab» nicht hinrcichen, von den Bunvesfübrern den Vorwurf der törichten und unverständigen Handlungsweise abzuwehren. Ncnrcgcluiig der Handelsbesiehnnacn Deutschlands zum Anstande. AuS der Meldung, daß Oesterreich-Ungarn sich ent schlossen habe, seinen Handelsvertrag mit Italien zu kündigen, wird vielfach geschlossen, dieser Kündigung würden andere auf dem Fuße folgen. Als besonders wahrscheinlich wird die baldige Kündigung res deutsch-russischen Handelsvertrags von Seiten Deutschlands bezeichnet und zur Begründung dieser Ansicht darauf hingewusen, daß der NeichStagsabgcorvnete Bassermann in einer Unterredung, über wclcke die „Baseler Nachrichten" belichten, geäußert babe, voraussichtlich wiUre noch dem gegenwärtigen Reichstage ein neuer Handels vertrag mit Rußland zur Annahme vvrgclegt werden. Ob Herr Bassermann daö wirklich gesagt hat, wissen wir nicht; hat er eö gesagt, so hat er zweifellos gute Giünds dafür gehabt. Aber daraus braucht noch nicht geschlossen zu werden, daß die Kündigung des jetzt in Krasl stehenden Vertrags unmittelbar beoorstehe. SeilbemAnfangedei neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Hal Deutschland Tarifverträge mit Oesterreich-Ungarn, Italien, Belgien und der Schweiz. ElwaS später kamen noch solche Verträge mit R.igland, Numäin'u „nd Serbien hinzu. Aus fnzber.'> Zeilen flammt ein allerdings nur .ovnigc Positzocken der beiderseitigen Zolltarife umfassender TarrfverNag mit Griechen land. Alle diese Verträge haben eine übereinstimmende Kiindigungöklausel. Nach ihr können sic nach dem 31. De zember 1902 jeden Tag gekündigt werden und lausen dann immer noch ein Jahr. Es wäre also nur ein Alt der VoJichi, wenn Deutschland mit der Kündigung des deulsch-rnfsischen Vertrags noch fo lange wartete, b>S die Negierung Gewißheit über die Schilling des Reichstags zu dem neuen, angeblich schon fertigen oder wenigst.ns dem Abschlüsse naben Veitra',- hälte. Allem Anicheine nach wird mau aber über die Ab sichten der Regierung nicht, lange im unklaren bleiben. Daß der Reichstag bald Gelegenheit e>halten werde, sich über die auf die Neuregelung ter Handelsbeziehungen DeulichlandS zum AuSlance bezüglichen Fiagcn zu unlerhasien, wird heule von den „Berl. Polin Nachr." ausdrücklich bestätigt. Zu»; Bencznela.-Krnflikt. Von lintorrichtetcr Seite wird uns iiiitcrm M. De zember ans Berlin geschrieben: Tie A n t w v r t des Präsidenten Castro ans die Erklärung, welche die beiden verbündeten Mächte betreffs der Annahme des Haager Schiedsgerichtshofes unter gewissen Vor behalten erlasien haben, war heute noch nicht ein gelaufen. Jene Vorbehalte besagen, daß tzeftimmrc Gcld- sordernngen von Venemela entweder soforr bezahlt werden, oder daß Venezuela Sicherheit für die künftige Zahlung leistet. Wenn in der deutschfeindlichen Presse des Auslandes behauptet wird, Deutschland stelle hinsichtlich der fraglichen Summen weit höhere Forderungen als England, so sind alle derartigen Angaben vollkommen falsch. In Wirklichkeit fordern beide Mächte annähernd dieselben Summen, sei cs unter sofortiger Zahlung, sei cs unter Leistung von Sicherheiten. Falsch ist auch die von neuem aufgewärmte Behauptung, daß Deutschland zur An nahme des Schiedsgerichts sich erst habe drängen lassen. Zn Wahrheit haben sowohl England als Deutschland von vornherein die grundsätzliche Annahme eines Schieds gerichts unter den crw ä hntcn Vorbehalten ausgesprochen. Dieser Sachverhalt ist nm so nachdrück licher fcstznstcllcn, je begieriger auch die radikale Presse Deutschlands die ausländischen Ausstreuungen anfgriff, nm sich an einem vermeintlichen Mißerfolge Deutschlands erfreuen zu können. — Wir knüpfen hieran die folgende, uns ans N om, 30. Dezember, zugchcndc Korrespondenz: Die „Tribuna" schreibt: Die italienische Regierung ist den Bereinigten Staaten dafür dankbar, daß sie die kriege rische Zuspitzung der Venezuela-Streitfrage abgcwendet habe. Indessen kann man sich in Italien nur schwer vor stellen, ivic sich die Regierung der Bereinigten Staaten die fernere Behandlung der Strciisragcn denkt, wenn der nordamcritanischc Gesandte Bowen als bcvvll- m ä ch t i g t c r B e r t r c t c r E a st r o s von W a s h i n g- ton ans die Verhandlungen vor dem Haager Schieds gericht führen wolle. In diesem Falle mürbe cs den An schein gewinnen, als sei Bowen zugleich Sachwalter Nord amerikas und Venezuelas. Und wie schon im einfachen Gerichtsverfahren ein Anwalt wegen „Jntcresscii-Kvlli- sivn" nicht zwei Parteien vertreten tonne, so sei eine der artige Zusammenlegung der Interessen zweier Staaten in dem Bencznclalonsliktc erst recht nicht möglich. Man würde daher wohl eine andere Fo r m für die schieds gerichtliche Verhandlung finden müssen. Tic Ereignisse in Marokko und TcutschianVS Stellung zn Vcnsclben. Ueber die Stellung Deutschlands zu den marekka- mscken Wirren wird in einem Berliner Blatle eine sckiefe Auss.m-mz vertreten, deren Berichtigung angezeigt ist „Für ^.-nc;-! !and, taS in Marokko nur roictickastlickr. Inter essen zn vertreten bat," so beißt eS, „ist kein Grund vvlhanden, sich in diese Händel eiuzumischen. Wir sieben kühl bis anö Herz diesen Konflikten . . gegen ¬ über." — Politische Interessen im eigentlichen Sinne bat Deutschland in Marolko allerdings nicht. Aber da Deulschlaud in Marokko wirtschaftliche Interessen zu vertreten hat, ergibt sich ganz von selbst, daß Deutschland nicht in der Lage ist, bei einer Ausrollung der marokkani- s cheii Fi a g e g er ii z b ei S ci te zu stehen. Diese an m a ß - gebender Stelle bekundete Auffassung dürste in deu weitesten Kreisen Tcunckluuvs aufZustimmuiig zu rechnen haben. Denn sp wenig die deutsche öffentliche Meinung ein Hervor treten DeuUchlandö anläßlich der maiokkamichen Wirren be grüßen würde, so wenig toiinle sie mit emei völligen Passivität deö Reiches einverstanden sein. — An akluellen Meldungen verzeichnen wir die folgenden: Tanger, 30. Teicniber. („Agcnce Havas".) Weitere Meldungen aus Fez bestätigen die Schwere der Niederlage der Truppen des Sultans. Ter Einfluß des Führers der Aufständischen Vu-Hainara erstrecke sich jetzt bis Sidi-Allah, zehn Meilen von Fez. Er verhandele jetzt in t den zw! chen jenem Platze und Fez wohnhaften Stämmen, um ungehindert Durchmarsch bis zur Haupt stadt zu erhalten. " Tätiger, 30. Dezember. Aus Fez cingegangene Nachrichten bci'ag- i, die Koe.inln hätten sich am 24. Dezember zum Minister des Aeußerii Abdel llerim bcn Slimau begeben, um sich mit dem selben über die Maßregeln zn besprechen, die zum Schutze der Ausländer zu treffen seien. Man habe dem Minister nicht verhehlt, welche schwere Verantwortlichkeit die Regierung deS Sultans möglicherweise auf sich laden lüunle. Ter Minister habe geantwortet, die Ausländer lütten nichts zu fürchten, und er werde, salls die Lage sich verschlimmern sollte, sich mit den Konsuln über zu ergreifende Schritte verständigen. * Rom, 30. Dezember. Ter „Tribuna" ist die Mitteilung zu gegangen, daß der italienische Oberst Ferrara, welcher die Siel- lung des Direktors der Wasfenfabrik des Sultans von Marokko bekleidet, gestern früh mit einer Karawane von Tanger nach Fez abgegangen sei. Tie „Tribuna" sügt hinzu, man könne deshalb wohl annehmen, Laß Fez noch nicht von den Aussländsichen ein» geicklossen sei. * Panama, 30. Dezember. Tie über den Kabeldepeschen- Verkehr verhängt gewesene Zensur ist ausgehoben worden. Griechenland nnd die Reise des Grasen Lambsdorff. Die Tatsache, daß Gras Lambsdorff die Hauptstädte Bulgariens nnd Serbiens besucht hat, um dort pcrsöuliche Beratuugeu über die makedonische Frage zu pflege«, während Griechenland im abgelaufencu Jahre von russi scher Seite nur sehr wenig beachtet wurde und jetzt bezüg lich Makedoniens gar nicht gehört werden soll, hat in Athen eine sehr erregte Stimmung hcrvorgcruscn. Ter Ministerpräsident Telnannis hat sich bereits in den lenten Tagen mehrfach dahin geäußert, Griechen land werde es nicht gleichgültig mit ansehen können, daß die makedonischen Angelegenheiten ausschließlich vom s l a w i s ch e u Standpunkte aus betrachtet wurden. Die etwaige Ernennung des montenegrinischen P r i n z e n M irko zum Gouverneur Makedoniens werde das Hellenentum geradezu als eine Krieg s- crkl ä r nng gegen dasgcsamtc Griechent n m d e r B a l t a nhalbi n s e l ansehen. Jedenfalls wirs deshalb, wie man uns schreibt, die griechische Regierung binnen kurzem an die Mächte eine Rnndnote versenden, in welcher daran; hiuacwiesen wird, daß das hellenische Bc völkernngselemeiit in Makedonu'n n-'ck> der amtlichen rind von vielen europäischen Konsuls) bestätigten Statistik bis her das an Zahl, Intelligenz und Besitz stärkste Element in ganz Makedonien ist. Deutsches Reich. Berlin, 30. Dezember. (Die Arbeiterschutz best immun gen nnd ihre Auslegung durck die Ge richte.) Es mns; immer wieder ernste Bedenken erregen, wenn man bevbachlct, wie die Fälle sich häufen, in denen die Verordnungen des Bnndesiatcs zum Schutze der Arbeiter durch die Entscheidungen der Gerichte vollständig unwirksam gemacht werden. Eme alte Klage in den Berichten der Ge- werbemspctlvren ist cS, daß die Gerichte zn sebr milven Strafen gegen Arbeitgeber wegen Beisetzungen der Arbeiter- sckutzvorschriflcn der Gewerbeordnung neigen. Bekanntlich baden sich deshalb die Justrzmimstenen verschiedener Einzel staaten, namentlich PieußenS, bereits mit Anweisungen an die Staatsanmallickafien emzugreifen genötigt gesehen. Die neuer lichen Fälle richterlicher Interpretation machen ein gleiches Vorgeden nötig. Schon mehrfach ist darauf hingewiesen wordcn, wie der den Angestellten in den Gast- und Schant- wiitschafien nach der Bundesrateverorrnung vom 22. Januar d. Js. zu gewährende Sckmz durck einige geiichltich: Ent scheidungen geradezu illusorisch gemacht worden ist. Jetzt bringt die „Westdeutsche Arbeiterzeitung" cine gerichtliche Aus legung zu der Bekannlinachn sg des Bnndesracs vom 28 No vember 1900 über die Sitzgelegenheit für Ladinangestellte, Feuilleton. Ühtnmlia sn's pamer! Roman aus dem Studciitenleben von Arthur Zapp. rNaLlruN vcrdeini. Dreizehntes Kapitel. Am andern Morgen nm fünf Uhr hielt ein Landauer vor Frau Schützes Hause. Drei Herren saßen in dem Wagen: die beiden Sekundanten Gravenhorsts und ein junger Arzt. Der Student ließ nickt ans sich warten. Tie Herren, die sich ernst, mit träftigem Händedruck begrüßten, hatten leine Abnnng, Last an der nächsten Straßenecke eilt dunkel gekleideter Mann sland und vorsichtig, mit einem Ausdruck grimmiger Gcnngtnnng uack ihnen spähte. Erst als ihr Wagen eine Strecke des Weges zurückgelegt und die Landstraße erreicht batte, bemerkten sie, daß ihnen ein geschlossener Wagen in einer Entsernnng von unge- sähr hundert Schritten folgte. Sie argwöhnten zwar nickt, daß das andere Gefährt in irgendwelcher Beziehung zn ihrem Vorhaben stand, aber sic konnten fick; doch eines unbehaglichen Gefühls nickt erwehren und veranlaßten den Kutscher, seine Pferde anzutrcibcn. J,n scharfen Trabe ging es vorwärts, aber nun sahen sie, daß auch die Gäule des andern Wagens eine lebhaftere Gangart an schlugen. „Zum Teufel, ick glaube gar, wir werden verfolgt", rief einer der Herren. „Schritt!" schrie Kurt Gravenhorst dem Kutscher zu. Richtig! Auch die geschlossene Kutsche hinter ihnen ging zum langsamsten Tempo über. Alle vier Herren wandten lebhaft beunruhigt ihre Aufmerksamkeit dem ominösen Vehikel zu. „Die Polizei!" meinte einer. „Wir sind verraten!" ein andrer. „Unmöglich!" äußerte ein dritter. „Es ist nur ein Zn fall im Spiel oder vielleicht ist cs die Gegenpartei." „Das wollen wir gleich feststcllen", sagte Kurt Graven horst entschlossen und rief dem Kutscher ein gebieterisches »Halt!" -u. Dann sprang er au» dem Wagen, tat, al- nntersnchc er ein schadhaftes Rad und eilte dann mit? schnellen Schritten dem andern, ganz langmm näher k kommenden Gefäbrt zu. „Entschuldigen Sie, meine Herren", sagte er, „uns ist ein Unfall zngeftogen. Wir haben eine Schraube am Vorderrad verloren. Können Sie uns vielleicht aus helfen ?" Zwei Herren saßen im Fnnern des Wagens; sic hatten ihre Hüte tief in die Stirn gezogen. „Nein! Bedauere!" brummte der eine kurz angebunden und drehte sich nach der andern Seite nm. Kurt Gravenhorst lachte in sich hinein. Er hatte in dem Sprechenden den Polizei-Kommissar erkannt. Höf lich zog er seine Mütze und entfernte sich. Unterwegs, während der Rückkehr zum Landancr, bückte er sich und tat, als ob er etwas von der Erde aushöbe. Er wußte wohl, daß er beobachtet würde. Bei den Kommilitonen angekommen, machte er sich eine Weile an dem einen der Vorderräder zn schaffen nnd sprang dann schnell in den Wagen. „Vorwärts!" rief er dem Kutscher zu, „am nächsten Seitenweg ablenkcu! Wir fahren nach Hvppersdorf nnd tun, als seien wir auf einem Ausflug. Die Polhpen sind uns ans den Fersen." Dre Studenten, die nun ansingcn, die Sache von der heiteren Seite zu nehmen, amüsierten sich nicht wenig, als sic wahrnalnncn, daß ihnen die irregeleiteten „Pvlnpen" getreulich folgten und ebenfalls in Hvppcrsdvrs Halt machten. Während die sich rasch mit fröhlichem Humor in die veränderte Sachlage schickenden Studiosi im Wirts- hansgarten vergnügt ihr Frühstück zu sich nahmen, saßen die Pvlizcibcamten in der Schenkstubc, immer das draußen ans der Straße haltende Gespann im Ange. Freilich, auch ihnen ging allmählich die Erkenntnis ans, daß sic dies mal die Düpierten waren. Amtlich einznschrciten, dazu lag kein Grund vor. Man konnte niemandem verwehren, eine Landpartie zu machen. Immerhin hatten sic doch den Erfolg, daö Duell — wcnu ein solches überhaupt geplant gewesen — wenigstens für heute vereitelt zn haben. Frei lich, nun blieb ihnen die immerhin nicht angenehme Auf gabe, auch in der nächsten Zeit auf dem Posten zu sein und den Studenten Gravenhorst zu überwachen. Nach dem improvisierten ländlichen Frühstück kehrten die Studenten nicht gerade aus dem kürzesten Wege in die Skadt il'.iict. Unentrinnbar wie ein Schatten folgte ihnen der Wagen der Pchizeibeamten. Während sich Kurt Gra venhorst nach seiner Wohnung begab, vor der der Beamte, der den Kommigar begleitet hatte, unverzüglich Posto faßte, nm beobachtend ans und ab zn patrouillieren, setzten sich seine Sekundanten mit den Kartcttträgcrn des Gegners in Verbindung, nm ihr Nichterscheinen ans dem verabredeten Kampsvtatze zn erklären und einen ncncn Termin nnd einen neuen Schauplatz des Duells zn vereinbaren. Um es Kurt Gravenhorst zu ermöglichen, sich nnbc- lästigt von der Tag nnd Nacht ihn beaufsichtigenden Po lizei zum Zweikampf zu stellen, nahm man zn einer Lift seine Zuflucht. Einer der Kommilitonen Gravenhorsts, der in demselben Hanse wohnte, übernahm die Rolle des Duellanten. Am zweiten Tage hielt wieder ein Gefahr- — diesmal war cs ein geschlossener Wagen — vor dem Hause. Aber nickt Gravcnlwrst, sondern ^cr Kommilitone, der von derselben Gestalt war wie der Geforderte, schritt, den Mantelkragen hochgeschlagen, einen breitkrempigen Hut in die Stirn gedrückt, ans den Wagen zn, stieg ein und fuhr in gestrecktem Trabe davon. Eine Viertelstunde später, als der Pseudo-Duellant und auch die Polizcibcamtcn, die natürlich hinter der nächsten Straßenecke auf der Lauer gestanden hatten, längst über alle Berge waren, verließ Gravenhorst seine Wohnung, durchschritt zn Fuß in entgegengesetzter Richtung die Straßen der Stadt, nm vor dem Tore einen auf der Land straße haltenden Wagen zn besteigen, der ihn ungehindert und unverfvlgt dem richtigen Kampsplatze zuführte. Vierzehntes Kapitel. Zwei Tage später fand der große Svmmerball statt, den der L-städter K. <R alljährlich veranstaltete. Die fünf Korps der Mnscnstadt mit ihren Mannschaften von über achtzig Aktiven hatten alles aufgcbotcn, um dem Feste den gebührenden Glanz und die nötige Weihe zn verleiben. Nach dem Mittagessen fand die feierliche Aus fahrt statt. Boran ritten die Ehargierten des Korps in vollem Wichs mit Schärpen und Schlägern und den flat ternden Fahnen. Ihnen folgten in langen Zügen eine große Anzahl mit Girlanden und Fähnchen geschmückter Equipagen und Kremser, die die übrigen Angehörigen der Korps nnd ihre weiblichen und männlichen Gäste dem Sckanp.an dc-.> Balles znisisirtcn. Der Fenplav befand sich in der Räbe eines im Walde gelegenen Bergnügungslokats und war natürlich mit Ehrenpforten, Wimpeln nsw. angemessen ansgeschmückt. Zuerst fand programmmäßig eine große Kaffeetafel im Freien statt. Die Evnlenrichwestern, von denen viele das bunte Korpsband über der Brust und die kecke Studenten mütze ans dem festlich frisierten Kopfe trugen, schenkten liebenswürdig den dnftcnden braunen Trank ein, den die biergewvhntcil .Kehlen der Burschen der Ehre des Tages zuliebe mit Todesverachtung lnnnntcrschlncktcn. Daraus zog die Jugend nach einer nahegelegenen Wiese, nnd während die älteren Herrschaften sick am Rande derselben lagerten, stellten uck die jungen Damen nnd Herren zum Spiel ans. Unter vielem Lachen wurden die allbekannten Gesellschaftssviele gespielt: „Eins, zwei, drei, die letzten lausen vorbei", ferner „der Plnmpsack geht herum", „Sacklaufen" n. a. Hei, wie die Augen blitzten, ivie die Gefickter strahlten, während muntere Scherzworte hin- nnd Herflügen! Die Krone des Ganzen aber war der Ball, der gegen Abend ebenfalls im Freien stattfand. Die Studenten l,alten eine große Erdbeerboivlc anrichten lassen nnd der snsr-feurige Trank erhöhte noch die allgemeine Lust. Keiner von allen Festteilnehmern war wohl von so ticsrnncrlichem Glncksgefiihl beseelt, wie Kurt Graven horst. Als er sich am Nachmittag Else Wredcnkamp ge nähert, batte ibn ein frencngcs Aufleuchten ihrer Augen begrüßt nnd ein Frendenschimmer war über ihr Gesicht gehuscht, der ihn mit den seligsten Hossniingcn erfüllte. Er abnte noch nicht, das; cs der Abglanz des beglückenden Bewußtseins war, siir ibn die Vorsehung gespielt und ibn vor der ihn bedrohenden Lebensgefahr gerettet zu haben. Als sic sich später im Tanze schwangen, pochten ihre Herzen freudig gegen einander. Nach einem flotten Walzer bot er ihr seinen Arm nnd führte sic dein Wald rand entgegen, der die Wiese begrenzte. Es drängte ibn zn einer Aussprache; er batte dein geliebten Mädchen ja so viel zu sagen. Die beiden waren bald so vertieft in ihr Gespräch, bah sie eö nicht gewahrten, wie Hildegard und Klara Hellwig einander Zeichen machten und ihnen endlich «tt
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