Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031003018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903100301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903100301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-03
- Monat1903-10
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs «Preis Kl der Hauptexpeditton oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich ^l 8.---, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau« ^ll S.7V. Durch di» Post bezogen für Deutsch land ». Oesterreich vierteljährlich ^l 4.50, für die übrigen Lände« laut ZeitungSpreiSliste. Redaktion und Lrpedttioa: Bohannirgasse 8. Fernsprecher ISS und Sllll. FtUeU-»p»dM»«-«, Alfred Hast«, Buchhandlg., Universitätsstr.s, L. Lasche, Katharinenstr. 14, u. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Lerlin: Earl Duncker, Herzgl.Bayr. Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4808. Morgen-Ausgabe. KiMM TstMlltt Anzeiger. ÄmtsAatt des königlichen Land- und des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Volizeiaintes der Ltadt Leipzig. Anzeigen.Preis die 6gefpaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaktton-strich (4 gespalten) 78 vor den Familiennach- richten («gespalten) 80 H. Tabellarischer und Zisternsatz entsprechend höher. — Gebübren für Nachweisungen uud Ostertenannahme SS L, (exel. Porto). Ertra Beilagen (gefalzt), nur mit de. Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung ^l 70.—» Annahmeschluß für Anzeige«: Abeud-AuSgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag vo» E. Pol» in Leipzig. Nr. 583. 97. Jahrgang Tonnabend den 3. Oktober 1903. Vie Schwächung der habsburgischen Macht stellung durch die Ungarn. Die monatelange ungarische Krisis schien in diesen Tagen endlich überwunden zu sein und ein Kompromiß zu stände kommen zu sollen, bas zwar dem österreichischen Kaiser manche Opfer auferlegt, aber das doch wenigstens für einige Zett den Zustand des Friedens hergestellt hätte. Da gelang es dem ungarischen Chauvinismus, das Land in neue Wirren zu stürzen. Der Anlaß der neuen Krisis ist bezeichnend für die ungeheuerliche Anmaßung der edlen Magyaren. Der österreichische Ministerpräsident hatte es als das gute Recht der österreichischen Reichshälfte in Anspruch ge nommen, bei Angelegenheiten, die das gemeinsame Heer anbetreffen, gehört zu werden. Der ungarisck-e Minister präsident bestritt dieses Recht nicht, verlangte aber ge gebenenfalls für Ungarn dasselbe Recht. Dieser Ltand- punkt des Grafen Khuen war völlig korrekt: aber er genügte selbst einem Teile seiner politischen Gesinnungs genossen nicht. Die Mehrheit deS Parlaments schien der Ansicht zu fein, baß die ganz selbstverständliche For derung, die Herr v. Koerber erhoben hatte, eine un geheure Anmaßung wäre, für die Graf Khuen seinen österreichischen Kollegen in offener Parlamentssitzung hätte zurechtweifen sollen. Nach der Meinung der unga rischen Parlamentarier ist es wohl das gute Recht Ungarns, sich in österreichische Verhältnisse einzumischen — wie eS beispielsweise gelegentlich der parlamen- tarischen Wirren in Oesterreich der Fall war —, aber wenn Oesterreich verlangt, in einer Angelegenheit, die mit Nichten eine rein ungarische ist, sondern auch die vitalsten Interessen der österreichischen NeichShälste be rührt, zum wenigsten gehört zu werden, so ist dies eine Unverschämtheit. Erwägt man, daß die österreichische Reich-Hälfte zu den gemeinsamen Kosten etwa zwei Drittel beiträgt, wobei Ungarn sehr gut fortkommt, so erscheint das Verfahren der Ungarn noch grotesker. Die Ungarn haben sich von jeher auf ihre natürliche staatsmännische Begabung etwas zugute getan. Wie sehr cs ihnen aber an dieser Be gabung mangelt, ist gerade bet dieser Gelegen heit zu Tage getreten. Es war nicht nur eine Brutalität, sondern auch eine Dummheit, die Demission des Kabinetts gerade 24 Stunden vor der Ankunft des russischen Kaisers in Wien herbcizuführen. DaS war brutal, weil es den Kaiser Franz Josef, dem Ungarn so viel zu verdanken hat, in diesem Augenblicke besonders betrüben und in Verlegenheit setzen mußte: es war dumm, weil es für jeden halbwegs vernünftigen Menfchen erstes Gebot ist, den Gast nicht zum Zeugen häuslicher Streitigkeiten zu machen. Der Respekt des russischen Kaisers und seiner ihn nach Wien begleitenden Staatsmänner und Generale vor der habsburgischen Monarchie kann durch den persönlichen Anblick der Reibungen zwischen den beiden Retchshälften nicht ge steigert werden. Nun muß es jedem aufmerksamen Beob achter schon ohnehin klar sein, daß -war nicht die offi ziellen russischen Kreise, wohl aber die tatsächlich die russische Politik bestimmenden Elrniente das öster reichisch - ungarisch - russische Einver nehmen bezüglich der Ba l ka n h al b t n s e l in dem Sinne aufsafsen, baß Oesterreich-Ungarn Rußland lediglich als Folie zu dienen habe und daß im gegebenen Moment Rußland allein die Früchte deS Abkommens ein- hetnrsen werde. Diese Auffassung wirb naturgemäß um so mehr ver stärkt, je schwächer Oesterreich-Ungarn sich zeigt. Zwistig keiten zwischen den maßgebenden Faktoren in einem Reiche aber gelten jederzeit als Zeichen der Schwäche, ganz besonders selbstverständlich bann, wenn die Streitigkeiten sich auf die Wehrkraft des Reiches beziehen. Wollten die Ungarn das neu ernannte Kabinett Khuen abermals stürzen, so hätten sie warten können und müssen, bis dec fremde Besuch wieder außer Lande» war; wenn sic, die sonst darauf halten, nach außen hin zu imponieren, im Augenblicke -er Ankunft des russsschen Kaisers ihre Nvrgelsucht offen an den Tag zu legen für angebracht hielten, so haben sie das diplomatische Examen nicht eben mit Nummer ein- bestanden. Vie Amtsentsehung des persischen Groß veziers und ihre Bedeutung. Aus Teheran, 16. September, schreibt man uns: Da» noch gestern für unmöglich Gehaltene ist heute zur Tatsache geworden: der Großvezier Atabeg - Asam ist zurückgetreten. Er hat selbst feine Entlassung an- geboten, als er sah, daß es ihm unmöglich geworden war, den von allen Seiten an ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Er wird in den nächsten Tagen eine Pilgerfahrt nach Mekka antreteü. Tin Nachfolger ist nicht ernannt, sondern der Ministerrat Mit btt Führung der Geschäfte oetkaut. Wie bekannt, hät Atabeg schott seit 1887 unter Naßr ed Din als Ministerpräsident und dann alS Grvßvezier die Politik Persiens geleitet. Bet der Thron besteigung des jetzigen Schah in seinen Aemtern bestätigt, mußte er nach sieben Monaten dem stellenhungrigcn An hang, welchen der Schah aus Täbris mitgebracht hatte, weichen. Nach greulicher, anderthnlbjährlicher Mißwirt schaft des damaligen Mimsterrates war der Schah ge zwungen, den Grvßvezier wieder zurückzurusen. Durch die mehrmaligen beträchtlichen Anleihen ii> Rußland und die beiden Reisen des Schah nach Europa kamen die Finanzen sehr ans dem Gleichgewicht und die Unzufriedenheit im Volke nahm mehr und mehr zu. Trotz dem aber war eS bis jetzt den jahrelangen Intrigen der Leute, die man im allgemeinen als englische Partei zu bezeichnen pflegt, nicht gelungen, den Atabeg aus dem Sattel zu heben, da sowohl der Schah, als alle verstän digen Leute sich sagten, daß niemand von der Gegen partei auch nur im entferntesten an seine Arbeitskraft und seine Geschüstskcnntnts heranreichte. Er hatte es ver standen, die Häupter der feindlichen Koalition allmählich ans Teheran »n die Provinzen zu schicken, und nach dem Tode seines schlimmsten Feindes, Hakim el Mulk, schien seine Stellung auf lange hinaus gesichert. Der russische Einfluß schien allmächtig, der englische bereits gänzlich verschwunden, und nun dieser große Erfolg der englischen Partei! Die Ueberraschung und Bestürzung ist allgemein, besonders groß aber im russischen Lager. Wie schon früher angedeutet wurde, ruhte mau anscheinend auf den Lorbeern der Vorgänger des jetzigen russischen Gesandten aus, und hat unbegreiflichcrweisc einen Gegner, wie Str Arthur Harbin ge, unter schätzt. Wie es möglich war, sich so vollständig über rumpeln zu lassen, und warum diese Niederlage der russischen Politik nicht verhindert werden konnte, dafür wird sich wohl Herr Wlassvff zu verantworten haben, der seiner Stellung nicht ganz gewachsen zu sein scheint und sich bisher damit begnügte, sich durch kleinliche Rücksicht^ losigkeiten unbeliebt zu machen. Durch die geheimnis vollen Verlxrndlungem der außerordentlichen englischen Mission, die mit dem Abschluß deS englisch-persischen Handelsvertrages endigten, durch die finanzielle Hülfe, welche die englische Bank vor einigen Monaten geleistet hat, und durch den Ausbruch der Unruhen im Süden und Osten, deren Spitze sich lediglich gegen den Grvßvezier richtete, war Rußland gewarnt und durfte sich über die fortgesetzte Miuicrarbcit der englischen Partei keinen Illusionen hingeben. Im Orient schneiden derartige politische Verände rungen mehr als in Europa in alle Verhältnisse ein, da hier alles mit der Person des augenblicklichen Machthabers steht und fällt, und so sieht man der nächsten Zukunft mit Unruhe entgegen. In dem Miuisterrate befindet sich nie mand, von dem man annchmcn köiWte, daß er die Inter essen des Volkes seinem eigenen Vorteil voranstellen würde, und ba die Autorität eines Großvcziers fehlt und der Schah selbst als Machtfaktor nur wenig in Betracht kommt, so ist vorauszusehen, in welchem Sinne die Ge schäfte werden geführt werden. Auf jeden Fall ist der Regierung in ihrer heutigen Zusammensetzung keine lange Dauer zu prophezeien, denn bei dem Wankelmut deS Herrschers ist den gegenseitigen Intrigen Tür und Tor geöffnet. Vorläufig hat man die in die Provinzen ver bannt gewesenen Gesinnungsgenossou znrückgerufen, um nach und nach alle Verwaltungen mit ihnen zu besetzen. Im Verhältnis der Europäer znr Negierung wird wohl auch eine Wandlung vor sich gehen: die Liebenswürdigkeit und Bereitwilligkeit des Atabeg gegenüber erfüllbaren Wünschen wird verschwinden, da gerade den einfluß reichsten Mitgliedern der neuen Regierung der Ruf vorausgeht, daß sie europäischem Wesen ab- geneigt sind. Deutsches Reich. * Leipzig, 2. Oktober. (Das Reichsgericht und die Boykottierung durch die Presse.) Bekanntlich sind die Redakteure, namentlich der sozial» demokratischen Presse, des öfteren strafrechtlich verfolgt, weil sie in ihrem Blatte ihre Leser gewarnt hatten, in diesem ober jenem Geschäfte ihre Einkäufe zu besorgen. Um sich daher vor Strafe zu schützen, so hat erst kürzlich ein bekannter Führer der Sozialdemokratie erklärt, werde man künftig den 8 860 des Strafgesetzbuches dadurch zu umgehen wissen, baß man in den Zeitungen nur öffent lich aufforbere, „Genossen, kauft nur bet X. U." Daß durch eine solche Aufforderung das ja auch beabsichtigte Gegenteil erreicht würde, und das betreffende Geschäft — wenn auch eine solche Notiz äußerlich bas Gegenteil be last — schwer geschädigt würde, unterliegt wohl keinem Zweifel. Interessant ist daher, daß dieser Tage, wie dir bekannte Zeitschrift „Das Recht" berichtet, auch da» Reichsgericht sich mit dieser Fkfage befaßt-, indem e» folgendes ausführte: Nechtsgrundsätzltch ist daran fest- zuhaltcn, daß grober Unfug auch durch die Presse, welche in dieser Hinsicht keine Ausnahmestellung einntmmt, re- gangen werben rann und daß unter Umständen in einem einzelnen Falle, je nach der konkreten Beschaffenheit deS- selben, die öffentliche Aufforderung zum Boykott in einer Zeitung den Tatbestand des 8 M Nr. 11 zu erfüllen ge- eignet ist. Es ist auch anzuerkennen, baß unter dem Publikum, dessen Belästigung und Beunruhigung der Tatbestand des groben Unfug» zur notwenbigen Borans- setzung hat, nicht daS große Publikum in seiner unbe- grenzten Allgemeinheit schlechthin zu verstehen ist, sondern das Publikum im Cstgensatz zu einzelnen Personen und individuell begrenzten Personenkretfen, und daß deshalb eine Mehrheit von Gewerbetreibenden, welche weder ihrer Person, noch ihrer Zahl, noch ihrem Berufe nach bestimmt sind, gleichfalls unter den Begriff de» Publikums fällt ober koch fallen kann. Auf der anderen Seite kann e» aber, wenn nicht bas Anwendungsgebiet de» st 860 Nr. 11 Uber seinen eigentlichen Zweck, die äußere Ruhe und die polizeiliche Ordnung ^u schützen, hinaus ins Un- aemessene erweitert werden soll, keineswegs al» selvsiver- stündlich öder gar als tiötwettdig bezeichnet werben, in jeder Berrufserklärung oder Aufforderung zum Boykott lediglich deswegen, weil sie geeignet erscheint, in gewissen, unter sich nicht abgeschlossenen Personeukrcisen ein Gefühl der Unsicherheit, der Ulirruhe und Belästigung hcrvorzurufen, nunmehr ohne weiteres einen groben Unfug zu erblicke». Es muß vielmehr immer noch hinzu kommen, daß die Empfindung der Unruhe in den in Betracht kvimnenden Personeukreisen sich als die un mittelbare Wirkung der öffentlichen Verrufs- >md Boykotterklärung in der Zeitung darstellt, uud daß sie überdies in einer Weise äußerlich in die Erscheinung tritt und sich betätigt, daß durch sie der äußere Bestand der öffentlichen Ordnung verletzt oder doch werrigstcns ge fährdet wird. Nicht jede Belästigung des Publikums schließt mit Notwendigkeit eine Störung oder Ge fährdung des äußeren Bestandes der öffentlick-en Ordnung in sich, und beides ist keineswegs grundsätzlich für gleichwertig zu erachten. --- Berlin, 2. Oktober. (Was ist von PiuS X. zu erwarten?) Mit dieser Frage beschäftigt sich im Oktoberhefte der „Deutschen Revue" der Kirchenhistoriker Ur. v. Schulte. Zu ihrer Beantwortung faßt v. Schulte zunächst die Per sönlichkeit des neuen Papstes ins Auge. Er betont dabei, daß man von einem Manne, der es trotz seiner geringen Herkunft mit 49 Jahren zum Bischof, mit 58 zum Patriarchen und Kardinal brachte, annehmen dürfe, es stünden ihm tüchtige Verdienste zur Seite. Diese Ver dienste hätten sich nach dem allgemeinen Urteil in einem musterhaft einfachen, religiösen, der Seelsorge und dem Wohle der anvertrauten Herde gewidmeten Leben gezeigt: gerühmt werde seine Liebe zu den Armen, seine Müßig keit, seine Abneigung gegen die lärmende Weise der musi kalisch gestalteten Gottesdienste, seine Vorliebe für den er habenen, einfachen Kirchengesang. Pius' X. Leben kannte bisher, so saßt Schulte die Eindrücke zusammen, die er mis beglaubigten Quellen gewonnen, nur strenge Er füllung der Pflichten eines Seelesorgcrs im vollen Sinne deS Wortes. Der Politik scheine der neue Papst bisher gänzl'ch fern gestanden zu haben: sein entgegen kommendes Verhalten gegenüber dem Könige Humbert in Venedig habe die guten Beziehungen bekundet, die Pius als Patriarch von Venedig stets zur Negierung unterhielt. Aus der Wahl des Namens könne keinesfalls ein Schluß auf sein Verhalten als Papst gezogen werden. Wenn der Umstand, daß der neu erwählte Papst allein der italienischen Regierung die Uebernahme der päpst lichen Würde nicht anzeigte, als Symptom für die Ver- änderung seines Verhaltens gegenüber der italienischen Regierung aufgefaßt werde, so müsse man bedenken, daß cs dem mit den Verhältnissen im Getriebe der Kurie un bekannten Papste nicht sofort möglich gewesen sei, gan- frei zu handeln. „Nach allem, was wir von ihm wissen", schließt Schulte, „darf man wohl zuversichtlich schon heute sagen: Pius X. wird keine feindselige Stellung gegen das Königreich Italien einnehmcn, wird kein einzelnes Land als das seiner be sonderen Liebe auvertraute ansehen, wird seine Aufgabe als Papst Larin sehen, das reli giöse Lebett in der römischen Kirche zu -eben und von manchen Schlacken zu Ludern, wird kein Mann der Politik sein, andern ein Hirt seiner großen Herbe. DaS natürlich unter der Voraussetzung, daß er die Kraft behält, sich nicht von den bisher herrschenden kurialen Organen unterjochen zu lassen . . . Bleibt er Sieger, dann darf man hoffen, baß Pius X. auch seinem Vater lande den inneren Frieden erleichtern und in der römischen Kirche auch anderer Länder dahin wirken werde, baß der Klerus seine Aufgabe in der Sorge für die Seelen, nicht in der Politik erblicke, daß auch in Frankreich, Oesterreich und Deutschland -er Klerus für herrschsüchtiges oder unpatriotisches Streben in Rom fernerhin keine Stütze findet." A Berlin, 2. Oktober. (Normalfchtff und Fahrwassertiefe.) Die Tiefe des Fahrwassers der deutschen Wasserstraßen ist so verschieden, daß eS schwer ist, ein Normalschiff einzuführen, das auf allen Strömen, auf allen Kanälen mit gleichem Vorteil benutzt werben könnte. Von Jahr zu Jahr wirb eine wesentliche Ver besserung des Fahrwassers unserer großen Flüsse durcy Wasserbauten herbeigesührt. Auch die Kanäle, namentlich aber diejenigen, die als Verbindung der Ströme dienen, erfahren nach und nach eine Vergrößerung der Fahr tiefe, eine Erweiterung der freien Oeffnungen, der Schleusen und Brücken. Die Natur ber verschiedenen Flüsse bringt es mit sich, daß durch die Verbesserungs arbeiten nur sehr verschiedene Tiefen des Fahrwassers bei Niedrigwasser erreicht werden können und daß daher zu nächst auch nur bestimmte Tiefen angestrebt werben. Auf berW eichseIsoll dieseSMaß bi» 1,67Meter betragen, aus der Ober 1,00 bis 1,50 Meter, auf ber Elbe oberhalb Magdeburg 1,00 bis 1,40 Meter und unterhalb Mägde- bürg bis ILO Meter; indes glaubt man, die Arbeiten unterhalb Magdeburg so einrtchten zu können, daß Schiffe bis Magdeburg hinauf eine Tiefe von 2 Metern bet mittlerem Niedrigwasser antreffen. Ob diese» Ziel erreicht werben kann, steht zwar noch nicht fest, es wirb aber erhofft. Auf der Weser glaubt man durch Regu- liennig al» geringste Fahrtiefe anstreben zu können auf der Strecke von Münden bis Minden i. W. von 0.80 dis 1,00 Meter und unterhalb Minden bis 1,25 Meter, durch Kanalisierung wird man zweisellos eine Tiefe von 2 Metern erreichen können. Der Rhein, unsere schönste und wichtigste Wasserstraße, stellt der Schiffahrt oberhalb St. Goar eine Fahrtiefe bis zu 2 Metern, von St. Goar bi» Köln von 2,50 und unterhalb Köln von .1,00 Metern zur Verfügung. Für solche Tiefen gebaute grüßte Schiffe werden weder die Elbe noch die Weser, noch die Oder und Weichsel befahren können. Für den Kanal, welcher demnächst den Rhein mit Weser und Elbe n»d durch die östlich der Elbe bereits bestehende Wasserstraßenkette auch mit Oder und Weichsel verbinden soll, «st daher ein« aller- Lings möglichst große Fahrtiefe — 2 di» 2,v0 Meter — geplant, es ist aber nicht zu erwarten, baß die größten Rheinschiffe auf ihm verkehren können. Bet 2,00 bis 2,5 Meter Tiefe können die Schiffe schon die bedeutende Trag fähigkeit bis 1000 Tonnen, also etwa 100 Eisenbahnwagen mit je 200 Zentnern Ladefähigkeit, erhalten. * Berlin, 2. Oktober. (Schule und katholische Geistlichkeit.) Einen neuen „Kampf um die Schule" in Preußen bat der Präsident des Kölner Katholikentages Schulrektor vr. v. Orterer deutlich genug angekündrgt. Im „ruhigen Borrücken" hat ja dieser Kampf nie in Preußen aufgehört. In neuester Zeit gehört dazuj. B. das syste matische Hineinbringen katholischer Geistlicher in die Lehrerkollegien höherer Schulen deS Ostens als ordentliche und mit allen Rechten ausgerüstete Lehrer. Nach dem Graudenzer „Geselligen" wird hierbei nach folgendem Rezept verfahren: Der katholische Ortsgeistliche erklärt plötzlich in Urberrinstimmung mit dem Bischöfe, daß der Herr Kaplan oder Vikar so stark mit kirchlichen Handlungen beschäftigt sei, daß er fortan nicht mehr (wöchentlich die paar) Religionsstunden am Königlichen Gymnasium erteilen könne, aber es würde sofort ein anderer Vikar dem König lichen Provinzialschulkollegium zur Verfügung gestellt, wenn dieser Geistliche als ständiger ordentlicher Lehrer in da» „Kölle- gium" ausgenommen würde. Die „weltlichen" Lehrkräfte sind knapp, katholische Reügionsstunden nebenbei können sie nicht geben, inan will auch den „entgegenkommenden" Herrn Bischof nicht ver letzen, „christliches Zusammenwirken" kann ja nicht schaden usw. Kurz, trotz aller Bedenken der Lehrerschaft wird das „freundliche Anerbieten" mit Dank angenommen. Das Lehrer kollegium begrüßt natürlich solchen von der Kirche abkomman dierten neuen ständigen geistlichen Kollegen in dem „angenehmen" Gefühl, daß fortan die höhere Schult bis inS Intimste des Konferenzzimmers, der Bibliothek, der Schulaktrn usw. hinein unter der Kontrolle einer intoleranten Kirche steht. Bald ist der Herr Kollege von der römischen Fakultät auch vielleicht so gefällig und gibt nebenbei „zur Aushülfe" Geschichtsstunden oder dergleichen. Kurz, auch auf den höheren Schulen Preußens findet die römische Kirchenleitung einen Weg zur „Aufsicht" und zu einem naturgemäß nicht im Interesse der Wissenschaft angewandten Einfluß, den sie ja in noch weit höherem Maße in den Volksschulen sich zu verschaffen weiß. Als Beleg für diese Einflußnahme führt daS genannte Blatt des weiteren die durchaus unnötigen, ja pädagogisch schädlichen „ Schu lmessen " an, die in verschiedenen Städten deS Ostens eingeführt wurden. Die Kinder müssen jetzt außergewöhnlich früh aufstehen und haben vormittags sechs Stunden auszuhalten, so daß naturgemäß Mattigkeit und Unaufmerksamkeit eintritt. Die städtischen Schuldeputationen, besonders im Osten, scheinen der Angelegenheit nicht die ge bührende Aufmerksamkeit zu widmen. Auch die Schulinspek toren haben die Verpflichtung, auf Abhülfe hinzuwirken. * Berlin, 2. Oktober. Zur Bekämpfung des Alko holmißbrauches ist im Kreise Tecklenburg eine Maß nahme getroffen worden, die beachtet zu werden verdient. Die Stembruchbesitzer des Kreises haben sich vereinigt, um dem Branntweintrinken der Arbeiter während der Arbeit Einhalt zu tun. Das geschieht dadurch, daß in allen Betrieben das Branntweintrinken verboten wird, und daß diejenigen Arbeiter, welche dieses Verbot wiederholt über treten, auf ein Vierteljahr von der Arbeit ausge schlossen werden. Die Steinbruchbesitzer des Kreises haben zu diesem Zwecke den folgenden Vertrag untereinander ab geschlossen: 8 1. Dte unterzeichneten Arbeitgeber verpflichten sich, vom 1. Oktober 1902 ab die Einführung von Branntwein, sowie den Branntweingenuß in ihren Steinbrüchen vollständig zu verbieten. 8 2. Arbeiter und Lehrlinge, welche diesem Verbot zuwiderhandrln, erhalten da- erste und zweite Mal eine Verwarnung von feiten des Arbeitgebers. Im dritten Uebertrrtungsfalle ist der Arbeitgeber zur Entlassung des Arbeiters verpflichtet. Er muß in den Abkehrschrin den Vermerk schreiben: „Ohne Kündigung entlassen. 8 3- Sämtliche Arbeitgeber verpflichten sich, Arbeiter, welche auf Grund deS 82 ent- lassen sind, drei Monate nicht wieder in Arbeit zu nehmen, auch nicht solche, welche keinen Abkehrschein haben oder deren Abkehrschein den im 8 2 am Schluffe erwähnten Vermerk trägt. 8 4. Jeder Arbeit geber, welcher den 8 1 bis 8 diese- Vertrage» übertritt, ver fällt für jeden Kontravention-fall in eine Kontraventionsstraft von 50 welche zu Gunsten derjenigen Krankenkaffe zu ent- richten ist, zu welcher der Betrieb gehört. 8 5. lieber die Fällig keit der Kontraventionsstrafr entscheiden drei Bevollmächtigte, welche auf vorläufig sechs Jahre gewählt werden. Im letzten Vierteljahre vor Ablauf der Wahlperiode beruft der älteste Be vollmächtigte die Steinbruchbesitzer zu einer Neuwahl, wobei ab solute Stimmenmehrheit entscheidet. Fall» einer der Bevollmächtigten au-fällt, selbst bei einer Kontravention beteiligt ist oder be hindert erscheint, so tritt der hem Lebensalter nach älteste Stellvertreter ein. Deshalb werden zwei Stellvertreter gewählt. Berufung gegen die Entscheidung der Bevollmächtigten ist unzu lässig. 8 6. Den Vorsitz in der Versammlung führt der älteste Bevollmächtigte so lange, bi» sich die Versammlung selbst einen Vorsitzenden wählt, was in jeder Versammlung zuerst zu erörtern ist. 8 7. Steinbruchbesitzern, welche diesen Vertrag nicht jetzt unterschreiben, bleibt der Beitritt z« demselben jederzeit Vorbehalten. 8 8. Dir Kosten dieses Vertrages und der gemeinschaftlichen «er- waltung trapen die vertragschließenden zu gleichen Teilen. Diesem Vertrage sind alle in Frage kommenden Betriebe beigetretcn und die Bestimmungen -werden gewissenhaft ein gehalten. Die Maßnahme hat sich durchaus bewahrt. G vnckin, 2. Oktober. (r-lkgrammJ Die „Nordd. Allgem. Zeitung" schreibt: Der Pariser „TrmpS" hat sich erzählen lassen Seine Majestät der »«iser und König habe während der Taaung de» internationalen Friedens kongresse« in Rvuen in einem Schreiben <n den F-rft-u »»««»««», ul« eint» d« Ehrrntzräsitzente« di» ik-ugrisse«,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite