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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031001014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903100101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903100101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-01
- Monat1903-10
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Denn der deutsche Zollverein wäre nimmer ins Letzen ge treten, wär« nicht die Idee der deutschen Einheit vorher von der deutschen Wissenschaft, der deutschen Dichtung und Kirnst »nunterbrochen gepredigt, erläutert, verbreitet, ins Bewußtsein der Ratio« abergefühxt worden. Dl« deut- schen Univerfltäten waren von sc der feste Hort «nd Halt -e» Einheitßtzedanten». Mehr, als «b bisher bei nns ge- fchehea iß, »«»bient daher di« Frage Veachtung, ob «nd wie denn die englische» Uinoerfttäten für den Gedanken einer britische» Reichdtorrsoberatlon wirksam, inwiawett fle für die Aufgabe geeignet sind, den entscheidenden Kamps für diesen Gedanken zu liefern: Len Kampf auf dem rein geisti- gen Gebiete. Daß die Universitäten ein mächtiges Werkzeug im Sinne des Imperialismus sein könnten und sollten, das haben seine Vertreter, ober wenigstens die feineren Köpfe darunter, wohl eingesehen. Der Premierminister Bal four, der vielleicht ein stärkerer 'Denker und Schriftsteller als Politiker ist, ist, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, für den „Verrat gegen die Universalität der Bildung und den kosmopolitischen Charakter der Wissenschaft ringe- treten, den Briten die Beschränkung auf britische Univer sitäten zu empfehlen." Durch die Tat hat Cecil Rhodes seine Ideen ausgedrückt, indem er jenes bekannte Legat aussetzte, das Studenten der Kolonien und des Kontinents nach Oxford führen und dort mit englischem Geiste er füllen sollte. Beide Männer waren sich darüber klar, dast die Verstärkung und Vertiefung des britischen Geistes die gewaltigste Waffe des Imperialismus bilden mutz. Gerade jetzt aber, wo das Rhobessche Legat in Wirksam keit treten soll, ist von den verschiedensten Seiten die Be hauptung aufgestellt worden, daß Oxford gar nicht fähig sei, den an die Universität gestellten Anforderungen zu genügen. Eine lebhafte Erörterung über Englands Leistungsfähigkeit ist entbrannt, und ein ehemaliger Ox forder, Mr. Biggar, hat cs unverhohlen ausgesprochen, Latz der Geist, den der nach Fortbildung strebende ältere Student in Oxford finde, ein so engherziger und frostiger sei, daß Studierende aus den Kolonien zu ihrer Fortbil dung lieber eine amerikanische oder eine kontinental«, am liebsten deutsch« Universität aufsuchen wurden, als Oxford. Die „Times" hat dieser Frage einen lang«n Leitartikel ge widmet, in dem sie der Sache di« beste Seite abzugewinnen sucht; allein sie kommt stöhne voions zu demselben Resul-, täte: Oxford ist Nicht fäbia, de« Studenten aus den Kolo-" nien zu biete«, was sie braschen, und sie für eng lische Kultur zu begeistern. ' Mau hat nun, gerade in besonderer Rücksicht auf den allbritischen Gedanken, das Imperial Institute in London begründet. Allein das Institut hat gerade den praktisch wichtigsten Teil seiner Arbeit inzwischen an -en Bonrä ok 7>ea6s abgegeben, und seine Tätigkeit ist so gesunken, daß eS die Hälfte seiner Räume an die Iwnäov ttniversit^ ab gab. Heute ist es nicht- mehr als ein Institut für Aus stellungen und Vorträge. Bleibt die Iwuäou Ilmvsrsiiz? selbst, die in dem Sinne begründet wurde, um neben Len alten Universitäten «ine Hochschule im modernen Geiste zu bilden. -Die berühmte Kolonial-Konferenz Chamberlains mit den Ministern der Kolonien im Jahre 1902 hat zwar aller lei gute Sachen, wie Las metrische System und die Rege lung Les Patentwesens, für das gange Reich beschlossen, allein für ideelle Fragen hat sie nichts geleistet. Als ihre Ergänzung in Lieser Hinsicht darf man die Oolonial Uni- rorsit^Association bezeichnen, und LerenUrteil geht dahin, baß Ne I-onckon Univsrsitx nicht die vorzügliche teacbing Univsrsitx ist, die sie sein sollte, und daß, so lange sie nicht das ist, das Mutterland auf dem Gebiete der Universitäts bildung für die Kolonien nicht das leiste, was sie brauchen. Die kolonialen Studenten werden sich also nach wi« vor in Amerika oder in Deutschland weiter zu bilden suchen, und die britische Kultur erweist sich nicht al- wirksam ge nug, um ein so starkes Baad vor alle Glieder LeS großen Reiches zu schmieden, al- e» die deutsche Wissenschaft um die deutschen Stämme schmieden konnte. Kirche und Schule. Die schon erwähnte ReLe LeS Abgeordneten Vr. Hackenberg auf dem Parteitage der preu ßischen Nationalltberalen zu Hannover hatte nach dem .Hannov. Cour." folgenden Wortlaut: Eine beachtenswerte Zeitschrift hat in den letzter'. Tagen geschrieben, daß heutzutage nur noch zwei Parteien? ideale, große, über bas materielle Interesse htnausragenda Ziele hätten, während all« anderen Parteien nur wirt schaftliche Interessengruppen mit verbrauchten Schlag worten vertreten; insbesondere der Liberalismus sehe seine Ideale nach der Aufrichtung deS Reiche- verwirk licht und habe «ine neuen Ideale. Die heutig« Ver sammlung kennzeichnet bereits die Einseitigkeit und Falschheit dieser Auffassung. Allerdings treiben zug kräftig« Ideen dem Zentrum und den Sozialdemokraten dir Massen in die Arm«, da» können wir nicht leugnen, wenn wir sie uu» auch nicht zu eigen machen wollen. Di« wirtschaftlichen Kämpfe der letzten Jahre lassen manchmal ja den Gedanken itttfkommen, als ob das deutsche Volk seinen Idealitzmu», der sein« Stärke und Schwäch« zu gleich bedeutet, Verloren habe. Aber unter den Kämpfen um de« Zolltarif haben wir nicht vergessen, wo die starken Wurzeln unserer BolkSkraft sind, wir haben den hehren Gei st erkämpf für die höchsten Güter de» Menschtum» und de» VolkStumS nicht auf- gegeben. (Beifall.) Läge uns die Sorge für die Ge- sunöhaltnng anserrS Volkes, für die geistige Pflege unseres Volke», für die Fortentwickelung unseres Volkes nicht mehr am Herzen, dann, aber nur dann hätte der Liberalismus abgewirtschaftet, da stände er in Liqui- dation. Auch haß politische Leben steht unter dem Flut gesetze. Die realen und idealen Interessen eines Volks lebens hängen so innig miteinander zusammen, daß sie nie feindselig gegeneinander treten können; sie können sich wohl wechselseitig verdunkeln, aber nicht ausschließen. Der ernsthafte Politiker wird die einen nicht über den anderen vergessen. Große wirtschaftliche Erfolge wird nur ein freies, hochgeistiges Volk erringen können. (Sehr wahrl) Aber auch Erfolge auf geistigem Gebiete kann nur ein wirtschaftlich gesundes, hochstehendes Volk er ringen. (Sehr wahr!) Das Kanalnetz, durch da- der große Strom allgemeiner Bildung und Gesittung sich er gießt in die entlegenste Landmark, in die niedrigste Hütte, mutz fort und fort ausgebaut werden, sonst trägt die Blüte der Nation den Keim des Zerfalles in sich. (Beifall.) Darum auch heute: Frisch aus zum Kampfe für die geistigen Güter unseres Volkes. (Bei fall.) Auch der preußische Staat darf nimmermehr zurück- bleiben in der Förderung der geistigen Güter. Wenn wir uns dieser Pflicht bewußt werden, dann wird der Liberalismus wieder Schulter an Schulter treten und seinen Idealen Verwirklichung zu schaffen suchen und den Kampf nicht scheuen, der ihm gerade jetzt bevorsteht, denn für eine freie und frohe Entwickelung unserer Kultur ist die Zeit nicht günstig. Es schleichen schreckliche Gestalten umher, in den Hallen der Kirchen, in den Foyers der Parlamente, die mit erhobenem Finger auf den Fort schritt Hinweisen und flüstern: Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo! (Heiterkeit.) Gewisse Auswüchse ist man nur zu sehr geneigt, als schlimme Folgen der Zeit zu brandmarken, als ob nicht auch hier erst die Flcgeljahre überstanden werden müßten. (Sehr gut! und Heiterkeit.) DaS Anwachsen der Sozialdemokratie hat Beunruhigung geschaffen und An laß zu reaktionären Rufen gegeben. Wetterfest und wetterhart steht in diesem tosenden Wetter sozusagen nur der Zentrumsiurm da. Mögen wir noch so hoffnungsvoll sein, auch im neuen preußischen Landtage werden wir die liberalen Fähnlein der Mehrheit derer gegenüberstchen sehen, die dem Stillstände oder gar dem Rückschritte das Wort reden. Um so höher werden wir da» Panier halten, fest und zielbowutzt! Ueber den alten Gegensatz zwischen den Kon servativen und uns brauch« ich kein Wort zu ver lieren! Sie huldigen einer «HereMMotGnßtÜmu-ig» (Sehr wahr!) Im Abgeoibueteuhmrse sind -ie K»nser- vatrven immer mehr von uns abgerückt, sie haben fort gesetzt Waffenbrüderschaft mit -em Zentrum abgeschlossen und sind dadurch immer reaktionärer geworden, denn die reaktionärste Partei ist und bleibt das Zentrum. Freilich hat das Zentrum die „Freiheit" auf seine Fahne geschrieben, aber e» ist die Freiheit der Kirche von dem Staate. (Sehr wahr!) Das Zentrum strebt ,der Alleinherrschaft der Kirche über Wissenschaft, Kunst und alle Zweige kulturellen Leben» zu, ein mittel alterlicher Zustand, -er sich im Auge «ine» Romantikers glanzvoller widerspiegeln mag, als e» in Wirklichkeit je mals gewesen ist. (Zustimmung.) Auf allen diesen Ge bieten stehen wir in stetem Kampfe mit dem Zentrum. DaS Land der Reformation ist bi- heute Li« Kampsstätte der religiösen Gegensätze geblieben. Mit Recht wird das als Last empfunden. Wenn eS den Konfessionen ledig lich um religiöse Momente zu tun wäre, so müßte Lieser Kampf eine Unsumme von Religion auslösen. Aber der deutsche Katholizismus hat Heinen religiösen, nationalen, toleranten Charakter prci-gegeben zu Gunsten einer un religiösen, politischen und internationalen Haltung, die von jenseits der Berge bestimmt wird. In Köln ist ein Weheruf ergangen gegen die Drachensaat der kon fessionellen Zwiespältigkeit. Galt dieses Kardinal-wort dem Zentrum, so war es an die rechte Stelle gerichtet. (Zustimmung.) ES lag in der Natur -er Dache begründet, daß es zu starken Reibungen zwischen Staat und Kirche gekommen ist; diese würden sich auSgleichen, wenn sich die Kirchen auf ihren Berus beschränkten und nicht immer in die Machtsphäre des Staates Übergriffen. (Sehr gut!) „Wo der preußisch« Adler weht, entfaltet auch frei un froh die katholische Kirche ihre Schwingen." So hat 1866 Bischof Martin von Paderborn geschrieben. Dies Wort hat heute erst recht Geltung. (Sehr richtig!) Das hat schließlich auch auf dem Kölner Katholikentage anerkannt werden müssen. Diejenigen, die gerufen haben: wir wollen nicht länger Geduld haben, mögen einmal nach Frankreich hinübersehen und sich klar machen, wie die „älteste Tochter der Kirche" ihre Mutter behandelt. (Heiterkeit.) Dann werden diese Geister einsehen, wie gut eS die Kirche in Preußen hat. Wäre dem nicht so, so würden gerade wir Liberalen dem Staate gegenüber die Freiheit fordern, deren die Kirche zur Ausübung ihres Berufe» bedarf. AVer eine absolute Freiheit der Kirche, auch der katholischen Kirche, kann e» nicht geben. Eine Freiheit der Kirche, die den Staat unfrei macht, ist ein Unding. (Zustimmung.) Wenn der Staat al» solcher in die religiösen Kragen nicht eingreifen darf, kann und soll, so ist er doch zum Wahrer der richtigen Toleranz unter den verschiedenen Konfessionen berufen. Aber die Partei de» Zentrum» halten wir zur Stellung von Toleranzanträgev nicht legitimiert; e» ist ein Aechterkunststück, wenn man eine Scheidung zwischen politischer und dogmatischer Toleranz vornehmen will. Wir müssen e» ablehnen, daß der edle Name Toleranz an die Spitze von Anträgen gr« stellt wird, die in ihrer Au-wirkung die Intoleranz gegen alle Nichtkatholiken bedeuten, die -en Staat zum Nacht wächter machen wollen. «Beifall.) Und ein -ritte» Gut, das wir wahren wollen, die Freiheit. Unser preußischer Wahlspruch suum euigue darf nicht falsch übersetzt werben, „jedem da» gleiche". Die katholische Kirche ist fast ein Staat im Staate und ringt mit ihm über die Grenzen der beiderseitigen Machiaebiete und steht so dem Staate gegenüber immer auf dem Kampf fuße. Die evangelische Kirche ist mehr geistiger Natur, sie ist von Hause au» auf Frieden mit dem Staate angelegt. Die Parität darf also die Kirchen nicht abstrakt behandeln, sonder« fle muß sie nach Geschichte «nd Wesen differen zieren: habest denn die Katholiken Gr«nd zu klagen? Gewiß nicht. Wenn jemand schon Grund hätte, wären eS die Evangelischen. Der freiere Standpunkt macht nicht nur weitsichtig, sondern auch wettherzig. (Beifall.) Aber wenn im Bestreben, bas Zentrum bei guter Laune zu halten, die Staatsregierung so wett geht, daß es uns zu weit erscheint, soll sie sich nicht wundern, wenn in weiten Kreisen Berstirnmungen entstehen. Wenn die Huldigungen, -ie dem Oberhaupt der katholischen Kirche entgegengebracht werben, allmählich da» höchste Maß er reichen, so müssen wir befürchten, Latz die Gedanken des Volks irregeleitet werben. (Sehr richtig.) In Köln hat man die Friedensschalmei geblasen, aber in der kleinen Presse, die kein Kaiser und kein Kanzler liest, wird immerfort gegen den Staat und die staatlichen Einrichtungen, gegen die Andersgläubigen und vor allem gegen die Evangelischen gezetert — lesen Sie nur einmal die Kalenderliteraturl (Sehr wahr!) Da darf man sich -och nicht wundern, wenn andere auch einmal mit „dem Zorn -er freien Rebe" die Dinge beim richtigen Namen nennen. (Lebhafter Beifall.) „Der Kampf ist noch nicht beendet", hieß eS in Köln. Uns in Preußen ist der Kampf um die Schule in Aussicht gestellt worden; wir werben un» darauf ein- zurichten Haben. Aber stehen wir denn nicht längst mitten drin in diesem Kampfe? (Sehr richtig!) Die Straßburger Fakultätsgeschichte hat viel Staub auf gewirbelt. Gründe -er Billigkeit und politischen Klug heit habest ja allerdings die Errichtung der Fakultät not wendig gemacht, aber wie sie zu stände gekommen ist, bleibt die Fakultät ein Fremdkörper in den deutscken Universitäten, sie bleibt eine Verleugnung der Freiyeit der Wissenschaft, denn das Beto deS Bischofs beugt die Lehrer unter bas Machtgebot der Kirche, un- als wissen schaftliche Arbeit wird künftig nur anerkannt werben, was die Kirche approbiert! Man sucht heute den Grundsatz der KonfessionalitSI mehr und mehr in die philosophische Fakultät hineinzubringen, das wäre zu der Zett eine» Raumer angebracht gewesen. Und werden Liese Schritte nicht zu anderen herausfordern, werden nicht gewisse evangelische Kreise größeren Einfluß bei der Besetzung der theologischen Professuren fordern? (Sehr wahrl) Werden nicht heutzutage schon Strafprofefforen an gewisse verschütte Fakultäten gesandt? Liberale Leute müssen dem gegenüber -ie Augen offen hatten, den Mund auftun Uv«l»o) und für die unvo-tngtr Freiheit per WisseMchsskt etntreten. Die Wiffenschdst kann Nicht an Ketten gelegt werden, oder sie hört auf, zu sein. In -er akademischen Jugend muß -er Sinn für Las Wahre un- Wirkliche herangebtldet werden. „Die Freiheit -er Universitäten ist -er Gradmesser de» Selbstvertrauen- -er Regierung." (Gehr gut!) Ich füge diesem Worte Paulsen» hinzu: Die evangelische Kirche würde sich selbst untreu, wenn sie in der freien Forschung eine Feindin der Kirche sähe. Die Wahrheit ist unzerstörbar! (Beifall!) Auch auf dem Gebiete der höheren Schulen ist bereits der Kampf entbrannt, freilich ein Kampf im Innern. Die Zersetzung hat neuerdings ja schon aus die Bauernburschen, die Zahntechniker und -ie armen ver waisten Krüppel übergegrisfen! Jetzt will man auch hier einsetzen auf den höheren Schulen, wo alle Gebildeten ihre gemeinsame Schulbildung erhalten. Man will die Schule unter die Macht -er Kirche zwängen. Ich habe in meiner Jugend nicht» vom konfessionellen Hader ge wußt, aber heute ruft der Bischof von Trier ins Land, eS sei die größte Gefahr für die katholischen Schüler un- Schülerinnen, wenn sie mit evangelischen oder jüdischen Schülern verkehrten! Welch eine Wand lung in einem Menschenalter! Wa» haben wir im Westen nicht schon erlebt an geistlicher Kontrolle der Schüler innerhalb de» gymnasialen Leven»! (Sehr richtig!) Das Programm der MonatSblätter für -en katholischen Religionslehrer fordert, -aß die Religionslehrer klärend und belehrend da eingreifen, wo die Geschickttsstunde, die naturwissenschaft liche Stunde, die Literattrrstunde mit den heiligsten Lehren der Kirch« im Zusammenhänge steht. (Hört, hört!) Achtet die Regierung auf solche MaulwursSarbeit und schützt sie die Lehrer, die de» Mut haben, der Verdunkelung ent gegenzutreten? Jedenfalls wollen wir Liberalen darauf achten und dafür sorgen, daß unsere national« Erziehung erhalten bleibt, die eine Erziehung zur Offen-eit und Ehr lichkeit ist. (Lebhafter Beifall.) Mein letztes Wort gelte derBolkSschül«. Sie hat Windhorst im Auge gehabt, al» er den Kampf um die Schule ansagte. Kathrein, der Jesuit, bat erklärt, es handle sich darum, ob die Schule christlich bleibe, und dar unter verstehen diese Herren eben, daß di« Schul« -er Kirche untertan sei. Dem gegenüber verlangen wir, -atz die Aussicht der Schul« beim Staate verbleibt. Die Phrase, daß die Schule di« Tochter der Kirche ist, läßt sich geschicht- lich nicht erhärten. Die Behauptung, daß di« Kirch« ein Besitzrecht an der Schule hab«, bester nur zu Recht, wenn der Satz wahr ist, daß Eigentum Diebstahl sei! (Beifall un- Heiterkeit.) Wir wollen unsere Kinder in L«r Volks- schule heranbilden, nicht abrichtene Bi-marck hat dem preu ßischen volk-fchullebrer «inen Dell de» Erfolge- von Königgrätz zugeschrieben, England schreivt unseren wirt schaftlichen Aufschwung unserer BolkSschulbildung »u. Auch wir wollen unsere Volksschule hochhalten, sie hegen und fördern, allen reaktionären Anstürmen zum Trotz, dem Vaterland« zum Segen. (Lebhafter Beifall.) Ein Volksschulgesetz werden wir ja so bald nicht bekommen, aber die nächste Tagung wird und mutz un» ein « chul» Unterhaltungsgesetz bringen. Wir werden dann Hand mit anlegen, um Abbülfe kür den bestehenden Not stand zu schaffen, um die Lasten gerechter zu vtitteilen, nm die stärkeren Schultern damit zu belasten, und, wenn ei set» muß, den Staatssäckel berangiehen. Der Verstaat lichung der Volksschule kann ich da» Wort nicht reden, ich kann es nicht tun tm Interesse der Schul« selbst, weil wir Gefahr liefen, daß sonst in bi« Schule «in Materialt»««» nnd «ine Uniformierung hinetnkäm«, ßie di« Gchule nicht vertragen könnte. (Sehr richtig!) Man wird ia den vor- such machen, beim SchulunterhaltungAgefetz in den inneren Betrieb der Schul« «inzuareifen «nd einzelne -raaen ge- setzlich festzulegen. Das haben sa -Zentrum und Konser vativ, zur eonäitio eu». q« »o» gemacht. In Köln hat «mn gesagt: E» gebt ettva» ßinter den Kulissen vor, wir haben also allen Grund, auf der Hnt zu sein. (Sehr richtig!)
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