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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031002016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903100201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903100201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
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Dabellarischer »ad Wernsntz entsprechend Häher. --- Kedühren für 'Nachweisungen »ud Offerteaanaahm« « Ärcl. Porto). lvetlasen (grfalzt), n»r mit der Morgen-Auägabr, oha« PostbesSrderung ^l SO.—, mit PostbefSrdernng ^l 70.—» Auuahmeschiuß für Auzetge«: >d»Ud*A»»gabe, «onntttn»» 10 Uhr. vror-e».U»»g«b«l Nachmittag« 4 Uhr. Anreißen stad stet« au di« Expedition zu richten. Pi« Expedition iS Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« ab«ad» 7 Uhr. Druck uud Verlag do» E. Pot» in Leipzig. Nr. 5V1. Freitag den 2. Oktober 1903. 87. Jahrgang. VeytschlanL im- -er Aongoftaat. LILS. Angesichts der Polemik, die sich fttr bezw. gegen die Revision der Songoakte erhoben hat, muß sich jedem unbefangenen Leser naturgemäß die Frage aufdrängen: Was für ein Interesse haben wir Deutschen eigentlich daran, dem Kongostaat, der eben anfängt, gute Geschäfte zu machen, auf internationalem Wege Schwierigkeiten zu bereiten und ihm die Lebensadern zu unterbinden? Zur Ventilierung dieser Frage wird der „Deutschen Kolonial- zeitung" von einem Kenner der ostafrikanischen Verhält nisse folgendes geschrieben: Was wir allen Grund haben, den Kongolesen bitter Übelzunehmen, ist, daß sie seit 1863 dom deutsch-ostafrika nischen Karawanenhandel, der ihnen schon längst ein Dorn im Auge gewesen war, ihre Grenze gesperrt und ihn durch diese schroffe Maßnahme ruiniert haben. Daß dies geschehen, ist in Ostafrika notorisch und braucht nicht ziffernmäßig bewiesen zu werden. Ts mag darum ge nügen, wenn ich anführe, daß nnsere Zölle trotz des kräf tigen Aufschwunges des KUstenhandels seit 1898 bedenklich zurückgegangen sind, baß heute aus Bagamoyo statt 5000 Zentner Elfenbein nur 1600 Zentner ausgeführt werden, und daß die Karawanenstraße Bagamoyo- Tabora—Udjiji, auf -er früher 80—100 000 Lasten jährlich ins Innere transportiert wurden, verödet liegt. Was jetzt an Elfenbein noch exportiert wird, kommt ans den Ländern am Viktoria-Nyanza, sowie aus Jramba, Ruanda oder Mpororo. — Der beste Beweis aber für die schlimmen Konseauenzen der besagten Grenzsperre dürfte der sein» daß Manjoma-Elisenbein, das früher bei uns im Handel dominierte und in seinen besonderen Eigenschaften genau bekannt war, aus Dentsch-Ostafrika überhaupt nicht mehr exportiert wird. Da aber nach dem Artikel 1 der Kongvakte allen Nationen im Kvngvbecken Handelsfreiheit, unter Ausschluß von Monopolen und Privilegien irgendwelcher Art, zugesichcrt ist, so ist das Verhalten des Kongostaates widerrechtlich und für Deutschland, das in erster Linie davon betroffen wirb, ohne Frage verletzend. Alle Maßregelungen, die seit 1893 unseren Händlern im Kongostaate widerfuhren, sind als ebenso viele Stöße gegen den deutschen Handel zu be trachten. gleichviel, ob die Händler Weiße oder Farbige waren. Der Umstand, daß StokcS ein geborener Irländer, Rabtnek ein geborener Oesterreicher ivar, fällt dabei nicht ins Gewicht. Auch deutsche Reichsangehörige sind bekanntlich im Kongogebiet Übel behandelt worben. Hat man doch beispielsweise dem Vertreter der Deutsch-Ost- afrikanischen Gesellschaft zu Udjsji in Manjema so viel Schwierigkeiten in den Weg gelegt, daß er nach Udjiji zursickkehrcn und sein Magazin daselbst auflösen mußte. Auch das Bemühen der Kongolesen, ihre kriegerische Unternehmung gegen die SO 6is 40 arabischen Händler, die sich 1893 noch am oberen Kongo befanden, als eine Art von Kreuzzug gegen den Sklavenhandel hinzustellen, ist sehr durchsichtig und beruht einfach auf dem Bestreben, alle Welt mundtot zu machen, Denn wer hätte wohl gewagt, zu Gunsten von Dklavenjägern zu intervenieren? Die arabischen Elfenbeinhändler am oberen Kongo jedoch waren zu jener Zeit so wenig Sklavenjäger, wie die jenigen, die sich w Deutsch-Ostafrika oder in Uganda be fanden. Wozu hätten sie denn der Unmasse von Tausch, waren bedurft, wenn sie keinen ehrlichen Handel betrieben, sondern nur geraubt und geplündert hätten? Sind zu jener Zeit im Kongogebiet noch Gewalttätigkeiten vorge- kommen, so waren eS die wilden Wakussu und Manjema- leute, die sie aus der Jagd nach Elfenbein verübt haben. Mährend der ganzen Aktion gegen die Elfenbein händler aber war das Hauptangenmerk der Kongolesen darauf gerichtet, sich bei der Entledtgung dieser Kon kurrenten vor allem des Elfenbein» derselben zu ver sichern. Als -er arme Stokes, besten ganzes Verbrechen darin bestand, daß er den am Iturt lebenden Kibonge- leutcn ihr Elfenbein mit Vorderladern und Handel-- pulner, dem verbreitetsten Tauschmittel im Karawanen- handel bezahlt hatte, verhaftet worden war, hatte man nichts Eiligeres zu tun, als sich nach LtokeS' Lager zu Kwa-Mene, unweit des Albert Eduard - Nnanza, zu be geben, und da» dort vergrabene Elfenbein tmehrere hundert Zähne) zu konfiszieren. Daß ein Teil davon dem Händler Stokes gar nicht gehörte, kam dabei nicht in Betracht. Wie noch um das Jahr 1898 dieser Konkurrenzkampf Geführt wurde, zeigt folgendes Beispiel: Als ich Mitte her neunziger Jahr« in Udjiji >var, wurde mir gesagt, daß, abgesehen von den Arabern Habib bin Selim, Raschid »in Hamed, Lad bin Hamih, Hamiß bin Seliman, Hamed dkn Saleh, Mafsud bin Boched, Hamed bin Hamed-Scnan, Massud bin Said uud Abid bin Schamis, die in Manjema -urückgcl-altcn würden, um dem Kongostaatc als Handels agenten zu dienen, sich nur noch ein freier Elfenbein- Händler jenseits des Tanganikasee» befinde. ES sei ein Beludsche, der in Urua sitze, und noch von Zeit zu Zeit einiges Elfenbein herübcrschicke. — Etwa ein Jahr darauf las ich zu Dar-es-Salaam in einer Zeitung, daß es dem Kongostaate nunmehr gelungen sei, auch dem letzten der „Sklavenhändler" in Urua das Handwerk zu legen. Leider sei es nicht möglich gewesen, seines Lebens zu schonen, da der Mann bei der Verteidigung seines Dorfes gefallen sei. Durch diese vorsichtige Wendung auf merksam gemacht, zog ich nähere Erkundigungen ein und erfuhr, daß cs sich um den oben erwähnten Beludschen gehandelt habe. Ich bemerke hierbei, daß fast alle diese Leute ihr Domizil in Deutsch-Ostafrika hatten und dem- gemäß deutsche Schutzbefohlene waren. Wie wenig Rücksicht die Kongolesen auf deutsche Rechte zu nehmen gewohnt waren, zeigt der Umstand, daß im Jahr« 1894 ihre Truppen unter Führung eines Weißen über den Tanganikasee kamen und aus unserer Seite bas Dorf Numonge verwüsteten und niederbrannten, nur aus dem Grunde, weil sie dort elf kongolesische Deser teure ausgehalten haben sollten. Wurde uns seitens der Regierung des Kongostaates auch alsbald Genugtuung gegeben, so war der Vorfall für die Zustände am Tanganikasee doch bezeichnend. Die Kongvbeamten kümmerten sich damals herzlich wenig um unsere Ge fühle und taten einfach, was sie wollten. Mochten die Herrschaften in Brüssel doch sehen, wie sic mit uns Deutschen fertig wurden. Wenngleich ich gern zugcbe, baß mqn die kongolesische Negierung nicht für jeden Uebergriff eine- einzelnen An gestellten verantwortlich machen kann, so zeigte doch die Häufung gleichartiger Fälle, daß diesen ein systematisches Vorgehen gegen unseren Handel zu Grunde lag. Was nun die Berichte über irgend welche von den Kongobeamten an ihren Eingeborenen verübte Miß- Handlungen anbelangt, so bin auch ich der Ansicht, -aß man sie nicht allzu tragisch auffasscn darf. Wie der gleichen Geschichten oft tendenziös übertrieben werden, hat man ja schon genügend Gelegenheit gehabt, zu beob achten. Je weiter man in das Innere Afrikas hinein kommt, um so wilder und unsicherer werden die Ver hältnisse, und um so weniger gilt bas Menschenleben. Daß aber da, wo Leben und Gesundheit ständig gefährdet sind, Ausschreitungen leichter Vorkommen, als hier zu Lande, liegt auf der Hand. Um so fouderbarer mutet es an, daß der Kongostaat die jetzige Lage der Bevölkerung durch den Hinweis auf die Leiden der Eingeborenen zur Araberzeit in ein günstiges Licht zu rücken versucht, während sie sich doch kaum verbessert haben dürfte. Viel eher könnte man dem Kongostaate einen Vorwurf aus der Einführung des Arbeitszwanges machen. Der Bevölkerung ist nichts so verhaßt, als Zwangsarbeit, und ich selbst möchte, so sehr ich für hie Erziehung des Negers zur Arbeit bin, unseren eigenen Schutzbefohlenen die Einführung des kongo lesischen Wirtschaftssystems nicht wirnschen. Ist doch für den Schwarzen Arbeitszwang identisch mit Sklaverei. Wie dem aber auch sein mag: jedenfalls wollen wir dem Kongostaate sein Recht, in seinem Gebiete nach seinem Belieben zu schalten und zu walten, nicht beschneiden, sondern nur von ihm verlangen, daß er auch unser Recht, in seinem Gebiete nach Belieben Handel zu treiben, respektiert. Und das ist durchaus nichts Unbillige». Ebenso gut, wie in Ostafrika die Deutschen, Engländer und Portugiesen jedem Ausländer, der Zoll und Steuer zahlt, Handelsfreiheit, sowie Schutz für Leben und Eigen tum gewähren, dürfen wir dies auch vom Kongostaate erwarten. Deutsches Reich. L. Berlin, 30. September. („KreuzzeitungS"-Poli tik.) Der nationallwerale Delegiertentag in Hannover hat klar und entschieden zu erkennen gegeben, daß die national liberale Partei bei der bevorstehenden Landtagswahl mit voller Energie für die Durchsetzung ihrer politischen Ziele und Ideale eintreten wird. Es ist daher naturgemäß, wenn von konservativer Seite das Gleiche für die Verwirklichung der konservativen Bestrebungen angekündigt wird. Die „Kreurzta." beschränkt sich aber weder hierauf noch auf die Kritik einzelner im nationalliberaltn Wahlaufrufe angeführten Punkte, sondern greift ru dem bei ihr seit alters so beliebten Mittel der Verdäch tigung Zur Diskreditierung der nationalliberalen Schul politik nanuich schreibt die „Kreuzztg." u. a.: „Unsere Welt anschauung ist die: christliche, und wenn v. Hackrnderg betont hat, daß die nationalliberale Partei einer andern huldigt, so kann über das Wesen ihrer Weltanschauung kein Zweifel sein-. — Die alt« Lritr ,,hi« Christentum, hie Atheismus" wird also von dem konservativen Hauptorgan Preußens wieder auS der Rüstkammer hervorgrholt. Wenn das Beispiel der „Kreuzztg." anderwärts Nachahmung findet, dann ist zu gewärtigen, daß der preußische Landtagswablfekd- »ug sich in beklagenswerten Formen abspielt. Darum sei von Anfang an vor dem Gebraucht vergifteter Waffen, wie die „Kreuzztg." sie verwendet, nachdrücklich gewarnt. 0. tt. Berlin, l. Oktober. (Die Eheschließungen und die soziale Lage.) Es ist bewiesen, daß die Ab nahme der Eheschließungen gleichen Schritt hält mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. 2» ist für diese also ein ungünstiges Zeichen, daß in keinem Jahre der letzten Zeit der Prozentsatz der Eheschließungen in Berlin so gering gewesen ist, wie im vergangenen. Bei einer Bevöl kerung von 1 903 808 Seelen fanden nur l9138 Ehe schließungen statt, daß sind 20,11 auf das Tausend der un verheirateten Manner im Alter von mehr als 20 und der unverheirateten Frauen im Alter von mehr als 15 Jahren. Im Jahre 1901 betrug der Satz noch 20,99 und im Jahre 1900 22,26. weit 1891 wurde der höchste Satz im Jahre 1897 erreicht, .nämlich 22,30; es heirateten damals bei einer Bevölkerung von 1 733 525 Personen 19 580 Der Monat, in dem stets die meisten Ehen geschlossen werden, ist der Oktober; in diesem Monat war im vergangenen Jahre die Zahl der Heiratenden im Verhältnis zur Bevölkerung (1000) 3,700; es folgt der April nut 3,337. Im August scheint wenig Neigung zur Eheschließung zu sein, es heirateten nur 0,910; dann folgt der Januar mit 0,933. Unter den Heiratenden gab eS immer noch Männer unter 20 unbFrauen unter 15 Jahren. DieHeiratsziffer liegt seit 1771 (in fünfjährigen Gruppen) vor; es ergiebt sich, daß die Ziffer auch vor hundert Jahren gering war, oft noch viel geringer als jetzt; 1771/75 betrug die Ziffer nur 12,73 (auf 1000 Einwohner), stieg dann aber nach den Freiheitskriegen von 1816/20 auf 24,12 und erreichte ihren Höhepunkt nach dem Kriege von 1870. In den Gründerjahren von 1871/75 be trug die Heiratsziffer 27,02. Damals fehlte eS ja nur wenigen an den Mitteln, sich einen eigenen Hausstand zu gründen. * Berlin, 1. Oktober. (Vom „Politiker" Mommseq.) Professor Theodor Mommsen veröffentlicht, wie aus London berichtet wird, in der neuen sozialpolitischen „Inde pendent Review" einen Aufruf in deutscher und englischer Sprache, der die gegenseitige Verhetzung verdammt und ein besseres Einvernehmen zwischen Deutschland und England warm befürwortet. Die „Berl. N. N." beurteilen diese Kundgebung folgendermaßen: „Dieser Grundzweck wird in weitesten deutschen Kreisen gern Zustimmung finden, auch in solchen, welche der Ansicht sind, daß dem Politiker Mommsen nicht die gleiche überaus hohe Bedeutung zukommt wie dem Gelehrten Mommsen. Noch vor kurzem hat ersterer das Bündnis aller Liberalen mit der Sozialdemokratie ge predigt und letztere ungefähr als die Partei hingestellt, von der allein noch Rettung und Heil zu erwarte» sei. Im Lichte des Dres dener Parteitags nimmt sich diese Ansicht besonders seltsam aus. Auch in seinem jetzigen Briefe verteilt Mommsen Licht und Schatten nicht ganz gerecht. Eine so allgemeine, andauernde und systematisch gehässige Berheyung, wie sie in der englischen Presse gegen Deutschland stattgefunden, ist der deutschen Seite nicht vor zuwerfen. Und doch geht Mommsen mit dem deutschen Chau vinismus viel schärfer ins Gericht als mit dem englischen. Er sagt: „Wir haben unsere nationalen Narren — bei uns heißen sie „Alldeutsche". Diese Beleidigung würde sicherlich auch den großen Kollegen Mommsens, Treitschke, treffen, wenn er noch lebte. Im ganzen fürchten wir, daß Mommsens Kund gebung in England ihren Zweck verfehlt. Denn sie ist geeignet, mit ihren einseitigen Entschuldigungen uns bei den Engländern über Gebühr ins Unrecht zu setzen und den Eindruck der Schwäche zu machen." Wir erlauben uns der Ansicht zu sein, daß der Zustand, den Mommsen geschmackvoll als Narrheit bezeichnet, der Normalzustand der uns umgebenden Völkerrasse ist. Für deren Empfindungen und Gefühle hat ja Mommsen auch volles Verständnis, eine natürliche Folge seiner Berufsarbeiten, die ihn jahrzehntelang zum Vertiefen in fremdes Wesen gezwungen haben. Das Deutschtum ist dabei Wohl allmählich zu kurz gekommen. Schade um Mommsen, daß er seine Ausflüge in die Amateurpolitik nicht kaffen kann! G Berlin, 1. Oktober. (Telegramm.) Zur Aus sperrung »er Berliner Metallarbeiter wird gemeldet: Nach den bisher aus einem Drittel der Betrieb« vorliegenden authentischen Nachrichten sind gestern Abend in diesen 4500 Arbeiter entlassen worden, wozu noch 2100 schon ausständige Arbeiter kommen. Nach den Angaben der Arbeit geber sind mindestens V0VO Arbeiter jetzt beschiiftisunsslos. V Berlin, 1. Oktober. (Privattelegramm.) In 12 großen Versammlungen wurde am Mittwoch abend von den Metallarbeitern ru der Aussperrung Stellung genommen. Die Referenten schilderten die Entwickelung des Kampfes, der bekanntlich mit dem Streik der Gürtler und Metalldrücker feinen Anfang genommen hat, und forderten zum Aue- Karren auf. In allen Versammlungen wurden Reso lutionen gleichen Inhalts angenommen, in denen eS heißt: „Die Versammelten erklären das Vorgehen der ausständigen Drücker und Gürtler für gerecht fertigt und drücken ihnen ihre vollste Sympathie aus. Den durch die Aussperrung aufgenommenen Kampf nehmen die Berlmer Metallarbeiter auf und verpflichten sick, die Streikenden und Ausgesperrten moralisch und materiell zu unt«rstütz«n. Di« Versammelte» verpflichten sich, alles darb» ru setzen, um diesen Kampf erfolgreich »u beenden." Außer dem wurde beschlossen, daß jeder arb«t«nde Metallarbeiter rur Unterstützung der Streikende« und AuSgesperrten fünf Prozent seines wöchentlichen Arbeitsverdienste- avzugeben habe. — Der Reichskanzler Graf v. Bülow traf heute morgen, von Neubrandenburg kommend, wieder aus dem Altonaer Hauptbaknhosc ein. Die Dauer seine- Aufenthalt«» in Klein-Flottbeck ist noch unbestimmt. — Der Kaplan Weiß in Hochheim a. M., über den berichtet wurde, er habe den Kindern in der Kirche und im Religionsunterrichte den Besuch de- „evangelischen" Karussells verböte,:, erläßt jetzt eine Berichtigung, io der eS heißt: „Wahr ist, daß ich den Kindern nahe gelegt hab«, aber nur in einer Klass«, si« möchten wren Groschen sparen und den Jurplatz und da- Karussell nicht besuchen " * Bau der russischen btr«nz«. Em feierlicher -Kaiser- Gedenkgottj-drenst" fand auch iu diesem Jahr iu der Synagoge zu Wystite« in Rußland gelegentlich der Wieder kehr des Tages statt, an welchem Kaiser Wilhilm da- durch die Brandkatastrophe im Jahre 1901 rrrstörte russische Grenz städtchen Wystiten besuchte und eine Spende überbrachte. * kiel» 30. September. Die Bertrauensmännerversammlung der freisinnigen Partei deS Landtagswahlkreis»» Kiel stellte für den endgültig zurückgetrrtenen Abg. Barth einstimmig den Lehrer Wolgast-Kiel al» Kandidaten auf, der di« Kandidatur annahm. (-) Rostock, l. Oktober. (Telegramm.) Gegen N/, Uhr kehrten die dänischen Herrschaften vom Schlosse nach der „Danebrog" zurück. D«r Großherzog, Prinz Heinrich der Niederlande und Herzog Friedrich von Mecklenburg geleiteten die hohen Gäste an den Landungsplatz. Die „Danebrog" ging alsbald in der Richtung nach Warne münde in See. -r- Altenburg, 1. Oktober. Gestern mittag verabschiedete sich im Ministerialgebäude der Dtaarsmimster v.Helldorff von der Beamtenschaft, um sich nun in dre Stille des Land lebens auf Schloß Drackendorf im Saaletal zurückzuziehen. Nach einer Ansprache, welche der nunmehrige Staats,mnsster v. Borries hielt, wurde dem Scheidenden eine kunstvolle Adresse überreicht, welche mit einer Anzahl Aufnahmen von Räu men auS dem neuen wie dem alten Ministerialgebäude geschmückt ist und als ein Zeichen aufrichtiger Verehrung und dankbarer Ergebenheit der Beamten des Ministeriums gelten soll. Herr v. Helldorff nahm die Adresse mir herzlichen Dankesworten ent gegen und verabschiedete sich dann von dem gesamten Personal, das sich außerdem noch auf einem Gruppenbilde vereinigen will, welches dem in den Ruhestand getretenen Staatsmimster ge widmet werden foll. Auch der vaterländische Arbeiterverein, dessen Sitzungen und Festlichkeiten Herr v. Helldorfs oft und gerne beiwobnre, hatte zu Ehren des Scheidenden eine Feier veranstaltet. Herr v. Helldvrf ernannte den Baterländychen Verein zum Verwalter eines ausgesetzten Kapitals, von dessen Zinsen kranke Kinder im Kinderhospital untergebracht werden sollen. — Der neue Staatsminister V. Barrie» wird heute vom HerzoaeErnstim Hummelshainer Schlosse empfangen werden, um für sein Amt verpflichtet zu werden. Morgen wird er dann in einem feierlichen Akt« die Führung oer Ministerjalgoschäft« übernehmen. V/. Stuttgart, 30. September. Auf den erwähnten Auf satz „Zur TyphuSbekämpfung in Württemberg" im „Medizinischen Korrespondenzblatt" wird heute von zu ständiger Seite im „Staatsanzeiger" eine berichtigende und beruhigende Antwort gegeben. Au« jbr gebt hervor, daß allerdings die Anzeigepflicht beim Typyus in Württemberg noch nicht allgemein eingeführt ist, daß aber trotzdem für Bekämpfung der Seuche gut gesorgt ist und Zivil- und Militär behörden sich gegenseitigverständigenundunterslützen. Statistisch wird nachgewiesen, daß di« Zahl der TyphuStodeSsälle in Württemberg stetig abgenommen hat und die Typhus mortalität in unserem Lande wesentlich günstiger ist als iu benachbarten Staaten von ähnlicher Größe (z. B. 1899: in Württemberg 118 Todesfälle, in Baden 232, in Elsaß- Lothringen 318). Bezüglich der in jüngster Zeit vor gekommenen Epidemien teilt der amtliche Bericht mit, daß die Seuche in Göppingen bisjetzt aus die Krankenanstalt, in der sie ausgebrochen, beschränkt geblieben und daß die Epidemie in der Stuttgarter Bergkaserne (14 meist ganz leichte Fälle) längst erloschen ist. Oesterreich - Ungar«. * Wien, 1. Oktober. (Telegramm.) Kurz nach dem König und der Königin von Rumänien sind die Prinzen Ferdinand und Karl von Rumänien und Prinz Karl von Hohenzollern hier eingetroffen. * Mürzste», 1. Oktober. (Telegramm.) Kaiser Franz Josef, Kaiser Nikolaus und die übrigen Jagdaäste sind heute vormittag zur GemSjagd aufgebrvchen. Die Majestäten wurden von, Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt. Das Wetter ist prachtvoll. Orient. vslkgnBtrrsn. * Konstantinopel, 30. September. (Wiener Korr.-Bureau.) Di« Maßregeln, die die Pforte zur Untersuchung und Be strafung der von den Truppen begangenen Aus schreitungen ergreift, die in Errichtung von Kriegs gerichten, (Ansetzung einer HülfSaktion und Wiederherstellung der zerstörten Dörfer bestehen, find auf Schritte Oesterreich- UngarnS und Rußlands »urückzufübren. — Nachrichten ans Adrianopel, Monastir und Saloniki besagen, daß die Säuberung von dem Bandenunwesen fortschrette. Durch geeignete strenge Maßregeln wird die Bildung und Be wegung der Banden in Zukunst erschwert. In militärischen Kreisen verlautet, daß die kleinastatischen RedifS, deren Mobilisierung im Zuge ist, nicht nur als Reserve dienen sollen, sondern Wahrscheinlich zur Ablösung der seit langem mobilen, gegen da» Bandeu-Unwesen in Verwendung stehen den Rediss erster und zweiter Klasse^ benutzt werden. Dre Nachrichten, daß di« englischen Schritte von denen der übrigen Mächte bemerkenswert abweichen, sind unzutreffend. Was England mit Rücksicht auf die öffentliche Memuna m England hinzufügrn mußte, störte im wesentlichen du Ueder- einttimmung der Großmächte nicht und entwertet mcht deren Erklärungen an die Pforte. Amerika Bo« der chile»is<'araenti«ischc« «erbrtider»»». Aus Santiago de Chile, 16. August, wird «ns geschrieben: Die chilenisch.argentinischeBer» brüderung, -die bereit» gelegentlich -eS Betuch» argentinischer politischer Persönlichkeiten in Chile zu einem echt südamerikanischen ParorySmuO der Begeisterung ge führt hatte, hat neuerding», au» «nkch der Heimkehr des bisherigen chilenischen Gesandten in Buenos Aires, Herrn Carlos Concha GuGereaseaur, nnd «der Ernennung de» seitherigen argentinisä>en Gesandten in Santiago, Herrn Terry, zum Minister de» Au»wärtiaen in Buenos Aires, tropisch üppige unü selten« Blüten getrieben. Herr Concha wurde von dem Augenblicke an, als er chile nisches Gebiet betrat, wte ein lorbeergekrönter Trtirm. phawr geeiert. A» ««M» Hntdtgtz» W» d«
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