02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031020025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903102002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903102002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-20
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LnNisppsr > Uwr «io- 3o»edim^ uä ,l-'üi^l >, 3»mducr- «iro, »8«- i»" (17/1S> 8^rov«n, >»' <17/I0> !«IL> »VI»' dvo u»cll UL, »Sun- V> vovr, ^iuoil.it»^ r»»>: <i«r 1«v Lor«. r » o> « o, .«tprir, säiod 3«r >o Lä»- j»iv««urll »wSorx'. iti>L»por» oo' vao I'S-r—i«', U»-, »il« >d»< voo >»o fi8/1l>» Ul' o»«I» BezuqS-PretS der Hcmptrxprdition oder deren AuSgabe- sselleu adgeholt. vierteljährlich .itl 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau» 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich .st 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitungSpreiSllste. LrLaktion und Erpe-itiov: JohanniSgassr 8. Fernsprecher 153 und 223. Ftlial-»peditt»«r«: Alfred Hahn, Buchhandlg., UniversitütSstr.3, L. Lösche, Katharinrnstr. 14, u. KöuigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marien straße 34. Fernsprecher Ämt 1 Nr. 1713. Haupt-Filiale Berlin: Carl Duncker, Herzgl. Bahr. Hosbuchhandlg., Lützowstraße 10 Fernsprecher Amt VI Nr. 4S0S. Nr. 535. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Ämtsvlatt des königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. Dienstag den 20. Oktober 1903. Anzeigen.Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach» richten <6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zifsernsap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lfsertenannahme 25 H (e;cl. Porto). Srtra Beilagen (gesalzt), nur mit de« Morgen-'Ausgabe, ohne Postbejörderung ./t 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abends 7 Uhr- Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 97. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, 20. Oktober. Leber die Zwecke der Ftnanzmiiiistcrkonfcrcnz, die gestern in Berlin unter Teilnahme des Reichskanzlers und des neuen Reichsschatzsekretärs begonnen hat, liegt heute in den „Berl. Polit. Nachr." eine offiziöse Auslassung vor, die wir mit Genugtuung zu begrüßen alle Ursache haben. Sie lautet: „Der Zweck der Zusammenkunft und der Beratungen der Fiuanzminister der größeren Bundesstaaten mit dem Reichskanzler und dem Reichsschatzsekretär ist unschwer zu erkennen. Er liegt in der Gestaltung des finanziellen Verhältnisses de» Reiches zu den Bundesstaaten, das den letzteren zur ernsten Beschwerde gereicht. Während nach den grundlegenden Bestimmungen des JahreS 1879 das Verhältnis der Reichs- finanzen zu denen der Bundesstaaten so gestaltet werden sollte, daß das Reich nicht nur aus seinen eigenen Einnahmen seine Ausgaben ganz deckte, sondern auch den B u n d e s st a a t e n ein Anteil an den Erträgen von Zöllen und Reichssteuern zur Verwendung für ihre eigenen Zwecke überwiesen werden konnte, hat sich mit der ungünstigeren Gestaltung deS Verhältnisses von Einnahmen und Ausgaben im Reiche di« Sache allmählich geradezu umgekehrt entwickelt. Schon seit Jahren erhebt daSReich durchUeberweisungen nicht gedeckteMatrikular- umlagen in erheblichem Betrage und den Bundesstaaten bleibt nicht einmal die Aussicht, Deckung in einem etwaigen Ueberschuß der Ueberweisungssteuern über den Etatsansatz zu finden, weil solche Ueberschüsse regelmäßig zur Verwendung für ReichSzwccke ein gezogen werden. Für das laufende Etatsjahr sind für den Reichshaushaltsetat neben einer Zuschußanleihe zur Ergänzung der ordentlichen Einnahmen und neben AufzehrungdesKavital- stocks des Reichsinvalidenfonds in Höhe von 39 Millionen Mark durch Ueberweisungen nicht gedeckte Matrikularum- lageu im Betrage von nicht weniger als 24 Millionen Mark in Aussicht genommen. Eine solche Belastung mit Zu schüssen für die Ausgaben deS Reiches vermögen die Finanzen deS größten Teiles der Bundesstaaten für längere Zeit nicht auSzuhalten. Für Preußen hat dies allerdings auch die Wirkung einer sehr unerwünschten Beschränkung der Mittel zur Erfüllung der eigenen Kulturaufgaben. Tank der Leistungsfähigkeit und Elastizität der Einnahmeverwaltungen und dank dem großen Umfange und der Beweglichkeit seines Aus gabeetats konnte Preußen indessen bisher die Belastung ohne Störung des Gleichgewichts in seinem Staatshaushaltsetat ertragen. Anders und ungünstiger liegen die Dinge in den meisten anderen Bundesstaaten. Hier reichen die eigenen Einnahmen bei äußerster Anspannung der Steuerkraft zumeist eben nur gerade zur Be streitung der notwendigsten Ausgaben deS Staates hin, und es fehlt absolut an Mitteln, daneben noch Zuschüsse für Zwecke des Reiches leisten zu können. Bei der Unmöglichkeit, die Steuer schraube noch fester anzuziehen oder ohne eine schwere Schä digung der Staatsinteressen die Ausgaben noch weiter zu beschränken, ist die Fortdauer des jetzigen Verhältnisses zwischen den Finanzen des Reiches und denen der Bundes staaten für zahlreiche der letzteren geradezu gleichbedeutend mit ihrem finanziellen Ruin. Diese Tatsache ist leider nicht so allgemein bekannt, wie rS im Interesse einer befriedigenden Ordnung der Sache zu wünschen wäre, und cs unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn eine sachgemäße Reichsfinanzreform noch immer erheblichen* Schwierigkeiten begegnet, dies weniger auf den Mangel an gutem Willen als auf den Umstand zurückzuführen ist, daß man in den parlamentarischen Kreisen wohl die finanziellen Verhältnisse des Reiches und zum Teil auch die Preußens ausreichend kennt, dagegen ge nügender Kenntnis der finanziellen Verhältnisse der anderen Bundesstaaten entbehrt. Wenn vorerst natür lich von einer grundlegenden Reichsfinanzreform und einer ent sprechenden Vorlage an den Reichstag nicht die Rede sein kann, weil zunächst abzuwarten sein wird, auf welche Mehrerträge aus den Zöllen für den Reichshaushaltsetat zu rechnen ist, so wird man sich doch jetzt schon grundsätzlich über das, was zur Beseitigung der für die meisten Bundes staaten unerträglichen jetzi gen Zustände dauernd not wendig sein wird, schlüssig machen müssen und zugleich Fürsorge dafür zu treffen haben, daß in der Ueber- gangszeit bis zur Durchführung einer gründlichen Reichsfinanzreform den Finanzen der Bundesstaaten nicht eine schwere, kaum wieder gut zu machende Schädigung zu teil wird. In diesem Rahmen dürften sich die Verhandlungen bewegen." Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir seit Jahren nicht nur eine schleunige, die Einzelstaaten vor Ucberlastung schützende Regelung des finanziellen Verhältnisses zwischen ihnen und dem Reiche als dringend nötig nachgewiesen, sondern auch wiederholt betont haben, daß eine solche Regelung noch vor einer gründlichen ReichSfinanz- resorm möglich sei. Immer wurde uns bisher entgegengehalten, daß eine solche Möglichkeit nicht vorliege. Jetzt ersckeint auch den Inspiratoren der „Bert. Polit. Nachr." möglich, was sie früher als unmöglich be zeichneten. Freilich wird, wenn von den Einzelstaaten bis zur Durchführung einer gründlichen Reichssinanzreform eine ruinöse Belastung fern gehalten werden soll, daS Reich trotz aller Sparsamkeit zu neuen Anleihen schreiten müssen; aber das ist auch, wie wir beinahe bis zum Ueberdruß betont haben, die einzige Möglichkeit, den Reichstag zur Erfüllung der Vorbedingung einer solchen Reform, nämlich zur Eröffnung hinreichender neuer Finanzquellen, zu nötigen. Bisher HM er, wenn zur Bestreitung nötiger Reichsausgaben die Mittel fehlten, ungeniert in die Taschen der Einzelstaaten, und erst dann, wenn das nicht mehr möglich ist, wird er sich gezwungen sehen, den Reichssäckel aufzufüllen. Das ist, wie man nach der offiziösen Auslassung annehmen muß, nun auch an maßgebender Stelle anerkannt worden. Wenn diese dafür, daß die Einsicht so spät kommt, allein den Reichstag verant wortlich macht, so vergißt man, daß er über die finanzielle Lage der Einzelstaaten hätte aufgeklärt werden können und sollen. Es sitzen doch am BundeSratStische genug Finanzminister der Einzelstaaten. Es ist betrübend, daß jetzt erst an die Notwendigkeit, den Reichstag über die einzelstaatlichen Finanzkalamitäten zu belehren, gedacht wird. Aber durch diese Versäumnis wollen wir unS die Freude darüber, daß unsere Ansicht endlich doch an maßgebender Stelle durchgedrungen ist, nicht verkümmern lassen. Die geringe Wertung der Persönlichkeit. DaS Urteil des Schöffengerichts in Freiberg wegen der Mißhandlung des nationalliberalen Agitators Seipt beweist wieder einmal, daß heute noch gilt, waS Bismarck schon vor nahezu dreißig Jahren beklagt hat: daß nämlich unsere Strafjustiz wohl unsere Geldinteressen ge nügend schützt, aber nicht unseren Körper. Seipt ist von einer Rotte fanatischer Anhänger deS bei den Reichstagswahlen unterlegenen vr. Oertel überfallen und so brutal mißhandelt worden, daß ein Arzt eine ganze Reibe Hautabschürfungen und blutunterlaufene Stellen am ganzen Körper zu konstatieren hatte; und wenn auch die Verletzungen an sich nicht gefährlich waren und dauernde Folgen nicht batten, so empfindet jeder anständige Mensch den Ueberfall eines Einzelnen durch eine Mehrzahl von Personen immer als eine Brutalität und Feigheit. Es gelingt nun, zwei der Missetäter abzufassen, und die Strafe be steht darin, daß der eine zu 40 -ck, der andere sogar nur zu 20 Geldstrafe verurteilt wird. Beiläufig be zweifeln wir nicht, daß Herr vr. Oertel, der für Roheits delikte so gern die Prügelstrafe einfübren möchte, sehr entrüstet darüber sein wird, daß in diesem Falle nicht einmal auf Gefängnis erkannt wurde. Der Fall Seipt liegt selbst verständlich nicht annähernd so schlimm, wie der Fall Hüßner oder gar erst der Fall Dipp old, aber alle drei Fälle haben daS Eine gemeinsam: die unangebrachte Milde bei der körperlichen Schädigung von Menschen. Im Falle Seipt eine Geldstrafe statt der Gefängnis strafe, im Falle Hüßner die Festungsstrafe statt einer mehr jährigen Gefängnisstrafe und im Falle Dippold die Hälfte der zulässigen Höchststrafe! Wenn in einem Falle Dipvold nicht die Höchststrafe eintritt, so kann sich die kühnste Phantasie nicht auSdenken, wann überhaupt jemals auf die Höchststrafe zu erkennen wäre. Aber wie eben Bismarck am 3. De zember 1875 sagte: „Ich wundere mich jedesmal über die gerechte Schärfe der Verurteilung in Eigentumsfragen neben der außerordentlichen Nachsicht gegen Körper verletzungen. DaS Geld wird höher veranschlagt im Ge setzgebungstarif, als die gesunden Knocken." Bismarck ver langte dann zum Schutze gegen diese „Tendenz zur Milde" in Körperverletzungsfachen daS Hinaufschieben der Minimalstrafen. Auch wir möchten, da das Nebel der milden Urteile bei Körperletzungen im Gegensätze zu den sehr strengen Strafen bei Eigentumsdelikten m den seit der BiSmarckschen Rede verflossenen 28 Jahren keineswegs geringer geworden ist, für eine Verschärfung der Strafen im lk. und l7. Abschnitte deS Strafgesetzbuches ein treten. ES müßte schlechthin ausgeschlossen sein, daß bei ge meinschaftlichen Körperverletzungen auf derart geringe Geld strafen erkannt werven kann. Nur beiläufig wollen wir noch bemerken, daß dieses Urteil selbstverständlich von der Sozialdemokratie politisch ausgeschlachtet werden kann und tatsächlich auch bereits ausgefchlachtet wird. So schreibt die „Sächsische Arbeiterzeitung": „Solche Urteile oder vielmehr die Gegenüberstellung ähn licher Urteile, r. B. Laurahütte und Freiberg — die sprechen Bände und geben den Schlüssel zu der mit Riesenschritten wachsenden Erkenntnis von der Unhaltbarkeit unserer heutigen Zustände." Der Verteidiger in dem Frei berger Falle hat, wie wir einem eingehenden Berichte über die Verhandlung entnehmen, von dem „edlen patriotischen Gefühle" der Angeklagten gesprochen. Nun, dieses patriotische Gefühl in Verbindung mit dem Urteile dürfte dafür forgen, daß der diesmal zum ersten Male an die Sozialdemokratie übergegangene Wahlkreis Freiberg dauernd im Besitze dieser Partei verbleibt. Noch viel solcher „Patriotismus" und wir sind verloren. Programm -er serbische« Regierung. In -er Skupschttna verlas gestern der Minister des Innern Protitsch das Programm -es neuen Kabinetts. Das Programm besagt: Die Verfassung von 1888 gibt die Grundlage für die Entwickelung des Landes ab. Um die Entwickelung zu sichern, muß dem bureaukratifchcn Geiste ein Ende gemacht, -er Einfluß der Polizei begrenzt und die Zuständigkeit der Gerichte erweitert werden. Zu diesem Zwecke wird die Regierung -er Skupschtina «inen Gesetzentwurf, betreffend die Autonomie der Ge ¬ meinden, der Distrikte und der Departements, unter breiten, wie auch einen Gesetzentwurf, welcher mehr Ttändigkeit in den Beamtenkürper bringen soll, auch wird versucht werden, die m o r a l i s ch e Höhe der letzteren zu steigern, indem nur Männer, die die entsprechenden Studien gemacht haben, in denselben ausgenommen wer den. Noch in dieser Tagung wird die Regierung ein Preßgesey einzubringcn suchen, welches Preßvergehen -en Schwurgerichten zuweist und den Begriff dieser Ver gehen besser als bisher bestimmt. Gleichzeitig wird die Regierung durch eine Revision der die Rechtspflege be treffenden Gesetze die Unabhängigkeit der Rich ter sicherzustellcn streben. Seine hauptsächliche Aufmerk samkeit wird das Kabinett den Finanzen des Lan des zuwendcn; es sollen überall Ersparungen vor genommen werden, die Organisation des Finanzministe riums soll verbessert, die Buchhaltung vervollkommnet und das Steuersystem einer Remifion unterzogen werden. Daneben wird die Regierung die Volkswirtschaft Serbiens zu heben fuchen durch Förderung der eine wichtige Hü'fsquelle des Landes bildenden Waldkultur, durch Gründung von Handwerkerschulen und durch Ein führung einer Versicherung gegen Hagel- und lieber- schwemmungSschäden. Die Regierung ist ferner, wie daS Programm fortsährt, ernstlich mit der Ausarbeitung eines autonomen Tarifs beschäftigt, der als Grundlage für die künftigen Handelsverträge dienen soll. Gleichzeitig wird die Regierung versuchen, das Eisen bahnnetz zu erweitern, und zu diesem Zwecke eine Steuer einführen. Sie hofft, daß sie dabei auch die Unterstützung deS Kapitals des Auslandes finden wird. Auf dem Gebiete des öffentlichen Unter- richtSwesens wird die Regierung vor allem die Umwand lung der Belgrader Hochschule in eine Universität vornehmen, der Normalschule eine praktischere Grundlage geben und die Gehälter der Lehrer auf bessern. Große Aufmerksamkeit will die Regierung der Armee zuwenden, indem sie eine Reorganisa tion derselben anstrebt, ihre Formation verbessern un besonders versuchen will, daS HeereSbubget auf eine festere Grundlage zu stellen. Die Regierung beabsichtigt ferner, den militärischen Unterricht außerhalb -er Kaserne zu erweitern. Diese Reformen, ko schließt das Programm, sind schon für die laufende Tagung des Parlaments von der Regierung geplant, die Serbien unter -er Herrschaft deS neuen Königs eine friedliche Entwickelung sichern will. Deutsches Reich. Berlin, 19. Oktober. <Der sozialdemokra tische Wahlaufruf zu den preußischen Land- tagswahlen.) Die sozialdemokratische Partei hat ihren Wahlaufruf für die preußischen Landtagswahlen veröffentlicht und stellt in den Vordergrund ihrer Forde rungen die Einführung deS allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für alle Vertretungskörper in Staat, Gemeinden usw. an alle für mündig erklärten Staatsangehörigen. Sobald die Sozialdemokratie noch in mehr Städten als schon jetzt Einfluß auf die Beschlüsse der Vertretungskörper gewonnen hat, wird sie die erste sein, welche diese Forderung pretSgibt. Sie wird einsehen lernen, daß die Rechte der Gemeindemit- glicder in einem billigen Verhältnis stehen müssen zu den Pflichten, welche jene auf sich zu nehmen im stände sind. Nach der Forderung der Provortionalwahl für den Landtag enthält das sozialdemokratische Programm die jenige nach Beseitigung des Herrenhauses. Diese wird ihr um so weniger gemährt werden können, je mehr das preußische Laudtagswahlsystem voraussichtlich in abseh barer Zeit im Sinne einer größeren Annäherung an daS Fsrrilleton. Das ncue Modell. 17j Roman von Paul Oskar Höcker. "erboten. Für Donat war es ein Triumph, daß er trotz der in schauderhaftem Zustande befindlichen Wege die schweren Sa-mmlerwagcn noch srül>er, als von ihm verlangt, zur Stelle zu bringen vermochte. Kavallerie mußte die Arbeiten seines Kommandos ver schleiern. Hernach gr.ff die Artillerie ein, um die Annähe rung des Feindes zu erschweren. Schließlich, als die Brückcnbauten unter dem Gewchrfeuer der beiden Par teien zu Ende gegangen waren, kam es zu einem heftigen Infanteriekampfe im Engpaß. Man hörte das üicknattcr und darauf das Hurra der stürmenden Soldaten sogar noch in Chateau-Lanney. Gegen 5 Uhr ward die Uebung abgebrochen, Feld wachen und Borpostcnkompagnien wurden ausgesetzt, und Donals kleines Kommando, dem der Leitende der Uebung bei der Kritik große Bravour nachrühmte, zog mit dem Nest des Bataillons, einem Teil der Infanterie und der berittenen Truppen nach Ehateau-Lanney, wo man mit klingendem Spiel einmarschierte. Gegen Schluß der Uebung hatte eine große Ungeduld Donat erfaßt. Er konnte es kaum erwarten, bis er Lise lotte wieder sehen würde. Rascher als die Kameraden suchte er sich, nachdem er, im Hotel angelangt, in den Besitz seines Koffers ge- langt war, in Toilette zu werfen. Während die andern noch mit Aubpacken beschäftigt waren, machte er sich bereits, ein fröhliches, zuversichtliches Lächeln auf den Lippen, au!» den Weg. Ganz Chateau-Lanney stand heute im Zeichen des mili tärischen Schauspiels. Die Mehrzahl der Häuser hatte Einquartierung bekommen; bloß die paar Landhäuser an der Peripherie nicht — wohl weil sie sich außerhalb des AlarmberetcheS befanden. Hier draußen vor dem Städtchen lag ticffer Friede über der Landschaft. Endlich mar die Sonne siegreich durch die dicken Dunsiwolkcn durchgebrochen und vergoldete die junge, frische Maillandschaft, die durch die im ersten Schmuck der bunten Ziersträucher prangenden Gärten etwas Festliches erhielt. Donat sah hinter dem Hause eine schlanke Frauen gestalt in schwarzem Kleide — er hör.tc auch Kinder stimmen. Das war das drollige Radebrechen von Edith, der sanfte, rührende Ton von Raoul. Aber Liselottens Stimme war das nicht, die jetzt sprach Hastig war er an der HauStür, um zu klingeln. Nach einer kleinen Weile erschien ein Mädchen, sichtlich verwirrt, alS sie die Uniform gewahrte. „Wollen Sie mich beim Herrn Baumeister und seiney Damen melden." Er gab ihr mehrere Karten. DaS Mädchen sah ihn fast ängstlich an. „Der Herr Baumeister ist — ist tot", brachte sie endlich hervor. „Tot -?!" „O, schon seit Monaten." „Und Frau Kerkhövt?" „Die ist vorgestern früh nach Spaa ins Bad gereist; unser Fräulein Liselotte hat sie hinüber begleitet, um sie dort etnzurichten, denn unsere arme gnädige Frau muß doch eine Kur machen, weil sie nach dem Tod vom Herrn so krank war, ja." Sie hatte das alles atemlos, aber zögernd gesagt, fast stammelnd. Immer wanderte ihr Blick dabei ängstlich ins Haus zurück. Jetzt öffnete sich die-um rückwärtigen Garten führende Haustür jenseits des Flures. Donat hörte die Kinder draußen rw'en. Für einen Augenblick sah er auch daS Blondhaar der kleinen Edith durch den Türspalt. Dann aber erschien eine schlanke, schwarze Frauengcstalt im Türrahmen. „ O, ist das möglich!" stieß die Eintretende aus. Donat vergingen plötzlich die Sinne. DaS Herz schlug ihm fast hörbar. Die junge Frau kam hastig näher. Gleich darauf hielt er ihre Hand in der seinen. „Marion!" flüsterte er beinahe unhörbar. Die Magd ward weggeschtckt. „Geh in den Garten zu den Kindern!" befahl ihr Marion leichthin. Dann lud sie Donat ein, näher zu treten. „Liselotte hatte nichts mehr davon erlahren, daß wir hier in Chateau-Lanney Ein quartierung bekommen werden; hätte sie gewußt, daß Sie Herkommen würden, dann —" sie brach lächelnd ab. „Aber ich hatte es gleich geahnt, daß Sie dabei sein wür. den", fuhr sie fort, ihn» fest ins Auge blickend, während sich ihre Brust in einem tiefen Atemzuge hob. Donat war von der Ueberraschung noch ganz über- wältigt, er konnte eS kaum fassen, daß er wirklich und wahrhaftig Marion gegenüber stand. An sie hatte er gar nicht mehr gedacht — diescMöglichkeit sich nicht kn entfern testen vorgestellt. Die Freude darüber war aber nicht so groß wie die Trauer, die ihn bei dem Gedanken ergriff, daß er nun Liselotte nicht zu sehen bekommen werde. Er hatte sich'S doch so traulich ausgemalt gehabt. Aber merken lassen durfte er Marion seine Enttäuschung nicht. Sr suchte nach ein paar freundlichen Worten, konnte sich indessen doch nicht von seinem Unbchagon freimachen. „Kommen Sie, Donat", sagte sie endlich, daS Schweigen brechend. Ihr Ton war wieder so kordial und scheinbar unbe- fangen, dabei so siegesbewußt wie immer früher in Paris auch. Etwas zögernd folgte er ihr in den kleinen Ecksalon, der neben dem Speisezimmer lag. Dabei legte fich's ganz seltsam bänglich auf seine Brust — als könne er in diesem sorgsam mit dicken Teppichen, mit Kissen >md tausend anderen Frauen Han darbeiten aus- gestatteten Raume kaum atmen. * * In Marions Erscheinung hatte sich irgend etwas ver- ändert. Donat sann lange nach, um dahinter zu kommen, was es nur war. das sie ihm so fremd erscheinen ließ. Sie kam ihm etwas scklanker vor als damals, auch ihre Frisur war anders; was ihn störte, war vor allem das schwarze Trauerkleid. ES paßte so gar nicht zu ihrer lebensfrohen Persönlichkeit, obgleich sich ihr hübsches, feines, Helles, pikantes Gesicht mit den langen Wimpern und dem rotblonden Haar wirkungsvoll von dem dunklen Ton ihres Gewandes abhob. „Sie haben Trauer, gnädige Frau", sagte er bedrückt, nachdem sie Platz genommen hatten, „ich hörte soeben erst vom Mädchen, daß Sie einen so herben Verlust erlitten haben." Marion nickte. „Ja, es war eine grausame Zeit." Sie sah von ihm weg, die Stirn in Falten ziehend. Er er wartete, daß sie noch iraend etwas über das Ende ihres Vaters sagen werde. Da wiederum eine Pause eintrat, begann er sie zu fragen. „Denken Sie", sagte sie, „es war just an dem Tage, an dem wir damals unser Feit batten. Am 2. Februar. Er innern Sie fick nock?" „O, gewiß entsinne ich mich." Sie seufzte auf. „Ja, andern TagS kam dann das Telegramm. Das war «ine böie Stunde. Besonders für Liselotte; sie hing doch so sehr an Papa. Wir reisten dann gleich ab, ließen alles stehen und liegen. Es war ein ganz schrecklicher Kall, Sic machen sich keinen Begriff." Im groben und ganzen sprach sie ziemlich gefaßt. Her nach schilderte sie den traurigen Vorgang noch fließender; im Verlauf der Erzählung sah sie ibn dann auch wieder ganz unbefangen an. Man habe es schließlich noch als eine Gnade des Himmels auffassen müssen, meinte sie, daß der Vater so rasch von seinem Leiden erlöst worden ivar. „Ihre Krau Mutter bat das traurige Ereignis so völlig niedergeworsen?" fragte Donat voll ehrlicher Teil nahme. „Wenigstens sagte mir's das Mädchen." „Ja, weiß der Himmel, was daraus nock werden wird. Die arme, arme Mama. Es traf da auch noch so ver schiedenes andere zusammen." Wieder trat Schweigen zwischen ihnen «in. Donat batte nicht die Kraft, Marions Blick -n be- gegnen. Sie mustert« ihn unablässig — «r fühlte es — wußte sich dabei aber nicht zu erklären, wcShalb er ihr anS- zuweichcn suchte. „Sie standen mit George in Korrespondenz?" begann sie nach einer Weile.
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