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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031024013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903102401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903102401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-24
- Monat1903-10
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Bezug--Preis tn der ptexpe^ftiim »der dv» JAk« a-gehokt: vtertelMrkch S.—bei »wevuattger Üblicher ZußelluuAtu» H«l» Temtz die Post »«»»«> sttr Teuttch- la»d ». Vestervtch »tertrkjährttch 4.50, M di» Sdrtge» Länder kaut Lettuu^preiSbß«. Ledektis» in» Ekperitte«: 2»-«m»isW»sse 8. Ferufprech« 15S «st SSL FUUUrvUrvM««» r «f^Hah»,Vuchh«dIg, llut»»»sit«Rtr.^ L. L-ßh«, Kaitz«t»«ß» Ich ». KßuigsPt. ch Httpt-FUüür Vrer-e»: Muriuuftuch« Ferufpeecher Amt F XL I7IS. -«»t FiUele Lerli«: T«t kdmrcker, Heqgk. Bayr. HofbnchhanLtg., Lützowfttaß» 10. Fernsprecher Autt VI XL 4108. Morgen-Ausgabe. Klp,ügcr Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Hönigkichen Land- nnd -es Aönigttchen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates «nd -es Valizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiS die Sgespaltr« Petüzeile L5 Reklamen unter dem Redaktion-strich (4gespalten) 75 vor den FamUiecumch« rtchten (»gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisternsatz entsprechend htlher. — Gebühre» für Nachweisungen und Ofserkenannahme 25 (exct. Port»). Srtta Beilage« (gesalzt uur mtt der Morgen-Aufgabe, , hne Pastbeföidernng 60.—, mit PostbesSrderuug ^l 70^-. A»«ah»eschl»z fir ^lyei-e«: Abeud-Ausgabe: Vormittage lv lltzr. Morgen-Ansgab«: RachmMags 4 Uhr. Anzeige» stutz -ei» « di« Erpetzttt»» zu richte». Tie Grpedition ist wochentags ummterbroche» gevffuet «a früh 8 bis abeavs 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Potz in Leipzig. Nr. 5l2. Sonnabend den 21. Oktober 1903. 97. Jahrgang. Die -entsche» Derkchrstrnppen. V. rv. Die Sekstmtgeu unserer ftrngrn BerkehrStruppen wer-eu nicht nur bet urr», sonder» auch im stkuslanbe mit aufmerksame» Auge verfolgt. Beweis dafür sind auch die -ieHSHrk-er, ManSverberichte, sowohl in -er deutschen, wie besou-er- in der französische« Presse, in denen ein gehend di« Tätigkeit jener Truppen behandelt wird. Auf fallend ist hierbei, wie oft Richtiges mit Unrichtigem in der Darstellung verbunden wir-, namentlich wenn eS sich um die grundlegende Organisation und die Einzelaus gaben dieser s,ür Len Kriegsfall so außerordentlich be deutungsvolle» Waffengattung handelt. Aus dem Bedürfnis, welches der deutsch-französische Krieg ergeben, entsprungen und bald nach Beendigung desselben als ein Bataillon ins Leben gerufen, hat die junge Sisenbahntrnppe sich in glänzendem un schnellem Entwickelnngsgange während zweier Jahrzehnte bis zu einer Brigade von 3 Regimentern vermehrt. Im Jahre 1900 wurde sie mit den damals neu gegründeten drei Telegraphenbataillouen und dem Lustschifferbataillon unter einer Inspektion als Verkehrstruppe vereinigt. Die Ausbildung dieser Truppe findet teils auf den in Berlin und an der Militärbahn «eigenen Uebungsplätzen, teils gelegentlich größerer praktischer Nebungen im Lande statt. Zu den wichtigsten Dienstzweigrn gehören Feldbahn und Vollbahu, Bau und Betrieb, Brückenbau und Spreng technik. Unter Leitung -er Versuchsabteilung der Ber- kehrstruppen werden außerdem besonders ausgesucht« Mannschaften im Selbstfahrerwesen ausgebildet, das sich indes »och im Stadium der Versuch« befindet Die «l- Ersatz fehlender oder dauernd gestörter Vollbahnlinien anzulegenden Feldbahnen sind dazu bestimmt, mit dem Vormarsch einer Armee fortzuschreite» und den Bedarf an Verpflegung, Kriegsgerät, DerbanSS- und Hülfsmaterial nachzuschaffen Mit Feld- und Bollbahn verbunden ist außerdem der Brückenbau. Der kriegsmäßige Brückenbau bat bei unserer Eisenbahntruppe in neuerer Zeit große Fortschritte gemacht. Zu hoher Vollkommenheit ist der Feldbahnbau mit 60 Centimeter Spurweite gebracht. Ma» kann damit dem Borgehen der operierenden Heere »oll- ständig folgen. Die AngrifsSkriegführung gewinnt damit einen Krästezuschutz, wie er stärker wohl kaum gedacht werden kann. In gleicher Weise gilt dies sür -en Festungskrieg. Ein sehr wichtiges und integrierendes Glied im Aus- bildungSbetriebes der drei Eisenbahnregimenter ist die 70 Kilometer lange Eisenbahn von Berlin nach Jüterbog, -ie dient in erster Linie zur Ausbildung eines bestimmten Prozentsatzes von Offizieren und Mannschaften im prak tischen Bahnbetriebe. Eine besondere der Militärbahn bei gegebene Depotverwaltung leitet die Instandhaltung «nd die Verwaltung des gesamten Feldbahnmaterials. — Großes Interesse haben die in neuester Zeit auf der Militürbahn angestellten Versuche mit Schnellsahrten mittel» Elektri zität erregt. Bei demselben wurde die Fahrtgeschwindig- leit von SO Kilometer in der Stunde auf 100, 120 und bis 140 Kilometer gesteigert, bei einer Spannung des elektri schen Stromes von mehr alS 10000 Volt. Mit 140 Sil». Meter ist bisher nur in Amerika gefahren worden. Die versuche find günstig verlausen und haben zu lehrreichen Beobachtungen über -ie Schnelligkeit de» An fahrens »nd Bremsens bei größter Geschwindigkeit ge- führt. Die benutzten Apparate, sowohl wi« -ie Wagen haben sich als widerstandsfähig erwiesen, während die schienen und die Bettung der Strecke auf -ie Dauer einer derartigen Erschütterung sich nicht gewachsen zeige«. Einen weiteren Bestandteil der Verkehrstruppen bilden die drei Telegraphenbataillone sszu je drei Korps) und die Kavallerietelegraphenschule, -ie dazu »«- stimmt sind, die elektrische Stromtelegraphie den Heeres- zwecken dienstbar zu machen. Jede» der drei Delegrapyen- bataillone hat eine Bespannungsabteilung zu 40 Mann schaften und Unteroffizieren und öO Pferden. Die be stehenden Formationen find so bemessen, daß aus jede» der 20 deutschen Armeetorp» lezklnflve Bayern) «ine halbe Kompagnie kommt. Den Telegraphentkuppen fällt nicht nur di« Besitzergreifung, Wiederherstellung «nd Repa ratur ber vielfach im Kriege verlaßenen und beschädigten Eisenbahntelegraphenleitungen, sowie die Herstellung ber Etappenlinien zur verdindung der Hauptquartiere zu, sondern sie haben auch weiterhin di« Aufgabe, größere AusklärungOabteilungen über die Front hinan» zu br. gleiten und telegraphisch mit dem GrvI in Verbindung zn erhalten, sowie ganz besonder» auch an den kritischen Operationen trikzunehmen und dtzr auskltlrenden Sa- vallrrie bei rapiden Vormärschen zu folgen, um feind- liche Leistungen schon während der Aufklärungsmärsche wieder herzustellen und Telegraphenstationen *»r der Front zu »«setzen, Die TelegraphenSatsillone unterstützen also alle strategischen, die Schlachten vorbereitenden Maß regeln ber »bersten Heeresleitung burch ihren schnellen und sicheren Botendienst in einer früher nie geahnte« Weife «nd -alten d«rch fchl«n«ige Beförderung von Be fehlen «nd Meldrmgen nicht allein den geistigen Verkehr zwischen -en verschiedenen Kommandostellen aufrecht, sonder« tragen auch zur Durchführung der militärischen Entschlüsse «icht umvesentlich bet. — Sehr tüchtige Leistungen hat -ie deutsche Feldtelegraphie im Chinafeld- znge von 1900 betätigt. Dem ostasiatischen Expedition s- korpS waren vier Züge einer Sorpstelegraphenabteiluug beigegebe». Zur Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe, dem van von Feldleitungen, fand die Abteilung nur wenig Gelegenheit. Es gab dort keine fortlaufenden Ope rationen, bei welchen sich das Ganze gleichmäßig vorwärts bewegt und eutwickelt hätte. Da Kabelleitungen sehr leicht -er Gefahr der Zerstörung ausgesetzt waren, so mußten permanente Leitungen gebaut werden, wie sie sonst im Rücken des Heeres angelegt werden, und die eine solide Herstellung erfordern. Auch dieser Aufgabe wurde die KorpStelegraphenabteilung gerecht. Die größtenteils al» danern-e Leitung hergestellte telegraphische Verbindung Tientstn-Paotingfu, 200 Kilometer, war innerhalb von 14 Tagen vollendet. Roch mehr hatte -ie Truppe bei dem Bau der Kabellinie von Paotingfu au» zu leisten. Trotz 31 Grad Neamnur Hitze und trotz der Sandstürme wur de» am Tage -iS 23 Kilometer Leitung hergestellt. Zu den BerkehrStruppen gehört endlich auch noch da» an» zwei Kompagnien Pioniere und einer Bespannungs abteilung bestehende Luftschtsfrrbataillon. Das selbe ist mit dem Ballon für Freifahrten, sowie mit dem Fesselballon und -em dazu gehörigen Apparat ausge rüstet. Der letztere ist da» eigentliche Werkzeug für Re- kogno»zierung -er feindlichen Streitkräste; zur Der- Wendung gelangt bei uns dazu der Parseval- SigiSseldsch« Drachenballon, -essen Konstruktion a»ch -ei starkem Winde seinen Gebrauch gewährleistet. Der Fesselballon soll die aufklärende Tätigkeit der übrigen Waffen ergänzen, sie aber niemals ersetzen. Unter günstigen Umständen kann e» im Feldkriege wohl möglich sein, rasch ein umfassendes Bild -er Lage zu gewinnen und daher frühzeitig erschöpfend darüber zu melden. Doch ist die Aufklärung von Witterungsverhältnisfen sehr abhängig und wird auf ein« Entfernung von mehr al» sieben Kilometer nur ausnahmsweise möglich sein. Die Steighöhe des Fesselballon» kann bei günstigem Wetter bi» 1000 Meter erreichen, 000 Meter werden aber im Felde meist genügen. Außer zur Beobachtung de» Feindes selbst wird der Fesselballon im FestungKriege zur Beobachtung der Wirkung der schweren Geschütze verwendet. Auch der Freiballon dient hier Erkun-uugs-wecken. Man läßt ihn vor einer belagerten Festung auf einer Seite der Ein- schließungSltnie aufsteigen, erkundet während der Fahrt die feindliche Strecke und landet auf ber entgegengesetzten Sette. Achtzehn Fahrzeuge gehören zu einer bespannten Feld- lustschisferabtetlung, -ie sich in den Gefechtsteil und in die Bagage gliedert. Dieser Wagenpark besitzt nach seiner Bauart die Beweglichkeit einer fahrenden Batterie und kann leicht in -ie Vorhut einer Marschkolonne eingefügt werden. Dem Lustschifferbataillon sind auch angesichts ber Notwendigkeit, die Meldungen des Fesselballon schnell weiterzugeben, fahrbare funkentelegraphische Stationen beigegeben, welche in protzkastenartigen Fahrzeugen die Einrichtungen zur Erzeugung eines elektrischen Stromes, der auf Entfernungen zunächst bis 1000 Meter reicht, ent halten. Deutsche- Reich. Berlin, SS. Oktober. <D««tsch-französi scher Wettbewerb in England.) Der Ver ein Deutscher Lehrerinnen in Enland, der in seinem Londoner „Heim" deutschen Lehrerinnen die beste Unterkunst bietet, vortreffliche Sprachkurse veran- staltet, Stellen vermittelt iim verflossenen Jahre z. V. 220) und über rin Sanatorium nebst Rekonvaleszente«, heim verfügt, hat neuerdings stark gegen die vermehrte Konkurrenz anderer Nationen zu arbeiten. Namentlich ist e» di, französische Regierung, welche, wie der Zeitschrift »Die Frau* berichtet wird, die lebhaftesten An- strengungen für die vermehrt« Anstellung französischer Lehrer und Lehrerinnen und für die Verbreitung der französischen Sprach« in England macht. Wir hoch da» amtlich« Frankreich -i, Bedeutung französischer Lehre- rinnen in dieser Hinsicht schätzt, da» zeigt sowohl da» neu errichtet, franzSfisch, Lehrerinnenheim, da», ein schulden- freie» Geschenk an den Verein, einen Wert von LOO 000 darstellt, al» auch bi, Ansprache, die Präsident Loubet jünast bei einem Besuche in jenem Heim ge- halten hat. „Der französischen Regierung und dem fran- zösischen Volk,*, so führte Loubet au», „sei wohl dekannt, wie sehr der Londoner französischen Kolonie die Ver breitung der französischen^ Sprache in England am Herzen liege; eS sei die» ein edle» Werk, denn je mehr man Frank reich und sein« Sprach« bekannt mach«, desto mehr würden die beiden Länder sich gegrnseitig schätzen lernen, desto inniger würden st« mit einander verbunden sein* — Möge daS französische Beispiel bei unS das Interesse für di« wichtigen nationalen Aufgaben de» LehrertnnenvereinS immer mehr wecken! Gerade jetzt bedürfen deutsche Interessen in England jeder möglichen heimatlichen Hülse. U Berlin, 23. Oktober. Die Eiseabahn Freifahr scheine, di« von verschiedenen Eisenbahnbetriebs-Inspektionen seit Jahren an verheirathete, ia Ortschaften kleineren Umfanges wohnende Beamte und llnterbeamte, sowie deren Frauen gewährt werden, damit sie zum Einkauf von Lebensmitteln nach größeren Plätzen fahren können, find, wie man nnS mitteilt, in Preuße« jetzt großenteils mit der Begründung in Wegfall gestellt worden, daß auch in kleinen Ortschaft«« saft überall Gelegen heit zum Euikaus von Waren aller Art geboten sei. Es steht eine gänzliche Aufhebung dieser Vergünstigungen in Frage. * Berlin, 23. Oktober. (Die Geheimkonferenzen.) Die „Berliner Politischen Nachrichten" bestätigen, daß eine „geheime" Konferenz m Halle sich mit der Bekämpfung der Sozialdemokratie beschäftigt habe, bestatiaeu aber zugleich auch, daß die Sache stark anfgebauswt worden sei. Werter wird erklärt: „Der Ausfall der ReichStagswahlen mit dem bedeutenden Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen hat die BaterlandSfrennde weitester Kreise mit Be sorgnis erfüllt, und es ist nur natürlich, wenn eine Anzahl von ihnen das Bedürfnis süblt, ihreMeinung darüber auszutauschen, wie dem Feinde unserer bestehenden Staats- und Gesell schaftsordnung am ehesten beizukommen sein würde. Ebenso natürlich ist es, wenn eine solche zwanglose Besprechung nicht an die große Glocke gehängt und der Oeffcntlich- keit nicht» darüber gesagt wrrd; nicht aus dem Grunde, weil man Geheimniskrämerei treiben will, sondern weil eben noch nichts Positives zu sagen ist. Es bandelt sich um keinerlei Ueberraschungen, sondern um einen Versuch, der, wenn er praktische Bedeutung erlangen soll, gerade vor der breitesten Oeffentlichkeit gemacht werden muß. Anstatt solch« dem ganzen Ernst unserer innerpvlftischen Lage ent sprechenden Vorarbeiten zu bekritteln, sollte vielmehr die ge samte nationale Presse es mit Freuden begrüßen, wenn aus den bürgerlichen Parteien heraus der Versuch gemacht wird, der Aus breitung der sozialdemokratischen Propaganda einen Damm entgegenzustellen, ohne von der Regierung zu verlangen, daß sie ihre bei der ganzen parlamentarischen Lage aussichtslosen Bemühungen erneuert, der Vergewaltigung der nicht wirklich zur Sozialvemokrati« gehörenden Arbeiter auf gesetzgeberischem Wege ein Ende zu bereiten. E» ist wiederholt, auch vom Regierungstische aus, betont worden, die bürgerlichen Parteien müßten vorerst unter einander einig «nd ent schlossen sein, in den Kampf mit der Sozialdemokratie einzutreten und ihn mit derselben Rücksichtslosigkeit und Hintansetzung der eigenen persönlichen Interessen durch- zusühren, ehe regierungsseitig etwa» Ersprießliches geschehen könne. Was in jener Konferenz in Halle besprochen wurde, ist auch unS unbekannt. Die Teilnehmer an derselben sind aber Männer, deren nationale und politische Gesinnung da für bürgt, daß sie mit Ernst und mit dem Vorsatze der Ausdauer an die schwere Arbeit herangetreten sind." Man wird ja nun wohl bald Nähere- über diese Geheimkonferenzen und ihre Ergebnisse bören. * Berlin, 23. Oktober. (Oberstaatsanwalt vr. Isen viel und die Majestätsbeleidi- gungsprozesse.) In der Prozeßoerhandlung gegen die Redakteure des vorwärts" wegen -er ,^kaisertnfel" batte der Oberstaatsanwalt vr. Jsenbiel angeblich Aeuße- rungen über den MafestStsbeleidigungsparagraphcn ge tan, die wie eine grundsätzliche Verurteilung dieses Para graphen klangen. Diese Aeußcrungen -es Oberstaats anwalts haben aber -och anders gelautet, als es visher schien. Sie werden jetzt, nach einer offenbar authentischen Information, in der ^Kreuzzeitung" richtig gestellt. Da nach hat -er Oberstaatsanwalt, zu den Verteidigern ge- wandt, gesagt! „Meine Herren, ich weiß, daß in Ihren Kreisen seit Fahren in Presse, Literatur und Volksvertretung für die Abschaffung deS Majestätsbeleidigungsparagraphen gekämpft wird. Dem gegenüber möchte ich an da» Wort des berühmten Franzosen erinnern, der bei der Debatte über die Abschaffung der Todes- strafe die Worte aussprach: „()«« messieurs les nssssins commeneent." Wenn Sie in Beziehung auf Majestät»- beleidigungen diesen Wunsch erfüllten, so würden diese Pro zesse, an denen auch wir keinen Gefallen finden, von selbst aufhören; wenn Sie davon ließen, den kecken Finger offen oder versteckt bi» zu des König» Majestät zu erstrecken, so würde für die Anwendung des 8 9V de» Strafgesetzbuches bald wenig Raum bleiben. Also: »Lu« Messieurs les journalistes commencent." Aber noch steht, wie die jetzige Staat», und Gesellschaft»ordnuug, der 8 95, und ich fordere dessen An wendung auf diejenigen, -ie ihn zu übertreten wagen, und daS ist hier geschehen." Hiernach bleibt also nur da» wohl verständliche Diktum ückrig, daß der Oberstaatsanwalt keinen Gefallen an MajestätSbeleidigungSprozrssen findet. (^) Berit«, 23. Oktober. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern nachmittag vom Neuen Palais bei Potsdam au» mit den fünf ältesten Prinzen einen längeren Spazierritt nach dem Bornstedter Feld«. Abends fand bei den Maje stäten ein Diner statt, »u dem dir Damen und die Herren der Umgebungen, letztere mit ihren Damen, geladen Warrn. Ein darauf folgende- Konzert wurde ausgefübrt von Frl. Culp, den Herren Berger und Vr. Muck und dem jungen Violin virtuosen F. von Deesen. — Heute vormittag dörte der Kaiser den Bortraa de-Ministers Budde; am Abend gedenkt er, wie schon errichtet, den Staatssekretär Freiherrn v. Stengel zu empfangen. — Auf der morgigen Reise des Kaisers nach KUstnn wird da» Gefolge aus folgenden Herrn bestehen: Generaladjutant General der Infanterie v. Plessen, Generaladjutant Generalleutnant v. Scholl, Flügeladjutant Freaattenkavitän v. Grumme, Leibarzt vr. Jlberg, Hofmarschall Graf v. Zedlitz-Trützschler, Ebes de» ZivilkavinettS vr. v. Lucanu», Ehef de» Mtlitärkabinett» Graf v. Hülsen-Haeseler. Ö Berlin, 23. Oktober. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgrm. Ztg." schreibt: Der Rrich-kanzler Graf N. Bülow empfing heute den bayerischen Finanzminister Frhr. v. Riedel zu einer längeren Unterredung. D Berit«, 23. Oktober. (Telegramm.) Gegenüber der Meldung süddeutscher Blätter, es stehe eine Reform der Eisenbatznpcrsonenlortfe in naher Aussicht und es sei bereits zwischen allen Staaten eine vollständige Einigung er zielt, erfährt die „Nat.-Ztg." von unterrichteter Seite, daß von »eueren Verhandlungen unter Beteiligung Preußens nicht» bekannt sei. ES fänden weder gegenwärtig solche statt, noch seien sie sür die nächste Zeit in Aussicht genommen. — Die in Berlin anwesenden Mitglieder des Zen- tralvorstandesdesEvangelischenBundes erlassen gegen die rcuzzt a." eine Erklärung, in der es heißt: ,^Wenn -ie ,-Kreuzztg." dem Evangelischen Bunde grundsätzlich das Recht abivrickt. „als eine die Tätigkeit der organisierten Kirche ergänzende Gemeinschaft" betrachtet zu werden, so steht dies in offenem Widerspruche mit zahlreichen mündlichen und schriftlichen Erklärungen von Organen der preußischen Zentral- und Provinzialtirchen- regierungen, sowie von Kirchenregierungen außer preußischer Länder Deutschlands. Auf den Provinzial- versamlnngen des Bundes begrüßen die Kgl. Konsistorien den Bund fast ausnahmslos als treuen, gesegneten Mit arbeiter an den der Kirche gestellten Ausgaben. Noch in der letzten Generalversammlung in Ulm sprach der ehr würdige Präsident des württembergischcn Landeskonfifto- riumS Frhr. o. Gemmingen warme Worte über die erfolgreiche Hülse, welche der Bund durch seine Tätigkeit der organisierten Kirche noch fort und fort leiste, und in einem von dem verewigten vr. Barck Hausen ge sprochenen Grußwort des preußischen Oberkirchenrats an die Versammlung fand die Gemeinsamkeit der Aufgaben und Arbeiten beredten und warmherzigen Ausdruck. Wenn ferner in -er preußischen Generalsynode, deren Gebiet größere Hauvtvereine umfaßt, Berichte über den Bund gegeben werden, so ist nicht zu ersehen, warum, wie die ,„Kreusztg." behauptet, „eine amtliche Bericht erstattung in die Generalsynode nicht gehören" solle. Nennt es aber diese Zeitung „ein nicht «ngefchicktes Ver fahren, durch welches die Generalsynode in dieser Bericht erstattung vor eine vollbrachte Tatsache" gestellt worden sei, so liegt darin eine Verdächtigung, -ie wir mit aller Entschiedenheit zurückweisen müssen. E» ist vor -em Zusammentritte der Synode bei deren Präsidenten an gefragt worden, ob -ie Berichterstattung genehm wäre. Die Synode hat durch zahlreichste Unterstützung diese gut geheißen und alsdann ist der Bericht aus die Tages ordnung gesetzt. Daß der Evangelische Bund nicht meint, mit der Bekämpfung Roms feien die «Aufgaben des evan gelischen Christen erschöpft, versiebt fick von selbst; -aß er den Kampf gegen den Unalauben und Halbglauben führt, weiß feder, der seine Arbeit und seine Satzungen kennt, wo aber den Geboten der christlichen Liebe mehr ent sprochen wird, im Evangelischen Bunde oder in den Reihen seiner Gegner, darüber zu urteilen überlassen wir Gott." — In der nächsten Heit findet hierselbst eine Zusammen- kurst von Vertretern sämtlicher Bundesstaaten statt, um, nach der „Franks. Ztg.", über die Notwendigkeit eines Reichsviehversicherungsgesetzes zu beraten. * Essen, 22. Oktober. Don der christlichen Nächstenliebe weiß der Essener „Mlg. Beobachter" ein Geschichtchen zu erzählen. Ein Herr Wilhelm Kühne in Essen-West schreibt ihm: Durch die Hülfe von Verwandten und Freunden habe ich in Gemeinschaft mit meiner Frau eine Buchhandlung er öffnet. Leider bin ich durch Unkenntnis der Verhältnisse in eine böse, schwarze Ecke geraten. Fch mietete ein Lokal in der Näh« der katholischen Kirche gegenüber der Ehrenzellen straße in Essen-West. Schon einige Tage nach Eröffnung deS Geschäftes kam mein Hausherr zu mir mit der Aufforderung, ewige Bücher aus dem Schaufenster zn entfernen, da sich die katholische Geistlichkeit wegen der Auslegung bei ihm beschwert habe. Auf die Frage nach der Ursache erhielt ich die Antwort: Weil Zola auf den Büchern steht. Auch sprach der Mann von evangelischen Büchern. Meinem Hausherrn suchte ich klar zu machen, daß durch die Auslage der Zolaschen Romane doch niemand an seinem Seelenheil geschädigt werden könne; er ließ sich aber nicht überzeugen, sondern bot mir eine Entschädigung an, wenn ich sofort auSzieh«; er persön lich habe nichts gegen mich einzuwenden, aber ihm und seinem Schwiegersohn werde von den Herren Kapkänen und dem Vorsitzenden des WindthorstbundeS derart zu gesetzt, daß er nicht anders könne. Fch tat dem Manne schließ lich den Willen und nahm die Zolaschen Romane aus dem Fenster. Ter Mahner kam wieder, die Geistlichen hatten weiter Anstoß genommen, ich sollte heraus au» dem Hau«. Fch bat den Hausherrn, welcher, nebenbei bemerkt, katholischer Rektor ist, mir die Sachen zu zeigen, welch« noch weiter den Geistlichen und dem Chef deS WindthorstbundeS in Sssen-West mißfielen, ich würde sie gern um des lieben Frieden» willen entfernen. „Fa, daS kann ich Ihnen auch nicht sagen, davon verstehe ich nicht», die Herren wollen keinen evange lischen Mann mit einer Buchhandlung vor der Kirche haben", so antwortete der Herr Rektor. Di« angeboren« Ent schädigung für sofortige« Ausziehen (LO konnte ich nicht anerkennen, weil mir der erwachsende Schaden damit auch nicht zum kleinsten Teile gedeckt war. Nm Frieden zu halten, ent schloß ich mich noch, weiter« Sachen au» dem Schaufenster zu nehmen, welche vielleicht vor den Augen meiner Bedränger keine Gnade finden dürften. Fch hatte mich verrechnet. Die Lehrer der christlichen Nächstenliebe haben e« nicbt versäMäht, am Mittwoch Abend von der Kanzel herunter gegen mich vorzugehen, ja, die Kirchenbesucher waren so gegen mich auf gehetzt, daß ich, als die Kirche ausging. schleunigst die Roll laden herablassen mußte, um mich vor Schaden zu bewahren, denn meine FensterauSstellung wurde von einer nach Hunderten zählenden Menge unter lauten Drohungen belagert. Die Herren werden natürlich die Sieger bleiben, denn ich bin »A
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