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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031021017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903102101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903102101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-21
- Monat1903-10
- Jahr1903
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— WH. tOÜ — - <» — «» — k«ü. — <j. w <1. wcr. — ti. — «. — e. w<» — Bezugs-PrekS in der Hauptezp«dttton oder deren Nnsgabe» stellen abgeholt. vürtrstährNch ^l S—, bei zweimaliger täglichec ^ustellunq ins Hau» 8.78 Durch die Post bezogen für Deutich» land u Oesterreich vierteljährlich .4! 4.50, iür dt« üdngrn Lander laut ZettungSpreiSllste. Redaktion und Erredition: dobannidgaffe 8. Fernsprecher ltNt und 822. Llliale»z»editi»ne«r Alfred Hahn, Puchhandlg., llniversltät-ltr.s» K. lösche, Kathartnenstr. 14. n. KönigSvl. 7. Havvt /itiale vrrsden: Marienstraße 84. Fernlprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Sertin: Carl Duncker, Herzg! Bayr. Hofbuchhaadlg,, Llitzowstraße lO Fernsprecher Amt VI Nr. 4MS. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Ämtovkatl des Höttigllchen Land- und des Königkichen ÄmLsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiainlcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. 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Man hat cs im Frühjahr in Petersburg ebenfalls übel vermerkt, als die italienische Regierung den am Morde Ssipjagins beteiligten Götz nicht ausliefcrn wollte. Und nun trat eine Agitation ins Leben, welche sich direkt gegen die Person des Zaren Nikolaus richtete und den Herrscher mit den beleidigendsten Kundgebungen bedrohte, falls er wirklich nach Rom kommen sollte. Tas kann nicht ohne starke Einwirkung auf di« politischen Beziehungen beider Staaten, namentlich bei der gegenwärtigen Wendung, geblieben sein. Tie beabsichtigte Annäherung ist nunmehr auf längere Zeit hinausgeschoben. England hat aber deshalb wahrlich keinen Grund, sich zu freuen. Man wird in Petersburg und auch in Nom die Sache nicht auf sich beruhen lassen, sondern wieder aufnehmen, sobald die Erregung über den Zwischenfall geschwunden ist. Ob die geschickte Petersburger Diplomatie dann glücklicher als bisher in dieser Frage verfährt, must abgewartct werden. Für die Treibuudmächte ist sie immerhin von solcher Wichtigkeit, dast die aufmerksame Beobachtung der einzelnen Phasen durchaus angebracht erscheint. Denises Neich. 6. H. Berlin, 20. Oktober. (Fünfundzwanzig Jahre seit Erlaß des Sozialistengesetzes.) Morgen sind 25 Jahre seit Erlaß des Sozialistengesetzes verflossen. Be zeichnend für den Eharakter der Sozialdemokratie, bezeichnend aber auch für ihre Auffassung von der Wirkung dieses Er lasses ist eS nun, daß die Genossen den 21. Oktober festlich zu begeben gedenken. Eine Festschrift ist bereits erschienen und in Berlin sollen am Mittwoch 14 Volksversammlungen die Erinnerung an die sozialistengcsetzliche Zeit aufsrischen. Wer diese Zeit miterlebt bat, muß sich gestehen, daß die „Genossen" bei ihren Feierlichkeiten Ursache haben, auf manche ihnen förderliche Mißgriffe der Polizei binzuweisen. Durch die Unterdrückung der sozialdemokratischen Vereine und Zeitungen war in die Reiben der Parteigenossen ein jäher Schreck gekommen, der dazu führte, daß selbst alte Gesinnungs genossen einander scheu aus dem Wege gingen oder sich gar von der Partei abwandten. Die Verhängung des kleinen Be lagerungszustandes über Berlin war aber ein scywererFehler, der das Gegenteil des beabsichtigten Erfolges hatte, und ein noch größerer Fehler war es, daß am 20. November 1878 40 der angeblich hervorragendsten Sozialdemokraten auSgewiesen wurden. Denn es befanden sich unter den Ausgcwiesenen Manner, die sehr harmlos waren, während im geheimen sehr tätige Genossen von der Ausweisung nicht ereilt wurden. Zu den Ausgcwiesenen gehörten damals die ReichStagsabgeorv- ncten Fritzsche (Berlin IV) und Hasselmann (Elberfeld- Barmen), der erst wenige Wochen vorher nach Unter drückung seines Blattes in Elberfeld von dort nach Berlin gekommen war. Durch die Ausweisung schuf man Märtyrer und erweckte für diese «Sympathien auch in Kreisen, die sonst der Partei feindselig gegenüber standen. UeberdieS wurden die Ausgewiesenen die Apostel ter Lebre in Orten, die bis dahin von der Sozialdemokratie kaum berührt waren. Ein eigentümlicher Zufall fügte es, daß der Staat indirekt den Auögewiesenen Eristenzmittel geben mußte: mehrere der Genossen hatten zusammen in der preußischen Klassenlotterie gespielt und einen ansehnlichen Ge winn gemacht, der ihnen aus der Not half. Bemerkt >ei übrigens, daß wenige Jahre nach dem Ablauf des Sozialistengesetzes zwei der Ausgcwiesenen, Finn und Körner, nach Berlin zurückkchrten und sich anschickten, in Berlin eine neue Partei, „die soziale Arbeiterpartei", zu gründen. Der Plan wurde aber zu Wasser, da Finn und Körner in den von ihnen rin- berufenen und polizeilich gestatteten Bolksversammlungen von den massenhaft herbeigeeilten Sozialdemokraten als Ab trünnige behandelt wurden, die von der Polizei gekauft wären, um die Arbeiter von den alten Führern abzuzrehen. Schließlich verbot die Polizei die von den beiden verdächtigen „Genossen" einberufenen Versammlungen. Bei den Reichstagswahlen 1881 war die geheime sozialdemokratische Organisation schon völlig auSgebaut. Wie sie wirkte, zeigte sich am deutlichsten daran, daß am Tage vor der Wahl im III. Berliner Reichs tagswahlkreise noch niemand den Namen des sozialdemo kratischen Kandidaten genannt hatte. Am Tage der Wahl erhielt Liebknecht 2452 Stimmen. Diese Borgänge enthalten manche beherzigenswerte Lehre. --- Berlin, 20. Oktober. (Polnischer als die Pole n.) Das leitende Zentrmnsorgan am Rhein« wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, dast die Unterwürfig, keit de» Zentrum» unter die natlonalpolntschen Fvr. derungen lediglich die Wirkung gehabt habe, die polni- sä>en Ansprüche zu steigern und aus diesem Wege den Ab fall der oberschlesischen Polen vom Zen» trum vorznbereiten. Tie „Köln. Volksztg." macht für die Entwicklung der Dinar in Obericklesien vielmehr aus. schließlich den „HakatiSmu»" verantwortlich: die Hakatisten seien die Väter der polnischen Radikalen, die in ihrer Feindschaft gegen all»» Deutsche auch zu der zcn- trumSfeinblichen Parole kommen müßten. Wenn die „Köl nische Volkszeitung" heute dergleichen mit krankhaft an mutendem Esser behauptet, so vergißt sie völlig, daß sie sich dadurch polnischer al» die Polen selbst erweist. Die Polen hätten doch in erster Linie ein Interesse daran, Ausflüchte, wir die von der „Köln. Bolksztg." vor- gebrachten, zu gebrauchen. Die Polen haben aber gerade in der „Köln. VolkSztg." offen und ehrlich verkünden lassen, daß die g r o ßp o l n is ch e Be w e g u n g in Ober schlesien ausschließlich das Ergebnis g r o st p o l n i s ch e r Agitation ist. Dieses Geständ nis legten die „Posener polnischen Kreise" in einer Zu schrift ab, die in Nr. 524 d e r ..K ö l n. V o l k s z t g." v o m -'3. Juni d. I. veröffentlicht wurde. Tarin war die „Meinung der Polen bezüglich der oberschlesischen Frage" u. a. in folgenden Lätzen zusammengefaßt: „Der „Katolik" hat etwa seit dreißig Jahren das polnische Nationalitätsbewusttsein im oberschle fi schen Volke allmählich, methodisch und zielbewußt wach gerufen und gefördert und durch dieses Vorgehen Hunderttausend« ein geschläferter Oberschlesier, welche die Benennung „P ölen" bereits als ein Schimpfwort betrachteten, dem Polentu m wieder gewonnen. Aber es hätte vielleicht noch Jahrzehnte gedauert, bis der „Katolik" und seine Anhänger als selbständige polnische Partei dem Zentrum politi ch cntgegengctreten wären Nun tauchte aber der Radikalismus mit dem „Gor- noszlonzak" auf. unter Leitung von Leuten, denen das Vorgehen der Katolikpartei zu zaghaft erschien und die von der politischen Nelke und nationalen Selbständigkeit des polnischen Volles überzeugt lvaren. Der „Katolik" wurde von diesen Elementen angegriffen und verdächtigt, daß er die polnische Lache nicht energisch genug fördere und mit denen, die dem Polentum den größten Tchaden zusiigtcn, den germanisierenden deutschen Katholiken und Geistlichen, nicht brechen wolle — der „Katolik" blickte da gegen mit Geringschätzung auf die jungen rabiaten Leute vom „G rnoszlorezak" und wurde immer mißmutiger und zuriickl-altender, als der „Gornoszlonczak" die Früchte seiner (des „Katolik" Red.) langjährigen Ar beit für sich in Anspruch nahm und daraus Kapital schlug." — Sier ist von polnischer Seite klipp und klar die methodische großpolnische Agitation, wie sie seit einem Mensch- .mltrr. lange vor dem „HakatismuS" in Oberschlesien einsctzte. als die Quelle der polnischen Be wegung in Oberschlcsien namhaft gemacht und das Auf tauchen der polnischen Radikalen, ganz unabhängig vom „Hakatisnms", ans dieselbe grobpolnische Agitation als auf ihren natürlichen Ursprung zurückgeführt. Die „Köln. Volksztg." will da? nicht wahr haben, weil die polen freundliche ZentrnmSpolitik gänzlich Fiasko gemacht hat. Aber Ablengnnngen können an Tatsachen nichts ändern. (7) Berlin, 20. Oktober. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern nachmittag einen Spaziergang im Parke von Sanssouci. An der Abendtafel nahmen die anwesenden Prinzen und Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein teil. — Heute vormittag von 9 Ubr ab hörte der Kaiser die Borträge des EhefS des Militärkabinetts und deS CbefS des AdmiralstabeS. - Berlin, 20. Oktober. (Telegramm.) Der „Staatsanz." teilt mit: In der heutigen Audienz empfing der Kaiser aus den Händen des neuernannten badischen Ge sandten Graf v. Berckbeim ein Schreiben des Großherzogs von Baden, das den Grafen in seiner Eigenschaft als Ge sandten beglaubigt. Der Audienz wohnte der Staatssekretär des Auswärtigen, Frhr. v. Nichtyofen, bei. (-) Berlin, 20 Oktober. (Telegramm.) Heute abend findet im Reichskanzlerpalais zu Ehren der hier an wesenden bundesstaatlichen Vertreter rin Diner statt, an dem die Finanzminister und Gesandten der Einzelstaaten, deren Vertreter im Bundesrate und die Staatssekretäre Graf v. Posadowöky, Frhr. v. Richthofen und Frhr. von Stengel teilnehmen. (-) Berlin, 20. Oktober. (Telegramm.) Wie die „Deutsche Litteraturzcitung" von zuverlässiger Stelle erfährt, fand der Fall Schulte nunmehr seine Erledigung derart, daß entsprechend den Anträgen des wissenschaftliche» Beirates und den Beschlüssen des Kuratoriums, die Veröffentlichung des von Schulte gefundenen Ablaßaktenmaterials in der nächsten Zeit erfolgt. Die Arbeit wird im Berlage von Duncker L Humblot erscheinen. c- Berlin, 20. Oktober. (Telegramm.) Der „Nationalztg." wird mitgeteilt, daß Prinz Prosper »an Arcnbcrg am 13. Oktober auf Grund einer militärgericht lichen Verfügung aus dem Strafgefängni« Tegel in die Abteilung kür Nervenkrankheiten bei der Straf anstalt Moabit übergeführt worden ist. G Berlin, 20. Oktober. (Telegramm.) Wie der „Staats anzeiger" mitteilt, ist dein OberprSstdenten von Pofen, d. Waldai», das Amt eines Kurator» der Königliche« Atademie tu Posen übertragen worden. — Mit der Ansprache religiösen Inhalts, die der Kaiser auS Anlaß der Konfirmation zweier seiner Söhne gehalten hat, beschäftigen sich die Blätter nur wenig, weil es sich um ein hockst persönliches Bekenntnis ohne direkte Beziehung auf staatliche Gesetzgebung und Verwaltung han delt. Die „Germania" wendet sich aber gegen die kaiser lichen Bemerkungen über den Heiligenkultus: „Der Kaiser gibt in diesem Passus offenbar einer irrigen An schauung über die Heiligenvrrehrung in der katholischen Kirche Ausdruck, wie sie in protestantischen Kreisen leider allzu verbreitet ist.. Für uns Katholiken ist dir Heiltgenverehrung einerseits die Wirkung unsrer GotteSvrrchrung und trägt andrerseits zur Erhöhung der Gottesverehrung bei. Origines, ein Schriftsteller de« dritten Jahrhundert«, sagt schon: „Wer zweifelt wohl, daß die Heiligen durch ihre Gebete uns helfen und uns durch die Beispiele ihrer Taten stärken und ermuntern?" Die Anrufung der Heiligen ist also selbst im Urchristentum nicht al» eine „Nebensache" betrachtet worden. Im heutigen Protestantismus scheint da- allerdings zum großen Teil der Fall zu sein. Dafür hat ein moderner Hiroenkuitu» weite Kreise des deutschen Volke» erfaßt!" Freilick, da» Zentrum weiß sich frei von jedem Gefühle nationaler Dankbarkeit für große deutsche Männer. Ja, wenn sie auf dem Stuhle Petri gesessen hätten! — Zum Geburtstage der Kaiserin, am 22. Oktober, werden bei der städtischen WobltätigkeitS-Anstalt die Be dürftigen unentgeltlich gespeist und mit Geldspenden bedacht werden. Die Stadtverordnetenversammlung gratuliert be kanntlich der Kaiserin seit einiger Zeit nicht mehr. — Die „Dtsch. TgSztg." beschäftigt sich mit der Zusammensetzung bcs künftigen ReichstagS- präsidiumS. Sie hält «s für zweifellos, daß nach der bisherigen Gepflogenheit das Zentrum den Präsidenten und die Rechte den ersten Vize präsidenten Vorschlägen wird und daß Graf Bal lost rem und Graf zu Stolberg-Werni gerode in diese Aemter wieder kommen werden. Der zweit« Vizepräsident werde wahrscheinlich der nationailiberalen Partei entnommen werden, da an die Wahl eines Sozialdemokraten nicht zu denken sei. Als für die Wahl -es -weiten Bizepräsi- dcnten etwa in Betracht kommen- nennt die Zeitung die Abgeordneten Kreihcrrn Heyl zu Herrnsheim, Münch-Ferber, Graf Oriola und <l>r. Paasche, da man Neulinge aus naheliegenden Gründen nicht Vor schlägen werde und die eigentlichen Parteiführer zu Prä sidenten weniger geeignet feien, weil sie zu anderweitiger Tätigkeit gezwungen seien. Tie „Allgcm. Ztg." bemerkt dazu: Daß der -weite Vizepräsident des neuen Reichs tages wieder ein Nationallibcraler sein wird, ist mit Sicherheit anzunehmcn, aber die Wahl -e» Vvrzu- schlagenden könnte die „Deutsche Tageszeitung" unseres Erachtens ruhig der nationalliberalen Fraktion selbst überlassen. — Die antiultramontane Wahlver ein igung hat einen Wahlaufruf zu den preu ßischen Landtags wählen veröffentlicht, in dem gegen das Zentrum sehr scharf Stellung genommen wird. — Nachdem der allgemeine deutsche Gärtner verein in einer Borabstimmung sich mit rund 1350 Hegen etwa 800 Stimmen für den Anschluß an die sozial demokratische Generalkommission der Gewerk schaften Deutschland» erklärt bat, ist die Minderhrit zu einem neuen Verbände zusammengrtrrten, der auf dem Boden gewerkschaftlicher Neutralität stehen soll. Der neue Verband beginnt am 1. November seine Tätigkeit. Er erklärt, daß er mit den Organisationen der Arbeitgeber auf Grundlage gegenseitiger Anerkennung als gleichberechtigter Faktor gern zusammenwirken werde und in dem Arbeitgeber nicht einen wirtschaftlichen Feind sehe und die Klassenkampf phrase grundsätzlich ablehne. K Bremen, 20. Oktober. (Privattelearamm.) Etwa 250 Arbeiter der RickmerSsche» NeiSmühle sind heute morgen in den Ausstand eingetretrn. Sie waren an die Firma mit einer ganzen Reihe von Forornmaen hrrangetretrn, unter anderen mit Lohnforderungen, die aber ihrer exorbitanten Höhe wegen nicht be willigt werden konnten. Die Arbeiter verdient»« bisher im Jahre»- durchschnitt 5—5,80 im Tage. * BreSlau, 19. Oktober. Ein krasser Fall von sozialdemokratischem Terrorismus beschäftigte die 2. Strafkammer des hiesigen Landgericht». In der „Schief. Ztg." beißt eS über den «Sachverhalt: „Nm 18. August d. I. wollten zwei Brüder, die am Tage vorher als Maurergesellen für den Neubau Herdainstraße 36 geworben worden waren, früh um 6 Uhr zur Arbeit antreten. Sie gehöre« nicht dem sozialdemokratischen „Zentralverbanbe deutscher Maurer" an, und da» schien den anderen Maurern auf dem Bau bereits bekannt geworden -« sein. Kaum hatten sie die Baubude betreten, um den Etraßenrock gegen da« ArbeitSgewand zu vertauschen, da wurden sie sofort von den anderen Maurern umringt und ganz eng eingeschlossen, und der Maurergeselle Josef Machate erklärte ihnen: „Ihr wollt hier arbeiten? Wir kennen Euch schon, Ihr seid die Richtigen, Ihr seid ja nicht im Verbandel" Al« der ältere der Brüder darauf erwiderte: „Da» geht Euch nicht» an!" äußerte Machate: „Ihr fangt hier entschieden nicht an zu arbeiten, sonst hören wir alle auf, da könnt Ihr allein arbeiten. Wenn Ihr nicht macht, daß Ihr fortkommt, fliegt Ihr aus einer Ecke in die andere!" Mit diesen Aeußerungen verband Machate die gröbsten, gar nicht wiederzugebenden Beschimpfungen der beiden Brüder, an denen sich auch der Maurergeselle Josef Reumann beteiligt», und gleichzeitig wurden die so empfangenen „Kameraden" auch körperlich attackiert, auf di» Zehen grtretrn »nd v»r di» Brust gestoßen. Erst dl« Trillerpfeife de» Polier», di« -am Beginn der Arbeit mahnt«, machte dem Auftritt« rin End«. Dir beiden Brüder gingen nun zum Polier, erzählten ihm da« Borgefallene und fragten ihn, ob sie überhaupt zu arbeiten anfangea sollten. Der Polier hatte Brdenken und m«iate: „Dir anderen arbeit«» hirr schon so lang« beim Meist«, ich »In vollständig machtlo«, da ist es mir lieber, Ihr sangt erst gar nicht an." Die Brüder gingen nun von dannen und blieben drei Tage arbeitslos, weil sie erst dann wieder anderwärts Beschäftigung fanden. — Aus der Begründung des Urteil» ist noch folgender Passus besonder» bemerkenswert: „Bri der Strafabmessung seien zunächst die Vor strafen de« Angeklagten ins Gewicht gefallen; dteser habe sich nun zum dritten Male des unerhörten TerrortSmu» schuldig gemacht, der die Freiheit anderer geradezu völlig vernichte und Arbeitswillige brotlos mach«. Ferner habe man gesehen, wir die Kameraden des Angeklagten, die doch dringend verdächtig seien, durch ihre ganze Haltung di« Handlung de« Angeklagten unter- stützt und gefordert zu haben, hirr vor Srrtcht mit solcher Tichrr- heit bekundeten, nicht» gesehen und gehört zn haben, al« wären sie bltnd und taub bet solchen Handlungen ihrer Genossen. Da höre doch auch dir Rechtssicherheit vollständi» auf. AuS allen diesen Gründen hat der Gerichtshof di« beantragt« Strafe für angemessen erachtet und gegen Machate ans ei», Ge samtstrafe von einem Jahre sech« Monate» Gefängnis erkannt, wegen ber Hohe der Strafe sei auch dt, sofortig» Brr- Haftung des Angeklagten »»schlossen worden." Die „Germania" bemerkt zu diese« Vorfall«: „Dutzende von Fälle«, i« welchen in ähnlich,r Weis, wir In Breslau von sozialdemokratischen Arbeitern ein Terrorismu« an-geübt wurde, sind in den letzten Jahren bi» in di, neueste Zeit hinein an die Oessrntlichkeit gekommen. Wir groß aber mag di« Zahl derjenige» Fäll« sein, die nicht bekannt werden, - s. 8. iO» >0 U. — 6. WS. >0 » ,0L w.c^.^7 1.0. ISA ,0 U. 5 S -L va. n-j. »cs. .10. oa. 8 t» 0'1. v <4 e. -c»rr.vL71<S,- 0«. - a. - u. «ti. 5<j. U1L OLL 8 ci. -a. - t» 8 0. - 8. - - L. - 00. 0L -L - c» o L „,»14«». <» ,7S«t »» LO L L0 L 0 U. 0<t. - StlloU Harle O S. o <1. 8<1 o o, c> uc v 2. ocs. oci. — «. ,80 L ocr 8 v. OL 8 ». sc» cx». s. o. ,78 °» 2» lt. ,80 <1. S0 d» ,75 «t. uva. a a .7v a. .— a a. Lva. .50 L 75 S. . —a. .—«> ,75 a »a o a oa » a. oa 80 0 .— a — a 0 L — » k l- äo tnuuur-u» »v. S3 Nr. 536. Rußland und Italien. V 8. Der Aufschub des Besuches des Zaren in Nom ist unmittelbar durch die feindliche Haltung der italienischen Sozialisten veranlaßt worden. An dieser Tatsache muß man festhalten, wenn man die Angelegenheit beurteilen will. Und es ist das ein Moment, welches an sich entschieden große Bedeutung beansprucht. Die Sozialisten haben damit Einfluß auf die auswärtige Politik gewonnen. Das ist bis her in einem monarchischen Staatswesen nicht vor gekommen, und schwerlich wird man behaupten können, daß mit diesem „Eingriff" die Handhabung der „großen Politik" in bessere Bahnen gelenkt werden wird. Soll die rede Masse in milder Leidenschaft die internationalen Be ziehungen bestimmen, so wird die Negierung, die das zu läßt, sich stets im Nachteile den Staaten gegenüber be finden, in welche« die leitenden Politiker sich die Freiheit der Entschließung gewahrt haben. Besonders schlimm dürste die in dieser Frage be- kündete Schwäche deS Kabinetts Zanardclli auf die Ge- sinnungs- und Parteifreunde JerriS in den anderen Staaten Europas wirken. Was den Italienern gelungen i>t, könnte man anderswo auch versuchen, und eS brauchen nicht immer dieGenvsscn zu sein, die ihre Erbitterung gegen einen Monarchen ungebührlich zum Ausdruck bringen. Es sei darauf hingeivicsen, daß die italienischen Sozialisten in ihrem Uebermut sich Vorbehalten haben, auch andere Herrscher bei einem Besuche Italiens zu beleidigen. Ihre Organe haben hrrvvrgchvben, daß man die Anwesenheit des deutschen Kaisers und deS K ö n i g s von England allenfalls ertragen habe, weil in diesen Ländern konstitutionell regiert werde, aber den absoluten Selbstherrscher der Reußen wolle man nicht im Lande sehen. Also vorläufig dürfen konstitutionelle Monarchen nach Italien reisen, es fragt sich nur, wie lange, und ob sie nicht nach einigen Jahren ebenso, wie jetzt der Kaiser von Rußland bedroht werden würden. Daß nicht immer die Abneigung gegen eine unpopuläre RegicrungSform den Anlaß zu peinlichen Austritten gibt, beweist die Beschimpfung deS Königs von Lpauicn durch den Pariser Pöbel, als er von einem Be suche bei Kai'er Wilhelm I. in die französische Hauptstadt kam. Auch die Kaiserin Friedrich, die Mutter des jetzt regierenden deutschen Kaisers, ist bekanntlich vor mehreren fahren argen Belästigungen an der Seine ausgesetzt ge wesen. In diesen Fällen war es der nationale Chauvi nismus der Franzosen,' in Nom war es der Terrorismus italienilchcr Lozialbcmolratcn, gegcm den die betreffenden Landesregierungen nicht energisch anfzutrcten vermochten. Plan bemüht sich sichtlich, das Verhältnis zwischen Rußland und Italien als durch den Zwischenfall unbe rührt hinzustellen. Die Engländer meinen, die Agitation der Sozialisten sei nur ber äußere Anlaß zur Aufgabe der Zarcnrcise gcwesyn, in Petersburg habe man aus mehr fachen Gründen die Beziehungen zu Italien lockern wollen. Diese Darstellung entspricht aber nicht den Tatsachen und sicht den beiderseitigen Annäherungsbestrebungen direkt entgegen. Nsuf s i s ch-i t a l i e n i f ch e Bündnis pläne tauchten schon zur Zeit der Negierung AlcranderS III. auf. Herr v. Giers ist des halb nach Monza gereist und hat dort mit dem Marguese di- Rndini die Einzelheiten einer Verein barung besprochen. Zu stände wurde sie damals freilich nicht gekracht; aber auch später kam man nicht weiter, ob wohl die Parteigänger der Annäherung einen wichtigen Bundesgenossen in der Person der anmutigen Königin Helene gefunden haben. Die Beziehungen sind freundlich ncblieben, aber bis zn einer wirklichen politischen Verstän digung hat man es trotz der Freundschaft mit der franzö- 'ischen Ncpublick und trotz der Annäherung dieser an Italien nicht gebracht. England wünscht eine Einigung ber beiden roma nischen Staaten und sich als Führer dieses neuen Bundes, um den Russen im Mittelländischen Meere entgegcn- jutrcten. Aber die Aussichten zur Verwirklichung dieses Hedaukeus sind nicht groß, weil weder Frankreich, noch .stallen Rußland eutgegenstchcnde Interessen in Süd- curopa, bezw. Nordafrika zu vertreten haben. Kommt eS einmal zur Aufteilung Marokkos, so können sich die Aussen und Franzosen einigen, und auch die Italiener ind im staube, mit diesen Mächten gemeinsam zu handeln; dagegen kann England den Russen und Franzosen nie eine größere Machisphärc in Nordafrika einräumen, will cs nicht direkt seine Interessen schädigen. Das ist eine Tatsache, die die schönen Reden der Londoner Blätter nicht aus der Wel» schaffen werden, und die deshalb das Bündnis der lateinischen Staaten mit Großbritannien echt problematisch erscheinen lassen. Eine andere Frage ist aber bi«, ob daß Verhältnis I wischen Rußland und Jialicn infolge der Absage de» I iaüerbesnches gestört morden ist. ES schcini unS dar- I über, was die O'fiziösen auch dagegen schreiben, kein 97. Jahrgang. Mittwoch den 21. Oktober 1903.
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